Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 07, 1909, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staat5— Auf-zeiget und J set-old
Zum Trosts v
Jrgendwo, Seele, hält das Glück
Seinen Becher fiir dich bereit.
Irgendwo lvintt dir ein Sonnenblick
Nach dem tiefsten Erdenleid. ’
Jrgendivo blinkt dir ein neuer Stern,
Wär’ sein Licht auch noch so fern, i
Jrgendwo! j
l
Darum sage und traute nicht,
Jerst du auch lange an ödem Strand,
VII was leise die hoffnung spricht:
Jrgendtvo findest du heimathtillang
Schüttelst den Staub von deinen
" Schuh’n, ;
Darffi im Arm der Liebe ruhn,
Jrgendwo!
Euguick im Spiel.
Humoteöte von R a l ph v. Ra witz.
Und dieses ist das leßte Mal, daß
ich Dir aushelfe. Du weißt, daß ich
selbst nicht sehr vermögend bin und
nicht mit vollen händen das Geld
werwerfen kann. Nichte Dich also da
nach. Jm Uebrigen bin ich Dein alter,
treuer Onkel Waldemar.«
So hatte der Brief gelautet, der
Axel von Haldringen gleichzeitig mit
den fünf braunen Scheinen zugegan
aen war.
Fünftausend Marter-Eine Lum
perei,« hatte darauf der junge, ele
gante husarenoffizier zu sieh selbst ge
sagt und dann gegriibelt, was er das
von zuerft bezahlen werde. Aber je
länger er gesonnen, desto winziges
wat ihm die Summe erschienen.
Das Beste ist, ich fahre nach Monte
Carlo und sehe die Lappen auf Pique
Dame —- ift es weg, macht ei auch
nicht viel. Oder halt! —- Die Sache
kann noch einen anderen »Dreh« be
kommen. Wozu griiner Tis und Ri
viera? Grüner Rasen und arlshorft
thnu es auch.«
Achtundoierzig Stunden nach die
sem Entschluß dampfte ee tm Nord
Expteß aus feiner westdeutschen Gar
nison nach Berlin, und weitere vier
undzwanzig Stunden später stand ek
auf der großen Tribiine des berühm
ten RennplayeL
»Nanu, Halt-ringen! Sieht man
Sie auch mal wieder?« fragte ein
Prinz von der Garde.
»Jatvohl, Hoheit, ’mal bislen
Großstadtluft fchnappen.'«
»Seht recht. Geht ein Gaul von
JhnenW
»Nein. Jch bin heute nur Zu
schauer.«
»Aber schwerlich unbetheiligter.
Wie ich Sie kenne, Halt-ringen, haben
Sie doch gewiß den Totatisator in
Nahrung gesetzt«
»Ein wenig, Hoheit einige Lap
pen.'«
»Das-beißt bei Ihnen einige Tau
send. Und kann man auch erfahren,
worauf Sie getippt haben?"
»Natürlich, Hoheit — auf die ,,V«1
leska« in der »Steeple Those-«
»Donnerschlag s- na hören Sie
’nial an, halt-ringen Aus diese
Kracke?«
»Ist keine marke, hoheit..Jch traue
meinen Pserdeaugenx Valeska macht
das Rennen.«
»Aber kein Mensch sent daraus.«
»Desko größer ist mein Gewinn; ich
rathe, Hoheit, setzen Sie auch ein
paar Kröten. Jhrer Apanage wird’a
nicht schaden«
«Frechdachs -— aber Sie haben nur
zu rechts-da geht übrigens die Sache
los-nun wollen wie ’rna1 sehen!"——
Ei war ein gewagtes Spiel, das
halt-ringen trieb. Er hatte in der;
That sein ganzes sliissiges hab und
Gut, Onkel Waldemar’s sllnstausend»
Mark, aus die tleine, hellbraunes
Stute gesehn die keinMensch siir voll
werthig ansah und der er den Sieg zu
traute. Gewann die »Valeöka« wirk
lich, so standen seine Gewinnchancen
wie 30 zu I, d. h. er mußte aus seinen !
Einsas 150,000 Mark herausbetorn »
men; gewann sie nicht« dann war der i
»unwidertuskich leste« Zuschuß desl
braven Onkelj weg. ;
Das Rennen ging an, die Reiter
kamen zum e enmal an den Tribii »
nen vorbei: ornweg ein großer
Rappe, dann zwei Füchse, ganz hinten
die .Vakelka«. »
»Klein« Gaul —- kkeine Chance;
gewinnt nicht genug dadurch hörte
der Vusar einen Nachbar sagen, der."
das Glai am Auge, die tgarre schies
ini MundwinkeL dem nnen selte.
«Ilbwarten,« dachte halb-einen beil
sichs :
Jeht tani der Wassergrabenr
Rumit Der große Rappe brichk’
rechts aus, der eine Fuchs kinki. Der »
Rappe macht eine Bokte und geht
weiter. Der Fuchs giebt das Rennen
aus. Die Pferde liegen fo: Weit
vorn der andere Fuchs, dann die
»Valesta", als dritter der Rappe.
Um diese drei Giiule handelt es sich
nun.
Jn sliegender Fahrt gehen die Rei
ter an die große hürde, der Fuchs
nimmt sie gut, die »Valeska« brillant.
Weiter braust die Fahrt zur Stein
mauer. Der Fuchs drüber weg im
glatten Sprung, die »Valegta« ohne
Stocken, laum eine Länge hinter
ihm. Jetzt naht der Auslaus: der
Fuchs reckt sich und streckt sich, aber
er ist etwas ausgepumpt. Jn der
»Valesta« aber sitzt noch Mumm:
nur noch eine halbe Länge —— eine
Nasenliinge --— jetzt hat sie ihn: die
,,Valesta« ift erster.
Jm Publikum rauschende Aufre
gung! Die Hoheit klopft Haldringen
bewundernd aus die Schulter: »Bril
lant! Sie sind ein Kenner!«
Jeyt sind die Gönle dicht an den
Zielpsostem der Sieg ist der tleinen
Stute sicher. Da —— —- da —— ein
tausendstimmiger Ausfkhtei — ein
Fehltritt, ein Ueberschlagen —- »Ba
lesta« wälzt sich am Boden — —
»So ein gemeines Pech,« sagte die
Hoheit, »ein Mordsgaul und noch in
der letzten Sekunde ahzuschnappenl
Na, Haldringem wieviel haben Sie
sihen lassen?"
» »'ne Kleinigkeit, Hhect —- Ste ent- «
schuldigen mich —- «Mahlzeit.«
Jn guter haltung ging der Husar
vom Rennplay und in tadelloser
Form bezahlte er im Hotel seine
Rechnung. Aber als er im Coupee
1. Klasse « dazu hatte es gerade
noch gereicht » des Expresz saß und
seiner Garnison entgegendampste, da
tam der ganze Jammer über ihn;
Reinen Pfennig im Vermögen und
an die sechzlgtausend Mart Schul
den. Prespettivu Abschied, Amerika,
z Kellnerl
Wenn iedt nur tein Mensch in das
Coupe einftieg! Jetzt Menschen spre
chen, lachen hören, ihnen-vielleicht
; Auskunft ertheilen müssen --— un
- mö lich! Allein sein -—- allein sein!
! —r suchte, ob er in der Weste — er
» fuhr in Civil —- vielleicht noch eine
Mart sände, um sie dem Zchassner
mit entsprechender Weisunq in die
Hand zu drücken ——— tein Pfennia war
zu finden! So legte er den Kopf an
die rothen Sammettissen nnd versuchte
zu schlafen. « Aug unruhiaen Träu
men fuhr Haldrinaen empor, als der
Zug in Kassel hielt. Gleich daraus
wurde die Coupethiir geöffnet; zwei
junge Damen itieaen ein, beide blond
ulnd schlank, die eine gros-« die andere
t ein.
Wie Arm hatte Dakvklkmell Uqu must "
mit diesen niedlichen Mädchen unter
halten, namentlich mit der größeren,
die einen entzückenden schnipbiichen
Zug um das Mitndchen hattet Aber
heute war ihm gar nicht zu Muth
danach ---— im Geaentheil: Er ver
wünschte ihre Gegenwart und beschlos;
keine Notiz von ihnen zu nehmen.
»Natürlich werden sie balo Wiin
iche haben«, dachte er bei sich. »Die
eine will hier sitzen und die andere
dort. Hier soll das Fenster geschlos
sen und dort der Vorhang vorgezogen
werden. Aber ich reagire aus nichts.
Auf absolut nicht-J. Wer bin ich? Ein
verabieikiedeter Leutnant, ein Aellner,
ein Reitbursche! Ich bin Ausliinder.
verstehe nicht deutsch -- oder noch
besser « ich bin taub, stumm --—— ich
bin überhaupt taubstumm. Ganz taub
stumm, dabei bleibt es.«
Es dauerte in der That noch nicht
fiins Minuten, da bat ihn die kleinere
Dame um die Erlaubniß, das Fenster
zu schließen. Halt-ringen blieb fest:
Er sah sie an, deutete auf Ohr und
Mund, machte jene berühmte Panto
mime und handgefte, die da beinah
»Ich weiß von nichts« und lebnte sich
in die Polster zurück.
Die beiden jungen Mädchen sahen
sieh erstaunt an, begriffen sofort dir
Situation und zogen daraus die Fol
gerung, daß für sie nunmehr leine
Veranlassung mehr vorlag, teile zu
iliiitern. Sie bedienten sich alio iortan
des gewöhnlichen Sprachtons.
»Gott —- der arme Menickfs sagte
die kleinere. »musian zu sein. Und
auch noch itumrni«
«Gewik«, erwiderte die größere
»gewiß, Denii Ich bitte di übrigens,
sieh ihn nicht an. Wenn w r ihn nicht
anlehen, können wir ja ganz ruhig
liber ihn sprechen. Dann merkt er
nicht«
»Im übri en sieht er doch ganz ge
sund aus« vchen, nicht wahrt Er
ift logar ikn Gesicht ganz braun ver
brannt.«
« »Sollte armen Leute werden im
JSmsrner oft aufs Land geschickt,
i Seni. Uri i du, damit iie sich erho
len. Swr nter rnusi er vielleicht seht
schwer arbeiten und in der Stube
-
IM«
»Aber Evcheni Dann wiirde er"
doch nicht »erster« Klasse fahren-"
»Das ist allerdings richtig, daran
batte ich nicht gedacht. Zu was wol
len wir ihn also dann machen?«
»Ich sage, er ist ein Gutsbesitzer «
weil er fo braun ist.« —- «
»Ich sage, er ist ein reisender Eng-’
länder. Weißt du, Leni, weil er nicht ;
hören kann, will er wenigstens vielj
sehen, die ganze Welt sehen, vielleicht
auch nach einer Frau nusschanen." i
»Er bat teinen Ring am Finger.«
»Das bestätigt meine Meinung.
sögntest du ihn nehmen? Gefällt er
llt. «
»Wie lanntt du to etwas fragen?
Wo ich ihn erst seit fiinf Minuten
tenne!« i
»Aber es ist in doch nur Spaß —x
ich bitte doch noch einmal« Leni, tehi
ibn nicht an. er könnte etwas mer enJ
Taube sind immer akgwöhnisch.« i
»Aber du siehst ihn ja selbst - ims
merzn an, Evchen. Mir scheint, du.
bast ihn sofort eingsangem obnr
Wort, ohne Rede. Das muß man
zugeben: Er ist ein reisender
Mensch.«
»Nicht tvalir? Diese feinen, arifto
tratischen Hände!«
»Und diefes llafsische Profit Die
Lippen ein wenig aufgeworfen. fast
so ais ob er sagen wolltet Mir ge
hört die aanze Welt, mir aehören
alle Schätze, mir alle hübschen
Mädchen.«
»Und der kleine Schnurrbart —
weiszt du« gerade so einen, wie ihn
mein Bruder Alfred beschreibt, wenn
er von einem »Damentuszbiirtchen«
spricht.«
- . .- ....- - « »s
»Kann-en ou iyn russen, kamen
Eva wurde dunkelroih und schlug
der Freundin mit der Schirmlriiele
leise aus die Finger: ,.Rede doch
nicht so dummes Zeug. Wir sollten
uns beide schämen, daß wir so
schwatzen. Wir benehmen uns wirt
lich wie Vuhtnamsells aus dem Hut
laden und nicht wie Angehörige der
«obeeen Zehntausend.«
»Du kannst es noch mehr ein
schränken, Evchent »der oberen Fünf
zehn oder Zwanzig«. Dein Papa ili
zehnsacher Millionär, und meiner steht
ihm nur wenig nach. Davon giebt es
nicht so viele.«
«Psui, immer nur an das Geld
zu denken. Es muß wunderschön
sein, ganz arm zu sein und —— und
nur um seiner selbst willen geliebt
zu werden. Ich möchte in einen-.
Hüttchen wohnen, nanz llein und- be
scheiden und mein einziger Reich
thum die Augen —---—'«
»Dei- herrn da vis-a-vis s-—?-«
»Du bist greulich, Leni.'«
»Und du bist eisersiichtig, Evchen.«
Der Zug fuhr langsamer, der
Name einer Siaiion wurde draußen
gerufen. Die jungen Damen packten
ihre Sinken zus.1niinei1,«!t:iipsten den
...- !- --.(--Is---.
thtlllct scIl unt- sey-Jou- lau-.
»Nun müssen wir unseren inter
essanlen Engländer verlassen,« saatr
Eva, ,,wie schade, ich wäre gern non)
ein Weilchen mit ihm gesahren.«
»Ich auch! llnd wir wollen nn-;
in aller Form von ihm verabschie
den. Adieu, Mann mit den weis-en
Händen, dem Schnurrbärtchen und
den traurigen Augen. Adieu, Mo
lord von London oder Edinbnrasp
oder wo du sonst her sein magst.
Adieu!«
Haldringen erhob sich in seiner
Erle, machte eine tadellose Verbeu
gung und sagte: »Adieu, meine Da
men!« —- -— —
Es war gut, daß der Zug hielt:
im Nu hatten die Mädchen die 6011
pethiir ausgerissen, und waren bin
one-gesprungen Sie hätten es auch
bei schnellster Fahrt gethan, denn die
Blamaae, diese Blamage war in
groß. haldringen aber notirte sich
den Namen der Station und sraatc
den Schassner, wer die Damen ae
wesen seien.
»Sie sahren ost diese Strecke -- es
sind die Töchter von zwei Großin
dustriellem den Namen der Kleinen
iveisz ich nicht, aber die große heißt
Fräulein von RheinseIEL Der Papa
ist auch Abgeordneter in Berlin nnd
erst kürzlich geadelt.« . . .
Acht Tage später hielt das —- na
türlich aus Pump genommene —- Au
tomil des herrn Baron haldrinaen
vor der Ban des Geheimen Kom
merzienraths v. Rhetnsell —- und
weitere drei Wochen später sssnete die
hoheit von der Berliner Garde ein
Brieschen, welches nur diese drei in
haltsschweren Zeilen enthielt
Eva v. Rheinfels,
Axel von Salt-ringen,
Verlobte.
—- Der aus der Pflanze gewonnene
Jndigo tst zuerst gelin; blau wird er
erst durch Vermischung mit demSauers
staff der Lust.
dieKunst zu speise-if
In irgend einer illustrirten Zeit
frhrift fand ich vor einiger Zeit eine
Arbeit von Ellen Key mit der an
lpruchsoollen Ueberfchrift »Schönk,eits
aebote des Gesellschaftslebens«, in der
es hieß: »Daß die Frauen nicht ein
mal die Kochtunst wissenschaftlich
verstehen, ist eine von Nietzsches
woltldegriindeten Anschuldiaungen;
vor allem verstehen sie es nicht,
Gerichte gut zusammenzusetzen sDie
germanischen Frauen haben noch
viel von feiner Kochkunst und feiner
Gesprächslunft zu lernen, die die ro
manifchen schon längft herausgefun
den haben. Jn Frankreich bezweifelt
niemand, daß die Verfeinerung des
Gefchmacksinns auch zu der Kultur
eines Menschen gehört, man weiß.
daß überladene und einförmigeSpeise:
»;ettel mit Nothtvendigleit eine Nation
verdammen müssen.«
Abgesehen davon, daß dieser Satz
eine Reihe logischer Fehler enthält, die
die Verfasserin vermieden hätte, hätte
sie einfacher und llarer geschrieben,
tann man die Tendenz der Ausfüh
rungen durchaus unterschreiben Ein
Naturmenfch ist einfach und an
s spruchslos, auch in feinen Anforderun
igen an das Essen. Die Bauern und
Arbeiter auf dem Lande essen tage-,
krochen-, monatelang jeden Tag das
Gleiche und fühlen sich wohl und zu
frieden dabei. Ja, ich erinnere mich,
daß ich auf einem Gute in 'Pomrnern
die Schulferken vertev1e, uno zwar zu
einer Zeit, als dort frisches Fleisch
außer Schaffleisch selten bortatn. Die
Jagd war geschlossen, die nächste
Stadt drei Meilen entfernt, am Orte
damals kein Schlachten eine Eisen
bahn noch nicht vorhanden; es wurde
daher jede Woche ein Schaf geschlach
tet, und täglich gab es Hammelfleisch.
Jch konnte zuletzt das Wort Hammel
nicht mehr hören. Da brach sich ein
junger Ochse ein Bein, mußte ge
schlachtet werden, und jeht herrschte
über die Abwechselung helle Freude
sei-MS Die sechs Knechte bekamen.
auch von dem Ochsensleisch, am drit
ten Tage erschien jedoch der Vortnecht,
beschwerte sich über das Fleisch und
sforderte wieder das alte, liebe, ge
J wohnte Hammelfleisch
Der verfeinerte und verwöhnte Kul
. tnrmenscb dagegen hat das Bedürfnisz
nach häufiaer Abwechselung und täg
lich neuen Reizen. Die ihm in größe
rer Verschiedenheit zur Verfügung
stehenden Eßwaarrn aus aller Welt
muß er so in seinen Speisezettel sü
gen, daß sie in der Zusammensetzung
und Zubereitung den physiologischen
Anforderungen genügen, und die zahl
reichen, die Speisen oft erst so schmack
haft machenden Würz- und Genuß
Mliicl Wiliicn lllllscllllsacyc Yutiuuux
nen und Kombinationen bewirlen
Jn dieser Beziehung steht ohne
Zweifel wie auch sonst die sra11,;ösische
Küche obenan: Ein gutes französi
iches Menu enthält die Nahrungsmit
til in richtiger Physioloqischer Zusam
menstellungx die isiweißh Fette, Koh
lenhydratc, und durch die raffinierte
und künstlerische Benutzung der Ge
nuß und Wiirzmittel macht sie auch
eine größere Anzahl von Speisen in
richtia tonibinirter, wohlaeordneter
Reihenfolge so leicht verdaulich das-,
man ja bekanntlich nach einem guten
längeren Diner hungrig aufsteht.
Heute iit, wie auch in anderem, der
englische Geschmack in der Küche viel
iach Mode. Wenn ich auch den Werth
eines schönen Roaitbeefg sehr gut zu
schätzen weiß, so wirtt die Einförmig
leit der englischen Küche, immer nur
große Menaen schweren Fleisches zu
geben und gar tein Gewicht auf gute
Zubereituna der Gemiise zu legen, auf
die Dauer unerträalich Dazu kommt,
daß die scharfen liinitlichen englischen
Saucen dem Fleisch seinen ganzen
lkigengeschmack nehmen. Sehr ich ie
uiand sie anwenden, so wirtt das aus
mich, als wenn einer Zwiebeln auf
Kaviar nimmt oder seine Speisen mit
dem Messer vom Teller ißt.
sit sit si
Der Mensch ist, was er ißt. Das
ist nur zum Theil richtig. Wenn je
mand Aalsuppe mit Behagen ißt, wird
er ein Hamburaer sein, warme Blut
wurst mit Rosinen tanu nur ein Mecki
lenburger essen, und am sauren Fleck
erlennt man den Ostpreußen. Es ist
eben ein eigen Ding mit den National
gerichien. Die meisten sind nur ge
nießt-at file den, der von Jugend auf
an sie gewöhnt ist, die anderen schau
dern davor-. Dies ist auch ein Bei
tra zum Kapitel der durch Jahrhun
der e währenden Adaption. Andere
Gerichte wieder, die Pommersche
Sptckgans, die Thüringer Wurst,
Braunschweiger Konserven und Mag
deburger Sauertohl sind mit Recht in
der ganzen Welt geschätzt und berühmt.
So einfach diese Sachen aber alle
jeßt aussehen, so selbstverständlich sie
uns geworden sind, es gehörte doch
eine große Menge Kunst und Erfah
rung dazu, um sie allmählich zu dem
werden zu lassen, was sie geworden
sind. Es genügt nicht bloß die rich
tige Auswahl der Speisen, auch die
Art und Zeit, wo und wann sie gege
ben werden, muß richtig gewählt sein;
Eisbein und Sauertohl ist tein Abend
essen, und Kaviar und Austern muß
man an den Anfang eines Diners set
zen; ersteres bildet ein gutes Jagd
friihstiick, während letztere sich nur für
besondere Gelegenheiten eignen. !
Bei den Männern der Geschichte
finden wir eine völlig verschiedene Be
wertshnng des Essens: Dem einen war
das Essen nur ein Mittel zur Erhal
tung des Lebens, ein leider unum
giingliches Geschäft der Nahrungsauf
nahme, das möglichst geringe Zeit in
Anspruch nehmen durfte. Zu diesen
gehörte Napoleon. Er aß schnell und
hastig und fragte nicht viel danach,
was er aß. Jm allgemeinen bevor
zugte er start gewürzte Speisen, die er
auch bei offiziellen Diners schnell hin- .
unterschlang, so daß die Teller an sei- :
ner Tafel im Galopp gewechselt wur- «
den. Nur einmal fiel es ihm auf, daß
seine Gäste durch sein schnelles Essen
selbst gar nicht zum Essen kamen, und
er fragte seinen Adjutanten danach;
als er dann aber hörte, daß alle schon
vorher sich satt zu essen pflegten, wenn
sit zu ihm zu Tische geladen wurden,
war er zufrieden. Er hat nie wieder
danach gefragt, auch seine Angewohn
heit nicht geändert.
Friedrich der Große dagegen war
ein Feinschmecken aber ein höchst un- .
hygienischer, und machte den Aerzten
durch seine Diätfehler viel zu schaf
sen. So berichtete sein Leibarzt von
ihm: »Der König ldamals 74 Jahre
alt) hatte den 30. Juni sehr vielSuppe
zu sich genommen, und diese bestand
wie gewöhnlich in der allerstiiristen
und aus den hitzigsten Sachen gepreß
ten Bouillon; zu der Suppe nahm er
einen großen Eßlössel von gestoßenem
Jngtoer. Er aß sodann ein gutes
Stück Rinosleisch, das mit einem hal
ben Quart Branntwein gedämpst war.
Hieraus folgte eine Menge von einem
italienischen Gericht, das zur Hälfte
aus tiirtifchem Weizen und zur Hälfte
aus Parmesantiise besteht-. Endlich
beschloß der König, indem er den herr
lichen Appetit lobte. den ihm der von
mir angeratlJeneLöwenzahnsalat mach
te. die Szene mit einem ganzen Teller
voll einer Aalpastete, die äußerst hitzig
nnd wilrzbaft war. Noch an der Ta
scl schlief er ein, und bekam Kondui
sionen. Die Köche waren feine gefähr
lichsten Feinde
Dagegen war Bismarck ein wirkli
cher Entiinstlen Er, der als Diale
mat so manchen fremden Hof gesehen,
an manchem Tisch von großen Koch
itinstlern tomponirte tulinarische Ge
'dirbte gegessen, und brachte das, wag
er in fremden Ländern Gutes gefun
den, in sein Haus und auf seinenTisch
tke ist nicht nöthig, das-. ein Gourmet
immer nur seltene Delitatessen ißt,
ganz im GegentheiL Gerade von Bis
marck wissen wir, daß er die einfach
sten Gerichte, waren sie gut, mit Vor
liebe aß nnd als hervorragende Spei
sen lobte; er aß gern einen Teller
Vuttermilch und den Hering bezeich
nete er mit Recht als einen der feinsten
Fische, der bloß seiner Häufigkeit we
gen nicht nach Verdienst geschätzt
werde.
Der Mensch ist, wie er ißt. Das ist
schon richtiger. Man speist an einer
Tafel und ißt an einem Tische. Letz
teres ist ein Geschäft, ersteres ein
künstlerischer Genuß, an dem alle
Sinne betheiligt sind. ,,Still, ich weifz
ja iaum, was ich esse«, rief ein Fein
schmecken als seine Tafelgenossen zu
laut wurden. Alles Grelle und Laute,
jedes Uebermaß an Licht, Wärme,
Musik, Gesellschaft stört den Genuß,
macht eine Mahlzeit schlecht bekömm-·
lich und bringt zu richtigen Zeiten bei
wichtigen Personen ebenso verhäng
nißvolle Folgen, wie Vielfresserei und
Schüsseljägerei. Für den Pragmatis
mag der Geschichte find solche Folgen
höchst wichtig gewesen. Aus einer
Verdauungsstörung Karl VI. entstan
den zwei große Kriege, und dem Dr.
Schroetter aus Jena wurde, als er
den Magen Ferdinands l· in Ord
nung gebracht hatte, der Adel ver
lieben.
Der Mann ist in der Regel ein grö
ßerer Eßlünstler als die Frau. Na
mentlich die junge Frau ist für feine
Speisen lange nicht fo empfänglich,
als der Mann, und daher ist es auch
wohl zu erklären, daß die großen-koch
liinstler fast immer Männer waren
nnd sind. Es gehört dazu keine be
sondere Wissenschaft. sondern eine ge-·
wisse angeborene Künstlerschast, ein
feiner, fiir alle Reize empfänglicher,
durch vieles Proben geübter und ge
läuterter Geschmack. Hier wäre siir
die Frauen, die heute so gerne mit dem
’Manne in Wettbewerb treten, ein ih
nen von allen gern überlassenes Ge
biet, sich im Kampf mit dem anderen
Geschlechte zu messen und es zu schla
gen. Gerade den Nutzen von solch ei
nem Siege hätten auch wieder die
Männer, und darum sollte man den
Frauen den Sieg wohl gönnen, denn
bei vielen geht, lvie ein altes Sprich
wort sagt, die Liebe durch den Magen.
»Bei Muttern schmeckt es am be
sten!" sagt der junge Student, der in
den Ferien zum erstenmal wieder seine
Beine unter den elierlichen Tisch steckt,
der Osfizier, der lange Jahre in den
Kasinos essen mußte, der reisende
Kaufmann, der vieler Gasthäuser Kü
chen ausprobirt hat. ,,Unsinn«, ant
wortet darauf der sich seines Werthes
wohlbewußte Hotelier. Er weiß,
daß sein Haus das beste liefert, was
es gibt, so schönes Fleisch wie er, der
bevorzugte Konsument, bekommt kein
Privatmann. sein Gemüse liefert ihm
der beste Gärtner der Stadt, in der
Küche waltet ein renommsirter Koch,
in keinem Punkte wird gespart. »Un
sinn, es kann nirgends so gut schmet
ten, wie bei mir, und das Gerede vom
guten mütterlichen Tisch beruht aus
Einbilduug.« Und doch hat er un
recht. die anderen haben recht. Es ist
keine Einbildung, keine Autosug
gestion, die die Ueberzeugung von der
Giite der mütterlichen Küche bringt,
sie ist vielmehr das Ergebniß einer
durch wissenschaftlich bewiesene That
sachen gestiitzten Erfahrung. Jede
frisch bereitete Speise wird in einer
uten Gastwitthjchaft ebenso gut
chmecken, wie zu Hause. Das Bets
steal wird in der eisernen Pfanne fer
tig gebraten, schnell in die porzellanene
Schüssel gethan und servirt, so ist es
auch im kleinen Haushalt üblich, und
hier lonlurrirt unbewußt der Gast
wirth mit der Hausfrau.
Ganz anders ist es aber mit den
Speisen, die im großen zubereitet auf
viele einzelne Gäste berechnet, stun
denlang in kupfernen oder eisernen
Gesäßen dastehen, ehe sie den Gästen
zugethelt werden. Die Suppen, die
Saaten, die Gemiise, haben den spezi
fischenWirthShausgeschniact, sie können
einem das Essen in der Kneipe auf die
Dauer verleideu und gerade in ihnen
exzellirt Mutter zu Hause. Durch
»das Stehen in den metallenenGesiißen
gehen in einem chemischen Prozesse be
ständig kleinste Theile des Metalles in
die Speisen über, geben ihnen den ei
genartigen unangenehmen Geschmack,
der uns so unangenehmer empfunden
wird, je länger man auf die fo zube
reiteten Speisen angewiesen ist. Na
türlich find in ihnen die kleinen Men
gen Metalle nicht nachzuweisen, aber
sie find doch da. Eine Rose durchduf
tet ein ganzes Zimmer und doch ist in
der Luft chemisch nichts zu finden und
ntyrt man me Inverne Erruae eines
Stockes, den man einige Zeit getragen
hat, an die Zunge, sc- hat man einen
unangenehmen stark metallischen Ge
schmack, da durch den Schweiß der
Hand kieinste Metalltheile qelöst sind
und sich so den Geschmacks-sterben mit
teilen. Natürlich schadiaen diese klei
nen Menaen Metall die Gesundheit
nicht, dazu sind sie eben quantitativ
viel zu aerina. So ist eg auch zu
verstehen, das-: die Gäste-, die zu An
fang einer Dinerzeit kommen, besser
schmeckende Gerichte erhalten, als die.
die zu Ende erst erscheinen können.
Daher schmecken auch die Beefsteaks,
eie Cotciette5, die jedesmal frisch be
reitet merdm in den Gasthäusern so
ant. Zu Hause aber kommt alles di
rett Vom Kochtops in die Schüssel und
so ans den Tisch. Da schmeckt nichts
nach qelösien Metallen, da haben die
Supdem Saaten, die Gemiise ihren
schönen Eiaenaeschmaet und so haben
wir am Ende im Gegensatz zum Gast
mirtli doch recht, wenn mir sagen: bei
Muticrn schmeckt es am besten!
Dr. Fritz Dumstreu
———-.-.s--——
Aphorismem
Was man nicht kann meiden, soll
man geduldig leiden.
st· II P
Werth haben und ihn zeigen, heißt
zweimal Werth haben.
I- sts I
Gute Manieren sind das Erlern
bare wie in der Kunst die Technik;
Herzen-statt aber ist etwas Angebot-e
nes wie das Genie.
ps-—
Die neue Riese.
Frau: »Und dann, Mete, bringen
Sie noch einen Matjeöhering rnit.«
Riese stammt nach einer Weile
ohne Hering wieder): »Verzeibuns,
Madam’, ich hab’ den Vo rnamen
von dem Hering vergesseML