Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 11, 1908, Zweiter Theil, Image 12

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    fürstins Maja
Roman von Ekich Ebeuiieiw
(6. FortsesungJ
Man ging bis ans Ende des Kor
ribors, nnb da gab es wirklich zwei
nette Schlaszirnrner mit anstoßenden
Solon. Ein Ballen war allerdings
nicht dabei. und die Aussicht ging ans
einen Seitenlanal, der nicht sehr ein
ladenb aussah Aber Snlvia sanb
die Zimmer reizend, unb so blieb man
dabei.
DI- Gepiis wurde berbeigeschasst,
und Rainer selbst schloß die Verbin
dungFtbiir zwischen den beiden Zim
mer-n. »Wenn du das Student-läd
chen wünschest —- bier ist die Klin
gel!« sagte er.
;Dnnte!« murmelte Snlvia, dann
war sie allein und athmete auf. Vor
die Tbür des Nebenzimmers schob
sie noch den Koffer, welcher ihre
Garben-be enthielt.
Sie warf einen Blick utn sich. Das
Zinnner war nicht grosz und lange
nicht so vortlebrn wie die anderen,
welche man ihnen zuerst gezeigt bat
te, aber ibr tam es ntziictnd por
tpeil sie darin nun endlich allein blei
ben durfte
Sir war nie in einem Hotel ge
wesen, und gleich beim Eintritt hatte
see alles bedrückt. Diese kühle, un
errsiinliche Eleganz, die fremden
Menschen, das Anstarren der Die
nerschast, das leise Plätschern des
Springbrunnens draußen und das
Ausschlagen der Ruder unten auf
dem Kanab über welchen schwarze
Gondeln wie Gespenster glitten —
das alles raubte ihr fast den Its-ein«
machte sie betlomrnen und stimmte
sie traurig.
Nie zuvor hatte sie sieh so gren
zenlos verlassen gefühlt. Und doch
war es so gut, daß sie allein bleiben
durfte!
Sie schloß dise Korridorthiir ab
und wars einen Blick aus jene, die in
Rai-ers Zimmer führte. Ah —
tilob — auch da steckte ein Schlüs
·el. Leise orehie sie ihn um. Nun
iuhkte sie sich ern ganz sicher
Sie legte ihr Reiselleid ah, wusch
steh, warf einen hellen Schlafrock
iiber und streckie sich aufseufzend aus
die lleine Chaiselongne, welche links
ooni nsier stand. Eine große
Mai kit übe-fiel Syivia plans-»
und fre schloß die ugen.
halb im Entschlafen hörte sie aus
dein -Rebenzimrner, wie auch Rainer
sieh wusch, dann seine Schritte hin
und her, ein Kossersehloß aufsper
ren, ein Zündholz anzündem leise
»Is- -
tzi raucht er«, dachte Spirits-,
»und isi froh, daß er mich siir eine
Weile los ist«
Dann wurde es auch drüben still,
und fee schlief ein.
G war schon dunkel, als Rain r
vorn Dorridor her an Soloiaö T r
klopfte. »Ist es dir recht, wenn
wir ein wenig ausgehen, Sylnvia?«
hätte sie ihn fragen. »Ersi irgend
wohin essen, dann vielleicht ins
Theaters«
»Ja, mir ist alles recht. Jch bin
gleich fertig.«
Die Antwort verdroß ihn gleich
wieder. Er hatte sich inzwischen ein
geredet, daß i re Gleichgültigteit
während der he fahrt aus Müdig
keit entsprungen war, und hoffte im
Stillen, daß sie nun, nachdem sie
ausgeruht auch ein wenig lebhafrer
sein würde. Statt dessen oie Worte
«M«ir isi alles rechtl«
»Liebe dich aber warm an«, rief
er noch durch die Thiir, «es ist ver-,
wllnschr kalt draußen.«
sehorsain zog Solvia ein blaues
IMleid an nnd einen warmen
Wnrantel darüber. Jn fiins Mi
Wasixsks· - »
on ein weni von
der Reise erholi?« ragte ainer
Miit-, ihr den Arm tend.
antwortete ebenso höflichy
—- 1a«.
Daraufhin gab er es auf, ein Ge
spräch zu führen. Sie gingen hinab
und fuhren nach dein Canal grande.
Es war wirklich sehr frisch draußen,
aber die vielen blihenden Lichter-,
welche sich im Wasser spie«elten, dir
Handeln ringsum, die Zuntelnden
Sterne arn Himmel und der Mond
schein, welcher geisterhaft über den
Palästen und der Kirche Santa Ma
ria della Saluie schimmerte, lie
Rainer wenigstens das verge ,
und sein Blick glitt leuchtend darüber
Ins Sylvia schien es nicht den
mindesien Eindruck zu machen. Frö
stelnd in ihren Uhendniantel gahüllt«
M sie in der Sondel and blickte·
desw
.,sin ach Fröhlichk dachte Rainer
eli. Siehst weder nn
Mr sagte noch fiir irgend email
J- ahr-II Mnrant am Mar
1Wah wurde ein kurze Mahl ein
men, dann ging es na dem
. tiirlich wurde ita ienifch
i, a Shbia verstand ja
ihnka und dann war auch sehr
- Unifiattmr dabei. nTr
ZU PIMM at
IIW Heftemth me et ihr
M- III « M
.,danke—snt.« -
Er führte sie jest in eine echte
Osmia und hoffte, daß es sie inte
ressiren würde, aber es war dasselbe.
»Der-te —- ja. Danke —- nein.
Danke —- gui« —- kvar alles, was sie
sprach.
»Derrgoti!« wütheie er innerlich.
«wird das denn immer fo fortge
hen?" Dann fiel ihm ein, daß es
vielleirY doch immer noch Iniidchew
hafte Scheu-»vor ihm Dar, was sie so
stumm machte. Aber er war ja so
riinvoL als man nur sein
konnte, er drängte ihr ja seine Liebe
nicht auf — welchen Werth hätte
auch ein Kuß oder Händedruck-haben
tönt-Zen, der widerwillig gegeben
war
Dazwifchen dachte er an ibr sit-H
traulich- zärtlichei Wesen als VrauLH
Da hatte sie ihn doch gerne und mit-i
lig geküßt, hatte so lieb geplaudert
Aengsiigste sie die Furcht por« der
Ehe? Die Fremde? Er begriff sie
wirklich nicht. » ·
Dann machte er Pläne für die
Zukunft So wie er sich diese Rette
rurch Italien gedacht hatte, war ei
nun nichts. Man mußte etwas ande
res beginnen. Erst hatte er die Ga
lerien, Kirchen und sonstigen Kunst
schätze für diesmal beiseite lassen und
nur Volksleben und Natur des Sii
dens mit ihr genießen wollen; der
äftthetifche Kunstaenuß welcher Ita
lien für den Fremden so anstren
gend uno ermüdend macht, tonnte ja
später nachgeholt werden. Jeßt wallte
er es umgekehrt machen. Vielleicht
thaute sie in Gallerien eher auf. Iiir
morgen hatte er die Zasammentnnit
mit Weiher verabredet, der tonnte ih
nen dabei ganz niißlich sein· Auch
war es entschieden amiifanter zu
dreien!
»Es war Mitternacht als sie ins
hotel zurücktehrten Rainer fühlte
sich eimiidet und gereizt. Er wartete
Soloias Worte gar nicht erst ab,
wußte er doch. daß sie allein sein
oollte, und reichte ihr oor der Thiir
ihres ." immer-Z die hand. »Er-te
Nacht, Sylvia«, jagte er kühl, »schw
fe wohll«
»Bitte Nachtl«
Einen Augenblick lag ihre band
in der feinen, und ein turzer oant
barer Blick streifte ihn, dann war sie
verschwunden.
Jhm war, als müsse er hellan
lachen. Das war nun eine -
zeitsreisel Darum beneidete ihn wohl
mancher gar! -«
Plöhlich blieb er mitten in seinem
Zimmer von einem Gedanken getros
fen Beben. Ob Salvia wohl eben o
talt und langweilig und gleichgiiltig
wäre, wenn ein —- anderer Mann sie
geheirathet hätt-es Walter o. Stern
berg zum Beispiel, oon dem Peneda
ja behauptet hatte, daß er sie liebe?
Rainer wußte selbst nicht« woher
ihm dieser Gedanke kam. Es war
ja ganz thöricht, denn er hätte tau
send Eide schwören mögen, daß sie
nie einen anderen Mann lieber he
hsvt han, ais ihn sen-se Noch fah
er das wunderbare Aufleuchten in
ihren Augiekzs wenn er nach Mah
renbera ta , noch hörte er den zit
ternden Ton voll Glück und verhal
tener Leidenschaft in ihrer Stimme,
als sie ihm nach seiner Werbung oon
ihrer Liebe gesprochen hatte.
Wohin war das getomment Wer
hatte es ihm geraubt. Es hatte ihn
doch troß allem beglückt, mehr all
er Damals selbst gewußt hatte. Ei
war wie ein leuchtender Stern ge
weer in der dunklen Nacht, welche
sonst feine heirath unt b.
Seufzen-d begab er endlich zur
Ruhe.
An anderen Tage begann man
in Weihers Begleitung mit der Be
sichtigung von Gallerien, Kirchen
nnd alten Palästem Anfangs war
Sowia auch da noch schüchtern und
einsilbig, aber allmählich begann sie
doch aufzutbauen, interejßrte sich für
die Dinges welche man ansah, und
plauderte schließlich unbefangen mit
Weiber.
Der junge Maler war ganz begei
stert von ihr und konnte ihre ra che
IFaffungslraft und ihr natürliches
Verständniß für Kunft nicht genug
rühmen. Er war ein Wiener Kind.
hatte dann viele cJahre in München
verbracht und aß jenen ungenie
ten gemüthlichen Ton im Umgang
welcher die dortige Mustlenpelt ani
zeichnet, dabei etwas Naiv-Hinw
ches, das Sylvia zuweilen förmlich
rührte. »
Wenn er sie oft mitten irn Ge-!
fpriich begeistert unterbrach: «Vitte,j
bleiben Sie so,.Griifin —- nur einen’
Moment, den Kon so neigt und.
die Hände im Sehr-F Falet —- es
ist ein entzückend-I il l« .- dann
lachte Syloia, aber He that ian den
Gefallen und blieb in der Stellrm .
Oder wenn er ihr irgend ein Bi
ertlürtr. schickt die Lebensgeschichte
seines SÆp ers einflechtend nnd dre
Art seiner ntftehnng dann horchte
Sylvia gespannt zu, nnd i r Blick
wurde weich und tränmerifch .
M« non Miit-Hirn « Y«
, umne, g. se
wandte sich Shlvia an ihn sitt einer
wic- uie eins sie ssl leise st
Imertungen ein and kannst waren sie
allein, io verfant sie wieder in tödt
iiches Schweigen.
Sollte er Grnnd haben eisersäehi
tig zu fein? Nein der Maler als
Mann zuar ihr völlig gleichgiiltig.
das konnte auch ein Minder sehen
Und unt eiferfiichtiq zu sein tbätte
er sie auch lieben müssen. ;
Aber es argerte ihn doch von Tag.
zu Tag mehr. wie Solvia ihn be-:
Handeln-. »Ervi unter Rum« Meistei
;er mit wachsen r Bitterkeit
I Auch sonst.verstimknte ihn vieles.
Am dritten Tag ihres Benediger
Aufenthaltez hatte er einen langen
Brief von Laja Lambach bekommen.
Sie gab sich alle Min, heiter zu
schreiben, aber zwischen jeder Zeile
stand doch ein lanss Lieb von Sehn
sucht und Trauer Börenegg sei
ganz eingefdreit Da saß nun Last-,
die strahlende lebenilustige Laxa
allein mit der immer lranllichen
Loders, ging nirgends bin und em
pfing niemand denn ans-er der
Iiirftin Jedem welche auch den Win
ter über in ihrem Wolsjberg Hieb.
waren alle Nachbarn in die Stadt
geflüebtei. Das Reiten freute L a
nicht mehr, seit Rainer nickrt me r
dabei sein kannte. Briefe schreiben?
An wen? »An die Graden viel
leicht —- das wäre töbtlich. Tante
Sepbine will nichts mehr von mir
wissen. wir baben uns sehr tiibi ge
trennt — und an Landstrer Mein
Opti. den intereisirt ja nicht, was
ich thue. da fchreib’ ich wohl fa bin
aus Pflichtgefühl -—— Vergnügen
ist das keines. Wirtlich schreiben.
wie mir ums-Berg ist« kann ich nur
dir! Jch darf den-iin
»Dir-ne Leid-P dachte Rainer.
»Welch ein Leben fiir dick-F
Seufzend sattete er den Brief zu
sammen nnd steckte ihn in die Tafchh
Dann blickte er aus Sinon Sie
saßen eben beim Frühstück im Win
tergarien des Hasels.
»Laja Lambach bei geschrieben«,
sagte er. .-Sie läßt dich herzlich
grug .
« ante!« kam «es eisig uriick.
Dann erhob sich Sylvia· »F will
ein wenig Toilette machenc sagte
sie. »Wir wollen doch heute in den
Dogenpalssi —- nichts«
»F. Um zehn Uhr holt nnd
Wei r ab.·'
Er sah ihr finster nach. Dann
überkam ihn plöstich eine große
Sehnsucht nach Laie-. Jenmer wie
der kam der Gedanke: wie anders
wäre ei, wenn ich mit ibr wäre!
Konnte das wirklich nur Freund
schaft sein. was ibr Bild immer vor
seine Seele zauberteZ So fragte
er sich beklommen
Warum hatte sie nicht in den Bor
schlag einer Scheidung von Lambach
gewilligt! Es wqre alles, alles anders
gewesen, besser, reiner, schöner, siir
ihn und —- auch siir sie .J-ch hätte
nicht nachgeben dürfen, nie in diese
heiratb willigenL Nun sind wir beide
elend-l'
Dann ging das Wandern durch
Paläste nnd Kirchen, über Pläne nnd
Brücken wieder an. Weiher spielte
den Cicerone, war entse lich galant,
stand-nat sittlich begei eri· brachte
Snlvia Rosen nnd gab ihr Rath
fchläge in Bezug ans ihre Toiletie.
welche einiger Er "nzun bedurfte.
Und sie hörte voll Zeiten e gn, nahm
dankend seine Blumen un entwi
ckelte eine iabelhcrfte Gelehrigleii in
Bezug auf Kleider, Stoffe und iilc
Als ihr Rainer zu diesem Tores
eine Summe zur Beriägung .ellen
wollte, lehnte sie kühl ab. »Dann
—- Großrnarna hat mich genügend
versehen.«
Es larn Rainer fast so vor, als
wolle sie Jan ihm nichts annehmen.
Von dem gaan Schmuck, welchen
er ihr gegeben hatte, trug sie nicht
ein einziges Stück. Nur die Presche
dont-Wetter Siernberg sah er täglich
an r r.
Er war so unzufrieden mit ihr,s
rnit sich, mit aller Welt, daß er zu
lent ungerecht wurde. Früher in
Mahrenberg, hatte er immer an ih
rer Toilette genörgert, nichts war
ihm schön und elegant genug, und
Zett, roo Sylvia die Kunst sich gut
zu tleiden unter dem Einfluß eines
litnstlerifchen Geschmackeo iernte war
es ihm wieder nicht recht Freilich
sie machte es nicht wie Lai.1, welche
jede Mode mit heiligein Ernst bis ins
kleinste gewissenhast mitnmchte Sie
wählte ganz selbststäan nur das
was zu ihrer Person wirklich paßte
und ließ die herrschende Mode nur
gelten, roo sie ihr gut stand
Weiher hatte sie überzeugt, daß zu
ihren frischen Farben und :hrer ho
hen Figur nur gedöinpfte Töne und
schwere Stoffe gernit tünstlerischem
Falte-neues paßten, da ihr melli
ges haar nnt dein rolRich Mal nen
Schimmer möglichstlo aufgesteckt
get n werden mußte. Kein Ano
rn Mu, sein aufstehender
Schon über der Stirn —- allei mehri
an den Seiten leicht gebanscht, mög-i
lichft natiielich mit ein paar losen
Löckchen in die Stirn.
Sie sah fett unendlich schön und
vornehm aus, aber Rainer wollte
das nicht sehen.
M begreife nicht,
bli lngt thun san-g
ein vereiickter Maler d rath!« tmaZx
er eines Morgens erbittert.
will-H du ihm etwa gefallen da
dttt schi«
Sylvia sah ihn groß an, ohne zu
antworten.
ne «hi«mck:;9jsis Jesus Mmi
spie Hm euch-— «
»Vine. willst ou nicht net-et der-l
artige Be uptungen Tür dich des;
halten? ch glaube-nicht daß ich!
mich irgendwie unpassend benelkrnel
rder lleide.«
Er lchwieg. Es war ja wahr —
ihr Benehmen war tadellos. So
scher und vorgehn-, daß er sich
manchmal im Stillen wunderte. wo
her sie et nur hatte, so plötzlich die
große Dame zu spielen —- sie , die
tleine Sylvia Mahrenberg, die nie
ist der Welt gelebt hattet
Aber die ärgerliche Stimme-. in
der er lich nun last beständig befand.
dräntste immer wieder heraus.
« arum trägst du eigentlich auf
einmal all die Kleider nicht mehr.
welche du von daheim mitbrachtefti
Sie waren doch »sehr geschmackwll
und mit feinem Verständnis ge
wählt?« -
Weil ich sie nicht selbst gewählt
habe. Ich tteide mich nicht gerne nach
dem Geichmael anderers«
Er verstand ganz gut, wen sie
meinte, und fühlte sich im Stillen
für Laia getränkt. Aber er. tagte
nichts mehr. Schließlich war es ja
leichgiiltig. Von itsm aus mach-te
ltzu sich in Seide oder Sackleinwand
tleiden.
11. Kapitel.
Von Venedig gina es weiter nach
Süden. Verona, Mailand, Florenz,
Pisa —— überall blieben sie einige
Zeit, besahen, was zu sehen war, und
reiften dann wieder weiter.
»Aer im Grunde ist es eigentlich
tein Reisen«, dachte Rainer, »san
dern ein zweckloses Vorwärts, eine
Flucht vor uns ielbst.'«
Sie machten da und dort sliichtige
Betauntschaften. denn Snlbia iiel
iiberall auf durch ihre Schönheit und
ihr vornehmes Wesen. im Grunde
blieb zwischen ihnen selbst alles ge
nau fo, wie es am ersten Tage ge
wesen war.
Von Weiher hatte man sich bei der
Abreise von Venedig getrennt Er
gab vor. irgendwo in der Nähe von
Perugia Studien machen tu wollen
In Wahrheit hatte sein leicht ent
flammtes Künstlerherz durch das
häufige Beisammensein mit Shlvia
ernstlich Feuer gefangen, und er
trachtete nun, da er die völlige Aus
sichtslosigteit feiner Gefiible ersann
te, sich in Sicherheit zu bringen.
Shlbia hatte teine Ahnung oon
Weil-ers Zustand und bebauerte sein
Scheiden innerlich. Denn nun, da
sie beide wieder allein auseinander
angewiesen waren. bielt es viel
schwerer, sich auszuweichem
Inzwischen tarn ver Frühling ins
Land. Der aanze lachende Zauber
des Sitdens that sich vor Rainer und
Shlbia auf, aber sie hatten teine Au
gen, ihn zu sehen, teine Seele. ihn
reudig zu empfangen.
Auch Rainer nicht« so empfänglich
er sonst siir alles Schöne war. Er
brauchte nur Shlvia anzusehen. wie
lieblich und freundlich sie gegen je
dermann war, und wie talt und
stumm gegen ihn. um sofort mißge
stimmt zu werden.
Jedeömal in solchen Stiinmungen
fliichtete er zu Laja. schrieb ihr lange
Briefe oder sandte wenigstens rasch
von irgend einer Station aus einen
kurzen Gruß an sie. Er hatte es
aufgegeben« sich einzuredem daß er
nur Freundschaft siir sie empfinde.
Der Briefwechsel mit ihr war fein
Trost. Shloias Benehmen trieb ihn
ja geradezu zu ihr zurück.
Auch Laja schrieb viel. Ganze Bit
cher manchmal. Ihr Mann war zu
rückgekehrt. und sie verstanden ein
ander weniger denn se; da war es
schliehtich natürlich, daß auch sie im
mer öfter an den fernen Freund
schrieb, der sie so gut verstand.
Shlpia hatte nie einen Brief von
der Fürstin gesehen, auch richtete
Rainer ihr längst teine Gruße mehr
von ihr aus« aber sie mertte wohl,
da er in jeder Stadt immer zuerst
ou das Posiamt ing. daß er sich
stundenlang einsch oh. um zu schrei
ben. und das fein Blick nachher stets
»etwas Leuchtendec hatte,
» Sie litt namenlos darunter, war
aber viel zu stolz, um es je merken
zu la en. Mit wachsender sitterteits
fasse sich. daß sie völlig machtlos;
war den beiden gegenüber. s
So erreichte man Terontolrn wo
Rainer einige Tage bleiben wollte,
um sich von dem ewig-In herumlau
sen in Salterien und TIn ein we
nig zu erboten, ehe der u l in
Rom von neuern lpsging oreni
hatte sie beide arg mitgenommen
seine Ren-en waren bis zu trank
er ste« iarteit gespannt, nd
lpia ergn es nicht biet Ek,
obwohl sie fis- stiirter in der -
walt hatte.
Wie gewöhnlich war auch hier
Rainers erster Gang nach dem Pakt
arnt. Shlvin saß inzwischen in ib
xrern nichts weniger als behaglichen
hotehimmer und schrieb an Tante
Sei-bitte Sie berichtet-e sehr ane
. säh-lich iiber alles, was sie in Flo
renz gesehen hatte, und erkundigte
sich eingehend nach allen Meinigteis
- ten in der heimath. Ob der Ap el-»
I baurn vor Tante Dos- Fenkeer f onj
blühe, ob der Freiherr wie r eine;
neue Patienee erfunden habe, nnd.
wie das Milbchen der Schweizeriub
—- Waiters Stolz —- 9edeihe7 Ueber
sich und Rainer schrieb sie tein Wort.
Sie war eben fertig mit ihrem
Bericht, ais siebet-irrer nebenan in sein
Zimmer treten hörte. Er ging mit
lan Schritten bin und her und
sen zte zuweilen tief anf. .
ylvia stand auf und besann
sToilelte zu machen denn es war bald
it zum Speisen. Nachher iollie eine
paziersahrt macht werden. u
lwelcher der gen schon besteilt
war. Der Wirth hatte iisnen er
Zahltda in der Umgebung alte
. tinwerteb aus der Rönierzeit stiins
: den, und Rainer hatte ertliirt dasz
man das ansehen miisse. So war
wenigstens wieder ein Nachmittag
mit Anstand todtgeschlagen.
Sie kleidete sich in ein graublaues
Kostiim mit dustiger Bluse steckte
Bitter- Bursche an und trat dann
bin-tut aus den Korridor unt ihren·
Mann zu erwarten, denn es war wie
»ein stills weigendee Uebereintominen
beider-»du sie einer des anderen Zim
mer nicht beträten.
Rainer kam auch gleich, als er
Salvia draußen hörte. Er sah blaß
und verstimmt aus.
Hei Tisch sagte er plohlich unver
mittelt: »Du wirst so giitig sein«
mich nach Tisch bei der Fahrt zu ent
schuldigen Ich bin nicht in der
Stimmung. auszusalsren und —- habe
auch zu thun.«
Sylvia wollte schon fragen was
dai wäre. aber sie unterdrückte die
Ira e und sagte ruhig: »Dann sahre
ich elbstverstiindiich auch nicht-"
Weibalb solltest du meinetwegen
zu hause bleiben? Es hätte ganz
und gar teinen Zweck. da meine Ge
genwart doch zweisellos lein Verwil
gen siir dich bedeutet. Ich bin sogar
überzeugt daß du dich allein besser
unterhalten wirst '
Sie erwiderte nichts, sondern blick
te nur stumm aus ihren Teller.
Da setzte er sast bestig hinzu: ,
Ueberbaupt braucht man sich ja
nicht wie Kleiten aneinander zu bän-;
gen. Das Recht, einmal siir sich al- s
lein zu bleiben lann man auch in der
Ehe bransvruchenk i
Die Tbriinen stiegen Snlvia auf
bei diesem Ausfall Mit Geaalti
drangte sie aber dieselben zurück und
antwortet lalt: Es sälli ir: r gewiß
nicht ein« dir lästig zu sallen."
»Amt« sagte er etwas besiinitiat
»Der Wagen ist ja nicht mebr abzu
bestellen, und die Fahrt wird dir ar-;
wiß gefallen. Ich werde indessen segs
den« trag sich sur den Abend unter
nehmen läßt«
So suhr Snlvia alio allein. Die
Fahrt war sehr schön tänas des Ira
simener Seee aber sie sah gar nicht-Es
davon denn immer wieder siieaen
ibr die Tbriinen in die Augen« wenn
sie an die ganze Trosilofigteii ihres
Lebens neben Rainer dachte.
Endlich hielt sie es nicht länger
aus« ließ den Wagen balien und stieg
aus. Ein schmaler Pfad bog ron
der Straße ab zwischen Zypressenqei
biilz aus-der einen und Obstbiiunien
aus der anderen Seite. Mechanisch
schlug sie ibn ein, weil er so aanz
einsam und verlassen schien Jest
tamen Felsen und dann eine Art
Wald, buschig und dicht. aus aller
lei Bäumen und Sträucharten be
liebend
Kein Mensch war zu sehen. Da
sehte sie sich aus einen Felstlock und
begann leise vor sich bin zu weinen
rvie ein kleines Kind, das Weg und
Stea verloren bat und lich beim
bangt. « denn noch iraend ein
Mensch au Erden so gottesarm und
verlassen wie ich?« dachte sie ver
zweiselt. «Was ioll ich denn nur
thun? Was soll »ich nur thun? —
Soll ich im See dort drüben der
Qual dieses schrecklichen Lebens .ein
Ende machen? Oder soll ich Rainer
aus den Knieen ansiedeln mich Erei
zugeben?« s
Immer wilder wurde Zins-insr
Schluck-sen Da ertianaen in den
Büschen hinter ihr Schritte. Irgend
jemand näherte sich, eri kacken
sprang er aus« wandte sich um und
starrte entseht zwischen das Lorbeer
und Myrtenge weig. Ihr erster Ge
danke waren Inner.
Da Mal-te aus dem grünen Ge
wirr ein neugierig spähendes Ge
sicht auf, nnd irn nächsten Augenblick
rief der Maler Weiher überrascht:
»Sie hier, Gräfin Niedberg?«
Nun arbeitete der Mater sich ha
stig durch bis ganz heraus auf den
FÆIM Uebertaichungt« stieß er
ganz auf regt Tiber dieses uner
wartete iedeeieben heran-. »Sie.
Gräiin. hier am Trasinier See!«
»Und Sie! Wie lvminen Sie
hierbee?«
»Ich wollte doch nach Perugia.
Nun link ich vor ein paar Ta n va
drinnen eine maleriiche alte apelle
entdeckt fast ganz verwachsen fabel
haft stimmungsvoll. Die male ich
fest. Dabei biiee ich jemand —
Er brach verwirrt ab
Snlvia wurde blutroth unier dem
mitleidigen und 1göttlichen Blick der
iiber ihr verwewtes Gesit glitt.
Heilig strich sie sich date was in
Unordnung gerntbene hear aus den
Schlösen und richtete sich siraf any-H
Ein —- ein sonderbarer
sagte sie unsicher und want-tuef sich
halb ab, um zurückzugeben
»Ja ——- ein sehr sonderbarer u
fall!« murmelie Weiber ozden
Blick von ihr zu wenden. r isi
es eine Fugungi Wo ist Jhe here
Gemahl?«
»Im Hatel — in Terontola!«
Snlvia verwirrte sich immer mehr
unter Weiberi Blick nnd in dein-st
wußtiein, daß et Zeuge ihres-Has
sungelaien Weinens gewesen
»Er hatte nicht Zeit, mich zube lei
ten. So fuhr ich allein. heute er
gen kamen wir an von Florenz —
und « bitte. lassen Sie sich nicht stö
ren im Malen Sie haben do We
Sachen nach dort beider Kap e
»O die sind ganz sicher! Also Ihr
here Gemahl hatte nicht Eit. Sie zu
begleiten? Und Sie sind auf der hoch
zeitsreiie?«
, Er hatte plöhlich einen Entschluß
gefaßt Er war vor ihe gestehen,
nber das Schicksal selbst siihrte sie
ihm selbst wieder zu, Das Schietsal
selbst zeigte ihm, wie es um ihr Gliiet
stand. denn so herzbrechend weint
teine Fran. die liebt und sich getiebt
weiß. »Sei tein Narr, her-ist«
iuhr es ihm durch den Kons. Mühe
die Gelegenheit Greis zu, jeht oder
nie muß sich zeigen. oh du eine hoff
nung hasti«
So griff er nach Stole-Tag hand
und zwang sie« stehen zu bleiben.
»Griisin«. iagte er mit vor Erre
gunq gediimptter Stimme. »Es ist
tein Zufall, der unshier To unver
hofft zutammeniiihrt — et ist der
Wille des Schicksal-. Jch habe mich
in Venedig von Ihnen losgeri en
mit blutend-en Herzen. weil ich ·e
liebe und weil ich Ihren Frieden
nicht stören wollte. Aber nun, da
ich sehe, wie es um diesen Frieden
in Wahrhit bestellt ist, soll nichts-«
Steh-im welche ihm erst sassungss
los zugehört hatte. riß ihre Hand Höh
aus der feinen und ries empbrt:
»Den Weiher, tein Wort mehr! Wer
giebt Ihnen ein Recht, so zu mir zu
spreche-it«
»Ihr Ungliiett Schon in Venedig
ahnte ich es, und nun weiß ich« es:
dieser Mann, dent Sie angehen-ern
liebt Sie weder, noch verdient er
Sie. Er macht Sie mir elend, und
das tann ich nicht ertragen«
Jeder Blutstropsen war aus Syl
vias Gesicht gewichen. eFest wandte
sie sich bochmiithig ah. »Genug. Ent
fernen Sie sich undivngen Sie nach
der Schmach, welche Ihre Worte mir
anthaten, sich nie mehr in meine
Nähe.« ’
Mit raschen Schritten entfernte sich
Shlvia, um die Landstraße und da
mit ihren Wagen zu erreichen.
Weiher stand einen Augenblick »mi
betiiubt. Dann stürzte er ihr nach·
.3hlvia z- nicht to —- nur ein Wort
—- haben Sie Erbarmen —«
Sie wandte den Kopf nur halb
und ein Blick tras ihn, so eiskalt, jo
voll Verachtung, Zorn und Einbei
rung. daß er wie angewurzelt ste
hen blieb und nicht wogte, ihr wei
ter zu folgen.
Athen-los erreichte Shtvia den
Wagen und warf sich hinein. »Ju
rück!« sagte sie finster und lehnte ch
mit einem zitternden Seufzer in die
Kissen zuriich
Gortsetzung solgt.)
Die Ausgabenliste der Stadt New
ort soll b. J. um 813.000,000 er
·«ht werden. Das ist eine böse
Zahl — siir die Steuerzahler
Geh ht ist setz-d
Nachbar- Was it denn los Sie mdja sang aus dem-K af«
»Den Maoietschtü el such ich, l t i
Nachbar- Das mapiek siegt ijagpefäw W« ·m«m««sch" M«
»Na eben; ich wilks abschlie ent«