Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 18, 1909, Zweiter Theil, Image 16

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    DIE-tosen gis-.
-— —. —
Roveäette ven Rot; Sarda.
Es zieht durch die Leinwand des-:
Wanderzirtus. die unaufhörlich aegen
ihre Staunen schlägt. während der
Pechtranz unter der Decke qualmt und
raucht.
Einige Stallknechte find dann lse
schöftigt, die Maneae jijr die neue
Nummer initandzusetzen Der Direti
tor hat soeben den in Freiheit dreisir
tell Hengst »Maiepva'« vorgeiiitjrt un:
«dem alten Invaliden unter Peitichen
tnall einige Kunststiicle abgezwungen
Das Schulreiten iiderliint er ieiner
.besseren Hälfte, der Furt Prandilli
da kein Pferd seinen in set-Deren Kur
xper tragen kann.
Während die Glanznurnxnet der Ge
drüber Jamesrm der fallende Thurm,
vorbereitet wirr, unterhält der »dum
me August« das Bublilmn mit seinen
Spähen
Draußen pfeift der Wind und plät
schert der Neuen nnd das aanze Zelt
zittert und bebt, und Licht und Schttt
ten flackern durch den Cirtueraum
Da sind die Gebrüder Jennseson Jn
einigen schnellen Sätzen sind sie in Der
Pdanege und beariiskem jeder nach iei
ner Seite, lächelnd das Publikum
Ihre Tritots sind aeflickt und nicht
ganz rein. der Goldflitter um ihre
Lenden glänzt und suntelt aber und
täuscht die anspruchslosen Zuschauer
der kleinen hasenstadt
Und jetzt beginnt die Nummer.
Etwas Verschiedenereg vonBriidern
hat man noch nicht gesehen. Der älteste
Jameson mit seiner rundlichen Figur
und Doppelkinn könnte sehr wohl der
Vater des jüngsten sein. Der zweite
ist ein junger, schlanter Mann mit
glänzendem rabenschwarzem Haar,
während der jüngste ein warteten hell
blendet Knabe mit absallenden Schul ;
tern ist« 1
Den Grundnseiler des Thurmesi
bildet natürlich der älteste. An ihm l
klettern die anderen auf und ab, um
ihn und an ihm machen sie ihre
Sprünge und Kunststückr.
Nach jeder Nummer begrüßen sie
lächelnd und rnit einigen Pas das
Vudlitum, das seinerseits mit der
Leinwand des Zelteg um die Wette
ilatscht
Jetzt stehen sie, der eine aus dem
anderen — ganz oben der Knabe
und so bewegt der Thurm sich umher,
während der Grundvseiler der
Dicke ——— buftet und schwitzt.
Der Knabe steht unaufhörlich lä
chelnd oben. Er hält das Gleichge
wicht, kennt das Kunststück aus und
ein. und doch ist eg, als überfalle ibn
jedesmal ein AngstgefiilsL wenn der
lslugenblict da ist, wo er springen muß.
um mit einem doppelten Saltomors
tale auf dem Teppich zu landen. Es
war ihm Ieicht leicht geworden. dies zu
lernen, ja, es hatte ihm manchen Hieb
und Stoß eingetragen. Er lächelt
immer noch sorglos, während er aui
die unbekannten, fremden Menschen
binabschaut, die dem wandernden und
schwankenden Thurm anstaunen. Da
—- gerade als der älteste Bruder steben
bleibt sieht er auf einer der ersten
Bönte ein Gesicht -- ein Gesicht, das
er tennt—- den alten Schiffer Martin
aus seinem Geburtsort Jbre Augen
treffen sich den Bruchtbeil einer Sei
tande. dann tiddt der lebende Tburm
und der Junae stürzt das Salt-)
mortale mißgliickt s und er liegt re:
gungslpg aus dem Boden«
»Ungeschickter Bengel,« murmelt der
dicke Vierte wütbend. »Rbinozerog —
aus mit Dir, Du -Schlingel.«
Der Knabe ist gleich auf den Beinen
und lächelt, während er die Zuschauer
begrüßt. Er ist aber todtenbleich und
wankt. Den einen Arm vermag er
nicht zu rühren. Alles um ibn drebt
sich so eigenartig. Die Manege bewegt
sich vor feinen Augen bin und ber.
Die Hand des zweiten Bruders hält
ihn aber aufrecht, während das Pu
blikum tlatfcht.
»Vorivärts noch einmal!" tom
mandirt der Dicke, Dessen Antlitz Vor
Erregung glüht. «
»Der Dummon kann nicht« am i
wortet der zweitälteste Der Rnabel
sinkt zusammen, während der dumme I
August die Aufmertfaniteit des Publi- !
tums ablentt
EinSchtmmel init klingenden-Ecke
len trabt jetzt wie ein Karusselpferd in
der Manege herum, und ver Jonqlenr
auf seinem Rücken beqtnnt mit stu
geln und Bechern zu spielen.
Der älteste Bruder Pierre schilt
und flucht noch immer im Stall, wo
Emil Böhme auf dem Stroh ausge
streckt liegt. Er hört aber nicht, was
er sagt, achtet such nicht darauf, daß
der Direktor ihm einen Stoß mit dem
Reitsttefel giebt oder daß die Frau
Doktortn ihm mit einem Schwamm
dai Autlts befruchtet. Nur Rosas,
der hthen Direktorjtochter,
schwarze Augen sieht er einen Augen
blick über Ich und lächelt ihnen zu.
Er spitrt kaum den Schmerz in lxoer4
Schulter — findet nur« daß er ganz :
gut liest, all liege er zwischen Wachen
und III-sen daheim tn seinem Bett
nnd träume Da kommt vie Mutter
—- ste beugt sich über ihn, wie sie es
ts- olteu M Wer hatte —- die
M sitt dem milden Gesicht und
du flie- Isses —- uud dann sieht
s
er die Schwester. die Oespielem die
, Schultreunde. die ganze lleine Stadt,
und fest hört er die Kirchengloctem
E vie den Sonntag einläuteten -- --
I Ernil lag irn tiefen Dunkels-wußte
nicht. wo er war, erinnerte sich dessen
nicht, was geschehen war. Der eine
IArrn schnierzte aber und ihn sror in
dem dünnen Tritot. Sein Kopf lag
aus einein harten Kissen, und über
ihn war eine Decke gebreitet. llnter
sich hatte er nur Stroh.
) Wenn er nur ausstehen tönntel Er
! war aber am ganzen Körper wie zer
Fschlaaen Er versuchte, das Dunkel zu
sdurchdringem vermochte es indessen
) nicht« Ein schwache-J Klirren drang an
Tsein Ohr wie von Pferden, die mit
dünnen Eisenketten rasselten.
Eirliis. Jetzt erinnerte er sich. irr
war gefallen. hatte sich den Arm ver«
letzt oder gar gebrochen Wo waren die
Leute aber nur geblieben. Er hörte
- keinen von ihnen.
Weshalb war er aber nur fehlge
H sprungen « er hatte einen - ein Ge
Tftcht aus der Heimatb gesehen. das
I ibn verwirrt gemacht hatte, weil es so
plötzlich so unerwartet vor ilnn ausae
; taucht war. Es war der SchifferMar
tin gewesen. Sollte er sich nicht geirrt
haben. Vielleicht war es eine zufällige
Aehnlichkeit Die Beleuchtung im Zelt
Fwar ja nicht die beste. Sollte der an
s dere ihn erkannt haben?
« Emil Böbme wurde plöslich von ei
nein solchen Heimweh ergriffen, das-; er
in Tbränen ausbrach.
Wie sollte er je wieder nach Hause
kommen! Das war ia ganz unmöglich
Er hatte ja kein Geld, und lies er da
von, so würde Pranbillk ihn schon
einholen, und dann gab es Zchläark
Ach, dasi er sich von den fremden
Menschen hatte locken lassen. locken in
die weite Welt hinaus. sort von der
Mutter. die immer so aut und lieb ge
wesen war nnd die sich jetzt zu Hause
um ihn grärnte. Und er hatte nicht
schreiben dürfen! Sie batters ihn Jus
Schritt und Tritt bewacht und ibn tei
nen Augenblick aus demAuge gelassen.
Ach. und vielleicht schon morgen aina es
wieder aus die Landstraße binauo. int
mer weiter fort von der Heimatb. ohne
Ratt und Ruhe« ohne Freude nnd Ver
MAUL
Emii ballte die gesunde Hand im«
fein Gesicht oerierrte fick im Daniel
iräkrend eitie Ibräne nack "-er ande »
ren an feiner Wanae tiiederlief. I
Nichts tiielt ihn hier zurück krick-E ;
außer Nota. Roia war aut und lieb,!
fo wild sie auch war. Könnte er nitrJ
rnit Nofa fliickiten! Aber davon tonnteT
is- nichi die Rede sein. Eie Iebiirte ja«
l-ier zur Familie nnd kannte nichts an
dere- alk dies Leben auf der Land
firaßr.
Die Pferde rasseln immer noch mit
iksren Ketten und er hört das Heulen
res Windes und das Klatichen derLei
newand Jeyt linat es aber-. nls be
:ve«qe sich etwas neben ihm. lfin itnbe
ftimmter Schreck erqreift ihn und er
Zieht die Decke dichter iirn sitt-. Da ilii
itert eine Stimme« i
..tfinil. ichläfit Duj» i
Er reißt die Atmen auf, fsebt aber
nicht-. s
»Wi) bift Du. lkmil?«
Jeyt erkennt er die Stint-re Es iit
Roia Prandilli.
utHier bin ich. Rofa. Wie toinmft
Da hierher?«
»Still, still, nicht fo laut. Wie acht
es Dir, Emil?s Bift Du schwer ver
letzt?«
»Ach nein, es aelit Der Kopf
schmerzt und der ganze Körper iit
wie zerschlagen Vielleicht habe icti
wir auch den linken Arm augaerentt.«
»Du armer« guter Emil Mein lie
ber, lieber Junge-"
,,Süßes, gutes Stint-'s flüstert er
zurück.
Auf seine Hand fällt etnus heißes
und feuchtes das nur eine Tbriine fein
kann.
»Meinft Du, Nofa .2"
»Ach mai-, ich weinen! ——- Unsinn!--s
Aber siehft Dit. ich konnte nicht schla
fen. Es bat mich erbost, daß sich keiner
uin Dick; kümmert, daß man Dich nicht
ins Krankenhaus aefchctfft hat«
»Nun, so fchlimm ift es nicht. Jch
tann mich ia fchon vor felhft aufrich
ten-«
»Das ift schön. Geftern Abend war
es mit Dir schlecht bestellt. Du hatteft
eFieber, ras fah ich auf den erster-Blick.
Und weißt Du was, Emil Das beste
wäre, wenn Du Dich fo schnell als
möglich fertig machtest Denn Du
mußt fehen, daß Du unbemerkt fort-·
kommst.«
»Ich sou fort-«
,,J.r, Du sollst nach Haufe Du paßt
nicht zu um«-. Der Vater sowohl wie
Vierte behandeln Dich Zu schlecht, und
Dein aeftriarr Unfall hat Deine Ztels
tuna in der Gesellschaft nicht verbes
sert. Uebrigens ziehen wir moraen
schon weiter. Ich habe mich heimttch
aus dem Wagen geschlichem um Dir
Nachricht zu geben«
»Ach, Nota, wenn ich Dich jetzt nur
sehen tönnte«, flüstert Einfl« während
er ihre Hand fortwährend festhält.
»Ich durfte seine Leuchte mitnekp
men. Ich habe Dir aber Deine Klei
der mitaebracht. Wirt sie schnell über
das Tritot und laute nach dem Daten
hinab. » Dort liegt ein« Schiff. Das
heißt der »Reptun« unb der Aapttän
Martin. Er erwartet Dich«
»Ach, der alte Martin. So habe ich
mich doch nicht getäuscht.«
» »Nein, er war aettern im Cirtui,
und dann hat er nachher mit dem La
ter gesprochen nnd ihn gefragt, ob der
verunnlisiette Artift niQt Omil Zshtsi
heiße nnd ans feiner hettnatsedt
fortgelsufen fei. Der Vater hat aber
daran gesät-waren daß Du fein eige
ner Sohn fetett. und das haben Pierre
und der dninine Anauit bestätigt Ich
Hin als-et dein alten Sees-mein nachge
teblickxen nnd Etat-se ihm die Wahrheit
erringt Und er weiß auch. daß ich Dir
Hur Flucht verhelfen werde«
»Ach. Rola. wie gut Du biitk"
Etnil war in einein Ente auf. Die
Freude auf- die Heimtezsr machten ihn
alle Schmerzen vergessen. Nur den litt
ten Arm konnte er nicht fo recht bewe
gen. Sie mußte idtn deshalb helfen.
»So, ietzt veeile Dick, tfmiL Im
aekte wieder iur Mutter hinein. Lebe
itscdl für immer. Wir werden uni
nie wieder fesen.'«
Bei Diesen Worten ist-»ich das Miid
chen in ein trantvfbaftee Zchluclzzen
ans, während sie die Arme um feinen
Hals schlsng nnd einen Kuß auf sei i
nen Mund dritten-. J
»Wer-riß mich, Emil«, fliifterte fie.
Und ehe er me vollen Besinnunq toin.
zvar sie verschwunden
I sit II l
Oben auf dein Beet war ee beileendj
teilt. Ernil tonnte es unten in der
Kajiite aber nicht länger trushnlten.«
wo er zwei volle Iaae aelegesi nnd ge
schleifen hatte. Sobald Der Schiffer
init der Nachricht laut. daß die dei
:s.·nthlick-e Küste in Zieht fei, wurde es
itsin unten tu enn. und ith laß er mild
dekn Arm in der Binde neben dem al l
ten Martin auf dein Hinterveet desl
tleinm Fahr.iettoes:-. Den Wind hat-i
ten sie halb- von l-inten, und sie knoch
ten eine ante Fahrt
Ter Schiffer hatte stin: erft ordent
lin; die Wahrbeit aeiant, dann aber
wie eine Mutter fiir ihn geforat, ihn
sorgfältig gebettet und idrn eine zielte
Maälzeit nnd ein Glas warmes Bier
getreten Und jetzt ian er in einen!
uel in qroßen Mantel des- Rapitäns
.:nf dem Hinter-den nnd fah — deutli
cher immer deutlicher « eng Land
Feld und Walz vor fieli auftauchen
Und dort auf der cslnliöbe lag in die
Mühle, nnd drüben entdeckte er den
Kirchthurm feiner Hei-nothwde nnd
nach und nach tagt-. das eine hau- nach
dern Eandern nun World-ein« bis der
tlseine Ort feiner non-sen Länge nach
aor ihm lag.
»Da siebfixu nun, lfniil, was dabei
.er:ns5tonunt. wenn- ein folcher Jun
qe wie Du sich von fremden Leuten ans
der Heimatls locken läßt nnd sich mit.
knien auf der Landstraße herumtreibt.;
» Dein Gluck war es, daß der Zufall
l mich Tit in den Wea führte. Ich et
kannte Dich fofort als Du hoch oben
- die Thurmfvitze markirteft Der M
rettor. Dieser Räuber. fchtvor aber da
rauf, daß er Dein eigener leibhaftiaer
Vater feä Jcis wußte wirklich nicht.
was ich davon halten sollte. Da kam
aber die tleine Seiltiinierin Ein lie
bev, reizendee Geschöpf Sie bat uns
brav aeholfen Jetzt sind ivir bald zu
hause. Bitte Deine Muster uiil Ver
ieihunq für den vielen Kummer, den
Du ihr bereitet dast. und dann werde
ein braver Jslnae. lfenil Versprich
mir das-«
lkrnil reichte dein Alten feine iefnn
de band und taatez
Xa, das verspreche ich«
»
Drinnen ane- der kleinen Hafer-findt
hörten fie Glockenaeliiute es war
noch weit fort -- die Luft war arier
voll davon
Die Sonne war dem llnteraana na
he, und ihr letzter Schein ipieaelte sich
in einer Fenfterfcheike arn Hafen wi
- der.
»Hörft Du die Glocken, EmilT Zie
läuten den Sonntaa ein. West-Halb
meinst Du, Emil?«
lkmil Böbme war Plöslich in ein
heftige-. SchlucSzen ausgebrochen Er
Hatte sictx lange dagegen gewehrt. Jetzt,
wo die Glocken läuteten, tonnte er vie
Thränen nicht zurückhalten
.Ach, Gott, wie schön es ift, wieder
nach Haufe zu lotninen«, ftotterte er.
Seine aanze Seele strömte, so llein
unv eng es auch war« dem Heim ent
gegen.
-—--·-..--—.
WI.
— »Es-.
Ftau Czum neuen Dienstmädchen):
»Was haben Sie denn, wenn Sie ins
Zimmer femme-h immer meinenMann
so sonderbar anzugitcken?? Lassen Zie
das bleiben!'«
Dienstmädchen: »Nun. er kvikk mich
doch noch dauern dürfen!"
I
«
snimst ;
- I
Mient (oer vor einigen Tagen frei-I
gesprochen wurde, zu feine-n Vertheiss
diger): »Ich bin getornmen, Herr Dot
iot, Ihnen noch einmal meinen ver
bindlichsten Dank dafür auszusprechen,
daß Sie mich meiner Familie zuric
gegeben, meine Ehre gerettet haben!
Und dann häit’ ich auch wieder
eine neue Sache-"
Gean Krieg-list
Dumoristische Slizze von E rnst
Franck.
»Nein, ich halte es einan nicht
uneer aus« ries Assessor Range nnd
Ischlug mit der Faust aus den tleinen
stunden Stamkntisch. an dem er mit
Lseinem Freunde beim Friidschovpen
T saß.
»Wie glücklich könnten wir, meine
Paula nnd ich. miteinander leben.
wenn ihre alte Dante nicht wäre. Diese
Schwiegermutter macht mir das Le
den zur Hölle!«
»Aber was thut sie Dir denn ei-:
gentlich?'« erkundigte sich theilnahmsi
voll sein Freund und Kollege Von-s
dors, indern er sich umständlich eine
Cigarre einsteckte
»Was sie mir thut? Jst das nichts,
wenn sie itnnier anderer Ansicht ist,
als ich? Wenn sie jede Ausgabe, die
ich für nothwendig halte, überflüssig
nennt?« -
»Da-Z ist allerdings nicht hübsch von
ihr.«
»Nicht hübsch-) Empörend ist es,
beleidiaend. standalösJ Aber höre
weiter: komme ich Mittags ein paar
Minuten zu spät zum Essen. so heißt
eg: »Könnten Zie nicht etwas pünkt
licher sein, lieber tsduard?" Finde ich
die Euppe versalzen, so prüst sie sie
mit einem tückischen Lächeln und er
lärt dann kopfschüttelnd: »Aber ich
sinde, sie ist gerade recht so!" Kause
ich meiner Frau seidenen Stoss zu ei
ner Blase. so bekomme ich unfehlbar
zu boten: »Seht hübsch. aber mir
scheint. die Farbe stimmt nicht recht
tu Paulas Haus« Jeden Tag heißt
es: »Sie sollten doch das immerwäh
reiide Rauchen lassen, tfduardk Es ist
unaesund, un«d bedeuten Sie das;
ichöne Gelds« Schon ist es so weit,;
das-, auch meine Frau mir aussässigk
wird, an mir hertimtrittelt und aeaen ;
mich Partei nimmt. Herr des Luni-;
inels. wie sange ich es nur an, uin die J
Zchwiegermama los zu werden!« t
»Das ist allerdings ein schwierigeri
Fall", meinte Botvsdors. »Wie wäre
es denn, wenn Du Dich versehen
liesiest2«
»Tarum bin ich löiiast einaetoms
men· Aber ivas nützt mir dass Dann
zieht sie am Ende noch ganz zu uns,
während sie jetzt wenigstens ihre ei
neiie Wohnung hat.«
»Alle Wetter das ist schon mög:
lich. Saae mal, wie benimmt sie sich
denn sonst Dir gegenüber? Aeuseert
sie ihren Tadel in fiebenswiiediger
Form oder wird sie grob und her
risch?«'
»Das ist ja eben das llnanaenehme.
daß uian ihr nicht beilommen kann.
Was sie sagt, sagt sie immer mit dein
oerbindlichiten Lächeln. Nur Nadeti
stiche. aber jede Spitze ist vergiftet.
Und dabei ist sie, wie Du wohl weißt.
noch immer eine stattliche und sast
schone Frau, so das-. man selber auch
nicht gerade unhöslich werden niag.«
»Ach. das ist wahr. Ich bin der
Frau Regierungsrath ja einige Male
begegnet, habe sogar ein Mal mit ihr
getanzt, als ihr Gatte noch lebte.
Höre, mein Theurer, ich glaube, es
giebt ein Mittel. Aber es ist nicht
leicht und -- sehr gewagt."
»E·aal, schiesz los - ich sitze wie
aus Koblen8«
»Ruhia Blut, Bester. So einsach;
ist die Sache nicht. Sage mir erst.
einmal: Liebst Du Deine Frau ?«
»Paula? Dumnie Fragel Jch bete
sie an!'
»Und sie liebt Dich auch?«
»herraott. Mensch, staa« doch nicht
so Stichmaetlosl Natürlich liebt sie
mich Jch habe sogar Grund, anzu
nehmen« daß sie mich nicht weniger
deraöttert als ich ste.«
Bowsdors trant den Rest seines
Glases aus und erhob sich.
»Schön«, sagte er. »dann ist alles
in Ordnung. Du hast nun nichts
weiter zu thun, als Dich schleunigst
in Deine Schwiegermutter zu verlie
ben!«
»Ich soll mich .- Bisi Du nat
riicb?"
»Ni» zum Schein versieht sichs
Mach’ ibr den Hof, iaa’ ibr Arrig
ieiren und vor Allem: midersprieb ibr
nicht, sondern ihn alles-, wag sie von
dir verlangi."
»hni!«
»Warst sei aalani, ldiele den zärt
lichen ergebenen Schwiegerlobn, ver
lange Morgens und Abends einen
mütterlichen Kuß von ibr --«
»Na, na, nun ist·s aber genug!"
»Gut, den Kuß erlasse ich Dit. Es
geht auch fo, und ich werte, daß Deine
Frau bald bedenklich, daß sie sogar
ein bißchen eiferlüchtig wird. Und
dann wird sie es bald durchsehen, daß
die liebe Manto vorerst einmal —- eine
ileine, ganz plötzlich nothwendig wer
dende Reife unternimml.«
Assesior Range strich sich den dich
ten, blonden Schnutrbart.
«Leiche ist die Sache nichi«, meinte
er dann. »wenn Paula wirklich eiser
süebtis wird, kann ei heiter bei uris
werden. Aber es ifi ihre eigene
Schuld Sie hätte unbedingt zu mir
halten müssen. Vorn-Irrt also: Die
Schwiegermutter seks Panier!«
; »So ist’i recht«, lobt Ist-widerf.
Jlnp file den ersten Sonntag we ihr
endlickt allein seit-. lade ich mich bei
Euch zu einer Bot-le eth«
»Tai-IN Und mit einem Lände
druet trennten sich die Freunde.
s . I
JM Anna-schen Hause herrschte
ieit vierzehn Tagen eine wunderbare
Eintracht. Es gab keine Meinungs
verschievenheiten mehr. teine spiyen
Worte und verstimmten Abende. an
denen der Assessor geräuschvoll sei
nen Stuhl zurückschob und wiithend
das Zimmer verließ. Als vie beiden
Tini-en ihn eines Mittags vie Glocke
iiehen hörten, sah die Regierungs
rätlkin lrefrieksint auf das Zifferblatt
ihrer tleinen goldenen Uhr.
»Es-Siehst Tu. mein Stint-sc sagte sie.
«an die Minute! Jn. man muß die
Männer nur erziehen Es ist nicht
reiche und gern nicht wick. aber mit
Eduard ist es mir. denke ich, doch
nllmäslicli gelungen Er tcxnmt zur
rechten Zeit, irideripricht mir nicht
mehr, betrittelt auch Das Essen nicht
mehr und ist vor nlletn ganz bedeu
tend höflicher geworden«
Ueber Pnitlas Gesicht glitt ein
leichter Schatten.
,«?lllerdin·a§, Manie, das ist »ich
mir ausgesallen.«
»Ja - nnd sogar das Rand-en
list er sich endlich abgewöhnt Er
thut mir fast leid, der arme Junge,
es wird ihm schwer genug aeworden
fein. Nun. ich dente, eine Cigarre
tönnten wir ihm von Zeit zu Zeit
tiestnttenf
»Ganz wie Du meinst. Mam.1«,
erwiderte Itaula zerstreut und aina
ihrem Gatten entaeaem der in ftralr
lender Laune eintrat.
,.,Taa Maus. wie qelzt es Dir-"
faate er fiiichtia nnd driickte einen
leichten Kan anf ibr Haar Tinn
wandte er fich reifch unb liebensivile
dia ljiur Reaierunaeriittiin
»Und Ihnen liebste Martia-? Gut
ae1«bi afen?" erkundigte er sich und be
aleifete feine Worte mit einem ebenfo
refueltvollen wie iörtlichen Handlan
»Arieaeieichnet, mein lieber Ednard
Zie wissen ja, ick fchlafe immer vor
eüaiich-«
»Ja freilich indessen, Sie fa
txen aeftern. wie inir fcbien, etwas
blaß aus-. Ich hatte rechte Sorae um
Sie beute Morien in meinem Bu
reau. Aber Gott fei Dant. ich fyabe
snicks artiiufcht. Jbr Aussehen ift
svieber f» noriiialictx daß wir Ihnen
nnd nne :ratuliren dürfen. Nicht
trat-r VIula7«
»Ack,«1.fiains fieb! immer wohl
21ng", meinte die junge Frau fühl
»Aber ich dente evir wollen ietzt end
lich essen«
Man feste ticti zu Tische
»Ausaezeichnete Eunoe d«.15«. ent
fcbieb der Ussessor befriedigt. nachdem
er den erften Löffel der ibns tief ver
baßten Tomateniupve getoftet hatte.
»Gewiß Ihr Wert, Mania?"
»tftir-ag zu fcharf aefaleen«, be
hauptete Paulu.
Aber teine Spur im Geaen
theil, fie ift gerade recht fo«, wider
sprach ibr Mann, der liente fein Ge
ringt vorüberaeben ließ, ohne beziei
fterte Kritit zu üben.
Die Reaierunasriithn war von fei
ner Liebenswiirbiateit fo bezaubern
daß fie, ali- der Nachitfch abgetraaen
wurde. lächelnd faate:
»Und nun. lieber Ednarb, döchte
ich, ftectten Sie sich eine recht aute
Ciaarre an.'
Der Affessor ariff schon rieb-inten
los in die Rocktafcke, usn fein Etui
bervoriuboiem besann sich aber noch
rechtieitia nnd faote abwehrendz
..Iaufend Tant, befte Martia. aber
Sie wissen ia, ich hab-e das Nauchen
aufaeaeben.«
»Aber Einfaer rief Cianfa vor
wnrfovofl Sie hatten ihren Gatten
erft aeftern noch gerade in dein Au
genblick getroffen, als er, eine biete
Havanna fchmauchend, eine-i benach
barten Ciaarrenladen verließ.
Die Reaierunasrätbin überdörte
den Ausruf und faate aiitiai
»Aber das Rauchen machte anen
doch fonft fo viel Freude. "
»Das war früher, gewiß Aber feit
ich weiß, daß Sie den Tabatsdainnf
verabscheuen —
Die Mithin war tief aeriihrt.
»Nun, nun. bin und wieder eine
Ciaarre --«
» und ich iniiti außerdem Wer
ieugit habe, dstsz Das Zitnuchen ivirtlich
iingesuiid ist«, inhr der tisiessor iiii
beirrt fort.
»Nun ja, das iiverriiiisiiige
Rauchen iiiaii wohl nicht iuträglich
sein. Aber ich beitehe daraus, daß Sie
sich von Zeit zu Zeit pag unschuldige
Vergnügen einer tsigirre gönnen«
»Ja, ivenn Sie beschim, Siebe
» Mama!"
»Ich besehte es·'«
Frau Paiilci ivar dieser Aussprach
init verwunderte-n Kopftchütteln ne
solgt. Auch in der nächsten Zeit be
niertte sie mit Befremden die Verän
derun, die mit ihrem Manne vor-ge
gangen zu sein schien. Er war zwar
ivie bisher lieb und reizend zu ihr,
widmete sich aber ihrer Mutter niit
eineni Eiter und einer Er ehenheit,
daß sie nicht umhin tonnte, ich etwas
benachtheiliqt und oernachtiissigt zu
fühlen. Der Assessor seinerseits ge
wahrte mit zwiespältigen Gesiihten.
daß sein kleines Fauchen ieht zuwei
len eine Reizharteit ofsenbarte, die ihr
sonst nicht eigen gewesen war. Er
hatte wohl gemerkt, wie kraus sie die
weihe Stirne Armen hatte, als die
Regierungsräthin ihrem Schwieger
svhn eines Abends bei einer Ausseh
hotple das verwandtschatttiche Du qu
gehoten und daraus bekunden heise
daß ej durch einen seierlichen Kuß be- El
siegelt wiirde.
Einer Tages lom Edsnard frei-de
strahlenls nach nse nnd schwenlte
ein nmtlichee S reiben in her Heini-.
Eintritt-, Kinder, nach Berlin pet
festl«
Tag gab notiirlich eine lebhaste
Freude. und bei Tisch wurde von
nichts Anderem gesprochen als von
ver neuen Zulunft in der Reichs
hauptstadL
! Der Asskssor malte seinen Dirnen
Im verführerischen Farben das »in
« nige trauliche Familienleben, das wir
» drei miteinander siihren werden«,
aus. »Man Du siehst natürlich zu
uns, Mama, das ift selbstverständ
lich. Wir gehen Dir hie schönsten
Zimmer, gelt, nach Süden. wie Du
es liebst. Herrgott, wie sreu’ ich mich
Juk. unser geinlithliches Berliner Le
ben.«
« Plötzlich erhob sich Paula und ver
ließ mit einem gepreßten Entschul
- hint, mir ist nicht ganz wohl«, rasch
das Zimmer.
Die Mutter eilte ihr nach. Aber
Paula hatte sich schon eingeschlossen
,3-väter ging lsduord zu ihr Er
lTand sie vermeint auf dem Divtm
ihres Boudoirs liegen
« »Was- fehlt Dir denn eigentlich,
Echo-IV
»Nichts.’hornichlo steh bitte Dich,
laß mich in Ruhe!« .
»Aber warum lo böse, Kind? Habe
ich Dir etwas in Leide geth ? Hat
. Illinnia etwas aeiinßert, was ich ver
letzt hat?«
»Ach ihr sollt mich alle in Ruhe
lasse-il«
- -.. ke
Ednard gingt »Jetzt platzt ore
Bonibe«, dachte er. Aber ihm toar
nicht aant ivolil dabei.
lind an diesem Abend hatte Paula
eine lange, erreate Aneeinandersetzuna
tnit ihrer Mutter.
Als Eduarb asn solaenden Mittag
tagn Bierean kreistitebrtr. sand er nur
die Reaiernnagrötbin feiner wartend
cor.
»Dann siihlt fieb- nicht ivobl«, ent(
geanete sie aus seine verwunderte
Frist-e: »und ich« mein lieber lsduard
icb habe ein sehr ernste-z Wort mit
Dir zu sprechen."
»Ein ernstes Worts Mit mir?
Aber wollen wir nickt erst zn Tisch
arben2«
»Nein, mag ich Dir zu sagen habe.
eilt. Panla bat sich, und, wir mir
scheint, mit lliecht«, so subr die Rä
tbin nimt ohne Schärfe fort, «bei mir
bitter darüber betlaat, dass Du sie in
der legten Zeit aussallend vernachläs
siat hast«
»Wenn ein Unsinn? Ich sollte se
rernachliissiat habeni"
»Bitte, laß mich ausreden Ob die
Gründe. die sie vaiiir zu haben
glaubt, tutressein will ich dahinge
stellt sein lassen; ntir erscheinen sie
tinbisch. Da ste mich indessen ein
wenig als Störensried in eurer Ehe
zu betrachten scheint «
»Aber beste Mamak
«- « zu betrachten scheint, nnd ich
dem Glück meines Kindes jedes Ovser
bringen würde, so werde ich noch
bente abreisen nnd tu meiner Sehn-e
ster tklla fahren. Auch bin ich ents
schlossen, eure-neue häuslichteit in
Berlin fürs Erste nicht tu tbeilen.
Dir, mein Sohn. überlasse ich, schleu
niast, aber schleuniqst wieder gut zu
machen, tviö Dein Leichtsinn ange
richtet hat«
»Aber ich begreise nicht — «
»Du wirst beareisen, Eduardk Du
wirst tu Deiner Frau geben und ihre
Verteibuna zu erlangen suchen. Die
inst Du nämlich, glaube ich, sebr nö
tbia. Heute ivirst Du allein speisen
und Zeit zum Nachdenken haben. Jn
einer halben Stunde geht mein Zug.
Adieu!"
Mit hocherhobenem Haupte vertieß
die Reaierungsrätbin das Zimmer.
-. -. .
Vierte-»in Tage später br.1ute Bisses
ior Runge eine tadelloie Bowle, zu
rer als einziger Gast Freund Borst
aorf aeladen war.
Frau Paula hatte eine neue Bluse
an. deren Stoff ihr Gatte ausgesucht
lsattez feingemusterte weiße Seide mit
aan zarten Rosenknospen bestiekt
Mit ansnutbiger Geberde füllte sie
aus dem silbernen Schöviköffel den
Herren die Gläser
»Es ist erreicht«. sagte Boivgdorf
mit dein Freunde .rirstoßend. und
beide lächelten »Was ist erreichk?«
erkundigte sich Paul-i neugierig
»Die einivandireie Mifchnng dieses
unübertresflichen Getränkes, anädige
Frau", erwiderte Beine-darf mit harm
loiem Gesicht Der Assessor pfiff ver- -
aniigt vor iich hin
»Weißt Du schon des Neuesie,
Bord-dorti« fragte er dann nnd zog
ein Telegramm aus der Tasche.
»Ja, denken Sie sich nur«. fiel
Paula ein, ,,Mam.1 bat sich gestern
wieder verlobt. Mit einem alten Ju
gendsreund, den sie bei der Tante
Ella zufällig getroffen hat. Was sa
gen Sie da,iu?«
Bord-does sagte zuerst garnicht-.
Dann aber erhob er iein Glas und
sprach feierlich:
»Ich gratulire!«
s-« ----. - ——»- —
Islsche Ists-surrt.
Herr: »Wie konnten Sie sich unter
stehen, meinen Vetter vorzulassenl
hatte ich Ihnen nicht ausdrücklich ge
sagt, daß ich heute sitr Niemand zu
sprechen seis«
Diener (stotkernd): »Jowohl, aber
ich half gedacht. dem deren Vetter —
dem sind wir doch nichts schuldissz