Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 09, 1909, Zweiter Theil, Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Bisans Ende der Welt«
scoiuau von Max-inmitte- Bottich-v
(2. Zortfesusz
Der imiiitte »Wenn-« sauste ab,
das Ue Fracksckpöße flogen; Schein
lade nnd Tom kamen. man aß und
Mist, athmete die wütige Bergluft
MS den Duft der blühenden Lin
Musik lauschte der Musik und
taufchte auch hin und wieder eine
ficht immer ganz beifällige Bemer
kn iibet die mehr oder minder in
tete anten Kurgäfte aus, die in
bunter Reihe plaudernd, lachend,
Akte-d. flittend zwischen den leuch
den Blumenbeeten der EIN-ma
de dahinflamitien.
Da schlug die laute Thutmuht
auf dem Kirchthnrm wieder zwei
Wde Schläge
»Mi? Schon halb stian fuhr
der Oberst auf und zog seine ein-z
koche. offenbar schon recht alte TH
scheut-by um zu vergleicen
»Ein Standal -—— diese Buinines
lei!« sprach er in ärgerlichen Tone.
weiter, und seine Stirn, über der
das weißgraue, ein wenig lockiae
Haar schon sehr dann geworden
war, legte sich in tiefe Querfalten
,Das nennt sich nun Offizier. Ober
teutnant der taiserlichen Schutz
truppe, unb ist, wenn man ein Ren
dezvous zu fünf Minuten nach oier
verabredet hat« urn halb fünf noch
nicht zur Stelle! Sage und schrei
be: nach fünfundzwanzia Minuten!
Fa — in Deutsch - Siidwestasrita
wird webt schon ukn acht angetteten
werden, wenn urn sechs ausgerückt
werden soll!« setzte er rnit scharfem
Spott hinzu. «
lias weiße, feingliedrige Hand
dre e das Tbeelöffelchen auf der
Untertafse unruhig bin und ber,
iiber ihr oornebrn holdes Antlit.
dein der reine Teint der echten
sbndinkn eigen war. buschte eine
seichte Mitbe, so zart wie das Noth
edler La Frankerosen nur flüchtig
wie ein hauch. Die Schuld an der
Verspätung trifft wohl nicht Herrn
v. Bordftedt, sondern seine Mutters
tagte sie mit gepreßter Stimme
.,-Die Frau Batonin schläft gern
lange und ist auch ein wenig um
ständlich bei der Toilette." " .
·Daö soll mir sehr leichgiiltig
sei-IT polterte der Ober weiter.
ging er die langweilige Taute zu
use lassen.«
Aber, Männchen, das ist doch
«in Dein Ernst-, warf die Im
Oberst mit ihrer immer miide tlin
senden Stimme ein und blickte ib
ren «lieben Brausetopf« mit zärt
licheni Lächeln an. »Du, bie ver
sonifizirte Galanterie —
«Zch wass« fiel ibr der Zorniae
brummend in die Rede. »Was-net
haben Wort zu halten ohne Rück
sicht aus den Mittagschluninier und
die Toilettentinterlischen ihrer Da
men.«
Nun stockte das spärliche Geriesel
der Unterhaltung ganz, und Juliaz
biiette gedankenverloren die Kur-pro
menade entlang.
Plötzlich zogen ihre Brauen sich
leicht zusammen, ibre Nasenfliigel
blähten sich ein wenig, und aus ib
een Augen war der Ausdruck träu
menden Sinnens wie weg-genascht
»Er-nimm sie endlich? «fuate der
Oberst, der das Mienenspiel seiner-,
Tochter beobachtet hatte. s
«Bordftedts nicht, aber Fräulein-;
v. Schlieben«, antwortete Julia mit
einem getrennten fast feind-seligen
Mutes in der Stimme.
»Das ist neit«, sagte Frau v.
Menbura sichtlich erfreut. »Da
Cis ich sie doch gleich fragen, ob
Its heute Abend nicht wieder musi
« - wollen. Sie geigt gar zu
wundervoll. die Kleine!"
«Ja aus den harntneldärrnen ver
sieht e u streichen. Und ein rei
ädes s warzes Hexchen ist sie auch
e wegen ihrer Kunst rnii Elterns
send verwandten zu brechen —— dass
Pfe sie doch lieber bleiben lassen
isen«, tbat nun auch der Oberst
seine Meinung kund-.
Wenige Sekunden später betrat
Ui mit so gemischten Empfindun-(
" crtvartete die Veranda des Kur-l
, , begrii te Rottenburas —- et-;
III z- le hat« zu »burschitoi" fiir1
W an prägtes Feinaefiihl —i
« M las, nachdem ße demJ
s Eber ein Vuhend Köpfe hin-i
, W hatte: »Ehe Tasse
« . ’-.-·· III MII DREI
»Die putethaltung bewegte ikch zu
suchst In»den bequemen, ausgetrete-Z
nen Geletsem in denen sich Gemmhi
und Verstand erholungsbedürsigeki
sahesssie an warmen Sommer-,
nackimtttagen am wohlften Hintern
Met —- Kutgebrauch -—— etwas;
Spott und ein wenig, nbee nur eint
M klein wenig Matten freilich:
sch, der als solcher tamn geften
konnt-, denn sonst hätte der Oberst
das Iesptösh unter allen Umstän
den sit W seht entschiedenen
IFan abgebrochen
In dem höflich verbindlichen Ton,
It sie-« Julia v. Rottenburq und
Æm v. Schlichen —— eigentlich
Dies sie Stäjtn Schüssen —- einan
iet weideten und erwiderten, wäre
USE-es Beobachter vielleicht
»in-e me leite Beim-thesi
aus-gefallen eine sorg arn versteckte
Feindseligteit, die gera in der ein
trenig geslissenilichen höflichleit ih
ren deutlichsten Ausdruck sand.
Als das Gespräch einen Moment
ins Stocken gerieth, sragie Frau v.
Rottenburg: «Werden Sie uns heute
Abend wieder etwas vorspielenk
.Wenn’s der gnädigen Frau
Freude macht — gewiß«, war die
rasche Antwort.
»Schon ehe Sie kamen, sprachen
wir davon. wie herrlich Sie Ehre
Violine zu meistern verstanden. - as
wundervolle S umann·sche Abend
lied, das Sie ge tern zuletzt spielten,
hab’ ich die ganze Nacht im Traum
gehöri.«
Aus Vilma v. Schtiebens dunklen
Augen guckte ein dantbarer Blick zu
der Lobspenderin hinüber· «Gnädi:
dige Frau haben aber auch so zart.
mit so tiefem Verständnisz begleitet,
Huie mir's nur höchst selten einmal
! beschieden gewesen ist.«
»Ra', warf der Oberst rnii einein
leisen Lächeln ein, Freiherr v. Borg
stedt ist als Begleiter doch wohl auch
nicht zu Verachten, Kawiesse?«
»Gewiß, der Herr Oberlentnant"
spielt sehr gut und mit großer
Verde. Doch nur die geräuschoolles
ren Sachen, die Bkenden Für die
intimen, seinempsundenen Kompo
sitionen ist er, glaub’ ich, zu tempe
ramentvoll'«, gab Vilrna mit einem
sleisen Achselzucken zurück. Im schros
sen Widerspruch aber zu diesem Lich
selzucken und dem gleichgültigen
Ton ihrer Antwort stand die tiese
Muth-, die sich bei dem neckenden
Augenzwinlern Rottenburai iiber
ihr schmales bräunliches Gesicht bis
zu dem lrausen, nacht-schwarzen Haar
empor ergossen hatte.
»Ihr absprechendes Urtheil über
sein Empfindunagvermögen werd’ ich
Herrn v. Borgstedt vermelden, Rom
tesse«, scherzte der Oberst weiter und
hob drohend den Finger.
«Meinethalben', entgegnete Vilma
gelassen. »Ich baW ihm iibriaens
schon selbst gesagt. Nur um eines bitt’
ich Sie, Herr Oberst: nennen Sie mich
nicht immer Komtessr. Ich bin mal
eine gewesen. aber ich hin ießt keine
mehr-« Ihre Stimme hatte einen
Klang angenommen, durch dessen
scheinbar-e Härte Schmerz und Groll
zugleich zitterten. .
»Na —- na«, wars Rottenbura ein,
»nur nicht gleich so scharf! Man bleibt
doch bei uns zu Lande nun mal der,
der man von Geburto wegen ist. Man
tann seinen Namen wobl in seiner Ei
genschaft als Künstler ändern, aber
doch nicht als Mensch, als suristische
Person. Und ich bin fest überzeugt:
rrenn Sie sich eines schönen Tages ver
loben werden« werden Sie hübsch aus
die aoidgeriinderten Karten drucken
lassen: Griifin Schlksen und nicht
Fräulein v. Schlieben.«
»Da irren Sie lich seht. here
Oberst-. Ich will nichts mebr zu
thun haben mit der Vergangenheit,
die hinter mir liegt." Das klein-e
Hündchen des zierlichen Persönchens
tramvfte sich zusammen, ans ihren
dunklen Augen blitzte seste Ent
schlossenheit.
Nottenberg ärgerte sich. Er war
—- so wenig Vorurtheile er sonst bat
te —- ein abgesagter Feind der
Frauenbetveauna und aus Vilmas
Worten hörte er nichts weiter her
aus als Emanzivationisuchb
»Da bätten Sie, um tonseauent zu
sein, das Adelsprädilat vor Ihrem
Namen überhaupt weglassen müs
sen«, setzte er das Gespräch in ironi
schem Tone fort.
«Gewis3«, gab Vilma wieder in
ihrer srüheren gelassen gleichgültigen
Weise zurück —- «dai hatt« ich wohl
müssen. Und ich thät’s vielleicht heute
noch. wenn ich mir nicht unter dem
Namen von Schlieben bereits einen
Namen gemacht hätte. Aber die Vir
ztuosin n schießen wie Pil e aui der
Erde. a würd· ich schlie lich unter
dem einfachen Schlieben siir eine neue
laebalten werden. Und dann —- ei
sieht gri; auch gartzuoghrbäiaschoßkole
aus. a ,oon' jet n a n n.«
« Oberst v. Nottenbura blickte blüh
lich sehr ernst. Haben Sie denn nie
Sehnsucht, sinds Sehnsucht nach
Muse. Zehnlucht nach Vater nnd
Mutters«
»Sebniucht!« Um Vilmas vollen·
rothen Mund guckte es. »Was tommt’s
im Leben darauf an. wonach wir uns
sehnen? Wer fragt nanach? Und wozu
auch? Mit feinem Sehnen wird jeder
am besten allein fertig.«
Rottendurg riiusperte sich und zupf
te an seinem Schnurtbarix »Ihr here
Vater und ich waren einst auf der
Kriegsaiademie gute Kameraden nnd
haben uns auch spnfi im Leben noch
manches liebe Mal eiehen und gern
gehabt Das leite al —- wd mass
doch gleich?— richtig, bei einer Treib
iasd in Schlesien Ei ifi allerdings
nun auch wohl schen an »die zehn Jah
,te der. Aber ich denke, wenn ich an
meinen alten Kameraden schriebe, daß
Sie eigensinniges, Keines Kind —«
, »Nein, niemalö!« fiel ihm Bilnra
fast schroff in die Rede. «Riemals.
Man würde m neuem die bedin
anna hellen, das ich meine Kunst
aufgeben foll. Wozu neue Stärme
und Kämpfe. die doch zu teinersn Ziel
führen können!'«
»Das Aufgehen Ihrer Kunst Mir
de man wohl nicht oon Ihnen ver
langen«, fuchte der Oberft zu desj
tigen, «iondern nur das Aufge
der öffentlicken Bett-Eingang Und dut
ift doch ein gewaltiger Unterfgiedf
»Du-how nicht. Sagen ie ein
mal einem Maler, der wirkjich wol
kann, er folle hinfort nur fiir die u
milte malen; oder einein Schrift l
ler, der Talent·hat, er folle nur fiir
den Freundeskreis fchreiben —- toas
die Ihnen antworten wurden
»Da lotnrnen Borgftedt3', fagte Ju
lia plöklich mit sichtliche-n Aufritt-mein
Jhr war während der -Unterh.iltung,
die ihr Vater mit Fräulein v. Schlie
ben geführt, gar nicht behaglich zu
Muth gewesen. Die »kleine Ziegen-ne
rin« —- wie fie die Kornteffe in Ge
danken doppelfinnig zu nennen pflegte
——- hatte fckson tiichtig was durchse
niocht in ihrem jungen Leben! j
steckte übers-Haupt in dem winzigen
Perfönchen ein gutes Stück Kraft und
Charakter, das wohl einein jeden Ach
tung und Mitoefiihl sdnötäigen mus
te. Schade, daß sie selbst durchaus
keinen Herzenston zu drin interessan
ten Mädchen finden konnte, daß das
eine zwischen ihnen stand s- das eine.
« — Ader Thorheitl Das wa ’n ol
les Idol-heit, süße Thordeit —- räu
nee SommerträumeZ
Und Julia faltete die feinen. fehlt-n
ten Hände imSchoofi und blickte höchst
angelegentlich in die fprijlzenden Tro
Pien des- Springbrunnens, gleich als
sähe sie den ausfallend ftattlichen und
schönen Mann gar nicht, der eben mit
einer für ihre irchtin Jahre etwas iu
oendlich gekleideten Dame die Veranda
betrat· und nach dem alles ringsum
her. Männer, Frauen und Mndchern
die Köpfe wandte.
Der Oberst hatte seine Uhr ezoqen
««isiins Minuten-nach siinsl A so rech
tig aus den Kopf eine volle Stunde
Verspätuna«. rief er den beiden Un
tiiminlingen, die eben an seinen Tisch
traten, vorwurssvoll zu. »Da wird
aus unserem Gang nach Schloß Al
tenstein wieder nichts. Und das Wet
ter wäre zu dieser Partie so brillant.
geradezu wie eigene bestellt gewesen!
Anfang nächster Woche tommt der
Herzog « dann dars man iiberhaupt
nicht mehr in den inneren Pakt hin
ein."
Rottenhurng und die Baronin wa
ren in derselben Provinzstadt ansZisiQ
man verkehrte schon seii Jahren mit
einander, wenn auch nicht gerade in
tim, so doch regelmäßig; darum durs
te sich der Oberst schon erlauben, seine
Meinung srei von der Leber weg zu
sagen. was er einer neuen Pudel-e
tanntschast gegenüber aus teinen Fall
gethan hätte.
»Ich bitte tausendmal um Ent
schuldigung', antwortete Oberlieutes
nant v. Borgsiedt, mit gewinnendem
Lächeln seinen Panamahut ziehendi
.Marna hatte das schreckliche Pech. ani
dem Prachtexemplar von Bluse. das
sie da an hat. eine zerpiakte Naht zu
finden. Es tostete Zeit, viel Zeit, den
schlimmen Schaden zu repariren. Er
war das Zimmermiidchen nicht da.«
dann war die mit schwerer Mühe aus
aestiiberte Seide eine Rüanre zu dun
tel, und dann — dann —. Na, die
Damen werden ja wissen.«
Er lachte, wobei unter Feinem star
ken und wohlgepslegten schwar n
Schnurrbart zwei Reihen tader er,
blendend weißer Zähne sichtbar wur
den, und aing von Frau v. Ratten
burg zu Julia, von Julia zu Bilma
v. Schlieben. jede galant mit einem
Handtuß begrüßend
Der Kuß aber. den Julia empfing,
war länger, siammender, als die bei
den anderen, die er austheiltr.
»Und gnädige Frau konnten oon
Jbren —-- wie ich zu schätzen wage —
mindesteni zwöis mitgebrachten Ko
stiirnen nicht it nd ein anderes an
ziehenk fragte ottenbura die Baro
nin, die eben umständlich Aas nahm,
nicht ohne den schwarzen Sammtroet
so zu rassen, daß die buntseidenen,
spißenumrauschten Deisoui über den
Lackstieseletten ein wenig zum Vor
schein tausen. » ,
»Ach«. ertönte die säuselnde Ant
wort, »ich Jsatte mich nun einmal aus
diese roia Blase laprizirt, weil ich sie
hier noch nie angebabt habe. Wie
gefällt iie Jdnen übrigens, liebe ana
diae Fr.-.u?" wandte sie sich an Frau
v. Rottenburg.
»Seht hübsch -- wie alle-, was
Sie trage-ich erwiderte die Gesragte
ziemlich gleichgültig
»Die Zusammenstelluna von Rasa
und Schwarz steht Frau Baronin in
der That reizend«, ließ sich Vilina
v. Schlieben vernehmen. Sie wußte,
daß Frau o. Borgstedt ej gern hatte,
wenn man ihr über ihre täglich minde
stens dreimal wechselnde TailetieKonv
pliinenteXsagty und sie ging darauf
aus, sich ihr angenehm zu machen.
Der Oberleutnant hatte es so ein
zurichten gewußt. da er den beiden
jungen Damen ae der Mai neh
men konnte. und wischte, während er
dein Kellner in heradlassendeni Ton
seine Bestellung auszah. mit dein
wissest-wen bunt «ndertensaschkn.
tued angelegentlieh ein Monatei.
Reiterei-arg konnte seinen Ierget
über die schon dreimal verabredet(
» und m siedet ins Wa er gest-sent
Partie nach Schloß Allen ein nicht st
rasch verwinden. Uns irgend eint
Weise mußte er ihm nach Luft ma
chen ·- dat la so in seinem Jung
rarnent oder r ti er an seinem -
denden. start verf eten.derzen.
« be ei . s W
m FqunäsEuMä as
..--..- --H--·--.-.---. »
die schöne Ruhezeit in solch einem
herrlich ungezwungenen Nest wie Lie
benftein mit Tailettentram verscherzen
kann. Tuch Sie, Herr Lieutenant. ha
ben sich wieder derausgepust, als wä
ren wir hier mindestens in Ostendr.
Aber mir scheint, Sie trag-en u dem
Panaina und den weißen Sehn n nur
deshalb auch hier im Gebirge den
schlolsweißen Strand-nqu damit die
interessante afritaniiche Bräune durch
die blendende Farbe der Unschuld noch
mehr aeboben werden ioll.«
Borgfteot lachte wieder sein leise-.
beitrickendes Lachen. «Jch habe den
Herrn Oberst stets als einen hervor
ragenden Psychologen zu schönen ge
wußt«, antwortete er verbindlich und
llemmte dann sein Monolel ein
«Was heißt denn überhaupt —
Strandanzugi« wart Vilma act-sel
guctend din. »Ich finde die Beze2ch
nung einfach verkehrt Gerade, als
wenn die beeren nur am Meeres
strand die Berechtigung haben sollten.
sich leicht und gefällig zu lleiden. Wir
Damen —- Du lieber Himmel —- zie
lien doch auch an, was uns behaglich
in und was uns hübsch zu Gesicht
itebt.«
Der Oberlieutenant verneigte sich.
»Im Namen meiner iäwmtlichen
Geichlechtsgenossen ehrfurchtsvollen
Dank
.Uberigens. here Baron«, nahm.
Rottendura mit leisem Stirnrunzeln
wieder das Worl. »Das Stück Noth
wild, das Sie heute morgen aniSand
berq angeichossen haben, ist gefunden
-— drüben auf Beirodaer Revier. im
Fließ. Weidwundichuß. Ihr Führer,
Den ich vorhin traf, bat mir'5 erzählt.«
»Was Sie sagen!« fuhr Borgitedt
Sei-haft auf. »Ich bin also richtia,
wie ich's Ihnen gleich Morgens aus
iprach. etwas rechts abgeloinmen.
Leicht möglich in dem vertrackten Nr
bel. der mir wie ein Sack auf die Visi
runa fiel.'
Ver Oberst räusperte sich und zerr
te an feinem Schnurrbart. «Eg war
iibriaens ein Altthier.«
.So?« fragte der Oberlieutenant
gebet-ni. .Da das Stück allein an
mir vorbei-wa. bielt ich es für einen
Hirsch Viel Zeit zum Ansprechen hat
te ich nicht. Jst ja auch übrigens
aleichaiiltia, ob birfch oder Alttbier,
Zu Rotbwild drüben in den Dessen
liindern. zu denen das Elnienth.iler
Revier gebört. keine Schoneeit hat«
»Ach, mein himmel«, seufzte Frau
v. Rottenburg, «nun find die Herren
also aliicklich wieder bei ihrem ewig
unerfchövflichen Thema anaelanat!«
Der Oberft legte dem neben ibrn
sidenden Boraftedt die band auf den
; Arm. .Rebmen Sie mir’e nicht übel
"Verehrtefter. Ich verstehe nicht recht.
; wie ein Mensch mit Gemütb und Em
Ipfinden um dieie Jahreszeit wo die
Alttbiere ibre Kälber führen, ins Ge
lag hinein auf Rothwild feuern kann,
ohne fich vorher sicher zu überzeugen.
daß er auch wirklich ein jagdbares
Stück vor fich bat. Ganz abaefeben
von dem Unweidmänniichen solchen
Tbuns — ich meine, das her-i müßte
sich anen im Leibe umdrehen. wenn
Sie daran denken. daß das arme
..ftalb, dem Sie die Mutter wegne
tnallt haben, nun bilsloe im Forft
umberirrt, rettungslos dein hunger
tode oder den Fängen des Raubzeugs
preisgegeben.'
Der Oberlieutenant zog die Schul
tern doch. «Dn lieber Gott. wie viel
Tausende von Müttern werden nicht
— um im Bilde zu bleiben —- im
großen Reich der Natur täglich von
ihren Kindern weggerissen Das
bringt nun mal das Gesetz des ewigen
Kampfes, der unaufhörlichen aeaeniei
tigen Verfolgung. das untere Erde be
herricht, io mit sich. Auf das einzelne
Individuum kommst niraends an»
Auf uns auch nicht. heute roth —i
morgen todt. Und weshalb fallen
wir mildherziaer sein als die ioaes
nannte ,allaiitige’ Naturs« Er zuckte
wieder die Achtelm «Ueberbauvt —
wer sich wie ich drei Jahre im dunklen
Ifrika mit hottentotten und Hereroi
herumgefchlaaen hat« die jede-Weißen.
den sie nur fassen können, unter den
scheuslichiien Martern und Qualen
hinüberbekördern. der lernt sich mit
der Zeit auch eine arwifse Gefitbllokf
keit an. Ra, und beider Jagd —- s
werden Sie ja selbst wissen — kommt
eben noch die Passion binzu.«
Rottenburg tromrnelte mit den Fin
gern erregt auf den Tisch. »Ich denle,
wir lassen dies Thema, bii wir ein
mal unter vier Augen sind. Dann
hätt« ich Sehnen darüber allerdinas
noch mancherlei-zu iagen.«
Der Oberlieuteant verneigte sich ein
Mis. Die Damen schwiegen bedrückt,
L keine fah die andere an.
Nach einer Pause wandte sich ver
Oberst, der nicht gern den Stim
mungiverderber spielen wollte, in
verändertem, fafi freundlichem Ton
von neuem an Vorgftedi »Sie tön
nen sich wvbl vorstellen, wie fehr ich
Sie beneide, daß Sie hier, fo oft ei
Ihnen paßt, mit dem Schiefzpriigel
in den Bergen ’rumtleiiern lönnen,
während ich armer Teufel mit mei
nem elenden herzen immer auf den
Promenndennsegen ltrumfchleichen
musi«
Jönnen Sie denn wirklich nicht
rnnl mit? Ich denke, es gelIt Ihnen
doch schon viel desserk fragte der
. Oberlientenant. »Und roas man hier
fo Berge nennt —- «
, »Auf keinen Fall«. iel Juli-i ihm
ins Wort. Papa dar es nicht! —
Und nicht wahr, München Du bist
- vernünftigs«
»Viel-en muß ich doch noch mal mit
dem sadesrzi, ob ich's nicht einmal
Dosen darf, ein einziges Mel nur —
mit aller Vorsicht«, war die gepreßte
Antwort
.Tltu'i nicht« liebes Munchenl«
tat nun auchoisrau v. Rottenburg.
»Du erreait Dich so leicht, und denke
doch, wenn ei Dir schaden wiirdeiElin
Ende erlitteit Du qar einen Schlagans
fall. Waöjollten wir wohl ohne Dich
anfangen. ich Ieilia und Waldemar?«
Thränen traten ihr in die müden Au
gen.
Im Musitpavillon spielte die Nur
tapelle eben «Erinnerungen an Tann
häuier«. eine von jenen Transkriptio
nen iiinitlaisiger Komponisten, die,
unfähig, ei enes zu ersinnen, eine An
zahl Melo ien aus einer beliebten
Oper aneinanderilieten. zwei. drei
Uebergangetatte tell-it «ichaiien«, die
Begleitunq verballhornisiren und al
lenfalls nach die Tonart vereiniachen,
damit auch ja jedes Dorforckseiter jei
des Maoiergänscben ihre Machwerle
spielen und vor allem —- laufen tann.
.Dir. Göttin der Liebe, ioll mein
Lied ertönen«, iauchzten die Geigen
des selig-unseligen Tannlzäuiers Lied
Jaus dem Söngerstreit, und der dicke
Kapellmeiiter schwenkte seinen Salt
stoct wie besessen.
Boraiiedt. vie leidenschaftdurchzits
ierte Melodie leise mitiurnrnend, iah
Juiia v. Rottenbura an. und aus zwei
dunklen. feurigen Augen schoß ein
flammen-der Strahl zu zwei sanften.
lichtblauen hinüber. die dem Anprall
nicht Stand zu halten vermochten und
den träumerischen Blick bellominen.
verichiimt auf die im Schooß gefalle
ten Hände senkten.
Eine andere aber, die daneben faß.
hatte das Spiel eiferiiichtigen Herzens
beobachtet. Ueber ihre ichwarzumloctte
Stirn legte sich eine Wolle, und ieit
biß sie die rothichwellenden Lippen
zusammen. «
»Was ich Sie schon liinast fraaen
wollte, Herr Lienteant«, begann wie
der der Oberst, dem eine schweigsame
Tafelrunde stets Unkehager verur
saaite, «werden Sie nach Ablauf Ih
res llrlaubes wieder in Ihr altes Nr
aiment treten oder nach Afrita zuriick:
gedeniw
Borgstedt guckte die Achseln. »Ich
weiß es selbst noch nicht, berr Oberst.
Es hängt noch von allerlei Umstan
den ab.« Und wieder suchten seine
Augen den Augen Julias zu begegnen.
sFartsehung falgt.)
How
per stoss- der Mir-It- Ist-erst
Aus Rom wird geschrieben: »Ihr-i
refa, die einzige Tochter des verstorbe
nen herzogs von San Teodoro. die
sich bisher nach ihrem Vater genannt
hat, wird fortan wieder den Namen
ihres Gatten, des Fürsten Colonna,
annehmen und sich Fürstin Eolonna
nennen." hinter dieser kurzen trocke
nen Notiz, die von den römischen Blät- !
tern jüngst veröffentlicht wurde, birgt I
sich eine Tragödie, birgt sich der Lei: i
densroman einer unglücklichen IraiH
die naeh einer fast ein MenschenalieH
Ioiihrenden Trennung dem Gatten die
band zur Versöhnung reicht. The
resa Cararciolo, herzogin di San
Teodoro e di Partie, die Gattin des
Fürsten MareosAntonia Calanna, der
gegenwärtig das hauvt der alten rö
mischen Patrizierfamilie diesesRamens
ist« wurde vor fünfundzwanzig Jahren i
das Opfer eines Eisersuchtsdramas.s
Sie verfiel in Geistesumnaehtung, und T
die Nachricht, daß sie in den alten
Palast der Colonna zurückgekehrt ist, «
beweist, daß auch ihre Seele wieder ge
sundet ist.
Es war im Jahre 1883 Die Für
stin, die damals acht Jahre mit ihrem
Gatten, der zu jener Zeit den Titel ei
nes Lserzogs di Marino trug, verhei
rathet war, wurde als eine glänzende
Schönheit gefeiert. Einer ihrer glü
hendften Verehrer war der jungeMars
auis Napoleon de Rocragiovine, der
Urenkel Lucien Bonapartes, des jünge
renBruders von Rappleon dem Ersten.
Der junge Marauis machte kein hehl
aus der Thatsaihe, daß er seinherz an
die schöne Duchessa, die. damals schon
zwei kleine Töchter besass, verloren
hatte. Niemand nahm die Leiden
schaft des Marauis Radokegn ernst,
und auch die Fürstin Colonna achtete
nieht sonderlieh auf feineBewerhungen.
Anders ihr Gatte: in ihm flammte ra
sende Eifersucht Um dem Zwiespalt
.ein Ende zu machen, ersuchte er den
jungen Verehrer seiner Frau auf die
höflichste Art, längere Zeit das Palais
Calonna zu meiden. Der Marauis
chagiovine, in dessen Adern das hei
sie Blut seiner korsischen Vorfahren
floß. gerieth in Verzweiflung. Er
sandte der Angel-einem auf die er ver-—
zithten sollte, einen leidenschaftalichen
Abschiede-stieß dem er feine Lieblings
busennadel beisiigte, einen Schmetter
ling aus Juwelen, dessen herz eine ru
hintöpfige Nadel durchbohrte, und er
lehoß sieh. Die Tragödie rief damals
in Itom große Seniatian hervor, noch
mehr: die herzogin Marino verlor in
folgedessen den Verstand. Ste, die sich
vollkommen unschuldig fiihlte, wurde
in den lichten Augenblicken, die ihr la
men, von einer derart en Abneigung
gegen ihren Gatten ertirllh den sie fiir
den Selhftmord des harmlolesten un
ter ihren Unhetern verantwortlich
machte. das sie sieh weigerte, mit ihm
zu sprechen oder bei ihm zu bleiben.
Sie legte feinen Namen ab und nahm
den ihres Vaters wieder an. Sie oers
ließ die antiten Ballen des Palaii Co
lonna und schlug ihren Wohnsih in
England auf. Dort lebte sie einsam
und zurückgezogm unter der Obhut
ihrer Mutter, einer cngliinderim die
vor einem Jahre alt die Gattin des
iLords Walsingham starb, nachdem sie
ihren ersten Gatten, Lord surghersh
und ihren zweiten Mann, den herzog
di Sau Teodoro, begraben hatte. Die
Mutter der FürstinColonna war selbst
romantischen Ursprungs: sise wurde
nach dem Tode ihres Vaters. eines
Nachkommen des unsterblichen Locke,
geboren, den Lord Lytton Bulwer zum
Helden seiner Novelle .Ernesi Maltrai
ders« gemacht hat« und der die Schwe
ster des Lords Tollemache entführte.
Locke ertrant im Comersee vor den Au
en seiner jungen Frau, mit der er die
litterwochen in Italien verbrachte.
Der herzog di Marino, der nach
dem Tode seines Vaters FürstColonna
und Oberhaupt des historischen han
ses wurde, widmete sich seiner erlrants
ten Gattin, ungeachtet der Abneigung,
die sie gegen ihn hegte, mit vollendeter
Nitterlichteit und Fürsorge. Obwohl
die Fürstin durch ihren Vater selbst
sehr reich war, sehte er alles daran,
um sie in England mit jedem erdenk
lichen Luxus und Komsort zu umge
ben. Sie besaß einen Landsih und ein
Haus in London, und ihre deidenTöch
ter, Jsabella und Viktoria, die bei dein
Vater blieben, standen in ununterbro
chener Verbindung mit der Mutter.
Nach und nach besserte sich der Zustand
der Fürstin Eolonna, und je mehr sie
geistig gesundetr, desto rnehr ertannte
sie die zartsiihlende Ergebenheit, die
ihr Gatte noch immer sür sie empfand.
Nachdem bereits im vorigen Jahre eine
Aussöhnung der Gatten stattgefunden
hatte. und nachdem die jeht 54 Jahre
alte Fürstin völlig wiederhergestelltist,
hat sie ihren Einzug in den Palast der
sColonna wieder gehalten, dessen
zSchnselle sie seit über siinsundztvanzig
sJahren nicht betreten hatte.
Icarrisaeadteh
Ein Dorado siir Jiiaer in Spanien
ist die Albusera, ein großer See siids
lich von Valentin, der mit dem Mittel
meer durch einen engen, verichlieszbaren
Kasal in Verbindung steht. Jn den
ichönen Wintertagen wird er von Hun
derten von Jägern aus ganz Spanien
ausgesucht, da hier die zahllosem aus
tem Norden herübergelommenen Was
servögel stets eine reiche Beute verlore
ckxen. Viele Sagen geben iiber die Ent
stehung dieser riesigen Lagune um«
doch handelt es iich offenbar nur um
die natürliche Entwiiiseruna der wei
ten (?bene. die lich zwischen dem Turia
und dem Jucar ausdehnt. Nach und
nach dringen allerdings die Reisselder
immer weiter vor, und die snmvsigen
Strecken werden allmählich von dem
strittigen valeneianilchen Bauer zu
fruchtbaren Löndereien gemacht. Aus
ganz slach gebauten Booten, die theils
mit Stanaen vorwärts gestalten wer
den« theils aber auch ein Segel sehen
lönnen, erreicht man El Palmar. Sa
ler und El Parello. kleine Fischerorte
aus weiß aetiinchten hätten, die aus
der Ferne wie große auf der Wasser
iliiche ichwitnmende Möqen aussehen.
Sie lind die Mittelpuntte der lustigen
Jäaerei und der sich daran anschließen
denMahlzeiten, denn der Reichthum an
Wild ist so groß. dasr niemand leer
ausgeht. Prosetsor Vidal von der
Universität Valencia zählt in seinem
von der königlichen Alademie der Wis
senschaften verösssntlichten Katalog
nicht weniaer als 128 verschiedene Vo
»aelarten aus« die an und aus dem See
leben, doch diirste das Wasserhuhn
wohl am zahlreichsten vertreten sein.
Wenn alles noch dunkel ist, schisst sich
der Jäaer nach letnene Stand ein. ei
ner halhirten Tonne, die an im Was
ier steckenden Pfosten iestaenagelt und
rings mit Rohr und Binsen verhiillt
list. Davor schwimmen liinsiliche En
i ten aus Kerl, die lich durch eine einsa
Iche, aber sinnreiche Vorrichtuna in na
türlicher Weise zu beweaen scheinen.
Sie locken dadurch die wirklichen En
ten und die andern Vsael an, die lich
bei beainnender Morgendiirnmerung in
Schwärmen erheben. Dann ertönt eh
weithin ichallendes Trompetensianal
und alsbald siinat das arosie Schiessen
an. Manchmal lind bis 1500 Flinten
lbeisammew Von dem Blitzen und Ge
lnatter der Schüsse und den von allen
Seiten eriZnenden Nasen der begeister
ten Jäger slattern die Vöael wie be
täubt hin und her und wissen nichtpa
hin sie sich wenden sollen· Das Ganze
sieht wie ein ausaeicheuchtes ungeheu
res Taubenhaus aus, und die Nimrode
lönnen nach herzenswst ihre Ziele
währen. Viele wohlgenährte Vilaet
stürzen plötzlich vom wahlaezielten
Schuß aetraiien wie ein arotier Stein
sentrecht in die Laaune, die ihnen sa
lanae Obdach und Futter bat. Nach
einer Stunde läßt der ungleiche-Dampf
etwas nach, beim dtt Heini-« fliegt
nach allen Richtungen. Jn früheren
Zeiten, als die Jagd noch den Königen
aehiirte, gewährten diese zweimal im
Jahr. nämlich am St. Martinis und
St. Itat inentaae ein Freilchleßem
wozu hal Valentin dinausdilaeete
und unter den Pinien der Landrunne,
die die Laaune vom Meer trennt, in
frohen Gruppen laaerie, um db
schmackhafte Paella lReitaerichV mit
sal zu verzehren. Lange dtirite es
aber wie glaat nicht mehr dauern, und
auch diele alten Jagdaediete werden in
lultivirtet Land umgewandelt sein,
das Tautenden von Familien einen li
cheren Lebensunterhalt gewährt.
Vorsicht: Der lleine Paul: Du.
Liessem wir müssen heut brav sein«
der rzt bat Papa mehr bewegt-us
verordnen