Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 14, 1908, Zweiter Theil, Image 14

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    Der Puppenspieler.
KriminabRomqn von Karl Rosuer.
(10 FortsehungJ
«.Ja, denken Sie, so nach neun
Uhr war dieser Mann bei mir und
beachte mir eine Vorladung, die mich
Mr zwöif Uhr auf das Steueramt be
rief. Da war ich mißtrauiich —
denn wie gesagt: was kommt nicht al-·
B vor! Da dringen in dem einen
Falle die Gauner als Jnstallateure in
die Wohnung, dort kommen sie als Te
iephonbeamtr. als Brieftriiger —— und
was weiß ich, in wieviel anderen
Kasten! Der Termin fiir die Las
dung schien mir kurz, und eines Rück
ßandes in der Steuerzahlung war ich
mir nicht bewußt — -—-. Jch fürchtete,
das Ganze sei nur daraus angelegt
inich zum Fortgehen zu veranlassen,
um meine Abwesenheit zu einem Ein
druch zu henuhenl Und in dem Miß
trauen —- ich gehe zu, daß es vielleicht
iihertriehen war — dachte ich mir:
zeichne den Mann! Mache dir ein
Ykrtzeichen an ihm so daß du ihn
spater unbedingt identisiziren kannst
—- dann folge ruhig der Ladung aus!
die Steuerbehördex falls aber diese«
Vorladung sich dort als Finte erweisen
sollte. fahre so schnell wie möglich zu
riick —- ertapde ihn auf frischer That
und übergib ihn dann der Primit
Ihtm ich sagte Jhnen schon, der Mann
kommt nicht in Betracht —- ich wurde
ouf dem Steueramte in der That er
wartet. Leider aber hielt man mich
dort recht lange hin — —inzwischen
aber ist ein Eindringling bei mir ge
wesen«
«haben Sie einen bestimmten
Oean gegn eine Persönlichkeits«
fragte ich, nur um etwas zu sagen·
Kind die Pause. die einqetreten- war.
nicht allzulang werden zu lassen.
.Sidney Jones, der sich wiederum
Tebbaft fiir feine Fingernägel interes
ßrt hatte, schien die Frage zu Liber
WIL Aber plötlich lachte er dann
kurz auf und fah mich voll an.
Uebrigens —- auf was für
Ideen man nicht kommt! —- ganz
originell, wie ich mir da den Steuer
oniel »gezeichnet« babe.'« Er griff
nach einem sechkäftchem das auf
dem Schreibtische stand, und öffnete;
et enthielt ein Stempeltissen und
einen Namenftemvei. »Das ift
nnauslöichliche Stempelfarbe —
«nnauslö.fchlich« —- nal —- drei oder
vier Wafchnnzgen wird see etwa über
dauern. Ich habe nun ein Zehn
kreuzerftiick genommen, habe es auf
das Kissen aepreßt und dann mit der
farbigen Seite nach unten dem gu
ten Manne als Trinkgeld in die
Hand gedrückt So etwa —- —«
.Das Herz begann mir mit einem
Male wie rasend zu schlagen Ein
violetter Farbenflea, den ich beim
Aussieben der Uniform eines Steuer
doten und später, als ich mir die
Hände wusch. an meiner Hand be
merkt hatte, ohne ihn aber im
Drange meinner Gedanken viel zu
beachten, fiel mir ein. Unwillkiirlich
zuckte ich jetzt mit dem Arm zuriick
Aber da hatte Sidnen Jones auch
schon meine band ergriffen — fah
den Fleck, der, nur ein wenig heller
geworden, immer noch an meinem
Handteller faß, blickte dann scheinbar
ganz verdutzt auf mich und begann
endlich laut und anbaltend in lachen.
Aber etwas Hödnifchee, dochmiitbig
Spottendes lag in diesem grellen
Laeksen und in dem Blick seiner
triumobirensden Augen, und das
alles traf mich wie Peiefchenbiebe.
»Die seltsamen Redensarten, die
Sidnen Jones vor sich sbin gewar
rnelt hatte, während ich in der Maske
des Steuer-boten vor ibm gestanden,
und die ich erfi fiir die Aeußerung
eines krankhaften Gehirns genom
men hatte, fielen mir jäh aufs neue
ein. Es war mir in idem Augenblicks
· klar, daß nicht ich ihn, daß er mich;
cherliftet hatte, daß er wohl wußt-H
wer der geheimnisvolle Besucher
seiner Wohnung war, und daß er
met fein überlegen böbneades Spiel
mit mir getrieben sbatte und weiter
Irit mit treiben wollte.
·,,Schon wollte ich aussahren, um
diesem für mich unwiirdiqen Zwie
gespräch ein rasches Ende zu machen,
um diesem Mann hier« in dem ich
nach dieser Probe seiner Verschloqseni
heii etft recht einen ganz gefähriichen
Burschen sah, in klaren Worten die
Wahrheit zu sagen, da zwang ich
mich doch wiederum zur Ruhe nieder.
Unid während ich bei aller inneren
Erwung mich zu sammeln suchte
snnd meine Gedanken nach einem
Mittel rat-getr, dem Mann auf irgend
eine Weise beizukommen- sprach er
auch schon wieder: «Wag isan Sie
fett, here Man-H Gibt es nicht doch
M Zufalls auf dieser Welt? Da
net-n ei doch wieder einmal klar,
wes auf Berlei »Wife« zu geben
ist! Wie ich ietzt nicht dreisi unid
· se weiteres behaupten, Sie and der
wisseue«ke.lf«·Gi-rtd T want ich nicht
ems geween ’n — auch
et seltsame scinfchleicher wären
R satiitlisth nicht schon darum
weil -—« er Mel-Ue mich
web es «- «M Ihm-!- dn Sie
su- Ieoottnend mä keinen
.
IGebiete gelten, doch nicht glaubenl
; mag, daß Sie aus diesen pkntnpen
F Streich mit meiner Stempekfarbe
Iheteingesallea wären —- wenn Sie
inkognito mit und meiner Wohnung
Iehren freundlichen Besuch hätten al
ststten wollen. Nein —- nein, für so·
talentlos halte ich Sie nicht —- denn
wären Sie’s, dann könnte Ihnen je
der tüchtige Vertreter einer nicht ge
rade auf das Gesehbuch Auge-schwere
nen Lebensanschauung nur ein«-Matt
ettdeilem Gehen Sie nach hause, mein
lieber here Plank, und steilen Sie die
Sache aus —- denn mit Ihnen werde
skch noch zehnmal settigt — —
JI —- —"
«Sidneh Jenes machte-eine tleine
Pause. Selbstsufriedeneshehn und
Haß sprühten aus den kleinen spiti
aen Papillen seiner Augen. Und
während ich mit aufeinander-gebisse
nen Zähnen innerlich bebend vor
Zorn und doch machtlos dieser-n
Schurken argeniiberiafk der es ja
laum fiir der Miibe wert-h zu halten
schien, mir viel zu verbergen, der
mich mit feinem Spotte überschät
tete und der sich da in tiberlegener
Verachtung vor msir spreizte, lentte er
verbindlich lächelnd wieder ein:
»Nun —- « und was den violetten
Fleck an ihrer band betrifft, Verr
Plant — nicht wahr, da gibt es ja
doch tausend Möglichkeiten auf die
man sich ein solches tleines Farben
fleckchen an der gleichen Stelle der
gleichen Hand zur gleichen Zeit —
durch Zufall zuziehen kann. —- Sie
interessiren sich ta, wie Sie mir da
lesthin sagten. auch fiir derlei Wahr
icheinlichteitsericheinungen die rnan
so thöricht Zufälle« nennt?«
»Er grinfte. stockte. und ein irres
Flackern kam in feinen Blick —- wie
damals war es, als ich zum ersten
Male bei ihm gewesen war.
»Wissen Sie denn, mein lieber
Herr, wie sich die »3ufallschance«.
wie fich die mathematische Wahr
lcheinlichleit in diesem Falle stellen
wiirde — ——? Da gibt es eine
Stelle bei Poineare — nein, im »Ern
cul des probabilites« des Beriraud
—- —— ein Siebenmillionftel dürfte die
Chanee etwa betragen —- ein bißchen
wenig — nicht? Nein, warten Sie —
— warten Sie —- —!«
»Er hatte ein Blatt Papier an sich
aezaaen und begann mit einem
Male in fieberhaiter haft Zahlen
arise Buchstaben zu Gleichungen zu
Ycl n.
»Ich stand auf und beugte mich
var iiber den Tisch.
»Herr Jones, haben Sie den Na
men Orden von Balassd schon ge:
hört?«
»Er schrieb Zahlen an Zahlen und
fchien mich nicht zu hören. Seine
Finger zitterten über das Papier hin,
und auf seiner hohen Stirn standen
die Adern in blauen Strängen. Sein
Hirn, das biiber mit fo furchtbar
zerseßender Schärfe gearbeitet hatte,
schien lahm-gelegt und nur die fie
bernd jaaendenGedanten seiner trank
baften Phantasieen beherrschten ihn.
»Da versuchte ich ein leistet Pech
nahm den Zettel aus der Brieftafche,
den ich von ihm erhalten hatte, den
Zettel, der in jener Schrift des angeln
lichen herrn von Balassy die Worte
trug: »—— — year has twelve meint-he
or four seasans'. Ich hielt ihm die
feö Blatt vor Ausen hin und griff ihn
derb an seiner Schulter, daß er auf
sehen mußte.
»Den Jenes, welcher von Ihren
Schülern hat das hier geschrieben?«
»Er fah mich an und fuhr rnit
feiner hageren Linken dar, ali hätte
er rnir Wichtiges zu verkünden.
»Weniger noch ----- noch weni-.
ger! Ein Siehenrnillionstel ist zu
hoch geschätzt! Und wenn ich Ihre
Chance in einen Bruch zusammen
sasse, dessen Nenner die Anzahl aller
möglichen Fälle, dessen Zähler die
Menge aller günstigen Fälle zählt
» so wird der Bruch noch klei
ner —— -——!'·
»Und hastig schob er meine hand
von seiner Schulter und starrte wie
der stier und sieberndaus das Blatt
»vor ihm, aus dem er weiter Zahlen
kund Buchstaben aneinanderreihte, als
’wäre das allein noch von Bedeutung
und alles andere Thun und Sein urn
ihn erstorben und versunken
»Da ging ich so, wie ich damals,
als ich zum ersten Male hier gewe
sen, auch gegangen war. Still —
ohne Gruß. Aber ich wußte, wäh
rend ich die Wohnung und das hau
von Sidney Jenes verließ, ganz uni;
umstsßlich klar, daß dieser Mann,
der jetzt aufs neue von seiner Wahn
idee umfangen wurde, in seinen lich
ten Stunden ein ganz gesithrlicherBev
brecher war. — Und ich schwor entr,
noch zitternd vor Zorn Wer all den
hohn, den ich hanc schau-es muss-u.
daß ich nicht rasten würde, und nicht
ruhen, bis ei nitr gelun n war, fden
Meinigen Uebe chlauen den
noch zu überlisten, ihrn das Mantis
sein«-F lichtscheues Wandel-» ais-ein
w .
sicut IN M
M---»—-.H.—-.-.. - sp-—----M
F Er sah minutenlang sinnend. neit
lnorgedengtern Kopf vor sich hin, in
sdie Erinnerung an jene Borgänges
; versunken. von denen er erzählte. l
’ Und ich störte ihn nicht in seinem
!Sinnen, so sehr auch jede Fieber an
mir danach drängte, mehr von dem
seltsamen. gedeimnißvollen Kampf
zu hören, der sich da zwischen ihm
und jenem Sidneo Jones entspannen
hatte.
Erst als von draußen die Schläge
der Thurmudr an die Scheiben schlug
gen — zehn llare Töne, pochend und
schwer wie sallende Tropfen —- da
schüttelte er das Träumen von seiner
Stirne und aus seinen Augen« rich
tete sich ein wenig aus und sprach wei
ter:
»Deutlich sehe ich noch die Stunde«
da ich damals nach jener Aussprache
mit Sidney Jones, in der et mich
mit taum verhülltem Hohn und Spott
geschlagen hatte. die Treppe seines
Hauses hinunterstieg und unten durch
die Straßen taumelte. —- —— Ja, tau
melte — denn all die mühsame Be
herrschung, die ich mir oben in dem
kahlen Zimmer dieses Mannes mit
Anstrengung von allen Kräften abge
rungen hatte, fiel nun von mir, und
Scham und Zorn und Wuth über
mannten mich.
»Wie ich dann durch die nächsten
Straßen tarn, in denen alles Leben
des versintenden Nachmittags bran
dete, das habe ich auch damals nicht
gewußt Jch habe nur ganz duntel
die Erinnerung behalten, daß ich erst
nach dem »Graben« wollte, dann aber
vor dem Menschenfttom, der sich dort
wälzte, unwillkürlich stockte, umtehrte
und zurückging nach der anderen Sei
te. — Allein sein! schrie es in mir.
Ruhig werden!· Zur Klarheit lam
men! —- Und in diesem Drange nach
Ruhe und nach der Möglichkeit, mich
zu sammeln, mag ich dann wohl die
Augustinergasse hingegangen sein«
denn auf der- Albrechtcrampe, die ein
sam, menschenleer über dem Treiben
unten auf dem Plag und in den Stra
ßen lag, fand ich mich wieder. Dort
saß ich mit geballten Fäusten und mit
zusammengevreßtem Munde aus einer
Bank unter einem der alten·breitiiftis
gen Rastanienhiiume und war erfiillt
nur von dem einzigen Drange, die
Schmach. die mir der Mann ange
than hatte, von mir zu weisen, sie
durch seine Uebersiihrung zu sühnen.
,.Daß er schuldig war, furchtbar
schuldig, daran zu zweifeln wäre nach
feinen eigenen Worten, nach dieser
Art, wie er sich, halb um mich zu "h
nen, und halb vielleicht aus Eitel eit,
mir preisgegeben hatte, Narrheit ge
wesen. Der Mann war ein Verbre
cher, und er war überreis fiir das Ge
richt!
»Aber es sollte kein Gericht an ihn
heran, ehe nicht ich mich noch einmal
mit ihm gemessen hatte, ehe nicht ich
ihm den Beweis erbringen konnte. daß
er nicht .zehnmal mit mir fertig wür
de«, wie er das prahlend ausgesprochen
hattet
.Mehr denn je war nach dem Vor
gang des Nachmittags der Kampf mit
Sidneh Jones mein Feld, mein Recht
geworden, und mehr denn je war ich
bereit zu diesem Kampfe!
»Daß ich beim ersten Ansturm un
terlegen war, das sollte nur ein neuer
Antrieb sein« Ich hatte meinen Geg
ner unterschäit. davor wollte ich mich
in der Folge hüten. —- —
»Lange saß ich auf der einsamen
Bank, und ich wurde ruhiger, je mehr
die Dämmerung sich niedersentte. Die
Nerven, die nach all der Ueberan
strengung der letzten Zeit unter dem
Ansturm dieser jüngsten Stunden bei
nahe ihren Dienst hatten verweigern
wollen« träftigten sich auf's neue. Was
anfangs wirr gewesen war in mir.
versiog, ich fand die Klarheit meines
Denkens wieder, und all mein Sin
nen richtete sich auf ein einziges Ziel:
den rechten Weg zu finden, auf dem es
mir gelingen tonnte,- ihn zu übersiily
ren.
»Daß es mir nicht von heute auf
morgen möglich sein konnte. mir Be
weise gegen Sidney Jenes zu schaf
fen, die zwingend waren. das war
mir ohne weiteres klar. Jch hatte
Proben von der Vorsicht und Ver
schlagenheit des Mannes und wußte,
daß er nun, da er mich als Gegner
geradezu herausgefordert hatte, dop
pelt auf dkr hut sein würdet Der
Mann war sich bewußt. daß ich init
allen Mitteln gegen ihn arbeiten witt
de, und es war zweifellos, dass er nun
auch nach allen seinen Kräften sich be
mühen würde, meine Versuche zu
schanden zu machen.
,,Natiirlich durste ich selbst in dieser
nächsten Zeit in keiner Weise dirett an
ihn herantreten —- am besten war's
vielleicht, wenn er glaubte, daß ich den
Kampf mit ihm verioren gäbe. Dann
konnten zuverlässige Leute seineUeber
wachung übernehmen, bis es vielleicht
gelang, ihn eines Tages doch bei einer
»Unvorsichtigkeit —- einer Zusammen
Tkunst mit seinen Genossen —— einer
dunklen That —- zu übern-schen
»Unten aus dem Plane nnd in den
Straßen stammten bie ersten Lichter
aus, als ich michtvon der Bank .unter
dem Kastenienbanme erhob, und die»
Albrecht-tauche binnnterschritt, nmi
nach dem Polizeigeböube zu geben.
uAber nun. wie ich wieder durch vie
sie-sen eilt-. var seine wirke Erre-»
M III-It in mir. Zeit arbeiteten
Hirn Hand Nerven wieder in strasser
Dis ipiin and weben Masche an
Pia che zu dem neuen Netze, in dem ich
diesen Sidney Jenes sangen wallte.
Bat Scham und Zorn gewesen war,
trieb mich als neue stachelnde Energie
parwärtj. damit ich die Schatte aus
wetze. die ich erlitten hatte
»Den Mann beobachten zu lassen.u
—- ——An dem Gedanken spann mein
Sinnen weiter. Durch wen? —- Jch
musterte im Geiste die Menge meiner
Hilfsträste, der Detettipe und Mai-(
lauten, und präste die Fähigkeiten ei
nes jeden — und ver-wars sie alle. Da.
war einer, der war zuverlässig und
sicher — aber er war mir nicht schlag
sertig genug. dort war ein anderer,
der wiederum gewandt und klug wie
irgend einer war — aber den Mann
tannten die schweren Jungen alle zu
gut, und war ein Mißtrauen erst wach
geworden. dann war natürlich diese
ganze Kampagne ;derloren.
»Am liebsten hätte ich jemand ge
habt, den ich ruhig in die Wohnung
des Mannes hätte schicken lönnen,
irgend einen völlig unverdiichtigen
Menschen, der als Schüler zu Deren
Jones gegangen wäre: »Ich habe
Jhr Jnserat gelesen ---- ich möchte
englischen Unterricht bei anen neh
men.« Ein solcher Mensch. der dann
in jeder Woche ein paar Stunden
lang da oben sasz und scheinbar völ
lig harmlos seine Studien betrieb, der
konnte doch vielleicht so manches auf
fangen und sehen, woraus ich Nagen
ziehen konnte. —- Ilber wem tonnte ich
diese Mission wohl anvertrauen, ohne
daß Sidnen Jones unter dem neuen
Schüler einen Soion witterte? Wie
der und wieder ging ich die Reihe der
verfügbaren Kräfte durch, und wieder
mußte ich mir sagen, dasz unter ihnen
teiner war, der sich siir diese schwie
rige und auch nicht gesahrlose Auf
gabe so eignen mochte, daß nicht doch
der Erfolg des Versuches arg gesahr.
det erschienen wäre.
»Ich hatte auch, so sehr ich mich
nach einem Ausweg quälte, die pas
sende Persiinlichleit nach ni t gesun
den. als ich mein Zimmer im Polizei
gebiiude wiederum betrat.
»Am-m hatte ich mir dort Li
gemacht und mich an meinen Arbeit -
tisch gefest, als der Diener mir mel
dete, daß eine junge Dame ·— Fräu
lein hosfmann —- mich schon seit einer
halben Stunde erwartete.
..Vosfmann —- Anna hoffmann
das war die Verlobte dieses hermann
Angerer. —- -— Einen Moment sann
ich nach. Was mochte sie denn wol
len? Wieder fragen. ob sie nicht ihren
Bräutigam sprechen könne? — Aus
geschlossen! -—— Das hatte ich ja auch
der Mutter des Untersuchung-hast
lings verweigern müssen, so .ost sie
auch in diesen Wochen darum gebeten
hatte. — Hören, ob wir noch keine
Klarheit in dem Falle hätten? Nein
s-- wir waren in all der Zeit um lei
nen Schritt weiter getommenk - «
Eine Ungeduld lam dei diesem Gedan
len über mich. Jch hatte jetzt wahr-·
hastig Wichtigeres zu thun, als mich
mit Fräulein hossinann auszuhalten!
Schon wollte ich dem Diener sagen,
daß ich dem Fräulein mittheilen ließe,
ich hätte heute keine Zeit --— da tain
mir die Erinnerung on ihre tapfere
Art, an diese prächtige Iestigleit, mit
der sie damals für ihren Verlobten,
diesen armen Teusel von Beamten.
eingetreten war, und ich gab den Auf
trag, sie hereinzusühren.
»Wenige Selunden später staifd sie
mir gegenüber jung, energisch und be
reit,-eine neue Lanze sür ihren Ver
lobten zu brechen, wie damals, als sie
zuin ersten Male hier bei mir gewesen
war. Und richtig lamen fett diese
Fragen hervorgesdrudelt, die ich er
wartet hatte und aus die ich ihr doch
nur verneinenden Bescheid geben
lonnte.
«Eine arge Enttiiuschung legte sich
über die frischen, resoluten Züge des
jungen Mädchens, als sie meine Aus
kunft hörte. Ein paar Augenblicke
schwieg sie überlegend und das Blut
drang ihr dabei zu Kopf in ihrem
guälenden Unmuthe.
»Und wie lang lann denn das
noch dauern, daß man den Armen
hier unschuld« sesthiilt?" fragte sie
dann erregt. ll ihre Sorge um den
Geliebten, ihre sefte Ueberzeugtheit
von seiner Unschuld und ihr Wille
ihm zu helfen lagen in dem Klang der
zitternden Stimme.
»Sie that mir leid —-— fce ruhtte
mich —- und doch, ich konnte nichts
fiit sie thun und durfte fest auch
feine Zeit unnüh verlieren; ich mußte
zu Ende kommen.
»Wie lange? Liebes Fräulein,
am Tage --«— in der Stunde »- in der
feine Unfchuld erwiesen ifi, ift et frei. »
Ich kann Jhnen jeht wittlich mehr
nicht fagen.« Jch öffnete zum Zei-»
chen, daß ich die Vespeechung damit
für beendet hielt. die Attenmappe mit
den jüngsten ftit mich bestimmten Ein
läufen, die vor mit lag. Aber da ttat
fie dicht vor meinen Schreidtifch hin,
fo daß ich zu ihr auffeden mußte.
m,Und Jde Versprechen DeeePlank
— —-—i« fragte fie.
»Mein Versprechens« Jckf wußte
»in dem Augenblicke nicht, was sie wohl
meinte. «
s »Sie haben mir doch zugesagt,
i mich fogletch zu verständigen wenn
isfe wies in der Unteefueiuna sue
C
Aufklärung von diesem Zoll irgend
wie brauchen thntenk
»Ach so —- —!«
! »Den sich denn da bisher gar nichts
ergeben -—— tch mein, gibt ei keine
iMdgltchteit, daß ich dem Hetnmnn —
meinem Bräutigam —- von Ruyen
werden könnt ?« T
»Ich schwieg. Eine seltsame Jdee
schoß mit durch den Kopf. Jch sah
dieses energische, kluge, thatbekeitr.
Mädchen vor mit — und etwas war
in mit, das ries mit zu: Die halte fest
— die schiäe zu dem Sidnen Jene-, «
wenn sie den rechten Muth dazu besitzt
—— die tst die Rechte! .
»Sie aber, die mein Schweigen sichs
nicht deuten konnte sprach weiter: (
m.Sie haben mir das damals doch
versprochen, herr Plank, und ich hab's
seitdem an jedem Tag auf Jhre Nach-(
richt sehnsüchtig gewartet. Sie glau
ben vielleicht daß es mir an Muth
fehlt um für Sie derwenddar zu fein
—-aber Sie irren, was irgend einerI
sich getraut, das will ich gern wagenJ
Denken Sie doch, was für mich auf
dem Spiele steht — er ist doch mein
Verlobter ss- —- wir sind zusammen»
ausgewachsen —- ich tenn ihn, wie ihn
außer seiner Mutter niemand kennt ——·l
und ich weiß, daß er unschuldig leidet.
—- — Wagen Sie es mit mir —- wie
immer es ist —- Sie sollen nicht ent
täuscht sein Nur lassen Sie mich
irgend etwas thun fiie ihn «- — ,
.Da gingen noch einmal prüfend
meine Augen iider sie und dann war
ich entschlossen und schlug meine Ak
tenmaope wieder zu.
»Gut, Fräulein Hoffmann, wenn
Sie ernstlich wollen« dann sollen Sie
den Versuch machen. an der Klä
sung dieses Falles mitzuwirken —-"
»Ja? Sie haben eine Aufgabe
für mich. die vielleicht dazu führenl
kann, daß man die Unschuld meines
Bräutigams erkennt —-— -—?!" i
»Ich niette. »Ich habe eine solche
Aufgabe, zu deren Lösung Sie mir
mehr geeignet scheinen, als alle meine
anderen Mitarbeiter. Und es ist eine
Aufgabe-, die Jhre ganze Klugheit.
Ruhe und Uederlegung fordern wird.'«
»Ja? Was ist es? Was soll ich
thun?« Sie war Feuer und Flamme!
oor Eifer und hing an meinem Mun
de· als sollte ich ihr eine heiß ersehnte
Botschaft verkünden. j
(Fortsegung fotgt.) l
Ist-entstund Hause-. I
Der Geheime Kommerzienrath
Pras. Paul Mauser in Oberndors am
Neckar beging liirzlich die Feier seines
siebziasten Geburtstages. Mit seinem
im Jahre 1882 verstorbenen Bruder
Wilhelm geschäftlich verbunden, kon
struirte er das erste Hinterladunsgs e
webr, das an Stelle ver Ziindna l
durch einen Schlagbolzen die Pa
trone zur Entzündung brachte.
Wenn Drense durch seine erreiche
mackende Erfindung deg- sünd
nadelgeroelirs den ersten s nstoß
zur allgemeinen Einführung von Hin
terladungs - handseuerwassen gegeben
bat, so ist durch die bereits aus dem
Jahre 1865 stammende Erfindung
Mausers zuerst den Weg zum moder
nen tleintalidrigen Gewehr angebahnt
worden. Das Drensesche Gewehr, das
Gewehr, mit dem Preußen in den
Krieg von 1866 eintrat, und mit dem
Deutschlands Jnsanterie den großen
Feldtug von 1870-—-71 durchläinpste,
hatte die durch den Stich einer Nabel
zu entzündende Pille zwischen Geschoß
und Pulverlabung gelagert und schloß
die Anwendung einer Patronenbiilse
vollständig aus. Zur Lagerung der
Zündville einerseite, weiter aber auch
zu der des Geschosses diente ein sog.
Spiegel, der, am die Patrone nicht zu
lang werden zu lassen. von größerem
Kalider als das Geschoß« das Lang
blei war, und dem man somit die Ue
bermittlung der Geschoßsiibrung zu
wetsen mußte. Erst die Verwendung
des Schlagbolzens an Stelle der Na
del ermöglichte die Zurückverlegung
des Zündmittels aus der Mitte der
Patrone an deren Ende, bedingte aber
auch gleichzeitig die Verwendung der
slaschensörmigen Patronenbiilse. der
man weiterhin die gaddichte Abschw
sztkng des Gewehrlauss übertragen
lonnte. Wie man einerseits hierdurch
denVortheil einerEntlastuna des lstier
schlusses gewann. wurde es seht auch
möglich, dem legteren die Ausgabe zu
zuweisen, die abgeschossene Pater-nen
hiilse beim Oessnen des Gewebrs aus
diesem zu entfernen. Es ließ sich ein
Ausgieber anbringen, der sehr bald
zum Auöwerser ausgebildet werden
konnte. Die Mausersche Ersindung
erm« lichte weiter die Uebertragung
der schosssiibrung aus der-i Geschoß
selbst und babnte somit nicht nur denl
Weg zum Rheinwein-Mk sondern,
wie bereits erwähnt. auch den Ueber
gang zum kleineren Kaliben mithin
zum modernen Gebet-n zur Schnell
feueehanowoffe det Jettzeit
Das Maufetfche Gewehr, wie ge
sagt, bereits tm Jahre lM kon
struitt. also ein Jahr bevor sein Vot
gängek, das Dteyfesche Händen-beige
nehu seinen ersten Triump? feierte,
fand zunächst in dem Lande est-H, in
dem seine Wiege gestanden, in Würt
emberg, verfchlossene Thüren. Die
Erfinder der neuen Kriegswgkfe gin
gen deshalb vorerst ins Ausland, nach
dem industrieteixben Nitsch. All
aber im Jahre 1871 von Berlin aus
eine Aufforderung on die Gebtüdet
lJlauser rurTyeunayme an einer-ran
turrenz für Ausbildung eines neuen
Gewehrg erging, lehrten diese zuriick
und sahen sich m ihren erneuten Ar
beiten bald durch die Annahme des
von ihnen vorgelegten Modells be
lohnt. Das Mausergetvebr wurde als
Gewehr-Modell 71 der deutschen Jn
santerie überwiesen.
Mit Ausdauer arbeitete Mauser
weiter und konnte das zum Repetiers
gewebt urngekinderte Gewehr 71 anr
27. September 1881 bei der Last-et
ausstellung in Stuttgart Kaiser Wil
belrn dern Ersten vorsiibren, wel
ches Modell 71-84 Industrie-Rebe
tiergetvebr, Kaliber 11 Millimetek sitt
die deutsche Armee eingeführt wurde.
Für Serbien wurden 4000 Karat-irren
für Württentberg 19,000 Gen-ehre an
gesertigt. Nach einer längeren Pause
lonnte Mauser abermals aus Grund
neuer Versuche ein neues Gewehr mit
9.15 Millirneter 1886 der türtischen
Regierung in Konstantinopel verlegen,
die im Jahre 1887 M,0l)0 Gewebre
und 50,000 Aarabiner bestellte. Ja
Oberndors wurden jetzt täglich FO
Gen-ehre gemacht, und die Anwesenheit
vieler türtilckser Offiziere brachte ein
eigenartiges Leben in das lleine
Nectarstödtchen
Dann tonstruirte Mauler aber
mals ein neues Gewehr Kaliber 7,65
Millimeter rnit Mantelrohr und Ma
gazin für süns Patronen, das mittels
Ladestreisrn oder Stint für Stück ge
laden wird. Im Jahre 1889 wurde
es, nach großem Kampf gegen dieKons
turrenz siir Belgien angenommen.
Ein neues Modell 90 erhielt die Tür
tei und Argentinien, 1993 Spanien
ein 7 Millimeter-Kaliber-Gewehr. das
Paul Mauser inMadrib vorgelegt hat.
ein großer Erfolg. Der türtische frü
here Auftrag wurde auf 700,000
Stück erhöht 1893 IMSI erhielt
Schweden ein 6,55 Millimeter-Kali
her-Gewehr nebst Karabiner und 1893
die gesammte deutscheArmre dasMaus
sergewehr Italiber 7,9 Millimeter, von
welchem in Dberndorf 290,000 Stü
gesertigt wurden. Jm Jahre .1896
erfand Paul Mauser die Selbstlades
Pistole. Kaliber TM Millimeter, nnd
führte sie Kaiser Wilhelm dem Zweiten
bor: gegen 70,000 solcher Pistolen
gingen innans in alle Welttheile. Sie
zum Jnsantertegetvehre auszugestal
ten, werden Versuche angestellt, die
aber noch nicht endgiltig abgeschlossen
sind. Bei ber italienischen Marine, bei
der Palasttruppe des Sultans instan
stantinopel auch in China und beim
Vurenlrieg und überseeischen Reisen
den fanden sie Ausnahme.
heute sind gegen sieben Millionen
Mauserroassen verbreitet, wovon 1,
770,000 in Oberndors gefertigt wur
den. Als Armeeroafsen sind sie ein
geführt: in Deutschland, Argentinien,
Belgien, Bolivia, China, Chile, Co
lumbia, Etuadon Kongostaat, Lurerns
barg, Merilo, Persien, Peru, Portu
gal, Serbien, Spanien, Schweden,
Türkei, Uruguah. Nahezu 25 Millio
nen Dollars sind seit 17 ahren da
durch nach Deutschland ge lassen, die
Fahl der Arbeiter i in Oberndorf irn
Iahre1907 aus 70 angewachsen,
neuneinhalb Millionen Dollars sind in
18 Jahren an Löhnen ausbezahlt wor
den. Jn drei Werten arbeiten 2865
Maschinen und sind bei Volltrieb2800
Personen beschäftigt. Als Waffentech
niler wird Paul Mauser unter den er
sten unserer Zeit gerühmt werden.
Jeft will auch Rußland eine Lu t
ichiss lotte bauen. Wenn nur das da «k
ausgeworfene Geld sich nicht vorher in
den händen der Großfütsien verfluch
tigt. . — .
.- Tausendfach verlangt die Masse
Zugeständnisse vom Einzel-umschm
Hat darum umgekehrt nicht auch et
das Recht, feine Persönlichkeit durch
zusehen auf Kosten der Allgemein
heit?
- He se i
Wenn ein Funken Liebe in ein he
fällt, beglückt sie es, aber wenn sie alk
Flannne lodett, verbeennt sie es.
Seine Taktik.
— —quv-- NR
Advokat Mir sich) »Der Badetbauet wird mit allmählich zu vertrau.
lich Jch bin froh, wenn et sein Geld vollends vetptozefsttt hat . . dann
Hin-if ich ihn aber hinan-P ".