Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 22, 1909, Zweiter Theil, Image 16

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    Franziska - Sommerfteaden
Messung von Alwin Römer.
IIranziika Wolfrani saß aus einer
jener printitiven Holzbiinte, die der
Wirth der «Adlerhöhe« vor seiner
Bergschönle nebst obligatein Aus
sichtttlsurrn im Pfahlbaustite zurecht
Hezirnarert batte und gäbnte, trotzdm
sie nicht alisein war sondern eine
biibsche Dame gleichen Alters, die an
einer kleinen Decke hätelte, ab und zu
eine Frage an sie richtete. »Kel1ner,
kommt denn unser Kassee noch nicht«-»
rief sie jetzt.
«Gleich. meine Damen!« sagte der
Schwalbenschwanz.
«Ra. hoffentlich ist er besser wie das»
Wil«
Doch auch der Kaffee erregtez
Iranzijtag tiefste Mißbilligung. s
«Dafiir bist du in der Sommer
frischet« tröstete sie die andere.
Indern tänzelte der Kellner, um
seine Anwartschaft auf ein Trinkgeld
in vergrößerm mit dem Fremdenbuch
veran.
»Ist-lieu sich die Herrschaften nicht
einzeichnenik Jch bringe gleich Feder
und Tinte!"
»Weißt du, wir werden einmal
dichter-P erklärte Franziska
»Wenn das so ginge!«
»Mit-d schon geben! Für diese
traurige Verpflegung wollen wir uns
in Versen bedantenl So hat der
Wirth doch auch wag davonk«
Und dann fing sie an zu schreiben.
Ein paarmal stockte sie wohl: aber
nach wenigen Minuten war sie fertig
und gab nun triumphirend ibre Dich
tung zurn besten.
»Schlechte Tinte, harte Federn,
Kaffee matt und Beefsteak ledern,
Aussicht — — aus ein Nebelmeer:
Wozu traxelt man hierher?'«
Ihre Freundin schien nicht ganz
einverstanden mit der Leistung.
»Das ist beleidigend!« sagte sie.
»Ach was-! Es steht nun einmali
drin und damit Pnuttum. Du
brauchst es ja nicht zu unterschreiben,
Mustertindt Mein Name steht da
runter. Wir fürchten uns nicht!«
Damit klappte sie das Buch zu und
rief den Kellner zum Bezahlen . . .
Ein paar Tage waren seitdem ins
Land gegangen. Da trieb sie das
herrliche Wetter wieder einmal hinauf
aus dem schönen, aber stillen Fichten
stein nach der Adlerhöhr. Diegmal
mit dem Vater, einem strammen alten
Major, vor dem ihr krauses Köpfchen
ganz allein noch Respekt hatte. Er
ließ sie zwar gewähren, wenn sie in
ihrem Uebrrmuth irgend einem lusti
gen Einfall nachgab. Aber das ging
nur bis zu einer gewissen Grenze, die
sie nicht überschreiten durfte. Und die
rannte sie ganz genau. Deshalb war
er— ihr auch nicht sehr angenehm, als
der allzu dienstbereite Ganymedes so
fort wieder mit dem Fremdenbuche an
rückte, nachdem sie Plan genommen.
Sie fürchtete, Papa würde ihre por
tische Leistung nicht allzu beifällillg
tritisiren. Leider gelang es ihr
nicht« die ungeschickt große Autogra
obensatnmlung unberühmter Zeitge
nossen ohne Aufsehen auf die Seite
zu bringen« Papa griff nach dem
Buche, just als sie es nach einem der
Nebentische hinüberbugsiren wollte.
»Willst du die Albernheiten lesen,
Papa-Z«
.Wenigstens mal hineinsehen!'«
»Ich glaube, das wird dir wenig
Freude machen!«
»So? . . . Hm . . . . höre malt«
agte er. »Die Sache ist verdächtig!"
Und dann schlug et auf. Nach ein
paar Minuten fing er an zu tnurren,
worüber Franziska einiges Herzllrk
pseu betani. Gleich daran jedoch
lachte er so auf, wie das nur bei ge
psefsertrn Wisen seine Art war.
, »Das freut mich! Das freut mich!
Das freut mich!« äußerte er endlich.
»Der hat dir Raseweiß tüchtig eins
drauf gegeben! . . . . Du hast’s doch
schon gelesen? Oder nicht? Dicht hin
ter deinem schnoddrigen Verse vom
IMM! DO- its
»Du haft Tinte, Kaffee und Beeffteai
quitiirt
Doch wunderbar ähnliche Verfe, o
Franzchen,
niri!? . . . .
Was nahmft du nicht eine von deinen,
du Gänschen?«
»Aber das ifi ja empörend!" rief
die junge Dame und fuhr dabei von
ihrem Platze hoch. »So eine Unver
fedätnideit!'
»Wie man in den Wald schreit fo
hall« wider!« lachte der Alte. »Das
taan dir gar nichts fchaden!«
Darauf blieb Franziska die Ant
wort schuldig. Sie hatte das ärger-i
liche such zur band genommen und;
ftndirie die Unterschrift Jn schönen,
Miste-n Zisen stand unter der faia
III Sense »Ur-dersel- Weinhold«. «
itemshatte die Kuttent
EIM zur secebung des gefellfchaft-»
WI der Sonnrierfrenideri1
eine- saI arrangiri Franziska war(
eis- kidenfchafiliche Tänzerin, hattei
Zier unter der Schnur der Kurgäsie fo
Wi· senkt VeMIILschCst daß sie
Miews dass aufgefordert wurde, I
I
Doch daß dich die harte Feder qe
ihren Walzev und Rheinländerg
Enthusiasmus vethötigen zu können.
Gott sei Dant tanzten die weißen der
herren so schauderhast schlecht, das sie
gar nicht böse darüber war. Nur
einer war ihr ausgesallen, der ein
Meister zu sein schien in dieser Kunst:
ein großer, schlanter Mann von etwa
dreißig Jahren mit einem sonnenge
bräunten, prächtig geschnittenen Kopf.
dein die ironischen Falten an den
Augen etwas Ueberlegenes gaben« das
sie an anderen Männern noch nicht
bemerkt zu haben glaubte. Und eine
unwilliiikliche Freude übersluthete sie»
als sie Jah, wie er bei einein eben be-»
vinnenden Walzer endlich auch zu ihr
i trat, um sie zum Tanz auszusordern
«Gniidiges Fräulein gestatten, daß
ich mich vorstelle!' sagte er und strich
ein wenig verlegen iider - seinen
Schnurrbart. »Heiße Weinhold!«
»Weinhold?« murmelte sie und sanl
zurück aus ihren Stuhl. «Roderich
Weinhvld?«
»Ganz richtig!« erllärte er bestem
det. »Dars ich bitten?«
»Ich bedaute!« sagte sie schneidend.
«Denn ich tanze nicht besser, als ich
Verse mache. Und da Ihnen meine
Verse nicht genügt haben, so . . .«
»Ich verstehe nicht, gnädiges Fräu
lein!" stotterte er.
»So denten Sie an das Fremden
buch aus der Adlerhöhe! Jch bin
Franziska Wolsrarn!«
»O weh!'· stammelte er. »Sie
find . . .«
Aber sie ließ ihn nicht dazu tom
men. sich zu entschuldigen. Rasch
ging sie in das Zimmer hinüber, wo
ihr Papa Stat spielte. Glücklicher
weise hatte auch der nicht mehr Lust.
zu bleiben. Eine Viertelstunde später
waren sie schon unterwegs nach ihrem
Sommerquartier.
Das Bild seiner schönen Feindin
verließ den Forstassessor Weinhold tei
nen Augenblick. Es schlich sich auch«
mit in seine Träume. Und als er am
anderen Morgen an Stelle des ver-·
Jreisten Obersörsterg in den Waldl
schritt, um die Forstarbeiten zu inspi
ziren, hörte er zwischen dem Flüstern
und Wehen des Laubes und dein tie- !
sen Gurren der wilden Tauben immer Z
noch eine trotz ihrer Schärfe bezau
bernd liebliche Stimme sprechen: »Ich
bin Franziska Wolsram.'
Diese war heute aus den Gedanten
gekommen. einmal zu sehen. wag hin
ter dem Berge sei, aus dem die samoi
sen alten Fichten standen. Sie band
die Höngematte los und wählte einen
Weg, der von Fichtenstein weg nach
dem jenseitigen Thale führte. Unter
wege tras sie einen Jungen.
»Wohin tommt man hier«-« stagtei
sie ihn.
»Nach dem Niesbecker Teich!«
»Komm, bring mich einmal hin!"
Willig trottete der Junge vor ihr
her. Nicht lange dauerte es, so blitzte
der Wasserspiegel geheimnisvoll durch
die Föhrenstiimme. Bald stand sie
hart an dem sich leise zum Wasser sen
tenden Ufer und blickte voll Jnteresse
in die Tiefe, um von dem Fischreich
thum etwas wahrzunehmen.
»Hast du schon mal welche gesan
gen?« sragte sie den Jungen. Der
blinzelte sie schlau an und bejahte
dann.
«Manchmal schon stinse!« siigte er
hinzu.
,,hött' ich nur ein Angel hier!«
meinte sie daraus. Plötzlich siel ihr
Blick aus die hängematte, die sie am
Fuße einer Riesentanne zurückgelassen
hatte.U
«sagte sie entzückt iiber ihren
Einfall, »das geht!« wickelte das Neh
gestrick aus und schickte sich an, es in s s
Wasser hinabzulassem Natürlich let-;
stete ihr der Bube freudig hilsr. Ohne.
Zweifel fiel bei diesem Raubzug»
auch siir ihn etwas ab Behutsamj
schob er mit einem schnell geknicktent
Ast das improvisirte Netz aus Un
Boden bei Teiches zurecht und voller
Spannung schauten sie dann beidei
hinab, einen günstigen Augenblick er
wartend, um einen Zug zu machen.
«Jeht!« schrie Franziska voller Ei
ser. Da raschelten Schritte oben tm
Gesttiipsv und der alte Wild-part wur
de sichtbar. s
»Jawohl, « sagte er grinsend !
«iedt!« !
Wie der Wind wak der Junge da
vongesaust, ais er die verdächtigen
Laute gehört, während Franziska
höchst gleichmiithig den Alten näher
kommen ließ.
»Wie kommen Sie dazu, hier zu
sischen?'« schnauzte dek Jsegtimm.
s»Sie müssen mit! Wir haben schon
Klange drauf gelauett, mal einen zu
sangen!«
»Na, dann zut« sagte sie, sich sü
gend. «Odet werde ich erst in Ketten
gelegt?«
· Jn der Amtsstube der Obetsötstekei
stand ein schlanter Mann im Jäger
anzug am Scheeibpult, der den Ein
teetenden den Rücken zutehttr.
»Es-ten Tag, here Assessoe!« sagte
der Waldwiittee und schob seine Ge
sangene vor sich het.
»Wenn Tag, Dahin-mut« entgeg
nete der Andere, ohne ausznsehetn
»Na, was dringen Sie denn Gute-P
ayhabe Jemand beim Fischen in un
setin Teich wiss-M meldete hoh
mann.
»Sei . . . Ra. das ifi brav. Der
ifr denn der Zacker, hei«
»Die hier!« fagie dehnen-in und
zeigte auf Franziska, die beirn Manne
der Stimme des Forstaffeffors non
einer entfeslichen Ahnung über-schli
chen worden war und nun gespannt
den Moment erwartete, wo der hiine
sich umdrehen würde.
»Wie heißt sie denn?«· fragte der
Affessor weiter, der sich noch inirner
nicht von feinen Forstverzeichniffen
trennen konnte.
«Wie Sie heißen!« wetterie hob
rnann die Frevlerin an.
Franziska Wolfram!« fagie fie.
Darauf fuhr der Assessor endlich
herum und staunie Hohmann’s Opfer
an.
»Das wird ihm gelegen lomrnenl«
dachte Franziska und biß die Zähne
aufeinander Der Assessor aber fngte,
nachdem er endlich Herr feiner Ber
legenheii geworden war: »Bei-mann,
Sie sind ein Efel."«
»Aber· here Assessor!«
»Wie können Sie von der Dame
denken...«
» »Ich habe es mit meinen eigenen
Auaen .-.efe5en!«
»Unsinn!'«
.Bitte«. irohte Franzislm der feine
Großmutb nicht behagir. »Der Mann
« hat aanz rechtl«
»Dann bleibt mir allerdiras nichts
weiter übrig. als ein Protololl auf
zunehmen . .. Also: Ieise Name?«
»Den wissen Sie ja!"
.,Aller:-inqs... Wo und wann ge
boten?«
»Miissen Sie das missen?«
.Gewiß!« lvq er, obgleich ihn nur
das Intereffe an dein fchänen Mäd
chen bewog, so zu fragen.
»Am At. Auauft IM zu Weißen
feist« antwortete sie daraus.
»Und wohnhatt?«
»Auaenblictlich in Fichtenfteitn
Kleine Rotengaffe l4.«
»Ich danle Ihnen! lind nun
erzählen Sie, Hohmann!«
Als Hahmann zu Ende mar. he
ftiitiate Franiisla die Richtialeit fei
ner Angaben und hat« ihr die höhe
der Strafe zu nennen.
»Ein-anric: Marl!« arinfte hoh
tnann, wofür ihn allerdings ein Ver
weis traf.
»Im-anric: Mart?« rief die Unglück
liche. Diese Summe tonnte fie un
möalich keitreiten. ohne sich ihrem Ba
ter any-vertrauen Und vsse mußte
ein hell: geben« wie sie es nur bei den
schlimmsten Anliifsen erlebt hatte.
-,.Mufz ich das heute noch hezah
ten-» fragte fie zaghaft.
«Gna"d-i,aes Fräulein, Sie haben
nur zu kftimmen!« rief der Affefsor
feuria «Gl-aul)en Sie mir, wenn
der TölpeL der Hohrnann, nicht so
ungeschickt . tun ..... das heißt,
ich bin Ihnen aeaeniiher -- ach, Hoh
mann, holen Sie der Dame doch
mal ein Glas Milch zur Erquick
unal — ich hin Ihnen gegenüber ja
noch ein viel größerer Tiilvel ae
wefrnt ..... Bettes Fräulein. nicht
wak.r. Sie verzeihen mir diese nieder
trächtia dumme Fremdenbuchaefchicks
te.'·
.Mein herr«, ftammelte fie, Tiber
rafcht von viefer tiihnen Attacke, »ich
weiß nicht . ich ..... ich habe Ih
nen ja gar nichts zu verzeihen! Das
war doch nichts als ein Scherz vpn
rnir und auch von Jhnent Wir wuß
ten ia doch kein Sterben-wart von ein
anders«
»Sie find sehr großmüthig heute!«
iaate er. »Ich wollte, Sie hätten
schen aeftern Gnade für Recht eraehen
lasset-IF
«Wenn ich Sie da fchvn fo gelannt
hätte wie heute!« antwortete fee er
aliihenr. »Ich dachte nämlich, Sie
wären so ein recht hlasirteg Gemac
giaerl!«
.Und ich hielt Sie für ein über
spannte« altes FrauenzitnmerF lachte
er vergnügt.
Und dann sagten sie beide ·i;ie augi
einem Mannes »Wie tchade, riet-, mir
uns nicht besser gekannt baden!«
Aus Dem Heimroea nach Fichten
stein schritt denn auch richtig der
Assessor In Franzistok Zeite. Und
der einstiindiae Marsch schien ibr
taum ent- Vierteistunde lan: gewe:
sen zu sein« als sie sich kurz vor den
ersten Häuiem trennten
Merkmiirdiqerroeise wählte Frin
zigta von da ob die Wut dpartie nach
Riesbeck sast täglich zu ihren Spa
zierivegen, wenigsten wenn ihr Va
ter daheim blieb. Eine liebevolle
Tochter war sie ja. Und um männ
lichen Schutz brauchte sie auch nicht
zu bangen; denn der närriichste Zu
fall von der Welt tiibrte ihr jedes
mal einen schönen stattlichen Jäger
in tsen Weg, der sich »öchst ritterlich
ihrer annqu..
Der August beendete sein zwei
te Drittel und siilyete damit Fran
ziskus achtzebnten Geburtstag bee
ans. Mit beimlichem herztlapsen
« hatte sie am Vorabend daran gedacht,
ob Roderich Weint-old sich aus dem
; schrecklichen Protokoll her webt daran
J erinnern werde, und ein leises Ge
siibl der Enttiiuschuna überschtich sie
bei der Vorstellung. seinen Glück
wunsch entbehren zu müssen.
Am Geburtstagjmoegen wette sie
viöslich die polteende Stimme ihres
Vaters
«hitnmelschockschwetenotb!« knurrte
zer. Was haben die denn in user
I Frühe des zu hieni«
Franztzlte subr tin Bett empor, rieb
chdie siegen and
chEin Quartett von Bat
blies esenbae unter ihrem ser,
Muth-I sbns sitst Weise:
.JQ FestC meine Liebe ergösse
ch....
.Wird sicher der Schiiseniönig ne
benan wohnenP meinte der Major.
»Aber sie blasen nicht iidel!«
Franzisia tonnte ein Lächeln nicht
unterdriicken. Eine Ahnung oerrietd
ihr, dass das Jöaewierblatt da unten
sich nicht im geringsten um den Fich
tensteiner Schüßeniönig tiintmere.
Beim Frühstück verkündete denn
auch die Wirthin, wem das Früh
tonsert gegolten, und gratulirte mit
T einem Aufgebot von Worten. zu dein
iie wenigstens drei Viertel ihres ge
sammten Sprachschetzes mobil ge
macht baden mußte.
Der Maior wollte erstaunt fragen,
woher man in Fichtenstein den Ge
tartetaq seiner Tochter wisse an den
er als leiblicher Vater nieht einmal·
aedacht habe, da iam das Hausmäd-»
cken nnd brachte eine Visitentjrtr.
»Noderich Weinbold?« las der Alte«
.Kd·niglicher Forstassessors Weiß derI
Teufel. ans welchem Manöoer diese
Bekanntschaft wieder stammt! Und’
so in aller Morgenfriihek Es ist ein
fach scheußlich .. Nu ich lasse bit-?
ten!'«
Gleich darauf erschien aus der’
Schwelle die Gestalt des jungen
Forsttnannes in voller Unisorm, ein
mächtiges Rosenbouquett nicht ganz
ohne Verlegenheit in der Rechten dre
hend·
Die verwirrte Franzista hatte noch
so viel Geistesgegenwart, die Wirthin
mit einem Auftrage herauszulockem
dann sant sie aus das ächzende Soh
möbel aus der Zeit des großen Fried-—
iich und wartete voll ängstlicherSpan
nung aus die Lösung dieser entschie
den nicht alltäglichen Situation.
»Den Major! . . . Gniidiges Frau
lein!« sagte Roderich Weinhold mit
den nöthigen Verbeugungen »Ver
zeihen Sie giitigst. wenn ich hier ein
dringe! Aber ich möchte den heutigen
Festtag benutzen, durch diese tleine
Ausmertsainteit zu sühnen, was ich
vor ein paar Wochen im Uebermuth
aus der Adlerhöhe gesundigt habet . .·«
«Adlerhöhe?« fuhr der Maior da
Uwifchen und sah die Karte des As
sessoro noch einmal an. »Richtig,
richtig, Sie haben da oben den famo
ten Vers gemacht! . . . Na. das freut
mich. Sie tennen zu lernen! Seien
Sie willtoinmen, junger Drachentöd
ter! Ob Sie freilich bei meiner Fran
zista Gnade finden. ist eine andere
S-ache!«
Zu seinem Entsetzen nahm jedoch in
demselben Augenblick die seiner Tare
nach unversöhnliche Dichterin mit ei
nem so seligen Lächeln den dustenden
Strauß in Empfang, daß er eine
ganze Weile wie gebannt aus dies
überraschende Schauspiel starrte.
Natürlich tlärten ihn die beiden
schnell genug aus, wie sie schon vor
her halb und halb Frieden geschlossen
hätten, droben im Walde . . . bei einerJ
zufälligen Begegnitna.
Bei der abendlichen lfrdbeerbowle
durfte selbstverständlich der Assessor
nicht fehlen. Und als er am anderen
Morgen wieder vorfbrach, um fich zu
eriundigen, wie es den Herrschaften
delommen fei, lonnte das durchaus
nicht auffallen. So wurde er nach
und nach intim mit dem Major, ohne
daß er freilich gerade seinetwegen ge
iomnien wäre.
Wenigstens ließ das jener Brief ers
kennen, den Franziska noch vor Ab
lauf des letzten Auguftdrittels ihrer
Freundin helene fandte, in dem näm
lich in schönen energischen Buchstaben
zu leer war: »Was jeyt die Lange
weile aus meinem Leben bannt, ifi
die Liebe zu Roderich Weinbold!«
Der Liebenden-en
«.... Fünfundzwanzig Jahre bat
die Kati bii der Frau Gebeimratb
qedieni? ..... Da verdiente sie doch
enie Medaille!«
»Die Kati nicht aber die Frau
Gebeirnratb!«
sage-date semndilchsft
Ein Dienstmädchen sitt mit feinem
Schon in der Küche, als die hausfrau
eintritt.
Dienstmädchen: «Gniidige Frau,
das ist mein Brudert«
hauifrau izum Dienstmädchen):
»Ach, wie interessant; ich hatte bisher
noch nicht gen-usi, daß Sie auch eine
Plätzefier unseres früheren Mädchens
n ·
Eint-, wenn du dich weigetst, mit
zufahtem blamitst du mich vor mei
nem Kutschen Ich muß ihn entlassen
—- und ver Mann ist mehrfacher Jst-I
Maximum-«
wenn Frauen nichts haben. i
Eine Ehestizze von Freihe rr v.
Schlicht. ;
Schon als wir uns Mittags zu
Tische sehten, merkte ich, daß tneine
Frau nicht so fröhlich und heiter war
wie sonst, ei war tein Zweifel, ihr
ganzes Benehmen oerrieth ei zu deut
lich, irgend etwas bedrückte sie und so
fragte ich denn: »Aber Kind, was hast
du denn nun?«
Sie sah mich mit ihren großen hell
blauen Augen völlig harmlos und un
befangen an: »Was soll ich denn wohl
i haben? Jch habe nicht«-I
Jhre Antwort dewies mir, teider
zu spät, daß meine Frage eineDummk
heit gewesen war. Jch tenne das aus
Erfahrung: »Wenn Frauen nichts
haben."
.Wo warst du denn heute morgen?«
erkundigte ich mich. während wir die
Sudpe aßen. »Bist du nur spazieren
gegangen oder hast du irgend welche
Besorgungen gemacht? Warst du wie
der hei Wertheim?« J
Meine Frau geht jeden Tag zu
Wertheim, was sie da alles lauft,
wissen nur die Götter« aber sie geht
hin und lauft, und trotzdem oder ge
rade deshalb antwortete sie: »Ich
tann doch nicht jeden Tag zu Wert
heim gehen ich war heute Morgen bei
meiner Schneiderinf
Die Schneiderinnen sind das Gliia
unserer Frauen aber unser eigenes
Unglück. i
Also meine Frau war bei der!
Schneiderin gewesen« Jch dachte un-’
willkürlich an die neunundzwanzig
Kleider meiner Frau, die verschiedene
große Kleiderschränle füllen, ich
dachte noch an so manches andere,
dann that ich so harmlos und unbe
fangen wie nur möglich: »Also bei
deiner Schneiderin warst du?"
Das Essen verlies schweigsam.
Meine Frau erwartete natürlich, daß
ich mir den Besuch bei der Schnei
derin ausführlich erzählen lassen
würde, aber in solchen Fällen bin ich
absolut nicht neugierig.
Was das Kleid wohl kosten mochte?
Bei dem Kaiser und der Zigarette
sagte meine Frau ganz plötzlich:
»Natürlich interelsirt es dich- gar
nicht, aber sagen will ich es dir doch,
ich habe heute Morgen bei meiner
Schneiderin ein Prinzeßtteid gesehen,
einsach entzückend. Dente dir nur,
ganz einfach« hellmauve Farbe, dazu
natürlich ganz lange Jacke« -—— und
während sie mir ausführlich beschrieb,
wie das Kleid gearbeitet sei, dachte
ich an die vier neuen Prinzeßlleider,
die erst vor vierzehn Tagen angekom
men waren, und dann noch an so
manches andere.
(
Alg meine Ziaarette zu Ende war,
war meine Frau noch mitten in der
Schilderung der neuen Nobe.
»Mach es lurz und schmerzlo5.« bat
ich, »was lostet das Kleid?«
Ganz verwundert sah sie mich an:
»Warum fragst du danach? Du
dentst doch nicht etwa, daß ich es mir
taufen will? Man tann doch auch so
etwas hiibsch finden, ohne es gleich he
sitzen zu wollen«
Ich hatte immer geglaubt, die
Frau, die etwas hübsch fände, ohne
eg besitzen zu wollen« müsse erit noch
geboren werden« Nun war sie plötz
lich schon aus der Welt und saß mir
gegenüber.
Wie wenig man sich doch einentlich
in der Ehe tennen lernt.
Darüber dachte ich eine Weile nach,
dann sragte ich unvermittelt:: »Wie
steht dir das Kleid denn? Vor allen
Dingen paszt es, oder muß es noch
viel geändert werdens-«
Meine Frau rückte mit ihrem Stuhl
näher und ergriss jetzt meine Hände.
Jch stellte mich verwundert: »Wa
rum streichelst du mich denn Plöhlich
so zärtlich? Jch bin nicht verstimmt,
wie du es vorhin nach meiner Mei
nung warst, ich habe wirklich nichts.«
Meine Frau hielt meine Hände
sest: »So seid ihr Männer nun, sind
wir nicht zärtlich, seid ihr nicht zu
srieden und sind wir es, dann ist ei
euch auch nicht recht«, und dann fuhr
sie nach einer tleinen Pause sort:
»Natürlich will ich das Kleid nicht
halten« ich dente nicht daran. aber es
sist mir wie angegossen, es braucht
nichts daran geändert zu werden und
tein’ö meiner anderen Kleider steht
mir auch nur annähernd so gut. Jch
sage dir, wenn wir im herbst wieder
nach Meran gehen, dann werden die
Leute da Augen machen.«
Jch dachte iiber die Logik der
Frauen nach. Wie tann eine Frau
mit einem Kleide Furore machen. das
sie nicht besiht und das sie gar nicht
zu besihen wünscht.
Ei herrschte eine ganze Weile
Schweigen, dann sagte meine Frau
plöhliche »Das Schlimme ist ja nur,
dasz ich zu dem Kleide teinen hat
hade.«
Jch dachte an die achtzehn hiite
meiner Frau, die in großen hattes
iern verpaat in und aus den Kleider
schränten stehen und dachte noch an
io manches andere. Dann sagte ich:
»Da du ja gar nicht daran denlst,
dir das Kleid zu tausen, braucht dich
doch die dutsrage nicht zu beunruhis
W
Meine Frau sließ nreine Rinde
plöylich los: »Das verstehst du nicht«
Doch, ich verstand ei schon, aber
ich gab es natürlich nicht zu.
»Was kostet denn der huti«
Jch glaubte. meine Frau wiirdt
wenigstens so thun, als wenn sie sich
den Hut noch nicht ausgesucht hätte,
aber da irrte ich mich. Wie wenig
lernt man sich doch eigentlich in der
Ehe kennen.
Meine Frau wurde Feuer und
Flamme. «Er ist allerdings sebr
theuer. aber oasiik auch wunder
bzibickn natürlich ganz groß, nrit
einem furchtbar breiten Rand nnd
vor allen Dingen sederleicht. Dr
wtißL schwere hüte lann ich t
trauen. und tein anderer Hut W
mir auch nur annähernd so aut wie
dieser.«
»Da werden die Leute in Hieran
also auch über den but halten«
1 wars ich ein.
! »Aber ich dente doch gar nicht da
Hran ibn zu tausen«, vertheidigte
Hmeine Frau sich, aber stell dir nur
;r-or« er kostet ziveihundertundsiinizig
! Mart, und ohne das Kleid tann ich
den Hut nicht tragen, und das
; Kleid loftet auch siinsbundertundsiins
» zia Mart. Tu kannst ja so gut Kopf
Irechnen, wieviel ist das zusammen?«
. Ich suchte zu retten, was noch esu
retten war. ..Genan tausend Mar ",
lpa ich daraus los.
Meine Frau wurde ganz nachdenk
lich und traurig· aNein, das lönnen
wir-« nicht bezahlen, das ist zuviel
Geld. Und da sieht man wieder. toie
die Leute unreell sind, mir sagte die
Vertäuserin, es mache zusammen nur
achtbundert Mart. Aber tausend
Mart, nein, das ist zu theuer, und
selbst achtbundert Mart gebe ich nicht
aus. Ader. wie gesagt, ich denke
auch gar nicht daran, die Sachen zu
tausen.«
Jn demselben Augenblick llin lte
das Telephon aus dem Schreibt sch.
Ich hob den Hörer ab. »; a, bitte,
was aibt’g?«
Das Modemaaazin, in dem meine
Frau am Vormittag bei ihrer Schnei
derin gewesen war-, theilte mit, ei
lönne seiner festen Zusage ent , n
das Kleid und den hat nicht chon
Nachmittags um vier, sondern
Abend gegen acht llbr berausschicken.
Mir siel beinahe der Obrer aus der
Hand, und sassnngglog sah ich aus
meine Frau. Auch die war erregt,
deutlich sah ich es ibr an« und das
föbnte mich wieder mit der Sache
aus« ibr schlechtes Gewissen riiisie
sich. Schon wollte ich den Hörer ans
den Apparat leaen, da sprang sie
schnell aus. »Bitte, tlingele noch
nicht ab, da muß ein Jrrtamn vor
liegen«
Jch atbmete erleichtert auf, da
hatte ich meiner Frau in Gedanken
atio bitter unrecht gethan.
Aber schon stand meine Frau ain
Apparat und sprach ungeduldig in
denselben hinein: »Aber warum
schicken Sie denn das Kleid nicht, wie
sie versprochen habean Und vor allen
Dingen, warum sprachen Sie denn
nur von Kleid und Hut, ich habe
doch auch noch einen Zonnenschirrn
aetauit, bitte, vergessen Sie den ja
nicht«
Und sich dann wieder zu mir wen
dend, saate sie: »Weißt du« mit
dem Sonnenschirm wollte ich dich
eigentlich üben-schen, der gehört nun
einmal zu dem Koitiim, und ich inbe
mir einen wunderbiibiechn angefacht.
einen aanz modernen Pariser Schirm
mit dem hoben, tanaen Stock· Aller
dinas tostet er auch hundert Mari.
aber du wirft sehen, die Leute werden
überall Auaen machen.«
Ich fab ein, hier coar nichts zu
wollen, jetzt galt es nur noch,
mit dem Fait accompli abzufinden.
»Tbu’ mir die einziae Liebe«, bat
ich, »und begabte alles wen’ ns
gleich, dann haben wir das er
ung.«
Am Morgen hatte ich ein größeres
Honorar ert,alten, ich öffnete den
Schreibtisch und holte die Dukaten
bekam- Schließlich freuen wir Mu
ner uns ja selbst am meisten darsber,
wenn unsere Frauen hübsch ange -
aen sind und bewundert werden. r
Gedanke daran iöbnte mich rnit dein
theuren Koitiiin aus.
Zärtlich schmiegte meine Frau sich
an mich und bot inir den Mund zuni
Kuß.
»Bist du nun wieder aans gntk
fragte ich.
Da sah sie mich mit ihren rißn
Kinderauaen völlia verständntsos an
und iaate: »Aber ich wei wirlllch
nicht, ian du damit mein — ich
habe doch gar nichts gebadt.«
Ist Konzert «
»Frau Schrei singt aber dortiqu
ohne jedes Gefühl.«
»Ich dent’ auch, daß sie keins hat«
-- fonst würde sie überhaupt nicht stu
gen-«