Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 19, 1909, Zweiter Theil, Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ——
WH-»
Die verlorene Krone.
Roms ans dem Jahre 1866 von Heukikttk v. Mut-beinah
WILL
f
(6. Fortsetzung)
Der König blieb vie ganze Nacht
stri. In seinen Mantel gewickelt, den
Kopf cui die zur Faust geboklte Hand
sesisiisi, saß er regungslos des.
Der erwartete Angrifs de: Preußen
blieb aus. Statt dessen erschien Trüb
seen füns Uhr ein Parlamentön der er
Uörte. General Boqu v· Fijlctensiein
hbe ietzt von dein Wassenstillstand
Kenntniß bekommen und werde ihn
refpettiren
Mmsningen stampfte leicht mit dem
Fuß auf bei der nnwilllonimenen
Sack-richt. Dieses ewige Hinausichies
sen der Entscheidung iolterte ihn. s
Auch bei den Truppen machte sich
eine gewisse Mißstimmung beinertlich..
Das thatenloie Warten wirlte tät-«
muri-. Jn dieser geneitterselpmEilen.1
elektrisch überladenen Lust wäre ein
emsiläredner Blis Erlösung gewesen.
Reue Befehle wurden ausgegeben
Es hielt schwer-, ruhige Besinnung zu
lieb-alten bei diesen stets widerspre
elsenden Maßnahmen An Frieden
glaubte doch niemand mehr. Daß es
ohne Kampf nicht enden könne, leuch
tete jedem ein. Aber die Rollen nn
ren vertauscht, die Stellungen pet
fchobem
Die kannst-ersehen Iruppen blie
den am nächsten Tage nicht melir in
der Lage. angreifend umzugehen son
dern der Feind bereitete sichtlich feinen
Ungriss vor. Bis die Zeit dazu ge
trennten war, ermädete er den Gegner.
Der 26. Juni war ein schmälen
drückendlieißer Tag. Die hznnövers
iche Armee war ruhelos der Hitze.
dem Hunger nasse-fest An Lebens
mitteln gab es nur wenig, und auch
das konnte nicht ausgeniitzt werden,
weil die meisten Truppentdeile keine
Zeit zum Adtochen fanden.
Der König hatte rnit seinem Ge
folge wieder fein Quartier in Lan
Malza bezogen. Fast den ganzen
ging er ruhelos im Zimmer auf
nnd ab. Ungeduld-in erwartete er die
Antwort aus Berlin, die Rücktritt der
nutgesandten Boten, die aber, wie sich
später herausstellte, von den Preußen
nicht durchgelassen worden waren
M underrichteter Sache user-spenden
mußte-, ohne Zweck und Ziel ihrer
Ieise erreicht zu haben.
Diese erwartungsvolle Spannung
is hauptauartier des Königs ver
Mrfte sich stündlich, so daß alle wie
befreit auiathmetem als am Spät
sachmittage noch einmal ein preußi
kelser arlamentiir, Oberst v. Döring
Lin önig gemeldet wurde.
Georg V. empfing den Lfkizier ste
hend. Die Hand leicht auf den Griff
feines Säbels qeftiiit stand er mitten
ten Zimmer, durch dessen kleine, im
slei gefaßte Fensiktscheiben die
Strahlen der röthlich erglühenden
Abendsonne fielen.
Reben dem König stand der Kron
inz in seiner reichverschniirten Dus
arensUniform Jn seinen jugendli
chen Zügen lag erwartungsvolles, fast
neugieriges Staunen. Rings um den
König arudpirten sich die Herren sei
ner Umgebung.
Meinen ein hochgeroachsener Mann
mit ernstem, entschlossenekn Gesicht
nnd tiefliegenden grauen Augen uns
ter einer übertüngenden Stirn, trat
dicht vor den Könia hin und über
reichte ihm ein Schreiben. »Es ist
dies die Sommation vorn 15· Juni«.
sagte er kurz nnd tlar, »die Seine
Rath der König von Preußen Eu
Iet Maiefiiit noch einmal zustellen
Ist zur leiten endaiittigen Entschei
dung. Nehmen Eure Majestät die
jamais gestellten Bedingungen jetzt
ank « J
«Ieein:" s
Laut und hart fiel im selben Mo ;
incnt wie die Frage, ohne eine Ze
kunde des Haut-erns, die Antwort
von des Könias Lippen.
Ein ichwiiles Schweigen folgte
So Habe ich nur noch b: nznznfii
«gen, daß der Waffenftillftand hiermit
aufgehoben ift und die Feindieliateiten
Beginnen werden«, antwortete Oberfti
v. Döring ernst. l
»Die Soiiveriinitiit meiner Krone.
Ums ich fiir mein Hans nnangetastets
erhalten« DIE-zwingen lasse ich mir(
IWQ (
Der König wandte sich mit diesenx
Dosten ab. Seine zuckenden Fingers
take-ten nach der Hand des Sohnesd
Oberst v. Döring versengte sich»
Und wendete sich zum Gehen
Ifcf Hallertnund sing ihm nich
nd Würde eine Annahme der Be
Mit-gen wirklich noch etwas geän
- Jedenf« fresse er leise.
MVMQ v. DIng fette seinen Oel-n
Die Lage würde sich vorang
xsts zu Gunsten hintan geän
Meduse-T erklärte er gelassen, ob
seneral Vogels Faldenfiein
thards zntn Ungtiff bereit
; Bestimmt nnd ging den
åafkk innnter Laut klirrten seine
» der Säbel sites rasselnd anf
Wanf dein ho. lalutirte der
- W und ich dein Fort
etsenIM neue-In Sein
Messen-Hm
- Ismäiswsmw
r Diesen fand er dagegen völlig , e-»
lassen. von unerschsiittewe Zuverii t.
Hauch tntt diesem letzten «Nein«« das
einzig Richtige geantwortet zu hat-en.
Der König blieb auch trotz hallet
niunds Zureden hartnäckiq dahei. es
sei feine heilige Pflicht. an seinen
sSiouveriinitstsrechten unerfchütteriichj
festzuhalten; um den Preis eines-H
Schmälerung derseiben diirie er ieiij
ner Gefahr outside-dem Graf Hal
ietmund konnte in diesen Worten nur
eine Bestimmung zu seinen früher so
oft feihstgeiiillig vorgetragenen eiges
nen Behauptung finden. aber heute
in der anderen Beleuchtung, die iibee
allen Vorgängen durch Preußenö
zielbewußtes, entschlossenes Vorgehen
lag. kamen ihm doch Zweifel an der
Richtigkeit dieser Ansichten. Reze
nirte ihm des Gegncrs ruhige IT
eherheit. oder wurde er newös ge
macht durch das zaudernde Hin- und
Verschieden der hgnniiversaien Ar
mee, wurde er nrißtrauisch gegen de
ren Führers Ihm war. als oh der
Boden langsam unter seinen Mißen
fortgslitte und er ins Leere, Ungewifse
hineinfänke.
Nur noch wie im Traum hörte er
die laut durcheinandergehenden Stim;
men um sich herum. Die Nacht ver
gina ibin und wohl auch allen anderen
Bewohnern des Schlasses schlailos.
Die fortwährend kommenden und ge
kenden Ordonnanzen aeniigten init
ibren schweren Tritten, unter denen
die wes-seligen Treppen zitterten um
jeden Schlaf zu dericlxeuchsen, iekbft
wenn die marternden Gedanken den
Minister nicht wach gehalten litten.
Bei Tagesanbruch wurde von den
Vorposten eine stärkere Bewegung der
preußischen Armee gemeldet, die auf
einen beabsichtigten Angrifs schließen
ließ. Der König besabl sosort den
Ausdruck-.
Das puf einer sanft ansteigenden
Höhe gekegene Dorf Tbamstuiia war
ichnell erreicht. Jrn Psarrbause wur
de Quartier genommen Aus den-«
Hos rauschte eine breitiistige Linde.
Die einsache holzbansk darunter stand
im kühlen Schatten.
- Der König ließ sich dort nieder.
Der Kronbrinz nadrn neben ihm
Platz. Fiir die übrigen Herren wur
den schnell Stuhle und Schenkel von
der Magd lserbeigetragem Die kleine
freundliche Psarrerssrau wußte nicht
aus noch ein vor Verlegenheit. zu so
sriider Stunde solche hohen Gäste be
wirtben zu sollen. Aber endlich stand
denn doch ein ländliches Frühstück
auf dem sauber gescheuerten Tisch·
Milch, Brot« Schinten und Eier. Die
Herren langten ordentlich zu. Der
Ritt in der Morgentüdle, die schlaf
lese Nacht hatten hunaer gemacht.
und man konnte nicht wissen, ol- es
deute noch etwas zu essen gab. Vor
sorglich schob der Oberstallzneifter v.
Huebner einen Vorrath bartgetochter
Eier ssiir den König und den Kron
prinzen in seine dadurch weit abste
benden Rocktaschen.
Ramminqen brachte kaum einige
Bissen herunter. Er saß auf seinem
dreibeinigen Schemel, mit dem Rü
cken gegen den Lindenstamrn gelehnt,
und sah rnit halt-geschlossenen Augen
ilinzelnd in das grüne Laub.
Utn die goldigen Blüthen summ
ten die Bienen eintönig.
Der Lindenbliithendust zauderte
ihm wieder den letzten Abend von
Herrenbausen bar die Seele. Jn Prin
zeß Fredrikei haar lag damals solch
goldneer Blüthentranz der Dust
umschmeichelte ihn wie hier.
Ein dumpfen lang nachballender
Ton unterbrach die friedliche Mor
genstille.
«
Der König fuhr auf. »Das wars
der erste Schuß! Die Preußen grei
fen. an! Rammingen, die Pferde
:ot.«
Die Herren stürzten fort. Jn we
niqen Minuten brachten die Orden
nanzen vie Pferde. Ramnnngen hielt
dem König den Bügel. Geotg V.
hob schen den Fuß, als ein Rittineis
fiet auf den hof gejagt lam und den
König zu sprechen verlangte.
»Was giebt’s?'« fragte Gearg V.
bggig und zog seinen Fuß wieder zu
ru .
.Majeftät, General v. Atentsichildt
bittet um die Vollmacht tnpituliten
zu dürfen, wenn et das iiit erforder
lich hält.«
Ramstningen riß das Pferd des
Königs vor Entlesen iibek die-se Bitte
beim Beginn einer Schlacht so heftig
am Zügel. daß der Schimmel sich un
willig bäumtr.
Mit finstetein Gesicht hörte der
König die Meldung an. Reiten Sie
ist-et zu dem General zukück«, be
fahl et laut und fW, »und sagen
zSie. befehle ihm, sich ge n«den
preußi chen Angtiss zu vert idigen
s- lns auf den lebten Mann. —- Bte- ;
eben wir auf. meine herunt« j
Der König schwang sich in den.
Sattel. ,
Müh-en Sie mich-auf einen Platz.
von dein aus vie Tannen mich von
allen Seiten leben könne-IT wandte
et Sile »kleinen Generaladjutantem
»Sie ten-en ja diesussiellnns unse
M I
M««s »Hu-« c
hecks-M M
is- Sein-suspe
f gen hinein. Rammingen hielt des
i Pf erd des Königs ans Leiiieil
i
Auf einer weithin sichtbaren W
wurde gehalten.
.Ma«kesiäi. hier können wir leicht
für eine Kavallserieabiheilung geh-Il
ten wert-en und das Ziel feindlichen
Granaifeuers werden«, warnte der
Kriegsminiiiein
«iGleichviel«. antwortete der Kö
änia unbewegt »Ich will, daß die
Soldaten mich fehen."
Und wer isn so hatten sah, die-sen
ewig langen, glühendhei sen Sein
Intericisg hindurch, dem blieb der Un
dlick ewig unvergeßliclp Genen den
blassen Hintergrund fahlgelber Fel
der, über denen ein mniiqeiiinier
Himmel hing. hob sich die dnnilr.
schlanke Gestalt des Köniqg auf dein
silbern schimmernden Schimmel sckarf
ab. Stamm. unbeweglich, ungeruhri
durch den zifchenden Schlag der Gra
naten, saß er ruhig im Sattel. Nur
durch das Gehör vermochte er von der
um ihn herum tobenden Schleichi Eins-.
drücke zu empfangen. Unfäb ,ig, selberi
einzugre .,fen beseeiie ihn nur der eine.
aliihende Wunsch feine Pflicht als
Kriegsheer in erfüllen seinenTruppen
durch den Anflick ihres Kön: as Muibs
zu machen.
»K0nllcll die TVOINIUI MMI Qllch"
iehen?«
Zimmer wieder kam diese ergreifen
ve Frage von feinen bald durch die
mitleidlos brennende Sonne trocken
ausfaeiprungenen Lippen
Dsie Umgebung berichtete dem Kö
nia unaufhörlich alles, wir- sie von
ibrem Standpunkt aus von dem Fort
gan-: der Schlacht fetten lonnte. Die
Meldung-en liefen immer spärlich-er
ein. gegen Mittoq hörten sie ganz Ini.
Es schien. als ob General v. cLunt
fckrildt die Leituna über die Bewegun
gen feiner Truppen, die von dem un
gestümen Feuer der jungen iniziek
re riirliichtslos weiter-gekiffen wurden,
verloren hätte.
Dis Vermörtgdrängen der bonniis
verfchen Armee und die Rückwärtsk
.vegunq der Preußen wurde immer
deutlicher. Um fechå Uhr Nachmit
tags war die Schlacht entschieden.
Der Qnernladfutant lon-. arti fei
nem erfchöpiten Pferde zum König
Eieranqejogt
.Sieg, Maieftät « Sieg!« schrie
er ichon von weitem. Sein bräunli
ches Gesicht war mit Schweiß bedeckt,
die Augen leuchteten.
König Georg wollte antworten,
aber im erstrn Augenblick beklagte
ibm die Sprache. Rammingen hielt
ihm fchnell einen Feldbecher mit Wein
Ein die Lippen. Der König tranl bo
Ug
»Jch danke Gott fiir die-sen Sieg«,
fogte er dann gerührt. .Jch bin stoiz
auf meine vortreffliche Armee und
fiitrle mich ihr zu unauslöfchlichenr
Dank verpflichtet.«
»Ah-bin befeblen Euer Maiefiiit zu
reiten?« fragte Rammingen.
«Ueber das Schlachtfelb ——— nach
Lonnenfalia zurück.«
Ein entietzlicher Ritt! Ueberall la
aen oit gransig versiünrrnelte Leichen
herum, deren starre, toie entfest aufge
riffene Augen in die versliibende Son
ne falten. Reiterlose Pferde jagten
über das Felb, andere wälzten sich in
schrecklichem Todeslampf am Boden.
Das Pferd des Königs trat in gro
fee Blutlochen, das weiße Fell des ichs
nen Thieres war bald von rothen
Blutfprinen befleckt.
Vielleicht war in dieser Stunde die
Blindheit ein Glück fiir den König.
Sein weiches here würde 9folterqncis
len bei diefen entfehlichen ’ldern ar
litten haben. Der junge Kronprink
bielt ficb nur noch mäbsfom im Sattel·
Sein Gesicht fah grouweiß und ver
zerrt aus. Eine vbvstichk Uebelleit
fckriittelte ibn bei vielem Anblick der
zahllofen Todten und Verwundeten
auf deren Elend die Sonne immer
noch in rosigem Schein berunterläichel
te. Die ganze Luft war wie erfüllt
von· Klagen-und Stijbnen
-
i
r—
xckr Nrregsmmuier v. Brander
wandte sein aribeL verfallean Ge
sicht mit den tief eingesunkenen An
aen dem Generxlabjutnnien zu. »Wir
haben also gesiegt. Aber was wird
nun aus uns werden? haben wir
noch Truppen genug. utn die Preu
ßen, die sich raich sammeln werden,
noch einmal zu fchiaqen?«
»Mehr« Die Antwort des Gene
raladiuianien iianq indes-sit .T-ie'
Trupven bedürfen dringend der Ruhe,
denn sie sind zum Tode erschöpft Mu
nition und Vervilegurm fehlt auch.«
»Mit- was wird geschehka wie
derbolte der Kriegsminifier ungedul
dig.
Der Grimme schwieg.
Brandis fih idn scharf von der
Seite on. Miisien wir USE der gest
wonnenen Schlacht Iavitttliren?« .
Nur flüchtig, kaum vernebrnlichi
ilsna die bange Frage an des Gene
rqiaisiuiantm Odr. l
Der senkte stumm den Kopf. Sein
ichmerelicher Blick irsf die stolz nnd
aufrecht vor ihm bereitende Gestalt
des Könias. von dessen hat-di heute
froh des schwer errungenen Sie-Fee die
Mienen-e her isten wer.
Der neckst atmet hing blei
ern und nftig iiber der Gegend.
Eine sehne ce, ivdeitraurige Stirn
nnms breitete sich über dem verlasse
nen Schlachtfer sus.
« 9 Kapitel.
Wie autgeiiprben waren die Stra
ßen von denn-den such die seiest
Hm so deiedte herrenheufer Allee blies
sue We Linden M Ietblll di, nnd
die-säumt . oben
!
stieg-. wes-Zinss
)
sp-«»«--—--—--.«—--——---- - ,-j
staub der verneinen Blüthen Ein
paar Kinder spielten am Wegkmde
und schwenkten ilwe Zell-weißen Fähn-(
eben, als sie des Wagens ansichtig wur
den. der eben in die Allee einbeg.
Erzellenz Henbner nickte den Kin
dern im Denkt-erfahren zu. Ein un
fcheldiaet Patristiinws, den diePreu-.
ßen wohl dulden wert-euch sagte etl
nicht ohne Bitterkeit zu feinem Bes
gleitet.
Rom-singen der ebenfalls wie
Deubnct Civsillleidee trun, nackte
stumm. Er schien lein Dort her-ove
bcingen tu können. während Denkt-«
net feinen zurückgedrännten Gefüh
len augenscheinlich Luft mszchens
mußte. j
»Oui«-en Sie bemerkt, wie and-erst
bannt-ver aussieht? Kein Mensch,
den man kennt, läßt lich auf der
Straße sehen! Freilich die banne
venner bleiben ietzt alle am liebsten
in ihren Höuiern seitdem in unse
ren itifernen mit noch preußiiche
Trupren liegen. Und doch glaubt
noch leiner an die schreckliche Wahr
heit. daß das Ksnigteich dannen-er
Preußen einverleibt werden soll. Alle
hoffen, daß dieser zustean ein vor
überaeljender sein wird und wir un
ter Preußens Oderbobeit doch gewis
sermaßen unt ere Selbstständigleitde f
halten werden«
»T.1iu würde König Georg sich
nie entschließen«, entgegnete Ram
rningen ernst. »Für seine Natur giebt’s
leine solchen Kontprotnisse.«
»Er hat aber doch zu Gunsten des
Kronprinzen verzichten wollen«. wars
Leubner wie entschuldiaend ein. '
»Auch das wies Preußen ab. Herr
u. Bis-macht dat nicht einmal unsere
Vorschläge entgegennelnnen wollen
Ichqu ja zu, daß Preußen in einer
servissen Zwangslage handelt, denn
L- lanit uns als ,ieindliche Macht’
nicht in seinem Rücken dulden. und
act fedeo Vertrauen zu unserer Poli
tit verloren, vielleicht auch wirllich
verlieren müssen.«
»Zeicher bleibt dcch trotz aller
Feindseliateiten ein selbstständiges Ko
nigreich.«'
»Ja, weil Frankreich das entschie
den verlangte. Nur siir uns riilzrt
niemand einen Finger."
.Waruni ging der Köni auch gleich
nach Wien!« klagte Hammingen
.Gras Hallerrnund ist nicht von seiner
sixen Idee zu heilen, daß Oesterreich
allein Hannover helfen tann. Und wie
ich ans heiter Quelle erfuhr, war der
Empfang inWien zwar persönlich her-,
lich, aber über Politik spricht der Kai
ser teine Silbe. Rußland und Eng
land, an die wir uns hilsesuchend
wandten, zucken bedauernd die sichs
seln. Nein, wir sind und bleiben ganz
allein aus uns angewiesen —- das mits
sen wir einsehen.«
hesdner beugte sich vor. Das neu
erboute Schloß des Königs arn Ein
gang der herrendauser Allu, welches
an Stelle des alten Stadtschlofses in
bannooer siir größere Festl· seiten
errichtet worden war, nahte sich einer
Vollendung. Die leßten Arbeiten da
ran waren freilich vorläufig einge
stellt, aber die breite Faiscrde laa schon
stattlich va. Auf dem Hof des Schlos
ses stand ledenöarosz in Eäzo iegofsen
das springende Pferd der eiien
Haft ist's oollendet.« Namntingen
deutete aus den stattlichen Bau. »Und
wahrscheinlich wird der Könij nie da
rin wohnen.«
Deubner nickte trübe·
Essai-ten Sie u!«· herrschte Ram
minaen den KuLcher an, als der« weil
er glaubte, die-Herren wollten den
Bau eingehender besehen, seine Gänle
in gemächlichen Schritt fallen ließ.
Der Kutscher hieb aus die Pferde
ein. In schlantern Trab ging’5 weis
ter, die Allee hinunter, bis oor das
langgeftreette gelbe Schloß von her
renhausem das wie pertriiunit nnt
seinen geschlossenen ariinen Laden in
dem rosenduftenden Bart lag.
Breite Sonnenstrahlen fielen über
die Freitrepde, die vom Garten auss
von beiden Seiten steil zum Schloß
hinaussührtr. Ein ichmerziiches Er
innern durchzuckte Its-mittinnen Wie
ott hatte er die reizenden Gestalten
der Prinzessinnen diese zwei Treppen
hinunterlaufen sehen; unten angekom
men, begrüßten sie sich dann vor der
steinernen Sonnenuhr mit tiefen, ne
diichen Knie-ten.
Vor-Zitter- vorbei.
Keine Schildtvache stand deute mehr
vor der Thür. Die hannoveraner
durften nicht mehr auf Wache ziehen,
und preußiiche Posten hatte sich die
Königin verbeten.
Ein Knmmerherr empfing die An
tommenden in der Vorhalle Sie
wechselten einen stummen händedruet,
dann führte er sie lautlos durch die
dämmerigen Säle. Ab und zu stahl
sich ein Sonnenstrahl durch das grüne
hvlzgitter der Läden und spielte mit
goldenen Lichtern in der ichs-« n
Wolle feiner Staubchem die vor n
Fenstern flimmerte.
stammtngenö herz schlug laut und
schwer. Der alte heubner itie den
»An-ern auf eregt durch die zu enden
i Natenfliige . Sein Mund war transpi
I haft zutamnengepeeßt
Flut Befehl Ihrer Matestiit ver
lasse ich die herren hier«, sagte der
Kammerlperz
Er llopite leise an die trdeißqznldenei
Schiesethiir, die er lautlos zurück og.«.
Unmittelbar darauf standen Heu neri
und Rammtngen im Salon der Kö
nigin, vor der sie M tief derbe-isten
Die Königin Ma reichte jedem
der Herren eine ils er l malen wei
n hsnde hin. Die stinkt
nen standen etwas hinter ihr. lle
drei trugen tiefe trauer. Va- blonde
f Haar der Königin war in diesen wr
; nkgen Wochen ergraut Der schwarze
. Schleier gab ihr etwas Ronnenartrs
; geg; sie sah aus wie eine um den Tod
! ihrer Söhne tieftrauernve Mutter.
« Ihre Haltung war gebeugt, als ob die
Last des llngliicki zu schwer fiir ihre
Schultern sei. Prinzeß FreveMe da
gegen hielt immer noch mit der ihr
ieigenen unnachahmlichen stolzen Hai
E tung den braunloetigen Kopf ein we
i niq in den Nacken geworfen. Frei-e Ge
Lbärde, jede Miene ihres schonen Be
; sichts drückte Protest aus gen-r das
gransen-ne Geschick das Land nnd Haus
« der Melken Zerschmettert hatte.
« Nehmen Sie Play«, iagte die Kö
nigin leise. Auch ihre Stimme hatte
den vollen Ton verloren. wee von
unzähligen Thrkinrn erstickt klang ih-»
re Sprache. »Sie werden beide miide
sein von der Reife. Der König iten
det Sie mir mit Nachrichten?«
»Ja Befehl. Majeität«, antwortete
Nammingen nach- längerer Pause.
denn Heut-net laß vornuixergersengr
und in sich zusaminengefunlen auf
seinem ihm angewiesenen Stuhl und
schwieg. Die Hände hielt er vor sich
aus den Knieen gesaltet Seine Fin
ger preßie er so sest ineinander. daß
die Kniichel der brauner-then Hand
ganz weiß wurden. «
»Der Köniq läßt bitten«. fuhr
Rammingen fort. »daß Eure Majesiät
nnd die Prinzessinnen sobald wie
möglich Herrenhausen verlassen und’
nach der Marienburg übersiedelns
möchten. Seine Maikstiit frilchtet diel
schmerzlichen Eindrücke und auch san-i
itige Unnannehmliehteiten in harmo-«
ver. Schloß Marienburg iit Privat
lesitz linker Majesiiit und deshalb un
antastbar.«
»Als-) aus unserer eigenen Resi
denz werden wir ausgewiesenk Dir
Firbe tam und ging aus Prinzesz
Fredritee Gesicht. ,,Erspart uns denn
das Schickle teine De:nilti-,-Zgung?«
Brit-zeig Mary sah sich verwirrt
unr. »Wenn-T s-- Herrenhanien, unser
schönes-, liebes Herrenhausem gehört
uns nicht mehr?"
Die tindliehe Frage wirtte erschüt
ternri. Die Königin sireichelte zärt
lich das hlasse Gesicht ihrer jüngsten
Tochter. »Der König hat recht«,
sagte sie dann ruhig. «Es ist besser.
wenn wir abreilen. Ich kann, wie
die Verhältnisse nun einmal liegen,
über leine Rüssichtslosrgteit des Sie
gers Augen« aber es ist wahr· jede
preußisehe Maßnahme in hannsver
ist ein Dolchstoß, eine Demiithigung
für nns·«
Der alte Heiibner richtete sich auf
cir prollte etwas entgegnem aber mit
Er wollte etwas entgegnen. oder ·mit
die Selbstbeherrschunq. Er wars lich
in seinen Sessel zurück, vie geborsten
Hände an die Augen gedrückt, schlang
te er sassungslos vor sich hin.
»Grzellen,i —- urn Gottes willen.
Erzellen3, nehmen Sie sich zusaan
men!' bat Rammingen Er beugte
sich Zu dein laut schluchzenven alten
Mann, »Nehmet Sie sich ein Beispiel
an Ihrer Maiestiit. Was soll die
Königin von Jshnen denken?«
Aber tein Zureden, kein Mahnen
hols. In der peinlicherr Stille wirtte
das stoßweise, lrampshaite Schluch
zen nervenzerreihend. Die Königin
wurde noch blossen Der Jammer
des alten treuen Diener-i zerriß ihr
das herz, das schon aus so vielen
Wunden blutete.
.Vetzeiknmg, Majestät!« stotterte
duebner endlich. Er ließ die hänve
sinken. Sein gani von Thriinen
überströmteä Gesicht rnit den getö
tbeten Augen sah vie Königin bittend
an.
Sie reichte itmr stumm die Hand
hin, die heut-net in tieser Bewegung
an seine Lippen preßtr.
»Ich tsnn es nicht ertr.1gen!« stieß
er in schmerzlichem Zorn zwischen den
Zähnen hervor. »Mein König, mein
armer König -— abgesetzt, vertrieben!
Warum — warum mußte das alles
so kommen?«
»Ja, biet konnte das nu geschehen«.
Prinzer Iredrite richtete ihre kosten
duntlen Aus-en in teidenschn tlicher
Antlage aus Rammingenj ernste- Ge
sicht. »Wir stegten doch bei Lungen
salzas Unsere Armee hat sich hel
denmiithiq geschlagen!«
»Das that stet« bestätigte der sun
qe Ossizier stolz. »Die Soldaten
sechsten rote die Löwen angesichts ih
Al
—
’:e5 geiiebien Königs Rein —- die
Iruppen trifft keine Schum·
, »Und die Offiziere2«
. »Die jüngeren Offizieee bewiesen
z den gleiehen Heidenmuih.«
» Eber die Fähtee?«
i Ranuningen senkte den Blick eTit
kBoden »Es steht mit nicht zu. n
tetheii zu iöllen«, wich er zögernd
’ aus.
.Abek ich wzge es, meine Meinung
Un sage-» Der site Heuvnee mische
sich mit dem sank-rücken über die na i
ien Augen. »Um M der Sch i
’ fuhr Seine Majesiöi neii mit im nfie
neg Wagen durch die Sind-. Inbeind
drangien sich die Teuppen aus allen
Vpkficidien nnd Our-nieren, dates die
wie kamen, bekan, um ihren König
zu ishr-L Keine Spuk von Ermü
dung tout an ihnen zu bemerken,
Lille verlangten siiiemiich. nochmals
gegen den« Feind geführt zu werden
— -« Hals ich nicht recht, Rammingenii
Sie nisten ja mit Kohitausch hinter
uns den«
»Ja-wohl Erzellenz, auch ich hatt
den Eindruck, daß wir sofort mürr
marichiren konnten, am in Eilniiir·
schen rie Bundestrupven zu erreichen.
Bereits in den nächsten Tagen wurde
uns dies dann durch die Preußen un
möglich gemacht«
»Warum unterbtjed der Weiter
marschi« fragte die Königin ledhoff
»Weil alle höheren Führer und der
Generalstabschef bei der BerathunF,
die arn Abend des Sehlachttages ftat
fand. dem Kiinig einmiithiq ouf ihren
Eid erklärten, die Truppen seien zu
Tode erschöpft. und die Munition
verbraucht, die Armee müsse Ruhe
haben und könne nicht noch einmal
aegen die Preußen kämpfen. Der
Kronprinz ist zu jung -und Seine
Majeität ist durch iein Unglück nicht
im Stande, felbit zuenttcheiden Wir
baten daher unt Waffenftillstand, den
aber der inzwischen herangeriirlte Ge
neral Vogel o. Falckenftein ablehnte,
da er. kreil einmal Blut geflossen sei
ntit der banniioerichen Armee nur noch
iiher die Aapitulation verhandeln
könne« .
»Das war bitter iiir unsere Sol
daten«, fiel Ranuningen erregt ein.
»Den( Feinde, den sie eben erfi he
siegt hatten, mußten sie sich nun he
dingungslos unterwerfen.«
»Wie nahmen die Truppen die
Nachricht anfi«
»Als die Soldaten erfuhren, baß
die ruhmreiche Armee, der ssie rnit
Stolz angehört hatten, aufgelöst wer
den falle, daß sie ihre Fahnen, Wof
sen, Pferde dem Feinde übergeben
müßten, da geriethen alle in eine un
beschreibliche Aufregung Dieser sus
gan toar den einfachen Köpfen unbe
arei lieh. Alle Bande der Disziplin
drohten sich zu lösen. Viele hingen ihr
Lederzeug an die Gewehrporamiden,
stießen ihre Mir-bis aus die Baionette
und warfen sich verzweifelt auf den
Boden nieder. Andere hielten laute
Rede-, denen niemand zuhörte Utah
die Besten bergaßen die gewohnten
Formen. Bärtige Männer liefen wie
von Angst gefoltert zwecklos hin und
her. bis es endlich den ernsten Ermah
nungen ihrer bisherigen Vorgesesten
gelang, die Ordnung einigermaßen
herzustellen. Kann nian sich wundern,
daß diese einfachen Leute die Vor
gänge nicht begreifen tönnen, denen
wirralle noch rathlos gegenüberste
den
»Der beste Trost in unserem Un
glück ifk uns die Liebe unseres Vol
tes«. sagte die Königin weich. »Von
allen Seiten, vom Adel, san Wegeen
und Bauern, werden uns täglich Ve
weiie der Treue und Sympathie ent
gegengebracht.«
»Wie könnte das auch anders sein!"
rief Rammingem
»Wie gedenken Sie Ihre Zukunft
zu gestalten. herr v. Rammtngenk
fragte die Köni in kheiinekjmentx
»Lehren Sie zu J rein Regimenk zu
riict —- ach, ich sage nach immer p.
ich kann mich noch nicht daran ge ’h
nen, daß wir keine Armee« keines Nes
gimenter mehr besiIenP
(Forisehung faigU
Der Phonograph ist immer noch er
träglicher als fchtvashafte Menschen;
man tann wenigstens das Unterhal
tungsthema wechseln, was bei diesen
fchlechterdings unmöglich ist.
l—
Msmfisudsit
Was-meisten sei-nasse —- RetkuiJixdoks.- Was-Wisse- IM.
verhältniss— Rekrut: KW