Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 24, 1908, Zweiter Theil, Image 10

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    Nach dem Sturme.
Unmut von V· Reiss.
Erstes Kapitel.
hann hinrich Schenken se Co.
die alte solide Firma, weiche seit
ren seßhast ewesen in dem gro
rr Patrizierhaugse der Deichstraße zu
mburg, und Johann Hinrich
nken hieß auch der aegenwörtige
ches derselben, denn «Johann Hin
rich« wurden die Söhne ausnahms
los getauft, so lange es eben Sohne
gl- taufen gegeben hatte. Dieses
iiek war nun leider dem jetzigen
Inhaber der Firma nicht zu Theil ge
worden; zwar hatte seine Gattinihm
smi Kinder geschenkt, aber Töchter,
den sdenen die ältere vor nunmehr
acht Jahren gestorben war, während
die jüngere, deren Geburt der Mutter
das Leben gekostet hatte, orächtia ge
dieh- Die seit zwanzigjiihrige Eise
sur der Stolz und die Freude des
Voterö, aber freilich einen Sohn ver
mißte er sdennoch sehr.
Einige Jahre nach dem Tode der
Gattin war herr Schenken zu einer
zweiten Ehe geschritten. Jndesz diese
blieb kinderloö; der so heiß ersehnte
Erde stellte sich nicht ein. Das war
ein großer Kummer, der an seinem
Leben fras, und dieser Kummer hatte
den Mann vor der Zeit verschlossen
und ernst gemacht. Wer sollte die alte
loeltbekannte Firma weitersiihreni
iir wen schaffte und wirlte er noch?
s waren Fragen, die er sich aar
ost. wohl täglich, wiederholte, um
schließlich immer wieder zu dem Re
ultate zu gelangen, daß nur ein ge
eigneter Schwiegerso diesen seinen
herzenswunsch wür e ersijllen Pin
nen. Und allmählich entwickelten sich
aus diesenRestexionen ganz bestimmte
Pläne, die mehr und mehr Gestalt ge
nossen. je mehr die Tochter heran
louch. je lieblicher sie sich entfaltete,
Gärte, von denen er bisher nur fei
ner Frau bestimmte Andeutungen ge
macht hatte.
Berstirnmter denn seit lauer Zeit
schritt Herr Schenken heute früh die
massio eichene Treppe hinab, um sich
in seine Arbeitsstuhe zu begehen. die.
wie in den meisten alten Kaushöusern
der hansestadt, im hochvarterre neben
- dem Comptoir gelegen. von diesem
durch eine doppelte Glathiire getrennt
var. Schonjeim Kassee hatte er
Unangenehmes ersahrens aus dem
Munde seiner Gattin, Din e. die seine
Lieblingsidee direkt herii ten, und
esulein Eise hatte sogar iiher diese
·ttheilung gelacht. BeeinsIUszt
wurde seine iihle Stimmung durch
das trübe Novemberwetter und den
dunklen Himmel, der unaushiirlich ein
Gemisch von Schnee und Regen he
rahsandte und sdie noch gestern so
reine weiße Decke der Straßen und
Fee-näh schmutzig und grau erscheinen
re .
Als er den alterthümlich ausgestat
teten gemiitblichen Raum betrat, in
welchem sein Vater, sein Großvater
nnd vor ibnen viele des Namens ge
arbeitet hatten. schritt er zunächst ge
wohnheitsmäßig an das einzige große
Fenster, um einen Blick aus den brei
ten Kannl zu weisen, der die Hinter
seite des Hauses bespiilte, und dessen
Schneedecke beute doppelt schmuhigep
schien. dann einen Blick aus die Pen
dule über dein mächtigen Schreibtisch,
aus das Barometer neben demselben
und endlich aus eine in die Wand
elngelassene Scheibe von Milchglas,
welche eine Windrose darstellte, deren
Zeiger mit der Windsahne aus dem
Dachsrist correspondirte. So konnte
er sich jederzeit prientiren über Wind
und Wetter, über Ebbe und Flutb,
und diese intresfiren einen Rheder be
kanntlich mehr noch als andere Sterb
liche. Dann schritt er zur Glaithiin
welche in das allgemeine Comvtoir
siihtte, und bob ein wenig die seidene
sending ließ sie aber mit-einer är
rrlichen Bewegun wieder sallen und
este sich an den chreibtisch. aus dem
eine Menge noch unerbrochener Briese
lagen, die er zu lesen begann, indem
er e und da eine Bemerkung mit
steifeder an den Rand schrieb.
herr Schenken war trotz seiner an
gehenden sechzig Jahre und des völlig
ergrcnrten haupthaares noch immer
ein stattlticher, sogar hübs er Mann,
dessen peinlich saubere Klei nna vorn
modernften Schnitt dem Gerüchte
nicht widersproch, daß er einst unter
der Jeunesse doree seiner Vaterstadt
eine hervorragende Stellung inne ge
Iabh ja, rnan behauptete von ihm,
daß er das berauschende Leben der
Weltstadt mit vollen Zügen genossen
Habe; doch das mußte lange her sein.
Jst erschien er nur noch im schwar
n Anzug, und zwar unabänderlich
ne Frass selbst im Winter bei hohen
Qältegraden sah man ihn in diesem
Anzug zur Börse geben« jede wärmere
Mel-us verschmshend. Er war eben
ein ann von unbeugsamer Willens
trsst nnd eiserner Strenge, sowohl
n andere, wie auch, in gewisser
Hebung, gegen sich selbst; dabei
site ein Mann von äußerst vorneh
Ier spann-z
igte in ents ieden ir
se ein Oalet nie, nn bald
ers-b er wieder-, blickte nochmals
such M Taster der Zwischentbür
nd s nu leicht an eine kleine
M , means einer derjüns
sm- cosnnts ers-htm.
Igleich auch ein Vermittler zwischen
- herrn und Diener. wo es galt, allzu
,.Jch lasse Herrn Selle bitten!«
Gleich daraus trat der Gerusese in
das Allerheiligste. «
Herr Selle, erster Protueist des
großen Rbedereigeschiistez, war ein
lleiner gebre lieber Mann, de en
sichtbar zittern s Haupt schneewei es
spät-liebes Haar bedeckte« bas, gleich-.
wie die gebeugte haltung, sein habest
Alter vertiindetr. Er trug ein habt-s
graues Habit und weiße Halsbinde.
ebenso sauber und sleckenlos wie sein
Prinzipal, den er jeIt respektvoll, aber
doch mit einer gewissen sicheren Ver
traulichkeit begrüßte.
»Die Eemeralda hat Haoarie ge
macht,« begann here Schenken, einen
der Brieie greisend, »sie liegt in Cal
lao und rimniern Wie hoch ist die
Barke versichert?«
»Für die gegenwärtige Reise bis
Ende nächsten Jahres mit siebzigtau
send Mart, herr Schenken, die Häi te
bier bei J. C. KnolL die anderedäl te
bei Willfanrs se Sons in London.'
herr Selle sagte dies in ruhigem
geschästnriißigeni Tone: wer aber in
das alte kluge Gesicht hätte leben tön
nen, würde ein paar recht anzubie
dene Blicke-bemerkt haben. die aus
den sajt jugendlich frischen Augen zu
dem Prinzipal biniiberslogen. here
Selle wußte bereits, wohin dieser
wieder einmal steuern wollte, er
kannte ja seinen Ebes sehr gen-unge
nauer als irgend Jemand des Ge
schästspersonals oder der Familie.
herr Zelle batte schon dem Großvater
und Vater desselben gedient, war irn
Lause der Jahre vom jüngsten Kont
mis bis zum ersten Prokuristen aus
gerückt und konnte in nicht zu ferner
Zeit sein siinszigjäbriges Jubiliium
als Mitarbeiter der Firma feiern. Er
kannte, wie gesagt, seinen Chef lebt
genau; er war immer ein seiner Be
obachter, ein Denker gewesen, aber zu
grer Schroisbeiten des- Ersteren zu
mildern. »
«Durch wen haben Sie damals die
Versicherung besorgen lassen?« fuhr
herr Schenken fort, ohne den alten
Mann anzublieten.
»Wie immer seit Anfang biefes
Jahres, durch herrn Matta.« erwi
derte Herr Selle, wobei ein feines
Lächeln über das alte Gesicht flog.
»Die Frage war ja überhaupt über
«fliiifig, Herr Schenken wußte dies
ebnfo gut ioie sein Proturift und,
sollte et sich wirtlich momertan nicht
erinnern, — da lag das Asieturanz
journal in Griffweite, er brauchte
nur nachzuschlagem
»So! Nun, hoffentlich ift die Sache
in Ordnunal Ich möchte nämlich
meinem Neffen nicht unbedingtes Ver
trauen schenten,« fuhr er nach kurzer
Pause fort, »er scheint leichtsinnig zu
»werden; too mag er heute wieder
stecken? Ich habe ihn nicht im Komp
toir bemerkt.«
»Ihr Neffe war piinltkich um neun
«Uhr anwesend,« sagte der alte Herr
ärgerlich, «oiinttlich wie immer; er
bat mich aber, auf zwei Stunden wie
sder fortgehen zu diirfen: er wollte
Jden Doktor Binder aufsuchen, sein
? alter Pietro ist ertrantt.«
»So! Natürlich, das aeht vor! Es
istzwar recht hiibsch und lobenswerth,
daß Malta persönlich fiir feinen
Diener zum Arzt rennt, betundet aber
doch im ganzen wenig wahrej Jnters
effe fiir das Geschäft Dies soll ein
Kaufmann, zumal ein Rinden unter
keinen Umftiinden vernachlässiaen. ch
mu? Sie bitten, Derr Selle, »der ie
ia o vielen Einfluß auf meine jun
gen Leute üben, immer geiibt haben
Weiter kam der reiche Mann nicht.l
Der alte Proiurift batte sich iählingi
von feinem Stuhl erhoben »und sagte,
mit einer tiefen Rötbe irn Gesicht:
»Der-r Schenten, Jbr Großvater und
Ihr Vater waren zufrieden mit mei
nem Einfluß auf die jungen Leute des
Comptoirö, haben mir dies mehr als
einmal bewiesen und würden auch
ietzt zufrieden sein mit dem Einfluß,
den ich auf Jbren herrn Neffen übe.
Wohin Sie mit den eben gesprochenen
Worten zielen wollen, das weiß ich,
bemerke aber dazu, daß ich Jhren
Neffen, Herrn Heinrich Matte, als
einen durchaus zuverlöfsigen und fo
Liden jungen Mann erkannt habe, als
einen Mann, dem das herz auf dem
rechten Flecke sitzt. Uebrigens matt-Il
lire ich die Anführung jedes ihm er
theilten Auftrages, zumal die Ufern
ranzen. Da nun aber herr Matta
mir aleichfam zur Leitun übergeben
worden ift bei feinem intritt in’s
Geschäft, fo möchte ich mir die Fras
erlauben: inwiefern muß er fiir leich
sinnig gehalten werdens«
«Er verbraucht zu viel!« tvar die
unwillig berausgeftoßene Erwiberrmz
Er bat sich in der Vorstadt St
Eeorg eine luxuriiife Wohnung ge
miethet —- Sie waren ihm ja wohl
dabei behilflich —«
.Sanz rechtt«« unterbrach der alte
Mann lächelnd, »aber bitte —- nur
weiter.«
Er hätt einen Bedienten, ferner ei
nen Geson- fiir den Reitftall — ich
bade ihm year-kaan Sommer erft
breit-rufend srt fiir ein ebZei Pferd
besassen msssen und gleich baran
voehthnndeet Mart Nr ein Cegelboot:
er bezieht ein monatliches Taschengeld
von eintauiend Mark, und onst-dem
noch große Summen fiir Orte-entga
ben die angeblich seiner Samt-reines
sion zu gute kommen das beißt zum
Antan von Oelgemälden und Unna
rellen verwendet sein sollen; und ge
stern forderte er mir wieder zweitau
MIMO,-ohne A be- gu wel
chem Zwecke et das viele ld bennsen
will. Können Sie das bestreiteni"
»O, keimwegs!« erwiderte hetr
Selle kühl. «Aber ich bestreite aufs
Mchiedensie, daß Jhr We ew
sinnig genannt werden darf. E hält
sich zwei··Reitpferde, wie hierorts mehr
oder weniger jeder reiche junge Mann
es thut. et ist Mitglied des Segelklubs
wie die Söhne der meisten reichen El
tern, er bat einen Bedienten. wie er
von Kind-deinen an gewöhnt gewesen,
und er wohnt allerdings elegant und
hübsch, sogar in meiner Nähe! Jch
habe mich nämlich nur deshalb in
St. Geokg niedergelassen. weil die
Wohnungen dort gesiindet, freundli
cher und billiger sind als in der Stadt.
Und was seine Passion fiir Bilder on
belnsgt. so weiß ich von Künstlern,
daß er in der That ein Verständnis
fiit Malerei besiht5 ebenso meine ich.
daß ein junger Mann. dessen Vermis
gen sieh auf weit über eine Million
bezissert, wohl etwas einer Liebhaberei
opieen dari, die nicht zu den unlaute
ren gehört —«
»Sie nehmen immer feine Partei,
Herr Selle.«
»Und mit Recht, herr Schenken«,
erwiderte der alte Mann. »Ich glau
be mir etwas Menschentenntniß er
worben zu haben im Laufe der Jahre,
und außerdem —- ich habe seine ver
storbene Mutter getannt und habe sie
lied gehabt, wie man nur fein eigen
Kind lieben kann; da darf ich wohl
auch den Sohn ein wenig lieben und
versuchen ihm das zu ersehen, was
er leider zu früh verlor. Mir bat bis
heute noch Niemand gesagt. daß er
leichsinnig fei.«
»Dann will ich es Ihnen tagen.
Herr Selle", brauste derPrinzipal anf.
«Seine Patsionen sind wohl nicht im
mer die lauterften, denn —- tvann war
es doch? Ja, ehe das Thauwettet ein
strat, am vorigen Dienstag. da fuhren
meine Frau und Tochter zu Schlitten
auf der Außenalster nach hardestehude
und begegneten dem herrn Neffen mit
»einer jungen Dame, beide auf Schlitt
Ischuhen Sie hatten sich gegenseitig
die Hände gereicht und schwebten da
hin, als ob die ganze Welt sie nichts
anginge!«
Der alte here lächelte.
.Geschieht dies nicht bei Tanzgesells
Jschasten ebensallsi« »
I »Bei Tanzaesellschasteni Sie meii E
snen doch wohl Privatbiillei Nun, da
Jweis man wein man Zutritt gewährt
Ader öffentlich, gleichsam Arm in Arm
init einem Mädchen niederer Herkunst
Schliitschuh zu laufen, das geht doch
iiber ErlaubtesF
»All» ein Mädchen niederer Her
kunsti« fragte der Prokurist mit ei
nem unsagbar komischen Ausdruck des
Gesichtesz »kannten denn Jhre Damen
das Mädchens«
here Schenken war plöhlich an das
Fenster getreten und tronimelte aus
den Scheiben, ein sicheres Zeichen ho
her Erregung bei ihm. Die dreiste
Je » seinejllnteraebenen genirte ihn;
endl ch wendete er sich um:
«Jawohl, meine Else hat sie er
kannt, es war die Tochter des alten
Krämer-, Jhrej Nachbarn in St.
Georg —- wie heißt er gleich? — die
sen Menschen. dem ich einst mein Haus
verbieten mußte, als er zudringlich
wurde. Run. «Westermann« nennt er
sich ja wohl?«
«Ganz recht, her-e Schenken; ein
hildhiibsches Mädchen. die Tochter.«
»So, Sie kennen frei«
»Ja, get Schenken, und auch die
Eltern ieser «alte Krämer« ist ils
»was ein Ws achtlos-W
Mann, der sehr triibe Schicksale erlebt
jhaben soll und schliesslich sasi erblins
Die Tochter, ein höchst lalents
Fdolles Mädchen, ertheilt in zwei der
lgriisten Institute jungen Damen Un
terricht im Zeichnen und Malen; Sie
jwissen ja, here Westermann war stil
sher ein tüchtiger Kiinsilee und hat auch
jin diesem Ihren hause —«
Sie sind ja sehe genau orientirt!«
unterbrach der Kaufmann.
. Wir sind Nachbarn, Herr Sehen
en.«
»Und mithin ist mein Reife eben-i
falls Nachbars Kösilich2 Ader ich bin
gottlab im Stande, einen Riegel vor
zuschieben und denJungen vor Ab
wegen zu bewahren; er soll und darf
sich nicht verpliimpern! Sein Vater
hat glücklicherweise mich zum unbe
schränkten Vormund bestellt, und ich
werde ausgedehnten Gebrauch von die
see.posneaiht«ueechen.-W Sie den
Vater näher gerannt?«
»Sei-reine und gern gehabt, herr
Schenken«, erwiderte der alte Mann.
«Jch fah diese Schülerllebe entstehen
und wachsen, sah den Jammer Jhrer
Schwester, als here Maria wieder hin
übergehen mukte nach Beruqu um
in das Geschäi seines Vaters zu tre
ten, und dann den Jubel, alt et naeh
wenigen Jahren wiedersehen um
sein Mars Weib heimzuführen Und
als e Frau Schwester dem Minia
sieber erlag und rr Maria aus den
Wunsch der rstprbenen seine
Verbindungen drüben löste und
wenit seinem , tleinen Sohn nach
can-barg sog. da habe ich hiiusig mit
ihm im Mhr gestanden, habe ihm
gerathen, so gut ich vermochte, und
glaube —- sein Vertrauen besessen zu
haben. Leider erlag e: ia bald der
Krankheit. die er mit herüber brachte.«
»Ja, er starb hier in meinemdause«,
bestätigte Herr Schenken nachdenklich«
.nnd hier in dieser Stube-hat er sei- s
nen lehten Willen ausnehmen lassen..
dessen Kenntniß den herrn Sohns
wohl etwas vorsichtiger machen dürfte ?
in der Wahl — nun. mit einem Wor- 4
te, warmen Sie ihn! Es thnte ihm»
dereinst schwere Reue bereiten, wenn
er leichtsinnig in's Zeuggeht.'
»Gott ich diese Mittheilung als ei- !
nen Austrag ansehen, Herr Schenken?
Jn dem Falle müßte ich bitten, mich
mit dem Jnhalte des Testamentes be
tannt zu machen, soweit es das von
Ihnen berührte Verhältniss betrisst.«
»Seht gütig, Herr Selle'. llang es
sast höhnisch zurück. »das Testament
tornmt erst zu einem bestimmten Ter
min, am Tage seiner Großjöhrigleit,
zum Vorschein. und dieser musz ab e
wartet werden. Jch wiederhole a r.
ein junger Mann oerplämpert sich gar
leicht, und Matta hat, wie es m i r we
nigstens scheint, besonders lockere An
sichten in dieser Richtung. Jch bin sein
Onkel und Vormund, ihm auch sehr
zugetham obgleich er es nicht merten
zu wollen scheint, und herzlich gern
bereit. ihm in jeder Weise mit Rath
und That zur Seite zu stehen, na
mentlich in einer Angelegenheit von so
Ygroßer Wichtigteit.«- —
Fortsetzung solxkt.)
iDas Hundertimnlenstüel.
komme von s. Gefli.
l21. Fortseyung und SchlusH
z »Und diese Mörderint« fragten
idie beiden Zudörer wie aus einem
" Munde.
.Jhr Name wird Ihnen völlig
unbetannt sein. Er lautet Violetta
Garneri. und die Unselige war die
Tochter eines Artisten von italieni
scher Abstammung der wegen ver
iasiedener tckerrserer Bergehungen
irhon seit geraurner Zeit hinter schwe
dischen.Gardinen sitzt. Sie stand
eine Zeitlang in Beziehungen zu
Ihrem Neffen Heemann Ollendort,
nnd weil sie sich überzeugt hielt« daß
der junge Mann sieh um einer ande
ren willen von ihr abgewendet habe,
hatte sie den Entschluß gefasst, sich
an dieser vermeinten Nebenhuhlerin
zu rächen. Ich weiß nicht, oh ich
mich iiher dieie Dinge ganz offen —«
»Ja, Sie dürfen ganz os en spre
chen. Herr Kommissar«, lage Mar
garethe, die band ihres Verlobten
rnit snoelk festerem und zärtlichereni
Druck umschließend .Die Reden
huhlerin, von der Sie da sprechen,
soll ich gewesen sein sp- nicht wahr?"
Der Beamte nerdeugte sich bestä
rigend. Dann suhr er sort: »Die
Leidenschastlichteit des Mädchens
muß etwas von wirtliehern Wahn
sinn gehabt haben, denn nur eine
Wahnsinnige lann Handlungen he
gehen, wie diese Violetta Garneii sie
zur Erreichung ihrer Ahsiehtens un
ternommen hat. Zunächst war eg
ihr darum zu thun, die Nebenbnhles
rin, deren Namen sie aus einem aus
gesangenen ,ader gestohlenen Briese
Ollendorfs erfahren, kennen zu ler-·
uen und zugleich eine Gelegenheit
zur möglichst gesahrloien Buchw
rung des geplanten Verbrechen-z aus
zulundschastem Und wissen Sie,
was sie nach ihrem Geständnis zu
diesem Zwecke gethan hat? Sie suchte
sich in männlicher Berlleidung Ih
rem hausniädchen zu nähern. mach
te dieser zwei oder drei Tage lang
in aller For-n den has und henii te
die ihr in verschiedenen Winkeln
Villa gewährten Zusammenliinste,
um sieh das hau- anzusehen und
sieh itder die Gewohnheiten und El
sas-Moan seiner Bewohner
zu nnterriehten.« -
»Sie alio wäre der ungetreue
Liebhaber ver armen Lan gewe
sen?« rief Margarethe. »Nun ver
stehe ich sreilich den baßsunielnden
Blick, den dieser vermeintliche junge
Mann mir Fugen-orien, als is-, ihm
in! Stelldichein mit dem Mädchen»
überraschte.« « l
»Und weiteri« drängte der Zion
sul. »Die geheimnisvolle Kiitenrei-"
sende —- auch sie wäre diese Violetta
Garneri gewesen?« « . i
»Allerdinge! Sie hatte in den
Zeitungen von einem Schneider ge
lesen der sich in einer Kiste hatte
von Budapest nach Paris befördern
lassen, nnd angesichts der so viel ge
ringeren Entfernung schien es ihr
ein leichte-, die Unbeqnetnlichteiten
und Gefahren eines solchen Trans
port- aus sich nehmen, wenn sie
ichseit sent-nnd ih
seen Iiachehlan durch-us hren
Liebhaber ihrer epileptischen S we
iter ist ein eher-alle er nbert nsti
ler, indess dessen Besih nesür Vio
lettas che besondersu geeignete
Kiste beand. Sie weihte den inn
sen Menschen so weit in ihre Pläne
ein, als es sich-b konnte, ohne
irn ihre wahren ten u verra
i n, und sie bestimmte Ihn, vie
Kiste ev ten. stack-dem sie sich
ans dein den, wo sie so lange ge
standenO darin tte einschließen las
sen. Die Dei-e che af Frau Lorenz
ge natileiich se bsi ausgegeben,
nnd e herrschasten wissen ja, wie
vollständig der weitere Verlauf der
Dinge ihren Erwartungen und Ve
rechnunaen entsprach. Die Kiste wur
de in den Vorleller geschafft. ohne
daß irgend jemand etwas von ihrem
lebendigen Inhalt geahnt hätte. In
der Nacht, als nach idrer Meinung
alles im Hause zur Ruhe gegangen
war, konnte sich die Oarneri mit
leichter Mütte- azis ihrem Gefängniß
befreien. Einen mitgenommenen
but und ein Jalett darin zurück
lassend, dssnete sie in erstaunlich
laltdliitiger Berechnung zunächst mit
tels, des im Schlosse steckeiidenSchliiss
sels die bintere Ausgangstliilr, nrn’
im Fall einer Entdeckung durch dieis
Vinderniß nicht in ihrer Flucht aus-s
gehalten zu werden. Dann. als sich’
etwas im Hause zu regen schien. lehr
te sie noch einmal in den Vorteller
zueiiet Auf diesem Weae verlehte
sie sich an einem vorstehenden No el
start die Hand. Eine balde o r
ganze Stunde später erst stieg sie,
mit dem Chlorosorrntliifchchen und
einem scharsgeichliisenen Dolchmesser
ausgerüstet, die Treppe in das obere
Stockwerk empor. und ohne Zweisel
ist sie es arti-klein die von den inzwi
schen aeriiuichloö eingedrungenenDies
ben beobachtet wurde. Sie horchte
an der Thiir ideg simmers, darin sie
ihr Opfer vermuthen mute. Da
sie ader drinnen ein Geräul f iu ver
nehmen glaubte« entsanl ihr der
Muth, und sie stiea unverrichteter
Dinge wieder in den Keller hinab.
Ader sie hotte ils-ten Plan trondern
nicht ausgegeben, und nach Verlauf
einer weiteren Zeit, deren Kruer sie
gestern nicht mehr anzugeben ver
mochte. unternahm sie den verhäng
nißvollen Wra zum zweiten Male —
diesrnal leider mit vollem Gelinaen
ihres oerbrecherischen Verbot-ens. Sie
wußte aena«.·, wo das Bett stand, und
sie bemühte sich, das mit Chlorosorm
aeträntte Iaichentuch aus Nase und
Mund der Schlafenden in drücken.
Bei der Berührung aber erwachte die
unglückliche Frau und suchte sich ihrer
Angreiserin zu erwehren. Ein ei
gentlicher Kampf hat wohl kaum zwi
schen ihnen stattgefunden, dazu wa
ren ihre Kräfte zu unaieich, und das
Betäubungsmittel mag überdies iebr
bald seine Wirkung geäbt haben.
Die Wunde an der Hand kina aber
dabei an zu bluten und ert!iirt nicht
nur die Blutspuren auf dem Bett
tissen wie im Keller-. sondern iie ift
auch die Vergeltun gewesen« der die
Mörderin nach urchtbaren Leiden
zum Opfev siei. Aus Furcht, einen
Verdach« aus sich zu ziehen, hatte sie
nicht gewagt, zu einein Arzt zu geben«
und fie suchte hie hestiae schmerzende
Verleguna stets durch Zas Tra en
von andschuhen zu verbergen. ie
Folge dieser Vernachlässiun war
der Eintritt einer Blutvergiftunz
die endiich ihre Ausnahme in ein
Bcrliner Krankenhaus nothwendig
machte. Die Aerzte versuchten durch
wiederhoite Operationen ihr Leben
Leu erhalten. aber bei bem vorges
ichrittenen Stadium der Veraistuna
vermochte ihre Kunst nichts mehr
auszurichten Die Unsetiae ist ge
stern gestorben, nachdem sie unmit
telbar barher in der Gewi heit ihres
nahen Todes mir und einem Berli
;ner Richter noch ein unumwunde
jnes Geständnis abgelegt hat· Sie
hatte sich des mitgebrachten Dolch
zmefserj nicht zu bedienen brauchen,
: denn nachdem sie . der « betöubten
»Frau. um ihr Nischel-r unhörbar zu
Yimachem wohl zehn Minuten lang
inrit ber aanzen Kraft ihres Körpers
»des- napkpsiihr aus due Gesicht ge
drückt hatte. gewann sie die Ueber
zeugung, baß ihr Opfer todt sei,
! und daß sie sich eine weitere Schlach
Hterarbeit ersparen könne. Sie stiegd
nack- ihrer eigenen Versicherungl
vollkommen ruhig wieder in den
Heller hinab. holte ihren Hut und
»Ihr Jatett aus der Kiste und ver
Hliesz durch die hintere Thiir unange
lsochten das Haus. Auf dein Wege
durch den Garten sah sie im Man -
ichein etwas Glänzendes irn Sande
lie en, das sie halb mechanisch aus
ha und zu sich steckte. Es war das
von den Dieben bei der eiligen
Flucht verlorene Hundertsrantem
stück, dessen Austauchen in Berlin
uns so viel Kopszertrrechen verursacht
hat. Dann stieg sie gleich den Ein
arechern iider die niedrige Mauer
in den Garten der unbewohnten
Nachbarvilla und wann von da
ungesehen die Str e. Zie giebt
an, sich dann noch ein paar Tage
Hang in der Stadt aufgehalten zu
Etat-en, und sie hat sogar noch einen
Versuch gemacht, sich durch Bitten
und- Vorstellungen den verlorenen
Geliebten wiederzugewinnen Als
Ollendors indessen ihre Unfreihe
rungeversuche mit Entsckiedenheit
suriickwiei und ihr erklärte, daß es
seine Absicht sei. nach Amerita aus
zuwandern, hatte sie die Stirn. ihn
in einer anonnmen Zuschrist als den
Thäter des in der Ban Briining
verühten Versprechens zu bezeichnen,
weil sie dadurch seine Reisenliine zu
'vereiteln hasste. Dann lehrte sie
nach Berlin zurück. ohne daß sich
auch nur der gerin ste Verdacht ge
gen sie erhaben hiit e."
,Jsi sie selbst es ’gewesen, die das
Goldstüct zu verauigahen suchte?«
seagte der Mittäti
«Nein- Zu r Zeit, da sich die
ser Vorfall erei nete. war sie bereits
im Kranien u e. Aber i re Schwe
ster hatte e versteckte iinze ge
unsden nnd sich aus drückender Noth
zu ihrer Berwerthuna entschlossen.
Diese Schwester lies mir gestern rein
zufällig in den Weg, als ich nach vie
ler M he endlich aus die Spur des
Whesi es Meer war und
ihn in einer sung aussucht.
um nähere Instit-site iiher die von
ihm derschiette Person zu erlange-.
Da fiel es mir nicht mehr u schwer,
die beiden zu einem Oeffnan u
bewegen, das dann am Sterbe e
der unseligen tiioletta seine leite Be
stätigung und Ergänzung sand.«
Tiefe Stille war seinen lehten
Worten gesolgt. Margarethe hatte
leise weinend ihren Kopf an der
Schulter des Konsuls verborgen.
Auch Gerhard Brünina that keine
weitere Frage mehr. «
An der nächsten Station stieg der
Kriminallommissiir unter einem
Borwande auc, um seinen Pia in
einem anderen Abtheil zu wii len.
denn er war taltooll aenuch um zu
empfinden« daß diese beiden Men
schen ieit die Anwesenheit eines drit
ten nicht ertragen konnten.
Trotz ihres Alleinseine sprachen sie
nicht viel miteinander. Aber jedes
von ihnen verstand auch ohne Worte,
was im setzen des anderen vorging.
Erst als in der Ferne die Thurme
der Stadt auttauchten, darinnen sie
so Schweres hatte durchleben mits
sery sagte Margarethe leise: »Du
wirst noch heute Deinen Bruder aus
suchen —- nicht wahr? — Und Her
mann —"
»Ich werde für Hermann thun,
was ich an meinem eigenen Sohne
! thun würde, wenn ich an ihm gut zu
Imachen hätte, was an meinem un
gfliicllichen Reisen gefehlt worden
r ."
Du schlau en ihre Arme sich noch
einmal um einen Nacken. und ihre
Lippen sliisterten ihm in’5 Ohr:
Und ich — Du Theater, ich will
Tini danken durch ein ganzes Le
den voll grenzenloier, hingebender
Bebel«
« tEnde.)
Schmieten - Schar-spielen all der
Soussleut eine auf die Bühne gefal
lene Wurst verschwinden lassen will:
»Rosen Sie sie gleich hergeben-! Wer
bot den hamlet gefpiels —- ich oder
Sies«
seit-Zeus Kennpeichem
Frau huber tomcnt aus bie Polizei,
um schluchzenb zu erzählen, baß ihr
Mann seit drei Tagen verschwunden
ist« Sie vermuthet, baß er verun
gliirtt ist. Ein Beamter notirtsbas
Signalement beLVermißten Bei der
Rubrik Besondere Kennzeichen«
schlutbzt Frau Haber: »alleweil
burschtig·«
Seit einigen Jahren will man bie
Bemerkung gemacht haben, daß die
Körpergrösze der Japaner in der Zu
nabrne begrissen ist. Wenn die tleinett
Japaner die Aussen verbauen tonnten,
was ist alsdann von ihren größeren
Nachtommen zu erwarten?
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Möge ej unserem neuen Krieg-rni
nister vergönnt sein, ebenso friedlich,
wie et sein unmittelbarer Amtsvors
gänger getan, seines Amtes zu walten
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Vorbeizielen ist siir manche das ein
zige Mittel, vielleicht einmal zu tref
sen.
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Nach dein letten Zensusbericht
wurden im Jahre 1907 in den Ver
Staaten sii M,000.000 Autotnobile
gemacht. Za- lann denen wenig hel
fen. die sich teinei taufen können.
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Gerabe weil sie hohl ist, liirmt die
Trommel so laut.
In Rom wurde ein Duell unterbro
chen und die Fortsetzung bis zum näch
sten Morgen ver-tagt Recht so. Die
anderen Komädien werben ia auch in
unebnem Atten gegeben.
. Unser Zekwiirtnis mit Veneznela
jiift in der freundschaftlichsten Weise vor
isich gegangen.
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) Die Prohibition greift jeyt au auf
« andere Gebiete iiber. Der Sta trat
von Mont Clair, N. f» hat den dun
den das Bellen na echi Uhr abends
! verboten. Wird e nein hunde bewie
H sen, daß er nachts bellte; so muß ein
; here ftir den ersten Fall Os, fiir je
weiteren 810 Strafe zahlen. Die
i Schwieri teit besteht nur darin, dem
ihundevie die Stadteatsverfiigung
» tlar zu machen. Leten tönnen doch die
Biestee nicht.