Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 16, 1909, Zweiter Theil, Image 16

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    JsWisgsftmnt
hiesette von Eise Krasft
Und nun war der Lenz da. Kam
sit lichtblauern Hinter-eh btisblanten
Mniichtern nnd fchüchternem
Lenztpnzert der Vögel.
ssötst Du’s?" fragte er, tief auf
atbsend, indem er den reglofen Mäd
chen-ern fester an sich drückte.
Sie waren arn heutigen Sonntag
Nachmittag nach Friedrichsbagen ge
fahren, hatten dort im ersten besten
Ueftaurant Kassee getrunken und
schritten nun langsam den einsamen
Waldweg entlang, der nach Köpenict
zu fiihren sollte.
«Lenchen«, bat der Mann, »sei doch
nicht fo schrecklich stumm! Was hast
Du denn? Wso ist denn Dein Lachen
geblieben: Lache, lache doch, ich
wünschte gerade heute, daß Dis noch
einnral so recht von Herzen froh
Iäteft mit mir.«
Sie wandte schwer den Kopf zu
thue herum. Zu seinen jungen. hel
!en, geliebte-r Augen, die zwei Jahre
tan- aleich Leitfternen die Tage ge
schmückt
Noch einmal«« hatte er gesagt.
Joch einmal!« ..... Ahnte er, was
in ihr vorginga hatte er ihre große
Furcht. ihren heimlich-en verzweifel
ieu Kampf schon vom Gesicht gelesen,
ehe ihre Lippen davon gesprochen-?
Er ging mit tiefgefenttem Kopf.
Er wagte gar nicht in ihr junges.
Mrliebliches Gesicht zu felfen, das
sh- mit den dunklen Augen Zu den-.
W Haar beinahe an ein anderes
erinnerte, an ein anderes. das einem
reichen, verwöhnter-i Mädchen aehörte.
das ihn gestern erst berausfordernd
und totett angelacht: «Seien Sie doch
nicht so entsetzlich zurückhaltend, Herr
Dotter . . . . !«
Eigentum war dieses Locken seor
häßlich gewesen« Er liebte iiberkiaupt
die Art Frauen nicht. wie Anneliese
Sbetstein eine war. Wenn sie doch
ein ganz tlein wenig mehr von Len
Gen aehabi hätte. außer der gleichen
Augen- und Haarsarbr. Den saßen
dunkelwtben Mund, den offenen. rei
sen Blick.... ja, oder das goldene,
geliebte Kinderlachem das ist-n immer
an Vogelaezwitscher zur Frühlings
zeit erinnerte.
Armes Lenchenl Es mußte eit
Ende gemacht werden. Am besten
heute noch, er konnte die oerroöbnte
Unneliese nicht mehr länger- hin
saltery ihren Vater. ihre Mutter, die
ganzen Verwandten und Freunde, die
in dem Hause des reichen Kommer
zienratbs aus- und eingingen und
feine Verlobung erwarteten. Warum
hatte er eigentlich noch nicht das ent
scheidende Wort gesprochen? Anne
liese hatte ils-In ja oft genug dazu Ge
legendeit gegeben, rein toll nach ihm
war das Goldsischchen, seit sein letz
tes Stück den großen. durckischlagen
den Erfolg gehabt hatte. Seit die
Zeitungen so ost seinen Namen
irachten... seit du, lieber Gott,
nur die Hand brauchte er auszu
strecken nach dieser oielbegehrten
Unneliese, und sie war sein. Und viel
anderes noch mehr. Des Schmierm
vatets Gelt-, die Berti-eile seiner ge
secschaftlichen und geschäftlichen Ver
Anbringen sein Ruhm würde doppelt
nnd dreifach emporbliihen mit diesem
Berlöbniß. Das Talent, das Kön
sen allem «iacht’s auch nicht . ..
Armes Lenchenl Tat-fres, kleines,
geliebtes Mädchen, du wirst den
schlechten Menschen schon vergessen
lernen, du bist ja reich trotz deiner
Armuth . . . ,
Sie lächelte jetzt. Sie gina schnel
ler neben ihm her, qerjde so, als ob
sie Eile hätte, ans dem Dämmernden
Wald-weg auf die helle, ins Abend
licht roth umsäumte Cbaussee zu Lom
tnen. Ein seltsames Lächeln.
Er wollte gerade ihren Namen sa
gen, gerade anfangen, von seiner Ver
lolmna zu sprechen, da sthe sie fei
nen Namen. Heiser fast. so fremd
flang das eine Wort: »Gerd!....
bös bitte mal zu, Geer-, und sei ver
nünftiq, Liebster . . · ja?«
«Bernünsti«q«, jetzt lachte er auch.
Es that ihm selber weh, dieses Lachen
Tier ihrem heißen, gequälten Gesicht
n.
Bin ich denn je unverniinstig ge
wesen, Schatz sind wir beide je
In.
«Rein, nein«, sie schüttelte
Witz den Kopf, »so meine ich das
is gar nicht. Und doch« .,Gerd sage
Iml selber aber bitte sieh mich
sieht so an dabei, laß meine Hands
los, Gerd, ich tsnn das Streicheln’
stät mehr vertraqen .. lache doch
M immer, Endl« .
Er wurde ernst. Ihm kam wieder
recht Bewußtsein wie wun-«
IrdsieM eigentlich sprechen konnte »
z-, · Inscho der ungebildeten Mutter, trotz
der armselige-r Wohnung im vierten
»Ist-, ins des Stiesvaters, der lei
Msschen du vertraut so daß
M oft ihr ganzes Monatsgehalt,
Ist sie als Bertänseriu in einem
besoC sür die Jhren
Ob das nur die bessere
M, die sie besucht hatte, wo
ag? beste Schülerin eine
W
-S tatst- lpihi fv sein. Daher Ia
Mdtiefel to tief empfun
e Bewegungen Ue
se Cis-geben. . . .
Inseer . . . .
· Ind« ss
its-kit- TIW »Er-lex
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E
lange Herd. M ich's ni
mehr-. Sonn iiisi bn mir noch is -
nen ganzen mühsam artige-bauten
Stolz entzwei, Zerd, ich bitte dich,
küsse mich nie mehr, laß Ins heute,
Leute. noch ehe wir recht begreifen, wie
der Frühling thut, einander Adieu
sagen...«
Er biekt sie aber doch im Arm. Sie
zitterte ja am ganzen Körper, sie-»
mein Gott, sie machte sich ja krank.
wenn sie sich so aufreaie.
Beruhigend strich er ihr das krause,
helle Haar unter dem großen Hut
zurück.
»Aber, Lencben, was willst du
denn, was soll ich denn. ich verstehe
das ja alles nicht«
Sie machte sich önaiilich von idrn
los. Sie schien die Zähne aufeinan
derzubeißen, damit sie nicht zu wei
nen brauchte.
«Jch wollte dir das alles eigentlich
nicht sagen, bloß schreiben, Gew, ich
schämie mich so. Aber vielleicht ver
stehst du mich so besser, und vieles,
was dich oft an mir befremdet bat . . .«
Sie ging jeni wieder ganz rubig
neben ihm her. Er wagte sie gar nicht
unterzufasiem als er ibre verschlun
aenen Hände sab. Er bnkie beinahe
veraessen, daß er sekber vom Abschied
sprechen wollte . ..
.Sieb, Gerd, du kennst ja meine
Mutter. Sie isi kränklich jesi, und
ost böse ja ver Vater, die
kleineren Brüder-, sie bat viel durchzu
rnachen. Gerd. Und wobl noch mehr
durchgemacht, wie ich Kind war....
wie ich zur Welt kam .. .. ohne Va
ter! ..... Denn Mutter war aar nicht
zweimal verheirathet, ach laß doch
»Gerd, du sollst mich jetzt nicht un
»terboechen, auch nicht anfassen .....
bös zu, Gerd. Mutter muß sehr
z hübsch gewesen sein, ich bebe noch ein
: Bild von ihr, wie sie jung war. Undj
: ..... und sie hat wohl auch Iesnanoi
lieb gehabt, der über ihr stand, ges
nau so rrie ich, nur nur der war
nicht gut wie du, der war schlecht...
so so grundschlecht! Und ist es noch
und lebt noch, weiß. daß Mutter ost
nicht genua hatte zum Brotlauien.
daß sie zben Jahre siir mich Tag
und Nacht gearbeitet hat, damit ich
nichts entbehrte, damit ich in eine
bessere Schule gehen konnte. Macht-er
bekam ich die Freistelle bis zur Ein
segnung, weil ich wohl leicht lernte,
weil es war ein Glück, Gero.
denn mein Stiesvater hätte dass
Schulgeld nicht bezahlt sür mich, der
hat Mutter und mich nur ausgelacht
dasi wir so doch hinaus wollten...«
Lenchen schwieg. Unsicher sah sie
den Mann. der neben idr ging, an.
Es wurde dunkler am Wege,
Vögel stiller. es lanr eine große be
steiende Ruhe über das Mädchen.
Getd hörte nur eins.
»Und sie hat wohl auch jemand liedj
gehabt, der iider idr stand. genau so
Jtririie ich, nur der war nicht gut wie
u....«
Er schüttelte finster den Kaps.
.Quäl« dich doch nicht so mit den
alten Geschichten . . . . erziilsk mir lie
ber nichts davon, wenn es dich so
ausregt.«
Da lächelte sie schon wieder.
»Ich rege mich ja gar nicht aus.
Sieh mal, Gerd, ich lache sogar! Der
erste Frühlingssturm hat so etwas
Crliisendei. man möchte immerzu in
sein Brausen hineinrusem »ni:nm
das auch noch mit. das auch noch
k..t.und mit einmnral ist alles Leid
or ....«
Ihre Hand tastete leise nach der
seinen.
»So aelit sich s am schönsten Wie
Kinder Gerd Hand in Hand vomi
Anfana bis·...iurn Ende Und dass
Ende tosnmt immer mal! Heute thut Hi
vielleicht nicht so welk wie moraeni
oder noch später. Bliihen rrit da DrüY
Sen am Wasser wieder die Vergiß-l
meinnicht, die du rnir ooriaes Ja lie?
vitiicttest hätte ich oiellescht nicht
mehr die straft dir Lebewodl iu sa
gen, gings mir vielleicht els enso wie
Mutter und das Schatz...
davor bewahre uns Mädchen alle der
liebe Gott das hängt am Leben
rote ein Brandmal. das thut noch
weh, wenns längst oernarbt ist« denn
aus der Welt schaffen tann man so
etwas nicht . .. ! Ich Falk es mit mei
ner Mutter durchgemacht, ich habe
manchmal aus ihr Geheiß mit meiner
steilen Kinderhandschrist herzbeiveg
liche Briese an meinen vornehmen
Vater schreiben müssen, wenn es uns
aar zu schlecht aina. Er hat nie da
raus geantwortet... ach Gerd, Heut
bin ich glücklich und stolz, daß er es
nicht gethan hat. Daß Mutter sich
allein durchaerungen, daß ich so bald
die aute Stellung bekam, daß ich nun
selber sorgen kann, heute alle
Tage, daß ich gesund bin, stark, daß
ich mit diesen meinen Armen mir ehr
lich mein Brot verdiene, in den Näch
ten schlasen kann ohne Schuld und
. Sühne Gerd . .. nun bitte, hils
! du mir auch dabei . . . . rnach mir den
sAbschied leicht, damit ich das beste
’von unserer Liebe behalten dars, die
s gegenseitige Achtungl Ich . · . . ich
i werdW schon deucht-eigen . . . . wenns
schmerzt . . . ohne dich weiterleben . . .«
Nun waren ei doch ein paar Thra
nen, die mitten in ihr Lächeln hinein
trat-sten
Si kam ein Regen in seine Kehle,
als er das sah.
«Sie bat recht«, dachte er »und es
se m klein-stoße- oiiia iak mich
das ichs selber nichts sagen brauchte
m seiner Verlobung dass alles so
leicht und glatt selbst wird. «
ZU M am»
die M used-enden er
EITH- gis- »F Isqu
-:I
ioctende Lächeln der anderen in's se
dächtnih den einstußteichen Schrote-.
geroater, das sitesiliche Hans. in deni
ee beinahe schon wie ein Sohn ein
und ausging . . . . Ei wsre ja Wahn
n gewesen, wenn er so was aus
chlagen wollte als junger, emporsirh
bender Künstler . . .
Ali er nicht sosort sprach, liek
Lenchen die Hand des Mannes behut.
sain los.
»Ich dachte es mir,'« sagte sie leise,
»nun bin ich nicht mehr dieselbe siir
dich. Du stehst so hoch iiber mir, du
hast keinen duntlen Punkt in deinem
Leben. du sollst auch keinen haben,
Gerd. Denn sieh mal, ich bin fest
überzeugt, heute bekämen Mutter und
ich von jenem Mann, an den ich einst
umsonst geschrieben habe. Geld ge
nug, wenn wir nur wieder bitten
würden. Denn er hat das Doppelte,
sach, mehr wie das Dreisache jetzt. er
shat beinahe ein Fürstenschloß im
sThiergartem er ist Kommerzienrath
Igeworden und giebt sür die Wohlthä
itigleit riesige Summen, wie in der
FZeitung steht. Aber nun, seit ich den
Ilen kann, bin ich zu stolz dazu, und
Mutter thjit’s nicht, wenn ich nicht
will. Lieber würde ich noch mehr ar
:beiten, alle Tage Uebersiunden ma
chen, wenns Mutter brauchte, ehe ich
auch nur eine Zeile schriebe an den
Mann, der unt beide verleugnet und
verlassen hat . . . ist ja egal, ob du
den Namen weißt, Gerd. Ebersiein
beißt er, du hast gewiß schon mal ge
hört von ihm, hast du’s, so weißt du
wenigstens, was daran ist und . . .«
In-t.a
i
i
i
Udck was Mk vlllllli wu- qu
denn Gerd? Er stand wie ein Stock
plötzlich. Eine trampshaste Blässe in
seinem Gesicht. ein Zucken um sden
Mund, ein ganz seltsames, beöngstis
gendes . . .«
»Gerd," schrie sie aus, »ukn Gottes
willen, Gerd!«
Er hatte sich schon wieder in Ge
walt. Nur die Hände hielt er gedallt;
geradeso. als wollte er damit etwas
zerdrücken, daß es nicht mehr leben
könnte . . . nicht mehr athmen . . .
Als sich diese gedallten hönde wie
der öffneten, streckten sie sich aus wie
suchend . . . Seine Blicke weiteten sich,
umfaßten das zitternde Menschen
tind vor sich, als sähen sie es heute
erst, wie ei wirtlich war. tindlich und
srauenstart zugleich, rein und jung
wie der Lenz, der da aus allen Win
teln irn Wald und Feld und an der
Straße toninien wollte. tausendmal
höher stehend wie jene echte, rechte
Tochter ihres Vaters, die ihn mit
ihrem Gold und ihrem tecken Lachen
an ihn gelockt hatte, gierig nach sei
neni jungen Ruh-n . . .
Was würde ei thun, wenn er sie
alle, alle verachtete, die fest aus ihn
warteten-? Wenn er das ternsrische,
reine Mödel hier ans herz nahm«
ihrn ein haus baute. ein Heini gelin
dete, in deni ei blühen und gedeihen
konnte nach herzenslusl, in detn er
an der Seite einer geliehten, verstehen
den Frau erst recht arbeiten, schassen
tonnte irn Glück am Glück?
Dein reichen, gewissenlosen Manne
seine Verlobungsanzeige schicken mit
deni anderen, dein armen Kinde, un
abhängig oon ihrn sikr dieses Kind in
Stolz und Liebe sorgen, ihnen allen
in’s Gesicht lachen aus dem selbst ge
gründet-en Weg . . .
Es war beinahe wie ein Jauchzen,
das den Mann herumriß zu dem
Mädchen.
»Lenchen !«
Sie wich zurück vor seinen Augen.
Und tonnte sich doch nicht selber fest
halten, weil der Frühlingssturm die
Landstraße dahergebraust kam wie ein
Sieger.
«Laß mich los, Gerd!«
»Nein, nie . . . nie mehr los," sagte
er, selber bis ins Jnnerste erschüttert.
»Nun erst recht fest, du armes, tapfe
res kleines Mädchen. Fest für heute
und immer. und kein Abschied mehr,
wie du es wolltest. Willst du meine
Frau werben, LenchenZ Sag kein
Wort . . . sieh mich erst mal an . .
so . . . und nun sage mir, ob du das
könntest? Ob du mir glaubst, ver
traust, ob du mich auch wirklich für
gut hältst, wie du vorhin sagtest . . .?«
Jeht weinte sie wirklich. Sie
konnte gar nichts sagen, sie hielt nur
Iin wortloser Seligteit die hände uin
) seine gesaltet.
Da küßte er sie. Anders wie sonst,
er küßte sie. als sähe da oben hinter
bemlehten Stückchen Sonnengold ber
liebe Gott selber zu . . .
Use III-sein
Ein Lisettungiberichterstatter »inter
viewte« 80 erfolgreiche Geschäftsleute
und» fand, daß sie alle als Knaben
streng erzogen wurden und öfters
ihre hielte bekamen. Der Bett-Liter
statten interoiewte gleichfalls dreisZi
Bummlerx von diesen waren 23
Muttetsöhnchen gewesen und drei
waren m der Großmutter erzogen
worden. Die R nun inw schon
Gnaden« Die As enlie der Eltern
ist den Kindern Ehrlich. Der Ernst
des Lebens erfor , daß vie Kinder
mraltfch nnd bis-MS sltr den Dampf
des Daseins stöhlt werden nnb dies
»in ski- d «
«- isn m- uMIsM
Jhe eke- Spruches-.
Slizze m Franz Iargo.
Als Fräulein Sowie die Direltrice
des großen Modegeschästi, ihr ge
wohntes Feierabend siir deutel« in
den Saal gerufen hatte und die lustige
Mädchenschaar wie ein ausgescheachter
Vogelschwarm durcheinander flatterte,
um möglichst schnell den Hat aussu
setzen. dieStirnlöachen zurechtzuzupen
sund mit eiligen Abend-grüßen die
Treppe hinaufzulaufen blieb Susanne
absichtlich sinen und nähte mit Feuer
eiser an ihrer angesangenen Arbeit
weiter.
Als der Saal leer war und nur die
Stimmen der Berläuser und der Kas
senbeantten aus dem Nebenzimmer
herübekdranaem brachte sie langsam
ihren Arbeit-stillt in Ordnung und
griff zögernd nach ihrem Handtäschs
chen.
Vor dem Hause bileb sie einen Au
genblick stehen und sah in den Tritt-el,
der um diese Stunde. da Fabrilen
und Geschäfte ihre Angestellten frei
gaben, wahrdast verwirrend war
Die Luft war lind und weich und
schien sich wie mit leichten Sordinen
über den geschäftigen Lärm zu breiten.
Susanne ging aus einen Pakt zu,
der vom Ende der Straße mit dem
grünen Dämmer seiner Landmasien
herübertvinltr. Mit leuchtenden Au
gen musterte sie sich in einem Aut
lagespiegeL ihre schlanke Gestalt, das
feine Gesicht. Sie hatte sich sonst
so unqliicklich gefühlt, wenn die an
dern ihr an der Straßeneae flüchtig
. iuaenictt hatten und sie bald daraus
eine jede arn Arme des Liebhabers sich
entfernen sah. Sie blieb stets allein
Zwaniia Jahre war sie alt qeworden
ohne dasz sie je ein junger Mann an
aesorochen hätte. Wieviel Nächte hatte
sie deswegen durchweint, dasi sie nicht
so war wie die übrigen, nicht sorglos
umhertollen konnte, springen und tan
zenl
Sie tastete mit der band nach der
Tasche ihrer Jacke, woselbst see ein
Bäckchen Briese verwahrt hatte, und
sie mußte an sich halten, um nicht ju
belnd auszulachen.
Nun harte auch sie ihren lleinen
Roman!
Den ersten Brief hatte ihr eines
Morgens ein tleiner Junge aus der
Straße über-reicht und war sporn
streichs davonaelausen. ehe sie sich noch?
von ihrer Ueberraschung erholt hatte
Er enthielt nur die Bitte unter»
Ehissre S. ein postlagerndes Schrei-»
hen ru hehehern
Das hatte sie zagend gethan und
hatte mit einem Schauer des Ent
iiictens erfahren, dass ei einen Unhe-»
tannten gäbe, der sie kannte. ihr unge
sehen folgte, sie anbetete, sie liebte! O.
wie hatte ihr dieses Wort, als sie es.
zum ersten Male gelesen, aleich einer
zauberischen Musik aetlungenL Es
würde also auch siir sie ein Glück gest
ben, siir sie die Bemitleidete Ver-l
spottete, der die Kinder im hause
Wnlestelzcherss nachriesen und höh
nend ihren Gana nachahenten.
Sie hatte ihm geantwortet, zuerst
mit htlse eines Briesstellers, da sie im ;
Stil nie sonderlich start gewesen: aber!
als er ihr qeschriehen, wie selig er!
durch ihre Antwort sei und daspß ihm
sein Leben aanq verwandelt vorkomme,
seitdem er wisse, daß sie an ihn dente,
trotdem er, wie er ihr gleich gestan
den, arm und unschön sei, da hatte sie
ihre Schiichternheit überwunden und
in ihren Briesen ganz ossenherzia mit
ihm aeplaudert, oon all ihren kleinen
Sorgen und Kümmernissen.'-Und all
gemach wurden beide, ohne sich noch
gesprochen zu haben, so aute Freunde
daß Susanne sasi mit Ungeduld war
eete er werde sie urn ein Stelldichez n
bitten.
Das hatte er nun aetban, allerdings
in se iaqenden Worten das; sie sast
zornig wurde über seinen Kleinnsuth.
Da er sie doch liebte und es ehrlic
meinte.
Mit vochendem Herzen trat sie in
den Schatten der hoben Baume und
schritt dem arofzen Nondell zu, wo
selbst sie Ernst an einem Veilchen
strauß erkennen sollte, den er in der
Hand tragen werde. Als ein junger
Mann unweit var ihr stehen blieb, re
aann sie so heftia zu zittern, vafz sie
fast ilsr Iöschchen fallen gelassen hätte.
Sie nahm sich zusammen und ging
hasiia weiter, oline auf-zusehen, bis sie
bei dem Renoeau angelangt war. Dort
blieb sie mit niedergeschlagenen Augen
stehen, kaum athrnend, und wartete,
daß im nächsten Augenblick vie Stim
me ihres unbeiannten Freundes neben
ihr ertönen werde.
Sie harrte vergebens. Nach einer
Weile hob sie den Blick und fah schüch
tern um sich. Irgend-on heaann das
Armean in einer weichen Mollladen .
die-wie eine verbaltene Klage die Luft
bunt-schwamm
«Fräulein Susanne!« sagte eine
Stimme leise neben ihr.
Sie fuhr zusammen und wendete
sich zur Seite- Am äußersten Ende
der Bank sah sie die are-teile Gestalt
eines jungen Menschen« der sie siebent
lich anblicktr. Im ersten Augenblick
begriff sie gar nicht, dachte an irgend
einen Bekannten; dann bemerkte sie
ein kleines Beilchenbouauet in seinen
dänden und sprang ganz verstört aus«
Wie —- mein Gott —- Sie —- Sie
sins eif« siammelte sie.
Er hatte sich ebenfalls erhoben, und
sie fah erst gest, das er bucklig war.
Und als o all vie Enttöuschungem
Elle Demsthigtnsem die sie bisher
W Wen-um« sieh in ihr is
eher ein-ice- Msnnae Jus-W
drängen wärdern tagte sie kad
mit behenden Linden:
.O. das isi ichlecht. dass isi er
bärmlich! Sie haben sich iiber rntch
lustig arme t«
Er hob teine hageretn langen Arme
bittend empor.
»Warum haben Sie mich nicht in
Ruhe nelaiieni« Sie riß seine Briefe
hervor und warf sie ihm heftig oor
die Füße. »Hier —- hier!«
Ein Aufschluss-ten ersiirlte die übri
gen Worte. Sie wendete sich ab, um
davonrusiiirzen Aber sie hatte nicht
an ihre eigenes Gebrechen gedacht. Bei
dem ersten borstigen Schritt itrntchelte
sie. brach in die Knie und blieb Jus
ter Erde liegen, mit einem verzweifel
ten Weinen.
Dann fühlte sie sich mit einem
Male aufnehobem von io kräftigen
Armen. daß sie dies dem qebrechlich
aussehenden Menschen gar nicht zu
getraut hätte. Er ließ sie auf die;
Bank qletten und setzte sich neben sie. ;
»Bei-geben Sie mir, Fräulein Su-!
isnne«, hörte sie wiederum feines
Stimme, »ich habe es mir ja gedacht..
djß Sie mein Anblick erschrecken!
wird, ich habe diesen Moment immer;
aeiiirchtet. Als ich Sie vorhin lommem
inh. verbarg ich die Blumen unter!
dem Rock, ich wollte mich ftill davon-:
schieichem Aber dann dachte ich, Sie;
würden vergeblich warten, und ichs
wollte Sie io gerne sprechen, wenig
sienö einmal in meinem Leben, denn.
ich iiihle wohl, daß Sie nun nichts
mehr von mir wissen wollen«
b« Sie ichluchzte trampfhait vor sich
in.
»Warum haben Sie nicht geschrie
ben, daß Sie —- daß Sie ——« itotterte
sie mühsam. I
) »Daß ich ein Krüppel bin?«' vollen
dete er »Sie baben recht das hätte
ich tbun sollen. Aber dann wäre es sa
gleich aus gewesen. Sie hatten mir
? gar nicht mebr qeantworteL «
Er hielt inne, da neben der Bank
Leute vorbeikamen. die das seltsame
Paar verwundert maßen.
Allmäblich war die Dämmerung
angebrochen und bie und da flammte
ein Gaslicht auf. Um sie berum
schwamm er von grauen Schatten,
die einen weichen Mantel um sie zu
breiten fchienen.
»Nein. ich tonnte anen dies nicht
fchreiben!« fubr er fort. »Und falls
Sie mir trotz allem geantwortet bät
ten, wäre es nur aus Mitleid ge
schehen-' «
Seine Stimme war von so eigen
tbiimlich weichem Klang, das Susanne
im Weinen innebielt.
»Ich weiß wohl, daß sent alles zu
Ende ist«, begann er nach einer Weile
wieder. .Jch war wahnsinnig, als ich
es mir anders träumte als ich mir
» dachte, Sie könnten mich vielleicht doch
ein bißchen lieb gewinnen — weil wir
» beide an unserm Pack Unglück zu tra
gen baben —- nein, nein, nicht gerade
barum«, unterbrach er sich, weil sie
eine unwilliiirliche Bewegung gemacht
hatte.
»Nun follte ich geben«, sagte sie.
Aber sie machte trotzdem leine Miene,
aufgustebem Es war ibr bei feinen
Poeten ganz warm ums her-s gewor
en.
E; tastete schüchtern nach ihrer
an .
»Ich danke Ihnen. Fräulein Su
sanne! Ich habe es ja gewußt, daßSie
ein gutes Herr baben. Aber ich hätte
trotzdem nicht gewagt, Sie perfönlich
zu sprechen, doch seit einigen Tagen
bin ich fo glücklich-! Da bat mir eine
Großtante, von der ich all mein Lebtag
nie etwas gehört hatte, eine ziemlich
beträchtliche Summe hinterlassen. ich
lann nun daran denken, mich felbft
ftändia zu machen. Ich habe anen
lja geschrieben, baß ich Gott-arbeitet
bin. und ein recht geschickter, wie ich
wobl sagen darf.«
- Wie es kam, baß beide nach einer
Weile lich vertraulich bei den händen
bieleten und Zutunstsbläne schmiede
; tell
Als sie dann später Hand in Handl
» den Garten verließen und die Straße
i binabfchritten, war es ein oerlegenes
l Staunen, mit dem sie einander in die
i Auaen fal:en. Es war also lein
Traum, daß sie einander gern hat
ten? Ernst lali den unförmigen Schat
ten seiner Gestalt an einer hell be
leuchteten Mauer hingleiten nnd hielt»
einen Anaenblia wie entmuthigt an.j
Doch Sufanne, die wohl fühlte, was;
in ihm voraina, leate mit einer mitt-;
terlichen Gebärde die lblinde um feiner-.
hals und liißte ihn herrlich auf die;
Wangen. Dann bumvelte sie wie beq
schämt voran, während er ihr, blutrothi
oor Freude und Glück, folgte.
WH
Iief stets-sichere sähe-etc
Die wenigen altmodischen Fähr
boote, welche man noch da und dort
namentlich am Ohio entlang antrifft,
sind dadurch von befonderem Inter
esse, daß sie der heutigen Generation
einen Begriff von den Ueberfuhr-Ein-i
richtungen geben können, wie sie vor!
75 Jahren im ganzen ·tteleren We
ften allgemein und fel t in unferemi
Osten noch fehr verbreitet waren.
Einige diefer Fährboote sind spä
ter auf Dampftraft eingerichtet wor-.
den. ohne daß ihre Gestalt sich we
sentlich änderte. Doch von dieer
foll hier nicht die Rede fein fondern
von den ursprünglichen Pferdelrafts
Booten, die immerhin viel fchwerere
Trautporte bewältigen konnten, als
die blos mit Menfchenlraft bewegten.
Ei sind dies einfache Flachbootr.
mit einem Auslitufer an beiden En
den um die Landun zu Reichtums
qu beiden Seiten t· ein Verse (
gebaut in welchem ern pfeed pla
bat: und dieses dW inner
baib seines Gage-weis Tritt
sprosse ganz teetmii two-entride
durch ein plump gedautes ausei
rad außerhalb in Untdrelsing dersest
wird· Solcherart wird das Vost
stets bin und zurück ikber den Strom
bewegt. Derartige Fabr-en sind mit
manchen Erinnerungen an beriibinte
geschichtliche Ereignisse verknüpft;
ihre Leistungsfähigkeit war eine ver
. böttnißmäsiig sebr bedeutende, sie
’wurden nicht io leicht dienstunfäbiF
nnd es ist bezeichnend genug, daß
noch nicht ganz aus dein thatsiichlichen
Gebrauch verschwunden sind. Nur
sehr ausdauetnde Arbeitspferde sind
iur sie zu gebrauchen.
du«-or set gerate-.
Zwei französische Aerzte, Dr. Ca
banes und Dr. Witkowsli. haan un
ter dem altfranziisifchenTitel »Gayeteg
d'Escoulape« ein interessantes Buch
herausgegeben in dein viele amiisante
Züge aus der Geschichte des Aerztes
standes und der Deillunst zusammen
getragen sind. So die solgendem Beim
bygienischen Eramen stellt Dr. Des
genettes die Frage: »Wir beginnt die
Mrdauung?« »Im Mund«, nntwvrtet
der Student. »Nein«. berichtigt der
Lehrer, »die Verdauung beginnt in der
Küche. « —- Zu Dr Bretonneau kommt
ein Patient der eine wortreiche Schil
derung feiner Leiden und Beschwerden
vorbringt und den Arzt iiberbaugt
nicht zum Fragen kommen läßt En
lich reißt dem Doktor die Geduld und
er unterbricht den Redeitroni des-kran
ten mit dem energischen Befehl: »Zei
gen Sie mir die Zunge: erst will ich sie
sehen. dannerit bören.« — Der de
nnnte englische Chirurg Stiarp verlor
leicht die Geduld, wenn zimperliche
Leute mit allerlei aieringfiigigen Din
gen seine Zeit über Gebübr in An
spruch nahmen. Eines Tages liißt ihn
ein Lord rufen und beschwört ihn zu
höchster Eile. Sbatp stürzt zu denr
Kranken und lonstatirt bei dem Pair
von England — eine leichte Damals
schürfung. Aber der Arzt nimmt
plötzlich ein ernste, sorgenver Miene
an. Die Familie beobachtet ihn und
alle ergreift der größte Schrecken.
Sharp schreibt ein Rezept und ruft
nach dem Diener. Er schärft ibrn ein
so rasch zu laufen, als er tönne, jede
Seinnde sei von größter Wichtigleit.
»Sie glauben, es ist schlimm?«
fragt angstvoll der Patient.
Sharp nickt düster: »Wenn der Die
ner nicht sehr schnell zurücktomnit, ist
zu befürchten . ..«
Hier stockt er und nickt tiefsinnig
vor sich hin.
»Aber um Gottes willen, herr Dok
tor, was ist zu befürchten?«
»Es ist Fu besürchten«, antwortete
Sharb mit dern größten Ernst. »daß
die Wunde sonst schon geheilt ist« ehe
der Diener zurücktomnrt.«
stue Oft-umgeschwu
Man schreibt uns aus London: Der
bekannte Major Baden-Powell er
zählte dieser Tage aus einem Diner
folgende Spionengefchichte: Er habe
türzlich einen deutschen foizier —
nein, einen Offizier des «Kaiserreichs
der Nordsee" getroffen, der ihm hoch
wichtiae Mittheilungen darüber ge
macht habe, wie fein Rriegsarnt seine
Information über England erhalte.
Er, Baden-Vordem habe oft gehört.
es sei eine Thatsache, dasz dieses
Kriegsarnt die genaueste Austunst
über England besinr. Es wisse alle-,
was über die östlichen Grasschaften
zu wissen sei, er kenne jedes Dorf,
die Zahl seiner Bewohner-, die Namen
der wichtigsten Grundbesitzer, der
Postverwalter, aller Beamten der
Städte und Dörfer usw. »Ich be«.
so fuhr er fort, ·u dem mir be renn
deten Offizier gesagt: »Ist das wirt
lich wahr? haben Sie wirklich alle
diese Einzelheiten?« «Gewiß habest
wir stet« antwortete mein Freund.
»Ja, aber wie haben Sie denn alle
diese Einzelheiten erbalten9« «Qh«,
war die Antwort, .wir haben uns für
1036 Penee Aellhs Countn Directoth
CGrafschaftenadreszbucht getauft und
darin steht alles!«
—
ssrchtbnre Drob-us.
Baron (zu einem seht lästigen
Gläubiger): »Na, mein Lieber, das
lann ich Jhnen sagen: mich soll der
Kuckuck holen, wenn ich Jhnen jemals
wieder was schuldig bleibe!«
Ists-I.
» »Ich bin nur froh, daß ich Wiriyin
Hbini Wenn sich dein Verehrer nicht
Jbald erklärt — so schreibe ich Ihn fiir
laue-, was er bei uns genossen hat,
eine Rechtsunsi«