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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 25, 1909)
Bis aus« Ende der Welt. Unna- von Max-imme- Bunde-. z (13. ForlfetzangJ Altdorf hing den hat an den Rie -l. .Läulen Sie beim Oberarzt sa, er möchte doch sofort zu mir kommen. Und rufen Sie Afsiftent Yes-Werg — er hat ja wohl heute fl .Sehr wohl, lderr Professor.« Altdorf hatte die Hand schon auf der Klinle der T üt, dir zu feinem Arbeiljzimmer fü rte. . «Der Perr Professor haben noch reicht zu Abend gegessen«. erlaubte sich Johann einzuwenden »Es ist; leich halb neun. Wollen der Herr Professor nicht vorher weniqstens ein Glas Wein? Es ifl auch ein Brief vom gnädigen Fräulein Braut da- Jch habe ihn im Speifezitnmer neben des herrn Professors Gedeck gelegt· Das Mädchen hat ihn ge Nacht' Altdorf ließ die Klinke los. Ja feinen Augen blähte es seltsam auf. Langfcmr schritt er zur Thür, die zum Speifezinnner führte. »Das-f ich dem herrn Professor Ihre machen?'· fragte Johann wie-; der. «Lassen Sie vorlöusia· Bestellen Sie nur erst den Oberarzt und Doktor Walbera.« Eine Minute später hielt Altdorf Julias Brief in der Hand und las: »Frau v. Borgstedt ist hier und bittet mich, tnit zu ihrem Sohn zu kommen. der sich eine Kuael in die Brust geschossen hat und mich noch einmal sehen will. Ich kann nicht anders, ich muß zu ihm. Du bist gut. Du wirst begreifen, daß ich nicht anders kann. Julia-« Mit einem leisen Stöhnen ließ der Professor das Blatt aus den Tisch sinken, «setzte sich und stützte den Kopf in die Hand. .Dieser Nachmittag war ibcn an die Nerven gehangen. wie Lein zwei ter. soweit er zutiickdenlen konnte. Unaufhörlich hatte ihn die Angst qes peitscht, daß Borgstedt eine Tollheit begeben. in seiner sinnlosen Leiden schast ein Attentat auf Julia orriiben tönntr. Und daneben immer das Verlangen, zu ihr zu eilen, sich zu überzeugen, wie die Dinge ständen — rnn sie und in ihr. Denn auch seine Sicherheit, Julia würde Borgsiedt tan und schross zurückweisem war bald genug ins Wanken gekommen. Aber stärker als alles war der Stolz gewesen. der ihm gebieterisch anhesahl: Gehe nicht vor morgen, nicht vor dei ner üblichen Besuche-stunde. Du darfst keine Furcht zeigen, darfst mit keiner Miene verrathen, daß du um ihre Treue zitterst — Treue? Ja, die ist es ja auch. die der andere von ihr ver langt! Ost während der beiden Stunden, in denen er mit dem Patienten be schäftigt war, hatte er nach der Uhrt iiber dem Schreidtisch gesehen. Wirt langsam der Zeiger vorriicktel Aber nun war Borastedt doch sicher schon bei Rottenburgs, nun mußte seine Unterredunq rnit Julia doch wohl schon zu Ende sein, nun —- wenn ein Unglück geschehen wäre — würde er doch schon durch Frau o. Ratten bura Nachricht haben! Oder warBorg liebt am Ende gar nicht von ihm aus zu Julia gegangen? Jetzt hatte er wenigstens die eine Gewißheit, dasz Julia den Tolltops zurückgewiesen. und daß ihr nichts geschehen war, daß Borgstedt ihr lein Leid anaethan hatte, wenigstens kein törverliches Leid. ; Altdorf kannte Juli-L kannte sie wie sich selbst. Er mußte. daß sie sich schuldia sprechen würde an deri schrecklichen That dies Mannes, deml sie einst Hoffnung gemacht aus ihren! Besitz. Und nun war sie bei ihm, an seinem Schmerzenslzaed Jm Aus-i blick des Verwundeten allen Marter-us der Reue ausaesetzt, ohne Schutz undt Schild dem gesäärlichen Einfluß des» tiicsstchtglosen Tollkopses preisgegebenls Leise wurde die Thür aeösfnet,l Johann steckte den grauen Kon durch den Spalt »Der Herr Ober arzt kommt sofort. Herr Afsistent Doktor Walberq ist bereits drau szen·" Altdorf sah mit verstörtem Blick aus. Richtig· die dringende Den-i ration, die er vornehmen solltekl Das fiel ihm jetzt erst wieder ein. Dieser Ossizier -—— dieser —Ofiizier, der sich eine Kugel in die Brust ge schossen hatte. war also kein anderer als Botgsledtl Und dem sollte er das Lebensz zu retten suche-! tte, mahnte der Diener," »solls Doktor Wolberg hereinlocn-» met-O ! »Ja hochl« Unwirsch stieß Altdorfi die Uni- hervon · ; Du Issisteut trat ein« »Den Pro-« fest-e dabe- seich rufen hissenk « i Q- fos its-sub over-tm Schuß .. . ·, J »Weil-Flaman het, - .-ÆWMI,E!MM used MIMMII — III, "« « III-sc si- 46 tunc-. cla p ' d . ::« s- IM- W ,k Der Aisiftent machte, daß et fort ani. Altdorf sprang von feinem Stuhl auf. fuhr sich mit der Hand über das borstige Haar. Das ging doch nicht —- das ging doch unmöglich! Wie kam denn er dazu, er, diesen Menschen zu opetiren, seinen Ne benbuhler, seinen Todieind, der ilnn noch vor wenigen Stunden mit offe nem Haß im iuntelnden Blick zu: gerufen hatte: «Einer von uns beiden iit zu viel auf der Welt!« Schließlich brachte er ihn durch« erhielt ihm das Leben, und Lnun Dank nahm der Ge rettete ihm Julia doch noch weg. Bei ihm war fie ja schon. Nein — et würde die Operation oertoeiaern Es gab ja auch noch andere Chirurgen am Ort. Dorn zum Beispiel. Mochte der fein Heil versuchen! Der Professor stieß denAtbent durch die Lippen, wie wenn ihm eine Cent nerlait auf der Brust läge. Dann nahm er eine der Meinst-sichern die auf dein gedeckten Talch standen, goß sich ein Glas ein und stürzte es in ei nein Zuge hinunter. Da tloptte Johann tchon roteoer.7 »Herr Doktor Landmann. der Herrn Professor erst hier und dann in der Klinik verseblt bat.« ·Bitte!« Der junge Mediziner trat hastig ein, oerbeuate sich fast überböflich und entledigt-te sich umständlich sei nes Auftrags. Altdorf lief. bie Hände auf dem Rücken ineinandergekratnpft, mit net vösen Schritten auf und nieder. Also richtig —- es war Borgstebt, dem et belfen solltet Während Doktor Landmann dann eine sachmiinnische Beschreibung der Schußberletzuna unb der bei dem Berti-unbeirrt beobachteten Symptom gab, stand der Professor an: Fenster und starrte in die schwarze Nacht bin aus. «Osfenbar ziemlich aussichtslose Sache!« sagte er plötzlich« ohne sich umzuwenden Jedenfalls äußerst schwierig. Aber für Sie nicht, Herr Professor. Es ist eben ein Glita fiir den armen haupt mann, baß Sie am Platze sind.·· Mit oerbinblichenr Lächeln verneigte sich der junge Militiirarzt. ·Jch erinnere mich. daß Sie vor zwei Jahren aus dem medizinischen Kongresz einen aanz ähnlichen Fall vortragen, einen Fall, ber vielleicht noch —' Mit einem harten Räuspern unter brach Altdorf den Lobfpenber. .Jch füble mich heute leider gar nicht dri rsonirt, lieber Kollege. Zwar habe ich fchon einen meiner Assistenten geschickt, ntir alles, toas ich brauchen würde, herbeizuschaffen, aber, offen gestanden, es wäre mir doch sehr viel lieber, wenn Sie einen anderen Cbirurnen lzur Ausführung ber Operation bewegen tönt-ten. Dorn zum Beispiel —" »den Professor!« Der junge Ae t legte sich mit bewegten Worten aufs Bitten. »Und dann —- obne Schmei chelei —- Dorn lann im vorliegenden Falle kaum in Frage tommen. Und es ist ja auch die höchste Zeit —- wir biirfen keine Minute knebr verlieren. Aber das-wissen Sie ia selbst am be sten." Er zog bie Uhr. »Schon drei viertel neun durch. Und, so viel ich glaube, ist berr v. Borgstedt der ein zige Sohn seiner Mutter.« »Ja, ja, stimmt schon -—- ich tenne’ die Familie zufällig.« Gerade tarn der dicke Oberarzt aanz außer Atbem bereingestijrnrt. Er hatte das Recht, ein für allemal unangemeldet bei seinem Chef en er scheinen. »’n Abend, ’n Abend, da bin ich. Was gieth denn-« Während Doktor Landmann tei nen iachmzinnischen Vortraa wieder holte, starrte Altdorf immer noch in die Nacht shinaus« starrte und starrte. « Wenn er nicht mitfuhr. und Borg stedt starb, so würde Julia sich sa gen, er hätte die Operation verwei gert, um seinen Nebenbuh!er aut vie denkbar bequemste Weise aus dem Wege zu räumen· Und dann würde ver Todte zwischen ihm unr- ihr ste hen —- immer, immer! Wen-: er aber operirte —- eg war offensichtlich ein verzweifelter Fall —- und Borgstedt starb doch, starb vielleicht unter seinen Händen, dann, dann! — —- — Aber nein, das würde Julia nicht denten, das würde sie ihm ni t zutrauem nie srnals, daß er etwa it Absicht einen ; Kunstfebler begangen hätte, nrn seinen IFeind zu beseitigen. I Abermale gin die Thür. Johann s meldete, daß Do tor Wallhera und ein Wörter nett dein Qperationszeug drau ßen wären. »Dann wollen wir machen, daß wir hinterm-rent« mängte der Ober arzt in seiner impulstben Weise. Altdorf wandte sich um. Ohne ein Wort zu sa en, schritt er durch die Thür, ließ ch von dem schon bereit-i stehenden Johann den Mantel unt lstngen unz- nchm den heit. Sitz-Iet csd verließ er rnsit einer Begleitung identi. suchte-it derseltdetn Odem-et und Vetter Wien tin M tsss set tu W Phtt die M Its-sen durche- , lan lttse M Muts Unde. Idee durch iein Dirn siiiemten die Oedanlen wie eine wilde Jagd. Und III-flieh kroch re aus irgend einein Winkel sei ner Herzens an ibn bekan, schmei chelnd. locke-nd. Wenn er bei der Opt ration absichtlich einen Kunststqu be ging. wenn et sich nicht die rechte. die äußerfte Milbe gab. wenn das Messer in seiner Hand zitterte,«ein wenig ab wich —- bann batte er Ruhe bot dem Menschen. der sich sonst vielleicht, so lange er lebte, störend zwischen ihn und Juli-: drängen würde. Und nie mand, niemand iuiirde zu denken oder gar zu sagen wagen, daß er — Ein Stöhnen kam von den Lippen des schwer ringenden Mannes. .Jst anen nicht wohl?« fragte der Oberarzt. »Es wird vorübergehen, bis wir da sind." Als man die Borgstedt'sche Wob nnng betrat und der Osberarzt Juli-a v. Rottenburg am Bett des rtouns deten sitzen sub. wußte er, wo leinem Chef fehlte. Mit einem mitleidigen Blick streiste er Altdorf-I Gesicht. Herr gott, war der Mensch blaß! Nur flüchtig berührte der Professor die Hand seiner Braut, die ibnt mit unsicheren Schritten entgegenkam, ihn aus qroßen Augen flehend ansah. - »Dermann!« rannte sie leise. Was sprach nicht alles aus diesem einen Wort! Selbstanktage, Verzweif lung. Flehen! Altdorf that. als hörte er es nicht. trat sralch an Julia vorbei an Borg ltedts Lager, beugte sich über ihn, griss an den Puls. legte sein Ohr an die verbundene Brust. Alles zurecht machen — so schnell wie möglich. haben wir einen Ope rationstisch?« .,Jm Nebenzimmer alles bereit, sag te eDoktor Bienenn »Dann vorwärts! Der Mann stirbt uns sonst unter den Fingern.« Der hausarzt und Doktor Land mann boben den immer noch Be wußtlolen, dessen Hände und Füße schon kalt und starr waren. aus dem Bett und trugen ihn hinaus. Der Oberarzt, der sich schon fertig gemacht hatte, bals seinem Ebes in den weißen Mantel und itaan den Jnstrurnentenkaiten und was man sonst in erster Linie brauchte. Julia und Frau v. Bergs-todt hiel ten sich unter beiskem Schluchzen um fangen. Altdorf iab es, und es fubr ihm wie ein Schwert durch die Seele. Als er aber die Schwelle zu dem bellerleuchteten Zimmer überschritt, in dessen Mitte man Burgstedt eben auf die lange, weißgescheuerte Tischplakte legte, hatte er alle Versuchung iibers wunden Jeyt war er nur der Arzt — nichts als Arzt. i i l F blutige Messer aus der hand. Dann hals er, den Operirten wieder ins Bett Fu bringen, was er noch nie ge than, so lange der Obernrzt ihn kannte. Während er dann bis ins kleinste hinein, aber mit sonderbar hart klin gender Stimme. die nöthigen Behand lungsknaßreaeln gab, hätte Julia ihm zu Füßen sinken, seine Hände tiissen mögen. Er hatte dein Umgliicllichen gehol sen, er würde ihn auch durchdringen Er roiirde das schwere Schuldhewußt sein« die ungeheure Gewissenslast von ihrer Seele nehmen, würde sie wieder frei und froh machen. Und zum ersten Male ward sie sich in dieser Stunde ganz klar bewußt, dass sie diesen star ken aroszherzigen, in sich geschlossenen Mann nicht nur über die Massen hoch schiitzte und verehrte, sondern daß sie ihn auch iiber die Maßen liebte, daß er ihr mehr galt als Vater, Mutter und Bruder — als alles aus der Welt Altdorf aber hatte leinen Blick site sie. Mit einein merlwiirdig lalten und schiassen Händedruck verabschiede te er sich von ihr, sagte nur mit einem » matten Versuch. begutigend zu lächeln » »Du hleihst wohl noch? Sieh zu, daß. Du eine Stunde Ruhe findest. B muss nach hause. Jth hin todtmä Gute Macht« i HIJIFUL .So'·, sagte Altdorf und legte das Dann sqina er mit dem Obener hinaus. kurz vor zwölf Uhr. Sein Abschied machte Julia aufs tiefste betroffen. Aber er hatte ja Uebermenschliches aeleiftet in den Stunden, die hinter ihm lagen· Ein Wort des heilandes kchsß ihr durch den Sinn: Lieber Eure Feinde, seg net, Pie Euch fluchen, thut wohl de nen. die Euch beleidian und ver folgen. —- Ja, das hatte er gethan und mehr noch. Aber er war nur ein Mensch. Kein Wunder allo, wenn das Uebermenfchliche ihn erfchöpfte. Doktor Wegener erging sich. wäh rend et den Rock anzog, in Aus drücken höchster Bewunderung über die länzende Art der Operation, und empfahl sich dann bald mit mittinnen den Worten an Frau v. Borgltedt. Dotter Landmann blieb. Er wollte Wache halten« bis am anderen Morgen eine erfahrene Kranlenlchwefter ihn ablöfen würde. Es war für einen jungen Arzt lo schwer. sich eine Prain zu stünden. Wenn man si aber her vortdat in Nächstenliebe un Aufopfe rung — besonders in einem vorneh men hanle —, to wurde man woz Ipeiter empfohlen. Und freundlt l Empfehlung galt nun einmal utzusl tage mehr als alles noch lo g legenel Meinenm l Die drei saßen lchweigend in der-« stillen, jest nur matt erleuch teten-statuten Der ante l blas und bewußtlos in feinen Ver aben. Julla Dur-de den ankleuden se O danken an Altdsrss kühlen Abschied nicht los. »Er zürnt, er Mißtraikt » DUC gkübclte lie. »Dein langes Ber weilen atn Schmerzenslager del Man nes, den du einst geliebt dast, trisst ihn sapper. verlest die Rechte, die er an dich dat. Du bist seine Braut. Du ge hör-it hier nicht hat« Schließlich stei gerte sich ihre innerliche Unruhe so lehr, daß sie zu einer rein körperlichen wurde. sie nicht mehr aus ihrem Plas duldete. Leise stand sie aus und sagte zu Frau v. Borgsredt: »Ich niiåchte nach Hause, gnädige Frau. Meine Mutter wird sehr in Sorge fein. Aber ich werde gern wiederkommen, wenn Ihr here Sohn nach einmal nach mie ver langen sollte-« Frau v. schwebt durch die Angst und den Gram der letten Stunden aufs äußerite mitgenommen und über reizt, hina sich an sie: »Bitte —- bitte, liebste Julia, gehen Sie doch nichts Jhke Frau Mutter weiß ja. daß Sie bei mir in guter Obhut sind. Und wenn Winikied erwacht, und Sie sind nicht da s— ach. mein Gott, ich hale ihm doch versprochen, Sie kiu holen! Und schließlich sitngt er wieder zu dro hen an.« Sie brach in leidenschaftlichee Wei nen aus. Doktor Landmann aver sagte: «er ist ja ein großes Opfer. Aber während der Operation — in der Aethernartose — hat her Herr Hauptmann immerzu nach Ihnen gerusen, anzidigee Fräu lein. In so leidenschaftlichen Aus drücken -—— es war geradezu erschüt ternd. Und ieh bin überzeugt, wenn er erwacht und Sie an seinem Lager sitzen sieht, so würde das eine ganz außerordentlich beruhigende Wiriung aus ihn ausüben. Sein Leben hängt doch immer noch an einem Härchen. und wir Aerzte wissen genau, daß seelische Einslüsse für unsere Patien ten wie von höchster Gesahr. so auch von höchstem Segen sein tönnen·" Da hlieb Julia. Sie tru1 ia die Schuld. daß es so weit mit dem Un oernünftiaen gekommen war. Sie rurste ihn leiner neuen Gesahr aus sehen. Altdors mußte das doch ein sehen und begreifen. Die nächsten achtundvierzia Stun den laa Borgstedt noch fast in dauern der Besinnungslosigteit, nnd es war ein hartes Stück Arbeit, seinen ge schwächten Organismus durch Zusiitk runa slüssiaer Kräftigungsi und An regungsrnittel vor der völligen Juni tionseinstellung zu bewahren. Aber auch während oer wenigen Minuten. in denen die schwere Ohn macht ihn dann losließ, tam er os srnbar niemals zum Bewußtsein tei ner Lage und seiner Umgebung. Er regte sich. schlug die Augen aus, sah sich ein Weilchen mit entgeistertem Blick um« bewegte leise die Lippen. ohne einen Laut hervorzubringen — dann sanken seine Lider schon wieder matt und schwer herab. Erst am dritten Morgen nach der Operation erwachte er zu voller Sin nentlarheiL »Julia s-s Juliala hauchte er mitr inatter Stimme. weiter nichte. Aber in seinen Augen lag eine Welt voll jubelnden Glücks. Zitternd var Wonne nahm er Juliaa Hand, hielt sie fest in der seinen und ließ sie nicht los wah rend der ganzen zwei Stunden, die er in wachem Zustand verbr.ichte, ließ sie selbst in den Minuten nicht los, in de nen man ihm etwas Champagner iiber die blassen Lippen flößte. Mit einem seligen Lächeln iant er schließlich in einen ruhigen Schlaf, den sicheriten Boten nahender Genesung. Wie ron einem Alb befreit sprang Julia aus. »Nun muß ich aber nach hause!' Um die Wette mit dern herbst wind, der die bunten Blätter vor ihr herwirbelte, eilte sie durch die Stra szen. Aber noch ehe die sriihe Abend dämnieritng hereinbrach, war Frau v. Borgstebt schon wieder bei ihr. «Gnädige Frau, bitte, erlauben Sie's. —- Liebe, liebe Julia. bitte — bitie, tommen Sie doch noch einmal rnit! Mein Sohn ist ganz außer sich, daß Sie fort sind. Rein von Sinnen ist er. Warum wir ihn nicht haben sterben lassen? Er will nicht mehr le ben« teine Stunde mehr, wenn Sie nicht wieder zu ihm lommen.« heiße Bitterkeit stieg in Jutiaz Brust aus, schnürte ihr die Kehle zu. Aber sie ging doch wieder- mit. Sie mußte thun, was irgend zu thun war, urn den zu retten, der urn ihret willen aus der schmalen Schneide zwi schen Tod und Lebe-n ichwantte. Bargstedti Wangen glühien im Fie ber, als sie an sein Bett trat. «-Schwr- - ster, geben Sie -—— und Mutter, Du auch«, befahl er. Und dann, als er mit Jutia allein war, murmelte er: «D-ant — tausend Dant! Leg Deine nd an meine Lippen, daß ich sie Essen kann. O Du — wie lieb hab’ ich Dicht« Fest, mit all seiner schwa chen Kraft, preßte er ihre eiötatten Finger. »Du wirst nun bei mir blei ben, nie wieder we geheni So sprich doch —- anttvorte in ri« Julia war es, als ob Ieuerstrdrne über ihren Körner rieselten. Was soll das werdens Gott allmiithtiger, hab’ srbarmenl . »Hast-Ach mir —- sehwöre mir, daß du bei wit, das Du bei mir bleibst, das ich nicht wieder verliere!' Jsie wi , stsstied —- ith bin die staut s Man-et dem Sie — itt MÆMUFIMQ Sie noch ans .« « en in an · sit-Has- esueu vie nim- IT ibke ZW. sie fühlt-, es satt si nen Kampf inn the Witwe-h ihr Mitei. ißt Wes Kelter Schweiß brach« auf ihrer Stirn. : Borsstedt leichte höhnisch anf, mach-s i te den Versteck-. sich zu erheben. und» fani mit einein dumpfen Aesedzen in! die Kissen zurück. s - »Um all-ei in der Wiss flehte Juli-a, Je liegen Sie doch endig. So nehmen Sie doch Vernunft anl« »Dein Mann. agft Da. dem ich verdanke. daß i noch ain Leben bin?« stieß Boraltedt endlich her-qui »Ich hol-! ihn nicht gebeten, mit mein Leben zu erhalten Ich dcsse ihn. Er pfulcht init überall ins handwerk. Er bat nkie Dich genommen. gestohlen — et nahm mit auch den Tod. in den« ich Frieden finden wollte. Aber ich will nicht mehr leben· ivenn Du nicht mie det mein lein. mit get-isten willst Ich lann dann einfach nicht ineht leben. — Sag, daß Du ihn laufen läßt« d«en »»andeeen. den Tanlendliinftles, sonst-— ich keiße mit den Verband von der Btusi, die Kaniile aus de: Wunde --— lo viel straft hab« ich noch —- vor Deinen Augen, daß ich verblute opet etsticke —-- dann sannst Du Dich eili men, mich zweimal —- gemoedet zu haben!« fFoetseIung folgt.) cisssifche seist-enden Jn einer Denlschrist iiher die Reichsverwaltung und die Regierungs geschäste nannte ein tiirlischer Staats niann aus der ersten hälste des sied zehnten Jahrhundert-, Kodscha Ben, unter den Ursachen, die nach seiner Ansicht den Niedergang des Rei ches verschuldet hatten, auch die Verschwendungssucht osrnanischer herrschen Schon Solirnan der Große (1520--s1566), mit noch größerem Recht »der Prachtliebende« als »der Gesesgebefl genannt, trieb es in dieser hinsicht schlimm genug, und lunter seinen Rachsolgern artete die fziigelllose Vergeudung nicht selten in rolltommenen Weihnin aus« beson Jders unter Jbrahim dem Ersten H«1640——1648)« der alz einer der ex lrravagantesten orientaliichen Herrscher alter und neuer Zeit gilt. was wahr lich nicht wenig besagen will. Jn sei inem Harem herrschte ein Luxus, der kaum noch zu überhieten war; siir des sen puszsiichtige Damen pliinderten Eunuchen mehr als einmal die Maga zine Galatag und neuangelommene Schiffe Die Juwelenschiitze der recht-s mäßigen Frauen des Pult-ins spotte ten ieder Beschreibung; sie brauchten sich bei ihrem tollen Aufwand umso weniger Beschräntung aufzuerlegen, als ihr herr und Gebieter ihnen die Eintiinste ganzer Provinzen als «Pantosiel«- oder «Gilrtelgeld« ange wiesen hatte. Hochzeiten in ihretn hause waren für die osmanischen Herrscher will-— tommene Gelegenheiten, ihren Hof im übpigiten Glanze erstrahlen zu lassen. Eine baare Mitgift von 2l)0.000, ja Zwon Dukaten siir eine Prinzesstn gehörte teineotvegg zu den Seltenhei ten, und dazu tam eine Augitattung, die an die Märchen von Tausendund einer Nacht erinnert. Lllo im Jahre 1612 eine Tokter Aa«--.eds des-: Ersten verheirathet wurde, erhielt sie unter an deren von siebenundzwanzig Eunuchen getragenen Schmuckgegenstiinden ein Kristallkiistchen mit Juwelen im Wer the von li-;0,s)00 Dukaten mit aut den Hochzeitstoeg: zweihundert Maulthiere brachten ihre Teppiche, Polster und Stoffe, zwei Dutzend Wagen ihre hundert Dienerinnen in das Haus ihres Bräutigams Goldbeschlagene Hochzeitssadeln und jutoelenbeietzte Hochzeitsvalmen wurden vor der Braut hergetxagem die tieiverichleiert unter einem Traghimmel von seenhas ter Pracht einherritt. Bei der Ver mählung einer Tochter Murads des« Dritten mit dem Slatoonier Jbrahim dauerte die Uebersiihrung ihrer auf dreihundertMaulthiere geladenenAus stattung nach dem Palast ihres Bräu tigam-, woiiir dieser an Trintgeldern 180,000Asver oertheilte (1 Asper gleich lzCenttO nicht weniger als drei Tage. Man liest von dem kostbarsten gol denen und silbernen Tafelgeschirr am hose der Nachfolger Osmans, von edelsteinitroszenden Galatvagen, von goldenen säumen und silbernen Krib ven siir die nach tausenden zählenden Pferde des kaiserlichen Marsialls, von luxuriiis ausgestatteten Prachtbooten der Großherren, die im Schlemmerle »den des Serail immer mehr den-reich ’lichten. Unter Mohammed dem 5. l1648—1687) verbrauchten dieKiichen des Padischah allein an Fleisch jähr lich fiir 13 Millionen Ast-eh zu ande ren Ausgaben ließen sich die Küchen chefi 8——9 Millionen anweisen, die Besoldung der höheren und unteren Beamten des Marstalls verschlang 8 Millionen. Die Unterhaltung der Gärten kostete ebenfalls mehrere Mil lionen, was bei 12,000 Gärtners und Gartenarbeitern nicht gerade unwahr scheinlich klingt Fiir Pelztvert wur den in einem einzigen Jahre 25 Mil lionen Asver ausgegeben, silr Klei dungöltiicke, Leittenzeug, Seidenstosfe ultv. iiber 18 Millionen. Man braucht jedoch die Blätter der Geschichte des osmanit n Reiches gar nicht to weit zurück chlagem urn auf die stnnlosesic Ver chtvendung am Sultanshose zu oben; auch aus den Seiten des ver lossenen Ja ,rhun derts steht noch mehr als genug daoon Meiebetn Vor funfzig Jahren man in ganz Europa von der site orientakische Verhältnisse lanm landliehen Vergeudung in den Schlii ern Abdul Meds di UM bis 1861), wo man das ld beich stiibtich rnit vollen Rinden fortwars und Schulden iider Schulden hänfte, obwohl nach einer Berechnung des hauerninisteri die Verpflichtungen des Sultanj allein 450 Millionen Piaster (1 Piafter gleich 4 Centy til-erstiegen Als Fuad Pa cha von London und Pakt-, wo er ein-e An leihe hatte aufnehmen fallen. neit lee ren banden zurücklehrte, theilte er dem Groß-tiefre mit. Naooleon der Dritte have ihm Vorhattnngen iiher die un sinniae Verschwendung des Staats vermögens über vie vlkantastischem das Tageegespräch von Paris bilden den Bestellungen des Hofes gemacht, namentlich über die eines goldenen Tafelservires mit eingelegten Brillans ten für einen Prinzen des taiserlichen Hauses und eines Galatoagens von unerhörter Pracht. Wie Charles Mo rawih in seinem Werte »Die Türkei imSviegel ihrer Finanzen« mitzuthei len weiß, fand Ali Pascha den Muth, den Sultan in einem schriftlichen Be richt dir Sachlage mit all den unvers n.eidlichc-r und unheilvollen Folgen auseinanderzusehem die sie nach sich ziehen müsse, wenn nicht eine gründ liche Aenderung esntrrte Jeden An aenblia erwartete der Grafewesir feine Entlassung, als am 17. August 1858 folgender Erlaß des Sultans bekannt gegeben wurde. »Wir haben in Er fahrung gebracht, daß Mitglieder Un serer Familie anläßlich der jüngsten Hochzeitsfeierlichleiten in Unserem hause Bestellungen gemacht haben. die einen Geist der Verschwendung verra then. Ja Zukunft werden sich die Mit glieder Unserer Familie mit den Ein tiinsten zu begnügen halten« die ihnen ausgeseht find, und es ist ihnen unde dingt untersagt, in ihren Ausgaben diriider hinauszugehen Niemand, Unterthan der hohenPsorte oderFrerns der, soll von nun an gehalten sein, dem Serail etwas in der Vorausset zung zu liefern, das-; er später bezahlt werden wird«.... Wie oerheißungsvoll das tlangl Nur schade, dass die guten Absichten des Padischah an feinem eigenen schlechten Beispiel iehr schnell kläglich zu Schanden wurden: kurze Zeit nach zenem Erlaß. de eine Epoche der alt tiirtiichen Spazarnteit an seinem Hofe anzutiindigen schien, lies; er ei nein Arzt sür eine Nageloperation bei einer der Frauen des Harems 12,000 Franer zahlen. und dann schwamm seine Umgebung wieder lustig in dem atten Fabrwasier namenloser Vergeu dung. Womöglich noch schlimmer wurde es unter der Regierung oon Uhdul Asis getrieben, hesondero· seit seinem Besuche in Paris zur Weltauss stellung i«1867). Sein hofhalt ver schlang ungesiihr den dritten Theil der Staatseinliintte. Jn seinen Paläste-i vom Dolina - Bagtiche und Tscheragi han entsaltete er einen Lurus, der in der Neuzeit an Nassinirtheit wohl kaum seinesgleichen gehabt hat. Seine Leidenschaft siir tleine Pferde, Musik werle. wilde Thiere und Panzerichisie war wohl nicht weniger tostspielig als ieine launenhaste Rauwuth Zur Zeit der höchsten Geldnoth ließ er einen Wintergarten errichten· der die Mei nigteii oon einer Million Franes ko itete. Kein Tag verging, ohne die theuersten Renooirungen aller Art in den Palästen. Die pruntvollsten Ha remsseste gehörten zur Tagesordnung bei den hochzeiten von Prinzeisinnen wurde ein märchenhaiter Glanz ent sallet. Jn den toiserlichen MarsiFls len ftanden 1800 der edelsten Pferde, die Dienerfchaft allein zählte etwa 1400 Perfonen Jede Residenz des Sultans hatte ihren eigenen vollstän digen Hofstaat fodafz er nur in einen Ratt zu fleiaen und nach Tfcheraahan oder nach Benlerken am asiatischen Ufer des Bosporus überzutiedelsr brauchte, um auch dort Sldienftlsefiiffev ne für alle feine Wünfche wieder um fich zu haben. Für die Kaiserin fPurze nie ließ Abdul Afis Behlerben gele gentlich ihrer Fahrt zur Einweihunz des Sueztanals mit ungeheuren Flo ften neu einrichten und veranftsalteie ihr zu Ehren die großartigften Feste· Man riihnIt Abdul Harnid I:uch. daß er für feine Verfon fehr an fpruchslos fei, aber diefes Lob bedarf doch einer ftartenEinfchräntuna, denn auch unter feiner Regierung sind vom Hofhalt riefenhafte Summen ver schlungen worden. Die baaren Aus lagen für die drei Küchen von Eildie fallen ftch allein jährlich auf me r als 125 Millionen Dollars belaufen haben, die fiir die laiferliche Musiltapelle auf s450,000, alfo mehr, als das befte europiiifche Hoftheater an Zufchuß be ansprucht. Auch die Gärten sind fiir Abdul hamid ein theures Vergnügen gewefen, ungezählte Millionen miiffen auf das Konto feiner Bauten gefchries ben werden« Jn der oben angeführten Dentfchrift des titrtifchen Staats rnannes aus der erften hälfte des 17. Zahrhunderts iiber die Urfachen des erfalli des otrnanifchen Staatswe fens heißt es rnit gutem Rechte: »Für teln Reich der Welt gidtes eine ver derblichere Neuerung, deren Schaden fich fo fchnell und weit verbreitet als fdie Braul- und Glanzfucht.« Von einer wirtfchaftlichen Beserung hatte man gemunlell. da war der Flelfchtruft aber auch fchon mit höhe --« sen-« si« M r- urs tner r e or . nicht zu tipsig toserdern «