Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 07, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    Traume vom Glück:
Skizze von Ruth Goen
« . . . . Ei ist nur, weil die Kinder
nun doch in die Stadt zur Schule
sollen; aber ich meine damit nich . .
nun, Sie werden es ja verstehen, lie
bes-Fräulein Norden, mein hau
steht Jhnen oisen, solange Sie wün
schen-«
Jn das Gesicht des Mädchens war
eine glühende Nöthe gestiegen, und
Clifadeth Norden senkte den Kopf,
all das Wort gar nicht iider ihre
Lippen wollte. Sie trampfte die ;
hiinde ineinander. ihre Augen hoben
sich nicht empor, aber die Gedanken
jagten durch ihren Kopf. Nun wie
der weiter, wieder hinan-, und sie
hatte doch schon gedacht, hier eine
heimath zu finden. Diese Kinder,
diese reisenden drei Kleinen, wie sehr
waren sie ihr ans Herz gewachsen.
Mins Jahre lang war sie ihnen Mut- ;
ter gewesen, Mutter, Etzieherin und
Bildnerin. Wölschen zählte damals
kaum vier Wochen, seine Mutter war
in dai finstere Land gegangen, aus
dem es kein Zurück mehr gab. Sie
hatte das Kind wachten sehen, und
wie prächtig hatte es sich entwickelt.
Und der Manns Liedte sie ihn? Viel
leicht liebte sie in ihm nur den Ver
lassenen, den Unglüeklichen, der da
mals fein Liedstes hingeben mußte,
ohne helsen zu können. Vielleicht be
teke sie in ihm die Güte an, die Zärt
lichkeit, die sie so ost aus seinen Wor
ten zu hören glaubte
«Die Kinder kommen s-» noch eing,
liebes Fräulein Norden, meine Braut
sieht mit etwas hangen Augen in ihre
Zukunft, helsen Sie mir und ihr, die
Liebe der Kinder zu erringen. Sie
wissen ja, wie sehr meine Kleinen Sie
in ihr herz geschlossen haben. Es
wird siit Sie eine Kleinigkeit sein,
die Kinder zu überzeugen, daß ihre
Mutter ihnen eine wirkliche Mutter
sein will.«
Ein trohigen ein finsterer Zug
legte fich uni den Mund der Lehrerin.
«Ach Gott« Herr Schmitz,« sagte sie
init einein leichten und etwas verächt
lichen Tonsall, »die Mutter der Kin
der wird glücklich sein, und den
Cliicklichen fällt es ja so leicht, die
Versen zu gewinnen. Es ist eigen
thiinilich, aber es ist doch so, wer die
Schwere des Lebens nicht ienni, hilft
auch den andern zu einein freudigen
Geniesien.«
Betroffen fah der Mann in das
diistere, erbleichende Gesicht, und blitz
artig lain ihm ein Gedanke, den er
nur uersi, als er sich mit deni
Duii che trug, seine kleine Beute fei
nen Kindern zu gehen, bedrückt, den
er aber später immer weiter von sich
gewiesen· Er dachte an die Herzens
liinipse, die dieses Menschenherz
wird durchtänipsen müssen, ohne eine
Thriine zu vergießen Er ergriff die
beiden schlanlen, weißen hände und
hielt sie fest, so sehr sie sich auch aus
der Klar-inne dieses eisernen Griffeg
sii befreien versuchten. »Meine Braut
ist auch ieine von den Glücklichem
Fräulein Norden, tein verwöhnteg
Töchterchen, das nichts von deni Ernst
des Lebens, von der Schwere der
Tage tennt. Beate hat in den zehn
Jahren, die sie nach dein Tode ihrer
Eltern verledte, hart und bitter um
ihre Existenz ringen iniifsen, ivie ioe
nig Sonnenschein war auf ihrem
Wege, nur ihr Herz ist voller Güte
und Liebe geblieben, und all das Gute
will sie nun meinen verlassenen Klei
nen schenlen. Können Sie das ver
stehen? Und werden Sie ihr mit ein
wenig Freundlichteit entgegenkom
weni«
Elisabeth rang die Hände ineinan
der. Also leine Glückliche . . . leine
oon den Reichen, die sich mit Geld
alles taufen lönnen, auch ein ringen
der Mensch wie sie. Und ihr Herz
öffnete sich weit, weit in jähem Ver
stehen, und aus ihren Augen brach
ein gütiger, leuchtender Strahl. Sie
hol-»den Kopf und ein Lächeln lag in
deni Gesicht, wenn auch die Flügel
der Nase bebten und die großen
Augen begannen, sich irsit Thränen zu
füllen. »Ja, ich will, here Schmitz.«
II I c
»Nein, Fräulein Norden, geh' nicht
von uns-, geif nicht von uns, bleibe
bei uns, liebe Tante Liese, ich geh«
mit dir mit, Tante Liefe,'« die tleine
Erita klammerte sich mit beiden
hönden an das Kleid der Eriiederim
Wolfgang, der Fünsjiihrige, hielt die
hand der Lehrerin umschlossen und
drückte wieder und immer wieder seine
Lippen darauf; ja, ich gehe auch
mit,« betheuerte er ernsthast, und
um seine Lippen guckte schon sein
Kinderweinem dai Clisabeth io ost,
so unzählige Male hinweg getriistet
und geküßt hatte. Editha, die Drei
zehnjiihrige, stand mit bösem Aus
druck in dem etwas sriihreifen Ge
sichte daneben.
»Aber ihr belommt doch eine neue
Mantu«, sagte das Mädchen und
nahm ihre Zöglinae alle drei in den
Arm, wie sie es so oit gethan hatte.
Jhr Herz jubelte, ihre Augen strahl
ten. Vier waren drei Welen, die
sie nicht vergessen wollten, deren Ge
müth mit jeder Faier an iir ge
leitet war. Nur zögernd und wider
, strebend hielt sie ihr Versprechen und
die Worte, die sie zu den Kindern
sagte, klangen nicht sehr überzeu
gend. »Was-a wollte euch doch eine
Freude machen, denkt mal, ihr sollt
nun wieder mal eine Mutter haben,
eine schöne, qnte Msama.«
»Wenn Papa uns eine Freude
machen wollte, warum hat er dich
nicht zu unserer Mama gemacht?«
sagte atttlua Editda. »Was-a weiß,
daß mir nur dich lieben, mir wollen
gar keine Mutter, gar teine andere
Mutter.... höchstens dich, und ich
werde sie auch nie Mutter nennen,
Lan hat mir gestern in der Küche
schon qenug erzählt, Stiefmutter
peitschen ihre Kinder, sperren sie ein
und geben ihnen nichts zu essen . .
aber das lasse’ ich mir nicht gefallen,
ich net-me Erita und Wölichen und
komme zu dir, Tante Lies’, nicht
wahr, du wirst uns immer ausneh
men, und wenn du nichts hast, hun
gern wirst du uns nie lassen.«
»Aber Editha·...« wehrte Elisa
deth erschrocken ad. Und sie schloß
ihre Arme um das große Mädchen,
das vielleicht allein von den drei Kin:
dern unter dem Tod der ersten Mutter
gelitten. »So etwas darfst du nicht
sagen, Editha, die neue Mnmn wird
lieb und gut sein«
Seit drei Wochen ging Frau Beate
still und anmuthiq durch das große
haus. Jhre Augen siebten stets-, wo
sie eines der Kinder tus, eine stumme
Bitte: ,,.bad’ mich lieb.'·
Und Elisadettk Norden sah mit
tödtlichem Entsetzen, daß die Kinder
diesem Flehen der großen Augen,
die in einer so sonderbaren Macht
erglänztem nicht widerstehen tonnten.
Gditda that der neuen Mutter un
ausgesordert manches zu Gesallen,
und wenn von den rothen Lippen
dann ein bezauberndeg Lächeln tam,
dann gina auch uder das stille. sriid
reise Kinderaesicht ein seliaeg Leuch
ten. Erita zeigte ihre Liebe ieii eini
gen Tagen ganz offentundig »Ich
habe Iliama lieb, so lieb wie dich.
Fräulein Norden, bist du mir böse?«
Elifadetb Norden schüttelte in bef
tiger Abwehr den Kopf, «wie tommft
du darauf, Kleinchen?« fragte sie
lachend, aber dieses Lachen llana wie
ein Schluchzen.
Wolfgang, Wölschen war der ein
zige. der sich vor den offenen Armen
der Mutter noch immer zu Fräulein
Norden flüchtete. »Ich will nur-bei
Iante Lie- bleiben, nicht lzur Mutter
geben«-, das war feine beharrliche Ant
wori. «-—— —
Der Wind hatte die Sonne ver-:
löscht, und brachte wieder große
weiße Flocken zur Erde. Er heulte
mit seinem fchaurigen sonderbaren
Sang um das Fabrithaus, riittelte
an den Fenstern und blies durch das
Ofenloch in das behaglich erwärmte
Zimmer. Um den Tisch des Eßzims
mers saßen die beiden grauem die
Kinder spielten in der fiebe, nur
Editha ging hin und wieder zu der
Mutter, streichelte ibr Haar und
warf wie pflichtfchuldig einen freund
lichen Vlies zu der Erzieberim den«
diese mit einem fast gierigen Läckeln
beantwortetr.
»Wölfchen muß schlafen geden«,
Fräulein Norden legte ilire Arbeit
zusammen, fah noch einmal nach der
Uhr und nahm den Kleinen auf den
Arm. Taf Kind fing plötzlich an zu
weinen, und flüsterte ängstlich und
aufgeregt: »Ich habe Angst.«
»Anast? Weßbalb dennii Komm,
Iante Lies bringt dich zu Bett.«
,,Wölfchen will nicht schlafen ge
den, ich will munter bleiben«, entgeg
nete der lleine Mann und wand sich
aus den Armen, die ibn umschlossen
l;ielten. ·,Soll Mutter ein Lied fin
aen?" und ohne die Antwort abzu
warten, fang Frau Beate mit ihrer
weichen, leifen Stimme ein süßes
Zchlummerlied Da streckte das Kind
seine Hände der schönen Frau ent
gegen und bettelnd sagte es: ,.Bring
mich zu Bett, liebe neue Mania!«
»Ja, Mania bringt dich zu lZett,
und Tante Sieg wird dabei sein, nicht
wahr, Tante Lieg?« Die großen Au
gen gingen mit ibrein bezwingenden
Leuchten zu der Erzieberin hin. Aber
Wolfgang klammerte sich an die Mut- i
ter: »Nein, heute nicht, beute will
Wolfgang von Maina ins Bett ge
bracht fein.« !
Da war es mit tfliiabetng ksah
iuna verbei. Ihre Lippen lächelten;
ein tranipfhastes Lächeln, aber aus-J
ihren Augen stürzten unanfhaltsnini
lrampfdaft die Thriinen. i
Vorbei . eu Ende der Tunmi
von Glück. Sie musite sori, ihr;
Plan war besetzt, ihr Gedenten aus«-T
aelöscht auch in den Herzen dieser!
Kinder. . i
Als Frau Beute nach einer Weiiek
aus dem leinderzinirner zurückkam.
ein seliges Lächein um den Mund, da
stand Elisabeth mit einer hastigen Be
wegung auf: »Ich möchte fort, grindige
Fr.iu.«
Und als Frau Beste sie fragend
nnd ohne Verständnis ansah. wieder
holte sie noch einmal. »ja, ich möchte
nun das Hans verlassen, verstehen Sie
gnädiae Fran, ich habe.... man hat
mir... ich möchte eine andere Stelle
annetfnien.«
»Aber Fräulein Norden. so plötz
lich? Wollen Sie es sich nicht noch
überlegen? Was werden die Kin
der saaen? Gewis-» ich verstehe es.
und oft habe ich daran gedacht, ob
es nicht Unrecht ist, das Herz der
Kinder Jhnen zu nehmen. Aber Sie
wissen, ich habe nicht in Jhre Rechte
einge rissen, absichtlich habe ich mich
den indern etwas sern gehalten, ob
gleich rnein Mann mir das übelnahni
.Freundin sein? Ich mochte J en
darf ich nun wenigstens Ochre
helfen, soviel ich kann, helfen für
das ganze Leben . . .«
Ali Herr Schmis aus seiner Fa
bril am späten Abend nach Hausei
lam, waren die Koffer der Erzieherin
schon gepackt. Jn dem Boudoir seiner
Frau saßen die beiden. Frau Beute
und Fräulein Eliiabeth, beide, die sei
nem Herzen theuer waren, und hielten
sich innig umschlungen. Er fragte
nichts, er streckte dem Mädchen seine
Hände entgegen. »Betrachten Sie un
ser Haus immer als Ihre Heimath,
Fräulein Elisabeth.«
Und Frau Beute flüsterte leise und
innig: »Ja, das wirst du thun, yet
sprich es mir, versprich es mir, liebe
Tante Liegt«
Der Retter-.
Humoreste von N e in hol d Or t
m a n n.
Als der Landgerichtgrath Helbing
und der Kriminallommissär Golter
das Vesiibül des vornehmen Hauses
heiraten, dessen erstes Stockwerk der
gastfreundliche Nentier Lampre t be
wohnte, hin ihnen von oben er in
großer Eile ein sehreleaant getleideter
jüngerer Herr entgegen, der mit dem
Landgerichtsrath einen sehr verbindli
chen und mit dem Kommissar einen
überaus kühlen Gruß austausehtr.
»Wohin denn so hurtia, Herr Re
aieruMg-Baumeister?'« fragte Helbing.
,,Haben Sie was vergessen?«
Der Gefragte lächelte wichtig.
»O nein! Aber ich muß mich wie
der mal als UniversaliGenie bethöti:
gen, als Retter aus höchster Noth.
Unser Freund Lamprecht hat die Un
varsichtigleit gehabt, zu seinem heuti
sgen Oouper « wane einzuladen ——
f macht mit ihm selber, feiner Gemahlin
’ und Fräulein Jlfe ausgerechnet vier
! zehn. Nun hat natürlich im allerletz
ten Augenblick einer von den Getade
nen abgesagi und die Aussicht auf die
oniiniösen Treizehn an feiner Tafel
» hat unseren verehrten Gaftfreund wäh
i rend der 10 Minuten seit dem Ein-s
t treffen der verhängnißvollen Absage
; fchier an den Rand der Verzweiflung
i gebracht· Der Himmel mag wissen,
was er anfangen wiirde, wenn ich mich
’ nicht erboten hätte, innerhalb 20 Mi
» nuten einen meiner Freunde als Ers
satzmann herbeizuschaffen. Es ist ja
J auch, bei Gott« feine Kleinigkeit; aber
s fiir das Haus Lamprecht thue ich fchon
ein Uebriges.«
Er hatte es mit eigenthiimlichen
Rachdruct gesagt und mit einein ra
schen, etwas höhnischen Seitenbliet auf
den Kommissär. Nun oerbeugte er fich
artig gegen den Richter und eilte, mit
seinen langen Beinen gewaltig aus
greisend, in den unwirthlichen Winter-i
» abend hinauf-.
. »Das hat gerade noch gefehlt«,
brummte Golter ärgerlich. »Als wenn
er bei dein alten Herrn nicht fchon
ohnedieg genug Steine im Brett hätte.
Sogar der blöde Zufall muß dem auf
dringlichen Menschen zu Hilfe tom
nien.«
Der graudärtige Rath fah feinen
jungen Freund forschend an.
»Sie fürchten doch nicht im Eran
daß dieser Geet Sie bei Fräulein Jlte
ausftechen tönnte?"
»Wenn sichs nur um den Eindruck
auf die junge Dame handelte, würde
ich vielleicht nicht allzu tleinmütbia
fein. Aber der Vater -——! Weit er
angeblich mal irgend welche iiblen tir
iahrungen mit der Polizei gemacht
hat, hegt er gegen meinen Beruf und
unterfchiedslog gegen alle feine Ver
treter eine Abneigung, die schon bei
nzhe Jdiosintrafie genannt werden
muß. Daß ich ihm überhaupt ins
Haus lommen darf, habe ich einzig der
freundlichen Gewogenheit feiner Nat
tin zu danken. ——- Bis vor Kurzem
noch hoffte ich, daß es mir nach und
nach getinaen würde. fein Vorurtberl
zu überwinden, aber seitdem sich dieser
ReaierurgssBaumeifter in fehr duriti
sichtiger Absicht bei ihm in Gunst le
fetzen gewußt hat, schwinden meine
ohnehin fehr geringfügigen Chancen
zusehends dahin-« »
--« ,«.:-J
»Nun —sklllll! Alls llllljl vorersqu
die Flinte in’s Korn werfen!« musi
thigte der Andere. »Wie ich den Herrn
Regierungs Baumeister Neubijrner
tzxirr. wird er selbst einen so leicht zu
teeinflussenden Mann wie meinen qu
ten Freund L.1mprecht nicht allzu lan
ne über seine innere Hohlheit und
Werthlosiqteit täuschen lönnen.«
Das gut getneinte Wort smien teine
»klle tröstliche Wirkung auf den jun
gen Kommissar geübt tu haben. Und
in der That war die Bearüszun«a·, die
ihm nleich daraus von Seiten des sicht:
lich erregten und beunruhigten Gast
aeberg zutheil wurde, kaum danach
angetham ihn besonders hoffnunqsvoll
zu stimmen. —- Frau Lamprecht und
das allerliebste Fräulein Jlse empfin
aen ihn freilich desto liebenswürdigen
aber als ihm die letztere auf seine
Fraqe mit einem kleinen Seufzer mit
theilen mußte. daß ihr als Tischlava
lier «natürlich« wieder derRegierunns
Baumeister ausgezwungen worden sei,
war es um Golters Laune ganz und
·gar geschehen.
Wenn er vielleicht boshast genug
gewesen war. zu hoffen, daß die Ret
tungö-Mission des Regierungs - Bau
meiftersscheitern werde. so sah er sich
bald schmerzlich enttäuscht Denn die
20 Minuten waren noch tauin verstri
eben, als Neubiirger mit strahlender
Sieger-Neue den Lam recht'schen Sa
lon wieder betrat, ge vlgt von einem
ungefähr dreißigjährigen Herrn, der
noch um ein Erhebliches eleganter
— .- - - -«-—-.«——---—-—.-· -- —»-q—
»aufgernacht« war, als er selbst, und
dem selbst das eifersitchtige Mißver
gniigen des Kommissärs ein sehr di-;
stinguirtes Aussehen nicht bestreiten;
konnte. s
»Mein Studiensreund, Herr Baron
von Plessow!« stellte der Baumeisters
Vor Und damit war der neue An- »
tömmling auch schon zum Mittelpunkt »
der Gesellschaft geworden. Das Antgs
sitz des Herrn Lamprecht, der seinen
Umaangstreig so unverhofft durch ei
nen wirklichen Baron geschmückt und
bereichertsah, leuchtete vor Vergnügen
Er drückte dem «Retter« mit wahrhaft
inbrünstiger Dankbarkeit dieHand und
über-schüttete seinen nristotratischen
Freund mit allen erdentlichen Liebesw
wiirdigleiten. Die Dame des Hauses
konnte sich dem gewinnenden Eindruck
den die Persönlichteit des Herrn von
Plessow nothwendig aus jeden unbe
sangenen Beurtheiler machen mußte,
ersichtlich nicht entziehen, und selbst
Fräulein Jlse schien sich nach Golters
Beobachtungen ledhaster als ihm er
wiinscht sein konnte, siir diesen Baron
zu interessiren. Als man sich an
schickte, zu Tisch zu gehen, sliisterte der
Kommissar in übelster Stimmung sei
nem araubiirtigen Vertrauten zur
»Ich hätte, bei Gott, große Lust,
mich auf französisch zu empfehlen.
Denn hier bin ich in meiner Ueber
fliissialeit ja schon beinah-e eine lächer
liche Figur.«
»Machen Sie um Himmels willen
teine Dummheiten, junger Freundi«
mahnte der Landgerichtsrath eindring
lich. »Lamprecht würde es Ihnen nie
verzeihen, wenn Sie durch Ihr Fort
gehen seine Gesellschaft abermals auf
die schreckliche Fahl Dreizehn reduzir
ten. Und außerdem möchte ich Jhnen
nachher etwas im Vertrauen mitthei
len, das für Sie möglicherweise Vonl
ullccssluhlclll AIlllkckuc Ul
Golter blieb; aber eg wurde fiir ihn
das trübseligste Sonder, dem er je in
seinem Leben beigewohnt hatte. Der
RegierttnassBaumeister und sein vor
nehmer Freund swaren die erklärten
Helden des Abends-. Von der Sappe
bis zum Dessert beherrschten sie die
Konversatiom und es ließ sich nicht
leugnen, daß der Baron nicht nur echt
ItseltmännischeAllüren, sondern auch
Geist undWisz genug bewies, um selbst
eme anspruchsvvlle Gesellschaft aus
das Tresslichste zu unterhalten. Kein
Zweifel, daß außer Golter alle Anwe
senden von ihm entzückt waren— -viel-·
leicht einzig noch den Landgerichtsrath
ausgenommen, der den charmanten
Causeur zwar unausgesetzt beobachtete,
aber laum jemals bei seinen blenden
den Einfällen und Scherzen denMund
zu einein Lächeln verzog. Als man
sich endlich erhob, um in den Salon
zurückzukehren, war der Kommissät zu
sofortigem Ausbruch entschlossen. Hel
bing aber. der die mißmuthige Absicht
auf seinem Antlitz gelesen zu haben
schien, zog ihn in eine Ecke und sprach
ein paar Minuten lang leise und eif
rig aus ihn ein. Merkwürdiger Weise
gelang es ihm abermals-, Golter zum
Bleiben zu bewegen, obwohl der junge
Mann, der erst vor nicht langer Zeit
die Ossizierslausbahn mit der des
Kriminalisten vertauscht hatte, durch
einige recht gistiae Anspielunan des
Hausherrn aus die »berühmte Findig
leit und Allgeaentvart« der Polizei
neuerdings in den Abarund der tief
sten Muthlosigteit gestürzt worden
war.
Das geselliae Beisanimensein nahm
zunächst den bei solchen Gelegenheiten
üblichen Verlauf. Ein Amateur:-Pa
aanini producirte sich augaiebia aus
der Violine und eine im Vorbeiareisen
unübertressliche junge Tame noch aus
giebiger aus dem Klavier· Die Ab
spannuna der verdainmggmiiden Miste
machte, dem Reiz dieser Geniisse ent
sprechend, rapide Fortschritte-, und die
während der Tafel so fröhliche Stim
mung trat dem tsesrierpuntt bedenL
lich nahe, als der Derr our-Jn, ou »i
tahin hinter Fräulein Jlse·9 Stuhl
eifrig Süßholz neraspelt hatte, um die
Erlaubniß d.1t, den verehrten Anwe
senden einige Zaubertunststiicte Vorzn
machen. Mit iiblichen besinnten Kar
tentricks — das dazu beniithiate Spiel
hatte er zusällia bei sich sing er an.
Und er war in der Taschenspielerei
nicht minder oirtuo;5, als in der Kunst
der Unterhaltung. Die Zuschauer ta
men aus dem Staunen nnd Applrus
diren aar nicht heraus, und alle Ver
dauunaginiidiateit war mit einem
Male wie wegraeblasen Dann fuhr
Herr von Plessow nach nnd nach sein
schweres Geschiitz aus. lsir ariss
Zwanzigmartstiicte aus der Lust, zan
berte einen entliehenen Chronometer in
die Westentasche eines atmunjslosen
Herrn, zerriß einen .fJundertmart
schein, um ihn nachher unversehrt in
der Von einem Anwesenden erbetenen
Cigarre wiederzufinden, und was der
amüsantenScherze mehr waren. Schon
hatte er die improvisirte »Vorstellung"
siir beenedet ertlärt. Aber aus instän
diges Bitten seiner entzückten Zu
schauer entschlosz er sich zuletzt doch
noch zu einer Angabe, die allerdinng
wie er sagte, einiger etwas umständli
cher Vorbereitungen bedurfte.
Es mußte sich, nach der Natur dieser
Vorbereitungen zu urtheilen. dabei um,
eine Sensations - Nummer allerersten
Ranges handeln. Denn der Baron
brauchte sür sein geheimnißvolles
Kunststück nicht weniger als siins Her
renuhren nebst Ketten, sechs Finger
ringe, »möalichst mit Brill—anten«, und
einen richtigen Tausendmarkschein.
Die erstgenannten Geaenstände sam
melte er mühelos bei den Gästen ein,
wahrend der Hausherr den Kassen
schein beisteueetr. Dann bat der Tau
sendtunstler, sich aus einige Minuten
entfernen zu diirfen und ersuchte die
junge Klaniertiinftlerin, die Gesell
schaft inzwischen durch einen ihrer
meisterhaften Vorträge zu unterhalten.
Daß noch vor ihm der Kammissiir
Golter den Salon verlassen hatte, war.
bei der herrschenden Spannung Nie-l
mandem aufgefallen. Und während
der erften zehn Minuten, die durch den
Klaviervortrag schlecht und recht aus
gefüllt wurden, fiel es auch nicht fon
derlich auf, daß der Zauberliinftler
noch immer nicht zurückgekehrt war.
Nach weiteren fünf Minuten aber fing
man an, fich zu wundern Und als
abermals der gleiche Zeitraum verstei
chen war ohne daß die Thür, durch
die der Baron verschwunden war, sich
wieder geöffnet hätte, wurde man un
ruhig.
»Vielleicht ift dern Herrn etwas zu
geftoßen«, meinte die Frau Kommer
zienriithin Bomsdorf, die zwei Bril
lantringe heraeliehen hatte. »Man
sollte sich doch nach ihm nmfehen.«
Der Hausherr beeilte fich, dem zar
teu Winke Folge zu leisten, nnd nach
Verlauf etliche-r Minuten lehrte er
schreckenebleich zurück
,,Der Baron hat nach Aue-sage der
Mädchen dieWohnunq schon vor unge
fähr einer halben Stunde verlassen«,
ftarninelte er. »Und er ——— er hat sich
dabei ftatt feines Ueberziehers verfe
hentlich den Biberpelz des Herrn Kom
merzienraths geben lassen. Er wollte
aus feiner Wohnung einen Apparat
holen, faate er. Jch hoffe, Herr Re
gierungs s Baumeifter, die Wohnung
ihres Freundes liegt nicht allzu weit
von hier entfernt «
Der Gefragte war läfewciß gewor:
den.
»Nein --in der That —- kaum fünf
Minuten. Er logirt in demselben Pens
fionat, in dem auch ich wohne.«
»Und fiir die Ehrenhaftiateit »zhres
ehemaligen Kommilitionen können Sie
felbftverftändiich Bürgfchaft leisten?«
fragte der Konnnerzienrath scharf Der
unglückliche Neubürger aber itatterte:
»Die Herrschaften miissen entichuldis"
gen, wenn ich mich einer kleinen Un
wahrheit schuldig gemacht habe. Jch
tenne den Baron erft feit gestern Mit
tag. Weil ich aber in der gebotenen
Eile keinen anderen Vierzehnten anf
zutreiben vermochte als ihn. glaubte
ich ihn als einen Studienfreund ein
führen zu müssen. Selbstverständlich
halte ich· ihn fiir ehrenhaft·«
»Womit Sie fich leider im Jrrthum
befinden«, fiel der Landgerichtsrath
ein. »Nachdem Sie felbft erklärt ha
ben, daß der Herr niemals JshrFreund
gewesen ift, muß ich ja nicht mehr
fürchten, Ihnen zu nahe zu treten, in
dem ich tonstatire, daß vor ungefähr
einem Jahre ich Mitglied des-Gerichts
hofes war, der den Herrn Baron we
gen eines Hoteldiebstahls zu 9 Mona
ten Gefängniß verurtheilte.«
Ein furchtbares Ungewitter leiden-:
schaftlicher Entrüftung entlud sich auf
diese Mittheilung hin iiber das Haupt
des jammervoll zufammengebrochenen
Regierungs-Baumeifters; denn bei
nahe jeder der Anwesenden hatte ja
dem liebenswürdigen »Zaubertiinstler«
irgend eine Kostbarteit anvertraut,
Eben hatte der ergrimmte Hausherr
dem armen Neubiiraer auf eine ziem
lich unzweideutige Weise für immer
die Gaftfreundichaft qetiindigt, als sich
die Thiir des Salons öffnete. Ein et
was ironiiches Lächeln auf den Lip
pen, trat der Kriminal - Kommissar
Golter iiber die Schwelle.
»Die Herrschaften befinden sich. wie
ich sehe, in einiger Sorge«, sagte er,
»und ich freue mich deshalb, Ihnen
mittheilen zu dürfen, daß Sie sämmt
liche dem Herrn von Plessoro iibergebei
ren Kleinodien morgen auf der Poli
»Hei in Empfang nehmen können. Da
ich von dem Herrn Landaerichtsrath
aewarnt worden war, habe ich den
Vogel unten vor dem Haufe abgesan
gen und in einem sicheren Käfig unter
gebracht. Ihr Bibertselz, Herr Kom
menienrath hängt schon wieder drau
nen« —
»Sie sind ein lllracbtmensth rief
Lgmnrecht, indem er den Kommissar
vor aller Augen umarmte. »Wie in
meinem Leben werde ichs Almen ver
aessen, das-, Sie mich aus dieser schau-«
derbaften Verleaenheit aerettet haben.
Von her-te an betrachte ich Sie als den
reiten Freund meines .fJauseg.«
Der Slteaiernnasz Banmeifter aber
hatte sich inzwischen still entfernt, und
er wurde an dieser Stätte nie mehr
gesehen.
—
Der dreißigjährige Arie-.
Professor der Geschichte: »Wie
heißen Sie?«
Fremder (der eintritt): »Krieg.«
Professor: »Wie alt sind Sie?«
Fremder: »Dreißig Jahre.«
Professor: »Da habe ich ja die ganz
unerwartete Ehre, den dreißigjährigen
Krieg bei mir zu fehen.«
Watche mit Luft.
Knabe lNach dem Gewitter): »Da
habe ich kürzlich gelesen, daß jedes
Gewitter eine reinigende Wirkung
hat.'«
Vater: »Ja, aber bilde Dir ja nicht
ein, daß Du Dich deshalb heute nicht
zu waschen brauchft.««
Mut-lich
»Auf meiner letzten großen Reise
bin ich auch durch die Meer-enge von
Gibraltar aelommen«, erzählt im
Kreise seiner Familie ein anffallend
korpulenter Herr-.
»Das-« wundert mich aber, Onkel«,
sagte sein lleiner Neffe, »daß du bei
deinerDicle da haft durchtomrnen tön
nen.«
Unbesonnm.
ll ( ll f
Pf
Dame (zu einem Herrn, welchen
behufs Heirath der Tochter des hau s
in die Familie eingeführt hat: ,,,Nun
was sagen Sie, Herr III-immed,n eine
feine Familie, was?« Sehen Sie nur
das schöne Tischgeschirr!«
»Hm! wegen dem das tann auch
ausgeliehen sein!«
,,Jreilich, denen wird wer was bor
gen «
Reinfalb
Erste Nichte (am Bett des tranken
Erdontels): »Er schläft — wir können
ungenirt sprechen "
Zweite: »Ja, er ist ein alter filziger
Knicker und « (hölt inne)
Onkel: »Nur zu, nur zu, Kinder.
genirt Euch nicht, thut ganz, als ob ich
schon weg wäret«
Ein Bethei
·.E«ine Jagd machte ich ganz gern
’mal mit, aber fiir eine Löwenjagd
würde ich doch bestens danken.«
»Ich auch, das muß doch ein sehr
undankbares Vergnügen sein, es ge
hen davon so wenig in die Jagd
tasche.« "
Schrinbnrer Widerspruch.
»Die Meisterin giebt wohl seht
gerne?«
»Na ’g geht« Lehrbnben, die nicht
satt zu lriegen sind, kriegt sie am ehe
ften satt.«
Ein gutes Gedächtnisi.
Lehrerin: »Ja der letzten Stunde
haben wir über die Stadt Roman
sprachen, kannst Du mir noch sagen,
Gretchen, wann diese Stadt erbaut
wurde?«
Gretchen: »Des Nachts.«
Lehrerin: »Wie kommst Du denn·
daraus?«
Gretchen: »Mein Vater sagt im
mer« Rom ift nicht an einein Tage er
baut.«
Garantie.
Jn einem Gefchäftsladen in vaIn
läßt sich ein Kunde Regenschirme zet-’
gen.
»Den kann ich Ihnen fehr empfeh
len, zehn Mart. sehr preiöwerth
. Fiir die Seide leiste ich Garan
»Jch möchte aber einen billigeren
Schirm haben, Herr Bamberger,s«· ·
meint der Kunde
»Nehmen Sie den . . Auch sehr
Mn . . . auch sehr preiöwerth . . .
stet fünf Mari.
»Auch Garantie?«
»Auch Garantie!« v
,,Garantiren Sie die Seide, Heres
Bamberger?«
»Nee, Seide . . . nicht.«
»Was garantiren Sie denn?«
»Nu, daß es ein Regenschirm ist!«
tie.
Audgrplaudcrt.
Hausfrau: »Bitte, lang Dir zu,
Onkel Fritz!«
Onkel: »Ich danke Dir! Jch werde
mir noch zwei Stiick davon nehmen«
denn ich hab-e noch nie so vorzüglichen
Gänfebraten gegessen«
Der kleine Fritz: ,,Hurrah, Onleli
Jetzt hat die Mama die Wette gewon
nen; sie hat vorhin zum Papa gesagt,
Du würdest ung alles wegsresfen!«
Jugendlichkr Schar-Muth
Der Herr Lehrer erzählt seinen
Schülern, daß der römische Athlet
Salrins täglich dreimal hintereinan
der iiber den Tiber schwamm. Do
sieht er, wie ein Schüler sich das Las
chen nicht verbeißen kann. Heftig
fährt er ihn an: »Warum lachsi Du,
Kanze, zweifelst Du etwa an meinen
Worten?«
»Ach nein, Herr Lehrer,« erwiderte
der Kleine. »ich dachte nur, um seine
Kleider wiederzubetommen, hätte et
doch viermal schwimmen niiissen."
Aus alter Gewohnheit
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Fremden »Ja, schau’n Sie nur, wie -
Jht Hausknecht die Stiefel beim
Batzen hält!«- .
Wirth: »O, das macht der immer
fo...er ist nämlich ein verkracht-er
Violinspieler!«