Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 16, 1909, Zweiter Theil, Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Bis ans Ende der Welt.
stumm von Maximuian Born-lieh
(3. FortseyungJ
Diesmal schien der Oberst etwas
merkt zu habe-. Erst-g die duschigen
tmeuren zusammen und räusrerte sich
nn —- da gerade die Thurmutkr
Ring —- sagte et: »Es ist halb fett-Z
br, meine Herrschaften Ich denle,
wir heben die Tafel aus nnd mach:n,
daß wir unser Wasser kriegen. Das
Brunnensräulein ist ohnehin schon
ganz zornig aus uns daß wir immer
erst nach sechs aus der BE ldsliiche er
scheinen. Auch Nymphen wolle ihre
Ruhezeit haben.'
Also zahlte man, ging quer Eli-er
die Esplanade und stiea die breite
Steintreppe a:n Musilpavillon zur
Trinllplle hernieder
Da der OberlieettenanLJulia heute
augenscheinlich bevor-sagte s——- er hatte
es nicht immer gethan, war sonst wie
ein lockerer Falter zwischen der hoch
gewachsenen Blondine·und der zier
lichen Brünette töndelnd hin und her
ges lattert —, so trank Vilrna os
Schlieb en die ihr verordneten beideni
Becher Ansitnirquelle mit anffälligeri
M aus und verabschiedete lich dann
rasch mit dem Vorgehen, vor dem
Abend-essen noch twei wichtige Brieset
schreiben zu müssen.
Die Rutiickbleibenden soazirten rnitl
ihren Gläsern noch ein Viertelstünd- I
chen unter den Säulen der Halle undt
Im dast wassersprundelnde Vassin des
r ens
Der Oberst hatte Borgstedt ziemlich-;
energisch von Julias magnetischerl
Seite wegdugftrt nnd ihn in ein leb- i
hastes Gespräch iiber den Werth und!
Ue Zukunft unserer Kolonien ver- l
wickelt, til-er die er recht schlechter
Meinung war.
Plötzlich —- es war ihm. als wiirde
er von irgend jemand seit angesehen
—- blickte er forschend iiber das Eisen
äitter des Gärtchens nach der Straße!
in,
»Ist-g die Mann-»rein- kiks » dskms
mit allen Anzeichen herzlicher Ferne-ej
und brach eine lange. höchst wichtige
suseinandersetzung» die er eben oomi
Stnpel lassen wollte, mitten durch.
uBranchen —- Julia —- so seht doch
nur wer da draußen steht! Unser
Junge nnd Professor Altdors!« .
Und olme der onsgevslanzten War
nungttasel zu achten, die den Schild
der Anlaaen dein Publikum zu drin
den Pflicht rascher« stiirmte er auer
·ser4ie breiten Rasenslächen aus die»
beiden los, tun sie gleich über das
Gitter hinweg nrit stiirmischem Hände
len willkommen zu heißen.
H.
Eise-M «:«-s««W-.»-.«-«M« seen-»An ts» » .
3. Kapitel.
Noch waren die letzten Schatten der
Spmmernacht nicht aus dem schlum
mernden Thal gewichen, als mit den
barten, klingenden Tritt nägelbeichla
gener Schuhe vier Gestalten —- drei
Herren nnd eine Dame —- den freien
Maß überschritten, der sich zwischen
L"ebenlte·:ns Trintballe und Eil-la
nade breitet.
»An Wasser scheint hier in der That
kein Mangel zu sein«, sagte Oberst v.
Rattenburg auf die beiden Spring
brnnnen deutend. welche mit ihrem
melodischen Gepliitlcher die tiefe Stil
le ringsumher noch angenehmer, wohl
thuender fühlbar machten.
»Na —- nee«, erwiderte der neben
kibm gehende Führer, ein gedrungenet,
breitlchultriger Thüringer, der den
Fremden gegenüber ein etwas Hungeri
brecheriiches Gemisch aus Dialett und
Wtsch spukt-. »die Wasser da
thun die ganze Nacht gehn-«
«Jn der The-U meinte Rottenburg
mit einem mißtrauischen Blick nach
sehe-, wo zwischen eilig dahinlchießen
Un schwarzen Felsenhallen bin und
wieder ein Streifen des vom ersten
Mgeudiimmern matt erhellte-i hun
sess Jilsbar wurde« »und Petri-i
Hei-It feine Eifer W wieder spie
ies lassen zu wollen. Jch half eben
einen gehörigen Troper aus die Nase
gekriegt«
l
.
Der Führer fchnuppette bedächtig
in die Luft hinein. ,,Nee —- nee —
U wird noch ’s scheenste Wetter. Und
daß über Nacht e zweit’s G’wittet nie
det’gangen is, is lehre nut. Do fteht’s
Wild heraußen aus die Schonunqen
us mecht’ sich trucken machen-« Und
mit dem wiegendem weitausgreifenden
Schritt der Ber berechnet stopfte et
siedet vorwärts, ie ziemlich steil auf
eigende Straße hinan, die quer durch
n von «Eintzeborenen" bewohnten
Theil des Badeottes ins Ttusentha1
führt nach Butten-de hinauf unt
weiter zum Julelbekg, dem «Thütin
get ngtc —
Herr v. Vvtgsiedt und Julin v.
Rotte-ebnes IT en schweigend hintei
den beiden kaltem deren Umkisst
im Grau der Dämmetusg ungewii
und schattenlnft verschwammen
Der Oberlientenant verlachte imme1
Mön, das Tempo zu mlangsnmen
tm außer hörtpeite der Voranmar
senden zu tomneuz aber feine Be
s II en f Etextes an Juliu
Mspsgnfieen strebt-, die Entfee
- wifchen sich nnd dem Vqte
, Enge- alc vier· höchsten kun
· te werde- zn la en.
I. cli Mk im Abendessei
Wer Altdorf unt
M; M Wskbwsm m
ren, zu acht Personen an zwei zusam
mengeriickten Tischen —, hatte Borg
siedt von einem bausirenden Gärtner
junzen den vier Damen der Gesell
schaft se ein paar mächtige Rosen ges
kauft. den beiden Mütter-n sowie Vil
Ina v. Schlieben ganz gleiche wies-r
bene La France, ihr allein zwei wun
dervolle dunkelrotbe Horace Vermi,
und scherzend dabei gesagt: »Zum
goldigen Blond paßt dieses sammtne
Blutroth am besten.« Wie schon am
Nachmittag-, war er ihr auch den gan
zen Abend über nicht von der Seite
gewichen, und beim Guienachtsagen
hatte er ihr unter einem flammen
den Handiuß zugesliisiertt »Verstebrn
Sie die Sprache, die eine dunielrothe
Rose sprichtk
Ganz betäubt vor Wonne war Ju
lia in ihr Zimmer aela t, sie wußte
selbst nicht, wie; denn hatte den
schönen. siattlichen Mann gern. von
Herzen gern, und sie war darüber so
froh gewesen, daß er ihr nun zum er
sten Male deutlich, greifbar deutlich
oor der «kleinen Ziegeunerin« den
Worzus argeben hatt-.
Doch als sie die dunkelrotyen zuo
sen, die oerschwieaenen Boten seiner
Liebe. aus dem Gürtel genommen, um
sie an die Lippen zu führen, war der
Oberst bei ihr eingetreten nnd hatte
ohne jede Einleitung, wie das so seine
Art war, sehr bestimmten, sost unge
haltenen Tones begonnen: »Es ist
nicht nur knir und Mann. sondern —
wie ich wenigstens glaube —- auch dem
Professur t«eute Abend aus-gefallen, daß
Borgstedt sich lebt-after für Dich inte
ressirt. als süe einen sreundschastlichen
Verkehr nöthig sein dürfte· Und da
will ich Dir denn rathen, liebes Kind.
Dein Herz zu bewahren, so lange noch
Zeit ist. So große Vorzüge der Ba
ron als liebenswürdigen Gesellschaiter
haben wag, über so wenig aute An
lagen zunx verliisjlichen Ehemann
scheint er mir zu verfügen.« Und als
sie ihn erschreckt angesehen. hatte er
etwas milder, aber deshalb nicht we
niger eindringlich weitergesprochem
»Vo: allein ist hier jedenfalls das eine
zu berücksichtigen daß Borgstedt wenig
bemittelt ist, und wir geradezu arrn
find. und daß, wie Der ja weißt, ein
unbemittelter Ossijier niemals an eine
Heirath knit einem armen Mädchen
denken kann. Also, nicht wahr, Du
hist mein vernünftigesKind und machst
Dir und mir seine unnöthigen Sor
gen! Und nun schlas wohll«
Mit dein «Wohlschlasen« war's na
türlich nichts gewesen. Aber seltr viel
mehr als der Schmerz um die beider
seitige Armuth —- niein Gott, rnan
war ja jung genug und konnte schon
noch ein paar Jiihrchen warten —- hat
te die Frage Julias ruheloses herz
neauült: wie war des Vaters verjüng
licher Hinweis aus ten Charakter
HBorgstedts zu verstehen?
; Und diese Rüthselsraae, siir die Ju
jlia Nachts aus ihrem schlummernlosen
’Lager trotz allen Grübelns keine Lö
fsung gesunden, wollte auch jetzt die
rüstig Dahinschreitende nicht loslassen.
Wußte der Vater etwas Schlimmes
von Borgstedts Konnte er ihn etwa
als Don Inan, als Frauenjägers
Denn das lonnte es doch nicht sein,
daß er ein paar Wochen zwiichen ihr
und Vilnia o. Schlieksen unschlüssig
hin und her aependelt war. Vielleicht
hatte er gründlich prüfen, mit sich ins
reine kommen wollen —- das war
doch eines jeden Mannes gutes Rechts
Und wenn sie auch davor zitterte
und bangte, daß Borgstedt schon die
nächste Stunde benützen könnte, um
mit offenen, unverblümten Worten um
sie zu werden« so ersiillte seine erreate
Befangen-heit, sein schweres, stoßweises
Uthinen das gewi nicht in der An
strengung des sches begründet
war, ihr junges here rnit Schaue-..i
der Wonne.
Der Oberst, der alle Mühe hatte,
mit dem stünnnigen, steten Steigens
gewohnten Führer gleichen Schritt zu
halten« dein seine Eitelkeit aber nicht
erlaubte, eine Verlangsamung des
Tempos in Vorschla zu bringen«
geiss tastend nach einein Gewehr.
,Jch half den Dritan pone Badedis
retten, weil ich neir von hause keine
eigene Vüchse nettes-lenke saate er·
Rennen Sie das Dings Teilst man
weiss-tits
- -.««
»Ja —-’- Ia", antwortete oer Eint-ker;
«’B Treffen liegt freilich stät-J am
Schitzen.«
Eben schlug hinter ihnen die Kirch
thurmuhr erst vier und dann dre
Schläge.
»Die nichtswürdige Glocke!« schal:
. der Oberst, mehr zu sich als zu feinen
« Begleiter· »Wer die ebaut hat, de1
« hat wohl gewollt, da man sie gleid
bis zum Jnselöberg hören solls«
Der Führer fah ihn verwundert an
: »Ich mein’ lt«, sagte er dann, »wir
sollten uns chielen, wir kommen suni
leicht zu spät-« Und da die Straß
fest eine Strecke eben dahinfiifrte
feste er auch gleich die Beine ra ehe
vorwärts. —
»Wollen Sie sich nicht auf meine1
Arm Kühen, gnädigei Fräulein?
wandte sich Borgsedt an Juliu. » E
war der erlse Herkommens-send
Sai, den er heute feiner segletteris
s» gegenüber html-rechte
.vcsek«, nun die antwka et«
i
I
s
I
l
« .
wikd mir nickt schwa. .ch sie-che
nur, Papa könnte sich il ransteens
gen.«
.Aber ich bitte Sie — ein alter
Soldat!· verseyte der Oberlieretes
nant, iiraerlich über den empsange
nen Korb. in leicht überlegenem Ton.
»Ueberdies, wenn er spürt. daß ihne
das Tempo zu rasch wird. tann er es
schon selbst abschwächen.«
Bald hatte man das Feodorahaspi
tal. das leßte Haus der Ortschaft, an
dessen einem Fenster ein wohl eben
falls von Schlaslosigleit gepla tes
Mütterchen in weißer Nachtjacke faß,
hinter sich gelassen
Linls, in dem noch dunllen Buchw
waid, von dessen Geiist der über Nacht
l niedergegnngene Regen tropste, began
«
nen Drosseln und Amseln ihr Mor
genlied zu singen. Rechts, im all
mählich sich erbellenden Thal, stiegen
die weißen Frähnehel aus und weinen,
vom frischen Ostwind getragen, über
den Aschenberg hin wie wallende
Schleier-. Der Himmel war tlar ges
worden, ganz klar, und an seinem
ils-blauen Gewölbe glänzte schon der
Widerschein des nahenden Tages.
Ein Marsch von einem halben
Stündchen noch durch Buchenwald,
l
Wiesen, Felder und Gestrüpp, ast’
recht beschwerlich wegen der ausge
weichten, glitschigen Wege —- und man
hatte die Grenze des Elmthaler Ide
viers erreicht.
Der Führer. der den Schritt seit ei
nigen Minuten erheblich verlangsamt
hatte. spähte wie ein Luchs iiber die
rings von Wald umschlossenen, vom
Nebel nach halb verhüllten Wiesenslii
chen hin, die sich vor dem Blick der
Jagdgesellschast ausbreiteten.
Der Oberst. ietzt ganz Jri er, lud
rasch seinen Drillina und bit chte, he
hutsane über das welte Laub dahin
schreitend, den anderen voran zwischen
den arauweißen Stämmen vorwärts.
Im entlegensten Winkel des Wie
senqelöndes stand ein Sprun Rede.
stins oder sechs an Zahl, und äste neit
Begier das nasse Gras. das nach der
ersthen Mahd schon wieder üppig ge
die .
»Wir wollen lieber ein wenig zu
rückbleiben«. rannte der Oberlieutes
nant Julia zu, deren Nähe ihm heute
jedes Interesse am edlen Weil-wert
raubte.
Julia aber. sast erschreckt über die
Blick die Borgstedts dunkle Augen
aus see schassen, schüttelte in balder
Verwirrung den Kopf und hielt sich
lautllopsenden Herzens ihrem Vater
dicht aus den Fersen.
Da, als dieser, an den schüttan
Stamm einer dicken Buche gedriielt,
eben festgestellt hatte, daß unter den
vertraut äsenden Reden ein starker
Bock war, trat der Oherlieutenant aus
einen tnaaenden Ast, und das Wild
sloa ausgeschnat davon, in langen
nen.
Sätzen die sichere Dickung zu gewin
LOIHDF Sie der Auch-TO riet der"
H
berft mit gediimpster Stimme. »Ich
subte Un Burschen schon tm Ruck
iack u haben. —- Uebri ens«, fuhr er,
durch Borgstedts höfli e Entschuldi
gung nur mäßig besänftigt. fort, »die
Jäqerei zu vieren mit der ewigen
Angst, daß einem im Rücken alle
Mühe verdorben werden kann. hat tei
nen Zweck. Und Jhnen wird«i doch
auch laum Spaß machen, mir wie ein
Schildlnappe Schritt um Schritt zu
folgen. Ich denke, das beste ist, wir
theilen uns-. Und ich sage wie Abra
hani: Willst du zur Linken, sa gehe ich
zur Rechten; willst Du zur Rechten, so
aehe ich zur Linken. —- Also, wie wol-.
len wir’s machen?«
Der Qberlieutenant frohlackte in
nerlich darüber, daß seine «Kriegslist«
ihn dem ersehnten Ziel, einem unge
störten Alleinsein mit dem angebeteten
Mädchen« rascher als er es gedacht, ein
gut Stück näher gebracht hatte. Wenn
man sich nämlich theilte, u zweien
und Dweien natürlich, mu te Julia
mit ihm gehen, da der Oberst der
Begleitung des Führers aus leinen
Fall entrathen konnte. i, (
»Du kommst doch mit mir, Julia?«;
iwandte sich jedoch Rottenhurz nach-’
den man über die ein uschlagenden
Richtungen inj klare ge ommen war,
zu Vorgstedti herber Enttüuschung an
feine Tochter.
»Seit-ist« ries sie. Utcd festen
Schrittes trat sie an die Seite des
Vaters,« dessen breiter Hünengestalt
ihre schlanke. elegante, in ein graues
Lodentpstiim gekleidete Figur an
Größe nur wenig nachftaud
Doch zum zweiten Male sollte heute
ein günstiger Zufall dem verliebten
Lieutenant zu hilfe kommen. Der
ührer erklärte, daß dir here Oberst
cherlickk heute nur noch zum Schuß
tonunen verde, wenn er allein mit
then gehe.
III-I- s
»Aber ich muß doch", sagte Juli-i
mit leiser Erregung zu ihrem sie un
icksliiisig betrachtenden Vater, »mit
Dir gehen! Du weißt, Professor Alt
darf bat Dir die Jagd nur unter der
Bedingung erlaubt, daß ich an Dei
ner Seite bleibe und dafür sorge, daß
Du Dich nicht überanitrengsi.«
»Ich bin kein Kind mebr«, brumm
te der Oberst, und das Ende vorn Lied
war wirklich, daß der Oberst allein
mit dem Tbütin er nach links berg
aufwiirts in die ergwiesen hinein a -
bog. Er ärtteza Julia gestern Abend
seine An cht ’ber Borgftedt deutlig
tund gethan, und es wäre doch no
schöner gewesen, wenn er feinem Mä
del nicht ncebr unbedingt vertrauen
lolltei
Einmal blickte er noch hinter sich.
fiskegnwuunilzeiltu tief er den bang
a .
W
«Wetdmannsdank«, antwortete der
Lieutenant und schwenkte den Jäger
hut mit der Spielphnsedeh
«Borsichtig sein — nicht erhi ent«
hallte ei aus Julius xheller ehle
hinterdrein.
»Hast doch mein Wort, Grünschna
beli« gab der Alte, halb belustigt,«
halb geargert guriiet I
»Dann verschlutte die beiden dro
ken aus dem hange das gründunllel
Waldgehege. und Borgitedt und Ju
lia waren allein in der silberblauen,
nebelumscbleierten Morgendärnmerung
die sich langsam in lichten Tag zu ver
wandeln begann.
Der Oberlieutenant war mitten auf
dem hier ziemlich breiten Wege stehen
geblieben, sah an Julie vorbei ins
Leere und athrnete schwer.
s »Welche Richtung miissen wir ein
» schlagen? Oder denken Sie iiber ei
nen Schlachtplan nach. der Jhnen
mehr Weidmannsheil verspricht, als
der mit Papa verabredete?'« sraate
Julia in möglichst icherzendein Tone.
Sie fühlte, daß Bot stedt nach War
ten rang, ihr seine iebe zu gestehen,
und eingedenk der daterlchen War
nung wollte sie eine Aussprache mit
ihm um jeden Preis vermeiden.
Der junge Ossizier streifte sie mit
einem «priifenden Blick, nnd. unsicher
gemacht durch das frohe, scheinbar
unbefangene Lächeln, das um ihren
Mund spielte, erwiderte er auswei
chend: »Es wäre vielleicht am besten.
wir tehrten um. Man holt sich näm
lich hier nasse Strümpfe und schließ
lich einen tiichtigen Schnupsen.«
»Das-or siirchte' ich mich nicht". gab
Julia todsschiittelnd zurück. «Ueber
dies haben wir doch mit Papa aus
gemacht, um halb acht hier an dieser
Stelle iiir den Heimweg wieder zu
fammensutressen Wir wollen also
aus den Sandberg Mich interessirt
es, die bedeutsame Stelle in Augen
schein zu nehmen« die die Grenze
,dreier Reiche’ bildet. Welche sind es
doch gleicht Mit meinen Muth
schsenllttenntnissen ist’s nämlich schwach
be te t.'·
»Seit-sen - Meinigen. Preußen,
Sachsen - Kohurg - Gotha«, zählte
Borgstedt aus und machte dann eine
einladende Bewegung nach rechts.
»Alle dort hinaus. Der Pfad ist
ichmaL Bitte voranzugehen.«
Julla ging voran, ohne ein Wort
zu entgegnen.
Der Pfad war aber nicht nur
schmal, er war auch naß, schlüpsrig
und weich. Julia mußte an einen
Pfad denken, draußen vor den Tho
ren ihrer Heimathstadt, den sie im
Sommer sast täglich ging. um znr
Badeanstalt zu gelangen, und den
eine mir drolligen Einfällen gesegne
te Freundin von ihr den «Gutn!ui
stig« zu nennen pflegte.
Als man ein paar hundert Schritte
höher hinaufgekommen war. schaute
don linli her, zwischen zwei tannen
bewachsenen Bergliipsen hindurch, ei
nem ungeheuren glühenden Auge ver
gleichbar, die ausgehende Sonne ins
Thal, osz einen purpunen,·samrntnr
tigen schimmer iiber Wiese und
Wald und verwandelte die Millionen
Regentropsen an den schwer hernieder
hiingenten Glashalmen ringsumher in
Millionen alitzernder und suntelnder
Brillanten.
Julia hättet gern halt gemacht, das
wundervolle Landschastähild ein Weil
chen andiichtig zu genießen, es hinein
zutrinten in ihre tiinstlerisch begabte
Seele. es dort unanslöfchlich seine-ur
eln zu lassen« urn es später einmal aus
pier oder Leinwand zu bannen.
Aber sie wagte nicht, still zu stehen.
Sie fürchtete sich vor Borgktedts lei
denschaftlichen Blick, von dem sie sicher
war, dasz er sie auch seit wieder traf,
den sie aui sich förmlich brennen fühl
te; und sie unterdriickte darum auch
den Ausruf des Entzückens, der sich ob
der jungen. rniirchenhasten Morgen
herlrllttchleit aus ihre Lippen drängen
wo t.
Der Lieutenant ließ in der That
lein Auge von Juliag biegsam schlan
ler, glanzuinslossener Gestalt, von ih·
rein goldenen haar, das Funien ii
sprühen schien. Jeder Nerv, je
! Mber seines Körpers bebte und zucktr.
IEr hätte die wenigen Schritte, die
ihn von der Geliebten trennten, vor
wärts stiirrnen, sie an seine Brust rei
ßen, ihr schönes zartes Elsengesicht,i
die Pracht ihres slininiernden Haareii
init endlosen Küssen bedecken mögen. ;
Aber wenn er sich sonst auch des
saszinirenden Einslusses« den er aus
Frauenherzen auszuüben pflegte, sehst
wohl bewußt war, über das Eint-sin
den, das Julia ihin entgegenbrachte,
vermochte»er teine trlarheit zu gewin
nen. Für ein Mädchen. das liebte,
bewahrte sie ihm eine viel zu selbst
sichere haltung. Nach den kurzen
Worten, die er ihr gestern Abend beim
Gutenachtssen zugesliistert, mußte sie
sicher sein, daß er das erste Alleinlein
init ihr zu einer llärendeii Aussprache
beniisen würde. Und da sie doch init
ihren dreiundzwanzig Jahren wahr
hastig kein schüchterner Backsisch inehr
war und sonst immer gan genau
muste, was lie wollte, so ge chah es
eben, uin ihin ab uschreckeii, daß lie
keinem Geständni irnnier wieder ge
chiclt aus dein Wege ging
Ra dein rnan noch ein paar hun
dert er weiter marschirt war,
lreuzte den schmalen «Siiniinisteg« ein
breiterer Feldwea
Julia hatte ihn schon überschritten,
als Vol-Finst, aus seinem Grübeln
erwache , ihr zuries: »Bitte, recht-.
Wir toniineiäügleraxauä zisar aga
ra ans , a r r ei e n
wage end- sauer werden. Un
rechts so en auch sofort das tier
I
s Mike-n einer Okenzlidersehr ttnng -
ben:»dort der dedenzaun åldet Be
»S«OUVC zwischen Preußen und Mei
ningen.« -
Er war rasch an Julius Seite ge-;
Mitv. Und sit gingen nun nebenan-l
ander· den Fahrweg entlang. inmit
ten eines rothhlähenden Meeschlages,!
in dem es schon von tausend emsigen
Bienen surrte und summte.
Nach einer Weise frn te Julin halb
belustigtew halb vermifenden Tone§:
«Denten Sie immer noch an nasse
Strümpfe, weil Sie mir fortwährend
aus die Füße sehen?«
Der Lienteant btictte betreten zur
Seite. »Es ist ungehörig«· antwortete
er. »und ich bitte um Verzeihung.
Aber nur io wenige Damen verstehen
richtig zu gehen. Die einen tänzeln,
als tliingen ihnen fortwährend Polle
tatte in den Ohren, die anderen stopfen
wie die Nilpferde vorwärts, und die
dritten schleichen dahin, wie wenn sie
irgend eine schwere Last zu schleppen
hätten. So zum Beispiel Fräulein o.
Schliehem ioie dann noch mit ihren
Röcten die Promennde feqt. Nur Sie,
Juliu, vereinen in Ihrem Gonn feites
Zielbewußtsein nnd holde Grazie.
Und wenn es wahr ist. daß man aus
der Gangart eines Menschen aus sei
nen Charntter schließen tann ——-«
»Kostb.1r«, siel ihm Julin mit hel
lem Auslarhen ins Wort. ,Sie ver-—
stehen wirklich. Ihre Komplimente
einiulleiden.«
Aber ihr Lachen llana gezwungen.
Daß Borgitedt sie lect beim Verna
men genannt —- zum ersten Wall —
machte, daß ihre Befanaenheit, die sie
in der lichten Morgenllarheit schon
überwunden gealanbt, sich thlings
nieder um ihr pochendes herz legte.
Der Lieutenant erwiderte nichts,
und sie schritten weiter. Ader wenn
auch in beiden — in ihm theils aus
Eitelleii, theils aus Furckst vor dem
Erlöschen der beseligenden Hoffnunas
flamme, in ihr aus kindlichem Ge
horsam — ein Zaudern war, ein
Wehren gegen die Liebe. die Ehre
Hände und ihre Lippen zueinander
zwingen wollte. beide fühlten es, daß
der Trieb in ihnen zu mächtig war.
als daß sie ihm in dieier Vermahnu
teit noch lange würden Widerstand
leisten können.
Der rothbliihende Kleescktlao aina
in ein noldaeldes. der Sense des
Schnitters harrendes Kornield über,
dessen Aedren im Windhauch nickten
und sliistertenz dns Kornieid fnieder
ichniieate sich. wie Schutt fuckend an
den Sznm des Hockwaldes an. Bald
wöibten hochstömwiqe Tannen ihre
bunteiariinen Wiviel iider den Häup
tern der wortlos Dahinwanderndem
und wieder boa man von dem beque
men Fahrweg in einen schmalen Wald
pfad ein«
Steil und qlatt iiihrte er aufwärts:
Julia sstiea mit äußerster Kraftan
strengung voran. So fieberhaft rasch
auch ihr Puls und ihr Nil-ein arbeite
ten. sie wadte nicht einen Augenblick
steh-en in bleiben.
Gvrtietzuna iolgU
f
Der erste fes-der der Schau-Ina
echt-e.
Ein Freund der «Wiener Fr. Pr.'
fchreibtt »Jn der Nummer vom lö
Febr. fchrieb die »Neue Freie Presse«:
ZweiErfindungen, denen bei ihrerWeis
terentwictlung eine orofie Rolle in der
modernen Technik beschieden war. find
von Oefterreichern gemacht worden,
denen es aber nicht gelungen ift, die
Priorität ihrer Jdeen mit Erfolg gel
tend zu machen und die Früchte verfei
ben auch nur im befcheidenften Maße
einzuheimfen Der eine von ihnen war
Reffel, der Erfinder der Schiffs
fchraube der andere Matersperger, der
Erfinder der Nähmafchinr. Diefen
zwei Erfindern reiht fich noch ein drit
ter an, deffen Schictfal genau dasfelbe
war, wie das feiner zwei genannten
Landsleute. Es ift dies Peter Mitter
hofer, der erfte Erfinder der Schreib
mafchine —.— ein Tiroler wie Maderö
perger, dessen Geburtsort Kufftein ift,
wo ihm auch ein Denkmal errichtet
worden ift. Peter Mitterhofer wurde
am 20· September 1822 zu Part
fchins, einem Dörfchen auf der TölL
von wo die Etfch in raschem Gefälle
aus dem Vintfichaau zum M Meter
tiefer liegenden Meran niederraufcht,
geboren. Sein Vater war ein Tifchs
ler, der dem Knaben fein andwerl
lehrte. Der junge Peter zeiate bald
grofpes Gefchid und verfertigte fich
Zither und Gitarre, womit er feine
Lieder begleitete, felbft. Er war näm
lich auch ein in feiner Umgebung be
liebter Sänger-. Bald wurde ihm die
heimatb zu ena und er durchwanderte
Oefterreich und Deutfchland. Um
1866 machte er fich daran, eine
JSchreibmafchine zu verfertigen. Der
Herfte Berfuch mißlang, um fo besser fiel ;
idee zweite und dritte aus, wie Mitter- "
hofer nicht ohne humor in znittelverk
fen erzählt. Jn denfelben t ilter mit,
dafi er im Jahre 1866 feine Schreib
mafchine auf den Rücken genommen
und nach Wien gewandert fei, wo er
vorn Staate eine Subvention von M
fl. belam. und daß die nächste nun
wieder verbefferte Maschine fiir die
Wiener Technik um 150 fl. ungetauft
wurde. Um iiber die Richtigkeit diefer
Angaben Sicherheit zu erhalten,
wandte fich der Obmann des Meraner
Mufeums Dr. Junerhofee an das
handelsminifterium und an das Rel
torat der Wiener Technik und erhielt
oon deidln Seiten die Bestätigung
til-er die volle Richtigkeit der Angaben
Mitterhofert und hat in dem vorige
Jahe erfchienenen 52. hefte der Zeit
«tchrift des Ferdinandeurns die ganze
Angelegenbeii bespkschst Sie seis
bier der Darstellung nnerbosers und
bemean noch, daß d elbe als Son
derabdruck erschienen ist, in weichem
eine Abbildung der Maschine enthalten
ist. Das Ministerium forderte (arn
Is. Dezember 1866) vom Reiterei der
Technik ein Guiachien, welches auch
schon am 23. Januar 1867 abgegeben
worden isi, in dem es beißt: »Mein
Rede stehende Schreibapparai entbiili
eine Anzahl Tasten, durch deren Nie
derdriicken eingeschmärzie Letiern ge
hoben und gegen ein um eine sich regel
mäßig beweaende Walze gewicieiies
Papier angedriicki werden« sodaß das
zu Schreibende unmiieibar in Druck
schrisi erscheini·« Des weiteren glau
ben dieBeuritkeiler allerdings. das-, der
Apparat kaum praktisch verwendet
werden wird, da man mit demselben
nicht so schnell wie mit der hand wer
de schreiben können. Daß er aber zun
Schreiben geeignet und brauchbar ist,
wird ausdrücklich betont. Erst gegen
Ende des Jan-es 1567 — also ein val
led Jahr sbiiter s— wurde in Amerita
von den Buchdrurlern Sbolei und
Saul-T im Verein mit dem Mtchaniler
Glidden eine Schreibmaschine erfun
den. Daraus aebt nun unzweifelhaft
hervor. daß Peter Mitterlwfer die erste
drauchbare Schreibmaschiue ortsertiat
bat, und wir Defterreicher baben nicht
nur dem Andenken des Ersinders ge
genüber. sondern sin uns selber die
Ehrenpflicht. durch " ein Erinnerunas
zeichen —- und wäre es die einfachste
Gedenltafel — in Partschlns der Mit
undNachwelt die Thatsache in Erinne
rung zu brinaen und zu erhalten. ein
Wunsch den Dr. Jnnerhofer in seiner
gedachten Sckrift schon ausaesveochen
nnd welchen der Einsender dieser Kei
len nur aufs wärmste nntersiiisen
möchte. Zum Schlusse noch das alte
Lied: Peter Mittesbafer besaß nicht die
Mittel, seine Erfindung auszudeuten,
und mußte zusehen, wie die von ihm
Zuerst ins Leben aerusene Jdee von an
deren auch ausaelseckt und aliietlich ins
Ttrattiscke übersetzt wurde. Er starb
in ärmlichen Verhältnissen am 27.
August 1893.«
— s-·—-—--s
ON
hoher-us Wasser-raste
Die Ausnutzung der Wasserträste,
soweit staatliche Kontrolle in Betracht
tomrnt, ist hierzulande ein noch wenig
beschriebenes Blatt; in Europa hat
man darin mehr auszuweisen Jn
Bayern zum Beispiel ist die Frage,
welche Kräfte der Staat sür eigene
Zwecke mit Beschlag belegt, welche an
dere er zwar auebauen, aber verpach
ten, und schließlich, welche er der Pri
vatindustrie überlassen soll,Gegenstand
lebhaster Erörterungen. Aus Mün
chen wird darüber berichtet: Der ohne
hin schwierige Austrag dieser Streit
sragen dauert vielleicht auch deshalb
etwas länger, weil drei Ministerien
dabei betheiligt sind: daBVertehrsminis
steriurn wegen des Krastverbrauchs
für den elektrischen Bahnbetrieb, dai
Finanzministeriuni wegen der mit der
Privatindustrie zu vereinbarenden Ab
gaben und schließlich und vor allem das
Ministerium des Innern, dem die in
Betracht tommenden technischen Behör
den unterstehen. Da nun gelegentlich
eine gewiise Ungeduld sich bemerkbar
macht, weil zwar seit einigen Jahren
viel von den Wasserträsten gesprochen
worden« aber bisher noch nichts allge
mein Ertennbareo geschehen ist, so
zahlt eine halbamtliche Verlautbarung
die Wasserlriiste am Lech, im Franten
wald. an der Loisach und an der Alz
aus, welche schon jetzt der Privatindu
strie überlassen werden tonnten. Ueber
die von der Badischen Anilin- und
Sodasabrit gewünschte große Wasser
trast der untern Als ist dagegen die
Entscheidung noch immer nicht gesal
lrn. Nur so viel läßt die Regierung
mittheilen, daß ein Theil dieser Krust,
auch wenn der Staat sie aus-bauen
sollte, der privaten Verwendung über
lassen werden wird. Die handels
kammer von Oberbahern hat iüngst
dahin Stellung genommen, dass diese
billigste und nächst der des Walchens
sees mächtigste Wassertrast Bayerns
zur Anlage von Stittstosswerten der
Privatindustrie überlassen werden sol
le. Aber neben grundsätzlichen Beden
trn scheint namentlich die Frage der
Konzessionsdauer Schwierigkeiten zu
bereiten. Unter den Plänen, die von
der Wassertrastabtheilung ini Ministe
rium des Jnnern neuerdings ausgear
beitet worden sind, steht an ersterStelle
das Projett, deni Jnn aus dem zu
Ba ern gehört en Theil seines Fluks
lau s 75,000 Hit. abzugewinnen. En
anderer Entwurs will durch die Kraft
der untern Jsar die hochentwickelte
Landwirthschast des Donauthals mit
elettriicher Energie versorgen. Inzwi
schen tani mit dem l. März der Zeit
punkt heran, an dem nach den ur
1spriingltchen Vorschriften die Entwürs
J se für den Wettbewerb um den Ausbau
der Vatchenseetrast eingeliesert werden
sollten. Voraussichtlich dürfte aber,
obwohl bereits viele umfangreiche Ir
beiten eingesandt worden sind, der
schlußtertnin des Wettbewerbs ver
längert werden.
Emily: »Aber Kitty, Liebste, deta.
neues Kleid teht dir gar nicht. — Das
Rot paßt a olut ntcht zu deiner etwas
blcssen Gesichtsfatbr. Jch werde mit
nur ein Frühlingstletd machen lassen,
das genau zu meinem Teint paßt-« —
Kitty (liebenötvtttdi -hatmloi): Eber
sind denn dte hu gemacteu Kleider
nicht arg teures«