Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 05, 1909, Zweiter Theil, Image 9

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    Jahrg-m
Nebraska
WSkaakSO Anzetger unk) II cerokdz
1909. (Zeiw tThki l)
ummer 23.
Ubenddämtnerung tin-Winter.
Aus dem Thal mit leisem Sange
Wirt die Dämmrung sacht empor.
Un dem weißen hiigelhange
Fluthet schon ihr blauer Flor.
Dunkle Schleierwogen stei nm
Schwellen lider m weißen
Dämmerung seh die Band ichm reichen
Nun der Nacht hinaus zur höh
Iber eh’ sie mag entschweben
Mühen Lichter aus im Thal,
Jedes will in i Kleid ihr weben
Scheidend eines Sternleins Strahl
Ver Stärker-e
Novellette wnPaulBlisz.
»den von Misen« , meldete das
Dienstmädchen- Linda guckte zusam
men,hesth erschrak sie, und ein Jittern
rann der ihren Körper; aber nur ei
nen is rrhtlcl hielt ei an. dann he
zwang sich. um sich vor dem Dienst
mädchen leine Blöde zu gehen, und
sagte mit leiser Stimme: .Jch lasse
hittent« Als sie allein war. eilte
vor den Spiegel, nestelie an ihrem
hear und ordnete an ihrer Totlette,
und der Spiegel zeigte ihr das-, ein
leichtes Erröthen ither ihr Gesicht
huschtr. Das her-s pochte hörbar laut,
used tausend wirre Gedanken durch
schossen ihr dir-r —- alsp wirtlich, er
lara doch wieder, trohdem sie ihm schon
einmal llar und deutlich gesagt hatte,
duie sie niemals seine Frau werden
litnne — er lam tret-dem wieder —
also liebte er sie wirtlich, denn sonst
—-·Da wurde an dieTbiir ge acht,
und auf Lindcks «.derein!« trat ron
von Misen in'c Zimmer. Von bei
den Seiten stumme Bemühung Idann
eine tleine oeinliche Pause, und dann
nobm man Plas. Sie spielte mit ei
ner Rose. die sie aus der Vase nashm«
nnd er drehte, halb verlegen. halb
glückberoiescht von ihrem Anblick, sei
nen claane in der hond inn; end
lich besann er: »Für-ten S mir nicht.
Anda, daß ich noch einmal mindert-In
me, aber ich lonnte mich nicht zufrie
den geben mit dem Bescheid von ge
stern, —- dai lann Ihr leytes Wort
nicht gewesen sein. — denn Sie wis
sen. daß ich ei wahr meine, daß ich
Sie liebe, daß ich Sie zur Frau be
liebt-sei'· Ausgestanden war er. hatte
den hat abgestellt und war zu ihr
hingeeilt hatte ihre Hand ergriffen
und Küsse, viele heiße Küsse darauf
arbaucht. Und sie ließ es geschehen. —
fie hatte also richtia empfunden. er
liebte sie wirklich, er wiederholte feine
Werbuna »Glauben Sie mir denn
nicht« Linda«. begann er nun immer
stiirrnischer, dran-senden »daß ich so
spreche, wie ich es meinet« Aber noch
immer schwieg sie, zitternd nnd er
rötbend. »So sagen Sie mir doch nur
ein Wort. nur einen rechten Grund,
warum Sie meiner Bitte einen solchen
Widerstand entgeaensetzen -« mögen
Sie mich nicht leiden oder fürchten
Sie. daß wir nicht zusammen daf
feni Nur einen triftigen Gran-d
möchte ich hören, warum Sie mein
Anerbieten so bestimmt abgewiesen
liabent« Sie aber schwieg und hielt die
hände vors Gesicht, um ihre Tbriinen
zu verbergen und driickte den Kon
in’s Polster. Eine minutenlange Pau
se. Erschrocken halb und halb er
staunt war er zurückgetreten und sah
nun auf die Weinende, — das begriff
er nicht. Er liebte sie wirklich er war
reich, in angesehener etcczungn
konnte· sie mit allem umgeben. wag
fonft einer Frau begebrlich erschien - ·
warum nifo ihre Weinerunzai Und
das er ihr nicht gleichaiiltia war, das
hatte er längst bemeett, denn io oft er
sie«fsh, flammte etwas auf in ihrem
PM, was «er verstand, das isknn sagte:
ich man Dtcks leiden, ich bat-Dich gern,
fein, febr geen! Warum nun aber
Nein? Und endiich brach fie das inn
ge Schweinen Langfam und mit lei
fer Stimme begann iie zu sprechen,
aber fie fah ikm nicht an dabei, ihr
Blick flüchtete umher im Zimmer, von
einem Gegenst-and zum andern, immer
Initiit nnd ängstlich fuchenb, nnd ihre
Stimme klang beifer. wie von Timä
nen erstickt »Was Sie gefnyt bat-en,
ich glaube es alles, alles —-— aber ich
kann nicht. ich darf nicht Ja ingeni«
»Sie dürfen nicht« Linda?« »Nein, ich
darf nichts Mich bindet mein Wort
ich bin nicht mehr frei — ein anderer
hat fchon mein Verforechent· Wieder
eine minuteniange. unheimliche Pause.
»Ein anderers« neeßte er endlich ber
vot. Sie nickte nur stumm. »Und
Sie. Linde, lieben Sie diesen andern
mehr als michs Können Sie Mr
Wort nicht zurückerbittenp
Mit einem Ruck war fie auf und am
Feniter. «Unmönlicht Er iit mein
Futteanern-ed wie find zusammen
aeofi ermorden-haben unt kennen nnd
lieben geirrntx feit Jahren iit er drit
ben in der neuen Wit, eine Was
sich zu grünte-, und folakv er feften
Fusz gesagt, tomtnt er, mich zu holen;
.dann wer ich seine Frau. Mit die
sem Versprechen ist et von mir geschie
den.« »Und Sie wollen daraus war
ten, Linda?!« »Ich muß daraus war
ten!« »Als-) lieben Sie ils-n doch
auch!« drönate er sie. Kein Wort ent
gegnete sie daraus. »Denn wenn Sie
ihn nicht lieben würden —'« »Besten
Sie aus« Heer von Willsen — fragen
Sie nicht weiter! Sie swissen nun, ich
dars Sie nicht länger anhören! Le
ben Sie wohll« Mit leichtem Gruß
verließ sie das Zimmer. Als er allein
war, nahm er seinen Hut, sali aus die
Thür, durch »die sie eben hingegangen
war. und überlegte, ob er es nach ein
mal wagen sollte, aber nein! —- Mit
kurzer Wenduna verließ er das Zim
mer. Das beste war ietzt, ganz ein
sach zu warten, so redete er sich selbst
»zu, indem et den Heimweg antrat;
trenn- sie ihn wirklichliebte, so wiirde
sie auch Mittel und Wege finden, ein
Wiedersehen und ein Nähertomnien Zu
ermöglichen; also abwarten.» Oben
an dem Fenitet sasz Linda, versteckt in
der Gardine, und schaute ihm nach;
und wie sie ihn so fortgehen sah, da
war ek- ihr, als ginge mit ilnn das
ganze Glück ihres Lebens fort, als
gebe es nun nichte- meht von Freude
und Lust aus der Welt site sie. —
Weinend und schluchzend sanl sie zu
sammen — —- alles, alles, war nun
vorbei. Und plötzlich iiberlam sie eine
Matt-, ein hasz aus den andern, aus
den, der drüben in Amerika weilte.
»der ishr Wort hatte, der sie hielt, mit
tin-sichtbaren Ketten sie fesselte —- ach,
warum hatte sie damals so gethan!
Nun mußte sie biiseen site einen schwa
chen Augenblick, nun war sie ihm ver
sprachen. Ob sie ihn denn nicht mehr
liebte? Immer und immer wieder
fragte sie sich danach- Aber genaue
Antwort sand sie nicht daraus. Jahre
i lagen ja auch dazwischen — —- Der
herbst verging, eben-so der Winter.
Einsame, traurige Tage stir Linda.
T Von allen Vergnugungen hielt sie sich
Hiern, weil sie nicht wieder mit dem
Baron zusanmientreissen wollte. Ende
Mist-z erst tam ein Bries von ihrem
Braun-law Nun hatte er seine baldi
ige Ankunft in Aussicht gestellt. Er
i hatte ein Dei-m sich drüben geschassem
» nun lam er,,sie als sein liebes, kleines
Weibchen herüber·iubolen. Ein lramp -
hastes Zittern besiel sie, als sie d
Zeilen las. Ein Furchtgesiihl lam
über sie. als sie daran dachte, daß er
nun lam, sie mit speist-schleppen und
ein Grauen empfand sie ietzt vor dems
Mann, den zu lieben sie einst Ke
ivöhnt hatte. Näher und näher r«ck
ten die Tage. Anfang Mai wollte er
da sein«
. Bis dahin sollte Linda alles bereit
halten ,damit man bald Hockkieit ma
chen lönne, nin gleich daraus die Nikel
sahrt wieder anzutreten, denn er könne
nicht lange entbehrt werden im Ge
schäft. Wie im Traum ging sie um«
her, that, was gethan werden mußte,
» aber wußte nie, warum sie es that
Van Tag zu Tag wurde diese Unruhe,
diese innere Angst stärter nnd stärker.
T An einem sonnenhelten Mittag tain
er an. Vor dem That des Städtchens
J stieg er aus-, schickte den Wagen voran
—-— er würde nachtommen. Eine leise
Wehmuth lam über ihn, als er die
Stätten seiner Jugend betrat. Hier
hatte er als Knabe gespielt, hier ge
! tollt und geiubelt in der ersten wilden
J Jugendlust, shier war er gros; gewor
Jden, hier die ersten Jahre teuscher,
reiner Liebe verlebt, hier die ersten
itiihnen Träume des Jünglings ges
ivonnen. der wilde Wagemuth, dem
die Welt gehört, der wilde Trotz, dem
nichts stand hält, hier an diesen Ort
inüpsten sich« all vie Erinnert-eigen sei
ner Jugendiahre, und nun er wieder
tehrte, alles anders, alles sort, was
einst ihm lieb und wertd armesen war, :
sremde Menschen nun, andere Hausen
alles neu und aroßstödtisch und nichtsi
erinnerte mehr an das Eine, als dorti
drüben der tleine alte Kirchhof ---- hier i
schlummerten sie alle, die einst ihmi
lieb und werth gewesen, dort fand er
sich zurecht; aber todt war alles nnd
er, tder Ueberlebende, er war ans einer
fremden Welt —- eine schmerzliche!
Webmuth übertam ihn, und ein paar
dicke Thriinen stahlen sich in seine Au
gen —«dpch nein, nicht allein war er,
sie lebte ia nach, sie, die auf ihn warte
te, sein Mädchen. Und nun zu irr. lkr
eilte durch die Straßen, über Plätze
und Brücken satt, nur sort, nur zn
ihr, vorbei an all« den sremden Gas-(
sern, tu ist, zu ihr. Mit einem Jn
belschrei riß er«die Thiir aus, stürmte
hinein ins Zimmer nnd zog Linda in
seine Arme. Cis-in seligeö, langes
Schweigen. so hielt er sie umsaszt und
lüstte sie mit wilder, heißer Liebe.
Nichts sagte ste, nicht ein Wort, lies;
alles mit sich geschehen, lag still nnd
starr in seinen Armen, aber zitternd
und bebend am ganzen Körper, und
.bleich im Gesicht. marmorbleich vor
jAngst und Schreck. Erstaunt sah er
Hie an. »Statut Lindat Ich bin Oa
Vich in boten, du solist mein Weib
nun -werden!« Aber ssie schwie, nicktet
nur und starrte ihn an wiea
geisterbleich »vor Furcht. Das begriff s
er nicht. Freust Du Dich denn gari
nicht, Mädei?! sragte er immer wie- i
der Allmählich fand sie ihre Fassungi
wieder und machte sich vertraut rnits
dem Gedanken, daß nun alles unab- j
hinderlich geschehen müsse wie es ge-«
ichoh. Und sie bat nun um Entschul-?
d: spaung dasz sie so zerstreut, lo ängst- i
lich set —- aber die lange Trennung-i
das plötzliche Wieder-sehen sein stii r-i
misches Eint-ringen -—— sie müsse sichs
erst sammeln. Doch nein, er glaubt-e:
ihr s nicht nein, nein, —— es lag etwas
Hin ihrer timme, in ihrem ganzen
IWesem etwas, das ihm srernd war,
fiir das er noch teine ciriliirnn jand,
T —- aber wenn er über dies Unbe nun
bare nacht-achte, dann larn ein Grau-en
! iiber ihn dabei war es, als ob ein M
l qrund gähnend vor ihm sich aufthat,
in den hinunter sein Glück all seine
legte Hosianna versank Die ersten
"Stunden des Beisammenseins verstri- »
schen, aber dies Fremde, Unnennbare
» das zwischen beiden lag, wich nicht. Er
. sprach von der Zukunft, schilderte ihr
sein Leb-gi, wie er die besten Aus-sich
ten habe, schnell vorwärts zu kommen,
und wie er alles daran sehen würde,
ihr das Leben schön zu gestalten. Und
zu Allem nickte sie, war mit Allem zu
"frieden und zivana sich zur Ruhe,
wenngleich auch Stiirrne ihr durch Ue
Brust tobten. s
; »Nein, Lin-da«, begann er endlich,
I»so können wir nicht län r zufam
j mensttienz sei ehrlich und o sen —- Du
hast etwas, das Dir die Seele be
tletnmt. Du hist nicht aufrichtig zu
mitl« Bitteno schaute er sie an. legte
seinen Arm um ihre Taille und wollte
sie an sich ziehen. Sie aker befreite
» sich, sprang auf, lief von ihm fort und
- sank weinend nieder in einen Stuhl.
’ «Ltnda«, fragte er mit zitternder
Stimme, »ist es Dir leiht Liehft Du
mich nicht mehr, Lindask Jhre Blicke
trafen sich, bangend vor Erwartung.
i »Ich —- ich weiss es nicht«, schluchste
sie, ssprang auf und lief hinaus. Nun
wußte er genug. Wie ein Schleier fi
et von seinen Augen. Blind war
umher-gegangen die spn en Stunden.
Nun wußte er genug. un wurde es
zur Wahrheit, was er vor-her mit
Schrecken laum geahnt hatte, Der Ab
grund war da, und hinunter in die
aähnende Schlucht stürzte alles, Liebe,
Glaube, Zukunft. Glück, Hoffnung —
alles, alles war nun vorbei! Er erhob
sich, tvanlte hinaus — fort, nur fort!
Wie im Taumel irrte er durch die
Straßen, hörte nichts-. sah nichts,
wußte auch nichts, »was nun werden
sollte —- sort« nur fort! lind das
Herz so weh, so unsagbar weh, nnd
Niemand, dem er sich anvertrauen
konnte. Darum also hatte er sich nuns
alt-gequält Tag und Nacht aerafft nnd;
gearbeitet. Ihr wollte er ein angeneh-!
cnes Dasein schaffen, Gliict, Liebe, al I
les, altes ihr qeben nnd nun war alles z
umsonst, nun war er allein, mutteriees !
lenallein unter all den fremden then-l
scken iir ließ sich nieder auf eine»
Bant Im Part. Goldene Sonnen ;
strahlen lachten durch das jitnaetttriin,i
und teirnendeg Leben und ErwachenI
überall. Mit-de und schlaff sah er Dar. i
aus hin, -— so weh im Herzen, so un- s
saabar weh. Mit einem Mal sprichl
ihn Jemand an. Ein alter Jugend-»
freund, der ihn wiederertannte. ilndi
da, da hörte er’s von dem, was mit!
Linda vorgegangen war, dafz der Bas;
ron v. Wülsen um sie angehalten hat l
te, aber zweimal mit einem Korbe habe
abtiehen müssen. Also das was-.
Nun wußte er Alles. Und nun, wie
im wilden Wirbel, schallen die Geban
ten durch sein Hirn, daß sie den liebte«
den Baron, daß sie ihn aber nicht hei
rathen konnte, weil sie durch ihr Wort
aebunben war. Und er ging zuriict zu
ihr. immer halb taumelnd, halb nur
bei Sinnen, denn vor seinen Augen
tanzten und flimmerten die Sonnen
stäubchem und nichts vermochte er llar
zu unterscheiden; das eine, dass-huck
liche immer nur blieb, daß er sie »ver
loren hatte, sie, fiir die er gearbeitet
hatte, all die lange Zeit « dies Weh
im derzeit, dies nagende, uniaabake
Weh! Jetzt war sie ruhiger, gefaßten
nun wußte er's ia. Als er aber ihr
sagte, daß er’s jetzt erfahren habe, das
von dem Baron, und als er mit bitte
rem Schmerz wie im leiten Vorwurf
sie anllagte, daß sie’s ihm nicht ge
schrieben habe, da war's mit ihrer
Fassuna zu Ende, da sank lie nieder
vor ihm, warf ihr Haupt auf feine
Knie und ichluchzte um Vergebung.
Er fragte nicht, ob sie den Baron liebe,
er fühlte es ietzt und darum hob er sit
aus« strich iiber ihr haar,«tro.tnete ihre
Linde-. ich gebe Dir Dein Wort zurück.
Thränen und fvracht »Du bist frei,
Werde alilcklichl« Er reichte ihr die
band sum Abschied. Und sie ergriff
seine hand, aus ihren Augen leuchtete
ein Freudenlchimmer, auf den er bis
ber veraebtlich aetvartet Hatte. und der
ihn traf wie ein scharfen spther Stahl
in femme-bei her-z hinein. Noch ein
’ mal reichte er ihr die Hand und nickte
ihr zu, dann riß er sich los und ging
fort, Als er wieder vor dem Thore
stand, fah er zuriick auf das Städtchen
mit fturnmer Resignation und schämtej
sich der paar Thränen nicht, die in sei- ’
nen Bart rollten. Dann zogen die
Pferde an, der Wagen kam ins Rol
len, und bald lag ihm Alles da wie in
Nebel gehüllt, wie ein schwerer
Traum . . «
Gistmorde.
Auf erstaunlicher Hölx standen die
alten Völker in der Gifttundr. Spe
zialisten waren sie sicher in der;
Kunst des Vergiftens. Das Leben war(
verhältnismäßig gering bewerthet.
Wem es eine Last war, warf es von
sich. »Das Beste ist, nicht geboten
werden und sobald als möglich zu sei
nem Ursprung zurückzukehren Wen
die Götter lieb haben, der stirbt jung,«
sagt Sophotles. Man holte sich bei ei
nem thzotomen oder Pharmatopolen
einen Gifttrant und befreite sich von
des Lebens Last, wie dieBewohner der
sinklade Keos,« die gewohnheitsgemäß
mit dem fechzigsten Lebensjahre frei
willig den Weg ins Jenseits antraten.
Tas; man das Leben des Nächsten auch
nicht eben hoch anschlag, und daß man
mit ihm. falls er lästig gefallen war,
kurzen Prozeß mach e, ist nicht wun
derbar. Daß es unter den gewerbs
tniißigen Giftvertäusern besonders ge
schickte Mode-Helfer gab, ist gleichfalls
nicht verwunderlich, ebensowenig, daß
sich manch männlicher und weiblicher
Dilettant fand,der die Gifttunde theo
retisch und praktischer pflegte. Selbst
unter den Göttinnen und Halbgiittin
nen gab es eine ganze Zahl, die die
cstlrzneitunde nach der Seite der Gift
kunde hin gepflegt haben.
. Auch König Mithrldates von Pon
tus ist ein hervorragender Gifttundt
aer gewesen. Solche gisttundltchen,
tnritologischen Bestrebungen hatten be
greisltcher Weise auch gegentheilige
xStudien zu Folge. Man bemühte sich,
HGegengiste zu entdecken, oder Mittel.
fvie einen gegen Vergiftungsversuche
.stcherten. Durch systematisches Essen
von Giften in stets gesteigerten Gaben
machte man den Körper »ttnmun«, un- :
empfänglich »d» fast unempsiingiichs
geaen aetuisse Gifte, und gerade den l
gedachtenKönig veranlaßte seineFurchtE
vor, in damaliger Zeit die »Tvran
nen«, die Herrscher belauernden Gift-·
meraversuchen, zu Versuchen an Skla- i
ven und an sich selbst, die ihn Thatsaii
chen entdecken ließen, die als staunend
werthe Vorläuser unserer modernen
Serumg und Organtherapie anzuspre- !
chen sind. trine von ihm entdeckte
aistwtdrige und allheilende Latwerge,
in welcher Blut pontischer, an gistige
Nahrung aetvöhnter Enten und Gift
schlanaen tman denle an den Tod der
Kleopatra, die auch ob ihrer Gisttunde
gerühmt wird) eine Rolle spielen, der
»Mithridat«, wird wenigstens vom
Landvolle noch in den Apothelen gei
fordert, und eine, wenn auch nicht
mehr die ursprünglich etwa ein halbes
Hundert von Mitteln enthaltende Lat-.
vergeh war doch vor lvenia Jahrzehn
ten in den vsfiziellenArzneibiichern als
in den leothelen stets vorriithig zu
halten voraeschrieben.
Nach alledem ist eä nicht gerade aus
fallend, dafi in der Fclgezeit » iibris
gens nun-. wie eS bei oen Wilden auch
geschieht -——- der Gift-, richtiger der
traurigen Lehre oder Kunst vom Ver
giften, die Aufmerksamkeit zugewandt
wurde. lss war immerhin äußerst be
euem, enien Gegner, einen mißliebi
gen Gatten, einen beneideten Miterben
lgerade in solchen Fällen wurde die
»Ar3nei«-.5i«nbe in Alt-Rom als Hel
fskriu gefiirchtet und angellagt), einen
lästigen Nebenbnhler auf diese Art
fortzuschaffen, unbeniertt, wenn es
vorsichtig aeschah, weit die Folgen der
Vergiftuna ja als Krankheitserschei
nungen angesehen werden konnten und
vach der Laae damaliger Wissenschaft
nicht festzustellen und deshalb nicht zu
verfolgen und bestrafen waren. Pli
ntus klagt, natürlich in Folge himmel
schreiender Erfahrungen: Gibt es ein
furchtbareres Feld, um Erbschaften zu
erschlcichcm als Vergiftitngen?, und da
Aerzte sie ungestraft verüben könnten,
weil sie alle Schuld auf den Verstorbe
nen abwälzen lönnten, haßt er und
seine Zeit die giftmischende Arznet
lande.
Mit Gift genährte schöne Mädchen
sollen in Alt - Jndien Fürsten zuge
fittprt worden sein, weil ibre Berüh
rung. ihr Kuß für tödtlich, giftig. ge
halten wurde. Aehnlich wie das der
»Giftjungftauen« wurde das Gift der
verheerenden Seuche übertragen, an
der auch mancher Fürst elend zu Grun
de ging, weil man wohl an eine Krank
heit übertragende »böse Luft« deutend,
doch noch keine Ahnung von solchem
Gift und von der ögltchteit seiner
Uebertragung durch erithrung hatte.
fliebrigens mag manchesMal von Gift
incrd gesabelt worden sein, wenn man
sich über die Art der Krankheit und der
Todesursache keinen Vers machen
konnte. Daher auch wohl ein gut Theil
des Geredes zu Zeiten geheimnifzooll
die Länder diirchziehender Seuchen,daß
»die Juden all Prunnen haten vergift
iind wolten die Christenheit toeten«,
wie Megenberg im 14. Jahrhundert
sagt. Die Hand des Schwachen, die,
um die Rache zu stillen,nicht zur Waffe
greifen kann oder will,greift allerdings
seit jeher zum aus deniHinterhalt töd
teiiden Gift. Das paßte auf den ge
liiechteten Juden, das erklärt aber auch,
daf, die Frau, die als Selbsimörderiii
Gift seit jeher bevorzugt, eben danach
greift, wenn in ihrem Herzen, in dem
Liebe und Haß eng verbunden lagern
schen, erstere in letzteren sich wandelt,
wenn verschmähte Liebe, wenn Untreiie
des Geliebten sie auf Rache sinnen
läßt. Jn der Hand, der durch Haß
vergiftet, »veninisch'«, giftig geworde
nen Frau wandelte sich Gift, die Gabe
in das Gift, der Trank, der in kleinen
Gaben heilend wirkte, in einen tödten
den, und eine iranthafte Lust am
Morden überkam, wie die tlassisch
römische »Saga« Locusta und andere
berüchtigten Genossinnen, so manche
Frau, nachdem sie gesehen hatte, wie
sit, der Atropos gleich, den Lebenssa
deii der Menschen« richtiger wohl der
Männer in der Hand hatte, die sie alle
gleich dem einen verachtete, der sie be
trogen hatte, und an ihr bildeten sich
Genossinnen gleichen Denkens und
Sinnens.
Zum Studium der Gifte und ihrer
Wirkung gab es Gelegenheit genug.
So lonnte ich früher schon von einer
Fürstin, Sichelgaita, der Tochter des
Herzogs Gaimar von Salerno erzäh
len, die 1085 an der dortigen hochbe
rühmten Schule »stu"dirte«, lediglich
jedenfalls, um auf dem gedachten Ge
biet- sich zu unterrichten. An ihrem
Stiefsohn und später an ihrem Gat
ten erprobte sie mit dem gewünschten
Erfolge ihre Kenntnisse. Wenig spä
ter schon wird im 13. Jahrhundert
von-. »Rattengift'« Arsenit gesprochen.
thn selben Jahrhundert beschränkt der
große Kaiser Friedrich Il. den Gift
vertauf auf die von Sachverständigen
venvalteten Verlaufsstötten während
frühere römische Gesetzgebung sich dar
auf beschränkte, den Giftmörder mit
dem Tode zu bedrohen), und 1.496
schon erschwert eine Verordnung (in
dem großen Handelsmittelpunlt Nürn
bera) den Giftbezug weiter in der Art,
das: der ,,geschworene Apotheier" nur
gegen einen ,,Giftfchein« und nur Leu
ten mit einem behördlichen Auf-weis
geben durfte, was sie an solchen gefähr
lichen Stoffen etwa für ihr Gewerbe
brauchten.
Warum diese Vorsichtsmaßregeln?
Wenn ich aug den Chroniten der deut:
schen Städte fiir meine oben erwähnte
Geschichte zusammenstellen konnte, daß
im 1:««). Jahrhundert Herzog Wilhelm
v«n Holland und Herzog Philipps
Frau, Michelle, ferner Johann v.
Bayern mit Fnin lVenenuIn) »verge
ben« worden sein sollen, wenn im 16.
Jahrhundert nach der gleichen Quelle
Papst Alexander und Johann XIV.
auf dieselbe Art zu Tode kamen, fo
kann man nach diesen Stichkroben aus
,P,s-s- .kt
Ocll voclslcll streuen ou chcusuxusc
sich ausmalen, wie in den Kreisen der
Misera Plebg mit Fnin umgegangen
worden fein mag. Nicht aber handelte
eg sich in allen oder den meisten Fällen
um Mikrobem sondern der Regel nach
um Rattengist, Hüttenrauch, den »ar
seititalischen Rauch, welcher sich beim
Rtisten der Arsenitminern an dieOsens
und Wände in denen Gifthiitten setzet«,
unscr weißes Arsenitmehl.
Es wurde allerdings zu dem Mode
aift erst durch eine Megäre, die im
Widerspruch zu dem Wort von Namen
und Omen, den Namen Theovhanie die
Adamo führte und um die Wende des
1t5. Jahrhunderts in Palermo mit ih
rer, nach ihr benannten Acqua Tophas
na Morde verübte und eine wahre
Mordmanie unter ihren Zeitgenossin
ncn und ihren Nachfolgerinnen wach
rief. die Grausen und Entseyen er:
regte-. Die Phantasie des geängsteten
Volks malte sich aus, daß die gistige
Flüssigkeit, deren Art zu entdecken die
damalige Wissenschaft nicht ausreichte,
aus gräßlichen Stoffen dargestellt sein
mußte. Einige behaupteten, es wäre
der Geifer von Gesolterten oder an
Gift Gestorbenen, andere meinten
metlwiirdiaer Weise, daß es aus dem
harmlosen CymbalariasKraut gewon
nen worden sei.
Der bekannte Berliner Naturfor
scher Gleditsch aus dem 18. Jahrhun
dert erzählt noch, daß die »samosissima
totius regnibestia'« ihr Gistwasser ih
ren nicht weniaer niederträchtigen Zeit
Genossinnen unter dem Deckmantel des
Almosens aab, damit sie sich mit set
ner hilfe ihrer unkequemen Männer
entledigten, oder damit sie es als
,.Successionspiilverchen« brauchten,
ohne irgend in Gefahr zu kommen, vor
den irdischen Richter geschleppt zu wer
den. Theophanias Unthaten hatten im
Jahre 1633 eine neue verschiirfte Gift
ordnung zur Folge, aber ihre Wissen
schaft machte doch Schule; nach ihrem
Rezept arbeitete 1640 eine gieichnamige
Spezialistin in Rom, und 1730 spielte
dieselbe ,,Acqua maledetta«, unzwei
felhaft eine Arseniklösung, wie der
deutsche Gelehrte Fübner auf Grund
des Studiums der Prozeßatten, die
1788 schon von dem berühmten Arzte
Friedrich Hoffmann gemachte Angabe
bestätigend, feststellen konnte, in Vene
dig ihre traurige Rolle weiter-.
Aus unserem Vaterlande kenne ich
ähnliche Giftseuchen aus jener Zeit
nicht, daß aber eine Apothekerordnung
den Frauen, denen gelegentliche Hilfe
in den Apothelen der Gatten gestattet
war, einmal den Giftschlitssel verboten,
in einer andern nur der »gemeine
Handvertaus" zu erledigen gestattet
war, läßt doch darauf schließen, daß
man Bedenken hatte, wie sie das
Sprichwort in Frankreich den Frauen
gegenüber ausdrückt. Dort hieß es:
»Wer seine Arznei bei Weibern kauft,
bezahlt sie mit dem Lebens«
Solche Furcht war allerdings nicht
Unthaten derMarguise de Brinoilliers
Untaten der Marquise de Brinvilliers
Furcht und Schrecken verbreiteten. Von
ihrem Geliebten Sainte Croix hatte fie
ihre Kenntnisse von der Kraft der
Gifte gelernt, aus Habsucht vergiftete
sie den Vater, die Kinder. Der Gatte
entging dem Gisttode, weil Sainte
Croix ihm rechtzeitig Gegenmittel gab.
1676 wurde das unmenschliche Weib
hingerichtet. Auch diese Marquife
machte Schule — in den Damen Fil
lastre, Bigoureux, Boisin fand sie ge
lehrige und erfolgreiche Nachahmerin
nen. Sie alle arbeiteten mit Arsenil.
Unter dem Namen »Poudre de la
succession'« soll von letzterer ein Ge
heimmittel gegen die Schwindsucht
vertrieben worden sein, das eine Blei
zubereituna enthalten haben soll, aber
vermuthlich gleich der »Acqua To
vhana« Arsenil enthielt. Schon der
bekannte Berliner Professor Caspar
Neuinann, der, anfangs des 18. Jahr
hunderts am Hofe Friedrichs l. lebte,
brach den Stab über das Pulver und
schalt es als ,,verdammt und bösar
tig, damit gottlose Menschen andere
auf eine gelinde und unvermerlte List
vom Leben zum Tode bringen« —- um
sich zur Succesfion« in den Besitz einer
lebenden oder todten Erbschaft zu
J setzen
s Berühmheiten auf dein Gebiete der
iGiftmorde sind in Deutschland seit
; dem nicht mehr aufgetaucht. Die ana
» lytische Chemie ist inzwischen auch in
; einer Art ausgebildet worden, daß es
s tauni denkbar ist, daß ihr ein Fall, sei
ser auch noch so verwickelt, wählte der
HMörder auch, wie es seit der Entwi
;kung des -L)vi111naltaloids, des Mor
- phiums wohl vorkommt, einen der
- wirksamen Stoffe im Pflanzenlörper,
entgehen könnte. Daß je von einem
Mörder für seinen Zweck einer der
f Stoffe gewählt wordm sei, der auf den
z Lebensbroiesz von »Mitroben« zurück
f zuführen ist, ist mir unbekannt.
: Herinann Schelenz.
Csin Feind der Eisenbahn.
Die Verwirklichung des Traumes
Seil Rhode-H die Herstellung einer
itapsitairoEisenbahn schreitet stetig
weiter fort. Der Schienensiransg ist
bereits bis aus 2000 englische Meilen
vom itap vollendet und von Tangan
jita nur noch etwa 400 Meilen ent
fernt. Jn diesen Gegenden sind die
Bahnstationen ganz aus galvanisirtem
Eisen erbaut und Telegrapbenpsöhle
und lsisenbaimschwellen aus Stahl e-«
fertigt· Auch siir die Hiitten get
Babnarbciter ist fast gar kein Holz
verwendet, weil Mvriaden weißer
Ameisen die Rgionen nördlich vom
Sambesi unsicher machen unsd alles
Holzwerl zerstören. Infolgedessen le
ben die Ingenieure in stetem Kampf
mit diesen Insekten. Die Ameisen
biigel erreichen mitunter eine Höhe von
20 Fuß und ergeben eine Art natürli
chen Criiients, dessen die Eingeborenen
sich zum Bau ihrer Hütten bedienen.
Gleich Mauerputz auf Holzverschlägen
angebracht, wird er steinhart und
macht die Hütten völlig wettet-fest
Der Tröster-.
»Nu: nicht gleich die Flinte in's
Korn werfen, nicht gleich muthloi,
junger Manns sehen Sie mich an, vor
zwanzig Jahren hatte ich leinen Cent
Geld in der Tasche . . . und heute sind
dreißig Cents drin!·'
net-ersinnt
Kiinstiert Wissen Sie auch, daß Sie
eine sehr schön gesormte Hand haben?
Aelteres Fräulein: Wirklich, here
FisiillerS Nun, dann nehmen Sie sie
in
FZJTETZ- «