Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 30, 1909, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats- Art-zeiget und Eifer-old
· szhkgapg 29 Grund Island-, Neck» 30.Zuu1909 Zweiter (Theit.) Nummer 49.
——I
Die alte Blumenfreundin. »
Sie hatte von je die Blumen so gern,
Die rothen Rosen, der Astern Stern.’
Levtojen, Nellen, Geranium
Wuchsen um ihr Häuschen herum
Jm Winter die Fenster, im Sommer
der Garten —
Sie prangten in Farben aller Arten
Da schritt eines Tags —- ’s war am
Abend-der Tod
Jn’s Häuschen —- Und bald verblich
— alles Roth,
Es flog mit der Seele die Sonne fort.
Tlnd grau und verlassen lag der Ort.
Das Mülterlein war in den Garten
gegangen,
Wo lauter ewige Blumen prangen.
.-.--— ;
Hausmtttteichen.
Slizze von Konrad Nemling.
,,Fräulein Sarnow I«
«Bitte!«
Die tleine Hedwig Sarnoio tippte
noch ein paarmal mit den rosigen
Fingerspitzen aus die Tasten derI
Schreihmafchine, ließ dann die Hände?
sinken und hob den Kopf. l
»Wie nett sie aussieht!« — dachtet
der Prokurist. —- »Weisz Gott« ich
fühle es mehr und mehr . ..troy mei- «
ner fünfundvierzig Jahre: diefe oder
leine! Und was für helles Haar sie
hatt Ihre Augen haben jetzt, im hal
ben Dämmerlicht, wirkliche Veilchen
farde . . . und ihre schlanten, weißen
Hände . . .«
e»Der Prokurist trat an ihre Seite:
»Na —- tiichtig müde gearbeitet?«
»Macht nichts, Herr Korn!« Sie
lächelte ihm unter halb geschlossenen
Augenlidern zu. —— »Nun habe ich ja
einen ganzen Sonntag zum Ausruhen
vor mir."
»Den ich Jhnen auch von Herzen
gönne, Fräulein Dedwig!« —- Er er
schrak über sich selbst, als er fie fest-—
fast wider feinen Willen —- beim Vor
namen angeredet hatte. Sie inertte
das und lächelte zum zweiten Male.
»Morgen geht es natürlich in den
Grunewald?« fuhr er dann fort.
»Ja — oder nach Grünau.'
»Sie Glückliche!«
-Weshalb? Das können Sie doch
auch haben.« s
»Ja. Gewiß.« Er wurde nun doch
etwas verlegen. —- »Aber wag soll ein
einsamer Mensch allein da?«
«Einsain und allein? Sie werden
doch Freunde haben? Oder vielleicht
sogar . . «
Sie lächelte und schwieg.
.Was vielleicht sogar, Fräulein
Hedwig?«
Nun tani ihr Vorname schon etwas
sicherer über seine Lippen.
»Sie wissen ja, wag ich ineiiie.«
»Nein. wirklich nicht!« lag er.
»Na —- eine Freundin!«
Sie sah ihn schalthast lächelnd an.
»Nein. Die habe ich eben nicht. Ich
müßte wirllich einsam und allein iu
den Grunewald sahren.«
lind nun schwiegen sie beide.
Dann aber richtete sie sich plötzlich
aus, sah ihm ins Gesicht und sagte:
»Kommen Sie doch mitt«
Er wurde sast verwirrt über diese
plötzliche Aussorderung.
»Mit Jhncnl«
»Ja. Und mit meiner Schwester.«
»Sie haben eine Schwester-«
»Ja. Eine liebe, verständige, gute,
kluge Schwester. Mein hausmütter
chen. Sie ist zehn Jahre älter und«
—— sie lächelte schelmisch s-— »hundert-«
mal besser als ich."
Martin Korn sand nicht aleich eine
Antwort. Er schien zu überleaen.
Dann sagte er mit schnellem Ent
schlgtsi . .
tIsfl .- Mc
»pskalllem Deo-our: zoruu ro Ju
nen mit dieser Aufforderung wirklich
Ernst ist« dann komme ich mit. Aber
wird esl Jhrem Fräulein Schwester
auch recht fein?«
»Wie lönnen Sie das fraaen. Herr
« Korn! Es wäre für uns beide doch-—
aber wirllich ohne Phrale —- eine
lkhrr. Meine Schwester würde sich
lehr freuen: denn ich allein bin ihr
ohnehin fteis zu iihermiithig und aus
gelassen.«
»Ab«aemacht allo! Ich lomme,«
fagte er und reichte ihr die hand.
»Momen, um zwei Uhr!"
»sich hole Sie von Ihrer Wohnung
ab.
»Auf Wiederfehen!« rief iie fröh
lich. fenie ihren but auf. nickte ihm
noch einmal zu und verließ das Kon
tor.
l5r schlief lehr nnrubia in diefer
Nacht. Eine Stunde lana lag er wach
und dachte an den kommenden Sonn
tag. Jth follte es allo wirklich Ernftz
lwerden! Weshalb sollte er auch noch
zögern? Sie gefiel ihm; er kannte sie
nun schon ein halbes Jahr. Sie war
aus guter Familie, hatte eine gute
Erziehung genossen und —— ihr Herz
schien noch vollkommen frei zu sein.
Er selbst mit seinen sünfundvierzig
Jahren hatte auch in der That nicht
mehr allzuviel Zeit zum Warten. Also
nur geradeo Weges aufs Ziel los!
Das «Hausmiitterchen« würde gewiß
nicht zögern, ja und Amen zu sagen.
Nur ganz leise tam ihm einmal der
Gedanke, ob er nicht siir sie doch viel:
leicht ein bißchen zu —- alt war.
Am Sonntag Morgen kamen ihm
noch allerlei kleine Bedenken, die aber
der lachende Sonnenschein des Früh
lingstages bald ganz hinwegscheuchte.
Und dann fiel ihm ein, daß es seine
Pflicht war, der älteren Schwester
schon am Vormittage einen Besuch zu
machen.
So kaufte er denn Blumen und
ging zu den Schwestern. Das »Halt-T
miitterchen« empfing ihn allein. Er
plauderte zehn Minuten mit ihr und
ging dann wieder. Auf dem Rückwege
war er ziemlich nachdenklich geworden;
eigentlich hatte das »Hausmiitterchen«
weder etwas besonders Hausbackenes
noch etwas besonders liiiitterliches.
Aeußerlich glich sie der jüngeren
Schwester; nur war sie voller, größer,
kräftiger; und damit hing wohl auch
zusammen, daß ihr ganzes Wesen ge
setzter, ruhiger, ausgeglichener war.
Hm . . . ob . . .? Nun, gleichviel!
Der Würsel war gefallen. Er liebte
Hedwig, und jetzt galt es, die Worte
zurechttulegem mit denen er es ihr am
Nachmittage sagen würde.
Als es zwei Uhr schlug, llingelte
Martin Korn abermals an der Wob
nung der Schwestern; und diesmal
öffnete ihm Hedwig.
»Herzlich willkommen!'«
Wie Vogelzwitschern klang ihre
Stimme, und wie ein Sonnenstrahl
huschte sie in ihrem hellen Sommer
kleide über den halbdunllen Korridor
ihm voran.
»Wie behaglich es bei Jhnen ist!'«
sagte Martin Korn und ließ seine Au
gen noch einmal im Zimmer umher
wandern, das ihm jetzt, in ihrer Ge
genwart, noch viel sonniger und an- z
heimelnder erschien als am Vormittag. ;
»Harmo, meine Schwester, läßt ums
Entschuldigung bitten; sie ist noch»
nicht ganz fertig mit der Toilette,«
sagte Hedwig.
Martin Korn achieie gar nicht auf
das was sie sagte: er hörte nur ihre
helle, frohe Stimme und sah ihre fri
schen, rothen Lippen und fühlte, daß
er jetzt sprechen mußte, ehe die Schwe
ster lam, solange er noch mit ihr allein
war.
,.Liebes Fräulein Hedwig« « he
gann er und legte seine Hand dicht ne
ben die ihre aus den Tisch »ich
möchte einmal ein ganz ernstes Wort
mit Ihnen teden.«
Sie sah aus und bekam plötzlich
ganz unnatürlich große Augen; dann
aber schien sie zu begreifen:
»Oh, ich weiß,«« sagte sie hall
schiiiollend. — »Sie haben vor Uij
meiner Schwester den üblichen Besuch
gemacht und dabei auch von mir ge
sprochen. Bei dieser Gelegenheit hat
sie Jhnen ihr Leid geklagt, und nun
tommen Sie, uin mich augzusckxlten.«
,,Meinen Sie, liebe Hedwig?«
Er sah ihr tief in die Augen und
weidete sich an dein lieblichen Auss
drurk ihres Gesichts.
»Gewiß. Aber sehen Sie, Herr
Korn: ich bin doch nun einmal jung
und steue mich des Lebens.« Sie
machte einePause und fuhr dann nach
denklich fort: »Ganz unrecht hat sie ja
auch nicht; und daß sie dabei auch ein
wenig an sich denkt, ist ja begreiflich·«
Martin Korn verstand kein Wort
von dein, was sie da sagte.
»Wie meinen Sie ,,an sich denkt'«?«
sragte er.
»Nun« — sie erröthete ein wenig —
»wenn . . . wenn eines Tages Jemand
käme, der . . . der mich zur Frau ha
ben wollte, dann wäre sie doch allein
und . . . «
»Ah so! . . . Das meinen Sie!« —
Er war froh, daß sich ein so leichter
Uebergang von selbst ergab. — »Nun
—- bis jeßt ist ja doch aber noch keiner
gekommen.«
Sie schwieg und zapfte an den Fal
ten ihres Kleides. ’
»Nicht wahr, Fräulein hedwig?«
sragte er weiter,« und es war ihm bei
ihrem Schweigen, als lege sich plötzlich
eine kalte band aus sein Herz.
»Doch!« sagte sie endlich leise. —
»Ich bin . . . heimlich. . . verlobt.«
»Nein!«
Es klang beinahe wie ein Hilferuf,
dieses abwehrende Nein. Dann ließ
sMartin Korn den Kops sinlen und
schwieg.
Schiichtern und zaghast näherte sie
sich ihm nach einer turzen Pause,
schob ihre Hand in seinen Arm und
sagte:
,,Lieber Herr Korn! Sie dürfen
mir nicht bose sein . . . ich habe nun
einmal zu Jhnen ein so großes Zu
trauen . . . Hanna weiß noch nichts
davon, und Sie müssen mir helfen, es
ihr zu sagen. Denn sehen Sie: das ist
i eigentlich das schwerste .daß ich sie
verlassen soll, die nun so manches Jahr
sür mich gesorgt hat. .Es sieht so
undankbar aus. . aber was soll ich
lthun, Herr Korn- Jch liebe Georg
und.
»Also Georg heißt er?«
Es waren die ersten Worte, die
Martin Korn sand. Dann biß er die
Zähne zusammen und schwieg wieder.
»Ja, Georg Reckmann« -—— suhr sie
sort und begann im Eifer des Ge
spräches an seinen Knöpfen zu nesteln
—- »und — aber Sie müssen mir ver
sprechen, vorläufig noch zu schweigen
-—heute Nachmittag wird er in Pauls:
born sein . . · ganz zufällig natürlich,
und dann wird er uns begrüßen .
Hanna tennt ihn ja schon.«
Endlich athmete Martin Korn
schwer aus; und nun versuchte er sogar
zu lächeln.
»So? Und mich wollen Sie also
zum Mitschuldigen dieses Komplottes
machen-i«
»Ja . . .ach ja, bitte! Einmal muß
es Hanna ja doch erfahren: und dieses
Heimlichthun ist mir längst zuwider.
Wenn Sie dabei sind, wird es mir
leichter werden. Sie sollen mir ja
nur helfen. Hanna zu trösten.«
»Nun, Fräulein Hedwig« —- er
reichte ihr die Hand und schien nun
wieder ganz der alte zu sein -—- »was
an mir liegt, soll geschehen, Sie glück
lich zu machen. Darauf können Sie
sich verlassen.«
i s- i- s
Sie waren hinaus-gefahren in den
Grunewald und waren nach Paus
born gewandert, hatten dort Kassee
getrimien und Herrn Georg Reck
rnann an ihren Tisch gebeten, der
«ganz zufällig« daran vorüberging.
Und dann waren sie weiter gewan
dert in den Grunetvalb hinein.
Und dort hatte Martin Korn, der
mit dem »hausmiitterchen« ging, ein
langes und ernstes Gespräch mit ihr.
Hedwig aber, die mit Herrn Rectmann
ging, war gleichfalls ernster und
schweigsamer als sonst.
Und sie blieb es bis zu dem Augen
blicke, wo Martin Korn, das Hang
mütterchen am Arm, vor sie undGeora
Reckmann hintrat und sagte:
»Liebes Fräulein Hedwig! Jch habe
soeben Ihre Schwester gefragt, ol) sie
meine Frau werden wolle. Sie hat
mir leider zur Antwort gegeben, das-,
sie Sie aus keinen Fall verlassen tön
ne. Was sagen Sie dazu? Können
und wollen Sie mir helfen?«
»Ja, von Herzen gern!« jubelte es
da in Hedwia auf. ——— »Ich will Ihnen
helfen, ebenso, wie Sie uns geholfen
haben!«-—Sie deutete aus den Freund
an ihrer Seite.
»Und wag sagen Sie dazu, Fräu
lein Hanna?«
Martin Korn hatte die Rechte des
Hauskniitterchens genommen und sah
ihr in die Augen.
»Ja und Amen!« saate Hanna
Ud damit war der doppelte Bund
geschlossen.
.---.—.s.--—
Der Dopvetqäuser ve- Grasen
;«Ievpecin.
Ueber eine amüsante Verwechie
lung wird aus Nürnberg geschrieben:
Als Abends zwischen 7 und- K Uhr
ein Herr, der m Begleitung einer
Dame war, die Kaiserstraße entlang
ging, wurde er durch seine ausfallende
Aehnlichkeit mit dem Grasen Zeitbe
lin sür den berühmten Lustschisser
gehalten und von einer großen Kin
derschaar und Erwachsenen umringt
und aus dem ganzen Wege begleitet
Trotz der Betheuerung des Herrn,
daß er der Gras Zeppelin nicht sei,
lies-, sich die Menge nicht bewegen.
sich zu entfernen, sondern ging weiter
mit in dem festen Glauben, den ech
ten Grasen Zeppelin vor sich zu ba
ben, zu mal da Graf Zeppelin wirt
tich am Vormittag in Nürnberg
weilte. Am Josessplatz stieg Der
»Herr Gras«, um sich der grossen
Schaar Begleiter zu entledigen, in
eine Droschte, und wie auf Kom
mando erscholl bei seiner Absahrt ein
donnerndes »Hoch Zeppelin!!!«
—--.--—-»«
Ein deutscher Professor versichert,
er habe Rauch aus demMonde bemerkt.
Vermutlich hat sich der Mann im
Monde eine Havnnna gegen die-Schlaf
lofigteit angesteckt.
Die Leute von der Wasserkante ha
ben recht genug, wenn sie den Binnen
liinder nur für einen halben Menschen
ansehen. Denn dem Unglücklichen
fehlt ein ganzes Element: das flüssige
Stück dieser Erdenwelt, auf dem alle
die, denen es sozusagen in die Wiege
gelegt wurde, oft festeren Boden
gewonnen als tvir auf unserem
trockenen. Wer einmal ein paar
Wochen lang ausgedehnte Wasser
gegenden besucht hat, wer zu
Meere gefahren ist, sieht bald verwun
derunggvoll ein, daß da ein ungeheures
menschliches Besitzthum ausgebreitet
liegt, mit eigenen Schicksalen, Jdealen
nnd Gesetzen, eine neue und doch so alte
Welt, in der es vieles zu bestaunen,
noch mehr zu lernen gibt. Das Wasser
schafft sich seine eigenen bedeutungs
vollen Typen, vom schweigsamen Kapi:
tän, vom guanoverhandelnden Groß-«
kaufmann bis zum luchsäugigen Loots
sen und dem Heringsfifcher mit Oel
jattr.
Was der Halbmensch der Binnen
lgjnden beim Küstenbewohner alsHoch
näsigleit erachtet, ist in Wirklichkeit
das erhebende Gefühl, das ganze Leben
der Beherrschung eines widerspensti
gen, selbst herrschlustigen Eleinenteg
ioidmen zu können. Um dieses Element
dreht sich ein Gigantenapparat von
·3ignalen, Wimpeln, Leuchtthiirmen,
tausend technischen Wunderdingen, de
ren Geheimnisse dem armen Wasserw
sen unbekannter sind als dieGrablami
nxerszsriiche der letzten Psammeniten.
Von allenReisemethoden der Welt sind
Seereisen diemerkiviirdigsten,tveil man
mitten in dieses Bereich von Zauber:
baftiakeiten aus Natur und Menschen
lunst hineingeseht wird,weil man zahl
lose neue Daseinsmöglichteiten, seltsa
me Zweeke und Ziele, ein mächtiges
Stück praktischen Lebens in der An
schauung und schließlich einen verän
deeten sozialen Kodetz ein anderes
Handbuch des Anstandes nnd der guten
Sitte kennen lernt. Schiffe sind Staa
ten fiir sich
Jch reiste in oder eigentlich aus zwei
solcher Staaten erst vom Nordmeer in
den Ozean, und dann auf dem Süd-:
meer herum. ließ mich manchmal, wo
es schön war, vom Verdeel ans Land
spülen« sah mich dorten neugierig um
und kroch Nachts wieder in meinen
Staat. Der Bauch des ersten Staates
—- eines Schiffes, das ein wenig von
Hamburg nach Kapitein fuhr und noch
iiibrt — war vollaefüllt mit tausend
Lasten;Lundwirthschaftsgeräthe,(sisen
bahnschienen, Riesentonnen und Kin
derwagen bitdeten seine Gingeweide,
und in den einzelnen Häer wurden sie
immer voller aestopft — — dieser Staat
tonnte nicht genug schlucken. Er war
unersättlich. denn er hatte dies alles
nach Deittschthairita iwie auch die
meisten seiner Passaaierei zu bringen,
und darum schluclte er fo. Jn tltotter
dam, wo die Tulpen und Windniiihlen
in der That ohne Konkurrenz gedeihen,
ferner insouthainpton, wo ich sämmt
liche Dickensche Originale neben einer
Temperenzlertneipe disputiren sah,
aing das Bollpacten des Schiffes wei
ter.
Das Schiff fährt und fährt. Es ist
mnjestätifch und traulich czualeich eg»
hat die Ferne einesltönigsschlosseg und
die warme Nähe einer gemiithlichen
Märchenhüttr. Ich iaae nichts von den
respettheisckenden Schornsteinen, den
stattlichen El.ltasten, dem fabulären Ma
schinenramn, in dem die Kräfte Tag
und Nacht an der Arbeit sind. Da
sausen Werlzeuge herum, die vor ihrer
eigenen Gewalt zu bersten scheinen, da
fahren Rothen. die auf der Lauer aele
gen haben, Plötzlich wuthentbrannt in
ihre Eisenbeute hinein und stoßen sie
wahnwitzia hinlund her. lieber den
boten Itanal ntoynl nunnenianq Dak
Nebelhorn Beinah feierlich ift es,
trenn auf einfamem Meer das Schiff
einem anderen begegnete, wenn dann
bunt und flatternd das Grußmimpel
herauf- und herunteraezoqen wird
Und es ergreift einen an Bord, wenn
das stolze Schiff mit Abschiedgmnsik
von der Mole eines Aufenthaltshafeng
abfäkytt, sich im fpielenden Abendlicht
langsam von den Hunderten die da
weinend nach ihren Theuren dieTiicher
schwenken, entfernt und bald in nahe
Nacht taucht. Die Majeftät des klei
nen Staates fühlt man mich bei der
Weltferne der Sonnenuntergänge, in
der tiefen Schweigniß der Sternen
nächte. Und wieviel Witnderbarliches
um einen her: der unerrniidliche Mö
venflua. das fchießende tlmbettollen
der Delphine, nächtiaes Meerleuchten
— ein Goldberlenaeblitz
Und manches Trauliche griißt den
Wasserfkemdlina Es ift eine vatrioti
fchc Katze an Bord mit einem schwarz
weiß- rothen Band unt den Hals, es ift
eine friedliche Pilfener Ecke da und die
fKabinen künden das Prinzip von der
Ausnutzung des kleinsten Raumes mit
höchster Gemüthlichteit. Man guckt
Morgens aus den geblümten Bettvor
hängchen wie aus einem Kasperlethea
ter heraus und sieht Sonne durchs
Bullauge hereinfließen. Auch Tugen
den gewinnt man. Man lernt Spar
samkeit ohne Smiles, indem man mit
seinem Viertelpsund Waschwasser täg
lich hauszuhalten sucht; Mannesge
duld, wenn im stariwelligen Bistaya
Speisen, Teller und Gläser sich unun
terbrochen vor dem Essenwollenden aus
der Wanderschast befinden; Beschei
dung, da man in fortwährender Er
wartung eines Stürmischerwerdens
oder eines ,,Anfalls« dahinträumt;
Philosophie von den Hühnern und
Hunden, die in Kisten eingesperrt bis
Dar es Salain reisen. Struppige,
wilde, freiheitgewohnte Köter in Haft,
von der sie nicht einmal wissen, daß sie
eines Tages aufhören wird.
Auf diesem Schiff sitzt die dicke Frau
Hoffnung am Steuer. Nicht wenige
huldigen ihr, denn von ein paar hoff
nungslosen »Vergnijgunasreisenden«
abgesehen, ist hier alles mit jugendlich
schtvarz-weiß-rothem Unternehmungs
geist versrachtet. Das deutsche Ost
asrila, das jungfräuliche, zieht alle
diese Kömmlinge herüber; es sind lau
ter fröhliche, intelligente Leute, die
»hinwollen« oder vom Besuch in der
altenHeimath aus ihreFarm zurückkeh
ren. Mit diesen hoffnungsfrohenMen
schen spricht das Schiff seine schöne
Jdee aus; hier zieht Jugendmuth aus,
um neues Gebiet zu erobern, ein un
verzagter Kaufmannsgeist wagt den
Sprung ins Unbetretene, alle Gedan
len sind auf die Erbeutung des tägli
chen Lebens unter einem noch halb
feindlichen Himmel gerichtet. Fast alle
sind Zwanziger und·Dreißiger, Kauf
leute, Handwerker, Gewerbemenschen,
aber alle von derselben Jdee gefesselt.
Darum sind sie auch alle so zusammen
geschlossen, und wir bloßen Bummler
mit ihnen. Das sind nun die Land
pioniere, die den Entdeckern und den
Diplomaten nachfolgen. Ein Stück
von jenem Trieb ist verlörpert, der
Vasco de Gama und Magellan zu
Meer zwang· Das unbekannte Land
hinter der Meeresweite lockt und lockt.
Und man freut sich, das; nun auch
Deutschland dabei ist, daß hier eine
Jugend auszieht,das leichtverletzte Gut
eines nationalen Namens mitzuhiiten.
Ein Schiff macht gemeinsam wie
kein anderes Dach. Bald und genau
kennt unter dem gemeinsamen Geschick
einer den anderen. Die Förmlichteiten
schwinden leichter, alles Natürliche of
fenbart sich rascher. Man ist denselben
Ereignissen unt-er denselben Bedingun
gen preisgegeben Und wir denken ge
meinsam an die vielen Millionenge
schicte in den Ländern und Stadien.
Fern hinter den Ufern, die wir nicht
scheu, als wären sie gar nicht da——da
ackert und dämmert ein ganz andere-T
Geschlecht an oerzwickten tausendfälti
aen Geschicken tiin Schiff ist ein
Staat und ein Schicksal. Jedes Wrack
im Ozean erzähl ’H, und wir wissen,
daf-, jede Leiche an Bord das Grab in
der Wasser-tiefe findet, wenn sie weiter
als einen Tag vom nächsten Hafen ent
fernt ist. Hier macht auch der Todten
gräber keine Unterschiede mehr.
IT Ik si
Sondkrbar scheint eg, daß man in
jedem Land den charakteristischen
Haupttyp findet, den man sich von
ihm zurechtaemacht hat. Von Natter
dams Echtheit im Ostade-Stil braucht
nicht mehr gesprochen zu werden, Süd
enaland beschert gleich ganze Schockg
seiner berühmten efeuumsponnenen
Schlcßsitze, Portugal ist kultutell ge:
nau so zurüekaeblieben, wie man sichs
nach seiner Münzrechnung vorstellt lein
Anzug: 11,000 Reig) und landschafts
lich ebenso srisch und farbig, wie fein
Nationaldichter Camoens eg aedichtet
hat; Tanaer ist wildmarokkanisch ge
nug für eine Portion Wirren,und man
zieht dort die Stiere mit Stricken um
die Hörner ins Schiff — was ein un
gträglicher Anblick ist. Der ganze
Vuoen yar nur gemeinsam, oan er me
meisten Apothelen des Erdballs auszu
neisen hat. Sonst hat alles seinenSpe
zialtyv, wovon der sübspanische mir
der Beste zu sein scheint, denn die
Frauen, die sämmtlich schön sind, tra
gen nur echte Blumen im Haar und
leine Topshüte.
Die meisten Leute miissen unterweas
alles gesehen haben: sie wollen in Lis
sabon gebebt, in Sevilla einen lustian
Barbier besucht und in Granada ge
nachtlaaert haben. Wenn ich auch das
letzte-statt sei Dank mehrere Male thun
durfte, so bin ich doch einem Stierge
secht lniemand wird es glauben) mit
Absicht aus dem Wege gegangen, weil
ich es vorher in einem spanischen
,,Kientopp« schon scheitsilich genug riese
hen hatte. Es qinq mir wie dem Gra
sen d’Esseintes,von dem Huysmans er
zählt, daß er seine Schiff-steife im
Fahrtartenbureau und in einer Ma
trosentneipe gemacht hat, und zwar
täuschend richtig. Es war mir spaß
haftet, den farnosen Gleichnissen eines
pädagogischen Reisegenossen zu lau
schen, der, angesichts vieler schwatzender
Engländerinnen, von seiner eigenen
Frau erzählte: »Sie läßt mich nur re
den, wenn sie spuclt oder Luft holt.«
Etwas Aehnliches kann man von
einem weiteren Standpunkt aus von
den männlichen Engländern behaupten,
namentlich wenn man nur von fern
ihre Befestigungen bei Southampton
undGibraltar gewahr wird. Sie brau
chen nicht einmalLuft zu holen. Als ich
den äußersten europäischen Südzipfel
verlassen hatte-» man erhält eine ein
tägige Erlaubnißtarte für den Aufent
halt ——— und mich nach Neapel auf den
,,zweiten Staat« begab: ein ungeheue
res Amerikaschiff mit Marconi-Aus
riistung, trat dann die andere Seite
des deutschenPionierthums imAuslan
de gegen die ausreisendenOstafritafah
rer hervor. Hier waren Hunderte von
Deutschen an Bord, rücktehrend von
Onkel Toms nüchternen Dollarpro
vinzen — und alle waren vom Ameri
kanismus verschlungen! Nicht einmal
auf der Rückkehr in die Heimath spra
chen sie deutsch — in ein paar Jahren
des Dollarverdienens hatten sie ihre
Muttersprache und ihren deutschen
Sinn völlig verleugnen gelernt. Auch
die jungen Leute, die mit vollen Por
temonnaies nur »auf Besuch« herüber
rntschten, waren schon im amerikani
schen Geist völlig umgemodelt — sie
warfen in den Salons entweder die
Füße über den Tisch oder spielten stun
denlang auf englisch die sinnigen
Spiele: Pomto mu-, Obst-wiss Tug
»i« wur; Nest-cito tin-i ihn-Ast mer-;
stinkle bonI-it und ähnliche JUtellck
übungen. Es war ein zwitterhaftes
Schauspiel, wie sich Sachsen, Schwa
ben, Norddeutsche so vollblut-amerika
nifch gebärdeten —— nur ein alter, ver
schrumpfter Schwhzer, nach vierzig
Jahren humpelnd heimwärtsfahrend,
hatte seinAppenzellerthum bewahrt und
fragte jedes neue Gesicht auf gut alt
deutschr »No, wo tommscht’n du her?
's is a recht scheens Wetter hüt!« Als
ich das vernahm, tauchte mein erstes
Schiff mit seinen jungen Verheißungen
wieder schüchtern am verlassenen Hori
zont empor.
Sen-Herbste Bürgermeistern-Mk
Zu Zeiten, da Grimsby noch eine
kleine Stadt und nicht der große eng
lische Seehasen von heute mit einer
Jahresein- uan sausfuhr von rund
zwanzig Millionen Pfund Sterling
war, wurde dort der Bürgermeister
auf qanz absonderliche Art gewählt.
Die Verderber um den Posten des
Stadloeberhauptes wurden auf den
Gemeindeanger geführt; dort ver
band man ihnen die Augen und ließ
jeden ein Bündel Heu vor sich halten.
Dann wurde auf den nämlichen An
Jer eine Kuh gebracht, der man, um
sie hungrig zu machen, einen Tag
lang nichts zu fressen aeqeben hatte.
Von wessen Bündel nun die Kuh zu
erst frnß — ein bloßes Herumschnup
Vern war ohne Geltung --, der wur
de alsbald var versammeliem Volke
feierlich zum Bürgermeister ausgeru
sen.
s Von einer Muschel gefangen
worden.
Wir erfuhren aus Lory Beach: Rot
Spratttn begab sich nach Wbite Point
auf den Tlliuschelirrnq, Er langte un
ter einen Felgbloch um einige beson
vers schöne Muscheln hervorzubolen
Wie erschreckt war er aber, als er plötz
lich einen Schlag verspürte und be
merkte, baß er von den Schalen einer
Riesenmuschel eingellemint ivnr. Ver
neblich versuchte er, Insit seinem Ta
schenmesser die Schalen derMuschelzn
öffnen, idie Versuche hatten nur den
Zivech daß die beiden an den Taschen
niessern befindlichen Klingen nachein
ander abbrnchen Inzwischen hatte die
Fluth eingesetzt isnd das Wasser stieq
immer höher. Zwei Stunden schivebte
so der Unqliiclliche in der Gefahr,
langsam zu ertrinten, bis endlich auf
seine Hilferuse ein japanischer Fischer
aus ihn aufmerksam wurde und ihn
aus seiner lebensgesäshrlichen Lage be
freite.
-—-—-.—
Etscnbahmtubthette für Säusltnse
Wie berichtet wird, bat die franzö
sische Eisenbahnverivaltung auf eini
gen Strecken Eisen-bahn-Abtbeile für
Zäunlinge einnerichtet. Sie sind nur
für Reisende, die Kinder bis zu vier
Jahren mit sich siibren, bestimmt; in
ihnen befindet sich ein kleiner Kocher,
der heißes Wasser liefert und es den
Miittern mäqu 1n.1cht, Suppe oder
Milch zu wärmen· Die Reisenden wer
den dadurch in Zutunst von den klei
nen Schreibälsen befreit werden —
eine Neuerunafdie auch bei uns Nach
alnnunq bedient.