Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 04, 1908, Zweiter Theil, Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Mun- chtkjbkbtikk non
Tink- Innkstpngri.
No. Ess. Der Wehe-weiter hat
nickt im Kopp wie Siiemö un es muß
en ari kalter Dag sein, wenn er vit
ein ißniß ins Auge hat. Die
ohlingsAellie Kwetichen is jetzt ge
settelt und mir ronne se jehi als en
Seitschph zu sein Saluhn hen
- nicks mehr gesagt, awwer ich nie,
meist-je es kommt die Zeit, wo me an
ihn ausderiaufe könne un dann che
mir doch noch unseren Schnitt dabei.
Mr das is nit, was ich Jhne hen
sage wolle: den annere Dag den ich
emol en Kahl an die Wedepweilern
gemacht un da hen mer so von diesem
un jenem getahit, wie das immer der
Diebs is, wenn e paar Lehdie-Frends
beisamme sin. Se hat auch von ihre
junge Jahre in die alte Kontrie ver
zählt. wie se da so e arig gute Zeit in
ihren Thiehter-Verein gehabt hätte.
Das Ding hat mich intereßtet un ich
den mich emol davon e paar Perücke
iers verzähle lasse. Se hat gesagt, se
"tte in ihren Verein Thiehter Per
ormnzes ewwe un das wäre Piet
cheö ewe e. Se hat mich das all io
schön ·sireibt, daß ich ordentlich Ltuit
dran kriegt hen un wie dann noch der
Wedegtveilek dazu komme is, da hat
et die toße Worte ganz gelasse aus
gespr e: »Sel- Gökls, warum dubn
mit nit so e Sasieietbee hier stam?
Mit könne iesig in die Jahtd c
Schebntie uss stelle, wo mer e lleine
Stebtsch bilde könne un met kriege
Ruhm genug for so ebaut bunnett un
fufzig Picbelö. sDss Kehrt Msse mer
auch junge Piebelö ben, wo mit mache,
annver die könne met iesig kriege un
du haft in die etschte Lein die viele
But-ve, wo all gute Aecktetscb mache.
Wei, das ganze Ding is so ing wie
alleö.«
Well, das Riesolt is gewese, daß
met teit der un denn e Sosseietbee ge
siart hen un wie ich später etscht aus
gefunne ben« bat det Wedesweilet das
nur gedahn, for »daß et Bißneß for
sein Salubn geschafft L Es kann
doch niemand eckspiitte, ß met stun
delang zu e Zeit Riebötsels bawwe
kann, mitaus, baß mer ebbet dabei
beim-e dreht Awwet do hen mer nicks
drum gewtve; ich ben die Shimva
schiebt gegliche un da ben ich nut an
das gedenkt. Well, am Obend hat
der Wedesweilet schon so ebaut zehn
lletich gehabt un e haboes Dukenb
bbies wo all reddig make mitzus
mache. Der Wedeöweilet bat gesagt,
er hätt in den Thiehtek-Bißneß die
mehrfchte Eckspietienz un da bebt et
denkeJk sollt das Mennetschment ben
bis met Jemand Bessezpsjjnne dehie
Da sin mer all mit somsserr gewege
un er bat gesagt, mer könnte unsere
Mehörselg grasd so qui in sein Dei
ningruhrn abhalte, da hätte mer auch
die Var arig höndig. Merke Se et
was? Mister Einther
Mer sin all Feuer un Flamm sät
unser neues Pratscheckt «ewese un
hen mich nur geärgert, s; mer den
Aarlie, was unsern verheirather Bub
is, nit iuhse hen könne« Der Feller
duht so e misserabliges destsch todte,
daß ei e Schelm is. Mer weiß bei
ihn nie nir. ob er die deitscbe oder die
englische Lengwitsch juhse duht —- al
les dicht er usfmickse. Un dabei hat
er doch immer nur in vie Fämmillie
das beste dritsch juhse höre. Warum
hen ich un der Philipp denn unsere
Muttersprach so ausgehalte un rie
specltetH Vikahs mir wisse, was es
gr en Wäljuh hat, wenn mer gut
. itsch spreche kann un etnigerensch,
wo ettjutehbet is, hat dann Raespeckt
für einem. Well, es is owner emal
nit un da sann mer nit helfe. die
Al
Kids die sin schon e wenig besser un
mit den deitsche noch händiger, so
daß mer sc for schmale Parts ganz
gut jubfe kann. off Kohrs tann mer
teine Ehr mit se einlege.
Der Weins-weiter hat ausgemacht.
mer sollte iin die erfchte Lein emai die
Jungfrau von Nub Orliens täckelr.
Das wär e Stick was mer ut s iele
konnte. Ich müßt die Jung rau pie
le un er debt dente, es wär mehbie
noch besser, wenn mer den William
Tell geweoe dehtr. Mer wäre fo fort
schenet daß mer die Roll von den jun
ge Tell mit ein von unsere Kids gew
we könnte un dann noch e »anneres
Ding, er hätt auch jetzt grad fo schöne
dicte Aepvels un das deht »in den Pies
arig viel ausmache, er debt immer
haupt e ganze Latt for Stehts fet
tings gewwe, bitabg er wißt, da oft
genug e ganzes Pies da dran dienen
de deht. Well. mer ben bin un her
gesproche un dann« ben mer ·diefetet,
daß mer den Tell täctele wollte. Jch
hen off Kohrs das B heim gehabt
un ich hen es geholt un nn ben mer
draus vorgelese un ich lan bne sage,·
daß i gegreint ben, wiee ehbie,wo'
mer ein Candy eweg nemme dubt,,
das Pies is zu totfching gewese. Amt
Liebste hätt’ ich gegliche, den Williamk
Tell zu spiele, awwer der Wedeswei-«
ler bot gesagt, das wär nit pafsibel,·,
bitabs sonst debt der Mister Schiller,s
wo sdas Pies gemacht hat, im Grebf
erum drehe. Ich sollt die Missus
Tell spiele, do könnt ich auch e ganze,
Latt einei lege un wenn dann die«
Jungfrau von Nub Orlienä an dia
Reib komme bebt, sdann tönnt ich dies
Jungfrau ganz alleins spiele. Misster
Editor, ich hen mich gefreut tote al
les un so bald wie ich beim sin kom
me, do ben ich mich bingesth un ben
die Tellen auswendig gelernt un ben
nit ebnder gestappt, als bis ich se
ganz bei Herz getennt ben. So eb
bes bringt doch e wenig Tschehnsch
ins Letve un mer hat dann wenigstens
en Pörpes for warum mer lewe duht.
Jch kann Jhne sage, wenn en Mensch
teine Eidiels bat, dann bat er gar tein
Bißneß zu lewe. Mit beste Riegards
Yours
Lizzie HanfstengeL
W
Isch eine Revision.
Einbrecher snachdem er das Geld
spind eines Geschäftsmannes erdre
chen hat): Wasi Der Kassenbestand
stimmt ja keineswegs mit den Ge
schäftsbüchern überein! Jst ja viel
weniger! Was ist denn das siir eine
Wirthschasti So eine Gemeinkzeitt
Der Kerl kann ja froh sein, wenn ich
ihn nicht anzeiget
Der-, erste Zwist
Sie: »Die Zeiten ändern sich! JeIt
zantsk Du immerwährend mit mir
und einstmals sagtest Du: Du wolltest
lieber mit mir in der Hölle, als ohne
mich im Paradiese sein-"
Er: »Ja, leider! Und der Wunsch
ging in Erstillungt«
Schusterinngenvts.
Arzt szum Schusterjunaen, den er
untersucht): »Ja, mein Sohn, du hast
einen starken Welag aus der Zunge.«
Schusterjunge: »Um Jotteswillem
Herr Doktor« wenn das de Meestern
hört,ll kriege iek nur noch unbelegte
Ztu en."
Glttcklicher Zufall.
Hausherr (zur Köchin): »Sie ha
ben da eine prächtige Gans gekauft;
kann ich heute Abend die Leber be-.
kommen?« «
»Aber gewiß, here Doktor; meini
Bräutigam macht sich zufällig rein
gar nichts daraus!« J
Iriztsr.
Grenadier (det mit seiner alten
Flamme nur noch schwache Verbin
dung hat, zur neuen Liebsten): »Also
ich schwöre es Dir: spätestens von
heut’ in vierzehn Tagen bin ich aus
ewig Dein!«
In set suchhnndlunq.
Bauer: »An mein’n Advolaten
möcht’ i schreib'n, der ma an Proz-ff
verlor’n hat, und da brauchet i halt
an Briessteller, aber an recht groben!«
Nisus-.
Altes Fräulein (zu einem Angler:
»Das muß does entsetzlich langweilig
sein« immerfort zu angeln und nichts
zu sangen.«
Herr: »Na, das sollten Sie doch
wissen!«
Viele Menschen« die nach ihrer eige
nen Einsicht handeln, haben keine.
Neide-Mk
IV qus —
mHert (Juuggeselle): »Ich habe so viel Geld, daß ich es kaum verwalten
austs-Max ··O, ich wollte damit schon fertig werden.«
settiagsen tu per Luft. ·
Ohne sich dünkelhafter, nationaler
I Ueberhebung schuldig zu machen, darf
lman behaupten, daß Deutschland in
s den jüngsten Jahren in der Erobrrung
der Luft an der Spitze gestanden hat.
IDie Verfliissigung der Luft in
großem Maßstabe zu technischen
Zwecken, tvie bei der Erbohrung»
des Simplontunnels zur Anwen-«
dung kam, ist ein Verdienst des
isnchener Professors Linde, die von
mGrafen Arco und Professor Slaby
ln Berlin erfundenedrahtlose Telegra
hie mit elektrischen Wellen, System
elefunlen, läuft überall sichtlich der
ursprünglich von dem Amtes-Italiener
.Matconi erfundenen Wellentelegra-"
ihre den Rang ab. Das gleiche gilt
on der Telephonie ohne Draht und-—
nicht genug damit —- sehen auch die
Franzosen, die seit dem Auftreten
Montgolfiers und Charliers vor 124
Jahren unbestritten das meiste auf
dem Gebiete der Luftschiffahrt gelei
stet haben, ihre Führerrolle durch die
Fortschritte der Luftschiffahrt in
Deutschland wesentlich bedroht. Der
Sommer dieses Jahres sah die Auf
sehen erregenden großen Fahrten des
Grasen Zeppelin; der Herbst aber
brachte das dritte große internationale
Wettfliegen um den Gordon Brunett
Polal, das —- als eine Folge der deut
schen Siege bei der 1907 in Nordame
rila abgehaltenen Konkurrenz —- zum
erstenmal auf deutschem Boden und
zwar von der Gasanstalt der Stadt
Berlin bei Schmargendorf als Aus
gangspunkt stattfand.
Angesichts der erhebenden Fort
schritte, die in jüngster Zeit mit dem
Bau lenkbarer Ballons gemacht war-s
den sind, und der mit Flugmaschinens
tiach dem Prinzip »Schwerer als Luft«
erzielten Erfolge könnte es den An
chein haben, als ob man Wettfliigen
lrati; Art des Gordon Bennett - Ren
nens, bei denen es sich nur um die
Konkurrenz zumeist motorloser Bal
ions handelt, eine übertriebene Bedeu
tung beilegte. Dies ist jedoch keines
ivegs der Fall. Die Führung eines
Ballons, gleichviel ob er mit einem
Motor ausgerüstet ist oder nicht, bleibt
Sie unentbehrliche Vorschule fiir alle,
, ie sich praktisch mit Lustschisfahrt be
schäftigen. Längst sind die Zeiten vor
ibei, in denen man genug gethan zu ha
en glaubte, in einem entsprechend gro
l, en Ballon zu einer bedeutenden Höhes
aufzusteigen und sich von der dort herr
schenden, meistens sehr schnellen Luft
siriimung möglichst weit sorttreiben zu
iassen. ». Der moderne Luftschisfer setzt
seine Aufgabe vielmehr dazein, mit
möglichst ökonomischer Ausnutzung des
mitgenommenen Ballastes die in den
verschiedenen Höhenlagen herrschenden,
von einander abweichenden Luftströ
imrsngen seinen Zwecken dienstbar zul
machen. Er steigt, wenn er in niedri
gen Luftschichten nicht die gewünschten
Richtungen des Windes findet, zu ho
lhen Regionen auf, muß, wenn ihm die
genaue Orientierung verloren gegan
sgen ist, sich bis aus Rusweite wieder
zur Erde herunterlassen und1m Be
darfsfalle wieder in die Höhe gehen.
Kurzum er muß in zweckmäßiger Aus
trußung der ihm günstigen meteorolo
gischen Verhältnisse Aufgaben erfül
len, die weit über diejenigen des den
Motor bedienenden Techniters hinaus
gehen und eher mit denen verglichen
soerden können, die der in der Segel
lunst erfahrene Nautiler bei der Füh
rung eines Ozeanschiffes zu leisten
hat. Dies alles aber sind Dinge, die
man nicht hinter dem grünen Tische
aus Büchern allein, sondern nur dann
lernen lann, wenn man vielseitige ei
gene Erfahrung mit zur Hilfe nimmt.
Entgegen der allgemein verbreiteten
Annahme, daß der Geburtstag der
Lustschiffahrt auf den Tag zu setzen
ist, an dem der Papierfabritant Joses
Montgolsier im Jahre 1783 zum er
stenmal einen in der eigenen Papier
sabrik zu Annonah hergestellten Ballon
mir heißem Rauche füllte, dessen leich
tes Gewicht er an dem Schornstein sei
ner industriellen Anlage beobachtet hat
te. fallen die ersten Anfänge der Lust
schissahrt in eine so frühe Zeit, daß
man im Jahre 1909 ihr 200jahriges
Jubiliium wird seiern können. Der
Jesuitenpater Francesco Lana in
Brescia hatte bereits im Jahre 167(),
aus dem bekannten Versuche des Mag
deburger Bürgermeisters Otto von
Guericte mit den lustleer gepumpten
Metallhohlkugeln weiter bauend, den
Vorschlag zu einem Lustschisf gemacht,
das von vier leer gepurnpten Kupfer
kugeln getra en werden sollte. Vor
praktischen Zersuchen schrak er jedoch
schließlich zurück. Kühner als er war
aber ein Ordensbruder von ihm, der
Jesuit Lourenco de Guzmao, der am
Beginn des 18. Jahrhunderts am Lis
sahcner Königshose lebte. Er wußte
dem jungen König Joao V. die Vor
theile einerLustschissslotte zur Verthei
digung der weit ausgedehnten portu
giesischen Kolonien, insbesondere aber
ie Mö lichteit militiirischer Trans
porte m ttels Lustschiss in so glänzen
denFarben darzustellem daß jener schon
den Tag der portugiesischen Wettherr
schnft gekommen glaubte. Er baute
auch wirklich aus leichtem Stosse einen
mit heißer Lust zu süllenden Ballon,
mit dem er sich am 8. August 1709
vom hose des indischen Palastes in
Lissahon etwa 200 Fuß hoch in die
Lüste hob. Sein Apparat erlitt je
doch beim Anstoßen an einen Dachgie
bel schwere Beschiidigungen, die über
triebenen Dossnun en des Königs ver- "
wiriltchten sich ni t und Guzmac, der
Ferste Mensch. der durch die Luft geflo
gen ist, starb elend in der Berbannung.
Mit dem Tage, an dem Jofef Mont
golfier zum ersten Mal öffentlich einen
(iibrigens unbemannten) Heißlusi
Ballon steigen ließ, entzündete sich in
Frankreich ein Wetteiser, der die voll
ständige Lösung des Problems in
große Nähe zu rücken schien. Wie es
damit ging, welches die Schicksale der
ersten Montgolfieren und anderer Ver
suche aus der Frühzeit der Aeronautik
waren, ist nachgerade bekannt genug,
um hier nicht nochmals in Erinnerung
gebracht werden zu müssen. Nach einer
Reihe oerunglücktet Versuche sanken die
B(:llonausstiege zu einern Schauspiel
für Messen und Jahrmarkte herab und
auch die beiden Luftschiffer-Kompag
nien, die beim Beginn des ersten Re
volutions - Krieges gegründet worden
waren, verfielen, weil zu kostspielig,
bald der Aufiösung Nur die Natur
wissenschaft, besonders die Meteorolo
gie, blieb dem neuen Fahrzeug treu
und brachte es zu Aufstiegen, die durch
ihre Höhe und Dauer der Fahrt be
merkbar sind. Es ist jedoch bezeich
nend, daß die in dieser Hinsicht erziel
ten Relorde meistens ein Werk des Zu
salles waren. Allerdings ist es sehr
fraglich, ob der Physiker Robertson bei
einer im Jahre 1803 von Hamburg
unternommenen Lustsahrt wirklich die
von ihm angegebene Höhe von 20,000
Fuß erreicht hat; denn sRobertson hat
nie als ein Mann von unbedingter
Wahrheitsliebe gegolten. Zuverlässi
ger sind dagegen die Angaben vonBiot
und Gan-Lussac, die 1804 die Höhe
von 21,000 Fuß erreichten. AuchBar
ral und Bixio gelangten im Juni und
Juli 1850 bis zu Höhen von 18,000
und 20,000 Fuß. Bei allen diesen
Angaben ist aber zu berücksichtigen, daß
die Lustschiffer jener Zeit die Meß
Jnsirumente nicht genügend gegen die
Sonnenstrahlung und die Jnnenwür
me in der Gondel schätzten, so daß die
berechneten Resultate wohl ausnahms
los zu hoch sind. Dies gilt ganz be
sonders von einer Fahrt, die der Eng
länder Glaifher in Gemeinschaft mit
Coxwell am 5. Sept. 1862 bis zu 33,
000 Fuß öhe fortgesetzt haben will,
wobei sich ie Genannten um minde
stens 6,000 Fuß geirrt haben. Auch
die berühmte Tissandiersche Fahrt, bei
der dessen Begleiter Sidel und Ernte
Spinelli erstickten, erstreckte sich nur bis
zu einer Höhe von 25,000 Fuß. Den
Höhen - Retord halten vielmehr noch
heute die deutschen Luftschifser Prof.
Berson und Dr. Siiring, die bei einer
am 31. Juli 1901 unternommenen
Fahrt die Höhe von 32,000 Fuß er
reichten, wobei beide in Ohnmacht sie
len. Der Vollständigkeit wegen sei hier
noch erwähnt, daß unter den mit soge
nannten unbemannten Registrir-Val
lons unternommenenFahrten die größ
te Höhe einem am B. August 1905 in
Straßburg ausgelassenen Ballon zu
kommt, der eine Höhe von 80,000 Fuß
erreichte, während der höchste bisher
ausgeführte Drachen - Aufstieg, der
am 25.Nov. 1905 vom Observatorium
Lindenberg in der Mark aus unter
nommen wurde, bis 2(),000 Fuß Höhe
ginge
Diesen Höhen - Netorden steht als
bisher beste Fernfahrt diejenige gegen
über, die im Auftrage des Aero-Klub
de France die Sportsleute Comte de la
Vaulx und Comte de Castillon de
Saint - Victor ausgeführt haben. Sie
stiegen am 9. Ott. 1900 mit dem Bal
lon Centaure von Vincennes bei Pa
ris auf und gelangten in einer Fahrt
von 852 Stunden Dauer-, wobei eine
Höhe von 18,000 Fuß erreicht und eine
Strecke von 1400 Meilen zurückgelegt
wurde, bis Korosiifchew bei Kiew in
Rußland, haben also damals das gan
ze siidliche Deutschland, Oesterreich und
Ungarn überflogen. Am nächsten to
men ihnen Berfon und Dr. Elias, die
bei einer ebenfalls tief im JnnernRuß
lands bei Zuranla endenden Fahrt im
Januar 1902 einen Weg von 1000
Meilen zurücklegten.
Die Aera der Ballon - Rennen in
eigentlichem Sinne des Wortes, wobei
als-: zu »ann«cihernd« gleicher Zeit von
einem und demselben Orte mehrere
Ballvns um die Siegespalme ringen,
beginnt mit der letzten Pariser Welt
Ausstellung, bei der zum ersten Male
internationale Sportlustsahrten ver
anstaltet wurden. Selbstverständlich
darf man sich derartige Veranstaltun
gen nicht nach dem Vorbilde der Pfer
dercnnen vorstellen. Die große Nähe
eines Ballons ist stets eine Gefahr siir
den anderen. Die Entlassung der ein
zelnen Lustsahrzeuge erfolgt deshalb
nicht in demselben Augenblicke, sondern
nacheinander. Nichtsdestoweniger war—
es aber doch ein großartiges Schau
spiel, als am 15. Ott. 1905 nicht we
niger als 20 solcher gesesselten Riesen
im Tuilerien - Garten zur Absahrt
bereit standen und sich in Zwischenrau
men von nur wenigen Minuten in die
Lüste erhoben.
Zu ihrer heutigen Bedeutung sind
diese Fahrten erst durch den aus An
regung des Aero - Klub de France ge
gründeten internationalen aeronauti
schen Verband gelangt, der am 14.
Ott. 1905 ins Leben trat und das erste
Wettsliegen zur Feier des 25jährigen
Bestehens des Berliner Vereins siir
Lustschissahrt im Ott. 1906 von der
Gas - Anstalt Tegel aus veranstaltete.
Inzwischen hatte auch Gordon - Ben
nett, der ost genannte Gönner des Au
tomobil - Sports, als Wanderpreis
einen tünstlerischen Gold - Potal sitr
denjenigen Lustschisser - Verein aus
gesetzt, der den errungenen Preis zwei
mal siegreich vertheidigen würde.
Beim ersten Gordon - Bennet-Ren-J
nen, das am 30. Ott. 1906 vvn Paris »
aus seinen Anfang nahm, siegte unter?
16 Bewerbern der amerikanische Leut
nant Lahm, der seinenBallon über den
Aermel - Kanal bis nach Flyinhall in
Yorlshire 450Meilen weit führte. Sie
ger im 2. Gordon - Bennett - Rennen,
das im Oktober 1907 von St. Louis
aus veranstaltet wurde, ward der
Deutsche Erbslöh, der schon lurz vor
her bei einem von Brüssel aus unter
noxnmenen Rennen mit einer Fahrt bis
aniden Fuß der Pyrynäen erster ge
worden war und von St. Louis aus
etwa 1000 Meilen weit bis nach San
dy Hool an der atlantischen Küste flog.
Entfernungen wie quer über den atlan
tischen Ozean oder bis nach Ost-Sibi
rien, von denen man gelegentlich von
Phantasten saseln hört, sind lächerliche
Utopien schon aus dem Grunde, weil
konstante Luftströmungen von entspre
chender Länge zu den größten Selten
heiten gehören.
Dr. Erich Woltersdors.
Seewärtj tm Ballen. I
Die aeronatischen Veranstaltungen»
in Berlin haben die großartigste!
Ansammlung von Ballons mit sich
gebracht» die bisher je stattgefun
den hat. Die vorjährige Wettfahri.
die non St. Louis ausging, hatte
schon gezeigt, daß sogar die rie-«
sigen Ländermassen jenes Kontinentss
nicht ausreichen, um die Ballons voll- i
ständig auszusahren. Dieses Malt
glaubte man die Nähe des Meeres nicht
fürchten zu müssen: unter dem Ein
flusse eines Hochdruckgebietes, das von
Westen herangerüclt war, und einiger
närdlichenDepressionen wehten in Ber
lin westliche Winde, die den Lastschif
fern ein weites Feld ins Jnnere von
Asien in Aussicht stellten. Leider än
derte sich die Wetterlage über Nacht:
das Hochdruckgebiet schob sich schnell
nach Osten, sodaß die Vallons während
der Nacht zunächst nach Süden und
später nach Westen und sogar Nordwe
sten herumboaen. Statt der russischen
Ebenen winkte ihnen um die Nord-see
Jm Ballon Ziegler befanden sich
Leutnant Möller und Verfasser dieser
Zeilen. Als alle Ballons gefüllt wa
ren, wurden die Führer zusammenge
rusen. Zuerst wurden die Bestimmun
gen verlesen, sodann die Wetterlage er
klärt: der Wind sei nach Ostsüdost um
geschlagen, diese Richtung reiche mit
geringen Schwankungen bis zu großen
Höhen. Jm Norden und Westen jedoch
sei starle Rechtsdrehung zu erwarten.
Dann kam eine iukze Warnung: »Sie
haben gehört, meine Herren, es geht
aus die Nordsee zu. Seien Sie vor
sichtig: wir möchten keine Verluste zu
beklagen haben.«
Während der Ausführungen über
die Wetterlage herrschte gespannteste
Aufmerksamkeit Es war sich ein je
der über die gefährliche Lage tlar und
vertieste sich eingehend in die Wetter
torte, aus der allein man nun denSieg
heraus-lesen mußte. Da sah man man
men, der es lebhaft bedauerte daß er
sich nicht die nöthigenKenntnisse in der
Wettertunde angeeignet hatte, und dem
jetzt die Zeichen aus der Wettertarte
unentzisserbare Hieroglyphen waren.
Aber noch niemand ahnte wohl, daß
das Leben vom Verständniß dieser Zei
chen abhängen würde. Das eine schien
uns klar auf der Hand zu liegen, daß
diese Dauerfahrt imGrunde genommen
eine Zielfahrt war. wobei es darauf
ais-kann die Nordsee zu vermeiden.
Mein Plan war daher folgender: Zu
nächst wollte ich den Ballon tief halten,
um mit möglichst geringer Geschwin
digteit zu fahren und Ballast zu spa
ren: bei Tagesanbruch, wo wir etwa
in der Gegend zwischen Hamburg und
Bremen sein würden, wollte ich den
Ballon durch die Sonne hochtreiben
lassen und bei der zu erwartenden
Rechtsdrehung iiber Schleswig-.Hol
stein und Dänemarl nach Schweden
oder Norwegen fahren. Zuerst schien
auch alles gut zu gehen. Fortwährend
stellten wir Berechnungen über die
Richtung und Geschwindigleit an und
bemerkten voll -Genugthuung, daß wir
ziemlich genau nach Westen flogen. Die
Geschwindigkeit wurde jedoch bald sehr
groß, so daß wir erwarten mußten, bei
Tagesanbruch schon zu weit nach We
sten gekommen zikseim Einen Augen
blick spielten wir mit der Jdee, nach
HEugland hinüber zu fahren. Aber die
I Thatsache, daß wir nach derWetterlar
te Rechtsdrehung erwarten mußten, u.
der schon langsam nach Norden drehen
de Wind ließen uns wieder davon An
stand nehmen. Die Geschwindigkeit
wuchs immer mehr, so daß wir sehr
bald genaue Richtung auf die Nordsee
zu hatten, die wir schon mitten in der
Nacht erreichen mußten. Da beschlos
sen wir, in größerer Höhe eine mehr
nördlich ziehende Luftschicht aufzusu
chen, um über dem Festlande zu ver
bleiben. Das schien uns auch zu ge
lingen. Immer mehr nach rechts dre
hend, flogen wir in nordiistlicher Rich
tung Nachts zwischen zwölf und ein
Uhr über Hamburg hinweg und trie
ben parallel dem westlichen Elbeufer
weiter. Je mehr wir uns jedoch der
Elbemiindung näherten, um so stärker
schien uns das Meer.anzuziehen. Die
Lenchtfeuer der Elbe rückten näher und
näher. Mit äußerster Spannung ver
folgten wir die Richtung, fortwährend
nach Kompaß und Sternen ausschw
end. » Sollten wir wirklich nicht mehr
an der Elbemiindung vorbeilommen?
Würden wir dahinter wieder weitere
Rechtsdrehung des Windes finden, die
uns die Wetterfahrt ermöglichte? Das
waren die Fragen, deren Beantwor
tung uns Sorge machte. Vor uns
tauchten die Lichter oonGliicksstadt aus,
das am rechten Elbeufer liegt, wo die
Elbe sich scharf nach Westen hin wen
det und in breitem Bett in die See
fließt. Nur noch 29 Meile waren wir
vom Ufer entfernt und näherten uns
immer mehr.
Jetzt galt es, einen Entschluß zu fas
sen! Wir mußten darauf gefaßt sein,
unten einen viel frischeren, aus die See
zu gerichteten Landwind zu finden.
Wir wußten ferner, daß ein Ballon
Nachts nur sehr schwer zum Fallen zu
bringen ist. Diese beiden Ueberlegun
gen bewogen uns schließlich, das Ven-.
til zu ziehen und es mehrere Minuten
offen zu halten, so daß das Gas rapid
unter Rauschen entwich und der Ballon
endlich in schnelles Fallen kam. Auch
während des Fallens trieben wir noch
weiter auf die See und überflogen end
lich in 1000 Fuß Höhe Glückstadt.
Plötzlich jedoch wandte sich unser Bal
lon scharf nach Westen; vor uns tauch
te ein Hochwasserdeich auf, den wir
senkrecht überflogen, gerade aus das
Meer zu. Die mondhelle Nacht gestat
tete uns ungefähr-e Orientirung. Aber
die Geschwindigkeit war groß, und je
den Augenblick konnten wir das Ufer
erreichen, nach dessen Ueberschreitung
wir vielleicht niemals wieder Land zu
sehen bekamen. Deshalb riß ich den
Bcllon, der von selbst zu fallen ausge
hört hatte, schon in großer Höhe aus;
Vcniilziehen würde nicht schnell genug
gewirkt haben. Dieser Maßnahme
verdanken wir, daß wir noch 300 Fuß
vor dein Elbeufer auf Marschland zur
Erde gelangten.
Unser erstes Gefühl war natürlich
das der Niedergeschlagenheit, weit wir
durch diese vorzeitige Landung jede
Hoffnung auf einen Preis zu verlieren
glaubten. Dann jedoch sagten wir
uns, daß es anderen nicht besser gegan
gen sein würde, und sogleich stieg die
Besorgniß auf, ob wohl alle den Ab
stieg frühzeitig genug eingeleitet hät
ten. Nur Erfahrung und meteorolo
gische Kenntnisse konnten den richtigen
Entschluß diltiren. Es ist bekannt,
daß sieben Ballons nicht mehr rechtzei
tig gelandet sind. Nur einer davon ist
absichtlich über die Küste geflogen, in
der Hoffnung, England zu erreichen.
Man hatte nicht an die Rechtsdrehung
des Windes gedacht, die nothwendig
eintreten mußte. So lehrt dieser Aus
gang wieder, daß vom Lustschiffer eine
gründliche meteorologische Vorbildung
verlangt werden muß.
Glücklicherweise smd sechs von den
auf Seen getriebenen Ballons gerettet
worden, theilweise erst in höchster-Noth
durch zufällig vorüberfahrende Schiffe.
Wegen dieses traurigen Verlustes darf
aber nicht das ganze Wettsliegen als
mißgliickt bezeichnet werden. Daß Eu
ropa bei dieser Wetterlage für Ballon
dauerfabrt zu klein ist, wußte man
vl)ned-ies. Die Hoffnung die Bal
lon«- würden sich bald soweit nach
rieth wenden, daß Standinavien er
reicht würde, vereitelte leider die Arn
deruna der Wetterlage. Aber die aufs
Meer getriebenen Ballons haben doch
eine ganz erstaunliche Fahrtdauer ge
zeitigt, —— Helvetia fuhr 78 Stunden.
Diese Vervollkommnung von Füh
ruirastechnit und Ballonmaterial fest
gestellt zu haben, ist doch ein großer
Erfolg.
Dr. Franz Linke.
—
136 Jahre alt.
Die Zeitung der Rigaschen Stadt
polizei bringt folgende Mittheilung:
Am 5. September weilte in Riga, auf
der Durchreise nach Warschau zum
Jubiläumsfeft des ersten Dragoner
Regiments des Königs von Württem
birg, der verabschiedete Wachtmeister
dieses Regiinents, Andrei Nikolaje
witsch Schmidt, der am selben Tage
186 Jahre alt wurde. Zur Bestätigung
seines hohen Alters zeigte er seinen
Abschiedgiitas, auf dem gesagt ist, daß
Andrei Nitolajewitseh Schmidt am 5.
September 1772 geboren, orthodoxer
Ronfession und am 6. August 1796
zum Dienst in das Nevaler Bataillon
eingereiht worden ist. Am 18. Juli
1798 überschritt er die Alpen unter
Ssriworow Für die lsroberung zweier
Geschütze und einer seindlichen Fahne
bei Smolensk 1812 erhielt er den
GeorgssOrden dritter Klasse und eine
silberne Medaille. Für die tiroberung
einer türlischen Standarte bei der Er
stürmungEriwans im persischenKriege
1827 wurde er mit dem Militär-Or
den zweiter Klasse ausgezeichnet Bei
der Erstürmung von Praga 1831
wurde er mit dem polnischen St. Sta
nislaussOrden und für die ist-stür
mung von Warsehau 12332 mit der sil
bernen Medaille am Andreas-Bande
delorirt. Nach der Eroberung von «
Tiragpol im Jahre 1848 erhielt er
ebenfalls die silberne Medaille Bei der
Erstiirmung des MalalowHiigels vor
Sebastopol erhielt er für die Rettung
des Kontreadmirals Nachimow den
Militärorden erster Klasse. Jm Jahre
1857 wurde er wegen Kranthzit aus
dem Dienst unter Verleihung einer
jährlichen Pension von 1200 Rubel
entlassen. Dieser Veteran geht noch
ohne fremde Hilfe, nur auf einen Stock
gestützt, hört gut, spricht vernehmlich, ·-«
sieht aber schlecht. Er hat nie geistige
Getränke gebraucht und nie getaucht,
ist aber ein Freund von SchnupstabaL ;
Seit 62 Jahren ist er Witwen lebt-.
einziger Sohn ist im Kriege mit den
Türken fallen. Der Veteran l ,
für gewö nlich in Tiflii. «