Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 29, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    X
F ·’OI
Ausxdem wege.
Rouellette von Helene Lang
Anton.
Sie war ganz plötzlich gestorben,
die kleine, retzende, lachende Frau.
Es war der erste schlechte Scherz, den»
sie gemacht hatte. Alle waren er
staunt, aufrichtig betrübt. Man
konnte es nicht begreifen, wie der Tod
so grausam sein konnte, diese stöh
liche Frau, diese Lebensliinstlerim in
deren Nähe der Humor athmete, der
Mißmuth sich nicht hervortraute, so
schnell abzuberusen, in ihrer Blüte zu
brechen.
Was war geschehen, daß sie, die
das Leben so sehr liebte, so ohne vor
hergehende Krankheit plötzlich über
Nacht wie ein Licht aus-löschte?
Herzschlag lonstatirten die Aerzte.
und jedermann glaubte es. Nur die
alte Nachbarin schüttelte den Kopf.
während Thränen über ihre saltigen
Wangen liefen. Sie wußte es besser.
Wie ost hatte sie ihr die blossen Wan
gen gestreichelt, ohne sie zu sragen,
weshalb diese so blaß waren, und sie
hatte dabei stets die Empfindung, als
wöre dieser toortlose, dislrete Trost
der jungen Frau eine Wohlthat. Ein
einziges Mal, als die junge Frau aus
einer glänzenden Gesellschaft zu ihr
ganz plötzlich herüberkam und mit ges
rungenen Händen und trostlosen
Blicken stumm vor ihr stand, hatte sie
sie an ihre Brust gezogen und vom
Mitgesühl hingerissen gefragt:
»Was sehlt Ihnen, mein liebes
Mut-W
Da hatte sich diese schnell aufgerich
tet, zu lächeln versucht und war mit
den Worten: »Nichts, nicht-st« davon
geeilt. Dies Lächeln ging der alten
Frau nach.
Und jetzt war die tleine Frau ge«
starben. Jbre Umgebung war trost·
los. Jhr Mann konnte es gar nicht
fassen.
I J
Am Tage vor ihrer Beedigung
war er zufällig an ihren Schreibtisch
herangetreten. s- Da lag ihr Notiz
buch. Er blatterte darin. Notizen
itber Vergnügungen. einzele harm
lose Bemerkungen, Wirthschasissachem
Schon wallte er es wieder beiseite le
gen, da sielen ihm die Worte aus:
»Wenn ich sterben sollte, so bitte
ich, das blaue versiegklte Poeten das
in meiner Schreidtisckschublade liegt,
an unsere Nachbarin, Frau Peter, zu
geben« Cis sind Iverthlose Auszeich
nungen, die nur siir die alte Frau
einiges Interesse haben dürften!"
Er schloß den Schreibtisch aus«
sand das blaue Partet und wag es
prüfend- in der Hand. Gerne hätte
er gewußt, was darin stand. Es be
riihrte ihn eigenthiimlich, daß sie doch
ans Sterben gedacht hatte. Was ent
hielten die Auszeichnungen? Viel
leicht eine erste Liebe: nein, das hätte
sie ihm erzählt, ihre heitere, ossene
Natur hätte tein Geheimnis; tragen
können. Jhre Seele lag immer wie
ein aufgeschlagenes Buch vor ihm.
Es zuctte ihm in der Hand, das Sie
gel zu lösen. Doch nur einen Augen
blictt Dann nahm er das Packet und
trug es selbst der Nachbarin hinüber.
Sie nahm es schweigend in Empfang.
Langsam bewegte sich am nächsten
Tage der Trauerzug rom Hause. Die
Todte lag in Blumen die sie so sehr
geliebt, ganz verborgen. Hunderte
von Menschen folgten.
Die alte Frau saß traurig in ihrem
Lehnstuhl.
Die dem blauen Partet entnomme
nen Blätter lagen aus ihrem Schoosz.
Sie wollte sie, während die Schreibe
rin in die tithle Erde gesenkt wurde,
lesen. Sie schlug die erste Seite aus:
OOJ
Meine thenre Freundin!
Wenn Sie diese Blätter in den
Händen haben, bin ich nicht mehr.
Die Aerzte werden schon eine Todes
ursache finden. Mein Mann, der stets
gütig zu mit gewesen« aber mich nie
für voll genommen, wird mich bei
trauern und dann vergessen. Meine
Freunde, und solch-, die sich so nen
nen, werden über meinen Tod bald
zur Tagesordnung übergehen Jhnen
allen bin ich teine Rechenschast schul
dig, nur Ihnen, die Sie mir mehr
waren als jene, und die Sie mich
mehr geliebt haben als alle. Sie
sollen mir vergeben, daß ich ein Ende
machte — machen mußte·
Als ich meinen Mann kennen nnd
lieben lernte, war ich das gliialichite
Geschöpf. Tiefes St(lzlliit1lgk-,eiiit)l stei
gerte sich noch, als er mich seiner
Liebe versicherte. Dann tam die seliae
Brautzeit und dann das Paradies nn
seree Ehe. Er selbst hatte diese Be
zeichnung gebraucht. Aber es gab
auch darin eine Schlange, die ich nicht
sah, nicht kannte, nicht fassen, nicht
tödten tonnte. Aber sie war da. Jch
fühlte sie, wenn mein Mann mich in
den Armen hielt und über mich hin
wegsah mit vertränmten Augen.
Wenn ich ihn liebtoste, siihlte ich ost
an der Flüchtigkeit seines Ktisses,
an dem kühlen, mechanischen
Dändedruck ihre Nähe. Er sprach
mit mie, aber er dachte an fie. Wer
war sie? —- Ein Trugbild? —— ein
Schatten —- ein Schemen? —
Bielleicht nicht mehr, und doch siel
dies Unbekannte, Wesenlose verbit
sternd in unser junges Glück, wurde
..- —
sgriißet und drohender s wuchs giii
gantenhaft empor, weil ich wehrlos, i
rathlos ihm gegenüber stand. !
Da hatte sein Bruder einmal von»
einer Erzieherin gesprochen, die im
Elternhauie den kleinen Schwestern
beigegeben war nnd alt und jung
durh ihr aparte Erscheinung bezau
berte, durch ihr Wesen und Wissen
imponirte. Sie war eine Persönlich- ;
teit die man so leicht nicht vergaß. 1
Ich habe dabei meinen Mann erbieiii
chen gesehen —- und nun wußte ich
plötzlich, daß sie es war, die zwischen
uns stand, daß er sie geliebt hatte,
vielleicht unbewußt noch liebte, daß
sie mir die Hälfte feines Herzens gei
f-ohlen, daß ich mit ihr seine Lied-,
seine Sorge, seine Gedanken theilen
mußte. Obwohl riinn lich von ihm
suetrennt hielt fie ihn doch fest,g1bl
hn nicht frei und tiefe Schattens
senkten sich auf meinen Lebens-weih
insen verdunlelnd.
Seit der Stunde tiefer traurigen
Erlenntnisi begannen meine Qualen.
Ich hatte keine Ruhe mehr — ich
forschte, ich beobachtete, ich sezirte
meinen Mann förmlich. Flein Blick.
lein Wart, teine Bewegung von ihm
entging mir und immer mehr wurde
es mir zur trostlosen Gewissheit, wie
viel geringer mein Antheil an feinem
innersten Seelenleben wurde. Jmi
mer« in jeder Stunde des Glücks
bei jeder Titus-sprache, bei jedem heiß
erfehnten Alleinfein, lei jeder eingeri
fenden Aendernng ter toeiigehendcn
Anordnung verspürte ich einen Hauch
von der andern! Die Riickerinne
rung an sie bestimmte selbst gegen sei
nen Willen sein Handeln Nur in
größerer Gesellschaft, im fröhlichen
Trubei ließ sie ihn los, da war er
heiter, zärtlich, ganz irie in der ersten
Zeit, und darum, meine Freundin,
nniaali irti mirii mit to vielen Men:
schen, die mir oft iiilend auf die
Nerven sielen, schaffte ich diesen gr
tvaltsamen Frohsinm der mir weh
that, übte ich das Lachen« das-«- mich
schmerzte. Jn diefen aefelligen Stun:
den, tvo er allen gehörte, empfand ich
die meiste Zuaehiiriateit mit thin. So
taumelte ich non Vergnügen zu Ver
gnügen. schuf diesen Frohfinm der
alle täuschte, nur Sie nicht« die tiefer
sah. Mit dieser Vergetvaltiaung;
meiner innerften Natur, die zur fried
vollen Ruhe, »zum stillen Gliick, zur
Einsamkeit neigte, erhielt ich mir denJ
Mann, an dem ich mit allen Fasernt
meines Herzens hing. Er liebte das«
lachende Weib, das Frohsmn um sich
breitete mit umnachteter Seele. Er
bemerkte weder meine lranllsafte Fr
regung unter meinem Plaudern und
Suchen nach neuen Vergnügungem
noch meine glühende Eifersucht unter«
meinem Tändeln und Schemen Nun
diesem fortgesetzten VerfteckspieL dieser
zur Schau getragenen Sorglosigleit
verdantte ich die fchirale Brücke, die
iiber tiefer Kluft uns verband. Der
auf ihr Recht pochenden unalücllichen,
leidenschaftlichen Frau toijie er ganz
verloren gewesen!
Was ich in diesen Jahren der
Sclbstderleugniing, der Selbstenttver:
thun-g gelitten habe. läßt sich in Wor
ten nicht angdriielen Stunden der
entsetzlichsten Depression des wahn
finnigsten Schinerzeg lösten sich init
denen der eigenen Verachtung ali. Und
über all das Schreckliche hinan-J doch
der getnaltige Flügelfchlag der Hoss
nung, das Warten auf die Zeit deiz
Vergessens.
Aber er hat sie nicht vergessen nnd
wird sie nie vergessen sich weis-; es
seit einiaen Tagen ist hat sie wie
dergesehen nnd von dieser LEtnnde ist
er ein anderer, ein Fremder gen-or
den. Jch bin gar nicht nicht da. Wie
ein Spielzena beiseite riescholsen
Vielleicht noch einmal wieder tieriorae
holt als tiaineradin, die fiir die Be
lustignng seiner tfrlsolnnaizftnnden
sorgt, ihm triibe thnden erheitert,
häßliche Gedanten vertreibt, aber ge
wiss niemals mehr aliJ liebendes
Weib ersehnt, geschätzt, verehrt. Tag
weiß ich ganz genan, seit ich sie qese
hen nnd gesprochen habe.
Ja, meine liebe Freundin, ieli habe
dieses liebermasz non Leiden aiif mich
genommen nnd mit ihr mich aus-ne
sprochen. Verstehen Sie mich recht,
nicht geredet ausgesprochen, nnd
ich hasse sie seit jener Stunde nicht
mehr. Als wir beim Abschied kins
die zitternden Hände reichten, uns in
die weinenden Augen blickten, wnfzte
ich, daß ich eine Ungliictliche gleich mir
verlieh. Vielleicht hat sie noch mehr
gelitten? Wer will das untersuchen?
Jch habe ihn doch besessen, bin jahre
lang bis zur Stunde der Ertrnntnifi
glücklich gewesen. Ein traurige-«
Mißverständnifz hatte sie getrennt —- —
das glaube ich gerne denn hindernisse
tennt eine große starke Liebe nicht
Und an diesem Mißverständniß, das
sich auftlären wird, wenn ich nicht
mehr bin, sterbe ich. Betlagen Sie
nicht meinen frühen Tod! Es ist eine
Selbftrettung vor Schlimmerem für
mich. Nicht als Henler, als Erlöfer
von Pein und Qual naht sich mir der
Tod. Ich bin müde und gehe zur
Ruhe. Es tvird ein löstliches Aus
ruhen sein nach diesem aufreibenden,
hoffnungslofem martervollen Kampfe,
der meine Nerven zerstört, meine
Kräfte verbraucht hat. Gönnen Sie
—
rnir das Ausruhem nach welchem sich
meine Seele, mein armes zertretenes
Herz sehnt. Er wird sie wiederfin
den und glücklich sein. Selbst in die
ser meiner letzten Stunde sühle ich,
wie tief und unbegrenzt ich ihn liebe.
-—— Ein Vers, den ich vor kurzer Zeit
niedergeschrieben sällt mir ein:
»Drum segn’ ich dich selbst für das
Leid,
Fiir jede Stund’, verkracht im Rosen,
Und bete: Herr, die Dornen mir,
Für ihn auf seinem Weg die Rosen."
Heute bin ich zu milde, vielleicht
auch zu feige, um die Dornen länger
zu ertragen. Aber die Rosen sollen
aus seinem Wege stehn und deshalb
—- scheide ich.« —
Hier weiss zu Ende.
Den Händen der alten Frau ent
siel das Heft, sie lelsnte sich zurück
und weinte. —
Auch sie hatte im Leben nur Dor
nen gehabt. Wahl ihr, die draußen
unter Blumen ausruhlel —
--—-.
Die harrten-e tm Regimentödefehb
Die alten Parolebücsqer der Berliner
Garnisan sind, so lesen wir im ,,L.
".Il.«, wahre- Fund,rrxir.:s;t siir lulturhi:
storische Studien. Von besonderem
Interesse sind die Neairueutcibesehle, in
denen die Toilettensrane behandelt
mirs-. Es geht daraus mag die Bart
besiszer unserer Taae wohl nicht ohne
Genuathuuna zur Kenntnis-, nehmen
werden, aus das nnzroekdeutiaste her
vor, das-, das schier unermäßlich ge
wordene Jnventarstitcl der Schnau
bartbesitzer unserer Zeit schon bei
längst entschwundenen Generationen
in hohem Ansehen stand. Die Bart
binde war schon zu Zeiten des alten
Fritz eine Notlurendistest fijr jeden,
dem der Flaum unter der Nase zu
wnchern benann. Wre sehr man da
mals schon Jus Bart und Frisur ach
tete. zeigt folgen-der Illiniinentsdefegil:
»Die Cliefs und Flouisnrndeurg der
Flornnaanien sollen liesier danach fe
lxn. daß wenn ein Kerl ist, der einen
Bart tragen lann, besonders wenn er
ein gutes Grenadiercslesicht hat, sol
chen stehen lassen soll, des-gleichen auch
Jie Retrnten, fo uorli nielks verspielt.
Die Zöpfe sollen nictn zu hoch und
nicht zu niedriq gefaßt sein, auf die
Frisur soll besser aefelnsn werden, daß
jeder Kerl die aeliiiriaen Locken hat,
es sei denn, dasi er in wenia Haare.
so niufr ers-doch irr-ei luden-« Da die
Kornpaaniechefs iiir die vorschrifts
iniisiiae Zahl der Lucien ilirer »Kerls«
verantwortlich waren. so halfen sie sich,
wenn idre Leute nicht aenua Haare
hatten —— die Soldaten waren damalsl
vielfach alter als heutzutage —- mit»
Verrlicken die eiferner Bestand der’
Koninaanie waren. Ter Bart mußte
nach einer aeioissen Norm sitzen. Ini
dieser Hin-ficht heißt es in einein Re
ainrentsbefelilz »Die Haare werden
verschnitten nnd die Bärte aut aufne
bunden, wie sre das Reaiment trägt.«
Indessen, eg war damals just wie lieu
te nicht aanz leicht. den Scknurrbart
so schneidia aufzusetzem daß fein aliiel
licher Inhaber jubelnd ausrufen konn
te«. »Es ist erreicht!« Wenige Taae
nach dem letzterwähnten Parolebefehl
wurde nämlich nach einer Besichtiguna
des Reaiments dnrch einen General
folgender Befehl erlassen: »Der Gene
ral haben wahraenomrnen. daß die
Bärte bei denen Komtiaanien nichts
nutze sitzen, als sollen die Kompagnien
danach selten· das; die Leute lassen sol:
che aufbinden.« Dazuinal herrschte
das Wachs nor und machte den Kom
pagniechefg viel Kummer-. Es war
fiir sie in der That tein Spaß, denn
sie wurden iiir die tfinhaltnng der
Vorschriften eneraiich verantwortlich
gen-acht· kvie aus dein iuartialifchen
Befehl zu ersehen Est: »Die Komvaa
nien sollen adiolut darauf halten, das;
lein Wachs in den Bärten, lvidriaen
falls es nicht geschieht, kommt der
Kainrnandeur der Kompagnie in Ar
rest.« Man sieht, daß die alten Ber
liner Parolebiicher fchöizbare Quellen
für die Geschichte des Bartes sind.
«—f
Das komme-e Büchlein
Ter General von Ajialachomsztn
stand wegen feiner Liebenswürdiateit
nnd seiner acielliaen Talente bei dem
Ftöniae Friedrich Wilhelm Ill. in
arnßer Kurie. Leider war der Gene
ral nicht im Stande, feine Aus-gaben
rnit den Einnahmen ing richtiaeGleirh
aewicht zu brinaen, so das-, der stönia
sich öfters veranlaßt sah, die drohen
den Folgen dieser Schwache durch ei
nen Grin in feine Prioatschatulle ab
»«noenden. Da tain es dem Itöniae
einmal lnrz vor Weihnachten zu Lh
ren, daß der General wieder rettungs
los in Schulden versunken sei, und so
lief-, er ihm eine beträchtliche Anzahl
Ztaatsichnldenfcheine, sauber in ei
nem eleganten Bucktdectel gebunden,
ani Weihnachtsabend iibersenten Noch
ehe der General Zeit zum Danlen
fand, redete ihn der König am ande
ren Morgen nach detn Gottesdienfte
an: »Na, lieber General, wie hat Ih
nen denn das neu herangaeloniniene
Buch gefallen, welches ich Ihnen ge
stern sandte?« »Aus-gezeichnet, Mine
stät, unterthäniaften Tant. Jeh hof
fe, das Werkchen wird bald eine lzwei
te, vermehrte und verbesserte Aussage
erleben«, antwortete prompt der Ge
neral. Der König lachte. Wieder war
es Weihnachten, nnd wieder erhielt
Malachowsty ein Büchlein, thatsiich
lich eine verbesserte und vermehrte
Aussage des vorigen. Borsichttg in
dessen hatte der König höchsteigenhän
dig auf die Jnnenseite des Deckels ge
schrieben: »Bei-ein« vermehrte untd ver
bessert-e — aber auch letzte Anklage-«
Die große f nnd die kleine Frau ·
Von A. OstarKlaußmann im1
Berliner LotaliAnzeiger .
Die Weisheit unserer Vorsahreml
die Ersahrungsgrundsätze und Wün-»
sche der Volksseele äußern sich nicht’
nur in Sprichwärtern nnd Sentenzen, 7
sondern auch in den Sagen und Mär- -
chen. Es wäre falsch, in diesen Blü
then der Vollgpoesie nur Gebilde der
Phantasie mit ausgepsropster, er
ztvungener Moral zu sehen. Diese
Märchen enthalten vielmehr den Weis
heitssehatz von Jahrhunderten
Woran liegt es nun, daß in den
deutschen Märchen die Riesen so
schlecht sortlonnnen? Immer ist es
der Zwerg, der Däumling, der Kleine, s
welcher triumphirt, und immer wieder
lvird der Riese überis Ohr gehauen,
durchgeprijgelt, todtgesehlagen usw«
Auch in dem Märchen vom großen und
vom kleinen Klaus ist der lleine Klaus
die Intelligenz, der alles gelingt, nnd
der große Klaus der Tollpatsch, der
alles verkehrt anfängt.
Unsere Borsahren müssen also schon
vor Jahrhunderten beobachtet haben,
daß die kleinen Leute, sowohl die
Männer wie die Frauen, gewisse Vor-:
ziige vor den Riesen haben. Sie müs
sen gesunden haben, daß sie intelli
genter, zähen energischer und arbeits
fähiger sind als die großen ,,3chlalse«,
welche wohl kräftig aber auch schwer
fällig in ihren Bewegungen und, wie
es scheint, auch im Denken gewesen
sind. Auch der tleine David tödtete
den nngeschlachtelen Riesen Goliath
durch List und Muth.
Resvett darum vor den kleinen Leu
ten! Auch die Feld-rüste haben es be
wiesen, welche Energie in den Kkeiuen
steckt. Die etwas lurz geratbeuen
Brandenburger und Sachsen haben
sich im Feldzua von 127W71 mit un
vergättalichern Ruhm bedeckt und sind
nicht utn Haaresbreite zuriietaestauden ;
hinter den Riesen der preußischen
Gerede. Nach dem aroßen Kaiser-Ma
növer von 18529 solt der verstorbene
ckriherzoa Albrecht von Oesterreich,
bekanntlich selbst ein rulunreicher
Heerfiihrer, unserem Kaiser die Worte
aeiaat kaltem »Deine kleinen Bran
denbitr».ter sind mir als Fetdsoldaten
lieter als die Rieien der Garde.« Und
der aemaltiae Feldzua, der iswisckser
Nußlantd nnd Japan unter siirchters
Iichen Opfern und in einem noch nie
daaeniesenen aervaltiaen Ninaen durch-·
aesacltten worden iit, Etat mit desn
Ziege der kleinen Japaner geendet,
denen die meist aroßen und triiitinen
tttussen geaeniilber standen. Eis fix-bete
sich die lleinen »Japse«, wie man sie
sriiher spöttisch nannte, als Ueber-—
ioinlder der russiichen Riesen erwiesen.
So beweisen uns die neuesten Er
eignisse, daß das Märchen reclit hat,
wenn ec- unS erzählt, daß die kleinen
Leute tlua, energisch und riihriq sind
Mas von den Männern aitt, iit na
türlich auch den Frauen reckt und bit
lia, und wenn sieh Leserin und Leser
im Kreise ihrer Verwandten und Be
kannten umsetzen, werden sie finden«
daß es besondere- die lleinen Frauen
unter dem Mittelmaß sind, denen man
aroße Willen-straft Tapferkeit in al
ten Laan des-J Leben-z nnd tineraie
selbst dem Manne aeaeniiber eutrauen
kann. »Die tleinen Frauen liaben den
Teufel im Leibe, nnd eg ist gefährlich,
mit ihnen aniubinden«. behauptet ein
altes Ersahrunaswcrt, das im Volke
weit verbreitet ist.
Von jeher hat man aber auch an den
Frauen die stattliche, aroße Erschei
nung, die iiber das aeivöhnlickie Maß
hinausgeht, aeschiitzt und verehrt Die
Waltiiren der deutschen Göttersage,
die Hera, die Pallas- Athene der arie:
chischen ,Mntsholoaie waren hoheitgool
le, große, stolze Gestalten: kräftigt, an
das Riefenliaste arenzend und doch an
muthia und voll edler Weiblichleit.
Bei allen Perionifitationen und pla
stischen Vorstellungen tjon Jdealem die
m Frauenaenan oerrorperr euere-en,
betrachtet man das Hinaussaehen iitlser
das Mittelmaß als aanz selbstver
i·tiindlich. Man kann sich eine lsler
tnania« eine Bornssia, eine Verolina
nur in aervaltiger lfjestslt denken. Die
Riesenfianr der Verolina, Die auf dem
«Lllexe1nder-«lllatze steht, die Niienfiaur
der Gerntania aus dein Tltiederwalo
Denttnal widersprechen ja. eigentlich
den tief in der Volksseele wurzelnden
Begriffen Von Fraitennnrnnth und der
Empfindung siir Frauenfchönbeit
Aber da diese Figuren aleickneitia der
Ausdruck der !Ui.ichtsiille der Staaten
und Städte find, die sie perfonifiziren,
findet man ihre riesenh.1fte Größe
nicht nur schön, fonsdern auch noth
tven·din·. Eine kleine König-in wird
bei der Repräsentation niemals den
Eindruck hervorbringen können, den
die stolze, hohe Gestalt einer anderen
töniglichen Frau erzielt. fest eine
Frau besonders stattlich, so sagen mir
wohl auch von ihr, sie halte eine tönias
liche Figur. Wir verbinden eben mit
der Gestalt der are-seen Frau »die Be
grisfe der Würde und Hoheit, welche
aleichzeitia etwas von Unnahlkiarteit in
sich ichließms
Jst das der Grund, weshalb Mäd
chen, die weit über das Mittelmaß
hiniaustagem nach allgemeinen Erfah»
rungsgrnrrdsätzen so schwer unter diel
Sande zu dringen stritt-? Es heißt, dies
änner wählten nicht ern ein beson
ders großes Mädchen, kselbst wenn sie
ganz vorzügliche Eigenschaften besitze.
weil es dem Manne unangenehm sei,
eine Frau zu haben, vie größer ist als
L-’---.-—-:--;.---·-.-i.—-- . - ) «----s -
er nnd neben der er töroerlich eine un
teraeortsnete Rolle sper Fluch unsere
Alt-vordern behaupteten schon, die
Frau müsse kleiner sein als der Mann,
sie dürfe ihm nicht weiter reich-en als
tiis ans Herz.
Der erstangefiiktrte Grund ilt aber
nickt ganz sticht- ,-alti«q, denn nach dem
unveränderlichen Grundqesetz der Na
tur, daß sich die Gegensätze immer an
ziehen-, finden wir sehr häufig, dass
gerade kleine Männer seht gWße
Frauen rszählem oder vielleicht umge
kkhkt, daß große Frauen eine Vorliebe
iiir kleine Männer Haben Ebenso
wählt eine kleine Frau aern einen aro
ßen Mann, und der große Ell ann bat
eine Vorliebe fiir die kleine »mu; die
tleine Frau ist ja auch der Jnlesariff
der Zärtlichkeit und Nettialeit der
dem weiblich-en Geschlecht nun einsnal
zusteht Mag es auch sprachlich falsch
sein, trenu der Berliner begeistert
singt: »Eure ganze lleine Frau«, so
tommt ilsm das doch von Herzen Ein
kleines Fratichen ist eben etwas An
genehmes-, Wohlthuendesz, wenn nur
dieses kleine Frauchen viel-it zu ener
aiich ist und nicht allzusehr san die be
rühmte Ameritanerin erinnert, die
llein von Gestalt, doeb dadurch aus«-ge
zeichnet Est, »das-, sie aeaen gute Bernh
luna die Deserteure der alneritanischen
Marine einsänzat und schier nnalaubs
life Keldentlinten aeaen riesenhaft
Kerle verrichtet hat« die fiele ihrer Vers-.
liaftuna durcle die kleine Italiens-ver
Ton tridersetien wollten« s
Es wurde oben erwähnt, das-, kleine
Männer aern grofie Frauen wähkern
Sie handeln damit argen den Grund
sat-. jenes Mannes-. der da hehauvtetez
»Wenn ich mir schon ein Hauen-ein
nehme, muß es möaliclest klein sein«.
EH ist nur zu hoffen, ldaf; ihm siir
riefe sriinoleAeiißeriina non seiner tlei
uen Frer gehörig der Kopf aenrasslen
worden ist« Wenn es sich um arofre
Frauen handelt, die non kleinen Män
nern als Ehegemahl erliirt werden, lie«
lehrt uns Arie Volkes-partie das-, man
mit dieser Wahl schlechte Erfahrung-en
machen lannt
»’s war einmal ein kleiner Mann,
Eine arofze Frau wollt’ er ha’n«.
lautet das Vollstieo das uns iiljer
diese Verbindung böse Tinae erst-Trost
Es berichtet uns, daß der Mann nichts
zu sagen hatte, nnd alg er doch einsual
feinen Willen durchsehen wollte, nahm
kie Frau den Ztod zur Oandz
»Meiner Mann troch ins Muttertoij
»Gudt er raug, kriegt er was«
behauptet-dac- Vollsslieo und auch der
Schluß dieser Vollspoefic ist ivenia
tröstlich: denn als Her geschlagene ttei:
ne Mann, den die arofje Frau unter
kocht klaf, zu seinem ««tt-acl)barn arht : nd
isun meldet:
»Noch-bar, ich must euch tlazeeuz
Mich hat meine arofje Frau geschla
aen.«
erhält er den wenig tröstlichen Be
; scheid:
- ,,Naehshar, nur nicht netlaat
Mir hat«-« meine grosse Frau auch so
gern-geht«
Sucht sich nun wirtlich der Mann,
»der freien will, oie Frau nach dem
E Längenuvaß ouH. iilseklegt er, oli er
eine Frru nehmen soll, eveil sie zehn
Centixncter lis. viel oder zu weng an
ihrer Leibe-Hänge hats
Wollt taum! Die Neiaung entichei
det doch immer noch gliistlietzerloeisc in
ten nieitane meisten Fällen die Wahl
einer Lebensgefährtin, und wenn dates
das alte, bereite ermäljnte NaturaeietJ,
daf; die Gegensätze sich anziehen auch
immer wieder zur liteltuna tot-trut.
erfolgt doch die Wahl nicht im Be
trusjtsein dieses Naturaesetzesxs une in
der Absicht, sich iitsm zu unterm-rieth
sondern auc- ganz anderen Gründen
und wenn —-- wars ja auch vorkommen
soll —— nicht die Neiaung die tief-den
Menschenkinder sum Lerenshuude iu
.saminen7iihrt, sind es wahrlich nicht
Rücksichten ans die Körperlänae, son
sdern Erwägungen sehr materiellerArt,
vor allem Rücksichten auf die Besitzver
hältnisse
Trotzdem aber steht es itnleuglhar
fest, daß besonders große und statt
liche Mädchen schwerer einen Mit-m
finden als die mittelgrofien und selbst
als die ganz kleinen. Auch wenn sie
nicht jene Größe haben. die man alo
»iiberlehensarofj« bezeichnet und wenn
sie nicht zu jenen gewaltigen Gestalten
gehören, von denen der Berliner be
hauptet, sie wären richtige Cousinen
von der Göttin auf der Sieaessiiule
des Köniagplatzeå, die ja bekanntlich
auch den Namen »Das slltiidcheu ohne
Verhältniß« führt, weil sie mir ihrer
Größe eigentlich in einem ungünstian
oder aar keinem Verhältnis; zu der
schlanken Siegessäule steht. J
------ —- - s--—-- —
Ein Familie-Wann
Heer und Frau Oldwed knien iisnsr
ein Dutzend Linden Die qanze Fa
milie macht einen Ausfiug an einen
Fluß. Plötzlich tomint ein kleiner
Kerl zu Herrn Oldmelsd nnd fchreitr
»Papa, Papa, ilrchibald ist in’s
Wasser gefallan
»Archidald? Llrciyib.1ld3« etwidert
Der Vater, indem er seine Frau fra
gend anblidt, »haven wir aneb einen
Archibald?«
In der Schulen
Lehre!in: »Nun, Kinder, wer kann
mir sagen, woher das Gewitter
tommt?«
Lieschen: »Aus meiner Großmutter
ihren Füßen.«
Lehrerin: «Wieso dass«
Lieschen: »Großmuttet saaie heute
zu mit, mir steckt ein Gexvitter in den
Füßen."
-—-k.--. ....
Gemüll-list
v «-«··w
Sommerfrifchlerin tznm W«irth):
»Daß aber in Ihren Orte da gar
nichts gethan wird... es- foll ja hier
fchredlich viel gestohlen werden!«
Wirth: »Ach, das macht nichts!
Wenn ’;nal einem was gestohlen wird.
der lmlt stets-J schon bei einem andern
wieder!«
Uefchmcichelt
Erster Rekrut: »Du, Ha·nnes, der
Zerjennt bat jusch wieder Ochs Und
Dich Tllhinnzews genmmt.«
Zweiter Rekrut: »Ja, schaqu bef
mir hat er a Fremd-Viert g’braucht.«
Vom Laternen-tot
tcsksskoksenen Hauptes reitet der Herr
Nitnszejster iiber den Refeknenhof. Da
erblickt er einen Rettuten, dessen
Name ihm aunensbslickljch entfallen ist.
lfr krsinlt Den junqen ReijeeraM zu
ficb heran nnd steigt den erschrockenen
Krieger: ,,Ulan, wie heißen Sie?-«
Pkmnpt tönt es dem hold-en Chef
entgegen »Sch«nntat, Rittmeister.«
.,«.Uk’enscl)«, schreit der Rittmeiftek
mittlan .,l)abe ich Dir nicht scholl
tausendmal gesagt, Du sollst »Herr«
sank-ref«
,,’.)llsc,Retr-.1t, wie hesßen Sie?«
»Herr Sei-Lukan Etli:::ne27ler!«
K indermnnd
Knabe:»Ja,1hna,irenn aber vie
Leute so im Schiffe fahren und es
luunii ein Sturm unu er schmeißt
da-: Schiff uni, miissen da die Leute
alle ertrinken5«
Vater: »Aber nicht doch, mein
J:inae, da setzen sie sich in die Ret
tuisaisbooie und fahren ans Land.«
Knabe lnach einigen Nach-denken):
»Ja aber, Papa, warum fahren sie
denn innn nicht gleich in Rettungs
bunten?«
Kenner-blieb
Tienflmädrlsen lfiir sich. als eine der
me Kiffeinilachi einaeladenen Da
nkes-» statt um 4 Uhr, schon um BUT-;
lllrr ericheini): ,,Herrgoit, muß die
ein böses Gewissen basben!«
seitidcrmunen
Ellvs »T.1nte, isi esqentlieb an dei
nem Mund etwas entzwei?«
Tanie: »Warum denn, Ellvchen?«
Wink »Pap« hat vorhin gesagt, dir
kuiisiie Jemand- otdentlich den Mund
stopfen.«
Utiveriroren·
Gast: »Das find ja nur Knochen,
wag Sie mir Da gebracht haben!«
Wiriknm ,,Ec1««ar-ei nichts-; wir ha
ben a Handel-L Herr Baron!«
Prnitiich.
,,I’enle Dir. ich hale elf-nisten, daß
meine Braut jährlich kzlmuo «.Ui-atk an
il re Zchneieerin bez«1,li!«
Jia und
»Ja nun we de ichd ie Eiixnei deri»
heirailkei n!«
Kurz entschlossen »
LIln einem kleinen Zoinnieriikeaiet
erkrankt vor der Verstellung des »Wil
Oel-n Tell« der Das-ist« arfieller. Der
Ei niiae Der ii;«1 untre-en könnte, ist ·
ein Zaehse mit sjirini erl lichem Dialekt.
,,3el).’1di nisclit!' eruimiidei resolut
der Lvert Direktor, »du lassen wir das
Ziiici eben einfach in der Eiichsifchen
Schweiz spielen!«
Selsiittclioiu.
Jiiant war ich zu einer reizendem
kleinen Herrengefcllselxafl geladen. Die
Uhr zeigte eine ziemlieli vorsgeriickte
Stunde, alk- lvir nach »sich-werter Sitz
ung« aufmachen Ich ging ein Stück
Weas niit Geheimrath M» der ob fei
ner Bonmots einen gewissen Ruf gses
iieszL »Ja, ja«, rneinle der alte Herr
nnd stiinte sich fclnver auf IiieinenAm
»ec« ist halt immer dieselbe Geschichte:
Mit ’neni weißen Schlips kommt man
und mit «n.em leisen Echwips geht
»san«
Recht steilen-.
« CL
Frau: »Da hört sich doch alles auf,
jedesmal wenn ich die Rächer-wage be
nützen will, liegt der Teller voll Ei
parrettenasche.«
Köchin: »Jo, ich muß doch einen
Aschenbecher l)aben.«