Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 19, 1909, Zweiter Theil, Image 14

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    Das Burgfräulein.
Ists-I von Friedrich Friedtt0.
EN. Fortschritts-)
F es fär mich nichtnoch größer?«
we sie Mäsknd ein; »sich, Du weiss
sieht welchen Einfluß du schon aus
Izjch ausgeiibt hast. — ich bin durch
M eine Andere geworden! Mein
trotiget Sinn und Stolz ist dahin.
jetzt fühle ich, daß diese llntugenden
ragst aus einem unbefriedigen Gesiihle
Minos Herzens hervorgingen; « Ich
seh-nie mich nach Liede und- fand sie
nicht: die Menschen leisteten meinen
Wehen Vorschub. nur weil ich
reich und unabhängig max. Jich ver
slobte mich mit Renno aus Trotz, weil
ich glaubte, Du liebtest eine Andere:
—- mein Herz gehörte dir schon du«
cnals· wenn ich mir der Ziele Zu dir
auå noch nicht so. wie eg später ge
schah, bewußt worl«
«Jch habe dich qeliebl seit der er
ilen Stunde. in der ich dich sahs« ver
siåttte Kutt.
Die Zeit entschwand ilmen unbe:
metkj in dem glücklichen Auslausche
der Lichesversicherungem endlich dach
le Mel an seine Mutter, sowie an den
Freund. Eva tief sie und schloß die
brave Frau in ihre Arme.
.,Sie haben ein treues Herz gluauch
gemacht,« sprach Frau Werneck.
Kurt streckte dem Freunde beide
Hände entgegen
Siehst du, daß ich Recht habeisp rief
Völker heiter; so viel Blumen bedeu
ten immer Liebe-«
Auch Eva erfaßte des Arztes Hand.
Ihnen bin ich zu stetem Dank ver
pfichtet, weil Sie Kurt fo treu gepflegt
häbeuf sprach sie; »Sie haben ihn ge
eettetk
«Jch habe es aus Selbstsuchtz ge
than,« erwiderte Völker, den Dank mit
iMden Worten ablehnend. »Sei
netwegen war ich von Amerika zurück
gekehrt und die weite Reise hätte sich
nicht gelehnt, wenn er fo bald gestor
ben wäre. Jch glaube freilich, daß et
fest für den Freund auch nicht viel
Zeit mehr übrig haben wird: ich bin
indeffen bescheiden und begnüge mich
mitwirken kleinen Winkel in seinem
her-ern bis ich ganz hinaus-geworfen
werde.«
»Es-il, daz wird nie — nie gesche
MP ries Wernectx »du haft nichts
verloren, denn ich hoffe, du wirft auch
in Eva eine Freundin gewinnen.«
»Und eine sehr dankbare,« fügte
Fräulein von hanstein, ihm die Hand
entgegenstreckend, hinzu.
DerLieutenant trat in diesem Aus
genbslict in’s Zimmer. um Werneck zu
besuchen: überrascht blieb er aus der
Schwelle stehen, als er feine Cousine
und die« anderen glücklicher-Gesichter er
blickte.
»Weil-un du triffsi zwei glückliche
Menschen!« rief Eva. die an Wernecks
Seite getreten war und dessen band
in der ihrigen hielt
Der Lieutenant machte ein verlege
nej Gesicht; fein Blick glitt von Eva
zu Wem-. »Alfo dacht« rief er end
lich. «
«Arthur, ist das deinGlüchvunfch?«
fragte Eva lacht-Im
Der Gefragte raffte sich zufammen;
einen Augenblick lang fchien er sich
noch zu kämpfen. dann war es vorbei.
.Dottor! Ihnen gönne ich sie!" rief
er. Versteck dle hand entgegenstreckend.
«Wohrhsaftig, ich gönne sie Jnnenk
R- Herz ist gut, aber Sie müssen ihr
M sägel etwas lurz halten. sonst
wird fee übermüthig!«
Lied-, das Glück hat mich beschei
den sen-acht« gab Eva zur Antwort:
»so-m, Vetter, und gieb auch mir die
hand; wir bleiben Freunde!'«
Urthut vermochte trotz feiner Be
Wg ein befangenes und verlegenes
W nicht zu verfcheuchen. »Weiß
deine Laute schon darurn2« fragte er
M
»Nein.'« gab Eva zur Antwort
»Dann mußt du es ihr verschwei
gen, bis du ihr den Doktor alg Verlob
ten vorstellen kannst; ich muß natür
lich dabei fein, und ich werde einen
Photographen mitbringen, damit et
ihr Gesicht aufnimmt Doktor, achten
Sie auf ihr Gesicht, das wird fainock
denn sie haßt Sie, weil Sie nicht an
ihre Ohnmachten glauben!«
»Ich hoffe, sie zu reksöhneu,« erwi
derte Kurs lächelnd.
,,Rke, nie!« tief Akthut, feine volle
seit wiedergewinnend; »wenn
IN dies gelingt, dann verspreche
ich« ist wie Ren-w die band zu küssen,
send es- ieh das thue, lieber want-etc
is used Insekten aim
— W He wird sich in die Roth
keit füge-I bemerkte Eva
WIT- emst n sie sichkx sph
Ittpt fort hab-! Du Taut
W M fssk die alte Sorde, sit
M OW« Mjke ergiebt sich auch
uisz set He email-oh thun tritt-.
UT ich Its-t- sfcht» Cespcknt
« « net-TM F- Trick-WITH
« L ebe- Æe see-W W zu
W
H
. »Um-t. du innnnfi fchpn morgen
finit deiner Mutter zu mit und Ihr
- bleibt dort, bis du-völlig genesen bitt"
bat Eva. »Die Ruhe und die frische
Luft werden dir wohlthum es wird
Alles —— Alles fiit Deine Pflege ge
thun werden, derfptich es mir.«
Bittend blickte fie den Geliebten an. .
»Ich weiß nicht, ob es mein Arzt er- f
laubt.« erwiderte Kurt lächelnd f
»Und wenn ich es nicht erteubtr.f
würdest du dich dadurch zuriickdaitenj
laffentm entgegnete Emil: »ich fedej
ein, daß ich dich jedt nicht mehr ftreng ’
beobachten und beschränken kann; ich!
fah voraus-, daß ed fo kommen werde.
deshalb hat-e ich das Wiederfehen fo
weit hinausgeschobm Nun folge der
Einladung, die frische Luft wird dir
wohlthun und ein glückliches Herz ver
mag mehr als zehn Aetzte.« -
Kurt driickte dein Freunde die-Hand
»Sie werden den Reconvalefcens
ten hoffentlich oft befuchen.·· keinerite
Eva.
Völter versprach es.
Es wurde nun verabredet« dnirsiurt
mit seiner Mutter schon in den niich
sten Tagen zur Pleszburg übersiereln
sollte.
Eva lehrte zum Gute zurück; sie
dachte an die Heirntehr nach ihrer Ver
lohung mit Renno. Wie anders wa
ren ihre heutigen Empfindung-en, wie
glücklich schlug ihr Herz! Trie Ge
gend, die Bäume. der Himmel Alles
erschien ihr wie vertlärr. Sie hatte
ihr herz damals nicht verstanden; seht
iwußte iie. daß sie wirklich liebte, denn
sein größeres Glück. als sie in sich
s trug, vermochte sie nicht zu reizten
« Ohne Zögern ließ sie die Zimmer
lherrichtem welche Kurt mit seiner
Mutter bewohnen sollte. und unt einer
seligen Freude war sie selbst dabei
thäiig. ;
Noch hatte sie ihrer Tante ihre Ver1
lobung nicht mitgetheilt; ihr bono-te oor
diesem Schritte und doch durfte sie
ihn nicht länger hinausschieben, wenn
sie die alte Dame nicht deleidigen
wollte.
Mino tara ihr durch die Frage, ob
sie Besuch erwarte, entgegen.
«Ja,« gab Eva zur Amer
»Wart« sorichte die Alte weiter.
«Den Doktor Werneck und dessen
Mutter, er soll sich hier erholen."
Mina blickte ihre Nichte starr nn;
diese Worte konnten nur ein Scherz
sein: schon dietiiennunp von Wernecks
Namen allein erbitterte ste. »Du
weißt, daß ich solchen Scherz nicht
»liebe," sprach sie streng; »Du rennst
meine Gesinnungen und ich hoffte, Du
;wiirdest dieselben mehr schonen."
H «Tante, ich fchkrze nicht!« rief Eva ;
Hch habe rnich mit Werneck verlobt
lttnd ich hin glücklich, ihn hier pflegen
kzu tönnen·«
i Mino suhr entseIt zurück; wenn ihr
Everliindet worden wäre, daß die Welt
fin einer halben Stunde untergehen
werde, so wiirde sie das nicht mehr er
jschreett haben. Sie würde ihre Locken
fgeordnet und dieser Katastrophe dann
mit Graudezza entgegengegangen sein,
Lweil sie überzeugt war, bei dem Unter
sgange der Welt müsse ein Fräulein
zvon so altem Adel verschont bleiben.
l Eva blickte das alte Fräulein halb
längstlich, halb bittend an. «Tante, ich
Ebin so unaussprechlich glücklich, hast
Idu tein Wort siir mithi« ries fie.
I Mino faßte sieh nnd richtete Oh
kstolz empor. »Du wirsi mir gestatten,
Edaß ich dies haus heute noch verlasse!«
ist-each sie
l «Tante!«
s »Mein Entschluß steht iettx mein
ganzes Leben ist ein tadelloses gewe
! sen ich tann am Abende desselben nicht
sehen, daß eine Verwandte von mir
sich so weit vergißt!«
»Tante! Tante!« wiederholte Eva
und versuchte sie zu umfassen; »ich bin
glücklich, s— Wer-nett ist ein edler
Mann, ich liebe ihn!«
Die alte Dame drängte sie talr zu
drück. »Unsere Wege gehen auseinan
kder,« sprach sie; »ich werde mir wenig
stens die Unannehmlichtetten erspa-1
ren, hier dern Manne zu begegnen, der
hier here werden soll, obschon seine
Borsahren dem Arbeiterstande angr
hdrt haben!«
»Du hassest Werneck ohne Grund,«
ifuhr Eva fort. »Du kennst ihn nicht«
sonst würdest du anders iiber ihn ur
tthetlen!«
«Mich verlangt auch nicht darnach,
ihn näher kennen zu lernen,« gabMina
zur Antwort; »ich werde sosort meine
wenigen Sachen packen und heute noch
das dar-s verlassen, dann magst du
darin aufnehmen« wen du willst. «
! Sr- mrieß fis-nu- Schkims das
- staunen
i Eva hielt sie nicht zur-ils, denn die
hinten M hatten ihr in wehe ge
Its-us- sie tm sitt-hin Ist-entst- den
Its-M ERW Ists Mit-tu
M
lwmnpeknrw km m
D-» v
alte Fräulein packte wirklich ihre see
ihen nnd fuhr noch an demselben
»Tage. trod aller Bitten. fort zur
Stadt.
Für einen Augenblick wurde Eva-'s
»Gliicf dadurch getrübt, dir-Heide wer
indessen zu groß. um diesen leichten
»Sel1atten nicht schnell zu überwinden. "
E Gliickliche Tage waren iiir die Pleßi
I burg her-eingebrochen, Dotior Werneel
Zwar mit feiner Mutter hineingezogen
Innd daj Glück hatte ihn wunderbar
»gelrästigt. Noch erschien ihm zwar
) wenn er mit Eva durch den Port hin
’ schritt Alles wie ein Tramnz wenn er
indessen in die selig leuchtenden Augen
der Geliebten blickte. wenn er sie unr
faßte und an sein Herz zog, dann
iiiblte er. daß ezs tein Traum sondern
Wirklichkeit war.
Als Atlhur zur Pleßdurg lam.
streckte er Wer-nett lachend die Hsnd
entgegen. WDottor wenn ich Sie noch
nicht liebte jetzt würde ich es wahrhaf
tig thun denn Sie haben die Tante
Mino vertrieben!« rief er. »Ich be
tomme sogar Rest-etc vor Ihnen« denn
dies zu bewirken. wäre ich nie itn
Stande gewesen. Wahrhaftig, die
Luft ist jekt hier viel frischer und rei
ner; hören Sie wie lustig die Vögel
singen das haben sie nie gewagt so
lange Tante Mino hier weilte Ich
til-the sogar. die --onne irent sich,
daß sie hier nicht mehr aus die alte
cussgetrocknele Gestalt zu scheinen
drauchts«
.;sch holte. die alte Innre miro oaio
zurückkehren.« bemerkte liurt lächelnd.
»Er-Unr, das sei-ten Zirk« rief Ar
thur erstaunt. .Wiinichen Sie denn
selbst das Ende Ihre-J Glückeei Sie
sollten im Gegentlieil rings unt das
Gut eine funfzig Fuß hohe Mauer
lsauen lassen und Niemand den Ein
tritt gestatten. der nur eine entfernte
Aehnlichieit mir Iante Mina hats Ich
tvill Ihnen indessen anvertrauen. daß
sie nie zuriiettehren wird, denn sie haßt
Sie unverlöhnlich. hahaha! Jch
tonnte mir das Vergnügen nicht ver
sagen, sie in der Stadt. wohin sie ge
zogen ist, zu besuchen. um ihr Gesicht
zu sehen. Sie empfing mich ganz
freundlich, weil sie glaubte, ich iei iiher
Entf- Verlobung auch empört. Ich
ließ sie ihrem Herzen ungestört Luft
machen und amiisirte mich samos iiber
ihre Aufregung. Ihre Augen funkel
ten so glühend, daß ieh immer hoffte,
sie totirden die salichen Locken versen
gen.
Endlich sagte ich ihr, sie möge viel
leicht Recht haben. allein Sie seien ein
ganz mächtiger Mensch und ich gznnte
Jhnen Jhr Gliiet von ganzem herzes.
Dottor —- da s-— da glaubte ich wahr
haftig. sie würd-e mich verschlingen!
Mit zusammengevreßten Lippen und
sunlelnden Augen drang sie auf mich
ein, ich sprang zur Thiir hinaus und
stiirzte die Treppe hinab, und tein
Mensch bringt mich wieder zu ihr «
tein Menschl«
.Kurr, ich glaube, unier Entschluß,
sie in der Stadt aufzusuchen und zu
versöhnen, wird sast erfolglos klei
ben,' bemerite Eva.
»Ihr wollt zu ihr?« sragte Arthur
erstaunt
.Wir hosften sie versöhnen zu tön
nen.«
»Bleibt hier — bleibt hier! denn sie
bringt Euch Beide um« wahrhaftig. sie
thut es!" ries Olrthur lachend; «seht,
ich trug einen Degen und habe mich
vor ihr gefürchtet! hahahd Erst
fest weiß ich ungefähr. wie dem Ritter
Georg zu Muthe gewesen sein muß,
als er mit dem Drachen kämpfte Hut
Diese Augent«
———--— i
Der Lieutenant und Doktor Völle- sI
lamen fast täglich zur Pleßburg, um
den Freund zu besuchen« dessen alte
Heiterkeit mebr und mehr zuriiatehrte
Die durch ben Einiturz der Bergwand
Verletzten waren iiinnntlich wieder
hergestellt und hatten dass Haus« in
dem sie gepflegt worden waren, verlas
sen. Eva hatte sie reichlich beschentt
und sich vorbei-altem auch iiir ihre
Zutuan tu sorgen.
Von Renno wußte man nur, daß er
nach Amerika zurückgekehrt war; eines
Tages ließ sein Anwalt in der Zei
tung betannt machen, daß er Nenn-As
Besitthurn zu verkaufen beauftragt sei.
Kuet las es und theilte ei Eva mit.
»Willst Du nicht die Besitzung taus
sen?« fragte er. ·
Eva blickte ihn erstaunt an. sie hielt
seine Worte iiir Scherz. »Würbest Du
Dich darüber freuen?« warf sie ein.
«Ja,«« gab Werneel ernst zur Ant
wrot; »die Grube verspricht bei tüchti
ger Leitung einen reichen Gewinn.«
.Bin ich Dir nicht reich gesaqu
sragte Eva lächelnd.
» «Du verstehst mich falsch." fuhr :
Werneck fort. »Du hast mich einern
Beruse entzogen, ber es mir möglich
machte. manchem Unglücklichen nnb
Armen einen Dienst zu erweisen. bee
balb war er mir so lieb. Du tanuii
nicht bie Frau eines Arztes werden,
allein Du kannst. wenn Du die Besit
ung taufit, mir einen anderen Beruf
eröffnen. ber rnir vielleicht eine gleiche
Befriedigung gewährt und es mir
obendrein et licht, eine Lieblings
ibee in «
« M M ist diese Jdeei«
M Du sie iiir wenige Minu
ten ruhik Wi
" »S- ianse Du willstk Msesnete
»Nka die Hand des Geliebten erfossenb
und fest in der ihrigen haltend.
; »Sieh-« sprach Werneeh »wir leben
, in einer Zeit, in der die foeiaten Frei
jgen mehr denn se zuvor in den Vor
;dergrttnd getreten sind; sie haben sich
Hur Fahne gestaltet, tun die sich viele
Taufende sammeln, bereit, jeden Au
tgenblict den großen Kampf zu begin
i nen. defsen Ausgang Niemand voraus
«3nbeftintmen vermag, der aber noth
Lrvendig für beide Parteien ein ansag
t bnres Elend bringen wird. Diese bri
sden Parteien find die Armen und die
: Reichen. oder die Arbeiter nnd-die Ka
; pitaliften. Sie waren immer da und
i werden immer fein, denn in dieser Un
Egleichbeit beruht die gewaltigste Le
benslwft des ganzen öffentlichen Ver
« lebte-,
« Wäre eine allgemeine gleiche Ver
!tbeilung des Besitzes und der Gitter
bentbar, so würde ste das größte Ber
derben herbeiführen Die Lebenskraft
besteht itn Einzelnen wie im Ganzen
im Kämpfen nnd Ringen, itn Aussieben
nnd Abstoszenx es geht ein Interessen
tanwi. tvenn Du ntir den Ausdruck
gestatten willst, durch das ganze Welt
all, der Stärkere sucht den Schwäche
ren zu überwinden und dieser rnfft
alle Kräfte zum Widerstande zusam
MUL
In diesem Ka. npse muß indessen
ein gewisses Gleichgewicht herrschen
wie die Natur es lehrt denn die all
zugroße Macht des Einen bedingt den
Untergang des Anderen Dieser
stamps besteht auch zwischen den Ar:
men und Reichen, zwischen den Arbei
tern und Kapitalisten, und er muß be
stehen. wenn er jetzt auch aus der-na
türlichen Grenzen hinaus-gerückt ist.
Die Arbeiter sind mit Ihrer Lage
unzusrieden und ich gebe zu, daß sie
manchen Grund dazu haben. Jn der
gewaltig schnellen’ Fortentwickelung
allerVeshsjltnisse, in der Vertbeueruna
der Lebensbediirsnisse sind sie zum
großen Theil zurückgeblieben und zu
urz gelomrnen, sie haben Berechti
gung. mehr zu verlangen, allein in
ihrem Grolle und ihrer Erbitterung
gehen sie zu weit. Das Natürliche ist«
dasi sie mehr erhalten aber auch mehr
leisten. sie wollen dagegen den Lohn
erhöhen und die Leistung verringernz I
sie sehen die Reichen und das Kapital «
als ihre Feinde an, weil sie nicht be-»
greifen, daß dieselben zu ihrerExistenz :
nothwendig sind, daß sie ohne dieselben i
nicht leben lönnen. Es ist als wenns
dieErde sich gewaltsam von dem mach-!
tigen Cinslusse von der Verrschast der «
Sonne losreißen wolltet Wenn ei
ihr gelänge, würde sie sich selbsi ver
nichten, denn es würde ihr Licht nnd
Wärme schlen. Ich beurtheile diese
extremen Ansichten und die seindselige
Stellung der Arbeiter milder, weil ich
mir sage, daß sie erbittert und irre ge
leitet sind«
«Wirst Du dies ändern tönnen?««
wars Eva ein. »
»Ich hosse es, ich möchte in kleinem J
Kreise zeigen daß eine Aussdhnung
möglich ist," gab Kurt zur Antwort.
»Und wie willst Du dies erreichen ?«
«Dsdurch daß ich ihnen Gerechtig
teit widerfahren lasse, — daß ichsre
überzeuge. wie ungerechtfertigt ihr
Haß gegen das Kapital ist — daß ich
sie var ihren schlimmsten Feinden
warne, vor denen, die sie ausreizen und
irre führen. und dadurch endlich, daß
ich Alles thun werde um ihre Bildung
zu erhöhen. Es ist am meisten an den
Armen und Arbeitern dadurch gesiins
digt daß siir ihre Bildung zu wenig
gethan ist; dies werde ich zu sjihnen
suchen.«
Kurt, ich hesiirchte. das; Du aus
vielen Widerstand stoßen wirsi,« be
merkte Eva.
»Ich bin daraui getaiztz Ich weis
aber auch. daß ich eine Anzahl Män
ner finden werde, welche mich unter
stützen werden. Jch werde gerecht, aber
auch streng sein, denn ohne Strenge
giebt es keine Gerechtigkeit Wenn die
Leute erst einsehen, daß es Arme und
Reiche, Arbeiter und Kapitalisten ge
ben muß, wie irn Walde nicht jeder
Strauch zum Baume emporwachsen
kann, dann werden sie selbst in ihren
beschränkten Verhältnissen zufrieden
und glücklich sein. Ei mag sein, daß
ich mich täusche, daß mein Vorhaben
mißlingi; den Versuch möchte ich je
doch wagen, und eine gute Absicht ver
liert dadurch nicht an ihrem Wer-the,
daß sie scheitert.«
»Mitt, ich werde die Besitzung und
das Bergwerk tausen,·« rief Eva;
«noch heute werde ich an den Anwalt
deshalb schreiben.«
Wernea zog ihrehand an seine Liv
pen. »Du wirst es nicht bereuen,«
sprach er. »Aus der Grube, die Dei
nen Namen trägt, wird, davon hin ich
überzeugt, Glück und Segen zu Tage
gefördert werden. Nun habe ich noch
eine Bitte. Jch siihle mich gekräftigt;
wirst Du rmich zu dem kleinen hause
. begleiten« n welchem Barbara wohnt?
jJch möchte die Bewohner desselben
wiedersehen.«
) «Sern.« entgegnete Eva; .Du weißt
ja, daß ich Dir mit Freuden iiberail
hin salge, wohin Du mich WORK
»Und dars ich schon verrathen, daß
Du das Bergwerk sausen wirstlt«
«slles — Allesk ries Eva
Lan sam, in akiisllicher Stint-nun
icheitteg sie zu dem tletnen danie. «
»Sieh-« sprech start et- tie lich dem
W-. M..-..
- ärmlichen hause näherten, »das höch
i ite Gliick beruht darin. Andere gliicks
- lich zu machen und dadurch setzen an
stets zu fesseln« und Niemand ift dazu
mehr geeignet. als Du, denn Dein
Herz ist gut und nieset-J -
Schluß solgU
—
Das sei-Use sente.
Wenn es auch laurn jemals weib
lickse Genies gegeben hat — die we
nige-n Frauen. die man so nennt,
sind es nicht annähernd so unde rit
ten, wie etwa Cäsar oder Frie rich
der Große. Shatespeare oder Beetho
ven -— so möchte ich doch behaupten,
daß es unter den Frauen mehr gemalt
sche Naturen gibt als unter uns; eben
so wie sie weniger Poeten, aber mehr
partische Gewitter, weniger Aerzte,aber
neeln Pslegerinnen haben. Vielleicht
ist das gesamte aus die Frauen ver
teilte Genie ebenso groß wie das auf
die Männer fallende, aber die Vertei
lung ist bei den Frauen lommunisti
scher; bei den Männern steht dagegen
einer Klasse von Kapitalisten. die zwar
dem weiblichen Mittelstand überlegen
ist« ein ungeheures männliche-Z Prole
tariat gegenüber. das hinter ihm zu
riickbteibt. Es lann also durchaus mit
rechten Dingen zugehen. wenn tlu e
Frauen nach langer Erfahrung senkt
Vätern. Onleln, Brüdern, Gatten und
Freunden schließlich zu der Ansicht
kommen. daß die Frauen doch eigent
lich gescheiter sind alg die Männer,
während andererseits nichts wahr
scheinlicher ist. als daß männliche »La
pitalisten« schließlich an der Minder
wertigteit der Frau verzweifeln.
tso ist das größte Unrecht. das man
den Frauen tun lann, wenn man ihre
tijenialitiit an ihren lontrollierbaren
geistige Einzelleistungen messen will;
die Fra en selbst sollten sich nicht aus
diese berufen, so wie es die tun, welche
heute neben die Männerlunst eine
iFtauentunst stellen wollen« und die be
sbattptem ein Fehler der bisherigen sich
Igeistig betätigean Frauen sei gewe
ssern dass sie Männeetunst nachzuahmen
lusrsuchten Tie ganze Problemstellung
ist falsch. Es gibt nur gute Kunst und
schlechte Kunst, Männer und Frauen
lunst gibt eg ebensowenig als Heimat
kunst, patriotische Kunst. Bollciunst,
und wie alle diese rein stofflichen Ein
teilungen heißen. Aus einer bestimm
»ten Landschasi itammeti,gibr noch nicht
die mindeste Gewähr dasiir, daß man
diese Landschasl besser malen lann als
ein anderer, und es ist erwiesen. daß
noch seiner Frau so disserenzierte weib
liche Gestalten wie Anna Aarenina.
Ordda Gabler undLulu gelungen sind.
Manche Frauen behaupten. es sei eine
primitive Zurückgebliebenheit der
männlichen Jnstinlte, daß wir das sich
selbst sornmlierende Weib nicht lieben
Hund uno mehr durch eine Art Shinx
irätsel reizen lassen. Nun. die Frauen
hätten recht, wenn ihre Formulieruw
gen bisher irgend etwas Werte-alles
hervorgebracht hätten. aber leider send
sie sast sämtlich durch falsche Lilien
tuierung der Werte ungenau. Was
’miel: betrifft, so gebe ich ossen zu, daß
"ich das Beste, was ich vom Leben weiß,
von Frauen erfahren habe, aber nie
mals aus ihren Büchern. Die Frauen
literatur hat dem Manne nichts Neues
site-ex das Weib aksaae Sie hat vier
mehr etwas Unliinstlerisches in das
Schristtum gebracht. indem sie den
Wert des Betenntnisses so maßlos
überschänte. Das Beienntnis ist nur
wertvoll, wenn in dem Beicnntnisatt
selbst eine überzeugen-de Gebärde liegt;
seine Privatniite mitteilen, hat nicht
einmal den Wert eines Document hu
niain. Die Gebärde aber erhebt das
Betenntnis bereits zum Kunstwerk,
und damit wird unmöglich« daß ein
Buch zwar liinstlerisch wertlos, aber
ais Belenntnis irgendwie wichtig sei.
ch neige noch immer zu der Mei
nuZY daß das Verhältnis der Ge
schlechter die Basis des ganzen Lebens
sei; jedes Dosen das zu seiner glitte
lichen Gestaltung beitragen sann. muß
von Mann oder Weib aleieheemasien
gebracht werden. Je weiter sieh nun
der Mann als Persönllchleli entwer
ieli, so kommt der Frau zugute, selbst
wenn diese Weiterentwieilung ihr den
Mann zeitweise entstehn und damit
gewinnt die Ehe bald materiell, bald
geistig. Ja, man mischte sast sagen,
jede Ehe, die seine Weiterenitpieilung
nicht hindert. ist stir den Mann erträg
lich. Aber nicht jede persdnliche We -
tereniwialung des Weibes nützt dein
f Zusamtnenleben Hier gibt es ziemlich
enge Grenzen, viele weibliche Entwil
telunasbahnen verhalten sich zu Ehe
und Liede erzentrisch, sie entfernen sich
vom Lebensniittelpunlt. Daß sie bald
steril werden, beweist, wie verkehrt sie
sind, auch wenn iie dem Manne weni
ger unbequern wären. Die objektive
Einzelleistung det Frau hat bis heute
noch nicht die Berechtigung erwiesen,
um ihretwillen Liebe, Haus und Fu
milie zu zerstören, was die Leistungen
manches Mannes bisweilen vom
Standpunkt einer höheren Ethik aus
direkt verlangen, falls Kompeainisse
unmöglich sind.
Es ist unbedingt zu ugeben, daß die
Frau zu gewissen get then höherlet
stungen, die heute noch häufiger vorn
Manne verrichtet werden« geziichtet
werden kann. Es ist schließlich auch
miiglickn einen Stuhl als Tisch oder
ein Villaed als Bett zu benusem nher
es ist fraglich, ab das der Oetonpmie
der Lebenskriiste entspricht. Daß die
Frauen den Männern Gleiches leisten,
I behaupten meines Wissens nieht einmal
die extremsien Framnrechtlerinnen.
s
, ,
Bebauptet wird nur, und ei muß zu
gegeben werden, daß viele Frauen mehr
leisten und als Individuen mehr sinb
als der Durchschnitt der Männer. Um
ein Gebiet berauszugreifen, aus «dem
sich s n lange viele Frauen betatofem
der eihe bedeutender europäi cher
Schriftsteller Hofmannsthal. Schreib
ler, Wedelind, George, Sbato, Weil-,
Remv de Gourrnont, Gide usw. läßt
sich nicht nur leine gleiche weibi
Reihe entgegenstellen. es läßt sich ni t
einmal ein ein igee gleichwertiger
lveiblicher Name im heutigen Europa
diesen angliedern. Und dabei habe ich
nur die Namen einer literarisch schwa
chen Epoche genannt, leinen Spule
sbeare, leinen Goethe, nicht einmal b
sen oder Tolstoi oder Verlaine. U r
natürlich schreiben Frau Ricarda Ouch
und Madame de Noailles besser als
bie meisten männlichen lebenden Auto
ren, und es ist miiglich, daß sich Lärm
Beispiel gegen diese Zeilen einige u
tarinnen wenden werden. die ich per
sönlich, meiner eigenen schwachen
siriifte bewußt, durchaus als puirs
betrachte.
Worin nun die weibliche Genialiiiit
eigentlich besteht, möchte ich durch ei
nige lluge Sage der Frau Lilli Braun
beantworten, ie ich in ibrem Kapitel
»Das geistige Leben der Frau« in dem
Sammelwerle »Mann und Weib«
finde: »Von alters ber sind zwei Tat
sachen in den unveräußeelichen Grund
stock der auf Jahrhunderte beruhenden
langen Erfahrungen übergegangen
dafz hervorragende Männer stets be
deutende Mütter gehabt haben «- be
deutend durch ibre Persönlichkeit mehr
als durch ihre selbständigen Geisteslei
stungen; und daß in falt jeden großen
Mannes Leben ein Weib die Rolle der
Egeria gespielt bat . . . Beides lenn:
zeichnet die Bedeutung der Frau als
IJnspiralorin . . . Derselbe Jnsiinli
der Mütterlichleit, der sich auch als
geistiae Hingabe bezeichnen läßt, —
feme Hingabe. die die Krait besist, das
»Beste aus dem eigenen Jnneren aus
szulosem nur um es»hinzugeben « ist
Jes auch, der sieh in den Frauen abspie
Igelt, die das Leben r Führer der
sMenichheit mit Glück e stillten. ihrem
i Schaffen Schwunglrast verliehen . . .
IEI sind vielfach von der gebildeten
;Welt verachtete Wesen gewesen, aber
; auch an denen, die es nicht waren, hat
! die bürgerliche Welt sast immer Anstoß
sgenoinmen Erst die Nachwelt hat iie
tat-erkannt . . . Die größten Geister
J ihrer Zeit sind, angezogen wie von ei
)nem Magnet, mit diesen Frauen in
iVerbindung getreten und wurden
i durch sie untereinander verbunden. In
lUhren stillen Stuben sanden sie Teil
nahme, Freundschash Hilfe, Lebens
trait . . . Solche Frauen sind wie ein
Jungbrunnen der Seele, iie besifen den
Stab Moses. der aus dem toten Felsen
noch lebendige Quellen zaubert.«
Es ist ein Irrtum zu glauben. daß
nur sehr bedeutende Frauen diese in
spiratorische, besruchtende Wirkung be
ssinen Auch von der einiacheten, ja
i mittelmäßigen Frau tann iie in gerin
rern Grade ausgehen, und jeder Mann
iwird sie danibar spüren, wenn eine
isolche p rau etnwilligt. ganz sie selbst
Zu blei n. Es iii sehr die Frage. wem
Goethe mehr verdantt, der Stein oder
der Puls-tut Schlimm ist es nur«
wenn eine Vulsius partout eine Stein
sein will, und dies sehen wir heute so
ost infolge des ungebundenen Durch
einanderheiratens, das in das einsache
Leben eines Mädchens häufig zu
überraschende materielle, soziale oder
intellektuelle Unischwiinge bringt« wo
durch nur zu leicht der das weibliche
Geschlecht io start lonipromittierende
Typus entsteht: die anspruchsvolle
dumme Gans. Es iit wirllich nicht
bloß eine geheimnisvolle Kontrastsinns
lichleit oder gar Bequemlichkeit. die
dem gebildeten Manne manchmal ne
stattet. sieh mit dem ungebildeten Wei
be zu «begniigen«, denn das ungebil
dete Weib kann iublim sein. während
der unaebildete Mann stets ein Tiilpel
tit. Ein Mann in subalternem Beruf
iir sast immer subaltern, eine Frau
bleibt zuniiebst immer Frau, das heißt
Natur« auch wenn sie Gouvernante
werden oder in ein Geschäft gehen
muß. Darum gestattet man dem
Mann leicht Liebe und betrat mit tie
ser stehenden Frauen. Die Frau, die
einen tieseritehenden Mann heiratet.
verfällt der Verachtung
Zum Schlun: Alle bewußte Kultur
itt bisher, falls sie was getaugt dat,
männlich gewesen: das hindert nicht,
daß einzelne Frauen in den Blüten
lranz manche dnitende Blume, man
chen sriichen Zweig bineinneslochten
haben. Aber nicht darin liegt der
Wert der weiblichen KulturardeiL
Diese ist mindestens so wichtig wie die
männliche. Aber sie ist unwiigbarer
und anonym. Die Frauen sind die
neborenen hütet-innen des Poetilchen
im Leben, wir können ihnen Nichttu
tioleit und Unwissenheit eher verzeihen
als eine niichterne Seele, denn dann
lann sie nur trockene Früchte hervor
bringen. Wer seinen Kindern Lieder
sinnen und. Mädchen erzählen kann.
hat schon eine Spur Genioltlät. Wei
sen geistiger Sohn ists Goethei Des
alten Philistere aus dem Jenntinrter
Bürgern-i oder der Instit-inultum
den ran Ala, deren Drthogrquie
nicht innrer iiber allen Zweifel erhaben
warf
Oklar A. d. Wis.
Ein Krititus will jeder sein
Auf dieser kritischen Erden.
Doch schwerer geht's den Menschen ein«
Selbst trititiert zu werden.