Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 27, 1908, Zweiter Theil, Image 14

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    Das Burgfräulein.
Roman von Friedrich Friedrich
(8. FortseßungJ
Renne- hatte, wie er bereits vor Eva
ausgesprochen, den neuen Arbeitern
freiwillig den erhöhten Lohn gewährt,
MW er den früheren abgeschlagen.
er wollte zeigen, daß es ihm nicht aus
das Seid ankam, sondern daß er sich
nichts abtroßen lassen wollte. Da
durch erhöhte er noch die Erbitterung
bei den Abgewiesenen, von denen viele
noch keine Arbeit wieder gefunden hat
ten. Deß schürte diese Erbitterung
und ohne Scheu stießen sie die laute
sten Drohungen gegen Renno aus. Jn
der Betgschenle und in dem Wirths
hause des Dorer brachten sie fast den
ganzen Tag zu, und ihre Aufregung
stieg. anstatt sich zu mildern.
Carlsen erfuhr es: er trat zu Renne,
um ihn zu warnen. uNehmen Sie die
friiheren Arbeiter wieder an,« bat er:
.ein großer Theil von ihnen bat noch
keine Arbeit wieder gesunden.«
»Nein!« entgegnete Renno kalt und
bestimmt: »ich habe erklärt, daß sie bei s
mir nie wieder Arbeit erhalten werden,
dabei bleibt es!"
»Die Leute sind se r aufgeregt«,
fuhr Carlsen fort-. »sie stoßen bereits
Drohungen gegen Sie aus, und ex
sind einige unter ihnen, welche vor
keiner Gewaltthat zurückschrecten!«
Um des Ameritaners Mund zuckte
ein spdttisches Lächeln »Glaubt Jhr
vielleicht, daß ich sie fürchte!« rief er:
er zog einen Revolver aus der Tasch
,.Seht, mit diesem Dinge da werde ich
sie mir ferne halten: mit ihm werd
ieh sofort den Ersten. der an mich
herantritt, niederschießen, und Jbr
dürft Euch daraus verlassen, daß ich
ihn nicht fehlen werde.«
Er blickte zu dem Baume, unter
welchem er stand, empor. Jn der
Spthe desselben saß ein Vogel: rasch
erhob er -den Revolver, kaum eine Se
kunde lang zielte er, dann drückte er
los, der Schuß hallte im Wald wieder
Der Vogel fiel von Zweig Fu Zweia
herab und todt zu seinen Füßen.
Sol nun könnt Jbr denen welche
neir drohen. sagen daß ich mein Zielj
and treffen kann und daß es ihnen
seist besser ergehen wird « sprach er
nnd schritt davon·
Er schien in der That teine Furcht
« zu empfinden denn fast Tag für Taa
ritt er zur Pleßbueg: Deß und meh«
rete Arbeiter· welche geschworen hat
ten, sich an ihm zu rächen, wagten
nicht, ihrn entgegenzutreten denn si
wußten, dasz er den Revolver stets bei
fah trug und im Stande war, seine
Drohung auszuführen
. Die Erbitterten wählten einen an
dern Weg der Rache. Der Damm dec—
großen Teiche-T welchen der Ameri
laner mit großer Mühe und mit dem
Auswande bedeutender Kosten hatte
anlegen lassen, war während einer
Rath-l durchstochen und das gewaltsam
drangende Wasser hatte dann, das
nicht sosort hülse zur Hand gewesens
war fast den ganzen Damm sortge »
rissen und einen großen Theil der
kaum beendeten Anlagen überfluthet
und vernichtet- Die angerichtete Zer
störung bot einen wüsten Anblick dar:
der Schaden war ein bedeutender und
das Zerstörte konnte nur niit großem
Zeitauswande wiederheraestellt wer i
den.
Albert Renno was am Morqu
nach der That, als er die ganze Ber
fiung überblicken konnte, bleich:
eine Brauen waren finster zufam
mengezogen, feine Lippen fest auf ein
ander gepreßt. feine Augen leuchteten
unheimlich Nur mit dem Aufgebote
aller Kraft vermochte er seine Erbitte
rung zurückzuhalten Die meisten Ar
beiter wichen ihm schen aus« weil sie
besät-bieten sein Zorn könne sie tref
sen, obschon sie an dem Geschehenen
keine Schuld trugen. Noch war kein
Bett Tiber Renno·s Livpen gekommen
fast starr ruhte sein Blick auf der Ver
wüstung. Er dachte nicht an den
Schaden, der ihm erwachsen war, denn
er war reich und konnte ihn leicht ver
Gesetzen, nur an die Zeit, welche zur
Herstellung des Zerstörten erforderlich
me, dachte et. ,
Er hatte alle Kräfte aufgeht-ten um
die Anlagen vollenden zu lassen: in
kurzer Zeit hatte er gehofft, das neue
Bergwerk einweihen zu können, die
Zusage Eva«s, bei der Einweihung zu
gegen zu fein. die Hoffnung, sie durch
die Großartigteit der Anlagen zu
über-raschem hatte ihn unablässig be
schäftigt nnd manche andere Sorge,
welche sich ihm aufdrängte, vergessen
lasset-. Mit einer Leidenschaft wie
et He seit Jahren nicht mehr empfun
den hatte, verfolgte er den Plan, Eva
zu gewinnen, er hatte geglaubt, dem
Ziele näher und näher zu rücken
nnd nun war aus Wochen, vielleicht
auf Monate hinaus Alles vereitelt
Und vernichten Eine ansagt-are Er
eesiillte ihn, denn auf eine
IIW Rache war er nicht vorbe
. . W« Meu. er hatte geglaubt, der
III M sich nur gegen seine Per
mid er war jederzeit bereit gewe
sen. seinen Gegnern entgegenzutreten
»Wer hatte dieses; Bubenstiick ausge
fuhrts —-— Wen sollte er zur Rechen
schaft ziehen? Er ließ- alle Arbeiter
zusammenrusen und trat vor sie hin.
Hundert Thaler gebe ich De jeni
gen, welcher mir den Namen ssen
nennt, der diesen Damm durchstochen
hat!« ries er.
Die Arbeiter schwiegen, der hohe
Lohn lockte sie; sie hatten Alle nur den
seinen Verdacht, daß Deß die That be
igangen habe, dennoch wagten sie den
Namen desselben nicht auszusprechen.
zweit sie ihren Verdacht nicht beweisen
konnten.
»Ihr schweigt!" fuhr Renno fort-,
»besitzt keiner von Euch so viel Muth,
den Namen des Schuldigen zu nen
nbeni —- Hahal Jhr fürchtet Euch vor
i m!«
»Wir tennen ihn nicht!« warfen ei
nige der Arbeiter ein
«Gut, dann sollt Ihr seine Tücke
mit empfinden!« rief Renne: »in we
nigen Taaen muß Alles, was durch
den Bubenstreich vernichtet worden ist«
wieder hergestellt sein! Jhr erhaltet
einen vermehrten Lohn, aber arbeitet
mit Ausbietung aller Kräfte: gelingt
es Euch nicht. so werdet Jhr sämmt
lich aus der Arbeit entlassen!«
Er wandte sich ab und ging sort,T
ohne ein Wort hinzuzufügen
Bald daraus ließ er Carisen zu sich
rufen: er schien etwas ruhiger gewor
den zu sein« wenigstens verrieth sein
Aeuszeres nicht mehr die heftige Er
regung. »Ihr habt mich zwei Mal
aewarnt.« sprach er, als der Aufseher
In sein Zimmer trat, »nun nennt mir
den, der in dieser Weise Rache an mir
genommen hat«
»L’tch lenne ihn nicht!« entgegnete
Cis-Men
Renno stand dicht vor ihm und
fachte mit dem Blick in sein Innerstes
m dringen. »Und Jhr habt auch lei
nen Verdacht?« fragte er.
Carlsen schwieg einen Augenblick
»Keinen. den ich beweisen könntest
Iab er dann zur Antwort.
»Ihr solltet nicht eben so fest, wie
ich es bin, davon überzeugt sein, daß
cJeß die That begangen hat?« suhr
Renno sort.
»Ich weiß es nicht,' wiederholte
Lkarlsen
»Nun gut, ich will Euch Gelegenheit
geben, hundert Thaler zu erwerben,«
sprach Renno; »sorscht nach, —--—- bringt
snir Beweise, daß heß die That be:
aungen hat, und ich werde Euch sofort
das Geld geben!«
»Erlassen Sie mir diese Ausgabe.«
bat Carisen.
»Weshalb?«
»Ich tauge nicht zum Spionirem
ohnehin verlehre ich nicht mit den
Männern, welche dies wahrscheinlich
gethan haben.«
»Als Jhr mich vor ihnen warntet.
lagtet Jhr mir, Jhr wolltet nicht, daß
die Sache der Arbeiter durch eine Ge
maltthat beschimvst werde —- ist dies
vielleicht keine Gewaltthat? Glaubt
Ihr, das Interesse der Arbeitervartei
werde dadurch gefördert?«
»Ich bedauer, daß es geschehen ist,"
qab Carlsen sur Antwort. »Vat« ich
eine Ahnung davon gehabt, so würde
ich Alles ausgeboten haben, um es zu
verhindern.«
»Ihr wollt mir den Namen des
Thäters nicht nennens« rief Renno
unwillig·
»Ich kenne ihn nicht!"
»Wütdet Ihr ihn nennen, wenn
Jhr ihn lenntet?«
Carlien schwieg.
Antwortetan meine Fraae!· fuhr
Nenno fort: »Mit-bei Jhr ihn dann
nennen?«
»Nein»f gab Carisen zur Antwort.
Renno schieif dies nicht erwartet zu
haben, denn er trat näher an den Auf
seher heran und seine Augen schlossen
sich halb. »Und weshalb nichts-« fragte
er: seine Stimme klang toie riet-Zimpr
«Jch würde nie zum Verräther wer
den!« entgegnete Carlsem »ich weiß,
wie schwer mich schon der Verdacht,
als solcher betrachtet zu werden, ge
drückt hai!«
Renno vreßte die Lippen auf ein
ander: das Gefühl seiner Machilosig
leil erhöhte noch seine Erbitterung
»Gehl!« rief er heftig, »Ihr taugt
Alle nichts, Jhr seid gegen mich, des
halb erwartet auch von mir leine
Schonung und lein Mitleid!«
Befehlend gab er Carlsen mit der
hand ein Zeichen, das Zimmer zu ver
»lassen, und schritt dann erregt in
demselben aus und ah.
Alles, was den eigenthümlichen
Mann in der legten Zeit beunruhigt
hatte, schien mit einem Male aus ihn
einzustiirknen. Er halte sich über die
Nähe seiner Mutter und seines Bru
ders durch den Gedanken zu beruhi
gen gewußt, daß ihn-Niemand wieder
erkennen könne. Wer konnte in dem
reichen Manne den armen Knaben, der
einst nach-Amerika gegangen war, ver
muthen? War er dort nicht ein ganz
anderer gewordeni Hatte er sich dort
nicht Kenntnisse und eine Bildung er
worben, welche wohl kaum Jemand er
wartete? Und doch hing sein Geschick
wie an einem dünnen Faden. Konnte
nicht durch einen Zufall Alles entdeckt
werden, und verlor er dann nicht
Alles, was er erreicht hatte! Er konnte
dann nie hoffen, Eba’s band zu er
halten« wenn es beiannt wurde, daß
Carlsen fein Bruder und die arme
Frau in dem Dorfe seine Mutter war.
Weshalb traten Beide, von denen er
sieh längst losgesagt hatte. ihm gerade
seht in den Weg? — Sollte ihretwe
gen vielleicht fein Plan scheitern?
Er stand still und dreßie die hand
auf die glühende Stirn. Wußte er
sdenn schon, ob es ihm gelinaen werde«
EEva zu erringen? Bald hoffte er und
dann zweifelte er wieder; er wußte,
daß er einen Eindruck auf das Burs
friiulein gemacht hatte, und dann
schien sie denselben wieder abzuschiit
teln. Konnte er bei ihrem Charaiier
voraussehen. wie sie sich entscheiden
werde? ——- Sie war artia und freund
lich gegen ihn, sie schien sich zu freuen,1
wenn er lam, und doch war es ihm,;
als ob sie in der letzten Zeit ihm wie
der fremder geworden sei. Nicht Ar
lhur, welcher seit mehreren Tagen wie
der auf der Pleßbura weilte. war
schuld daran, denn Eva liebte ihn
nicht, sie scherzte mit ihm, sie lachte
über ihn, sie war indessen ein zu fesiee
und entschiedener Charalter, um sich
an einen so schwachen Mann anzu
schließen.
Albert war nicht im Stande. aus
Arthur eifersiichtig zu sein, obschon
dieser eisriger als se um Eva’s Liebe
ward. Aus Dr· Werneck richteten sich
seine Gedanken, der. so lange er Bar
bara behandelte, sast täglich aus die
Pleßburg lam. Er hatte den ruhigen
sind ernsten Charakter dieses Mannes
bis jetzt verlannt.
Der junae Arzt schien in Eva’s Ge
aenwart sich vollständig gleich zu blei
ben, dennoch war es ihm nicht ent
gangen, daß die Augen desselben
leuchtender wurden, daß seine Wangen
sich leichter siirbten, als koste es ihn
eine Anstrengung diese äußere Ruhe
Zu bewahren. Er hatte ihn beobachtet,
wie sein Auge heimlich und mit dem
Ausdrucke des stillen Versentenä aus
Eva ruhte und sich dann rasch ab
wandte. wenn sich Jemand ihm nä
herte. gleichsam als habe er etwas
Unrechtes begangen. .
Dr. Werneel schien zwar nichts zu.
thun, am die Gunst der jungen und
reichen Gutsberrin zu gewinnen:
selbst wenn er wußte, daß seine An
sicht sich mit der Eva’s im Gegensahe
besand, sprach er dieselbe ossen aus
und vertheidigte sie mit sv viel Grün
den, daß Eva meistens besiegt wurde,
wenn sie dies auch nicht immer ein
räumtr. Es war Rennv nicht entgan
gen, daß Eva’s stolzer und oft sogar
trotziger Sinn sich nicht beleidigt
fühlte. sie ertrug es sogar, daß Wer
nea sein geistiges Uebergewicht iiber
jedem Anderen gegenüber sträuhte.
Die Macht dieses ruhigen Ernste-,
bei dem fortwährend eine innere
Wärme durchschimmerte, verhehlte sich
Renno nicht; auch er war ruhig, al
lein er fühlte wohl, daß seine Ruhe
mehr den Eindruck der Kälte machen
mußte. Es giebt ja Eins in der
Menschenbrust, wag keine Kunst nach
zuahmen vermag, das ift die Tiefe
und Wärme der Empfindung, das
Feuer innerer Begeisterung, der Zau
ber aufrichtiger Ueberzeugung.
Er fühlte, daß er dem Doktor in
dieser Beziehung unterlegen war und
er haßte ihn deshalb. Er achtete mit
größter Aufmerksamkeit. ob Wernea
sich nicht eine Blöße gehen oder eine
Schwäche verrathen werde, allein an
dein Charakter dieses Mannes schien
sein scharseö Auge zi- scheitern. Er
hatte sogar Wermckg Leben nachge
forscht, dasselbe war einfach, denn derl
junge Arzt schien allein seinem schwe-i
ren Berufe zu leben. f
Wohl sagte er, daß es Thorheit
fei, wenn Werneet sein Auge zu Eva
erhebe: ihm stand lein Vermögen zur
Seite, und konnte dies junge und
stolze Burgfräulein zu der Gattin
eines Arztes herahstrigen? Und doch
wieder mußte er sich gestehen, daß die
Liebe alle die hindernisse, welche sein
Kopf aufbaute, überspringt und be
siegt, daß sie sich hinwegsett über
Stand und Armuth. daß sie oft erst
durch die Hindernisse erstarkt und
mächtig wird.
Er konnte diesen Gedanken zuleht
sie ruhig ausübte, während sie sich
nicht mehr ertragen. denn sie drohten
ihn zu übermältigen. Der Raum in
sbem Jagdschlosse wurde ihm Izu-eng
« und trat er hinaus, so hatte er wieder
den Anblick der Verwüstung und der
Menschen« die er verachtete. Er ließ
sein Pserd latteln und kaum hatte der
Reitinecht dasselbe vorgesührt, so
schwang er sich mit hast hinaus und
gab ihm die Sporen. Er mußte einen
Gegenstand haben, an welchem er sei
nen Groll auslassen konnte, der ihm
fast die Brust zu zersprengen drohte;
er jagte durch den Wald und über die
Hochebene hin.
Die Ruinen der alten Pleszbukg»
blickten zu ihm herüber und schienen
ihm zu winken und doch mochte er in
dieser Stimmung nicht zu Eva hinab
eeiten. Da bemerkte er in der Ferne
einen anderen Reiter und sein scharsee
Auge erkannte Atthur in ihm; iein
Jsei-r tue-te Em, weiche gen-Henne
mit ihm zu reiten pflegte, Arthur
war allein. Er sprengte aus ihn zu,
denn teine Gesellschaft würde ihm in
seiner erregten Stimmung iieder ge
wesen sein, als die des Lieutenants.
der, seitdem er ihn näher tannte, stete
einen erheiternden Eindruck aus ihn
machte. Dieser gutmüthige. etwas
beschränkte, aber trotzdem an seine un
über-treffliche Klugheit sest glaubende
Charakter amiisitte ihn, da er wußte,
daß er seinen Plan nie lrenzen würde
Wenn er ihn erblickte, drängte sich ihm
stets das Bild eines sich teil und un
iiberlegt dem Sturme entgegenstellen
den Rohr-es aus, wel i- zwar nur
allzuhald gebrochen w" , dies indes
sen mit stiller Geduld erträgt, weil es
einmal geschehen ist. »Ah, Herr
Lieutenant, Sie reiten allein?« rief
Her ihm zu. als er sich ihm genähert
I hatte
»Ja, entgegnete Arthur ziemlich un
willig: »ich habeidai Verlangen ein
wenig Lust zu schöpfen.«
Er richtete sich aus dem Pferde ge
rader empor, um der Brust mehr
Raum zu gestatten. Es war ihm in
der That unten in der Pleszhura zu
eng geworden; er hatte siir einige Zeit
Urlaub genommen und war aus ders
Stadt entslohen weil ihm das Drän-!
gen seiner Gläubiger zu unbeauemI
wurde und er in der That lein Mittel
mehr wußte, um sie noch länger hin
zuhalten. Er hatte sich gesagt, daß es
siir ihn eine Nothwendigleit sei, zu
sheiraihem um"endlich einige Ruhe zu
gewinnen, und er hatte es deshalb siir
angemessen erachtet, seiner schönen
und reichen Cousine aus«-Z Neue seine
Liebe zu gestehen.
Lachend hatte Eva ihm erwidert.
daß auch sie ihn zwar liebe, doch nicht
genug, um ihn zu heirathen, und zu
viel. um ihn zu verstoßen Er solle
sich deshalb damit genügen lassen, ihr
lieber Vetter zu bleiben, und wenn es
in seiner Macht siehe, so inde et noch
ein wenig wachsen. das werde ihm aus
leinen Fall schaden.
Aergerlich war er sortgeritten. An
fangs war er entschlossen gewesen,
seine Cousine siir immer zu verlassen,
»dann hatte er seine Ansicht geändert
sund den Entschluß gefaßt, Eva nun
»aus jeden Fall zu heirathen, denn bei
ruhigerer lleberlegung war er zu der
Ueberzeugung gekommen. daß ihre
Weigerung die thörichtste Laune war.
welche sie je gehabt hatte. Er durfte
dieser Laune nicht nachgehenz als ihr
Vetter war er verpflichtet, daraus zu
dringen daß sie ihr Glück nicht mitth
willig vernichte.
Nach seiner Meinung konnte sie mit-»
teinern Manne so glücklich werden als
mii ihm, denn wer besaß so viele Var- »
iiige wie er! Das Einzigr. was ihm
sehlte, nämlich Vermögen, besaß Evas
selbst hinlänglich und es mußte ihr
sehr angenehm sein. wenn sie dies mit
ihm theilen konnte. Er faßte diese
Theilung freilich nicht im wörtlichen
Sinne aus« denn war Eva ersi die
Seinige, dann war er entschlossen, als
unumschräntter Gehieter über ihr
Vermögen zu verfügen.
Es war ihm sreilich nicht entgan
gen, daß der reiche Amerikaner aus
seine Cousine einen Eindruck gemacht
hatte und sich um ihre Liebe bewarb,
dennoch hielt er ihn nicht siir gefahr
lich. Nenno, über dessen Vergangen
heit und Hertunst ein Schleier lag,
war ein Bürgerlichen lsva ionnte ihm
also nie die Hand reichen, ihn nicht
einmal lieben. Er beschloß jedoch,
den Bewerbunaen dieses Mannes um
die Liebe seiner Cousine dadurch ein
Ende zu machen, daß er ihm unver
hohlen erklärte, er werde sie selbst hei
rathen. Es mußte sich dann von selbst
verstehen, dasz dieser Mann lich zurück
zog
«Und Fräulein o. Hansiein hat
keine Neigung gehabt, Sie zu beglei
ten?« wars Renno aus seine Antwort
ein.
Arthur sand diese Frage eigentlich
etwas impertinent; er wollte spitz
darauf antworten, besann sich jedoch
ander-.
»Ich habe sie nicht dazu ausgespr
dert,« erwiderte er lächelnd; »ich hatte
den Wunsch, allein zu sein, nicht um,
wie thörichte Menschen zu sagen pfle
gen, meine Gedanken zu sammeln,
denn ich halte dieselben jeder Zeit, wie
mein Pferd. sest im Saume, sondern
um ihnen ungehindert die Zügel
schießen zu lassen. Geht es Ihnen
auch bisweilen sof«
»Ja, auch ich empfinde manchmal
das Bedürfnis;, mich zu zerstreuen,«
bemerkte Renno
Wieder sand Arihur diese Antworts
etwas dreist; wozu bedurfte ein Bür
geriicher der Zerstreuung? I
»Ich hatte auch noch einen anderen
Grund,« fuhr er spri. »Ich will mich
an die Gegend, an die Einsamkeit
und an das Land gewöhnen. denn
wenn ich meine Eusine gedeirathet
habe. werde ich doch wohl meinen Ub
’ schied nehmen, urn hier ganz ungestört
Ja leben. Ich liebe den Dienst zwar,
allein bisweilen wird er doch lästig;
meine same-enden werden es sehr be
dauern, wenn sie mich verlieren-«
Nenn-i war bei diesen Worten leise
zusammengezuektz alles Blut hatte
sich nach seinem herze-i gedrängt,
dann gewann die ruhige Ueberlegung
freilich wieder die Oberhand und er
sagte sich. ei sei unmsgiich, das Eva
dem Lieutenant die band reichen
tönne. »Ah! Sie sind oerlath —
Jch dars Ihnen gratuliren?" rief er,
scheinbar ganz sreudig überrascht.
»Noch nicht,« bemerkte Arthur etwas
verlegen: »ich hofse indessen, Jhre
Gratutation bald annehmen zu tön
nen, da meine Verlobung nur eine
Frage der 3eit ist!«
»Jch dars also auch Fräulein v.
«Hanstein noch nicht gratuliren?«
Tsragte Renno mit einem etwas boo
hasten Lächeln.
Diese Frage schien Arthur sogar zu
erschrecken. »Nein!« ries er, »ich darf
überhaupt von Ihrer Diskretion das
tiessteSchweigen iiber meine Worte er-:
warten. Sie wissen ja," suhr er et
was ruhiger und mit einem sast ver
traulichen Tone fort, »daß man die
Liebe eines Mädchens vor der Verta
bung mit teinem Worte erwähnen
dars; es betrachtet dieselbe als dasj
tiefste Geheimnisi; ist die Verlobung
indessen erfolgt. so möchte die gliicts
liche Braut das Ereigniß noch an«
demselben Tage der halben Welt vers l
tiinden. Die Damen haben einmal
besondere Latinen und Wünsche,«
fügte er mit einer Miene hinzu, als
ob er der größte Kenner des weib
lichen Charakters sei.
»Sie wissen also, das-. Jhre schöne
Cousine sie liebt?« warf Renna ein.
Diefe Frage erschien Arihur wieder
fein impertinent, denn er erwartete·
daß ein Jeder davon feft überzeugt
fei, da es sich nach feiner glücklichen
Meinung ganz von felbft verstand.
»Gewiß,« entgegnete er; «doch lassen
Sie uns etwas schneller reiten, wenn
es Ihnen nicht unangenebm ift, mich
zu begleiten.'· ,
Er gab feinem Pferde die Sporen,
denn er hatte nicht Luft, das Gespräch
fortzusetzen, da nach feiner Meinung
Renno eine sehr dreifle Art zu fragen
hatte. Der Mann nahm sich, weil er
reich war und Eva ihn zu freundlich
behandelte, zu viel heran-« und er
würde ihn ganz entschieden viel der
der zurückgewiefen haben, wenn er
nicht feine Ruhe und geistige Ueber
legenheit gefürchtet hätte.
Es wurde Albert leicht, Artbur in
folgen: in scharfem Trabe ritten fir
auf einem Wege hin, der fich von der
Hachebene langsam in das Thal bin
abfenlie: Fall Dorf und die Plefzbura
lagen ihnen zu Füßen.
lssortfehung folgt.)
Die Fee-benenne
Ten ersten französischen Fremden-«
legitian lernte ich in Port Darwzn
in Nordaustralien tennen Dorthin
war ich mit vielen hundert Genossen
ans Westaustralien gekommen, wr
wir alle in den neuentdeckten Gold
sekdern herrliche Schätze zu er
beuten liossten und nichts san
den, als Hunger, Durst und sonst
mancherlei Entbehrunaen Nun saßen
wir in Port Dartvin und warteten aus
die erste oesie Schisssgelegenheit um
wieder zu Menschen zn tommen. Denn
in Port Dartnin gibt es nur Chinesen
und schwarze Eingeborene, und das
sind für einen weißen Kclonisten de
kanntlich keine Menschen
Die Zeit bei Diesem Warten oertrie
ben toir uns unneist damit. daß wir im
Meer baden ainaen. Jeden Tag that
ich das zwei— oder dreimal, nnd wenn
ich also auch in staubiqe und zerrissene
Lumpen artleidet war, konnte ich mich
dennoch meiner Reinlichteit riitnnen
Im Bade machte ich die Bekanntschaft
eian Freiiitienleaionärg, der hier gro
ßes Aussehen erreatec er war nämlich
vnn der äußersten Spitze der großen
Siebe bis zu den Haaiwnrreln an der
Stirn mit blauer und rotherFarbe tii »
towirt. also daß ek sich in Europa iiir
Geld hätte zeian können· Er war so
zusagen ein lebendiges Wicblatt und
einige der Zeichnungen, die ihn bedeei ’
ten, waren wirklich sehr amiisant nnd
komisch, obgleich nicht gerade siir die
weite Lseisentlichkeii berechnet. Unter
den Bildern standen sranzösische Worte,
die anch witzig waren. Unter diesen
Umständen können Sie sich denken. daß
ich nicht wenia stolz war, von diesem
ilnilnm in deutscher Sprache angeredet
zu werden und zu erfahren, daß der
Mann ein naher Landsmann nnd zwar
denn Niederrbein war, dem es aus der
Insel Formosa gelungen war, anr- der
Fremdeixlegion zu deiertir-.n.
Später, fo Ungefähr vor zetkn sah
ren, bin ich in Aeanvten einem ganzen
iftudri deutsch-er Freriidenlegionäre be
gegnet, die wenige Tage vorher defer
tieri waren. Aegnplen ist dazu das
bequeknfie Land: Man hat nur nötig,
im Suezlanal überBord zu gleiten und
an Land zu schwimmen »
Die Frenidenlegion wurde im Jahre
1231 gefchaffen nnd von Anfang an
vornehmlich in Afrita verwandt später
auch bei andern überfeeifchen Unierneh !
mungen. In Europa hat die Irren-!
denlegion nur ein einziges Mal ge
liimpft, und das war ihrer Konstitu
tion zuwider, die ausdrücklich vor »
schreibt, daf; sie nur in Koloniallriegen
benngt werden foll. Die einzige Aus
nahme wurde durch eine Umgebung des
Textes gerechtfertigt. Es war nämlich
.ni mehr die französifche Fremden
leg on, diev von 1835 bis 1839 für die
spanische Regierung gegen die Karliften
ganze Le
ion formell aufgelöft worauf sie eben
io formell mit Satt und Pan von der
spanischen Regierung angeworben wor
v den war.
Von diesem spanischen Zwischenst
uligeschem ist die Irrwdeselegion nie
mals in Europa ausgetreten. Sie hat
besonders in Algerien, dann oder is
China und Tontin. in Mexico und
Liiadagaslar und überhaupt überall,
rro Frankreich iiderseeische Abenteuer
aufsuchte. das Hauptgewicht der kriege
rischen Arbeit getragen und vonr rein,
französischen und lolonialen Stand-«
ountte aus unschätzbare Dienste gelei
stet. Es ist denn auch sehr tdiiricht, sich
ein«-bilden die Franzosen könnten je
nsals durch Rücksicht aus solche Vor
lornmnisse wie der Zwischensall in Cass
HFablanca iur Auslösung der Fremden
j leaion getrieben werden. Diese stern
den Trndpen geben den französischen
Kolonialnlsenteuern das denlbar beste
Material in die Hand. Wenn auch
wirklich Zehn oder hundert oder tausend
dieser Siildner erschlagen werden oder
an lintoedrnngen oder Krankheit zu
grunde gehen, was liegt daran? Die
ossentliche Meinung in Frankreich regt
sich darüber nicht aus. wie sie sich aus
regen würde. wenn es sich urn die
Söhne und Brüder der Zeitungsleser
handelte Diese Leute gehen das sran
zösisclie Volk nicht-J an, und keinMensch
kiimmert sich um ihr Schicksal, selbst
ins Lande ihrer Herkunst nicht. Denn
in den meisten Fällen lassen sie sich un
ter einen- falschen Namen nun-erben
nnd ihre Vlnaehörigen erfahren nie
nsals, was ans ihnen geworden ist.
Nun braucht man aber nicht zu den
!-n, das; die ganze Frerndenlegion aus
Zpißlsnben nnd Hallnnten bestehe, die,
diese letzte Zuflucht ausgesucht haben-E
ioeil sie snh unter ehrlichen Leuten nicht
mehr sehen lassen dürfen. Gewiß gibt
es auch derarttae Elemente unter den
Irernnenleaionärem aber die große
Mehrzahl bat steh aus reiner Lust an
Jlserleeischen nnd lrieaerischen Alpen
teuern anwerben lassen. Die Leute
müssen sich auf fiinf Jahre verpflichten,
nnd dem harten Leben, den Entbehruns
gen nnd Strapazen, ver strengen
Mannen-ihn die etwas ans Zuchthans
:.-innert, hält die Abenteuerlnft nicht so
eanae Stand. Daraus ertlärrn sich
dann die Deiertionen, sobald dieFrern
dknleaion einen der Flucht günstigen
Ort bezieht. Aus Südalgerien. wo
die Frenrdenlegion gewöhnlich steht, ist
die Flucht so gut tote unmöglich: der
Veserteur wiirde in der Wüste ver
schmachten orer von den Eingrborenen.
die in ihm nseiter nichts als den Feind,
den französiscksen Soldaten sehen. er
schlagen werden. Wer ans seiner süd
alaeriselxen Garniian vesertirt. aer be-'
geht einfach Selbstmord. Es ist also
begreiflich, daß diese Leute alsbald eine
to aiinstiae Gelegenheit ergreifen, wie
ite sieh ihnen jetzt in Marotto bietet
Denn dort befinden sie sich trotz aller
itrotelte der Franzosen nicht ans fran
zösischenn sondern auf neutralern Bo
den, nnd die Franzosen haben zwar de
facto, teinegweggs aber de jnre eine Ge
richtgdarteit aber ihre ans marottanii
scheni Boden befindlichen T—ciertenre.
Daß das deutsche Element in der
Itanzösischenfsretndenlegion immer noch
Ir- start ist, findet seinen Grund nicht
nur in der großen Abenteuer-tust unse
rer Landsleute, sondern man tann sich
das aus dem Brauche der sranzösijchen
Behörden erklären. die jeden iibe die
T-eutsch-:sranzösische Grenze kommenden
laeutsctien Deserteur durch Drohung der
Auslieferung tun-. Eintritt in die
Fremdenlegion zwingen. Ebenso gebt
ec— den Glsässem die in der Fremden
leaion ebenso start sind wie die Deut
schen und wie die Franzosen
Die besten Element-.- totninen natür
«ich nicht in die Fremdenthian, aber
«iese ·scsten Elemente eines friedlichen
Bürgerleben-s find durchaus nicht die
Festen Leute tiir eine Rolanialarmer.
Talltiitine Abenteurer eignen sich dazu
viel besser. und die Fremdenieaion ist
denn auch, rein soldutisch und kriege
risch genommen, eine Elitetruppe, die
ihre-— gleichen sucht.
Am zahlreichsten sind in der Frem
denlegion nie Franzosen, Eisiisser und
Deutschen, die ungefähr gleich start pet
tteten sind. Die Betaier stellen zu den
12,000 Mann derGesaxnnttsiärte rund
ist« die Schweizer etwa WO, die
Deutschen. Franzosen und Elsiisser je
etwa 2100 bis 2500 Mann. Der Rest
besteht aus allen möglichen eures-Zischen
Nationen, und auch die iiverseeischen
Europäer, die Südi nnd Nordamerika
ner schle- nicht.
Karl Engen Schmidt.
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; Esperanto wird Weltsprache« lautet
s die neueste Nachricht aus Europa. Na,
I na, immer hiibsch sachte!
Anzeige: Junger Mann wünscht sich
zu verheiraten hat aus Wunsch auch
; Gemüt
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. Eine Menge Unheil in dieser Welt
sentsteht daran-, vasz der unger der
Uebersiittigten nicht gestth werden
tann.
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Ueber nichts wird in der Presse mehr
Lärm geschlagen, als über das, was
der Abruzzensherzvg in aller Stille
vorzunehmen gedentL
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Nun wäre auch bald Onkel Eddh
mit einer persönlichen Liebesertlörung
site die deutsche Nation an die Reihe
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Dem guten Mann fäll« schwer, die
zu finden. aus die er kann zählen,
Lumpen sinden in der ganzen weiten
Welt gleichgesinnte Seelen.