Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 11, 1908, Zweiter Theil, Image 11

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    Uebrazka
Staats— Anzetger untd errold
Jahrgang-Z ri906. Mein- rThe i.l) Nimmt-L 16.
Abendgedanken.
Du ließest dich verlocken
Born blauen Fernenschein —
Mo läuten dir vie Glocken
Den Abendftieden ein?
Die felnveifenden Gedanken.
Die sonst dich eng umzieh’n,
Sie schweben und sie schwanken
Und wissen nicht, wohin.
Sie flattetn auf und nieder »s
Vetflokknen Vögeln gleich,
Und kommen traurig wieder
Sie finden nicht ihr Reich!
Dich rief der Weit F.. Ists-m
Mit ijt der Tag voll Pec.. -
Wo läuten wohl die Glocken
Dir nqn den Abend ein?
Der eingebildete Kranke.
Der Herr Grillhuber fteht an einem
Ienfter feines Wohnzimmers und
blickt mit angfterfiillter Miene auf die
Straße hinab. Der fanft aerundete
’ r des Mannes steckt in einem
weiten, faltigen Schlafrock, über die
«- iiße hat er Filzpatfchen von riesigen
imenfionen gezogen und um den
Hals trägt er ein schweres rothezå
Tuch.
»So ein Hundewetter«, flucht er
und zieht das biete, rothe Gesicht in
grimme Falten. »Da muß ja der
Menfch draufgeh’n. Geftern eine Aal
te, daß man net g’wußt hat, was
man Alles auf den Leib hängen foll,
heut’ wieder Thauwetter, es is zum
aus der Haut fahr’n.« Dann ibt er
feinen Beobachtung-passen am Fenster
auf, liifkt sich tniihfam am Kaf eetifch
nieder usn ein fchwerer Seufzer ent
ringt sich iner Bruft, während er sich
eine groer Schale Melange mischt.
Wie er beim dritten Kipfel ange
lan t ift, tritt Frau Grillhuber, eine
blose fchmächtige Frau mit gutmüthi
gern Gesicht ins Zimmer. Sofort liith
der Mann im Schlafrock feine Kau-»
wertzeuge ruhen und lehnt fich wie
«entrsftet in den Sessel zurück. ;
»Wenn einem einmal I Fruftuckl
nimmer fchmeckt, dann is Mathiii am
lehten,« fagt er mit fchwacher
Stimme. «Geftern hab ich meine
g’wohnten Kipfeln noch ohne Anstand
hinunterbracht, heut zieht-l rnir den
Magen z’fani, als ob ich Rhabarber
g’fchluckt hött·. O, das Leben ift eine
Qual und jeder Magenleidende foll
glei' an Revolver nehmen und fich a
Kugel durch ’n Kopf fchießen, zu ret
ten is er ja doch ninnner.«
Frau Grillhuber wirft einen Blick
nach dem Brodiörbchen und fagt fanft
lächelnd: »Du bift ja doch glücklich
beim dritten Stück angelangt, mußt
Dich nicht felber fo quälen.« Der
Mann macht eine rafche Bewegung,
als wollte er vom Stuhl auffahren,
dann sintt er kraftlos in sich zufam
men und ächzt: »Wenn der Mensch
net amol zu Haus a Theilnahm’ findt,
Inn foll er fich gleich begraben laf-s
fen. Wirfte mir die paar Kipfeln
vor, die ich hinunterwiirg’, um nur a
bißl bei Kraft zu bleiben und meinem
Beruf nachgehen zu können. Net amol
die einzige Frau hat a herz fiir ihren
Mann, den der Doktor halb und halb
aufgegeben hat. Du dentft freilich nei
d’riiber nach, was das zu bedeuten
hat, wenn Einer »grsue Magenwiinb«
hat. Jch hab’o und geh« z’ Grund
d’riiber und Du lachft dazu. Es is
himmelfchreiend."
»Bild’ Dir nur net folche Sachen
ein," unterbricht die Frau das Jam
inern des Manne-. Der Dottor hat ia
nur an G·fpaß g’macht, wie er Dir
das von die grauen Magenwiind’
g·fagt hat« Er hat mir’s felber ein
g’ftanden und g’meint, Du haft ihn
fo lang ««felirt und g’rufen, es muß
Dir was fehlen, bis er dir, um RuhU
z« haben, den Bären aufgebundenf
hat« i
herr Grillhuber faltet die Hände
und wirst einen etgebenen Blick zur
Decke empor, als wollte er sagen:
»Aera-then und vertauft von aller
Weltt« Ein zweiter Blick an die
Wanduhr mahnt ihn, daß es Zeit ist«
sieh zum Autgehn zu rissien
ZU brave Frau möcht’ iht’n tran
ten Mann beim Ansicht a« bile hel
fen«, meint er leichthin, »aber Du lie
ber Gott, unsereiner is halt nur aus
sich selbst angewiesen.«
Frau Grillbuber gibt sich nun alle
erdentliche Mühe, ihren Mann bei der
schweren Arbeit des Anileidens zu un
terstitiem Sie tniet aus den Boden
hin und hilft ihn in die Schuhe hin
ein, sie stellt sich aus die Rebenspiteem
um dem Kolcsz den Rock überiuziehem
sie tniidst ihm endlich die haiibinde
und gibt ihm die Dandtasehe, Vut und
Stock in die hand. s
Der Mann läßt dies Alles mit lei
dender Miene iiber sich ergehen, nur
manchmal brummt er, während der
Handreichungem »No. no, no, net gar
so resch. Jch bin ja tan Elephant, der
6 Zoll dicke baut hat. Natürlich, wenn
einem selber nix fehlt, hat man auch
tein Verständnis siir die Leiden seines
Mitmenschen. Wenn Du nur a bißl
g’schickter wärst, Du saßt ein’ ja an
wie a Möbelpacker.«
Endlich ist er vollständig geriistet
und nähert sich der Thüre. Plötzlich
bleibt er stehen und wendet sich mit
einem todttraurigen Blick zu seiner
Frau: »Nein Mensch weiß, was ihm
in der nächsten Stund’ bevorsteht,
sagt er matt. Wann mir was g’scheh’n
soll, so thu’ mir nix nachtragen, i weiß
ja, das; ich ost grantig g’wesen bin.
aber das hängt mit mein« Leiden
H’sam’. Und thu net zu viel er
sschrectem wenn sie mich amol gach
’heimbringen. mein Gott, sterben müs
»sen wir ja Alle.«
« Die Frau wischt sich eine Thräne
von der Wange und versucht zu lö-.
-cheln: »Wie Du nur so reden kannst,
Franz. Du quälst nur dich und mich.«»
Dabei nimmt sie vom Frühstiickstisch
ein Väctchen und steckt es ihm in dies
Tasche. »Dei zehnerbrod. Franzl,«;
sagt sie zärtlich »Ich hab den Schin-;
ten, der dazwischen g’legt ig, selbers
augg’sucht. Das Beste und Theuerste
ist siir Dich grad genug.« »
»Der gestrige hat a bißl blatt it ;
sagt er im Fortgehen mürrisch s
»Uebrigens dersst net glauben, daß ichs
das wirklich eß! Das Gabelsriihstiick
laßt sich der Diener recht gut schmecken
Jch mirs-, mein Diät halten sonst igi
s in ein halben Jahr aus mit mir.
Also nur net erschrecken, mir san ja
alle sterbliche Menschen«, brummt er
noch und schiebt sich dann schwerfällig
zur Thiir hinaus
Zur Mittagsstunde wiederholt sich
dasselbe Schauspiel. herr Grillhuver
tommt .heim, jammernd und fluchend
iiber die Mühen und Beschwerden des
Amtes und versichert, seinsMagen sei
heute in einer schrecklichen Verfassung,
er werde keinen Bissen hinunterbrini
gen. Dabei lösselte er mit Hast zwei
Teller Sudpe aus« läßt sich den Bra
ten, wiewohl er behauptet, daß er ziih
und beinahe ungenießbar sei, trefflich
schmecken und thut auch noch der
Mehlspeise alle Ehre an. Dann legt
er sich bequem aus den Divan, läßt sich
von der Frau die Zigarre anziinden
und murmelt schon halb aus dem
Schlaf: »Wenn ich einmal nit aus
wach’, du lieber Himmel, der Mensch
is ja ein schwaches Geschöpf, so thu’
Dich net tränken. Um so ein’ Plag
aeist, wie ich einer bin. braucht einem
ja net leid zu sein« G’sorgt is fiir
Dich. nach mein Tod brauchst tein
Notli i’ leiden, schau halt, daß ich a
ordentlite Leich’ trie«a’. Aber nur
lein blauen Wagen, die san mir
schrecklich. An Wunsch wird der
Mensch ja doch noch haben dürfen.
Ja, sa, die grauen Magenloiind’, das
is a llrialiick.«
Frau Grillhuder sitzt neben dem
Schlummernden und achtet, daß nichts
seine Ruhe stört und kein Lustzug
durch das Zimmer streicht.
Nach einer Stunde erhebt er sich äch
ziend und stöhnend: ,,net amal der
Schlaf aibt einem a Erquictuna. Alte,
mir irr-a san nimmer lang beinand.«
Die Szene vom Morgen wiederholt
sich, Die Frau hilft dem Gatten beim
Antleirsen und aibt ihm bis sur Stie
ge das Geleite.
»Urberarbeit’ Dich nur net«, ruft
sie ihm nach und huscht zur-List in die
Wohnung. Diese Sorge ist aber über
sliiisish der Herr Grillhnber. der auch
im Amte siir trank gilt, schickt einen
Dienst-traun mit einer Entschuldigung
seines Vlusbleibens dahin und man
dert ins Kasseehaus, wo er sich mit
»ein paar Ireundeln zu einem Tapper
niedersieht Zur Stärkung nimmt
der Kranke einige Gläser lsognac und
seine Anzahl belegter Brötchen zu sich
i bis Die Stunde schlägt, in welcher die
lBureaux geschlossen werden
x Dann wandert er wieder heim.
Durch den hausflur wantt er wie ein
Sterbender.
Nach jedem Tritt iiber eine Stie
genstuse ruht er eine Minute aus und
blickt die Be gnenden mit zustimmen
getnissenen ugen san.
«3eit ist 's, daß sie mich einmal
hinuntertragen iilser die elendige Stie
gen, zum Steigen sehlt niir schon die
Kraft.« Mit diesen Worten empfängt
er leine Frau, die ihn mit kxerötiyeien
Wangen an der siiichenthiire em
lpiångt- . ,
»Deine LieblingsspeiC stell-star
bonapeln mit jungen Sprossen hab’
ich Dir g’macht« aibt sie zur Antwort.
»Nicht ein’n WKI rühr ich an«.
sichreit er wild. » i mein Zustaer
höt’n sich die Lieblingsspeisen aus
Bting mir mein Schlafrock.«
Während die Frau den Tisch deckt,
wagt -sie die schlichter-ne Frage, mag er
trinken will.
»Ich will gar nichts«, ist die raubt
Entgegnung. »Weil ich aber weiß, daß
Du ohne das Bietg’schladet net leben
kannst, so laß halt zwei Litek holen.
Was iibekbleibt, sann das Dienstmä
del trinken.«
Kurz darauf steht das Nachtmshl
zaus dem Tisch und das miirb gebra
tene Kalbsleisch verschwindet mit un
glaublicher Schnelligkeit von der
Schüssel Herr Grill-habet wogt ei
nen Schluck aug dem Biergkas, »nur
um zu kosten, ob es wieder so schlecht
ist åvie gestern«, meint er entschuldi
gen .
»L! bissel frischer is es heut«, sagt
er nach der Kostprobe und schwatzt
mit der Zunge. »Die Rest soll noch
’n Quantum holen, sonst wird das
Hausthior gesperrt und man mus; a
Sechserl auch noch blechen. Als ob
net so genug Geld ausging.«
Die tleine Frau sitzt glückselig ne
ben ihrem Mann und freut sich, daß
es ihm so schmeckt Sie wagt es
nicht, ein Wort über seinen guten Ap
petit zu sagen, sie streicht ihm nur mit
der weichen Hand über die Stirne und
meint: »weil du mir nur heut ein we
nig besser bist und weniger Schmer
zen hast, das ist mir schon ein rechter
Trost.«
Die Aeugtein des Herrn Grillhuber
zeigen einen verschwommenen Glanz,
denn er ist bereits vom Vier tum Wein
übergegangen und er macht nur mehr
schwache Versuche, sich als den man
ten auszusvielen »Mir Leute mit
großen Magentvänden ioll viel Feuch
tigteit zutröglich sein«, ruft er und
faßt seine Frau unt die Taille. »Aber
zu viel darf ich mir nicht zutrauetn
Ich schtups schnell in mein Nest und
Du tiihlst derweil noch ein Flaschert
Wein, das trint’ ich im Bett aus Dein’
Gesundheit Aus meine kann ichT
leider nicht trinken. Bist ja doch eins
gutes Weiberl und schaust aus Dein«
leidenden Mann. Vergelt’s Gott bit-fl
stir.« Auch die letzte Flasche mu der
»trante" Magen noch ausne men,
dann sinkt der Herr Grillhuber mit
einein Lächeln der Befriedigung ins
die Kissen zurück und entschlummertl
saust.
Die Frau lauscht einen Augenblick
seinen ruhigen Atbemziigem saltet die
Hände und seufzt: »Morgen it er wie
rser ver alte Wildlina Be er zehn
ivirttich Kranke, asg einen, der sichs
nur einbildet. Aber Du lieber Gott.
er tann ja nichts dafür, er hat halt
schon so a ängstliche Natur.«
Sie sticht ebenfalls das Lager auf
und wie sie das Licht löscht, hört sie
noch ihren Mann aus dein Schlafe re
ven: »Und thu’ net z’ viel erschrecken,
svenn sie mich einmal heinibringen.
Wir sind ja Alte sterblich. Ach....
net ainol den Tropfen Wein veraun
uen s« an trinten Menschen. die Wei
txt-r soll alte der Tenret holen. J hin
wirttich froh wenn die G’schäctn« a
Ende han«
Die arme Märtnrerin salte: die
blinde und denkt: »Wie turi wird Die
Nacht wieder sei-r, der ein so gualvot
ter Tag folgt. Jetzt denit er sich im
Schlaf für Morgen eine neue Kraut
beit au-J·«
--—«—-.-.--———s
Ljaberfeldtreibein
Jn scharfem Gegensatze zu den al
testen Aesten an dem tnorrigen
Stamm amerikanischer Voltgjustiz
läßt der neueste Zweig davon we
sentlich wirthschaftliche Griinde erten
nen. Den gewöhnlichen Linichmorden
liegen in der Regel :liassenhaßmotioe zu
Wtritnde, aber freilich nicht insmer und
nicht unter allen tin-ständen, nsie das
Schicksal so manchen weißen Pserdedie
liess den-eisi, der, auf frischer Tat er
tappt. Von dem Bestahlenen nnd dessen
Nachbarn und Freunden, inr Abliir
Jung des-· Versahreng,den Striei um den
Hals gelegt bekam. Die Regulatoren
dagegen haben seit ihrem ersten Anstre
ten zu Anfang der dreißiger Jahre des
vorigen Jahrhunderts in Arkansas als s
,Ordner« mit größerem oder geringe- I
rein isrfolae in allen inzwischen entgi
itandenen neuen Geineintoesen, bis- in!
die Mining Campg der Rockies und;
Sierra, ihr Wesen getrieben, wo, dec
Arm des Gesetzes sich zu schwach er l
wies-. um den rechtlosen nnd regellosen’
Zuständen ein Ziel zu sehen. Und end: :
lich gehören auch die Weißiappen, deren
Banden bis in die neueste Zeit hinein
dieBcvöllerung verschiedenerTheile der
llnion mit Angst und Schrecken zu er
iitllen wußten, in diese Reihe.
Anders die Nachtreiter. Man hörte
von ihnen zuerst vor einigen Jahren,
als einem Geheimbund von Farmern,
der unter den Tabatpslanzern nament
lich in Kentucky und Süd-Indiana
viele Anhänger zählte und zu demE
Zwecke ins Leben gerufen worden war,
um das Preisdriicten von Seiten des
sogenannten Tabaltrufts zu bekämpfen.
Durch Eid gebunden, ihren Tabat nicht
unter einein gewissen Preise zu vertau
fen, suchten die Mitglieder des Bandes
jeden Farmer, der ihrer Vereinigung
nicht beitreten wollte, nächtlicherweile
durch fürchterliche Drohungen einzu
ichiichtern. Ein vermuminter Haufe
erschien plötzlich vor dem betreffenden
Gehöft, dessen Besitzer unter greulichem
Geheul vor dieThiir gerufen wurde, um
hier dieMittheilung zu empfangen, daß
ihm der rothe Hahn aufs Dach feiner
Scheune gesetzt und dazu noch anderer
Schaden zugefügt werden würde, wenn
er sich beitommen lassen sollte, feinen
Tabat zu einem geringeren als dem»
von der Vereinigung feftgefetzten Preise
Izu ver-äußern- Jn zahlreichen Fällen,.
ilsefonders in dem fiidweftlichen oder ;
Jsckuvarzen Tabalsbezirt von Kentucky,i
i ließen die Nachtreiter ihren Drohungen «
! die That auf dem Fuße folgen; taum,
zdaß eine Nacht vergangen wäre, in der -
nicht einige Scheunen in Rauch nnd
Flammen aufgingen, und nur zu häu
fig holten die Reiter eine ihnen mißlie
« lig gewordene Person aus den Federn, ’
»Hm sie windelweich zu priigcln, wenn
nicht todtzuschlagen.
! llnd bis in einein gewissen Grade
blieb dieser Politik der Einschiichterung
der erwartete Erfolg nicht aus: die
L.«tlreile fiir Tabatbliitter gingen wirllich
in die Höhe, allerdings nicht zuletzt aus
Dem Grunde, daß zahlreiche Kleinfcm
mer ihre Anbaufläche gegen früher be
deutend derminderten.
Auf der andern Seite machte das-?
Nachtreiten Schule indem die näm
liehen Methoden vor kurzer Efeit aus
dem Tabatgbezirt fich auch auf den be s
nachbarten llotton Belt auszubreiten
anfingen
allmählich in gewissen Gegenden vonl
.Terae Tennessee und Oklahoma, bald
laber immer auffälliger-, biv endlich das
ganze Mississippithal inficirt erschien.
sllnd es wiederholt sich hier die nämliche
Erfahrung, die man damit bereits ins
Kentucky, dem eigentlichen Genehm
lyerde, gemacht hate. Der Von den
sllachtreitern nicht dirett und persönlich
bedrohte Theil der Bevölkerung ftands
und steht dein llnfuge mit derschriinkten »
Armen gegenüber offenbar von der
Ansicht auggehend dafz in diesem Falle
der lobensiverthe Hweck das allerdings
nicht ganz einwandfreie Mit el gut
beiße.
Es braucht hier nun nicht näher un
tersucht in werden« ob auch der im gan
ien Lande eifrig besprochene abfcheu
liehe Lhnelimord, der in einer weltent
legenen Gegend von Tennessee verübt
snf das Konto der Rachtreiter gehört,
die stillschweigende Billigung der dorti
gen Bevölkerung findet; jedenfalls ist
as Verbrechen auf die nämlichen Ur
lachei zurückzuführen die dem Nacht
reiten im allgemeinen zi-. Grunde lie
-1en, obaleidr dabei weder Tabak, noch
Baumwolle im Sdiele ist. Es waret
jedoch immerhin wiederum wirihichaft
Eiche Grün-de, die das Opfer der schänd
lichenBlutthat und seinen aus so toun
Derbare Weise mit den« Leben davon ge
tommenenGenofsen und Geschäfte-Zweit
äaber bei der ganzen Bevölkerung der
Gegend verhaßt gemacht hatten.
Cant. Ranlin ider Erinordetet undt
Col. Tanlor tder Gerettetel, Rechtgan s
wälte vcn gutem Nus und nicht gerin l
geni politischen Einfluß, betrieben in!
Trenton. Tennessee, geilieiiischastlich«
eine Advotatur und waren in letzter
Zeit namentlich auch an einem Unter
nehmen betlsciligL dasJ sich als Ziel die
käufliche Ertoerbung sämmtlicherUser
ländereien am Reelsoot Late, einem der
sischreichsten Geivässer des Südens, ge
setzt hatte. Die unter dem Namen
West Tennessee Land and Jmproves
ment Compann bekannte Korporation
crwirlte, ioie es heißt, durch Vermitt
lung jener Advokaten von-. staatlichen
Gesetzgeber neben andern, ihr günstigen
Gelassen hauptsächlich das Vorrecht zu
alleiniger Ausübung der Fischereige
rechtsaine in dein genannten See, wo
durch der unnoohnenden Bevölkerung
angeblich ihr gewinnreichster Erwerbs
zweig entiogen wurde. Da nun die
Anwalte der Gesellschaft gegen jeden
ltebertreter des Fischereiverbots mit
rüclsichtsloser Strenge gerichtlich vor
zugeben pflegten, so entstand in der
ganzen Gegend gegen sie eine seindliche
Stimmung, die sie bei jeder ihrerBewe
aungen zur größten Vorsicht hätte
mahnen sollen. Anstatt dessen ließen
beide Männer sich eines Nachts in eine
plump gestellte Falle locken, und die
Nachtreiter srohlockten. Die Einzel
heiten der von ihnen in jener Nacht be
gangenen Mordthat dürften wohl als
allgemein bekannt vorausgesetzt wer
den« «
i Der darob durch das ganze Land ge
shende Enteiistungsschrei veranlaßte in
zwischen den Gouv-erneut des Staates
zur Ergreifung energischer Maßregeln,
die, abgesehen von der Mobilmachung
Ieiner Milizabtheilung in dem durch
seuchtchountv, in der Anregung einer
Konserenz der Vollzugs ehörden von
» sechs benachbarten Staa en gipfeln, in
denen die Nachtreiter besonders festen
Fuß gefaßt haben. Dieser Vorschlag
cheint nun an den betreffenden Stel
len eine günstige Aufnahme gefunden
zu haben. Ergebnißreicher als diese
Zukunftsmufil war inzwischen jedoch
die von denGerichtsbehörden an Ort
und Stelle entwickelte Thätigkeit zur
Ermittlung derThäter des begangenen
Verbrechens. Die noch nicht zum Ab
schluß gelangte Voruntersuchung führ
te bereits zu so zahlreichen Bei-dastun
gen der Mitschuld verdächtiger Perso
nen, Weiber nicht minder als Männer,
daß gar kein Zweifel darüber bestehen
kann, die ganze Bevölkerung habe von
dem Verbrechen im voraus mehr oder
weniger gewußt und sei mit dem Vor
haben der Thäter durchaus einverstan
den gewesen. Aus diesem Grunde muß
aber die Hoffnung, daß die Mörder je
mals werden zur Verantwortung und
Strafe gezogen werden können, sehr
gering veranschlagt werden, indem
selbst fiir den Fall, daß eine Grand
Jurh Mordanklage gegen die Führer
der Nachtreiter jemals erheben sollte,
gewiß keine Prozeß-Juni zusammenge
bracht werden könnte, um die Ange
llagten trotz aller Schuldbeweise zu
verurtheilen. Wie die Sachen liegen,
müßte nach unserm Prozeßversabren
die Geschworenenbanl ja aus der Mit
te der nächsten Nachbarn und Freunde
der Schuldigen zusammengesetzt wer
den« und diese Herrschaften gehören,
wie wir gescheit haben, nicht zu den
Gegnern,sondern vielmehr zu den über
zeugt-In Befürworter-n deg Nachtrei
tens.
Um den gemeinaefiihrlichften Unfug
mit Stumpf und Stiel auszurotten,
miiszten schon so drastische Maßregeln
in Anwendung kommen,wie sie die bah- H
rische Regierung endlich gegen die Ha
berfeldtreiber und deren Anhang
durchzuführen im Stande war. Wenn
ja auch der eigentlichen Berührungs- s
punlte zwischen den in Rede stehenden
zwei Formen von Volksjustiz nur we
nige sind, so dürften einige Bemerkun
gen über das letzte Ausflackern des
Haberfeldtreibens hier doch vielleicht
willkommen sein.
Die in Oberbahern, namentlich in
der Gegend von Tegernsee, Miesbach
und Rosenheim, unter dem Namen des
Haberfeldtreibens bekannte Volksjuftiz
traf bis- zu Ende des vorigen Jahrhun
dertsz häufig solche Personen, deren
Vergehen dem Arme der bürgerlichen
Rechtspflege unerreichbar waren. Der
Name Haberfeldtreiben soll daher rüh
ren, daß Feldmarlfreoler und Wuche
rer friiber mit Verheerung ihrer Felder
bestraft worden seien. Andere wollen
darin Reste der einst fvon Karl dem
Großen in den Grafschaften eingesetz
ten Riigenaeschichten sehen. Sicher ist,
das-, dag Haberfeldtreiben besondere
feit dem dreißigjährigen Itriege in
Aufnahme gekommen ist.
Zuletzt war der Bezirk, in dem es
vorkam, ein scharf abgegrenzter, näm
lich das Land zwischen der Mansfall,
der Jflir und dem Jun. Es ruht aber
iiler dem Weer der dazu bestehenden
Verbindung immer noch ein unenthiill
tes Geheimniß. Es soll im Gebirge
zwölf Haberfeldmeister gegeben haben,
ison denen aber jeder nur die in seinem
Bezirke ansässigeu Mitglieder Gabe
rer) des Bundeg kennt, die er von ei
nem beschlossenen Trieb insgeheim in
Kenntniß setzt. Anwendung fand
diese Volksjustiz in den mannigfach
sien Fällen, namentlich bei Geiz, Wu
cher, Betrug, sowie überhaupt bei jeder
Niedertracht, die vor dem bürgerlichen
Gesetze straslog ist, und dabei wurden
Jdie Reichen und Angesehenen mit Bor:
« liebe als Opfer ausersehen.
Das Verfahren war im Wesentli
leben folgendes: Wenn das mißliebige
Individuum trotz wiederholter münd
licher oder schriftlicher Verwarnungen
—- also genau wie bei unsern Nacht
iseitern -- keine Besserung gezeigt hat- .
te, sammelten sich plötzlich in einer«
recht dunklen Nacht um das Gehöft
des Missethäterg hundert vermummte,
aeschwiirzte und selbst bewaffnete Per—
sonen, umschlossen das Haus und rie
sen den Schuldigen ans Fenster oder
unter die Thür, die er aber bei Leibes
und Lebensstrase nicht überschreiten
durfte. Darauf wurden ,,im Namen
Kaiser Karls des Großen im Unters
berg« die Namen der Treiber verlesen,
und zwar unter fingirten Namen und
Würden, die mit einem lauten »Hier«
antworteten. Fehlte ein einziger der
Verlesenen, so ging der Hause unver
richteter Sache wieder auseinander.
Waren aber alle Ausgerusenen zuge
aen, so trat einer der Meister in die
Mitte des rasch gebildeten Viereckg und
verlaö ein in Knittelreimen abgefaßtes
Register der Sünden des Delinquen
sten, wobei nach jeder Straphe die
s ganze Schaar ein von der schrecklichsten
Katzenmusit begleitetes Geheul und
Gelächter anstimmtr. War die Vor
lesung zu Ende, so erloschen die mit
gebrachten Laternen, und die Schaar
verschwand auf einen Psiff des Anfüh
rerg ebenso schnell wieder, wie sie zur
Stelle erschienen war.
Gewöhnlich sollen die Haberfeldtrei
! her aus einer demOrt ihrer Thiitigteit
entfernten Gegend gewählt worden
sein, um etwaigen Erkennungen im
svoraus zu begegnen. Jm übrigen
lwurde dem Schuldigen, außer daß er
sdie Vorlesung mit anhören mußte,
stein weiteres Leid angethan, doch ta
imen von dieser Regel, und zwar na
»mentlich in neuerer Zeit auch Aus
nahmen vor, und diese Ausschreitun
gen, die das Treiben schließlich im Ge
folge hatte, wie scharer Schießen auf
das Haus dessen dem getrieben wurde,
thätlicheVergreifung an seiner Person,
wiederholte Brandstiftungen und Trei
ben gegen völlig Unschuldige, veran
laßten die Regierung schließlich zu
energischem Vorgehen: nach Ermitt
lung und Ergreifung einer Reihe von
Haberern, wurden die Rädelsfiihrer
vor Gericht gestellt und ohne viel Fe
derlesens zu schweren Freiheitsstrafen
verurtheilt. Seit diesen Habererpro
zessen, die ihrer Zeit, d. h. in den Jah
ren 1896 und 11897, in ganz Deutsch
land nicht geringes Aussehen erregten,
ist das Habererfeldtreiben so gut wie
ausgestorben
Ein gleich befriedigendes Ergebniß
ist von der gegenwärtigen Bewegung
gegen den gemeingefährlichen und
roheren Unng der Nachtreiter in den
davon heimgesuchten Gemeinwesen der
Union leider nicht zu erwarten. Es
hat vielmehr ganz den Anschein, als
werde das mit so großem Geschrei be
gonnene Verfahren allmählig im
Sande verlaufen· Die Thatsache, daß
in den inficirten Landestheilen das
kltiedervrennen von Scheunen u«nd
Cotton-Gins anscheinend mit unge
schwächten Kräften fortgesetzt wird,
muß gewiß als ein sehr ominöses Vor
zeichen betrachtet werden.
Von der Erfindung der chaue
umgre
plaudert ,,L’Art et la Mode«. Ihre
Hertunst verschmilzt mit der des
Stuhle-z als dessen spätgeborener
Vetter sie erst im 17. Jahrhundert zu
Ehrn tem. Denn da- Alterhum kann
te anscheinend nur das Bett, die
Steinbanl, die mit zahlreichen Kissen
üppig asepolstert war, und den niedri
gen Schemmei. Selbst im Mittelm
ter noch setzte man sich aus Schem
meln und Bänken zur Tafel. Erst im
14. Jahrhundert entwickelt sich der be
quem-ere, mit Lehnen verseheneStuhl,
Anfangs fast ausschließlich von den
Kranken und Frauen benutzt. Gegen
das Jahr 168(), als man beginnt,
kleinere Raume zu gestalten, in denen
man dass alte Ruhebett als vlatzrau
rend empfand, entstehen die ersten
Chaiselongues. Jn ihnen vereinigte
nxan die praktische Verwendbarkeit des
Stuhleg mit der Bequemlichkeit des
Ruhebette-. und aieivann so ein Mö
belstiich das sich bequem im Zimmer
aufstellen ließ, ohne zu viel Raum
einzunelunen Die »Grande Dau
phine« aav die entscheidende An
lreauna fiir die allgemeine Einfiih
tun-a der neuen Stuhlmoves sie be
tlaate sich bitter, daß das Sitzen aus
den gewöhnlichen-Stühlen ihr Rücken
schmerzen verursachte; man bemiihte
sich, fiir die Prinzessin eine bequeme
Sitzaeleaenheit zu lonstruir-n, und
aus dieser Verschmelzuna von Ruhe
vett und Stuhl ging die einsachere
und anmuthigere Chaiselonaue het
vor. Ihr Erscheinen verursachte eine
wahre Revolution in den Salons.
Die eleganten Damen rivalisirten in
der Ausschmückuna ihr-er Chaise
longneg; kostbare Ornaniente, pracht
rolle Stoffe und Sticlereien tauchten
aus, und bald gab es keinen Solon
mehr, in dein der neue Stuhl fehlte.
Jung-Amerika.
Athemlos stürzte ein Knirps-.- auf
einen tiefenlangen Polizisten iu, der
an einer Ecke südlich der M. Str.
und östlich der l. Ave. in Ner York
auf Posten stand. Seine onnilen
Augen leuchteten, und sein Kopf mit
dem mattschwatzen Wollhaai war in
ebenso erregter Bewegung, zoie feine
gefi-ilulitenden Hände.
»Say, Cap, rasch! Da schlägt sich
ein Mann mit meinem Vater schon
seit einer halben Stunde nnd will
ihn tiuen!
»W-) denn?«
»Ta, gleich um die nächste (.5)cke.«'
I »Warum hasft Du mich denn nicht
früher gerufen?«
»Ach, big jetzt war's noch nicht nö
thig. So lange hat der Andere die
Prügel bekommen, aber jetzt haut et
meinen Vater!«