Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 01, 1909, Zweiter Theil, Image 10

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    furstm Tajdu
Roman von Etsch Ebeustem
(9. IoetseiungJ
Sie hielt plöslich inne, und eine
solle se erte ihr Gesicht. Es
set ihr ein llen, daß sie ja viel
- nn ater gar nicht mehr auf
sie nau fein könnte. Wenn Rainer-.
nun eines Taste das Wort Scheidung
aussprechen werdet Und das war ja
juur eine Frage der Zeit. Sie hätte
s- btind sein wissen, um nicht zu be
geei , daß ihn Laja fester denn je
an zu fesseln trachtete. --
» Spinnrsder nehmen wir also
IRS »so die Peters fröhlich, ich
III-. da ich ei schon noch treffn
verde«
«Ja — lassen Sie sie nachher hin
adttasen«, antwortete Sylvia set
ßtesy wir können aber auch fest
gleich damit einen Versuch machen
Its-d gar nicht auf den Winter war
en.«
Ilt sie eine Viertelstunde später
iibet den Methschaftthf zurückgin
Ien, schlich eine Frau mit verbunde
nene Raps an ihnen vorüber. Der
geht-Theil des Gesichts zeigte blaue
len
und dlutunterlaufene Stel
hia blieb unwillliirlich erschro
cken , denn sie dachte an einen
UnglücksfalL aber die tau drückte
lich scheu sur Seite u verschwand
in dein abseits stehenden Gebäude
in dern der Forfishüter untergedracht
Duk.
Iraulein Petets warf ihr einen
mitleidigen Blick nach.
Fhaben Sie gesehen, wie die
Frau autsa I« fragte Seite-ja im
rner noch be ürzt. »Was mag ihr
nur geschehen sein?«
»Es ist die Frau des Forstbiiters
Göt. Wahrscheinlich hat der sie wie
der so zugerichtet.« «
»Wie-ihr eigener Mann? Aber
warum denn7« rief Syloia entsetzt.
Fräulein Peters zucte die Ach
seln. »Das ist eine sehr traurige
Geschichte, Frau Gräsin. Der Göt-,
ist sonst ein tüchtiger Mensch gewe
sen, bis —- na. bis die ule drüben
ins Rettenbacher Wirthz us kam.
Zwei Jahre werdet« jeyt sein. Seit
tn sitzt er jede freie Stunde bei ihr,
und wenn er dann betrunken heim
kehrt, prügelt er sein armes Weib.
Jeder-many hat Mitleid mit ihr, aber
helfen kann ihr wohl keiner.«
»Er schlii siei Mein Gott. das
ist ja schr lich! Warum läßt fie
sich das gefallen?«
.Du lieber Gott —- sie sind doch
nun einmal verheirathet. So was
lounnt bei diesen Leuten wohl auch
anderwärts vor. Sor arg wie bei
Gii ens freilich nirgends.«
loia war ganz blaß geworden
vor rr na. »Sie könnte sich doch
scheiden ssenl al er auch sonst
nichts nrebr von hr wissen mag!«
»Die Göh ist eine wunderliche Per
on. Wenn ihr das einer sagt, wide
grob. Ich hab’s selbst einmal ver
ucht, denn die Frau that mir zu leid,
aber e fuhr rnrch gleich an: Davon
Ur n Sie nichts, Fräulein. Was
die Ehe ist, ist einmal die Ehe! Da
soll sich rnir nur keiner sdreinnrischen.’
—- Seitdern lassen wir's alle sein, mit
ihr darüber zu reden.«
In der Küc- tostete Sylvia der
chiedene Gerichte und traf noch einige
noodnungen, gab auch da und dort
eigenhändig etwas an Gewürzen zu
und stieg dann nachdenllich mit Fräu
lein Meine in das e . Stockwerk
TM , um sich umzutlei n, wö end
- Petch den Tisch deckte. am
chchs ktolnnten in einer halben Stunde
H- i« · .. . . .
HIn der Thur ihres irnrnerz blieb
,Sybi«a noch einmal sie n. .
. ,« Mulein Peters —- weiß inein
z M das von den Gödenöi«
« glaube wohl. der weiß
."«sbe·k Göh ist im enft tadel
»Den der Graf ibrn denn nie etwas
darüber gesagt? Redete er idem Götz
nicht ins Gewissen?«
Ein wunderlicher Blick des alten
riiuleins glitt über die Gräfin bin
rwundert und mitleidig zugleich.
«Nein«, antwortete sie dann zö
nd, «um solche Dinge kümmert sich
herr Graf nicht «
Syloia fühlte, wie ihr ein unan
Inebnies Gefühl über den Rücken
ch. Es lag etwas hinter denWor
ten, das nicht ausgesprochen wur-,de
und in plöslichem Schreck durchzuckte
sie eine Ahnung dessen, was die Pe
ters fest dachte. Dem Grafen waren
solche Dinge in seiner Umgebung
glei iiltig, und er durfte ja auch
nicht gen darüber, denn er selber —
»Liebe Gott«, dachte S lvia ver
meifelt, »die Leute hier wi en es al
o schon, und fee bemitleiden mich ins
shtm vielleicht gerade fo wie jene!«
Stumm aksie in ihr Zimmer
M vertuiste s hausckleid mit ei
nes Gewand aus dunkelblaue-n
mt Ausschaitt ein Kra
gen oßbareu alten Socken
« «ut: dachte se unaufhörlich «
UI Ift an. Es var doch
s MILU U- sisbs sä» schlagen
W-Mw,siemeineras-l
Hi MMl
sie dieser Gedanke nicht, usw blieb
rftreut, wie sehr der iirst auch
iihe gab, seine Tif achbarin zu
unterhalten.
Lambnch war bei Tisch in bester
.Stinnnung und konnte nicht genug
sagen, wie gemiit lich es auf Rie
denau sei, seitSy via hier sei. Be
sonders entzückt war er von dein Ef
sen. »D« send doch Gerichte, an
welchen man sich satt essen lannl«
sagte er. »Nein solcher Klimbinh wie
bei uns daheim, wo man nsie weiß,
wie das Zeug eigentlich heißt, und
wo alles nur auf den Aufpuh hin
ausliiust.«
.Un[er Koch ist eben eine Kraft
ersten Runges«, wars Laja gereizt ein,
«und weiß. daß ich ierlich arran
girte Schiisseln liebe. ß du keinen
See-Etwas dafür hast, dafür kann ich
in .«
»Ich habe gute Familienrezepte
von Mtrhtenherg neitgbrachst er
klärte Solvia entschuldigend denn
sie merkte daß ei in der Fürstin
kochte
Aber sie goß damit Oel ins Feuers
denn der Fürst rief begeistert:
ich mir’3 nicht gedacht hahe «daß
Shlnia selhst in die Küche geht! Du
könntest dir wirklich ein Beispiel da
ran nehmen, Lasal Schließlich hei
vathet man doch, uni in seinem hause
eine Hausfrau zu haben!«
Laja warf ihm einen funtelnden
Blick zu. lehnte sich dann nachlässig
zurück und sagte mit eisigeni
muth: Es ist eben nicht jeder
Hori ont in der Küche zu Ende. Dis
hätte dir ja einfach blos eine Wirth-:
schafterin zu nehmen brauchen —"
sie tniff die Augen zusammen und
blinzelie erst Shlvia, dann Rainer
an —- .um es so gut zu haben wie
Rainer.«
Ein peinlichez Schweigen folgte
diesen Worten. Shlvia war blaß ge
worden, während sich das Gesicht
Lambachs dunkelroth vor Zorn färb
te, und Rainer wie erstarrt dasaß
Ehe indessen Lamhach Zeit fand,
seiner Empöiniiiq Luft zu machen,
hatte sich Snlvia gefaßt tin-d sagte
vdlli ruhi und ohne eine Spur von
mpcsindli krit: »Wenn es dir recht
istm liebe aja, so schicke ich einige
Rezepte morgen an euren Koch. Und
nun sprich weiter —- du hast vorhin
erzählt, daß Lori o. Graden die Ab
sicht hat, nach Dollenau zu fahren.
intevefsirt mich sehr. Was
macht sie denn seht dort? ch dachte,
Gradens seien direkt oon en nach
Dohrinka?«
Zum ersten Male, seit er sie kann
te, fühlte Rainer Bewunderung fiir
Shloia, und gleichfalls zum ersten
Male stieg ein ernster Groll in ihm
auf gegen Laja. Wie durfte sie —
erade sie —- es Wn Shloia in
shrein eigenen hause zu heleidigenli
die Fürstin ioar verblüfft
iilieru hlvias Takt nnd iiber die ru
hige Zither-sit mit der sie ihren
Ausfall parirtr. Ader sie las zu
gleich in Nainers Augen eine Miß
hilligung ihrel Benehmen-, und das
ftazelte sienoch mehr anf. Nun woll
dieser Madonna mit der schein
heiligen Miene noch einen Stich ver
sehen und zugleich sich Gewißheit ver
schaffen uher einen Verdacht, den sie
längst im Stillen hegte
»Was Lori Graden nach Dollenau
führ-ti« antwortete sie lächelnd
Walter natürlich! Sie ist ja ganz
vernairt in ihn unt- ivie ich die
Kleine kenne, läßt sie ihn nicht mehr
los.«
(
I
l
Sylvia schlug die Augen erstaunt
auf. »An-i Graden und —- Wal
ter?« sagte sie ungläubig. »Du
glaubst, daß Walter —?« »
Die Fürstin guckte die Achseln
und nicktr. Sol-via mit boshastem
Lächeln u. »Ja, die Männer sinds
einmal ev unbestiindigz Schließlichs
hat er lange genug ·ch angebetet,l
und da du ja doch höher hinaus
wolltest, darfst du dich eigentlich nichi
wundern, wenn er sich jeht von Lari
trösten läßt. Man heirathet eben
nicht immer aus Liebe — wie du.«
Rainer horchte hoch aut. Daß
Walter Sylvia elieht, hatte er ganz
vergessen. Jetzt «el ihm ein, daß Pe
neda einmal ähnliches behauptete. Er
blickte Sylvia gespannt an. Was
würde sie antworteni
Sylsvia war dunkelroth geworden.
Walters Liebe, die sie erst an ihrem
eigenen hochzeitstag erkannt hatte,
schien ihr viel zu rein und heilig, um
durch soche Bemerkungen entweiht zu
wer-den. Sie satte geglaubt, daß nur
sie darum toii ke, daß es siir immer
ein Geheimnis zwis n ihnen bleiben
würde an das kein art rühren soll
t-, qui sie fis-pu- skch sitt wart-: m
leht durch die un arte Bemerkung
Darum sagte e nun ti r, all
ei eigentlich in ihrer - lag:
»Warum sollte Walter ni aus« Lie
be heiratheni Jch has fe wirklich
nicht, wie da seinen Damen mit mir
in Verbindung bringst!'
« waret doch se viele Jahre
die seen reundel da hat mir
eint-a htt, baß» di eigent
lich nur dann bit-en , kenn
W s. REM
’ bet- kssu III-I d- ip s
fest verleugnen? An deinem Doch
zeitstag naß doch auch er allein den
arcsßen orzug, dich auf deinem Ab
fchiedsweg durch das baut zu beglei
ten, und ihr blieht so lange auc, und
du warst so traurig nachher. daß dir
erpiß nicht mir der Abschied von
hrenbetg schwer fiel. Ihr habt
mir leid gethan damals!"
Sylvia hörte zu wie erstarrt.
Langsam wich alles Blut aus ihren
Wangen. Jene schrecklich Stunde
damals tauchte wieder vor ihr miß
da sie diese Frau an Rainers Bru
gesehen hatte, verzweifelt, Mittags
loi vor Liebe und Trennungsschmerz.
Sie verga darüber ganz, was dre
Fürstin ji r sie und Walter sagt
hatte, sie fühlte nur« wie bei ieser
Erineruna all die Qualen, welche sie
mühsam in sich niedergetämpft hatte.
wieder aufsianden und über sie her
fielen.
Und das Wart blieb ihr in der
Kehle stecken. Sie vergaß zu ant
wådrterh vergaß, wo sie war, vergaß
a es.
) Troer noch ein anoerer sag oa wr
« erstarrt.
) Rai-m ists iok Erbleichen sah ihr
»Schweigen, oh die Qual in ihren
s Fugen, und vlöglich war ihm, als
; iele es wie Schuppen non seinen Au
; gen. Seit jener Stunde in Wahren
lvr vor der Abreise war Svlvias
We en verändert. Damals hatte ihre
talte Gleichgültigleit begonnen. Was
war in jener Stunde zwischen i und
Walter v. Sternberg vorge llenf
hatte er ihr seine Liebe gestanden,
und tssm sie am Ende damals ur Er
kenntnis daß sie selbst mehr iir ihn
empfand, als sie ahnte?
Wie geisiesanwesend fuhr er sich
iiber die Stirn. Schweißperlen sinn
den darauk Eine große Unruhe be
mächtigte ich seiner. Wenn es so
war, mußte er sich dann nicht freuen
darüber? Sie wurde ja dann gern
in die Scheidung willigen — mit bei
den händen danach greifen. Alles
wurde leichter dadurch. Der Fürst
würde ihnen leine Schwierigkeiten in
den Weg le en, man siihlte ja aus je-:
dem Wort ie Abneigung gegen seine;
Frau heraus, und Walter würde war
ten —- nur nicht zu lange lijiigern
durfte man, dann lonnten sie a e noch
gliialich werden.
Aber es war seltsam: Rainer em
pfand teine Freude bei diesem Gedan
te·.r. Ein dumpf lähmendes Gefühl
hrext ihn im Bann. War es das
große Staunen über diese unerwar
tete Entdeckung? Oder litt sein Man
nesstolz bei dem Gedanken, daß Syl
via, an deren blinde, anbetende Liebe
sür sich er einmal so sest glaubt hat
te, ihn nie geliebt hatte? ß ihr tz
immer einem anderen geehiirh da sie
ihn also unbewußt gera so Mus t
hatte, wie er sie mit vollem uß
sein täuschtef
Es war albern, aber das Märchen
von der ewigen Gerechtigkeit siel ihm
ein. Und das dumme Sprichwort von
der Grube. welche man anderen gräbt,
um nachher selbst hinein zu fallen.
Wieder su r er sich iiber die Stirn,
als wolle er iese ungereimten Gedan
ten mit einer handbewegung ver
scheuchen
Und dann wurde er plötzli s
lustig und ausgeräumt. Der iir ,
welcher während des langen wei
gens erst verdust drein blickt, nach
her unruhig aus einem tu l herum
erutscht war, hatte von seinen Rei
sen zu erziiälen be onnen, und Rainer
betheiligte ch au das lebhafteste an
dem pesvriich ·e hatte ihn Laja so
gesvrachig gesehen.
Nach und nach Fand nch auch Syl
via wieder zurecht. Es wurde mu-1
sizirt und geplaudert, zuletzi spielte!
sie aus Lanibachs Wunsch, der ein lei- i
denschaiilicher Schachspieler war, einej
Partie Schach mit ihm. 4
Es war heiß im Zimmer geworden,
und man öffnete, um auch den Rauch
etwas hinaus zu lassen — Lsaja baite
mit den Herren um die Wette getaucht
— die Tbür nach dein Ball-In.
Rainer trat hinaus. Es war eine
milde, tlare Iriihlingsnacht mit stern
iiberssiitem himmel, voll Dust und
bläulichem Glanz. Tig ausathrnend
lehnte er sich über die rüstnng.
Da stand plöhlich die Fürstin neben
ihm. «Rainer«, sliisterte sie ihm ins
Obr, »weißt du, daß du mir heute
noch nicht ein einziges freundliches
Wort gesagt hasti«
Fast erschrocken blickte er aufs sie
nieder und dann mit einein ra chen
Blick durch die ossenstebende Thiir
ins mmer. »Wian wir nicht lie
ber ineingeheni Es roiirde ausfal
en —«
; »Nein —- bleibe! Was liegt da
ran? Mögen sie es merken! geb muß
dich einmal wieder iiir ini allein
ben! Es ist so lange der —- so
» chimf segnend-Liegt Sylvia »Z
ziv . u nn gar nr ,
was ich leide, inni«
Sie war sehr erregt Um ste zu de
rubigern na ne er ihre hand. »Du
mußt verniin tig sein, Laie-, mußt ein
sehen, daß ei nicht anders gebt. Spä
ier vielleicht — aber iesi miissen «r
doch beide M nehmer-: du Its
deinen M, ch aus Still-im Wenn
du so erregt bist, machst du uns das
Leben nor noch schwerer.«
·Uch, diese ewigen Riicksichtem Wo
zu ei nilichf undatee bebatideli
mich a etbä lich nnd Sylvia —
bist du denn ind, da du nicht siehst,
wen sie wirkli liebt
Rainer ließ ajat Hand allen. Da
war es wieder in ihm, das eltsani er
Eeeckte sessibi von vorhin. »Man-M
sittlich, daß sie Haltet Sterns-ers
liebtk M er bestem
«Feiienfefi! Mir fiel 's darnaii
gleich ihre Verwirrung are-, und als
ich dann fah, wie sie gegen dich iii —
o Rainer. ich bin doch nicht biindj
Kein Mensch auf Erden L ihr
fremder nnd gleichqiiliiger a du
Heute hast du es selbst gesehen. Jei
wollte nur auf den Strauch s Zagen
aber sie ten-n sich «a nicht ein schen
verstellm heute i es mir ganz klar
geworden: sie liebt dich io wenig wii
du sie —- Goti iei Danks«
Regungsloz starrte Rainer hinaus
in die biiiuiiche Frühlingsnachi
DieFiiriiin irai näher und chtniegs
ie sich inniger an ihn. «Gieb e frei!«
ilüsterie sie hastig. »Um ihret-. um
meinet- und nrn deinetwillen Da
mals, als du mir von Scheidung
sprachst, schlug ich's ab, ich erschrni
darüber-, denn ich wußte nicht, wie
sehr ich dich lieb hatte. heute i alles
ander-. Ich gehe zu Grunde tan«
dich ein Syivins Seite zu sehen —- ich
hasse sie! nie bin ich bereit, dir
alles u pp ern, allein zu entsagen,
was bist-ers mein Leben spar, wenn
ich dafür dich mein eigen nennen konnt
Jhr spracht früher von Amerika, von
Meile- — laß uns die sseln von
uns werfen und dahin ge n· bis ans
Ende der Weit. wenn du willst —
nur fort.«
Die Ertegnng schüttelte sie sörms
lich. Eine heiße Gluthwelle der Lei
denschaft schlug i m aus ihren Wor
ten entgegen. J re schmalen Kin
derhiinbe umtlammerten slehend sei
nen Arm.
Rainer stand noch immer regungs
los. Wie betäubt hörte er gu. leuch
tende Bilder litten an seiner Seele
vorüber, Bil r, von denen er voll
’Sebn-sucht geträumt hatte, die ihm
Jals der Gipfel irdischer Glückseligkeit
erschienen waren. Was aber zog sich
Betst dazwischen wie ein schwarzer Fa
n, ihren Glanz trübendi Warum
griss er nicht gut
- «EB ist schlecht von ihr, das seht
zu sagen — hinter dem Rücken der
beiden da drinnen.«
Verwirrt blickte Rainer um sich.
hatte das jemand wirllich gesagti
Jrgendwp draußen in der Dunkel
heit oder ties drinnen in einem Win
lel seiner Seele, den er selbst noch
nicht tanntef
»R-:iner —- Rainer, warum ant
wortest du nicht? Woran denkst dat«
drängte Laia ungeduldig
Schmeichelnd legte sich der zärtliche
Ton um sein Herz. Aber er blieb
stamm.
Da sagte im Zimmer Lambachs
Stimme triumphirend: .Schach dem
König i-— nnd matt! Du bist be
siegt, Salvia!«
Und Shlbia wiederholte leise, mit
seltsam schmerzlichem Ton: «Jch bin
besiegt —- ja!«
Dann standen beide ans.
Rainer erwachte ans seiner Erstar
rung. hastig trat er ins Zimmer
nie-Ich wohin ihm Laja langsam
a e.
Als sie in den Schein der Lampe
trat, trug ihr Gesicht den alten ru
higen Ausdruck, und ihre Stimme
tlan oberslächlich nnd gleichgültig
als ie fragte: »Alle Gundater hat
dich matt geseht?«
»Wie gut sie sich verstellen kannt«
dachte Rainer. »Viel besser als Shi
via, die immer noch blaß aussieht und
garåz verstört dreinbliat.«
i war nabe an Mitternacht· und
Lambachs brachen aus. Medbergs
begleiteten sie hinab bis ans Thor.
Als der Wagen sortgerollt war,
ging Snlvia nach dem isezimrner
urrick. Rainer solgte ihr, iindete
tich nach eine Cigarre an un etzte
ich schweigend an die geöffnete al
tonthsiin
Von hier aus tah er Enkvii u, rvte
fie die Weinslaschen in das Bii et zu
rückstetlte und die Reste des Desserts
verschloß. Und plötzlich mußte er an
seine verstorbene Mutter denken. Ge
nau so haussraulich hatte sie aus Rie
denau geschaltet und gewaltet. Er
erinnerte sich deutlich, daß auch sie,
wenn Gäste dagewesen waren, nachher
immer setbst die Reste verschlossen und
noch Ordnung gemacht hatte. Er
vertieste sich in diese Erinnerungen
und vergaß darüber alles, was ihn
kurz zuvor gequält tte. Es lam
sogar etwas wie Be gen über hin.
’wiihrend Solvia so geräuschlvz ini
ssiminer hantirte, und er sehr-at sast
i usainmen, als fre jth plö lich in
i ie Stille hinein: »Bitte Ra t!« und
sich zum Gehen wandte.
Er sprang auf, und es war ihm,
als müsse er ihr noch etwas sagen,
sie nach etwas fragen. Mr es ivar
eine so untiare Ernpsindung, daß er
nicht sosort vie rechten Worte sand.
Im nä n Augenblick stand sie schon
»vor der hiir.
Berstimmt gin er nach seinem
Zimmer, obtvoh er gar teine Mii
digleit verspürte.
n die er Nacht and er keinen
S las. mer wie r tauchte La
jas leitendes Gesicht von ihm au·
und igzetveiche Stimme beunruht
sein . Daztvischen schob ch
innan schüchtern Sylvias Bild«
und nn griss ihin eine merkwürdi
ge An st ans derz.
Au Shlvta hatte am folgenden
Morgen eine schlaslose Nacht guter
sich. Die guten Borsiiiy die r e
benheit in das Schicksal, welche sie saich
ein eredet hatte, ihre mühsam aus
rechsterhaltene Glei ttlttgleit, ja sellzk
die Ueber eugunf s es ihre Pin 1
sei, das stritt-illa egehene Wort zu
kaltem alles das gerieth ins Wanken
rch den eigen Abend.
Mit te e es wirklich dulden das
diese als triusiphtreiide Siege
W - . . -
tin in ihrem eigenen Hause erschien
und ihre giftigen Pfeile nach ihr
ichs-ge »
Und die Qual dieses Abends sollte
sich nun wiederholen so oft ei Lein
beliebte, nach Riedenau zu lonttneni
i Alles in Syivia bäte-nie sich auf
. bei diesem Gedanken Rein das konn
te, das wollte sie nicht länger ertra
sent Wenn schon das M so gedul
wäre sich mit F treten zu
en ihr Stolz durt e das nicht zu
lass Hen.
suc- oer Morgen onna-z me
Solvia entschlossen. Riedenau zu
verlassen. Sie selbst wollte die
Scheidung verlangen.
Fräulein Peteri brachte den Tbee
und erschrak über das Aussehen der
·ungen Frau. » rau Geäsin haben
sicher schlecht ges lasen«, sagte sie
theilnehmend, «und hätten sollen noch
ein paar Stunden zu Bett bleiben —
das Wetter ist ohnehin trostlos!«
Rein — nein«, antwortete Shi
via, sich zu einem Lächeln zwingend,
»ich iible mich ganz wohl und habe
auch zu thun.
Sie aß ·stia ein paar Bissen.
Dann sehte ie sich, während Fräu
lein Peters sieh nebenan in der Gar
derobe zu scha en machte, an ihren
Schreibtisch un begann zu schreiben
Gleich sollte es geschehen, in aller
Stille, ohne daß jemand ahnte, was
sie vorhabe.
Erst an Großmarna Mahrenberg
Es siel ihr schwer, die nöthigen
Worte zu finden, ohne den wahren
Grund u verrathen. Endlich gelang
es dors. Sie habe heimweh die
Lust in Riedenau betont-ne ihr nicht.
ob sie nicht vorläufig für ein paar
Wochen nach Mabrenbrrg kommen
diirsei Das klang gan harmlos.
Großmama konnte ihr die Bitt-e taum
abschlagen. Und war sie erst dort,
dann wollte sie die weiteren Schritte,
die zur völligen Scheidung südren
sollten, einleiten. .
i
- Gründe ihres Kommeni nannte und«
if
sauer niemand, auch ins-riet nicht,
follte den wahren Grund erfahren.i
Darüber zu reden wäre fiir alle
Theile zu peinlich gewesen. Das wür
de freilich schwer fein. Aber es mußte
sich doch etwas finden lassen.
Syloia ftiihte den Kopf in die
band und dachte nach. Sie hatte nur
anz untlare Vorstellungen iiber Ehe
cheidungen. Jedenfalls würde man
sie doch um die« Gründe befragen.
Was follte sie angeben? Wenn der
wahre Grund nicht zur Sprache lam
men follte, mußte doch ein anderer
genannt werden. Aber welcher? Da
tappte sie völlig im Dunklem
Plötzlich fiel ihr Walter v. Stern
herg ein. Der wußte doch alles, ge
gen den tonnte sie offen fein, der witt
de ihr auch rathen und helfen.
Daß sie, wenn Walter ihr wirk
lichdin der S half, dadurch sieh
un ihn in ein alfcheo Licht bringtn
könnte, tam ihr gar nicht in n
Sinn. Sie hatte nie anders an ihn
gedacht, als wie an einen Bruder,
und er felhft hatte feine Liebe zu
ihr sicher fchon überwunden, nahm
doch felbft die k iirftiri an, daß er im
Begriff stund, ich mit Lori Graden
zu verlohen.
So fchrieb Shlvia denn noch einen
zweiten, viel ausführlicheren Brief
an Walten worin fie ihm die wahren
ihn um Rath hit. «
Als sie fertig war, rief sie Frau
lein Peters. ,Wann werden ldie
Briefe von Riedenau zur Station
gefchaffti« agte sie. .
«Gewöhn ich Mittags. Der here
Graf verfchließt dann felbft den!
Post-deutel, und Martin fährt damit;
nach Rettenbach.«
»Gut. Beforgen Sie diese beiden
Briefe, und gehen Sie acht, vafz man
sie nicht vergißt.«
Dann war ihr leichter. Sie ging
hinab in die Kiiche und machte sich
allerlei im haus zu fchaffen, nur unii
nicht mehr Zeit zuni Nachdenken zu
haben. «
Gegen Miita ließ sich der Jn
Lieieltor von Fii enhain bei ihr mel
n
Gtwlat verwundert empfing ihn
Still-ich Was wollte denn der «M.1nn
hei ihri Warum ing er nicht zu
Raineri Dabei befch ich fie ein weh
iniithiges Geiihl, wie immer, wenn
der Name I« hrenhoin an ihr»O·hr
fchlu . Dort war fie «a fo aluitlich
ewe en, und in der et emszeit ihrer
rautfchaft hatte sie sich tin ifch da
rauf gefreut, an Rainers Seite all die
lieben Bläschen ihrer Kindheit wieder
a suchen.
Wams gehörte öhenhain noch
den Graden-. Nun iel ihr zum er
ften Male wieder ein, »daß es feits
dein in ihren Befih iiber egangen
war. Aber sie hatte ei ja a elehnt,
l
ei wäre ibr unmägsich gewesen, fest
einen uß binznsejen
Gierig die ersten Worte belehrte-r
Sylvia, daß Rainer von ihrer Ub
lehnung keine Notiz genommen bat
te. Der nspettor iatn zu ihr, weis
sie does «e Besiderin von Föbrens
Mn Jer. innd er ibre Entscheidunq in
vetssredrnen wirthschastlichen Din
gen hear-Hin Das Da sei schad
hast und müsse ausgebe ert werden.
Auch in den Zimmern sei manches zu
richten.« Der Herr thf habe seinet
eit durchbiicien lassen, daß die heu
fchaften im Sommer stets ein paar
Woche-f auf Föhrenbain zubringen
wollten, und da müsse doch vorher
manches in Stand geseßt werden.
Ach glaube nicht« daß wir nach
Föhrenbain geben werden«, unter
rach Sylvia diese Auseinanbetseßs
ung. .Jin übrigen wenden Sie ich
rnit allem an den herrn Grasen. ch
sahe damit absolut nichts zu schaf
en.«
Etwas verdußt entschuldigte sich
der Fnspettor. Er habe geglaubt,
daß «e Frau Gräsin, weil es doch
ihr Privateigentdum sei — aber nun
wolle er natürlich zum Deren Grasen
gehen. Und er em ahl sich.
Rainer zog die rauen inster zu
sammen. als er hörte. Salt-in habe
den Mann an ihn gewiesen. »Bes-,
sern Sie das Dach aus. Alles ans
dere mag bleiben, wie es ist«, ent
schied er turz.
Als er Inn egen Mittag die
Briese in den Po beutel that. ver
sinsterte sich sein Gesicht noch mehr.
Snkviag Bries an Walter v. Stern
derg war der umsangreichsie von al
len. »Was zum Kuckuck brau t sie
ihm ganze Bücher zu schrei ni«
dachter er ärgerlich. »Und seit wann
schreiben die beiden sich überhaunti«
Während des Friilystiickt hielt er
nach an sich, und auch Sylvia a
stumm und hastig. Mit turzem Gru
trennten sie sich unmittelbar darau.
Aber beim Tiner hielt er es nicht
länger aus. Jhr Schweigen und dre
vertriiumte Art, mit der Snlvia u
weilen wie geistesabwesend vor ch
hinstarrte, reizte ihn unbeschreiblich.
Er suchte iörmiich nach einem Bor
wand, um sie aus diesem Schwei n
derauszutreiben Der Besuch des Fäh
renhainer Jnspeitprs bot dazu den
besten Anlaß.
«Es ist außerordentlich liebensmärs
dig von dir", viaßte Rainer les, so
bald der Diener das Zimmer verlas
sen hatte. »daß du mich var meinen
Leuten Lügen strasst! Ich erkläre dem
Jnspeltor, daßIiihrenhain deinEigem
thum ist« nnd daß er sich in allem an
dtch zu wenden hat, und du schickst ihn
wiedep zu mir!"
»Du wirst dich erinnern, daß ich
dieses Geichent ablehnte«. erwiderte
Spinia ruhig.
»Du scheinst es dir ja sörmlich zur
Ausgabe gemacht zu haben, alles ab
zulehnen, was dir von mir tommti"
Verwundert blickte Sylvia aus.
»Ich wüßte nicht —«
aAber ich weiß es! Oder hast du
in der Zeit« seit wir verdeirathet sind,
etwa auch nur ein einziges Stiick des
Schmnckei getragen, den ich dir gadi
Nichte trägst d- an dir, als ewig diese
Brosche von Walter Sternderg Das
ist sehr schmeichelhast siir mich!«
Gortseßung solgt.)
Jrn Generalanzeiger (Nr.216) wur
den von einem Berliner Kaufhaus u.
s. angewriefent «Claire und perlgrau
Iefte Damenleder-Hanbfchuhe.« Ob die
Damen wirklich Handschuhe aus dem
Leder . . . pardons aus der Haut ihrer
Gefchlechtsgenoffinnen tragen werden?
O i I
Der Magdeburger Generalanzeiger
teilte in Nr. 245 mit: »Die fchweizeri
fehe Militiirbesörde hat sich zugunsten
der Einführung des Kruppfchen 13
Zentimeter - Mörders ausgesprochen«
Dieser Ausdruck ift leider mehr richtig
als falfch. -
O f I
Die Klalfchfucht legt ihre größten
Eier mit Vorliebe in »kleine Nester.«
i ·- ·
Man hat nicht immer den Nutzen,
wenn man den Profit hat.
I I i
Auf dem Spielplon der politischen
Bühne fleht jetzt: Wie denlen Sie über
Bulgarieni Hoffentlich wird diesmal
lein Trauerspiel daraus
c I .
- Es ift viel leichter, zwanzig Verfo
nen zu raten, was sie tun sollen, als
einer cui den zwangi zu fein, um den
gegebenen Rat zu befolgen «
Der mit-me deucht-n
f
Vetmiethetin Cum Studiosuz, der sich in Gegenwart seines sum Be
such bei ihm weiltndea Onkels ein Glas Wasser aus der Flasche eingiescn
- will): »Nicht doch, hett Spund, ich bring Ihnen Nichts. . . . MS seht
schon seit fechs Wochen in der FlafcheP —- s