Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 16, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    »n
Die Unorrisesscrliche
Stizze aus der Seele einer Frau. Von
Köthe Ludowsti.
Als vor sechs Jahren der prattiiche
Arzt Doktor Karl Wirdall in aller
Form die Erlaubniß erhielt, sich fiir
Lilli Gltiinere Verlobten zu halten,
sagte ihm die gerührte Schwiegermut
ter neben-vielem andern: »Ihr werdet
sehr bald heirathen. denn Lilli ist
durchaus prattisch und sparsam.«
Damals hatte dem Glücklichen
diese Botschaft wie Engelsniusit ge
llungen. Seine Praxis war zeitram
bend aber wenig einträglirh Die
zahlreichen Grubenarbeiter wetteifer
ten in der Sparsamkeit mit ieiner Uri
nen Braut. Also hätte ers-ohne diesen
Trost-— noch gar nicht an das Bau-en
des eigenen Neites denlen können.
Erst viel später lam ihm der leb
liakte Wunsch, daß seine Frau ein we
nig leichtlebiger —- großziigiger sein
möchte. — Sie füllte ihren Tag mit
dem Zusammenrechnen langer Spal
ten Zahlen aus und konnte stunden
lang mit dem lleinen Dienstmädchen
iiier einen fehlenden Pfennig bera
then. Freilich. in den Flitterwochen
war ihm dies noch nicht zum Bewußt
fein gekommen. Damals hausten sie
noch in seiner Junggesellentlauie und
fchiniedeten gemeinsame Pläne, wohin
sie demnächst ihr heim verlegen soll
ten. Eine reizende Van init Vor
garten war in Aussicht genommen
Als Frau Lilli jedoch ihren Preis
hörte, niietbete sie turzentschlossen ein
altes Häudleim dessen Geschichte sich
mit seinen Rissen in das alte Ge
mäiier gegraben hatte.
Das Städtchen, in Um sie lebten,
war nämlich von reichen Kohlen- und
Kupfergruten umgeben. Zuweilen
liefen die Reichthümer auch unter den
Straßen hindurch welche die Behau
fungen der Menichen trugen. Dann
lam wohl eine leiie Sentnng vor. Die
Fenster zogen schiefe Gesichter. Die
Ballenlage neigte sich devot. Diese
Demuth war aiich iiixkr das Hang ge
kommen, m ocm Vorrat zur-kau
rrirtlich einzoaen Der Dotter raite
Zuerst Aber schließlich gab er sich
rein. Es hatte sich ja auch in der
That jahrelang teine Erberschiittei
runq bemerkbar gemacht Die Zim
mertecten waren mit eleganter Holz
töseluna versehen. Die Fenster-, so
gut es geben wollte. gerichtet Frau
Lilli trug alles zusammen, was ein
Haus traut und aemütblich macht Es
gab ein rothes, arünes und blaues
Zins-met Am schönsten war entschie
den das »blaue«. Trotzdem des Dol
tors Schreibtisch darin stand, durfte
es wenig benutzt werden. Der herd
sitt seine nöthig-en schriftlichen Arbei
ten tvar in dem But-tr- und Pa
tientenzimmer hergerichtet Er be
stand aus eine-n irriberen Küchentisch«
den Frau Lilli tunstvoll mit rünem
Wachetuch benagelt und roytbraun
arbeizt hatte· Das Zimmer zeigte
keine einbeitliche Farbentviriuna Al
les, was absolut nicht in die anderen
Raume tineinvassen wollte, war hier
aufbewahrt Da gab es Hochzeitsge
schenke in Gestalt von Sosatissen nnd
Decken, zu denen die Wollreste eines
Jalrbunderts zusammengeivart er
schienen, geb-rannte Zeitunasntapven
mit au armalten Feuerlilien unb eine
Menge alter Möbel aus dem Eltern
baut Doktor Wirball nannte es da
rum turzwea das Stiealiszimmer.
Ell muthete ihn ebenso abschreckend
an, wie ihn das blaue Zimmer ent
zücktr. Dort stand nämlich, feinem
richtigen Schreibtiich gegenüber, ein
lichtblauer Dir-am auf dem ---in der
ersten Zeit der Ehe — zuweilen iein
Frauchen aeruht hatte. Jn solchen
Augenblicken siiilte er sich einer un
geahnten Beaeiiterung iähia. Ihr
reiche- Blondhaar hob sich wirlunao
voll ar. Das weiße Fell, mit dem er
sie einhiillte, schmiegte sich wie das
Gewand eines Engels um sie. Kurz,
er gewann das Haus lieb urn dieses
Zimmers halber.
Seitdem aber im Doktorheim ein
Junae schrie, wurde das Zimmer ar
schlessen aehalten. Frau Lilli wollte.
wie die anderen Damen, ihr »gut«
Zimmer« haben.
Der junge Arzt kehrte sehr ener
aisch den Herrn heraus-. Es aab aber
einen Lerstrarnpi bei Frau Lilli und
taaelanaes Brüllen des Stammhal
ters« Die Thiir aber blieb auch wei
terhin verschlossen.
Immer höuiiaer seuszte der ent
tiiuschte Ebemann unter der zuneh
menden Sparsamkeit seines Weib
chens. Immer heißer und ängstlicher
schaute er sich nach irgend einer Ret
tuna oder Mithilfe um.
Eines Tages war er seit dem ersten
Morgengrauen unterwegs. Das Mit
tagessen lchrnorte seit vielen Stunden
im Ofen. Bubi schlief niit aeballten
Fäustchen den Schlas des noch von tei
ner Spersaneteit Angekräntelten Frau
Lilli nahm, nach tue-rein Zaudern, den
ältesten Mantel, schörste dem kleinen
Dienstmädchen erhöhte Achtsamkeit um
Bubi ein und machte sieh aus den Weg,
- um einen billigen Ausverkaus heimzu
suchen. Das währte natiirlich viel lan
ger. als sie ausgerechnet hatte. Gehen
acht Uhr Abends, überladen rnit Paar
ten. tam sie endlich zuriich
Sobald sie die haust r öffnete,
schwebte eine Wolte Stau aus sie u.
Sie wurde blasz vor Schreck. Die
suchte die Klin el —- irn Schlas hätte
sie sie lonlt gefunden —- und suchte
umsonst. Endlich tatn —- aus ihr
ausgereates Klopfen, an allen Glie
dern zitternd, das kleine Dienstmäd
chen suin Vorschein
l
»Da ist has Kind, Lene?« schrie
die aeiirgftigte Mutter heraus.
.Ct schläft, Frau Tottorn!«
»Gott sein Dankt Schnell, rede,
was ist hier geschehen?«
Es währte lange, ehe die Ver-äng
stigte erzählen konnte. Vor einer
Stunde sei der Herr in das Stieglitzs
zimnrer gegangen und taum zehn
Minuten später wäre ein Krachen
und Stauden losgegangen Ganze
Walten Staub lägen aui dem Flur.
Frau Doktor wisse doch Bescheid, die
Thür im Stieglitzzimmer habe die
breiten Ritzen.
Frau Lilli war einer Ohnmacht
nahe. »Und mein Mann — tam —
seitdem nicht heraust«
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
Da stürzte Frau Lilli in bie Un
glücksstnbe. Ihre Knie wantten. Mit
wimmernder Stimme schrie sie seinen
Namen. Schrie umsonst. Die Holz
decte war, von dem briickelnben Kalt
überlastet, niedergebrochen. Alle«Mb"
telstücte erschienen verschüttet.
»Von die Polizei!« sagte sie matt.
wir müssen ihn retten.« Das Mäd
chen war stob, ans dem unheimlichen
hause sortzutiinnen Frau Lilli sah
sich verzweifelt nach allen Seiten um.
Sie fühlte ihre Sinne schwinden. In
dem blauen Zimmer wußte sie eine
Flasche Kölnisches Wasser. Dorthin
taumelte sie seht. Quälende Vorwürfe
zwangen sie zu Boden. Wenn sie ih
rem Manne erlaubt hätte, hier zu
sitzen. wie er es so gern wollte, ach,
dann wäre das alles nicht geschehen!
Plötzlich hafteten ihre vermeinten Au
gen starr aus der zartblauen Sam
metdecte des Ruhebette3. Sie stürzte
hin und wars sich mit beiden Armen
über einen duntlen Punkt, der eigen-:
thümlich schnarchende Töne von sich
gab. Es war ihr Gatte, her, müde
oon der langen Arbeit, hier der Ruhe
pflegte. Sie hing an seinem Halse
und erstictte ihn sast mit ihren Küssen,
zoa ihn dann empor und zerrte ihn in
das verwüstete Stieglitziimmen Lang
sam begriss er. Er war also im letzten
Augenblick einer nicht zu unter-schätzen
rsen Gesahr entronnen. Als er sie end
lich ein wenia beruhigt hatte, mußte er
an einen Fall in seiner Praxis denten.
Eine Patientin hatte nämlich durch ein
grausiges Ereigniß die Sprache ver
loren.
»Sprich ein Wort, mein Liebes«.
bat er beweglich. »Sieh, es ist ja al
les gnädig abgegangen. Was ist denn
an der dummen Stube gelegen? Sie
war ohnehin unerträglich. Zudem
glaube ich sogar, die Bergwertzgefelk
sch.1ft ersetzt uns allen Schaden."
Dies fügte er hinzu, obgleich er
sicher war, ihre übertriebene Spar
samteit sei nun für alle Zeit geheilt.
Nach dieser säh aufflamnienden
hoffnung fand sie selten schnell die
Sprache wieder. Er neigte das Ohr
zu ihr, um ihr Flüstern« das sicher ein
deiliges Gelöbnis brachte, ·s,u verste
hen. Noch nicht mit der alten schönen
Energie, aber doch völlig verständlich
erklärt es: »Du bist doch in dem
blauen Zimmer gewesen, und du soll
test doch nicht!«
Der vers-seen
Jn einer mäßig großen Stadt lebte
ein guter und gerechter Amtsrichten
Der bitte ed sich zum Grundsatz ge
macht, die streitenden Parteien, wenn
irgend möglich, zu versöhnen. Um
diesen Zweck auch sicher zu erreichen,
benutzte er folgendes Mittel. Er ließ
in dem Verbandlunggzimmer den
Ofen beizen, bis er rotbaliidend war
Dann stellte er die streitenden Parteien
ganz in die Nähe des Qfens und rede
te so lange auf sie ein, bis sie sich ver
glicken, was in der Regel schon nach
wenigen Minuten der Fall war. Ein
nral aber bei einer Verhandlung wollte
das dem Richter absolut nicht glücken.
Nachdem er erhebliche Zeit aus den
Kläger eingeredet batte, sagte dieser in
aller Gemüthgriitx: »Herr Amte-»ar
richtsratb, geben Sie sich nur terne
Mühe, ich war nämlich Heizer beim
Norddeutschen Lloyd.«
III-imst- dexöchnee Ivitl scheut
Während der Nearerungszeit des
alten Fritz hielt einmal der Winter
über alles Ermatten lange an, und
der alte König war darob nicht wenig
ärgerlich. Oftrnalg gab er feinem Un
willen darüber durch laute-, Schim
pfen Ausdruck. Diese Gesvobnbeit be
nutzte nun ein Soldat, der den Fa
miliennamen »Schau« trug, um sieli
vorn Militördienft frei zu machen.
Er ging eines Tages dem König, der
sich den übenden Truvpen näherte·
entgegen und sagte: »Maieltät, der
Schnee will geben!« Der König er
widerte ganz tun: ,,Mag er sich zum
Teufel fcheeren!« Der Soldat trat
noch an demselben Tage seine Heim
reife an, und erft später wurde der
alte Fritz über die wunderbare Ent
lassung aufgeklärt Die Geschichte er
götzte ibn dann aber doch derartig,
daß der Soldat feine Freiheit behielt.
Der klarste Wes.
Sie: »Wollen wir unsere Verlo
bung unseren Freunden telegraphiren
oder telepboniren«t«
Er: »Sagen wir es doch deiner
Freundin Elln, da wird es am schnell
ften betannt.«
Sie kennt das.
Gnsdigu »Sagen Sie mal, Min
na, Sie waren doch bei Asseffor Meyer
in Dienst, wie »macht denn die Frau
Ussessor das, daß ihr Mann jetzt nicht
mehr so häufig ausgeht, wie meiner?«
Minnen »Ja, die Frau Assessor t
halt I Kuchen und ’I Klavierspie en
aufgegeben.«
Rosen.
Von Guy de Teramond.
Herr de Mord-indes war ein Origi
nal. Er hatte iinmer abseits der Ge
sellschaft gelebt, sich gar nicht oder we
nig uin ihre Angelegenheiten gekäm
mert und selbst die wichtigsten Ta
gesereignisse mit philosophischer Ruhe«
der sich auch etwas Hochmuth und
Steptizismus beigesellte, an sich vor
beiziehen lassen.
Reich, ohne Familie, hochgebildet,
lannte er tein anderes Gesetz, als seine
Laune und hatte seine vollständi eUn
abhängigleit zur Grundlage cseiner
Existenz gemacht.
»Warum heirathen Sie nicht?« hat
te ihn einmal ein Freund gefragt
»Mit Ihrem Namen, Jhrem Vermö
gen tönnten Sie die glänzendsten Par
tien knacken.« »
»Sie haben recht«, hatte der Barons
mit seiner unerschjittetlichen Ruhe ge-;
antwortet, »an diese Möglichkeit habe«
ich noch nicht gedacht.« »
,,Sehen Sie sich vor, daß es eine-k;
Tages nicht zu spät wird. . .« s
»Möglich...Sie haben recht, ich
muß mir die Sache einmal überlegen.«
Alxr die Jahre vergingen, das Haar
des Barons bleichte und er war im
mer noch Junggeselle. Und mit dem.
zunehmenden Alter schien seine Men
schenscheu noch zu wachsen. Er hatte
Paris verlassen und sich ein kleines
Gut in der Bretagne, dicht bei Dinard,
getauft, und dort, wo selbst im Herbst
die milden Frühlingsliiste wehen, flos
sen seine Tage inmitten seiner Bücher,
seiner Pserde und seiner Hunde in ego
istischer Beschaulichteit dal,in. Von der
Villcn die hoch cui einem Hügel sich
erhob, zogen sich herab bis an die Ufer
des Flusses die munderoarsten Blu
menbeete, als deren Abschluß ein im
mer blühender Rosenhiin die größte
Attrattion der ganzen Umgegend war
und mit Vorliebe mit allen Badegäiten
als Ausflugsort benutzt wurde. Eine
setkr feinsinnige Aufmertfamteit des
Barons gegenüber den Besuchern sei
ner Anlagen hatte nicht wenig dazu
beigetraaen, den Nimbus des Äußerste
ivöhnlichen und Geheimniszvollen um
die menschenscheue Person degBesitzers
aller dieser Herrlichkeiten zu erhöhen.
Mitten unter all den blühendenRosen
sträuchern erhob sich eineTasel, auf der
tu lesen war:
Jede schöne Frau hat das Recht, ei
ne Rose zu psliickenl
Und nicht eine ging vorüber. Jede
blieb stehen, las die Antiindigung und
brach scsort eine Blüthe. allerdings
nicht, ohne mit einem schnellen Blick
die Farbennuance ausgewählt zu ha
ben, die ihrem Teint am besten stand.
An ein Fenster gelehnt, jedoch hinter
einem Tülloorbana, der erlaubte zu
sehen, ohne bemerkt zu werden, amti-.
sirte sich der Baron manchen Tag an»
dem sich immer wiederholendenSchau
spiel weiblicher Koietterie. Und das
sonderbarste war, daß nicht eine der
Frauen, die den Nosenhain aufsuchten,s
auch nur einen Augenblick zögerte, bers
liebenswürdigen Einladung Folge zu
leisten.
Bei allen war es dieselbe instinktive
Bewegung, wie gegen einen Spiegel
der ihnen bezeugen sollte, daß sie schöns
seien. schön trotz Alters, trotz der Nasj
tur, die nicht immer verschwenderischs
mit ihren Reizen umgegangen war s
schön, wie sie gewesen waren oder seins
wollten« schön wie diese Rose, die sichs
von ihn-en widerstandle pflückenl
ließ.
Aber eines 4age5 ueg oen sum-.
seine Menschentenntnisz im Stich. Eis
war Anfang Juli. Die Bavesaiioni
näherte sich idrem Höhepuntte, unds
täglich ergoß sich ein Strom von Be i
suchern über die in herrlichster Bliithei
stehenden Anlagen. Zum ersten "—.I.ltal.
seit er seinen aelseimen Beobachtunge
vosten eingerichtet hatte, schritt eine
Frau, deren Gestalt schlant und ele
aant schien, an den Rosen vorüber, ob
ne sie zu beachten, und ließ sich einige
Schritte weiter aus einer Bank nieder.
Herr de Morvandes war aus dagHHchs
sie erstaunt. Waren die Züge, die der
weite Hut verbarg, wirklich so häßlich
daß sie es wußte?
Er empfand sofort das Ungebdriae
der Inschrift, und als Gentleinan
wollte er die Beleidiguna, die er km
wissentlich der Unbekannten zugefügt
hatte, rückgängig machen.
Versunten in den Anblick der unter
gehenden Sonne hörte sie nicht seine
Schritte, nnd Herr de Morvantsez
konnte sie ungestört betrachten. Sie
war blendend schön. Goldblonre Lo
den umrahmten ein reaeliniisiiaesti
teingeschnittenes Gesicht. Ter leichte
Schatten des weißen, nur mit blanem
Band garnirten Charlotte-Huteg aabi
ihrem Teini einen Glanz von unt-se i
rührter Frische, nnd von ihrer ganzens
Erscheinung ging ein unbeschreiblicheri
Hauch von Jugend und Anmuth aus
Auf das angenehmste überrascht näher
te sich Herr de Morvandes, um sie
nicht zu erschrecken.
,.Sollten Sie, gnädiges Fräulein,
nicht vie Ausschriit an jener Tafel ge
lesen haben?«
Das junge Mädchen aus seinen
Gedanken gerissen, sprang erröthenv
in die höhe, und wollte sich entfernen,
ohne dein ungebetenen Frager eine
Antwort zu geben, als der Baron sich
respektvoll verbeugt:
«Verzeihung, meine Gnädigste, daß
ich Sie so ohne weiteres anspreche,
aber ich bin der·B-esitzer dieser Anla
gen, Baron Morvandes — Sie wer
den meinen Namen vielleicht schon ge
hört habenf
Der bösltche Ton, das fvmvatlzische
Aeuhere des Barons bechwtchtgten
augenscheinlich das Mißtrauen des
jungen Mädchens. und es wandte sich
zu ihm zurück.
»O, in diesemFglle muß ich Sie um
Entschuldigung bitten, mein Herr, daß
ich den Anschein erweckte, als gesielen
mir ihre Rosen nicht, während ich sie
gerade im Gegentheil entzückend
finde.« s
»Nun warum haben Sie sie denn
U chk gepflückt? Ihnen ist es doch er
laubt! » sügte er lachend hinzu »
Sie ienlte die Augen und gestand
ganz offenherzige
»Ich habe es nicht gewagt
Das Eis war gebrochen und wiej
alte Freunde plauderten sie zusam-;
men. Nach und nach erzählte sie, daßi
sie aus drei Wochen zum Besuch einerl
alten Dame nach Dinard getommen
wäre. Ihr Vater war gestorben, als
sie noch ganz jung war, und hatte ih-»
rer Mutter nur ein sehr bescheideneö
Vermögen, das kaum zur Bestreitung
der nothwendigsten Bedürfnisse reichte,
hinterlassen. Was tonnte ihr die Zu
tunst bringen? Das Schicksal eines
jungen armen Mädchens ist nicht be
neidenswerth. Ein ernster Bewerber
zeigte sich nicht« da man wußte, daß sie
mittellos war; Und zu stolz, um nur
als Spielzeug zu dienen, lebte sie ein
sam und vergessen. Sie erzählte das
alles traurig und resignirt, aber doch
glücklich, einen Vertrauten esunden
zu haben, der ihr mit Jntereäe zuzu
hören schien, und dem sie nun um so
eher ihre Seele öffnen tonnte, als sie
ihn wohl niemals wiedersehen würde.
Und doch, trotz der hochmüthigen
Glei chgiiltigleit, mit dem sie dieses
Thema besprach. lag in i.,rem Ton die
l·d’lecht verhehlte Sehnsucht nach dem
Gatten, nach dem eigenen Heim, das
sie mit ihrer lächelnden Anniuth ge
schmückt hätte. Herr de Moroandeg
verstand jetzt ten Grund, weshalb sie
die Rose nicht gepflückt hatte. Was
niitzte ihr eine Schöntxih die ihr nur
Enttäuschung und Leiden gebracht
hatte.
»Wie die Zeit beim Plaudern ver
geht!« Das junge Mädchen stand
aus. »Ich werde mich oerspäten, nnd
meine Tante wird besorgt sein. Jch
muß sie jetzt verlassen, mein Herr...«
»Ich noeiß jetzt auch, meine Gnädige,
war-im Sie die Rose nicht pflücken
wollten«
Der Baron versuchte, einen scherzen
den Ton anzuschlagen, aber nichtedes
stoweniger durchzitterte eine tiefe Be
:wegung seine Stimme. »Der ganze
Rosenhain müßte zu Jhren Füßen
s liegen.«
; Und als sie lächelnd protestirte und
; ihm drohte, böse zu sein« wenn er sade
Komplimente mache, fügte er hinzu:
»Aber Sie gestatten mir wenigstens,
daß der Gärtner Jhrer Tante morgen
i einen Strauß Rosen bringt·..«
Sie reichte ihm dankend die Hand
und er blickte ihr nach, bis sie hinter
einer Biegung des Weges verschwun
den war. Dann blieb er noch lange
nachdenklich vor seinen Rosen stehen.
Er fand in jeder etwas von der ent
zückenden Unbekannten wieder: die ro
sasarbenen hatten den durchsichtigen
Sammet ihres Teints, die rothen den
Purpur ihrer Lippen, und die Thu
rosen erinnerten an das blasse Gold
ihres Haares. Langsam war die
Nacht hereingebrochen; der Rosenhgin
loiillte sich in einen grauen Nebel. der
alle Farben nach und nach vermischte.
Er kehrte nachdenklich und mißge
stimmt in sein Heim zurück, und zum
ersten Male fragte er sich ängstlich, ob
er nicht unrecht gehabt hätte, das
Glück im Egoismug und in der Ein
samkeit zu suchen. und ob eS nicht
viel leichter wäre, als er geglaubt hat
te, glücklich zu sein.
Mechanisch betrachtete er in dem
Spiegel seine grauen Haare und die
Falten, die vierzig Jahre ihm unbarm
herzig in’s Gesicbt gegraben hatten,
und ängstlich wiederholte er, mag ihm
einst der Freund gesagt: Das; es nur
eines Tages nicht zu spät ist!
Aber am nächsten Morgen lieh er ei
nen großen Straan der schönsten Ro
sen binden und brachte sie selbst dem
jungen Mädchen.
Für-W eåsttthe Leben
Uebertreibe nie, damit du keine
Zweifel an deine Glaubwiirdigteit
bervorruist. Es aiebt Leute, denen
es sast zur zweiten Natur geworden
ist, jede Anaeleqenbeit, auch wenn sie
von aar keiner Bedeutuna weiter ist,
auszubauschn Jngzuschmijaem luez
—- zu übertreiben. Daß damit der
Lüge, wenn auch unbewußt, Vorschub
aeleistet und namentlich Kindern ein
sebr schlechtes Beispiel gegeben wird,
bedenken sie nicht« Die Uebertreibnng
ist und bleibt immer unschön. in wel
cher Gestalt sie auch einher-neben mag,
ob in Wort oder Schrift. Sie erweckt
in jedem rnhia und sachlich denken
den Menschen stets Zweifel und sollte
deshalb vermieden werden. Kann
man eine Sache mit Ueberzeugung
vertreten, so braucht man nicht zu
übertreiben.
Nachricht-«
»Also, Jda, ich ersiille dir nun auch
diesen Wunsch — wir reisen nach
Venedig! Dafür verlange ich aber
auch nach unserer Rückkehr einmal in
der Woche den Hausschlilssel!«
,,Herzenömann, den tannst du doch
alle Tage haben, wenn du ibn mir nur
Abends um 9 Uhr wiedergibst!«
Er weiß ec.
A.: »Warum ist denn das Braut-—
paar so still?«
H B.: (verbeirathet): »Das ist die
iStille vor dem Sturmt«
Auf Umwegen.
Humoresle oon Hermann hei
berg.
Jch bin ein Frühaufsteher. Wenn
die Sonne noch kaum ihre großen
Portale ausgestoßen hat, um über der
sehnsüchtig nach solcher Wonne ver
langenden Welt ihre goldigen Feuer
ströme sprühen zu lassen, werfe ich
schon einen Blick hinaus, schaue zum
himmel empor, werde ein Wetter
prophet und beobachte, was sich auf
der Gasse regt. —
Es ist ein unbeschreiblich herr
liche-Z Gefühl, nocu sern dem getäusch
vollen Marktgefühl der Welt zu sein,
sich von der Ytaturstille erquicken zu
lassen, noch nicht der unabweislichen
Pflichten gefügiger Diener zu sein.
Jch wandle durch denGarten. Durch
den Thau feucht versilbert, leuchten die
Gräser, die belaubten Bäume, Alles(
schaut mich so träumerisch, im glück-s
seligen Einklang mit sich und der Um- ;
gebung an.
Während ich den frischen Athein,
der dem Erdreich und dem smaragd
nen Rasen entströmt, aufsauge, geräth
mein Jnneres in einen sanften Tau
mel des Wohlbehagens. Allem, was
meinen Gedanlen und Ueberlegungen
widersteht, ertheile ich teine Audienz.
Ich bade mich in Morgenluft und in
himmlischer Ruhe, durch die mein
Körper und mein Geist für das Kom
mende gestählt werden.
LAber freilich! Die Ruhe ist mir
eine Zeitlang einmal sehr unheilig ge
stört worden.
Mir gegenüber wohnt ein Handwer
k-ck, t-.-. e..i twtiiuuui »He-- ..,i««7« »i
ierlei Nebengebäude gehören aus dem
Hofe dazu, die prattischen Zwecken die
nen. Auch ein Hühnerftall mit gackerni
deinVolt ist dort, und nicht selten spa
zirt der Hahn —- seinen bunt-en Hof
staat hinter sich — auf die Gasse-. Im
; mer giebt’s etwas zum Aufpicken
In jenen Sommertagen hatte mein
Nachbar einen jungen Hahn ange
schafft. Und dieses vermaledeite Vieh
—- ich legte ihm, sonst ein eroszer
Thierfreund und nachsichtig selbst ge
gen Spinnen und Fliegen, diese Be
zeichnung bei —- iibte sich in der Mor
gensriihe eine volle Stunde — was
sage ich —- stundenlang —- im Kräheru
Es war um aus der Haut zu fahren.
Er lernte das Kriihsen nicht, und zu
dem litt er offenbar an einer Kehl
bräune. So waren es denn jedesmal
nur heisere, alle feineren Sinne bis
zur äußersten Unerträglichteit beleidi
gende, die Luft erfullende Krächz
laute.
Auch des Haupthahns Unterricht
blieb ohne jede Wirtungt
Anfangs habe auch ich ihm ein Ki
teriti entargengeschmettert, ein volles,
träftigeg, reines Riterili. Wer mich
kennt, kreiß, daß ich wie der beste Hahn
trähen kann. —
Aber o weh! Immer hatte dieses
Beispiel nur die Wirkung, daß der
Schreier noch ausgiebiger schrillte. Ein
trankhafter Jdiot unter den Löhnen
der Welt!
Wiederholt überlegte ich, ob ich mich
nicht mit den Nachbarleuten drüben in
Verbindung setzen, sie bitten solle,
dem Thier den Garaus zu machen,
oder mir das Federvieh, selbst gegen
höchsten Preis zu vertausen. Aber
stets scheiterte mein Entschluß an der
Erfa. ,runa5 - Erwägung, daß man
ausnahinlog fehl geht, wenn man
Besitzern von Kindern und Thieren
Vorstellungen über deren Fehler und
Schwächen macht. Meistens ist eine
persönliche Verftimmung die Folge.
Ich aber verfotge den Grundsatz:
Halte in erster Linie Frieden mit Dei
nen JJtE Menschen Du hast genug mit
dein Unfrieden der Tinge urn Dich
und dem in Miner einenen Brust zu
kämpfen
Aber ein anderes Mittel gab es:
»Morr!« Ich konnte, nrenn drüben
alles noch schlies, dag Vieh fassen und
es an einem versteckten Ort zu seinen
Voroätern versammeln
Aber freilich. Schon bei dem, blo
ßen Gedanken zitterte mein Gebein-—
Ich kann nicht einmal ein Käferlein
tödten! Massenmord, wie er ans den
Schlachtfeldern kriegsührender Natio
nen acfübrt wirb, erfüllt mich mit
tiefsteni Abscheu.
Was blieb also übrig!
Alle meine auten Ideen lief-, ich in
meinem Gehirn antreten und Parade
machen, und priifte sie sorgfältia. Die
Augfiibruna aller aber mußte ich ver
werfen.
Erst Zuletzt kam mir ein wundervol
ler Gedanke. Ich faßte mir ein Herz
und sprach eines Vormittags die Nach
barin, die das -Lberkom.-nandn über
die Hühner und Hähne bat, an.
Ich fragte, ob sie wohl einen reiz
voll finaenden Kanarienooael kaufen
wolle. Er sei billiast zu erstehen. Er
koste fast nichts.
Gewiß! Sie war dankend einver
standen!
Und dann sagte ich, wie plötzlich von
diesem Gedanken ergriffen:
,,Vielleicht machen wir es so! Jch
möchte aern einen ganz iunaen Hahn
haben. Können wir vielleicht tau
schen?«
»Ja, gewiß, aernl Wir haben ei
nen noch aanz jungen!« (O Himmel
ja! Sie brauchte diese fürchterliche
Thatsache nicht zu bestätigen) »Aber
er kann nur schlecht trüben —- —"
WAch das thut nichts! Ich lehre es
ihn schont«
Die Nachbarin, ich merkte ei ilkr
an, hielt sich innerlich über mich au !
Welche sonderbare Idee das wart Ich
wollte den Hahn lriihen lehren! Dost
gleichvie!! Ich schickte ihr umgehe
einen gesprenlelten Kanarienvogel hin
über, der herrlich singen konnte, nnd
erhielt dagegen den zappelnden nnd
bei der Uebergabe entsetzliche Töne
von sich gebkiden Schreier·
Aber so viel lann ich berichten: Es
währte nur wenige Minuten! Da!
ritsch, ratsch hatte die Köchin seinem
Leben ein Ende gemacht, bereits am
folgenden Mittag brachte sie ihn aus
die Tafel.
Er schmeckte ganz ausgezeichnet die
ser talentlose Kräh-Fanatiler. Und
zudem — welch ein unschätzbarer Ge
winn! Jch konnte mich fortan wieder
san der heiligen Morgenstille erfreuen,
die meinen Lebensgeistern aushals, die
meinem Dasein neuen Impuls ver
lieh.
W
Der kleine Triften
«Aegere dich nicht, Tante!.... Du
siehst noch gar nicht fo alt aus — be
tonders von hinten.«
Protest.
Hausfrau: »Es ist traurig, Anna,
daß Sie gar keine Anhänglichkeit an
Ihre Herrschaft zeigen!«
»Aber, Madam — ich bin doch tei
Forterrier!«
Aus der Jnftruttionsftnndr.
Unteroffizier: »Wenn ich mit diese-a
Gewehr aus hundert Meter hundert
Schuß gegen eine Ziegelmauer gebe, so
fällt sie nach dem fünfzigften Schuf
: Um!«
Maliziss.
Frau: »Ich will mir zwei Haar
flechten tausen, auch möchte ich mit
neue Zähne machen lassen. Was meins
du dazu, Paul?«
Gatte: »Thue das Du hist ja alt
genug, um ’mal aus-gebessert zu wer
s den.«
Gerade recht.
»Ich muß Ihnen aber sagen, daß
meine Tochter ein ganz willenlosei
; Geschöpf ist!«
I »O, dann nehme ich sie erst recht!'
s Zweierlei Noten.
Pianift (in einer Gescllfchafdi
»Nun, Herr Kommerzienrath, Sie fe
hen ja so als-gespannt aust«
Komnicrzienrath: »Ja, mein Lie
ker, ich mufz auch mehr arbeiten, wie
Sie, denn Sie verdienen doch Jht
Geld spielenl !«
Pianist: »Da haben Sie recht, ich
wünschte nur, daß ich Ihre Roten da
zu hätte!«
Entfchuldigt.
Herr ?l.: »Sie, Herr Meier, Sie
schlafen ja!«
Herr Meiert »Lassen Sie mich doch,
der Schlaf ist mir eine Wohlthat.«
Herr A.: »Sie sind hier doch aber
im Concert.«
Herr Meier: »Na ja, es ist doch
aber cin Wohlthätigkeitg-Concert!«
Der rechte Mann.
Gefängnißdiretton »Man wird Sie
niit Anfertigung der Sträflingstleider
beschäftian; Sie sind doch von Beruf
Schneider?« ’
Sträflinat »Jawohl. Spezialität;
Frael: und Smotinaanziige!«
s AhnmragvolL
s »Nun heiratten Sie wohl bald,
Fräulein Nudelmeier?«
; ,,Jn diesem Jahre nicht: mein
- Bräutigam meint, es hätte ihn heuer
l so schon viel betroffen...«
Beim Maler·
v
Bauer: »Aber ich finde mich gut
nicht ähnlichs«
Maler: »Nun, ich kann ja noch ei
nige dämliche Züge ’teinbringen!«