Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 09, 1908, Zweiter Theil, Image 9

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    Uebraika
Staats-Anzeiger und IfceroldF
« Jahrgang 29. Gränd Jstand, Nebr» Z. Oktober IMM. Muteiter ThciU Nummer 7.
—
Schweigen.
Von Elimar von Monstet
berg.
Die Stille und das Schweigen ist
mit werth,
Dann formen die Gedanken sich zu
Thaten,
Web« dem. der sich der Schwätzet
nicht erwehki —
Das Schaffen kann ver Stille nie
entrathen!
Und so ist auch der tiefsten Liebe
Sein.
Wenn sich zwei Seelen zueinander
neigen,
Dann hüllt ein Wissen und Vetfiehn
sie ein —
Was sollen Worte? Machtvollet ist
Schweigen.
—- -
JhrGarten.
Von Seravphine Wittes.
Man saß fröhlich plaudernb in
dem gemietheten Garten des Herrn
Walter zufammen. Schöne Rasta
nienbäume gabrn reichlich Schatten.
Die von Papa Walter selbstaeizimx
merte Laube, umrantt von wi dem
Wein, nahm sich sehr niedlich aus.
Und mit großem Stolz zeigte die an
muthige Frau Walter ihren Gästen
die großen Nutzbeetr, wo die Kartof
sel üppig in die Höhe schoß und an
kreuzweise arteaten Stöcken Bohnen
und Schoten emportletterten, mit
ihren zarten, tteinen Schmetterlings
fliiaeln eine hübsche Ernte verhei
ßend. Auch anspruchslose Blumen
g:d es da, in zicrlich mit Muscheln
ausgelegten Beeten, Garanien und
Männertreu, Fuchsien und Levtoien.
Alles war mit Liebe und Freude ge
psteat, das konnte man auf Schritt
und Tritt fehem
Während nun alle an dem weißge
deetten Tischchen in der Laube den
duftenden Kaiser tranken, wunderten4
sich die Damen, wie doch der Fraus
Walten von deren gartenbaulichenl
Talenten bisher nichts bekannt ge
worden war, dieses alles so schön ge-1
rathen sei.
Frau Walter sagte lachend, sie
hätte es einfach orobirt, und es wäre»
ihr aegliirtt. Sie wüßten es wohl:
»An Gottes Segen ist alles gelegen.« »
«Ach,« sagte ihr Gatte fröhlich, »sie;
allein hat nicht alles Verdienst; ichs
habe gegraben und begossen und ge-!
schuftet, daß es eine Art hatte. Frei-i
lich, die Idee, das Feld zu mittinn
tam von ihr! Alle Achtung! Eines;
Tages als ich ziemlich müde und ab-;
gespannt heimtam und mich schon
bereitete, ihr verdrossenrs :an ver
härmtes Gesicht zu sehen und die täg
lichen Klagen über das Dienstmäd
chen und die viele Arbeit zu hören.
tani mir Emile sreudestrahtend ent
gegen. Ich muß sagen, mir wurde
etwas beklommen zumuthe. Ich ver
2nuthete, irgend etwas Schreckliches
hinter dem ungewohnten Anblick.
Aber sie sagte mit einem selbstbe
wußten Lächeln: »Weißt du, Hans,
ich habe ein Feld getauft.«
Jch dachte an einen lauen Witz.
Aber wahrhaftig, ich freute mich, daß
sie überhaupt noch fähig war« Witze
zu machen. So antwortete ich
promot: »Ei, Frauchem willst Du
darauf Maulbeerbäume pflanzen?«
Aber Emilie machte ein ganz belei
digteo Gesicht und setzte mir rnit ver
bliiffender Sachtenntniß auseinander,
daß es viel viel vortheilbafter wäre,
Rüben und Kartoffeln zu bauen. Sie
brachte ein Buch für Gartenbau zum
Vorschein und stellte an der Hand der
darin enthaltenen Rathschliige schon
eine qanzen Plan für unsere Par
zelle zusammen. Ich konnte nicht
mehr zweifeln. Sie hatte einen Gar-»
ten!« I
»Frau,« tagte ich, so ernst ich tonn
te, »weißt du nicht daß ich nur ein
tleiner Beamter bin? Wie tannft du
dir solchen Luxus gestatten? Woher
haft du das Geld?« Das sagte ich
aber nur des Anstands halber. Jrn
Grunde habe ich mich noch nie iiber
ihre Ausgaben geärgert. Sie ist eine
sparsame, häusliche Frau. Das wißt
ihr-»ja. Nur ein wenig zu häuslich!
Zu philisteriös. Wie sorgfältig sie
auch den Staurb von den Mbeln
wischt, den Staub des Allta s weiß
sie nicht abzufegen von den erhält
nissen, vom Leben.«
»Was-te ste nicht!« unterbrach ihn
Frau Ernilie. »Aber jeht lafz wick
toeiter erzählen. Duns, du schmückst
die nebensächlichen Dinge zu sehr aus
und tonrrnst nicht zum Kern der
Sache Dann aebft du aar nicht mit
historischer Treue vor, und erzii ft
Dinge als nachher geschehen, die ch«
vorher eeeianeten Austerbern haben
litr unsere lieben Freunde meine see-I
lilchen Eigenschaften nur tm en en;
Zusammenhana rnit ben Geschebni ens
ein tieferes Einmeth ·
Und Athem holend, sprach sie
weiter:
»Ich hatte damals eine kleine
Summe aespart. Dafür wollte ich
mir einige hübsche Küchengeräthe lau
fen. sdie ich mir schon lange gewünscht
hatte, welche aber· nicht gerade unent
behrlich für mich waren. Nun legte
ich noch einige Mark dazu und halte
das Glück, vasür ein paar Minuten
entfernt von unserem Hause einen
schönen Garten zu erstehen. Bis zur
Bebauunal Das lann aber noch ein
paar Jahre hing-eben, und so lange
gehört der liebe Garten uns.«
»H.1b’ Sie aar nicht für so genial
gehalten, eFrau Walter,« saate Herr
Haber, der im Rufe stand, bei jedem
Anlaß etwas Unpassendes zu sazaen.
»Für so genial schon,« versuchte
seine Frau gutzumachen, »aber —
wie soll ich nur sagen —- nicht für so
— siir so lebenssreudia. liebe Emilir.
Sie schlossen sich ja von aller Welt
ab und führen ein schreckliche-H Ein
siedlerleben Nie sah man Sie aus
einem unserer harmlosen Beranii:
aunaabende, und Ihr Gitte aing
Sonntags immer allein aus trübselig
und nachdenklich wie ein Stroh-nüt
wer. Wie kamen nur Sie aus die
sen (7insall?"
Frau Emilie überlegte ein Weil
chen. Dann entschlosz sie sich:
,,3chließlich seid ihr ja aute Freun
de! Und dann en Nutz und From
men dars man schon so etwas erzäh
len. Also hört! Sie riiniperte sich
wie ein richtiger Erzähler und be
gann: »Bei uns im hans war nicht
alles fo, wie es sein sollte. Ich war
juna und unerfahren, als ich Hans
heirathete, nnd mein Wille alle-I be
sonders aut zu machen trieb mich bald
sozusagen auf Wege· Ich wußte in
der Arbeit nicht maßquhaltem ver
stand es nicht« im rechten Augenblick
abzubrechen, übertrieb alles und ra
clerte mich ab vom Morgen bis-Abend.
Die Arbeit wuchs mir bald iiber den
Kopf, ich wurde ihre Stlasvin, statt
ihre Herrin zu sein. Auch mein
Dienstmädchen war sehr geplagt: in
keinem Hause, sa te sie, würde so viel
aefiitzt«und gestifbert wie bei mir.
Ich war aus diesen Ausspruch stolz
wie auf ein Lob und vermehrte nur
meinen Eifer. Es aab sür uns beide
den lieben, lanan Tag tein freies
Stündchen. Das Mädchen wurde
mißveranüat und launisch und ich
auch. Zlm Abend» wenn Hans heim
tam, aina ich ihm verdrossen, schlecht
aetämsist und anaetleidet entgegen.
Waate er darüber eine Bewertung zu
machen. »dann fuhr ich los: ,,J.1. du
du weißt nicht, wie sehr ich mich Pla
aet Ich mischte mich auch hübsch ma
chen wie andere und mich pflegen wie
früher! Aber dazu habe ich teine
Zeit!« Hans psleate dann zu sagen:
»Aber, liebe-S Kind, »du hast ja ein
Mädchen!« Das war sür mich aber
nur ein Anlaß mich aeäraert über
das Mädchen auszulassem über ihren
aerinaen Fleiß, ihren schlechten
Willen, ihre Untüchtialeit usw. Ei
nen andere-a Gesprächsitoss gab es
nicht mehr zwischen uns. Seufzend
lehnte Hans manchmal meine lang
weiliaen Leeremiaden ab, dann sahen
wir einsilbig, verbittert und verstört
nebeneinander. Ich sühlte mich
durchaus vertannt von ihm, und er
aab es aus« daheim Ersrischnna und
Freude nach den mannigfaltigen
cZeug-ern feines Berusölebens zu su
n· -
Unsere Enisremdnna wuchs immer
mehr· Wir bezeiaten keinerlei Inter
esse an unseren gegenseitiaen Erleb
nissen, und jedes trug seine Milbe
und Last allein. Es aab gar keinen
Bereinigunquunki siir uns. Sonn
taaS, wenn Hans mich einlud, mit
ihm fortzugehen, war ich dermaßen
Tit-ermüdet und veräraert, baß keines
von uns irgendwelches Veranüqen an
solchen Ausgänaen hatte. So ge
wöbnien wir uns beide daran, daß
hans allein qina und ich daheim aus
rubte. Das steigerte nur meine Ver
bitteruna. Weil ich selbst aus einem
über-mäßigen Sparsamskesitstrieb mir
versagt hatte, Ausgaben siir meine
Person tu machen, nahm ich es Hans
sehr übel, daß er sich hin nnd wieder
tleine Freuden oder notknoendige
Augaaven gestattetr. Ich wurde un
gerecht und machte unbillige Forde
runaen, was ibn wieder veranlaßte,
auch meine billigen abzuweisen, um
seine Freiheit aeltend zu machen. ——
So ainaen die Jahre dahin, und über
unsere frühere Liebe zoa sich endlich
! eine araue Schicht von Müdigkeit und
Unfrieden. Es war sehr irauria.
»Auch Hans hatte alle Freiheit und
-«Heitrrieit verloren, er war entmutbiai
! und unlustia wie ich.
! Da eines Taaes unterbrach eine
; schlimme Nachricht das Einerlei unse
« res Lebens. Meine Schwiegermutter
twar schwer erkrankt und wünschte,
; uns beide vor ihrem Tode noch zu se
; ben. hans nabin Urlaub. Ich rüstete
i siir die ziemlich lange Reise. Ei eraab
I sich aber, daß ich rnsolge meiner über
itiebenen Sparsamkeit und Gleichgil
tiakeit nicht ein einziges gutes Kleid
befaß und kaufte mir ein einfaches,
dunkles Reifetleid; es war nicht
tbeuer und kleidete mich vorzüglich.
Hans, obwohl von seinem Gram er
füllt, fah mich wohlgefällia an und
sagte: »Schau, was für eine elegan
te Dame! Jch wollte, du sähest im
mer so ausk«
Ich bestellte schleunigst mein Haus,
überließ unsere-m Mädchen dieWirth
fchaft, und wir dampften ab.
In den ersten Stunden stand ich
immer am Fenster unseres Koupees
und blickte hinaus. Nicht satt sehen
konnte ich mich an de;n Grün der
Wiesen und Bäume und dem stillen
Blau des Himmels. Ich vergaß ganz,
welchem Ziel wir entgegenreiftem und
mir wurde feiertaasfroh zumuthr.
Ja; lächelte Hans dankbar zu, er war
anfangs befremdet von mein-er an
scheinend freudigen Stimmung, aber
bald aina iLun ein Licht auf, und er
sabLmich mitleidig an.
Dann sagte er. ein wenig traurig
und bitter: »Siebft du, Emilie, jetzt
haben wir auf einmal Zeit und auch
Geld fiir etwas, das außerhalb un
serer täglichen Arbeit liegt.«
Ich fuhr zusammen. Plötzlich wur
de ich mir bewußt, zu welchemeecke
wir durch all die Herrlichkeiten fuh
ren. Und ich stammelte: »Ja, das
ist doch et.v.1s ganz andere-:- —— ein
Unglück!«
Hans wollte daran etwas erwi
dern, aber er schluctte seine Worte
wieder hinuter.
Ich aber begann über dass wenige,
was er gesagt, nachzudenken
Ja, auf einmal hatten wir Zeit
und auch Geld! Wie, wenn snan auch
ohne solchen äußeren Zwang sich hin
und wieder etwss Gutes gö:«nte.
Welcher Jubel, zum Beispiel, wenn
wir diese Reise zur Mutter unter
glücklicheren Verhältnissen aus freien
Stücken gemacht hätten! Wie dani
bar wäre mir Hans für eine solche
Anregung gewesen, nud wie wohl
hätte es mir gethan, einmal beraus
gulommen aus der täglichen Trübsal.
Und auch innerhalb des hauses
selbst, wieviel Freuden konnte es da
geben, wieviel traulichePlauderstiinds
chen, wieviel innige Stunden, wo
man einander seine stillen Gedanten,
seine tiefsten Herzensregungn offen
bart, wo man sich ausspricht iiber al
les, was die Seele beschwert, und von
denen man getröftet, beruhigt und er
hoben wie-der in den Alltag zurück
kehrt! Und am Sonntag hatte man
dann auch noch frische, äußere Freu
den oder die Natur anfznsuchen, wag
beides so belebend und erquickend
wirkt auf Geist unsd Herz.
Jch sah meinen Hans an. Was von
all dem hatte ich ihm gewährt? Seine
Stirne war schon durchfurcht, feine
lieben blauen Augen hatten allen
Glanz verloren. »Wie hatte er sich so
scbr verändert! Mir traten Tdränen
in die Augen.
Ein tiefes Reuegefiibl übertam
mich. Wie vom Blitz erhellt sah ich
auf einmal den Jrrweg, den ich ein
geschlagen. Und wie ich die Schuld
deutlich und tlar vor mir sah, er
blickte ich auch deutlich und tlar den
Weg zur Besserung. Gott sei Danks
Noch war es nicht zu spät! Dann sind
wir beim-gefahren, fröhlichet und ver
gniigter als zur Mutter. Dean die
war entgegen aller Voraussxcht wie
»der gesund geworden.
Ich war auf der Rüdreise so när
risch und vergniiiat wie niemals vor
her. Hang meinte, daß ich nur iilser
die Genesuna seiner Mutter fo froh
lockte, und war gerührt.
Aber ich war so glückselig« weil ich
gewissermaßen eine Auferstehung ae
friert "k;atte, Auferstehung aus leor
beit und unverniinftiaier Klein-lichten
zu freierem, freudiqerem Leben.
Anna, unser Mädchen, war sehr
aniaenehm überrascht, als es plötzlich
eine andere, mildere Hausordnuna
gab. Statt dreimal wurde die Küche
nur einmal wöchentlich aescheuert.
Auch wurden nicht täalich die Sachen
und Sächelchen, Decken und Deckiisen
im Salon einer gründlichen, nervens
aufregenden Söuberuna unterzoaem
man putzte und säuberie diesen wenig
benutzten Raum eben nur dann, wenn
es dort etwas zum Säubern gab. Ich
vereinsachte den Haushalt nach den
Regeln der Vernunft und Einsicht,
und mir wurde wohl dabei. Niemand
erlitt davon Schaden, aber jeder bes
aann sich daheim wirklich heimisch
und gut zu fühlen. Auch Anna, die
nun Zeit sand. Abends in ihrem ge
liebten Roman ein paar Seiten zu
verschiinaent
Ich ionnte mich nun immer mei
nem Hans widmen und that das mit
tausend Freuden. Nicht nur« daß ich
aus unserer her-fliehen Gemeinschaft
selbst so sehr viel Gewinn zog. ich
hatte auch noch die Genuathuung, zu
set-n. wie mein Lieber auftha.ute, wie
sich bei unseren gemeinsamen Ueber
legiungen alles so einfach klärte, wie
manche Sorgenfalte, mit der er heim
gekommen war, so bald im häuslichen
Frieden verschwand-. Das war alles
so schön und so gut!
Und snerkwiirdigerweife san-d ich
noch immer einen Ueberschuß an Zeit,
ein unverhofftes Plus, so daß ich da
mit nach Belieben schalten konnte.
Da sah ich, als ich ein-es Tages
spazieren ging, diesen schönen Garten
mit einer VerpachtungstafeL Jch er
innerte mich, wie Hans immer von
dem Garten an seinem Vaterhaus
schwärmte und sich seiner gärtneri
schen Fähigkeiten nicht genug rühmen
konnte.
Hm, dachte ich, die Küchenanrichtr
oder den Garten? Dann überlegte ich
mir, daß sich an der Anrichte nur!
eins, an dem Garten aber zwei Men-l
fchentinder freuen würden. Und —;
da pachtete ich eben den Garten. ;
Dann haben wir zusammen hier ins
unseren Freistunden gearbeitet und
sind dabei fröhlich und selig geweseni
wie in der Kinder-Seit oder wie in un
serem Flitterjahn Bennbrt habe-UT
wir das als ein schönes Oteheimnisz s
bis ich sand, daß wir liebe Freunde
Hier sehen könnten, zur Vervollstän
Diana-g unserer Freuden Seht, dass
ist ietzt die Geschichte unseres Gar
iEIiL. «
Die Freiheit der Luft.
Bis-lang haben sich die :c«tenschen
darauf beschränkt, aus der Erde und
aus dem Meere sich einzurichten, ih
ren Besitz abzugrenzen und ihre Be
ziehungen Du regeln. Nun tritt ein
Neues in die Erscheinung: Der Lust
raum ist erobert worden. Eine
Revolution, wie sie größer noch
tein Geschlecht aus Erden erlebt, fängt
an, sich vor unseren Augen zu entwit
tun. Durch die Erfindung des lenk:
baten Luftschifses tritt ein ganz neues
Vertehrsgebiet, eine ganz neue Ver
tehrsmöglichteit ins Leben, und damit
drängt sich gebieterisch die Frage auf:
Wem gehört die Lustt
Bis jetzt haben die Staaten ihre
Hoheitsrechte geltend gemacht für das
Staatsgebiet zu Lande und für das
die Landesgrenzen umspiilendeKiisteni
nie-er im Umsange von ungefähr 3——5
Meilen. Früher machten sie auch An
spriiche aus das Weltmeer selbst gel
tend; die Engländer, die Portugiesen
und die Holländer stritten sich jahr
lznndertelang um den Besitz des Mee
res. Seit Grotiug das Prinzip des
freien Meeres aufgestellt hat, ist das
Meer mit den das Küstengebiet betref
fenden geringen Einschränkungen Ge
ineinbesitz aller Völker geworden. Aus
die Luft haben die Staaten bisher tei
ne Ansprüche erhoben, weil die Mog
lichteit der Ausnutzung der Lust fehl
te, weil ein Interesse an diesem Besitze
nicht vorhanden mar. Das soll nun
anders-«- werden.
Lange, ehe die Lentbarleit des Lust
schiffes praktisch erwiesen war. be
schäftigten sich die Vätterrechtgjuristen
mit dieser Frage. Das Institut de
Droit International hat sich auf sei
nen Tagungen zu Briissel t1902) und
zu Edinburgh (19i)4) eingehend damit
defaßt und aus Grund des von dem
belgischen Gelehrten Nyg erstatteten
Berichteg die Forderung nach Freiheit
der Lust aufgestellt Der sranzösische
Völkerrechtsjurist Merignha sagte in
seinem dem Friedenstongresi von
Rvuen (19():-t) vorgelegten Berichte:
»Die Atmosphäre muß ebenso frei sein
wie das Meer." Er forderte, daß die-»
set Grundsatz durch eine internationa
le Erklärung der Mächte sofort festge
stellt tverde, so lange das Problem des
lentbaren Lustschifseg noch problema
tisch sei, denn nach seiner Lösung wird
eine solche Ertlärung viel schwieriger
werden.
Damit scheint er recht gehabt zu
haben, denn heute (fijnf Jahre, nach
dem jene Worte gesprochen wurden)
dürften die Staaten kaum dafiir zu
haben sein, die Luft analog dein Meere
frei-zugeben Tsie Dinge liegen hier ja
auch anders. Denn wenn man bis zu
einer gewissen Höhe auch nicht mehr
schießen kann, Zprenggeschosse kann
man von jeder Höhe herabfallen lassen.
Die unbeschränkte Freiheit der Luft
würde fiir den Staat mannigfache Ge
fahren mit sich bringen. Zunächst die
angedeutete Gefahr der Zerstörung
dann die Gefahr desAuskundschaftens.
Man hat in den illustrirten Zeitun
gen gesehen, welch großartige photo
graphische Ausnahmen von der Höhe
des Zeppelinallons aus gemacht
wurden. Aber auch die Gefahr des
Schmuggels wirddie Staaten veran
lassen, ihre Hoheitsrechte in den Lüsten
geltend zu machen, und nicht zuletzt
auch die bedrohte öffentliche Sicherheit.
Jst das Luftschiff erst einmal verbrei
teter, wird es den Verbrechern, na
mentlich aber politischen Desperados
nicht schwer fallen, in sicherer Gegend
aufzusteigen und bei Nacht und Nebel
die Wohnstätten mißliebiger Persön
lichkeiten zu zerstören, um nach voll
brachtet That wieder in den sicheren
Hasen zu gelangen. Aber selbst die
Möglichkeit der Havarie von Luftschif
sen, die sorglose Entleerung von Bal
last können Leben und Eigenthum der
Staatseinwohner gefährden. Bei der
weiteren Entwicklung der Lastschiff
sahrt wird die Errichtung einer Luft
polizei. also die Geltendmachung der
staatlichen Hoheitsrechte ikber das na
tionaleLu'ftgebiet, eineNothwendigteit
sein. Und bei dem internationalen
Charakter des Lustraumes und Der
Verkehrsmöglichteiten werden die
Staaten sofort auch zu einer interna
tionalenRegeluna der Lustverlehrsver
hältnisse schreiten müssen
Für den Krieg werden sich die
Staaten natürlich größere, wenn
auch hier nicht unbeschränkte Bewe
gungsfreiheit vorbehalten. Man hat
sich so sehr daran gewöhnt, die Er
findung des lenkbaren Luftschiffes als
eine rein militärifche zu betrachten,
ddfz man dabei ihren hohen und um
walzendenstultsurwerth fast ganz über
sieht. Und doch wird diese Erfindung
in erster Linie dem Verkehr im Frie
den zugute kommen. Der Militaris
mug wird nur ihr Nährvater gewesen
fein, wie einst die Wölfin die Nähr
mutter der Gründer Roms. Jch ver
mag denAriegswerth dieser Luitfahr
zeuge überhaupt nicht so hoch anzu
schlagen. Die durch sie gegebene Zer
ftörunggfähigteit ist zwar unendlich
groß. Das Luftschiif bedroht die
Kriegführenden von einer Seite, von
der sie bis jetzt geschützt waren. Seit
Jahrtausenden kannte man nur den
Angrifi von der Seite; in letzter Zeit
lernte man auch, sich zu Wasser und zu
Lande gegen die Angriffe von unten
zu vertheisdigem Aber von aben war
bis-lang kein Angriff zu fürchten. Nach
einer großen wichtigen Seite hin er
sparte man die Abwehr. Jn dieseLücte
rasselt nun die größte Gefahr hinein·
Aber die Größe der Gefahr ist es, die
zu ihrer Verdrängung den Anlaß ge
f ben wird. Es steht ja zu viel auf dem
» Spiele. Bis-lang sehen unsere Kriegs
cnthusiaften nur die eine Seite der
Medaille, nicht die Kehrseite Sie be
rechnen, in welch kurzer Zeit man Lon
don oder Paris oder ein feindliches
Armeetorps zerstören könnte. Das
wäre ja allerdings ein großes Macht
mittel, wenn Krieggeinrichtungen nicht
die Eigenschaften besäßen· sofort auch
in denHäan der verinuthlichenGe-g
ner zu sein. Das Lastschiff, das Lon
don und Paris bedroht, bedroht in
aleicher Weise auch Berlin, Wien, Bu-.
» dapest und Rom.
Diese Einsicht muß sich bei ruhiger
Betrachtung Bahn brechen und wird
nnweigerlich zu gegenseitigen Schutz
mafznahmen führen. Ja, die Rü
.siungsenthusiasten übersehen bereits,
daß sich die Kulturmenschheit schon
gegen die äußersten Möglichkeiten ge
schützt hat. Auf der Zweiten Haager
Ronserenz hat sich eine Anzahl Staa
ten, so Frankreich, Rußland und
Deutschland, geweigert, die im Jahre
1R99 angenommene, inzwischen abge
laufen gewesene Erklärung über das
Verbot des Werfeng von Sprengges
sck2ossen von der Höhe von Luftballons
zu erneuern. Nur 28 Staaten haben
dem wieder zugestimmt. Damit ist
aber dass Bombardiren durch Luft
schifse im Kriege doch nicht völlig frei
sgegeben worden. Die lKonserenz er
s weiter-te nämlich den Art. 25 des Haa
s ger Abtommeng fijr den Landkrieg von
MAY der das Bombardiren unoer
theidiaterStädte, Dotier, Wohnungen
oder Gebäude verbietet, durch den ini
Hinblick aus die aufstrebende Lust
schiffahrt neu aufgenommenen Zusatz,
womit sie solche unvertheidigteWohns
»stätten »durch welche Mittel auch im
zmer« anzuareifen oder zu beschießen
untersagte. Damit ist die kriegerische
sVerwendung des Luftfchiffes nur für
Festung-n Kriege-schiffe und Heeres
theile freigegeken worden. Einefrischi
fröhliche Zerstörungsfahrt iiber ein
aanzes Land hinaus-, wie sie die
Enthusiasten siir einen Krieg geaen
England erträumen ist also schon
jetzt durch das Haager Abkommen
ausgeschlossen
—--·—.
Vom deutschen Kraut-ringen
Jn der Umgebung des Kronprin
zen wird ein heiteres Erlebniß viel be
lacht, das sich in den letzten Tagen zu
trug. Der Kronprinz promenirte in
der Nähe von Hopfrebem als er einen
lLandmann beobachtete, dessen Schub
u rre in einen Graben gerutscht war
Er ging auf den Mann zu, nahm die
eine Deichsel, während der Alte sich
an die andere machte. Mit vereinten
Kräften war es dann ein Leichtes, die
Karre aus dem Graben zu ziehen. Der
Kronprinz ging dann noch ein Stück
chen neben dem Landmann her, wobei
derselbe ihn fragte, ob er auch vielleicht
ein Sommergast sei. Der Kronprinz
bejahte dies und setzte hinzu, daß er
der Kronprinz sei. Der Landmann
ließ darauf die Karre stehen, blickte
den Sprecher an, deutete mit seiner
Pfeife rückwärts und meinte: »Das
eine mu ßich Dir aber doch rathen,
laß hier bloß solche Wiße niemand
hören, hier laufen viele seine Herren
vom Gefolge des Kronprinzen herum,
und wenn die Dich hören, dann hast
Du Dein Strafmandat.«
—
Ein Pechvogeh
Ein gewissr A. Heiler in Gilgan
dra bei Sydney, der sich kürzlich beim
Boer das Bein brach, errang damit
sicherlich den Reiord an Unsällen,
trotzdem er erst 25 Jahre zählt. Jm
Alter von neun Monaten brach er
das Handgelenk, zwei Jahre alt riß
ihm ein Schenkelmusrel, im Alter
von drei Jahren verletzte er sich das
Halsbein zweimal hintereinander, im
4. Lebensjahre renite er sich eine
Schulter aus« im 5., 6. und 7· Le
bensjahre erlitt er bedeutende Schnitt
und Rißwunden. Er brach sich das
Schienbein im 10. Jahre, ein Jahr
später verstauchte er sich den Knöchel,
im 15. Jahre wurde ihm der Ellen
bogen gesalpten, im 16. Lebensjahre
erhielt er einen Säbelhieb über den
Hinterlopf und im 19. Jahre brach
er sich beim Fußballspiel das heil ge
bliebene andere Schienbein, 23 Jahre
alt wurden ihm beide Kinnbacken zer
schmettert, in den letzten sechs Mona
ten beide Schenkel gebrochen. —
Sonst ist er aber ganz gesund.
i
Vom Tiger-.
Jn der indischen Zeitschrift »Mo
dern Review« finden sich einige interes
sante Mittheilungen über die Bedeu
tung der Tigerplage. Danach sind in
den Jahren 1900—1904 nicht weni
ger als 4000 menschliche Wesen der
Mordlust dieser Raubthiere zum
Opfer gefallen. Ohne Zweifel sind
die Tiger den Menschen gefährlicher
als alle anderen Thierarten. Wäh
rend der Hungersnoth zeigt die Sta
tistik eine Vermehrung der menschli
chen Opfer, da die halbverhungerten
Thiere aus den Bergen in die Ebene
vorbringen und in diesen Zeiten dop
pelt gefährlich werden. So lehrt die
Statistik z. B» daß in der Zeit von
188t") bis 1884 nicht weniger als 190,
000 Stück Vieh den Tigern zum
Opfer fielen. Die Gesammtzahl der
menschlichen Opfer, die von Tigern
getödtet wurden, bildet für sich allein
37 Prozent der Gesammtzahl von
Menschen, die überhaupt wilden Thie
ren erlegen sind. Die von vielen
Sportgleuten bisweilen geäußerte Be
fürchtung, daß der Tiger bald aus
sterben iönne,ist übrigens unbegrün
det Jn den unzugänglichen Sinn
pfen und Dschungeln Bengalens,
3:entral Und Südindiens werden sie
gewiß noch jahrzehntelang in unver
minderter Anzahl erhalten, und sie
auszurotten, wäre kaum mvglich.
Uebrigens gelten keineswegs alle Ti
ger als Meiifchenfresser, aber hat ein
Tiger einmal Menschenileisch gekostet,
so wird er außerordentlich gefährlich
und richtet in ganzen Gegenden
furchtbares Unglück an. So wird
von einem südlichen Tiger berichtet
der allein gegen 200 Menschen getöd
tet hat, und von einem Himalajaii
ger, der nicht weniger als 300 Men
schenopfer forderte, ebe es endlich ge
lang, das Raubthier zu erlegen
Aphorismen
Handeln, das ift die Sache. Was
hilft uns das bloße Wissen?
sie si- si
Alle Kraft des Menschen wird er
worben durch Kampf mit sich felbft
und durch Uebertoindung feiner felbft.
si- Itt It
Nur im Streite kann die Wahrheit
gedeihen.
»I- st st
Nothtvendig ift es nicht, djirch die
herrschenden Sitten mitverdorben zu
werden.
-—»·--— -
Seine Sorte-.
Fräulein lieidenfchaftlich aern sin
aend): Glauben Sie, wenn ich Noten
sehe, treibt es mich Unwillliitlich zum
Singen. Sie nicht auch?
Student: O doch, das heißt aber
nur, wenn ei« Banlnoten sind.
Doch etwas-.
A.: »Haben Sie etwas in Italien
gesehen, das Sie besonders armes-pro
chen hätte?«
»O ja, die Bettler!« ,