Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 18, 1909, Zweiter Theil, Image 10

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    s OWOCWLCTNFÄKCC IMXÆW
Was die Nacht verbarg.
Roman von E. P. Oppenheim.
Wydxcrsxwxgxmo
XCVI-« M
;
If--’----- -
(3. FertseiungJ
Sechstes Kapitel.
Der Fremde. der sich als Rechts
anwalt Berge-: dargestellt hatte, war
von der Schwelle des Zimmers wie
der zuriickgetreten als er des Oberst
lieutenants ansicht· a wurde Aber
tücksichtslos schob Heini der vor
Aufregung fieberte durch die Thür,
die er hinter sich zuzog
»Bitte, Sie stören aar nicht«, sagte
et »Aus ich die Herren bekannt ina-l
chen? Herr Rechtsanwalt Verger —
Herr Qberstlieutenant Arnstori. Dass
ist nämlich der Herr, der in jener;
Nacht bei mir antelephvnirte.« s
Arnstors trat überrascht einen
Schritt näher. »Jn der That —?« !
Der Besucher wand sich förmlich vor
Lerlegendeit »Ja, allerdings — und»
ich war gekommen, weil —- ich hätte
gern mit herrn Hosielder aeiprochens
Aber wenn ich etwa ungelegen komme?
—ich kann ja noch einmal versprechen,
später vielleicht -——«
»Bitte, Sie lvmmen durchaus nicht
ungelegen. Sie können gar nicht
ahnen. wie erwünscht mir Jdr Besuch
ist. Ich habe das lebhafteste Verlan
gen nach einer Aufklärung. — Bitte,
legen Sie ab! Der Herr Oberstlieute
nant ist von allem genau unterrichtet.
Was Sie mit zu sagen haben, können
Sie ruhig auch in der Gegenwart des
Denn sagen.«
Er wollte einen Zeugen haben sur
die Unterredung mit diesem Manne,
der durchaus keinen vertrauenerwe
elenden Eindruck machte. Aber irgend
eine Aufklärung mußte er doch wohl
geben können. l
Dem Dberstlieutenant aber war
die Sache recht unangenehm. Er
konnte unschwer erkennen, das-, den
Besucher seine Gegenwart im höchsten
Maße störte, und es war seiner vor
nehmen Natur entgegen, sich aufzu
driingerr. »Der Herr wünscht Sie
gewiß unter vier Augen Fu sprechen,
- hollfelder«, sagte er. Ueber-dies ha
be ich noch eine dringende Verabre-!
dung. Wenn Sie in einer Stunde ins
Cafe tonsmen wollen, wird es mich
sehr freuen.«
heim gab sich nur widerstrebend
zufrieden. »Wenn Sie eine Verab
redung haben, will ich Sie natiirlich
ais zurückhalten. Jn einer Stunde
also —- rechnen Sie bestimmt aus
mein Kommen, Herr Oberstlieute
Ins-zu und herztichikesi Dank siik kn-l
e ." . «
Er geleitete ihn hinaus und weckt-«
selte auf der Treppe noch ein paar
Worte mit ihm, die ihn merkwürdig
stärkten. Als er wieder ins Zimmer
lam, war er gefaßt und sicher.
»Aiso. wenn ich bitten darf, Herr
Bergexl Jcki bin. wie gesagt, sehr er
sreut,·Sie hier zu haben. Es scheint
mir Ziemlich offenkundig, daß Sie um
die Gefahr wußten, die Martens droh
te. So wenigstens habe ich mir nach:
reiflichem Ueberlegen Ihre dringen
de nächtliche Botschaft erklärt. Sie·
können also gewiß mich und auch dies
Polizei auf die Spur des Thätersl
bringen« l
Der Nechtsanwalt war ietzt, als ers
Hollselker allein gegenübersaß, durch-l
aus nicht mehr verlegen. Gelassenl
lehnte er sich in seinen Stuhl zurück.
»Sie gehen sehr weit mit Ihren Ver
mutlrungem mein Herri« sagte er,
und sein Gesicht verzog sich zu einem
Lächeln.
»Ich habe wohl ein Recht dazu.
Durch Sie bin ich in diese unglückseli-l
ge Geschichte verwickelt worden, undj
Sie werden es begreiflich finden,j
wenn ich nun lehhastes Verlangen tra
ge, sie aufgeklärt zu sehen.«
Der Besucher knöpfte langsam und.
umständlich seinen Rock aus· »Es thut
mir leih, wenn ich Sie enttäuschen
muß«, sagte er trocken. »Wenn ich!
die Polizei, die übrigens ihre Nach-;
forscht-tagen recht lässia zu beteeibenT
scheint, aus die Spur des Thäters bät-;
te bringen können, hätte ich nicht bis
heute damit gewartet! —- Wollen Sie
X mir gestatten, Ihnen den Zweck mei
nes Kommens auseinander-zusetzen ?" i
.Jch bitte darum!« »
Alter der Rechtsanwalt hatte esJ
durchaus nicht so eilig, wie Hollfelder
Er sejte sich erst umständlich zurecht
und sachelte sich mit dem Taschentuchi
Kühlung zu. bezeichnend-e Blicke au.
das Feuer im Ofen werfend, ehe er«
wann «Zunächst«, sagte er lang
ssnn «zuniichsi muß ich Sie noch ein
Ist daran erinnern. baß ich Rechts
ssokt bin. Ich komme nicht etwa
III eigenem Antrieb zu Ihnen. son
W Wlich als Vertreter eines
, JLI We. das» freund
lich nicht vergessen zn wollen« Jch
knsönlich habe gar kein Interesse an
et Angelegenheit.«
»Wer sind also Ihre Auftragge
bers« fragte Hei-U
»Ja-te Namen bat-en keine Bedeu
tunq«, sagte der Rechtsanwalt abwei
send. »Ich bin auch gar nicht befugt,
He zu nennen. Im übrigen habe ich
die weitgehendstrn Vollmachten.«
zIhre Auftraggeber werden viel
lei in kurzem schon gezwungen wer
den. ftch zu nennen.«
sey-It iguotitte die Drohung in
« W ts Worten. »Mein Auftrag
« « n Sie«, fasse et is ruhig und so
- singsm nnd so Drecke-, me et sor
ft Ist-rochen hatte. mein Auftrag
an Sie ist etwas delilater Natur. Er
bat teinen Zusammenhang mit je
nem Vorkommniss, iiber das Sie von
mir Aufklärung erwarten. Gar tei
nen Zusammenhang. Mein Austrag
ist. gewisse Papiere zurückzuerbaltem
die aus den Effekten des Deren Otto
Martens entwendet wurden in der be
wußten Macht«
Hollfelder wurde leichenblaß. Aber
er verlor seine Haltung nicht. »Wa
rum wenden Sie sich dann nicht an die
Polizei?«
»Ich komme von der Polizei, Ver
ehrtesteri Dir stellt Nachforschungen
im Auslande au, wohin ihrer Ansicht
nach Spuren führen. Natürlich habe
ich aber auch ielbst die sorgsiiitigsten
Erlundigungen eingezogen, ehe ich
mich entschloß, Sie zu bedelliaen Jch
habe mich sowohl iiber die Ereignisse
der Mordnacht aenau informirt, als
ich mich oeraewisserte, baß sich jene
Papiere nicht unter den Effekten des.l
Ermordeten vorgefunden haben. Sie
müssen ihm. wie gesagt, in jener Nacht
entwendet worden fein.«
Hollselder neigte sich vor. Er iiidls
te den Schlag seines Herzens bis sum
Halse. »Und ver anakt dieser Pa
viere?'
Der Rechtsantoalt zog die Augen
brauen boch. »Dkriiber brauchen wir
nicht zu reden-, sagte er. »Um es
kurz zu machen: ich bin besuak, sür die
Wiedererlangung der Papiere zwan
zigtausend Mark zu zahlen.«
.Warum nicht siir die Entdeckung
des Mörders? Das würde doch aus
dasselbe binauslommen. denke ich-«
Beraer machte eine Bäveaunq leich
ter Ungeduld-. »Keinesioegs«, iaate
er. »Ich fürchte, mich nicht klar ge
nua ausgedrückt zu haben. Mein
Klient nimmt nicht das geringste Jn
teresse an der Person des Herrn Otto
Mariens, ob er nun lebt oder todt ist.
Sein Interesse beginnt und endet bei
den Papieren.«
»Aber ist es denn nicht unsicher«.
bebarrte Dein-i, »daß der Dieb und
der Mörder eine und dieselbe Per
son sind? —--- Jbr Klient bätte sich fo
sort an die Polizei wenden sollen.
Der Diebstahl dieser anscheinend so
kostbaren Pariere bat doch aller
Wahrscheinlichkeit nach das Motiv zu
dem Mord abaegeben.«
»Mein Mandant bat absolut tein
Interesse an der Auffindung des Thä
ters«, erwiderte der Nechtsanwalt ge
lassen. »Der Mord gebt tikn nichts
an. ob er nun an Matten-. oder an
Müller oder Schulze be angen wur
de. Er wünscht lediglich die Verschwun
denen Papiere.'«
»Wenn er ein Anrecht daraus bat,
sollte er die erwähnte Belohnung ds
sentlich ausschreiben Vielleicht hilft
ihm das zum Ziel."
»Ich alaube taum. Ich wiederhole
also noch einmal: mein Klient wäre
bereit, für die Papiere zwanzigtau
send Mart zu zahlen, ohne den au
genblicklichen Besiper, von dem er sie
erkalten würde. weiter zu belästigen.«
Hollselder starrte sein Gegenüber
einen Augenblick verständnißlos an.
Dann rötbete sich sein Gesicht lang
sam, und es blitzte in seinen Augen
aus. »Gestatten Sie mir, einige Fra
aen zu stellen«, sagte er lanasatn und
anscheinend ganz ruhig. »Sie sagten
vorhin, daß Sie sich iiber die Ereig
nisse der Mordnacht aenau insormirt
haben?"
»Ganz recht.«
»Es ist Ihnen dabei vermutblich
der Gedanke gekommen. daß ich in
irgendwelchen Beziehungen zu Herrn
Otto Mariens gestanden habe?«
«Bielleicht babe ich in der That et
was ähnliches gedacht. Ganz außer
Bezug hieraus möchte ich Sie übri
gens daran erinnern, Herr Hollseb
der, daß irgend jemand in der Wob
nuna des Herrn Otto Martens gewe
sen ist, nachdem Sie den bewußten
Zettel in den Thürspalt geschoben tu
en.«
hollselders hände ballten sich zu
Fäusten. Aber er blieb rubi . «Ge
wiß —- ich weiß das. —- Abe um aus
unser Thema zurückzukommen: Sie
oermutheten, daß ich Beziehungen zu
Marter-s gehabt habe, und — das
Anerbieten Iser Klienten gilt mirs«
»Wenn Sie es so aussassen wol
len, here —«
Da sprang deine so heftig aus. daß
der Rechtsanwall erschrocken zusam
mensubr. »Ich will Ihnen sa en,
wie ich ei aussasse. Als die sre e,
als die niederträchti Unverschämt
heit, die mir se sorge onunen ist. Nen
m Sie mit sur du Siege de- Its-l
me- shm ten-umn- l
Der Rechtsanwali griff nach sei
nem Hut. »Ich gestatte mir, mich zu
verabschieden«, sagte er gelassen·
Aber Hollfelder stellte sich mit dem
Rücken qegen die Tbiir »Nein, mein
Herr —- wir sind noch nicht fertig
; miteinander. Selbstverständlich werde
ich den Wortlaut unferer Unterredunq
der Polizei mittk,eilen, die alles wei
tere veranlassen wird «
Der Rechtsanwalt zuckte gelassen
die Achfeln »Das fteljt in Ihrem
Belieben. Nur erzählen Sie der Po
lizei nichts Neues damit. Jch habe
dort bereits angegeben, daß ich es
war. der Sie in jener Nacht antelei
Wirte, nnd bat-e natürlicha azæ
den Grund nicht verschwiegen
hatte em Geschäft mit Deren Mar
tenii —- daffelbe Gefchckstx di- eng-H
heute zu Ihnen Bitt SieiDetO
wissen, daß mich auch das Gerichi nicht«
Fwinaen kann den Namen meines
Mandasten zu nennen denn ich bin
als Rechtsanwalt zur VerschwieH
deit verpflichtet Im Ihrigen hat
Gericht auch lein Interesse daran die
Person meines Asstraggebers festzu
stellen. — Jch bedaure ciie belästigt
zu haben.«
»Und ich denle nicht daran Sie ge
den zu lassen Was weiß ichs ol- Sxe
mir die Werk-thesi Mist-E haben ob
Si; wirklich bei der Polizei gewesen
tm l«
»Es wäre Freiheitsberaubung. woll
ten Se mich zurückhalten mache
Sie daraus aufmerksam, da ich un
nachtsichtlich gegen Sie vorgehen wiirg
de.«
Zunächst wird es an mir fein, un
nachsichtlich gegen Sie vorzustehn-U
Wieder zeigte das Gesicht des
Rechteanwalts jenes fatale Lächeln.
»Sie wollen mich wegen Beleidigung
verllaaen?- Bitte, thun Sie das! Nur
ratlie ich Its-en, sich Kosten und Aet
ger lieber zu sparen. Ich habe Ih
nen meinen Vorschlag lediglich als
Beauftragter eines dritten gemacht,
und ich bin nicht dafür haftbar. wenn
er etwas Beleidigendes enthalten soll
te. Außerdem erlaube ich mir, Sie
noch aui etwas aufmerksam zu ma
chen Jch sprack davon da mein
Klient zwanzigtausend Mark iir die
Papiere zahlen würde, und Sie selbst
waren es. der sofort —- wirklich über
raschend fchnell—auf die Vermuthung
kam daß das ein für Sie bestimmter
Vorschlaa wäre. Meinen Sie nicht.
daß man Ihnen das — ich meine daß
die Leute das in einer für Sie nicht
angenehmen Weise auf-legen könn
ten?'·
Hollselder war außer sich. Aber
er sali ein daß er diesem Manne ge
genüber machtlos war Mit einem
zornfpriilienden Bis et fah er dem
Rechtsivwalt in die Augen. Ader der
fchlua den Blick nicht nieder. und lein
Muskel euckte in feinem Gesicht.
Da trat Heinz zur Seite und riß
die Ihiir heftig auf. »Bitte —- Sie
können gehen!'« stieß er hervor. »Aber
lassen Sie mir gefälligst Ihre Adresse
der-« ’
»Mit Vergnügen!« erwiderte der
Rechtsanwalt höflich. «Darf ich Ih
nen meine Karte geben Z«
»Legen Sie sie dort auf den Tischl«
sagte »Dein-I rauh und aing zum Fen
ster, dem Besucher verächtlich den Rü-.
clen tehrend. Den höflichen Ell-schieds
grusz des Mannes beachtete er nicht
Gleich daraus hörte er die Woh
nungsthiir ins Schloß fallen.
Dann trat er doch an den Tisch und
griff nach der Karte die der Besuchetts
stiriiaaela fsen hatte Es stand nichts
daraus als WKarlBerger Nrchtsamj
walt, Französiiche Straße 123.«
Sprechstunde von sk-12 und 3-—-6.«
Hollfelder traf den Oberstlieute
nant noch im Club. Er hatte inzwi
schen Zeit gefunden. sich zu beruhigen,
und er erzählte gefaßt, wag er mit
dem Rechtsanwalt verhandelt hatte.
Dabei forschte er aber doch angstvoll
in dem Gesicht des anderen. welchen
Eindruck der Bericht auf ihn machte
Arnftors blieb völlig gelassen. »Die
ser Beraer ist ein underschiimter Pa
tron. Er hat in Ihnen nun natür
lich wieder alle die tbörichten Gedan
ten wach-gerufen die ich glücklich be
graben hoffte«, sagte er. »Im übri
gen lassen Sie die Geschichte einfach
ruhen und tiimmern sich nicht mehr
um das ganze Voll. Man wird Sie
nach diesem einen fruchtlosen Versuch
in Ruhe lassen —- verlafsen Sie sich
daraus! — So, und nun denlen Sie
nicht mehr an den ganzen Kram —
Ich habe vorhin vergessen, daß ich
eine Einladung siir Sie in der Ta
sche habe. Ich gebe morgen ein klei
nes Gartenfest, oder richtiger meine
Edith giebt es —- sie beherrscht fa!
doch das haus. Ida, also —- und da-j
bei dürfen Sie natürlich auf leinenj
Fall fehlen. Ei wird illuminirt, die;
ganze Residenz ist den sesuchern ge-H
öffnet — lassen Sie sich das nicht ent- ;
gehen, lieber Freund!« -
hollselder stand der Sinn herzlich
wenig nach derartigen Dingen, aber
er durfte Arnstors natürlich nicht»
durch eine Ablehnung tränlen, und
so nahm er die Einladung mit bestem
Dante an.
«Also — Kopf hoch!« sagte der
Oberstlieutenant noch einmal scher
zend, als sie sich verabschiedete-r »Ich
hoffe, daß Zwischen uns von der leidi
gen Geschi chte nicht mehr die Rede zu
sein braucht, und das Sie gegen Ein
bildungen und solche Geschichten ener
isch zu Felde ziehen. Auf Wieder
ye hen also, lieber Freundk
Siebentes Kapitel.
Das Gattenfeft des Oberstlieutei
nants verlief in der That viel hüb
scher, als sich’s Hollfelder in feiner
nmdüfteeten Gemüthsftitntnung ver
sprochen hatte.
Das Häuschen des Oberstlieute
nants in Schlachtentee war zwar von
jeder Aehnlichkeit mit einem fürstli
chen Lustschloß weltenweit entfernt,
und der Gatten, den et hoch trabend
seinen «Patt« zu nennen pflegte, hat
te recht bescheidet-e Dimensionen, aber
et war liebevoll gepflegt, mit blühen
den Ftähttngiblumen reich besetzt und
hatte in fernem hintergeunde einen
nackt allen Regeln der Kunst »M
ten Teuntsplah aufs-streifen der H
dichte enumpflanzung den Blicken
mater get Vorübergean entzogen
wurde. n »
Die Zahl der gefadenen M III
nicht groß· und sie s ch ausschließ
liUs dgn jiiazger gliedern der
»be W Ha - zusammen.
ber es waren ein paar recht hübsche
unge Mädchen darunter, deren Mun
terkeit etwas bunwidersiehlich Anste
ekenkes hatte. Die Ueberniüthi gste
renb Ausgela ense pas allen freilich
war das sie zeMriM Wehen
des Gastgebers an bötte bei
nahe glauben können, 0friiulein Edith
sei von ihrem Vater mit der besonde
ren Aufgabe betraut worden, die Sor
ge fiir Jenseit-ers Erheiterung auf
sich zu nehmen. denn vorn A enblick
seines Eintressens an hatte ie sich
ausschließlich ihm gewidmet und ihn
mit der liebenswürdigen Anmuth ibs
res frischen, ungetiinstelten —Weiens
buchitäblich nicht eine Minute lang da
zu kommen lassen, trüben Gedanken
nachzuhängen
Mit ihrem in rosigiler Gesundheit
strahlend-en Gesichtchen, ihrer zierli
chen, aeschmeidigen Figur und ihrem
gloclenbellen Lachen hätte sie auch den
verhärtet ften Griesaram zur Fröh:
lichkeit belehren können, und heinz
öollielder war doch noch ein junger
; Mann, der gegen weiblichen Liebreiz
; nicht lange unempfindlich bleiben
» konnte Sein ichönheitsfreudiges.
künstleriich geichultes Auge erfreute
sich an der ungewollten Grazie in
Ediths lebhaften Bewegungen, wenn
sie seine Partnerin im Tennisiviel
war, und ihr munteres Geplauder.
das bei aller kindlichen Harmlosigkeit
doch niemals die Wahterzogenheit der
jungen Dame aus den heiseren Stän
den vermissen ließ, scheuchte siegt-oft
alle dunklen Gedanken und Sorgen
aus seinem Hirn.
Die Stunden gingen im Fkuge da:
hin. Man spielte und lachte nach Her
zensluit, und bei dem Eisen, das den
Oberitlieutenant mit ieinen jungen;
Gästen vereinte, gab es die lustigste»
Unterhaltuna und die vergnügtesten
i
Gesichter. f " .
· Nach Tisch drängte es rwar dies
junge Welt sogleich wieder ins Freie;
hinaus-. aber man hatte wenig Neig:
gung, auss neue mit dem Spiel zu’
beginnen und zog es vor, sich —- zu
metsi paarweise — hierhin nnd dort
hin Au zerstreuen, um sich der noch
amiisanteren Beschäftigung des Mir
tens und Tändelns hinzugeben
Wieder hatte Edith aus den jungen
Schriftsteller Beschlaq gelegt, und er
hatte sich bereitwillig zu ihrem Ge
tangenen machen lassen. Schon nrn
Vormittag hatte sie ihm erzählt, daß
sie eine sehr eisrige Photogr—:phin sei,
und da er selbst sich eine seitlang mit
fziemlich-ein Eifer aus die em Gebiete
bemüht hatte, brachte er dem. was sie
ihm über ihre erstaunliche-i Leistun
gen erzählte, ein nicht bloß aus Ga
lanterie erheucheltes Interesse entge
gen.
Alt er den Wunsch aussprach, eini
ge von ihren lichtbildnerischen Kunst:
werten zu sehen, war sie sogleich be
reit, seinem Verlangen zu willfahren.
»Ich habe schon ein riesengroßes
Album voll Bilder«, sagte sie. »Aber
ich möchte nicht, daß die übrigen es
auch zu Gesicht bekommen. Der eine
oder der andere ist immer geneigt, sei
nen Wiss an solchen dilettantischen Er
zeugnissen zu üben. Jch tann das
aber sehr schlecht vertragen. Wenn
Sie also meine Bilder betrachten wol
ln, miissen Sie schon die Freundlich
teit haben, mich in mein Zimmer zu
begleiten.«
Das war eine Bedingung der sich
Hollselder gerne iiigtr. Sie hatten es
nicht weit, denn Editbs Zimmer lag
im unteren Stockwerk der Villa, ein
echtes und rechtes Mädchenstiibchen
mit lichter Tapete,- weißen Miit-ein
und Vorhängen und zartgebliimtem
Polsteriiherziigen. Geschäftig schlepp-;
te sie das große Album herbei« und in- ;
dem sie sich neben ihn stellte, begann;
sie, leicht iiber seine Schulter geneigt,;
ihm die nöthigen Erläuterungen zul
den einzelnen Bildern zu geben.
Aber sie waren noch nicht sehr weit
in ihrer gemeinsamen Betrachtung ge
kommen, als draußen die Stimme des
Obersilieutenantj ertönte.
»Mein Vater rust mich,' sagte
Edith mit einem Anslug von Bedauern
in der Stimme. «Jch will nur schnell
hören, was er von mir will. und
werde dann gleich zurücktommem
Wollen Sie so lange hier aus mich
warten?'«
Heinz erklärte natürlich sein Ein
verständnis;, und sie schlüpste bebend
hinaus. Jn der Tbiir aber wandte
sie sich noch einmal nach ihm um, so -
daß er den vollen Anblick ihres rei-.
senden Gesichtchens batte» und lächelte :
ihm mit freundlichem Ropsnicken zu,s
um zugleich zu versichern, daß seine«
Geduld gewiß nicht auf eine zu harte i
Probe gestellt werden solle. «
z Jn diesem Ægenblick ging eine
Iseltsanie Empfindung durch heim.
ihollfelders Seele —- eine Empfin
dung, tiber deren Ursache er sich nicht
im mindesten Rechenschaft zu geben
vermocht hätte.
Ali wären sie mit einem Zauber
schlage aus ihrer zeitweiligen Berges
senbeit beraufbeschworen worden« wa
ren plötzlich alle die düsteren Bilder
und alle die betlemmenden Gedanken,
die ibtn die lenten Lebenslage verdun
kelt hatten, wieder vor seinem Geiste
lebendig, und niemals, nachdem sie
ihm in der nächtlichen Finsternis ent
schwunden war, glaubte er das Ge
sicht der gebeirnnisdollen Unbeiannten
so greifbar deutlich vor sich gesehen zu
haben, als in diesem Augenblick. Und
doch war nichts geschehen, tun die un
selige Jdeenlette wieder anstellte-sein
Ein liebliche-, junges, kaum den
Kinderschuhen entwachsenes Geschöpf
chen hatte ihm in unschuldiger Korre
terie zugeläehelt, und weder in ihren
Port-en noch in ihrem Gebohren war
irgend etwas gewesen, dS ihn an jene
Fremde und an die Gusche-wisse der
unseligen Nacht hätte erinnern kön
nen. Seine Umgebung war sen dem
düsteren Schaut-las des nett-techni
schen Ereignissej vollends so verschie
den als möglich. Rings um ihn her
war alles warmes, goldiges Licht und
blühendeö Leben. " Der durch das os
sene Fenster hereindringende Blumen
dust umschmeichelte seine Sinne, seine
Lungen athmeten den würzigen Odem
des Frühlings, und wohin auch im
mer er das Auge wenden mochte, nir
gends zeigte sich ihm etwas, das aus
Tod und Verbrechen hingedeutet hätte.
Und doch waren sie wieder da, die
schrecklichen Vorstellungen von denen
er fühlte, daß sie sein Nervensnsiem
zerrütten müßten, wenn es ihm nicht
gelang, sie zu bannen! Ein Frösieln
ging über seinen Leib, und schinden
lang wandelte ihn die Versuchung an,
auszuspringen und ohne Abschied die
sem Kreise sorglos sriihlicher Men
schen zu entfliehen, in den er so wenig
l hineinpaszse.
Aber er raffte sich zusam und
bot seine ganze Willenslraft a . um
der thörichten Anwandlung herr zu’
werden. Wenn er sich so lange in
glückliches Vergessen hatte einwiegen
tännen. so mußte es auch seht vorüber- J
» gehen. Er beugte sich von neuem iiberi
Ediths Album und begann die Blät-?
ter zu wenden. Aber er that es nochi
immer halb mechanisch und fast ohne!
einen klaren Eindruck von den Bilderni
zu gewinnen. die er betrachtete.
Da tam er an ein Blatt, das lvse
zwischen den Seiten des Albums lag.
Er wandte es um —-— und ein dumpser
Aufschrei des furchtbarsten Schre
ckens entrang sich seinen Lippen.
Es war ein weibliches Bildniß. das
er da in den Händen hielt, das Bild
eines wunderschönen Mädchens mit
tlassisch regelmäßigen, ernsten Zügen
und herrlichen, großen Augen von
seltsam tiefem Ausdruck -—- ein Bild,
greifbar ähnlich dem, das er seit Ta
gen im Träumen und im Wachen mit
sich herumgetragen, das Bild der ge
heimniszvollen Unbeianntenl
Er starrte noch immer wie geistes
abwesend auf seinen so ganz unerwar
teten Fund, als von draußen her
Ediths helle Stimme und ihr gloetens
reines Lachen an sein Ohr schlug.
Wenige Selunden später schon der
nahm er den Klang eines leichten
Schrittes im Nebenzimmer und un
mittelbar darauf das Oefsnen der
Thür.
»Da bin ich wiederk« rief sie fröh
lich. »Pava hatte nur die unbezwing
liche Sehnsucht, mich wieder einmal
zu sehen.. Jedes Mal. wenn ich auf
länger als eine halbe Stunde seinem
Gesichtskreise entschwunden bin, giebt
er sich nämlich der Befürchtung hin,
daß ich von Seeräubern entführt oder
von einem bösen Drachen aufgefres
sen sein lönntek Nun aber ift er wie
der fiir eine Weile beruhigt und wir
können —- aber was ist Ihnen denn,
Herr hollfelder? Fühlen Sie sich
nicht wohl?«
Das Aussehen des jungen Schrift
stellers mochte wohl eine derartige Be
sorgniß rechtfertigen, ’und wielser
mußte Heini all seine Energie ausble
ten. um die Erschiitterung seiner Setlc
zu meistern. .
Er zwang sich zu einein Lächeln und
schüttelte den Kopf »O doch — ich1
siihle rnich volllornmen wohl, Fräu
lein EdithL Aber würden Sie es iiirs
unbescheiden· halten« wenn ich Sie?
fragte, wen dieses Bild hier dar-«
stellt?« ;
Er hielt ihr die Photographie erst-;
gegen, und in dem Moment, da sseå
einen Blick daraus wars, ging auch’
aus ihrem Gesicht eine aussallenoel
Veränderung vor. Jhr sonniges Lä-ä
cheln verschwand, und ihre eben noch
so heiteren Züge nahelien einen Aus
druck von ehrlicher Betrübnisz an.
»Wie kommen Sie zu dem Bilde7«
fragte sie. »Wer hat es Jhnen gege
den«-»
»Meine-nd gab es mir, Fräulein
Edith. Jch sand ei zwischen den
Blättern Jhrec Albums, und ei nat
darum doch wohl keine Jndislretior.,
daß ich —«
—, L-—
»Nein —- netnl« versicherte sie.
»Gewiß nicka Aber ich begreile nich
wie es dahin gerathen konnte. Bitte,
geben Sie es mir. denn ich wiirde
große Umnebmlichleiten haben, wenn
es etwa Papa vor die Augen könne«
Sie M ihm bei diesen Worten
leben nrit sanfter Gewalt die Photo
graphie aus den Fingern genommen
und ging fest rasch zu ihrem kleinen
Schreibiilckx um das Bild in einem
Fach desselben zu verschließen. Dann
ersi wandte sie sich dein Gast wieder
»zu. »Ich erlcheine anen recht un
höflich —- nicht wahr? Aber das sind
fiir nrich so traurige Diitgelm
»Ich habe natürlich kein Recht. Sie
um eine Erllärunq zu bitten. Aber
ich würde Ihnen von ganzem herzen
dankbar lein Fräulein Editlx wenn
Zie mir sagten, wer diese junge Dame
i ."
»Ich habe keine Ursache« es zu ver
ieirnlichem Es iii das Bild meiner
Siieflchwester Murg-IN
Ein heiliger Schlag vor den Kopf
hätte nicht betäubender auf Hollfelder
wirken tiinnen als diese Eröffnung.
Ihre Ihre Siiefichweliee?« wie
derbolik er. »Ist das wirklich wahrs«
lsrliauni iab sie zu ian auf. »Ge
wiß! Wie käme ich denn daru, Sie
in belügen?«
»Verzeihung!« bat et. »Ich wuß
te nicht« was ich sprach. Aber wenn
Sie wüßten —- es ist io wunderbar!
Jbre Einsicht-Jena« innen Sie allo?"
»Ja. Sie Esi die Tochter meiner
derliorbenen Mutter aus ibrer ersten
Ebe.«
Sie war noch immer sehr ernst, und
wie er sie ietzt ansah. mit ihrem ver
änderten Gesichtszausdruch da begriff
Hollselder freilich, welche Ursache es
gehabt hatte, daß vorhin bei ihrem
Anblick die düsteren Erinnerungen
in ibm lebendig geworden waren, und
er fragte sich. wie es denn nur mitg
lich war, daß er ihre Aehnlichkeit mit
der Unbekannten nicht schon früh-!
bemerkt hatte. Freilich, es war keine
Aehnlichkeit, die gleich auf den ersten
Blick in die Augen ivringen mußte,
denn die Mädchen glichen einander
nur so weit, als ein eben zur Jung
frau erbliibendes, noch von keinem
rauhen Sturmwind des Lebens be
rührtes und von keiner Leidenschaft
aus seinem sonnigen Frieden ausge
schreektes Kind dem in Kampf und
Leid gereiften Weibe gleichen kann.
Vielleicht, daß man sie sofort als Ge
schwister erkannt hätte, wenn see mit
demselben fröhlichen Lächeln, mit
demselben Ausdruck glücklicher Sorg
losigkeit nebeneinander gestonden hät
ten. In vieler Weise aber hatte er
bis jeni nur Editb gesehen, während
ej ilnn beschieden gewesen war. den
Lebensweg ihrer Stietschwefter in ei
nein Augenblick zu treuzen. wo alle
Tiefen ihrer Seele ausgewählt waren
von irgend einer gewaltigen Bewe
gung aufregendster oder schmerzlich
ster Natur.
»Deine Stiefschwefter also!« wieder
holte er zu Edith augenfälligern Er
staunen abernrals. »Sie ist nicht is
Ihrem Musik«
»Nein.«
Gortsehung solgt·)
-—--—.—
Ein Geschäft-wann in Missouri,
d:r infolge der Aufregung iiber die
Guchästslnisse seines Konkurrenten
10 Pfund an Gewicht verloren hatte,
tlcgte aus Schadenersaß und erhielt
l Cent zugebilligt. Da hat er wenig
stens die Wiegetosten wieder.
i I II
Das Gute spricht in schlichten, tlas
ren Worten, das Böse hüllt sich gern
in Rätsel ein«
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Lirth »Da hoben Sie es3 gerade
aut getroffen, daß Sie sich mit diesem
Leiden an mich wandten —" Patient
»Sie haben große Erfahrung in der
Behandlung speziell dieser Krankheit,
Herr Tolle-ri« --—- Arzt: »Na, ich soll
te es meinen. Ich leide doch selbst
schon seit iiber 20 Jahren daran!"
, is- es e
Jn Versammlungen sucht man of
Zerstreuungen l
se «- «
Jn Rer Yort hat ein Mann aus
Ehescheidung getlagt, ireit ilnn seine
Frau einen Klaps mit dem Pantofsel
gegeben hatte. Wie kann aber auch
eine Frau das Pantosselrecht so rea
listisch aussasseni’t«.I
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Jn Georgia verlangt ein Mädchen
81000 Schadenersatz für einen ihr se
raubten Kuß. Wenn noch ein paar
Fährlein ins Land gegangen sind,
est sie vielleicht den Preis etwas
herab.
Just-Most
Studept Wer eben eine neue Bude gemiethet hat« zu der neuen Witthikyt
Kutten Sie mich· aber ganz genau an. damit Sie. wenn ich hier morgen
früh von einem Dienstenan abgegeben wade, mich auch annehme-M