Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 18, 1908, Zweiter Theil, Image 11

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    W okymhktmkt m «
Tink- kaufmngki.
Re-. 328. Die Wedesiveilekn hat
mich also geprammißt, daß se einiges
treie wollt sok den Philipp was mein
hast-and is un den Karlie was un
seen oetheirather Bub is, wtdder heim
u kriege. Jch hen es gar nii abwarte
. Inne, bis se loaziedet hat, bitahs ich
tann Ist-ne reit hier sage, daß ei set
nicks ansmache duht, was so en Mann
sor en Doppeo is un wie viel er einem
ärgern duht —-- wann er fort is, dann
fehlt einem doch ebbeo. Wie ost duht
es hiippene, daß einem die Kids ärgere«
un hatte-re un do tommt so en alter
Mann aria händig, betahg met kann
doch bei ihm emol seinem Herz Luft
mache un kann ihn auch for die Meis
nsutzigieii von die Bmoe biet-ene. Wen
soll ich seht als alleinstehende Stroh
wittsran blehme? Mehl-je mich? Ei
schutt seh nattl Un was bleibt also
iwwerig, als daß mer den ganze Wuth
un die ganze Gtst in sich enei fresse
un sich trant mache dulIL Wei, es
dutji mich ietzt schon tei Esse und tei
Drinle mehr schmecte un alles was ich
gleiche zu mich zu nemme, daß is
wann nnd dann e Kimmelchr. Awwer
ich srasze Sehne ietzt, wie lang tann e
Lehdie an Himmel leioe, befor, daß
die Nie-Acktsckenallithee ejnteete dicht?
Ich jin alle lialroe Stund zu We
desweilersch gelause sor auszusinne,
ob se den Philipp noch nit gesehn hat,
answer immer hat se e dissetente Ecto
iuhs gefabt Das Ding is mich so bei
un be ganz dumm Monde. Bei
Galle hen ich zu mich gedenkt, in die
Zeit hatt ich ineiseldst schon ebbes
duim iiinne un ich hätt die Wedesi
weitern gar nit gebraucht. Ich hen
auch e Nohschen aehabt daß ich einol
mit die Wedesweilekn e gute Talyk
den woilt un sm for den Riesen zu
sie ausge. Wie ich in ihre Kitschen
komme fin, do bot die Wedesweilern
mit den aanze Gesicht un mit die Nos
ecksirn geschmeiit Se bot gesagt:
»Lizzie, ich den qnie Ruhs sot dich;
ich den den Philipp un den Karlie
gesehn un ben en diesente Tahi mit se
gehabt Ich ben se gesagt, daß et e
döetie Schelm wör, von seine Familch
weg zu stehn, weqe so e schmaleö Miit
tet un hat der Phii pp gesagt ich wärl
nit so viel aus den Weg un wenn dul
pramiiie dedsi daß du dei Tempet
nii mehr das Beste von dich kriege
läßt un daß du ihn nit wege jeden
Dreck die schreckliche Vorn-its mache
dehsi, dann mäk et teddig zutiick zu?
komme. Der Karlie deht den näm-?
liche Weg siible. sobald du das Wort!
sage dehtsi, debte se heim lomme.« ’
Well, ich den gesiihlt, als ob ich
die Wedestveiletn en Riß gewtve sollt,
answer se hat atad Deckelberries ein
aetocht un hat dabei so e schwarze
Mund aehalyh daß ich priesehtt den
fee sden Riß nur in Gedante su gew
ioez Awiyex gesagt lieu ich:-,,We«d«es
weitere-, emiqe Hei-, wenn Ich dich e
Fehtvet duhn kann, dann tahl an
mich. Sag den Philipp un den Kak
lie, daß ich se morae Mittag eckspeckte,
ich sin reddig einiges zu prammisse.«
Un dann sin ich heim· Bei Tfchinlo,
wag hen ich geschafitl Das Haus is
in mein Trabel e wenig necktecitet
werde un ei tell jah, ich hen geichrobbt
un gewasche, wie en Diebhenter. Am
nächste Morgen hen ich die Kiis all
uffgeiiaih als ob es der größte hallis
deh wär un ich muß selbst sage, es
hat alles so niet un so ilien wie e
Pinn geguckt. Off Iiohks hen ich auch
e Dinnerche dahin qewickzsi, das trat
aatefeit. Lauter Ausrief-, tvo der
Philipp un der Karlie gleiche duhn
un for da ich es ait vergesse, ich hen
auch noch o viel Zeit gehe-me, for die
Kido e Liedche einzxcstudirr. Das is
nach den ichsne Tuhn »Alle Vögel
sin schon da« gar-ge, un hot gestatt:
»Ach was sin mir doch io froh, jeder
von unt Bunde, unsern Butter ist je t
do, hier in untere Simon un e
komme gleich zu zwei. denn der Karl e
is dabei —- ach tvas fin mer ist so
froh un so is die Mutter-« ister
Evithor, wenn Se mich uii weg gew
me wolle, will ich Sehne auch oerrothe
wer das Poehn gemacht hat:«ich gen
es ans allein amachti .ch
den das is gar nit so ichlapoig un
die M hen es all hei derz aus
wendiq gewißi.
Um zwölf Uhr is die Wehe-weitern
gelaute komme an hat gesagt, die
Memefohls dehte ietzt komme. Ja e
Seeiesd hen ich hie Buwe an die Dshr
aufs i gehabt, ei tell fuh, wie die
Orge p eife hen se da qestanne un tvie
der tipp die Dohr aufgemachi hat.
do hen ie gestart zu singe. Es is arig
riehrend wese. Von die Worte tvo
ich gedieh gehabt heu, hot mer oss
Mi bei den Singe nit vie! ver
ftebn könne, answer ich den den Phil
un den Karlie jeden e Kappie gemacht
km so könne se »O später noch emal
non-er lefe. Jch sin den Philipp un
dann auch den Karlie um den Hals
gefalle un ben jeden en aute große
Riß aetowe —- mer muß doch ebbes
dubn um sei Fiihling zu zeige un- dann
den mer fe in den Deininaruhm ge
Mskkfcht, wo mer uns zu den Dinner
hingeboat ben. Mer ware grad im
Begriff uns so recht gemiethlich zu
unnerhalte, da tomme auch noch die
Wedeötveilerfch errin. Gafch, das hat
mich answer mähd gemacht! Müfse
die denn auch immer ihre Nas dabei
zeu! Awroer ich den doch unner die
. erkumstenzes nicks sage könne un hen
se for den Riesen gefragt, se solle
Bin-net mit uns ben. O, mei, hat die
Wedestoeitern gesagt, mir komme ja
grad vom Effe. höchstens könne mer
doch en Beif; nemme, blos, bitabs
mer wolle Euch nit -disfepeunte. Do
hen se sich dann hinaefeht un ich hätt
e fünf Dahler Bild drum gewinn
wann Sie, Mister Editbor, emol
bätte seim tönne, wie die zwei We
destoeilerfch einaebaue ben! Wei, die
ben gesse, als wann se in drei Woche
nicks mehr iwioer die Inn-g hätte
kriegt un dabei ben fe schon emol e
Dinner aebabtt Well, ich kann Jime
saae. mer lernt die Mensche mit ie
dem Daa besser kenne. Jn mein
nächste Brief will ich Ihne noch mehr
startlina Diwellopvments mache, wie
Hex gebildete Mensch sich ausdkicke
ubt. Mit beste Rieaards
You-es
Lizzie hanfftenaei.
Kleines Mißverständnis-.
Richter: « . .. Haber, Ihr habt also
Euer’n Nachbarn einen S cha f s -
kopf genannt! habt Jhr noch Was
hinzuzufügen?«
» hubert »Dante, Herr Richter —- ich
glaub’, e s la n g t!«
Frauen Standpunkt
Er: »Herr Goldberger ist ein sehr
reicher Manni«
Sie: »Und sehr geizig und fchofel.«
Er: »Du mußt einen Mann nicht
nach feinen Kleidern beurtheilen!«
Sie: »Nein —— aber nach den Klei
s«
dern seiner Frau
lfin guter Kerl.
A.: »Wenn meine Frau Geburtstag
hat« kann sie sich immer wünschen, was
sie will.«
B.: »Was tviinfcht sie sich fo im
Allgemeinen?«
A.: »Ja den letzten zehn bis fünf
zehn Jahren hat sie sich ein Klavier ge
wünscht!«
Ecke Bantoilelbeld.
»Aber, lieber Freund, wie magft Du
denn an einem Sonntag fo unrasirt
umherlaufen?!«
»Ja, weißt Du, meine Frau
läßt mir jetzt einen Voll
bart wachsen!«
Freib.
Gigerl: Ach, Fräulein, wenn Sie
die Meine würden, gäbe ich die Hälfte
meines Vermögens dafür hin.
Fräulein: Ach. du lieber Gott, ob
ich die fünf Grofrhen habe oder nicht!
Enlant tereiilr.
Fris: »Tante, ich weiß, wozu Du
die Nase haft?«
Taute: »Nun, wozu denn, Fris
chen?«
Fritz: »Damit Du sie überall hin
einftecken lannft, wie Papa fagtt«
Ekllåtlich.
A.: Fräulein Erna tenommirte neu
lich, ihr hätten fchon viele Herren aus
den heften Kreifen ihre Hand angebo
ten!
B.: O fa. natürlich, zum Maßneh
men, sie ift ia Verläuferin im hand
schlthgtschölt !
I Gast: .Donnmvetter, sind die
«Kn«ödel heut' aber klein!"
Wirth: »Ach. wir haben jeht eine
neue Köchin — so ein fchitchte«rnes,
bescheidenes Wefew!«
Unter Schriftstellerm
W—· ’ f
»Sag’ »wel, Waldomar. hast du
schon einmal etwas geschrieben, was
du am liebsten wieder aus der Welt
schafer möchtest?«
Gewiß, Anatoll Mtinen Namen
auf deine Wechsel.«
I sie senken-ists
Man spricht in der Welt viel von
der gelben Gefahr und von allerlei
anderen bunten Gefahren, denen man
gerade durch Verleihung irgendeiner
schönen Farbe des Spektrums ihre
Schreiten zu nehmen meint; leiten
I nur spricht man von der schwarz
I weißen Gefahr, , von der - —
, Mir der Druclerfchwärzr. Einer
der ersten, der vor ihr ge
warnt hat scheint William Glad
stone gewesen zu sein, der eines Tages
mit Schrecken wahrnahm, welche Aus
dehnung seine Bibliothet im Schlosse
» Harwarden anzunehmen drohte. Eine
! von ihm angestellte Berechnung stürzte
I ihn in die hellste Verzweiflung Er di
I vidierte den Flächeninhalt der dritt
; schen Jnseln durch die durchschnittli
che Jahresproduktion der englischen
Buchindustrie und kam zu dem ver
nichtenden Schluß, daß in 200 Jahren
in dem Vereinigten Königreiche lein
lebendes Wesen mehr zu finden sein
dürste.
Jn neuerer Zeit war eh der Inter
nationale Bibliographische Kongreß
der vor Kurzem in Brüssel tagte, der
das Augenmert der Welt aus den be
drohlichen Umsang gelenkt hat, den
die internationale Literatur angenom
men hat. Die gesammteBiicherproduL
tion wird seit Erfindung der Buch
dructerkunst bis zum Ende des neun
zehnten Jahrhunderts auf etwa 25
Millionen Druckschristen geschäht
Dazu kommt ein jährlicher Zuwachs
vgn durchschnittlich 150,000 Büchern,
während etwa 600,000 Artikel in
Zeitungen und Zeitschriften dem
Hirn des großen Heerwurmä Mensch
in Tagesrationen als Nahrung geho
ten werden« Eine Vorstellung von
dem Umfang der geistigen Produktion
aller Zeiten vermöchte man an der
Hand eines Kataloges zu gewinnen,
I der alle aus der geistigen Arbeit aller
I Zeiten und aller Völker hervorgegan
! genen Werte verzeichnet und ordnet.
I Ein solcher Katalog könnte natürlich
t nicht einen einzigen Folianten umfas
sen, auch nicht eine ganze Bibliothel
von Fvlianten. Ein solcher Katalog
wäre ein-ganzes Haus, und vielleicht
csuch heute nur ein Haus-, nach eini
gen Jahren vielleicht ein kleinesStadt
viertel, nach 100 Jahren sicher eine
lteine Gemeinde. Trotzdem ist ein sol
cher Riesenweltkatalog keine Illusion
mehr, er ist Wirklichkeit oder doch we
nigstens ein respeitables Stück Wirk
lichkeit: er ist veriörpert in dem gn
ternationalen Bibliographischen n
stitut zu Briissel.
Wie verens angedeutet, wiu oas
Jnternationale Bibliographische Jn
stitut ein Welttatalog sein, der alles,
nsas die Bibliotheten der Erde an
Schätzen bergen, was täglich dieWelts
literatur aus allen Gebieten mensch
licher Bethätignnn hervorbringt, end
lich alles, was anWissenswerthem die
Tagespresse, periodische Drucktverte,
Truckschtiften aller Art liefern, aus
zeichnet, nach bestimnitenGesichtspunt
ten registrirt und dem Gebrauch der
Allgemeinheit zugänglich macht. Der
Systeme, in der eine solche bibliogra-:
phische Anordnung erfolgen kann, gibt
es zahlreiche, sie bilden zusammen ei
nen besonderen Zweig der bibliogrns
phischen Wissenschaft. Das von dem
Brüsseler Institut angenommene St)
stem rührt von dem Aineritaner
Deinen her nnd beruht auf dem De«;i
malwesen. Alle Wissensqebiete sind
biet in lOGruppen getheilt. immer
von 0 bis 9, jede Gruppe wieder in 1»
Settionen, jede Settion in weitere
10 Unterabtheilun en, und,»so fort, so
das also, unt ein eispiel zu nennen,
die Zahl 9678 bedeutet, daß der ge
suchte Begriff der Gruppe 9, Seltion
6, Unterabteilnng 7, Fach 8 angehört
Oder ein konkretes Beispiel: 1 bedeu
tet Philosophie 2 Religion, Z Sozial
toissenschasten, 31 Statistik, 82 Poli
tii, 33 politische Oelonomie, 381 Ar:
beitösragem Ast2 Finanzötononiie.
3324 Gelt-wesen Auf diese Weise ist
nie Qrinurung ein Kinderspiel.
Endlos scheinen sich die Schranke
hinzuziehen, die in den Kellergewiilben
der Brüsseler Bibliothel mit den Tau
senden von Schubfächern gefüllt sind,
die die Zettel mit den Titeln um
schließen. Ein Jrrgarten von Reihen
und Gängen, die doch wieder alle nach
dem oben erläuterten System geord
net sind, und aus denen die Beamten
die gewünschten Jnfvrmationen förm
lich hervorzaubern. Mit einer Sicher
heit geschieht dies, die den Neuling
verblüfft. Jch äußerte den Wunsch,
die Schopenhauer Literatur kennen
zu lernen, die dem Institut bekannt
ist: innerhalb weniger als einer Mi
nute übergab man mir etwa 1000 Zet
tel mit den Namen von Leuten, die
iiber Schopenhauer irgendioann ir
gendwo irgendetwas geschrieben haben.
Man ziehe dieNuszanwendung auf den
Fall eines Gelehrten, der sich heute oft
nur unter Schwierigkeiten die ein
schlägige Literatur über irgendein
Wissenögebiet verschaffen kann, ein
mal weil er die Autoren nicht alle
kennt, nnd dann weil et, wenn er sie
kennt, nicht weiß, welche Bibliotyel
das gewünschte Buch enthält, oder auf
die Bedürfnisse eines Schriftstellers
oder eines Buchhandlers, der irgend
eine bibliographische Feststellung ma
chen will.
Aber damit ist die tiibne Konzep
tion der Gründer des Unternehmens,
der Herren Senator La Fontaine und
Advolat Otlet, keineswegs erschöpft.
Dem Institut ist vielmehr eine beson
sdere Organisation fiit Jtonoraphie
und allgemeine Doiutneniatipn ange
pgliesert Jn diesem Sonderinfiiiut,
i das unter Leitung des Herrn de Pot
ter steht, finden wir alles das mai-l
nigi, was nicht unter den strengen Be
griff Bibliographie fällt Hier wer l
iden in Photographien Darfiellnngen
aus dem menschlichen Leben in feinen
mannigfaltigen Erscheinungen aufbe
wahre. lerne allgemeine enzyklopadie
im Bilde, ein Museum der Masern, ein
ungeheures Panorama der Welt und
dessen, was sie enthält, ein illustrirtes
Jnventar alles dessen, wag existiert
hat und was der bildlichen Verlörpe
rung zugänglich ist, sinden wir hier
und alles wieder nach mehreren Ge
sichtspunkten geordnet und nutzbar ge
macht. Und nicht nur Photographien,
auch Jllustrationen aus Zeitungen,
Zeitschr-isten und Büchern sogar die
illustrierte Postkarte fehlt nicht. Jch
habe mir hier die Porträt-H Kaiser
Wilhelms in allen Lebensaltern zeigen
lassen, ich habe auch mehrere Abbil
» dringen von Begegnnngen des Kaisers
mit anderen Herrschern gesehen. Und
hier kommen wir zu einer weiteren
Ausgabe, die sich das Jlonographische
Jnstitut gestellt hat: Es will die Zeit
geschichte illusttiten es will der Zu
tunst die Vergangenheit im Bilde be
wahren.
- Aber es würde zu weit führen, woll
te man allen Spuren des großartigen
Unternehmens nachgehen und aus die
zahllosen nützlichen und manche weni
ger niihlichen und vielleicht etwas spie
« lerischen Einzelheiten das Interesse
lenken. Nur ans die Bedeutung des
j Instituts siir Handel und Gewerbe sei
hier noch hingewiesen. Auch auf diesen
Gebieten weiß das allwissende Organ
Bescheid. Will zum Beispiel ein Kräu
ser oder Fabrikant sich dariiber infor
smirew was silr Systeme von Loto
motiven es gibt, welches die historische
Entwicklung dieses Beförderungemit
tels ist« welche Firma diese oder jene
ZMaschine liefert —- — das Institut weiß
; alles und verräth alles ——- sur J Cen
’ times. Es schickt die Antwort aus dei
lne Fragen. es schickt dir Bilder zur
besseren Veranschaulichung, es schickt
dir Broschüren und Preiglnrantr.
s Mit einem Wort: Das Internatio
nale Bibliographische Institut ist ein
llnikum, das die Bewunderung ter
Welt verdient. Es ist ein grandioses
Denkmal siir die Geister der Vergan:
aenheit, ein Riesengedächtnisz siir die
Geister der Zukunft. Goethes Wort
von dein ,,vollen Menschenleben« war
bildlich gemeint, hier, in diesem Kom
lsler menschlicher Geistessruchtbarkeit
ist es Zur That aeworden.
K a r l H o e g e r.
Ein Euer-geteilte tu Meers-«
Die jüngsten revolutionären Un
ruhem die in diesen Tagen die mexis
ianische Nepublit erschiittert haben
und die nur dant deui entschlossenen
und schnellen Eingreifen der Regie
rung rasch in ihre Schranken zuriickge »
triefen werden konnten, lenken die
Aufmerksamkeit wieder aus dies reiche
und rasch ausbliihende Land, in dem
der Reisende inmitten des farbenrei
chen Treibens der Gegenwart noch
heute auf die Ueberreste jener ältesten
und höchst entwickelten anteritanischen
Kultur stößt, die iui Attelenthum zu
höchster Bliithe sub entialtete und nur
durch blutige Kämpfe von Cortez ge
brochen werden konnte. Fast ein Jahr
hundert ist verstrichen seit dem Tage,
da das erwachende Nationalbetvußt
sein der Mexikaner zuerst sich auf
lchnte gegen die Fremdherrsrhaft der
Spanier und sie in langen blutigen
Kämper die Freiheit und die Selbst
siändigteit errangeu. Aber wie unaus
haltsam sich auch seitdem. unterstützt
von den reichen natürlichen ttitilfszguels
len, die Entwicklung deg Landes voll
zog, nicht alle Anzeichen sind geschwun
den, die die Gegenwart verbinden mit
den dunklen Zeiten seiner Geschichte
und auch in dem heutigen Merito be
obachtet der Fremde bisweilen noch
jene seltsame Freude am Gratisigen,
jene Lust am Blutigeu, die als- eine
Erbschaft der ersten abcnteuernden
spanischen Eroberer noch heute fortzu
leben scheinen.
Jn «The World To Dan« schildert
eine Ameritauerin, Mis-. L. M.
Woodruss, einen jener barbarisch
anmuthendenStietiämvse, die allionn
täglich, trotz des Verbotes des Gesetzes,
in Merito stattfinden und von Sonn
tag zu Sonntag »ausnahmstoeise« er
laubt werden. In aewaltigen Men
gen strömt an solchen Tagen das
mexikanische Volk hinaus zur Arena:
wer einen Platz haben will, muß bei
seiten sich aufstreichen Zehn, acht, sechs,
fünf oder zwei meritanischc Dollar
werden siir das Schauspiel geopfert,
die beiden Hauptntatadore bekommen
5000 Dollar fiir jedes Auftreten und
in der Saison noch 20,000 Dollar ex
tra, und die Regierung bezieht aus
den 15 Prozent lfinnatmieantheik die
ihr zustehen, sehr beträchtliche Sinn
men. Das Schauspiel selbst aber-, das
diese meritaniichen Stiergesechte bie
ten, übertrifft bei weitem die Furcht
barteit der spanischen Stierkämpsex
auf armen alten Klepperm denen sorg
lich die Augen verbunden sind. traben
die Picadores in die Arena, und an
den wehrlosen, zitterndem verängstig
ten Pferden sättigt nun der ausgereizte
Stier seinen Rachedurst.
Miß Woodruff erzählt einige Ein
zelheiten, die ein anschaultches Bild
geben von diesen grauenhaften Kämp
fen. »Der Stier ist es milde, an den
flinken Bandillervs umsonst seine
Kraft zu vergeuden; mit Hinunter
laufenen Augen wendet er sich nun he
qen die Picadotes und gegen die Pfer
de, die mit verbundenen Augen nicht
ahnen, welches Schicksal ihnen bevor
steht. Der Reiter sterntnt die Lanze
ein, er trachtet den Stier zwischen den
Schutterblätern zu reffen. Hier gelingt
es»dem nzijthenden Pullen eine sper
Mil Ocll kallctll zu paart-. e-« »u«
es hoch in die Luft, dem hilflos stöh
nendenThier wird der Bauch buchstiib
lich aufgeschlitzt und breit und blutig
auellen die Eingeweide hervor. Starr
var Entsetzen und von furchtbarem
Schmerz aepeinigt. hinkt das blinde
Thier weiter, mit den eigenen Hufen
stolpert es iiber die heraushängenden
Eingeweide, stürzt. rafst sich iichzend
wieder auf . . . Jch wandte mich ab,
um das furchtbare Schauspiel und
das allmähliche Sterben des gepeinig
ten Thieres nicht mit-ansehen zu mits
sen. Jn den meisten Fällen werden
sie rasch beiseite gezerrt: den hilflosen
Thieren steckt man -dieEingewei-detvie
der in die Bauchhöhlen, die Wunde
wird mit zwei, drei groben Stichen
wieder zugeniiht und wieder muß das
zitternde Thier hinein in die Arena,
um nach wenigen Minuten zum zwei
ten Male von dem Stier gepackt zu
werden« Durchschnittlich werden jedes
Mal acht Pferde aus diese einsetzen
erregende Weise qualvoll zu Tode ge
martert. Das Aufregende des Kamp
fes versetzt die ganze Zuschauermenge
in einen Zustand frenetitcher-Begeiste
rnng, der jeder Blick für das Erbärm
liche dieses Sabausviels schwindet. Der
Anblick des fließenden Blutes unter
-ti5bnen und Zucten der verendendeu
Pferde scheint den Schaulustiaen zum
hifchsten Genuß zu werden. Und dies
erstreckt sich keineswegs- auf die Mexi
taner allein, bei denen man sagen
könnte, daß die altspanischen Tradi
tionen, Gewöhnung und vielleicht auch
der Voltscharatter diese Freude am
Grausamrn erklärlich machen würden.
Auch die Amerilaner und Europäer,
die längere Zeit im Lande gelebt ha
ben, verlieren den einstian Ekel, und
man kann bei den Stiertämpfen eine
ganze Anzahl amerikanischer und eu
ropäischer Damen sehen, die mit leuch-.
tenden Augen und mit vor Erreaung
zitternden Lippen aus das Blut star
ren und an dem Schauspiel sich wei
den. Genau wie bei den Eingeborenen
entloctt hier die verwegene Geschicklich
keit eines Bandillero, der dem Stier
den biindergeschmiickten bunten Wider
haten in den Rücken treibt, einen
Taumel der Beaeisterung, schmale
blasse Frauen springen auf, ihre Wan
aen rötlsen sich, ernrunternde Zurufe
schallen iiber die Arena, und wie die
HMerilaner den Kühnen durch Anmer
sen von At1selsinen, Zigarren usw. ih
- ten Beifall bezeugen, so fallen hier von
set-lauten schmalen Händen geworfen,
unschuldige Blunienstriiufke auf den
blutgeträntten Sand. Und dies von
Frauen, die die sorasamste Erziehung
genossen haben. die ihre Jugend in den
Zentren ältester Kultur verbracht ha
ben nnd deren Geistes-leben von Kind
heit an aus die Bahnen der Verfeine
rung gelenkt wurde. Dem Soziolos
geu bietet sich hier ein interessantes
und ernste-J Problem das des Stil-:
diulni trohl werth wäre . .
--
Ein ZcheeCensvud emi- unseren
Tagen.
Den nenenMittbeiluugen des engli
Hschen Forschunggreisenden Hoireg über
»das Schreckenisregiment auf der Insel
Sachalim der russischen Straftolonie
Jan der Nordlüite Sibtrien5, entneh
; nien wir folgendeg:
J Auf der tleinen Jnsel Sachalin sind
s an 8000 Mörder jedes Alter und Ge
jschlechte eng zusammengepfercht, nnd
nichts ....rd aetl)an, um ilsre bösenLei
denschasten zu ziigeln oder ihr- tranken
Naturen zu bessern.
Die Insel Einhalten »die Jnsel der
Mörder«, iit einer der ödesten nnd un
s aesundesten Orte der Welt. Kälte und
l FenchtigteiL tödtliche Winter- und
Schneestiirme mit kurzen Zeiten über-«
mäßiger Hitze machen das Klima zu
dem denkbar nngiinstigsten. Thatsiich
s lich sind die meisten Bewohner der Jn
sei Mörder, mit Ausnahme der Beam
ten nnd Soldaten, und der wenigen
Leute, die geringere Vergehen vegangen
haben
Die Sträslinge touitnen tu TWJ oder
mehr ans eigens dazu eingerichteten
Damvsern an, zwischen den Decke sind
eiserne Käfige für sie angebracht Die
wenigen Beamten könnten diese Horde
von Miit-dem sonst nicht in Ordnung
halten. Manchmal suchen sie sogar
aus denStahltäfigen auszubrechen er
morden einander, erstechen die Wärter
und machen einen HöllenliirnL
Fiir diese Zwangslage ist ein
Echlanch mit dem Dainpstessel ver
bunden, nnd tochend heißes Wasser
wird anf die Widerspenstigen gespritzt.
Im Gefängniß zu AlesandroivsL der
Hauptstadt der Insel, sind 600 Streif
linge in vier Räumen nntergedracht,
die nur 50 Leute fassen; die meisten
werden verrückt, die gliicklicheren ster
ben. Jst kein Raum vorhanden, so
werden die Sträslinge in Eins-teilnim
gen gehalten manchmal versuchen sie
zu fliehen, geber bei jedem Versuch, der
entdeckt wird, werden sie niedergeschosi
sen. Die Wälder sind voll von ent
prnngenen Sieäslingen, die wie die
Wilden leben und andere, die sich ein
Heim schaffen möchten, ermorden.
Zu den wenigen Gefangenen die
keinen Mord begangen haben, gehört
Oberst Grimm, der wegen Vertauss
mititiirischer Geheimnisse an M
fremde Regierung zu zehn Jahren
wangsarbeit verurtheilt worden i
r ist an Händen und Füßen g est
kund die rechte Seite seines Ko es ist
s ganz kahl geschoren
i Die Mörder erziehen eine Bevölke
, rung junger Mörded bei denen die ver
ebten Eigenschaften noch verfcharft
sind Das Verbrechen hat hier in allen
Formen seine furchtbarste Entfaliung
erreicht
Jst denn hier teineHilfe zu schaffen
Könnte doch hier die Kirche Mit Mis
sionaren als Friedensbote-r rings-eier
nnd verfuchen die Unglückltchen zur
Betebknua von ihren Sünden zu drin
gen und sie auf bessere Wege zu fähreni
C. v. Wedel.
Wte schweben die Vögel?
Der französische Physiker Marcer
Deprez hat der Acadämie des Scienees
über Experimente berichtet, die zeigen
sollen, wie man es sich erklären kann,
»daß die Vögel, ohne auch nur die lei
ssefte Flügelbewegung zu machen, in der
ILuft schweben und selbst gegen den
Wind vorriicken können. Deprez be
Jintzte für ein erstes Experiment einen
xklcinen Wagen, der oben an einer
fStange ein einwärts getriimmtes
lAluminiurnblech trug; der Wagen
wurde auf eine schiefe Ebene gestellt,
auf der er natürlich unter gewöhnli
chen Bedingungen hinabgleitet. Läßt
man nun aber einen Luftftrom auf das
Alnminiumblatt einwirken, und zwar
unter einem bestimmten Winkel, bei
dem man jedoch ein befchleunigtes Hin
abgleiten des Wagens erwarten sollte,
so tritt dies nicht ein, sondern dieser
steigt aufwärts. Noch instruktiver
war der folgende zweite Versuch. Ein
rechtwintliges, leicht geneigtes Altwi
ninmbliittchen stellte die Flügel eines
Vogels dar; auf der untern Seite war
ein kurzes vertikales Aluminiumstiick
als Vogeltörper befestigt. Durch vier
Ringe an den Ecken des Blechs gingen
zwei horizontal ausgespannte Fäden,
um das Ganze schwebend zu halten.
Richtet man einen aufsteigenden Luft
ftrorn zunächst unter einem sehr schie
fen Winkel, etwa von rechts nach links,
gegen diesen Aluminiumvogel,so weicht
er nach lints aus; durch allmähliche
Arndernng des Winkels bringt man es
aber dahin, daß der Vogel unter leisem
Zittern an einem einzelnen Punkte
schwebt, ohne sich also vorwärts oder
rückwärts zu bewegen; er verläßt dabei
alle Augenblicke die tragenden Fäden,
und solche würden ohne Zweifel ganz
entbehrlich werden, wenn es fiir das
ltlräne Objekt praktisch nicht sehr
schwierig wäre, den richtigen Winkel
und die Stärke des Luftstroms ton
ftant zu halten. Aendert man fchließs
,lia«, in gleichem Sinne den Winkel noch
tnrrbn so bewegt sich der Vogel sogar
von links nach rechts dein Luftstroni
entgegen. Die Erscheinungen erklären
sich nach dem Satz von der Zerlegung
einer Kraft im Sinne des Kräftepa
»rallelogrammg. Fassen wir genauer
idas zweite Experiment ins Auge. Es
wirtt hier auf das kurze Aluminiun1
’stiict eine horizontale Kraftlomponens
te. die der horizontalen Krafttompo
nenie des Luftstroms gegen das geneig
jte Aluminiuinblatt entgegengesetzt ge
s richtet ist; ist erstere kleiner als die letz
tere, so bewegt sich der Vogel gegen den
iWind; ist sie größer, so wird er vorn
»Wind getrieben; sind beide gleich, so
hält sich der Vogel in der Schwebe. Die
Beziehung hängt ab von der wirksa
znien Oberfläche des Ganzen und der
des kurzen Alrrminiumstiirles, sowie
; von der Kraft und Richtung des Luft
»stronie5. Deprez hat berechnet, daß
»sein Aluminiumvogel nur dann gegen
den Wind schwebend vorriicken kann,
wenn der Winkel, unter dem er gegen
die Horizoniale geneigt ist, kleiner '
bleibt als der Winkel. den diese mit
deui Luftstroni bildet. Deprez glaubt,
Jdafz eg in der Natur genau so zugehe,
Hund daf; so die Vögel gleichfalls ohne
geringste Flügelbewegung schweben.
Sehr wichtig sind I diese Experimente
snatiirlich fiir die Flugprobleine der
sAcroPlane Wenn man es durch eine
»mecl«,anisrhe, wenn möglich automati
Ische Vorrichtung erreichen könnte, sich
Jder Windströmung so anzupassen, wie
ieLs offenbar die Vögel instinktiv ver
»niö·aen, so könnte man ooraussichtlich
inicht nur in der Luft schweben,sondern
J auch mit geringen Kräften große Flug
.gesn«.windigkeiten erzielen.
——--. - .—.-.«...
z —- Die jährliche Bevölkert-»gew
Hialune in Deutschland beträgt etwa
IMUOUO Seelen. Es ist klar, daß al
Ilein diese Zunahme Handel und Wan
del ganz beträchlich beeinflußt. So
« lllsisscn jährlich etan Zin),0(lll neue
Wohnungen nur allein fiir Minderhe
inittelte geschaffen werden« Aber es
unle auch siir Nahrung gesorgt werden.
Nur um den erhöhten Bedarf an Milch
zu beschaffen, muß die deutsche Land
wirtschaft alljährlich 12,00() bis ist,
(l()0 Kühe mehr einstellen.
—-— Stahl und Eisen lvird schon von
Homer ictwa 1lslln v. cihrl unter
schieden: er nennt den Stahl Fing-nos,
das blasse Metall Heute noch fertigen
die Jndier nach Jahrtausende altem
Verfahren ihren berühmten WuzstahL
—-— Die größern deutschen Vanken
haben in der Zeit von 1888 bis Ende
1906 ihr eignes Betriebskapital so
wohl als das Kapital ihrer Depositoi
ren fast vervierfacht. Es betrugam
31. Dezember 1906 85,900,000,000.