Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 23, 1908, Zweiter Theil, Image 13

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    NuMein Freund Ifcrettniarr.A « «
Novelleite von Helmuth tan
or
In der Prima des Ghin ms
lernten wir uns kennen, Rudol rett
manr sund ich. Mein Vater war aus
einer siiddeutschen Garnison nach
Norddeutschland verseht worden, nnd
da er sich vom «Einzigen« nicht tren
nen mochte, mußte ich mit. » der
Prima des Ghmnasiums also, n das
Ich eintrat, machte ich seine Bekannt
schast — und wir zwei Süddeutsehen
hatten bald Freundschaft geschlossen.
Troß der Verschiedenheit unseres
Temperament-. Denn während ich
mit meinen glücklichen siebzehn Jah
ren let-hast« laut, ein wenig unruhig
war, war er die Ruhe und Friedh
tigieit selbst· Schon damals zur
Fettleibigleii geneigt« war er langsam
und schwerfällig in seinen Bewegun
gen —- langsam auch im Aussassen
eines Lernstosses. Es dauerte ot
unendlich lange, bis er etwas begri ·
sen hatte. Und se mehr sich ein Le -
rer dabei ausregte, ihm etwas llar zu
machen, desto ruhiger wurde er.
Wenn ihn die Kameraden neckten,
lächelte er nur verlegen und rieb sich
die hände — aber er erwiderte ihre
Nesereien niemals. Einmal hatte er
sich zu der Abwehr aufgeschwungen:
Geht — loszM mir mei’ Ruh!«-—
hatte damit aber einen sol en Sturm
von Heiterkeit entfesselt, aß er in
Zukunst gänzlich schwieg.
Schweigsam war er überhaupt —
wie das Grab. Was er einmal nicht
agen wollte, das lockte lein Uebun
nghiiinstler der Weit aus ihm her
aus. Es dauerte lange, bis ich ersah
ren hatte, wer seine Eltern seien, und
noch länger, bis er mich einmal aus
forderte, ihn zu besuchen·
Sein Vater war ein Miin ner,
der aus Gott weiß was fiir Gründen
nach Norddeutschland qetvmmen war.
wo er nicht binaelförte und wo er sich
so unbebaglich und unglücklich wie
möglich fiibltr. Ganz wie der Sohn
war auch er: dick, gemiithlich, lang
sam und ein wenig schwerfällig,
grenzenlas gutrniitbia und dabei un
ter Umständen arenzenlos grab. Aber
des Dialelts wegen klangen selbst
feine faustdielen Grobheiten fiir das
Ohr des Narddeutschen beinahe lie
benswürdig. Er schien Gefallen an
rnir gefunden Fu haben, und ich wur
de häufig Gast in seinem hause. Die
Mutter war eine stille, wortlarge
Frau. von deren Gegenwart man er
gentlich herzlich wenig bemerkte.
Jeder in der Klasse hatte »natiir
lich« seine Flamme, der er Fenster
promenaden machte, vor der er den
but besonders tief sog und mit der
er gewöhnlich in die Tanzftunde ging.
Jn einer besonders vertraulichen
Stunde suchte ich von Rudolf Areti
mayr zu erfahren, wer die »seine«
wäre. Da fab er mich lächelnd an.
..Eine «Flamme« habe ich nicht,«
sagte er. »Aber ein Mädel in der
Munchnerftadt drunten, das ichvan
her-sen lieb babe und das ich mir lkos
len werde, wenn’s an der Zeit ft.
So. nun weißt Du’s und nun rede
nicht darüber."
Ich dabe nicht darüber geredet.
such nicht« ais ich in dem Natizbuch,
das ihm aus der Tasche gefallen war,
eine blonde haariocke und die Photo
rapbie eines reisenden Mädchens ge
funden habe. Er wurde lnabenshaft
roth, als ich's ibm surilckgabx aber»
ich habe mich gehütet, auch nur zus
lächeln. Dafür ist er mir danker
qewesen und wir sind gute Freunde
eblieben, auch als die Schulzeit vor-(
ber war —- als ich die Universitäts
besuchte und er in einer Brauerei
lernte.
Ich hatte ihn längere Zeit nicht ge
sehen, als er eines Tages zu mir farnz s
noch stiller, noch worttarger, noch ru-j
biger als sonst. Jch merlte es ihm;
an. daß er etwas auf dem Herzen;
hatte: aber ich fragte nicht. Fragen
machten ibn nur uneugönalicheh und;
ich wußte, was er m r zu sagen hatte,:
oas iagie er auch io. i
Und richtig. Nachdem er eine gute.
Viertelstunde in meinem Zimmer ges
sessen hatte, ohne ein Sterbenswiirt
iein «u.reden, tam er damit heraus.i
»Sie hat sich veriobt,« sagte er,’
und ich wußte, wer die »fre« war. Es
gab mir einen Stich, wie er es sagte; "
denn ich wußte, er hatte das Mädei
sehr eliedt. »Sie hat sich veriobt.
Mit e nem jungen Kaufmann, einem
Freund von mir-«
Ich sagte tein Wort. ich drückte ihm
nur warm und innia die hand. Ein
Weilchen war er still: dann sprach er
ia sam weiter·
» ch bin aetommem um Abschied
von Dir zu nehmen, Dein-. Jch gehe
nach Miinchen zuriiet Jhr Verio ter
ist ein tüchiiaer Kausmann —- glaube
ich. Aber er bat kein Geld, weißt Du
Und sie müßten deshalb noch Jahre
warten mit dein heirathen, hat mir
das Mädel geschrieben.« i
»Ja, aber mein Gott« weiß sie denn
nicht, daß Du iie —«
Er sah mi beinahe erstaunt an·
»Weder so te si« denn wissen?
»ich habe siei aetoiß nicht merten las
ien. Sie it mi siir ihren guten
Freund, u das w ll ich ihr dei Gott
auch sein« —- Aber was ich Die Näh
len wollte —- ich gehe aiso nach tin
chen, und mit dem, was ich vom Ver
ter geerbt habe, sange ich e ne staue
rei an. Wei t, in einem Vorm-i von
Mit-schen eine zu verkaufen; die
tsill ich noch etwas ver-großem Und
ihr Uerlobter soll den kaufmännischen
c l besorgen; davon verstehe ich
n ts. Dann wiod er im Stande
s sie ou heirathen«
Es saß mir etwas in der Kehle, ich
konnte ihm iein einziges Wort ermi
dern. Nur wieder und wieder habe ich
ihm die Hand gedrückt Und trie er
dann gegangen ist, hat er actiieiieltz
aber zwei aroße, schwereThriinen sind
rhm iiber die Wangen geiaufen. Und
ich habe an mich halten müssen, daß
Ich ihm nicht um den Hals fiel. — —
Jahrelansg hörte ich nichts von ihm.
Da fügte es der Zufall, daf: nich eine
Geichäftsreise in die Nähe Münchens
fühttn kurz entschlossen fuhr ich hin
über, um ihn einmal zu besuchen. Im
Gasthaus ließ ich mir das Abendblatt
bringen. Und beinahe das Erste, was
ich las, war die Notiz
»Der Brauereibetiher Rudolf-tren
mahr, über dessen Prozeß wir bereits
ausführlich berichteten, wurde gestern
in später Abendftunde wegen betrüge
rischen Banterotts zu einer Gefäng
nißitrafe von drei Jahren verur
theilt.«
Ich habe das Blatt angeftarrt, als
Landen da Hieroglyphen und nicht
utlich lesbare Buchstaben. Das war
doch nicht ·denbbar, nicht iaßlich
»Ein Adreßbuch!« rief ich der Kell
nerin mit heiserer Stimme u. So
unsinnig net-bös war ich, dal: ich ge
raume Zeit brauchte, bis ich seinen
Namen gefunden. Und dann fuhr ich
unverzüglich zu ihm hinaus.
Neben dem großen Gebäude der
Brauerei stand eine unscheinbare
Villa; hierhin verwies man mich, als
ich nach ihm fragte. An der Thür
zur Wohnung im ersten Stock stand
auf breitem Messingschild der Name
»Der-traun Sterring«; und eineTrep
Pe höher eine Visitenlarte: .
»Nun-us Krettmayk.«
Eine Klingel gab es nicht, so tlopf
te ich denn an; einmal, zweimal und
noch ein drittes Mal. Da endlich
naherte sich von drinnen ein schwerer,
müder Schritt —- die Tbiir wurde zu
einem lteinen Spalt geöffnet, und ich
hörte eine leise, laum verftiindliche
Frage, wer da sei.
Ich suchte meiner Stinkne einen
lustigen Klang zu geben« als ich ihn
von bietdraußen begrüßte. Er dis
nete die Thiir sofort» und mit einer
flammen handbewegung forderte er
mich auf, iiber die Schwelle zu treten.
Nur mit einer Regung geheimen
Bangens vermochte ich’t, ihm ins Ge-!
sicht zu sehen. Aber er blickte genau;
io rubig aus treuher igen blauen Au
gen in die Welt wie zumal, nur ein
wenig blaß schien er mir. Er sagte»
noch immer tein Wort —- also gan ’
der Alte. Ohne viel Umstände — ich
wußte. so war’s ihm am liebsten —
nabm ich mir einen Stuhl, und er
setzte sich mir gegenüber.
Das Zimmer, in dem er hier oben
hauste, war bescheiden genug möblirt
etswai zu bescheiden siir einen Braue
reibesiiers, wie mich diinlen wollte.
So recht den Eindruck eines Dach
stiibchens machte es.
Das Schweigen begann mir doch
nachgerade auf die Nerven zu fallen,
ala er plötzlich sagte:
»Du weißt es noch nichti«
Ilso doch —- es war leine Täusch
ung gewesen vor in. Aber merkwür
dig, wie mich die Zeitungsnotiz ge
trosfen hatte, wie ein Schlag, brachte
das Cingeständni, das in seiner
Frage lag, mein lut nicht in schnel
lere Wallung. Es lag etwas Bezwins
gendeö in seiner Ruhe, etwas, das ein
großes Mitleid oder einen theilneh
ineärden Schmerz nicht auilommen
te .
Jch nickte nur als Erwiderung.
Denn was mir vorhin als unsinnig
erschien, nahm ich fehl als Thatsache
hin — nur noch gespannt auf die Er
lliir-ung, die sicherlich lommen würde.
Und sie tam.
. »Es ist ja eigentlich unrecht, daß
s ich zuerst von meinen Angelegenheiten
rede, nachdem wir uns so lange seit
jnicht gesehen haben,« sagte er in ei-«
ner gewohnten langsamen Sprech
»weise. »Aber Dir sehe ich’s ja an,
daß Ding nicht schlecht gebt. lind
Jweisii Du —- ich muß wirklich mal
imit einem Menschen reden, den ich
’ gern habe, der mich versteht und dem
ich vertrauen lann.«
Er steckte sich eine Cigarre an nnd
dann begann er zu erzählen.
»Ich bin damals nach Miinchen ge
gangen und habe mich mit hermann
Sterrina verständigt. Er sollte tein
Angestellter werden, sondern so eine
Art Theilhaber — mit einem be
stimmten Antheil am Jahresgewinn
Dafür hatte er alle- Geschöitliche u
besorgen. Das Möbel und er, ce
waren beide aliielselig —— und ich habe
mich techtschafsen gefreut an ihrem
Glück. Sterring it eigentlich der
Leiter der Brauerei geworden und ich
war so was wie ein Bräumeistm
nnd so war es mir gerade recht. Ich
habe ein rechta ngenehmes Leben ge
macht; nnd ich hatte mit dem ge
schäftlichen Theil nichts weiter zu
hun, als daß ich die Rapiere unter-»
schrieb, die Sterrina mir brachte. Die
Brauerei ging sreilich nicht besonders
t, ich hatte nur gerade so viel, um
anem davon leben zu können. Ster
ring aber führte ein großes Haus«
fah Geleillcha ten und Mille nnd
rat sehr gro rtlg aus. Jch habe
nie gefragt, woher er das Geld hatte.s
Wenn er’3 mir nahm — wenn er!
mich darum betro —- was lag mir
an dem Geldes o tam es doch ihr
In Stattem
sagte Dir schon, daß ich nur zu
un erschreiben hatte, was er mir vor
le te. Ich that’i, ohne mir die Pa
zare anzusehen; znmeist warens
lanloeAeceptg die ich ihm gehen
mußte. Er bat mir immer erklärt,
daß er die Summen noch nicht so ge
nau angeben tönnte, deren er gerade
bedürse.
Jn der letzten Zeit tasn er isnmer
txiäusiaer und häufiger — bis er eines
Tage-Z ganz aushheh Er war gesto
W Was soll ich Dich mit den Ein
zelheiten dessen plagen was nun
folgte? Jch mußte den Konturs an
melden, aber ich hatte von vornherein
ieine Aussicht, auch nur die Hälfte
der Schulden zahlen zu können Es
wurde eine Anzeige gegen mich et
fratiet wean betrügerischen Baute
rotts ——— da mir die mißliche Lage der
Firma schon seit Jahren betannt sein
mußte. und da ich es hätte wissen
müssen, schon vor einem Jahre wissen
müssen, daß ich sie nicht halten konn
te. Au Herinann Sterring hatte
Rieman einen Verdacht —- umsowe
niger als ich durch mein Schweigen
alles zuzugestehen schien, was sie mir
zur Last legten. Es hätte mir ja auch
kaum etwas bei-sen können, wenn ich
ihnen d:e Wahrheit mittheiite; war
doch ich allein siir die Firma verant
wortlich. Um ihretwegen die unter
der Last des Unglücks beinahe zu
sammenfiel-rochen ist beiasteie ich ihn
nicht und ersand den Anderen gegen
ijhereineglaubhaste Erklärung siir
sein Bernh-winden
So haben sie mich denn nun verur
theilt. Und ich wäre wohl gleich in
dasGesängniß Wornrnen wenn mein
hausarzt nicht gegen Einspruch er
hoben hätte. Er erklärte, daß eine
Gefägnißftrase jetzt fiir mich eimr
Todesstrafe gleichtomme; denn ich
habe ein schweres herzleiden. Und
er bat dringend um einen Strasaus
schub.
Er ist mir gewährt worden. Ein
Fluchtverdacht liegt auch nicht vor.«
Er lächelte sonderbar und blickte
vor sich nieder.
»Weißt Du,« begann er nach einer
Weile wieder, »daß sie mich gestraft
haben, das geht mir so nahe nicht.
Aber das Leid der ungliicklichen jun
gen Frau —- das will mir manchmal
einahe die Kraft nehmen. Sie muß
ihn doch arg lieb gehabt haben, ihren
Mann. Und sie nimmt’s gar zu
schwer, sdasz er nichts mehr von sich
hören läßt.«
»Und wer sorgt siir sie? Hat sie
Mittel. um zu leben?«
Wieder lächelte er ein seltsames
Lächeln.
»Sie wird le n tönnen,« sagte er
sest. »Sie wird eben können —- da
rauf vertafse Dich-Aber Du ziirnst
mir nicht, wenn ich Dich bitte, inich
nun allein zu lassen? Jch habe noch
Vielerlei zu besorgen heute Abend.«
Jrh habe ihn nicht wieder gesehen.j
Er hat sich der Strafe durch diel
Flucht entzogen — und es war ders
Entriistung iiber ihn in den Blättern.
tein Ende. Nach einigen Monaten:
aber erhielt ich von ihm einen Brief
—- ein turfes Schreiben, wenige Zei
. len. von fe ter Hand sicher und ruhig
» geschrieben:
»Liebe- erundg Nicht wath Du
geftattest mir, Dich noch so zu nen
. nen? Oder hast Du mich auch ver-;
urtheilt in Deinem herzeni —- Nein,l
; ich glaube es nicht, denn Du hast mich
allezeit verstanden, und Du wirst
s
i
mich auch jeht verstehen. Nur, um
Dir zu erklären, warum ich geflohen
bin, wende ich mich noch einmal an
Dich.
Sieh, ich mußte doch der unglückli
chen Frau, Nr ich so sehr liebe, die
Mittel zum Leben be chassen. Wie
sollte ich das wohl tun, wenn sie mich
in’s Gefängniß sperrten —- in’5 Ge
fängniß, das mir zum Grab gewor
den wäre. Jch muß ja doch leben
und arbeiten für fie; und deshalb,
lieber Freund, bin ich geflohen.
hier itn Ausland habe ich eine
Stellung gefunden, die ganz gut be
zahlt wird. Ich brauche ja so wenig.
Die geliebte Frau ist in eine lteine
Stadt gegangen — aus meine Bitten,
und dorthin schicke ich ihr, was sie
braucht. Sie hat es nicht gewollt
aber sie hat's doch thun müssen, ich
habe ihr teine Ruhe gegeben.
Und nun noch etwas ganz Süßes,
und das ist das Schönste, was ich
vom Leben gehabt habe; sie hat mich
getiiszt und hat geweint, wie wir aus
einander egangen sind. Nur Du, der
einzige jreun , den ich gehabt habe.
nur Du sollst das wissen. Denn Du
weißt es ja auch, dasz das wohl das
Schönste und Größte ist, was mir ge
geben werden konnte.
Gedenie Deineö
Rudolf Krettmahr.«
Die Leute, die sich feiner erinnern,
sprechen von ihm voll tiefster Verach
tung noch heute nur als von dem Be
triiger und Banlerotteurz ich aber
shabe nicht aufgehört, ihn in meinem
« Herzen wie vor den Menschen meinen
Freund Krettmayr zu nennen, und.
noch zu keiner Stunde habe ich micht
dieser Freundschaft geschiimt.
Seine steifem-up
Unterossizien »Gegen Sie mir,
Einjiihtiger Müller, wozu ist das
» Schildethaus das«
Einiährigen »Um dem Posten bei
Unwetter Schuh zu qewö ren.«
Untevoffizien »Da sin Sie aber
auf dem Holzwege, Einjähttger; das
Schilderhouö hat lediglich den Zweck,
die königlichen Montitungs
itilcke nicht vertuiinikt werden ver
stehen Stet«
Verschiedene-.- Standpunkt
Frau Cwelche soeben ein neues
Kleid liefert bekommen hot): »D
Meid it wirklich vtachtvoll qeiungenZ
ich bin mal neugierig, was es kosten
wird.«
Mann: »Ich nicht!'«
Wni: Txotische«iiatze. — «
Von E. Thielr.
Sie saßen im Kaiseraarten und
hatten gerade ein vorzügliches Diner
eingenommen. Fräulein Grete legte
den Löffel, mit dem sie eben das Erd
beereis ausgeschmeclt hatte. beiseite.
»Mutichen, nun wird es aber bald
Zeit, sich zu entschließen, wo wir den
Nachmittag ver-bringen wollen«
Die verwitiwete Rentier Lehmann
lächelte. Sie wandte sich an das
männliche Mitglied des Ttios:
»Ja, wie ist es, Herr Assessor? Wo
soll’s hingeben?«
Assessor Kluge schob sein Pincenez
zurecht, guckte die Achseln und sandte
einen rathlosen Blick aus seinen im
meriniiden Augen zu seinen schönen
visia-vis hinüber.
»Ich weiß wirllich nicht« Mir ist
alles recht, was die Damen kesehlen.«
»Wie wars denn mit dein Zodi«
schlug die Tochter vor und wippte er
wartungsvoll mit ihrem·Stuhle. »Ich
habe da neulich ein reizendes Kätz
chen gesehen. Jch glaube aus Siam.
Ein himmlisches Thierchen!«
»Um dieses Käkchens wegen?«
»O, es ist süß!
Frau Lehmann blickte die Schwär
meein oerweneno an. .
« »Geh-ob Dich doch nicht so wegen
einer Kaßet Aber zum Zoo könnten
swir wirklich wieder einmal sahren.«
! »Ob« zahlen!«
Der Assessor ries’s, beglich an den
dienstsertig herbeieilenden Ganhmed
die Zeche und bedeutete diesem, ein
Auto zu besorgen.
Wenige Minuten später hielt ein
Wagen vor dem Thore. Die Drei
stiegen ein« und in schneller Fahrt
gings hinaus nach Charlottenburg.
Es war ein heißer Sommertag.
Schier unerträglich schlug die Hitze
von dem durchglühten Ast-halt zu
riiek. Der Assessor legte seinen Shim
der, unter dem die Schweißtropfen
dick und schwer hervorguollen, beiseite
und trocknete mit dem Taschentuch
sein rothleuchiendes Gesicht.
»Ussf Jst das eine hißei« stöhnte er
ein iiber das andere Mal. Frau Leh
mann sei-undirke ihm getreu.
Nur Fräulein Grete schien sich wohl
zu fühlen. Mit unverhohlener Scha
densreude beobachtete sie die vergebli
chen Versuche ihres Gegenübers, sei
ner Transpiration Herr zu werden.
»Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,"
deklaniirte sie, lustig mit den Augen
winkernd. »Und warte nur, bald
ichwißt Du noch mehr,« seßte sie leiser
hinzu. In der schwülen Lust des
Raubthierhauses sollte ihm die Hölle
noch heißer ges-nacht werden. Was
brauchte er ihr auch aus Leben und
Tod die Cour zu schneiden! Wenn
er der Mutter so gut gefiel, dann
konnte ihn die ja nehmen. Jhr paßte
er ganz und gar nicht. Seine über
triebene Dienstbewilligieit, die ign
all ihren Launen nachgeben ließ, pa
te ihr ganz iund gar nicht.
Es mußte ein Mann sein, ein rech
ter Mann· so- etwa, wie Architekt
Neuhoser, den sie kürzlich bei dem
Sommernachtball in der Philharino
nie tennen gelernt hatte, spann sie
ihre Gedanken weiter.
Unterdeß war der Wagen am Zoo
angelangt. So schritten sie denn iiber
die iwohlgepslegten Aieswege an dem
verschiedenerlei Gethier vorbei.
Als erstes mußte der Assessor eine
Anzahl trockener Schrippen erstehen,
die Peter, der kluge Elefant, mit offe
nem Maule auffing Mutter Letf
mann huldigte derweilen ihrer Po -
sion, den buntfarbigen Rakadiis, die
sich mit mißtönendem Gekreisch in
den zu beiden Seiten der Wege aus
gestellten Ringen schaukelten, das
»Mit-vie zu krauen«.
Als Frau Lehmann dann den
Wunsch äußerte, etwas an Getränken
zu sich zu nehmen, beeilte sich der
Assessor. die Damen zum Restaura
tionsplateau zu führen.
Aber Fräulein Grete schmollte. Sie»
zog mißmuihig eine Alsonslippe: i
»Gott nein, schon wieder sitzen! Ich;
werde jedenfalls ein wenig zu deng
Raubthierhäusern bummein. Rom-s
men Sie mit, Herr Assessor?« ;
»Aber Jihre Frau Mutter?« i
»Geben Sie nur ruhig mit. Jch’
siße ganz gerne eine Weile allein. Nur(
nicht zu lange!« meinte Frau Leh-»
-
mann. -
Sie gingen. Nach wenigen Schrit
ten hatt-en sie das große Raubthier-;
haus erreicht. Milde lagen die gewal-(
tigen Löwen umher« nnd nur verein
zelt rannte eins der Wüstenthiere un
muthig zwischen den Gitterstäben hin
und her. Selbst die sonst so ruheloseni
Tiger dehnen ihre langen Leiber aus(
dem Boden. Schläfrig blinzelten sie!
mit ihren grünen Augen, in denen ess
sonst so wild flatterte. Auch die Hei-z
neren sremdländischen Katzenthieres
hatte sich in den tiefen Schatten ih-i
rer hältnisse zurückgezogem s
»Du müssen wir schpn in’B Haus’
hinein eben, um an die andere Seite
der Käsige zu lommen,« sagte Fräu
lein Grete. »Ein-Unten Sie, Herr
Assessor!«
Als ihnen die sticki e, nichts weni
r als angenehm du tende Lust des
. nnenraumö entgegenschluf, srng
LFräulein Grete mit unschu digemGe-.
»Wenn Sie lieber draußen warten
»Aber ni t doch!« entgegnete der
Assessor. U mit Emphase fuhr er
fort: »Mit Ihnen ginge ich in die
Hölle hineinl«
.Na, nat« Ihr Lachen tlang etwas
spöttisch
»Sie glauben mir nicht? Jch woll
te eine der Bestjen risse sich los, dann
würden Sie schon sehen, daß ich mein
Leben fiir Jnres einsetze. —— Sie wei
chen mir immer aus, efrijulein Grete,
trotzdem Sie wissen, es wissen mus
sen, daß ich.
»O, wie schadet« unterbrach ihn
seine Begleiter-im die angestrengt in
einen der Käfige hineinschaute. »Se
lgen Sie, da hinten liegt das Kätz
,en.«
Der Assessor ließ das Ende des
angefangenen Satzes in einem Seuf
zer ausklingen und blickte ebenfalls
durch idie engen Gitterstiibe hindurch.
Von dem »siißen« siamesischenKii
chen war nichts weiter zu sehen, a s
anderthalb Zoll des braungeringel
ten Schwanzes-. Der Assessor lockte:
ß«—— U-—tz»—Pß-—: Pß — pß·-—
pß. Das Thierchen ruhrte sich nicht.
Erst als er sich im Bellen eines Hun
des versuchte, schnellte der Katzentöp
per hoch.
Fräulein Gerte ließ ihren weißen
Handschuh in den Käfig baumeln.
Flugs griss die kleine Psote des
hübsch gezeichneten Kätzchens zu und
legte ihn neben sich aufs Stroh
»Ach Gott, was machen wir nun?«
»Den wer-de ich schon wieder her
ausbolen,« sagte der Assessor beruhi
gend und versuchte, seine Hand durch
das Gitter zu zwön..gen Doch er kam
nur so weit, daß ihm die Siarnesin
einen-Abdruck- ihrer Krallen in seinen
Zeigeeinger rrnen konnte.
»An versl —- «— pardout Das
macht gar nichts! Und er riittelte
nunmehr vorsichtig an der Verschluß
tlapve. Diese war mit einer Schrau
«ben-mutter angedreht. Der Assessor
versuchte sie zu lösen; es gelang.
Nun galt es, den Handschuh her
auszuholen Aber jedesmal, wenn
die Hand des Assessor sich vorschob,
begann das »reizende« Thierchen zn
sauchen und zu spuelen.
Das Taschentuch trampsshast an die
Lippen gepreßt, sah Fräulein Grete
dem Spiel eine Weile zu. Dann saß
ten ihre schlankem weißen Finger
schnell zu: der Handschuh war geret
e
»»Seben Sie. mir thut sie nicht5!«
iriumphirte Grete. »Ein gerne möchte
ich sie haben. Da könnten Sie mir
wirklich einen Gefallen thun, wenn
Sie mir diese Katze verschafften.« Sie
wars ihm einen totettenBlick zu. »Sie
wollten sehr Leben stir mich wagen!
-— Rauben Sie siir mich die Katze!«
Mit einem silberhellen Lachen ver
schwand die Eva
Verdutzt stand Kluge da. Er, der
tönisglich preußische Assessor sollte ei
nen Diebstahl begehen? Einen regel
rechten Einbriichsdiebstaihl? —- —— —
Aber für Grete Lehmann hätte er
wohl einen Mord begehen können. —
Er miußte ihr den Wunsch erfüllen.
Ueberdies war die Sache ja gar nicht
so schlimm.
Er zog aus seiner Brustiasche ein
Lederetui, entnahm demselben seine
Visitentarte und tritzelte darauf:
,,Jn Verfolg einer Wette habe ich
die siamesische Katze mitgenommen.
Jch werde den Werth derselben mor
gen ersetzen.
Diese Karte wars er in den Käfig.
Nun tam der schwierige Theil der
Mission, die Katze, sdie eine starke An
tipathie gegen den Assessor zu haben
schien, zu erwischen. Dabei strich der
Wärter andauernd im Gang umher.
Doch endlich hatte er’g doch ge
schafft Mit einem Ruck wars er das
Thier in seinen Zylinder und drückte
diesen gegen die Brust. Dann schritt
er eiligst von dannen. Aus Seiten-we
gen shatte er beinahe den Ausgang er-«
reicht, da —- zwischen Lipp’ und Kel-.
chesrand schwebt ost der finstern
Mächte Hand — stürzte mit gewalti-l
gen Sätzen ein Bernhardiner, dessen’
seine Nase den Erbseind witterte, auf
den Assessor los. ;
Der suchte vergebens seine Beute zu
retten· Rücklings fiel er zu Boden,
die Angströhre rollte über den Weg,
und mit einem Riesensprung sliichtete
die Katze in das nahe Gesträuch, nicht
ohne vorher ihrem Entsiihrer noch ei
nen Krallenhieb auf die Nase versetzt
zu haben
«n der Nähe erscholl ein silber
helles Lachen. Ein Lachen, das dem
Assessor gar wohl bekannt war.
Schnell rasste er sich aus. Da tam
Fräulein Grete und mit-ihr ein Herr.
»Herr Architett Neuhoserl — Herr
Assessor Kluge!'·
»Verzeihung, Herr Assessor!« ent
schuldigte sich sdrr Architekt, »für die
Ungeberdigteit meines Hundes«. Jch
konnte ihn leider nicht zurückhalten.
Sie haben sich doch keinen Schaden
gethan-r
»Nein, nein!« wehrte der Affessor
ab, mit einemVerfuch zu lächeln. »Es
ift noch alles heil.« Mit einem web
müthigem vorwurfsvollen Blick auf
Grete setzte er noch hinznt »Lehren
Wunsch konnte ich Ihnen leider nicht
erfüllen. Empfehlen Sie mich Jhreri
Frau Mutter-! —- Adieu!«
Er griff feinen Hut auf und ging.
Seit der königlich preußifche Bisses
for Kluge für eine aus dem Zoologi
schen Garten entschwundene fiamefis
ich Katze baare 250 Reichsmark erle
gen mußte, hat er einen wahren Haß
gegen Siam und alle Katzen. Dieser»
Haß steigerte sich in’s UnermeleicheJ
als ihm eines Tages eine Karte in’s
Haus flatterte, auf der sich Grete
Lehmann und Architekt Neul)ofer als
Verlobte empfohlen.
Wir zählen gern die Tage des
Glückse-fchlimn1 ift es jedoch, wenn fie
nur gezählt find. .
Le;ies Mittel.
.. -.»-. «
ssv v
Ob ich dem netien jungen Man-II
meinen Regenschirm anbiete, er sieht
noch so unverheirathei aus?
Hieb
Kind: ,,Siag’ mal, Papa, wenn ihr
nun eure großen Treibjagden gehabt
habt, wohin kommt denn alles dag,
was ihr geschossen habt?«
Mann: ,,Jn die Stadt! Das meist
kommt wohl in die Wildhandlungen.«
Frau Uhr-km Mann, der ost Treibet
angeschossen hat, einen Seitenbliek su
wersend): »Und das andere ins
Krankenhaus.«
Rette Aue-sieht
Junge Frau: »Aber lieber Gnsiav,
ich habe Dir doch noch gestern Ade-nd
gesagt, Du sollst zu unserer heutiges
Trauung eine weiße Holsbinde on
legen, nnd nun bist Du doch in einer
schwarzen erschienen.«
ProsessokI »Jo, in, das hatte ich
richtig vergessen. Na, das nächste
Mal!«
Vom Regen in die Transk
Direkfor: »Sie sind sheuie wieder
in der Kneipe gesehen worden, Miit
ler. Wissen Sie niebi, daß Ihnen
das verboten ist?«
Gymnasiasi Müller: »Gewiß, Herr
Direktor-· Ich wollte io auch nur
meinen Reqensehirm holen, den ich
gestern stehen !ieß!«
Am ungenirtrsteik
Herr Meier thrstsabrikant, der
bei voller Arbeit Besuch erhiitt):
»Man ist doch nirgends ungestört,
nächstens wurstle ich oben im Luft
ballon!«
Ganz recht.
»Ich liebe dag Radsahren durchaus
nicht, bei all diesen brotlosen Künsten
kommt nichts heraus.«
»Heinrich Meyer hat aber dadurch
doch feine Frau bekommen«
»Das saae ich ja gerade immer
beimtRadein holt sich mancher was
weg. woran er zeitlebens genug hat.'«
Spezialität
Gnädiae Frau tzum Dienstmäd
chen): ,,N·a, Anna, wie haben Sie sich
gestern aus Ihre-n Sommervergniigen
aniiisirt?« .. ,
,,Dienstniiidchen: »O, dank schön,
anä’ Frau, sehr aut. Beim Topf
schlaaen hab’ ich den ersten Preis de
tonnnen.«
Gnädiae Fran: »Ja, das will ich
aern glaub-en. Topiirblaaen ist ja
auch hier Jhre Spezialität!'
linversroren.
Gepacktriiaen »Bitte 10 Pfennig
iiir’s Gepäcktraaen.«
Reisender: »Erlauben Sie mai, ich
habe kein Grpiick arhabt.«
Gepiieiträaen »Da kann ick doch
nicht dafür, wenn Sie teen Geisiick
haben!«
Seine Ansicht
»Herr Baron, ich muss zum Ersten
um meine Entlassung bitten, da ich
mich verheirathen ivilt.«
»Ach, papperlappapp, hast gar nicht
nöthia zu heirathen; wie vie! Schul
J «
den hast vn denn-.
Selbstbewußt.
Vermittler iznrn Lentnant): »Und
sobald ich eine Braut für Sie aefnnss
den, was kann ich dann iiber Ihre
Verhältnisse sagen's«
Leutnant: ,,Un—iinn, ja nischt, sa
gen Sie, ick bin Leutnant, drt je
»nügt«
» Fami.
i Häuschen kam eines Tages später
» als gewöhnlich von der Straße heim.
Seine Schwester fragte ihn, was ekk
so lange aemacht habe. »Ich habe nur
Postbote gespielt Ueberall in der
ganzen Straße habe ich einen Brief
abgegeben.«
»Woher hattest Tu denn alle diese
Briefe?«
»Du weißt doch, die ans- der Kom
mode, die mit einem rothen Bänd
chen zufammenaebunden waren.« ,
Er hatte —— —- die Liedeg·driefe
seiner Schwester ausgetragen.
Die net-kannte Kur-.
. ON
Arzt: »Ja, Hesr Hub-V da hilft
nichts anderes;.Sic müssen unbedingt
das viele Kneipen o.sf;.1eben!«
haben ,,Met«vürdig! Jbr Herr
Kollege verordnen mir gerade eine
Kneipkux·«