Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 19, 1908, Zweiter Theil, Image 9

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    4 Jahmang
Nebraska
Staats— Anzetger und I set-old.
ii906. CZwei tTheck )
Immer 43 .
Von Reinhard Polter
Durch Dorn und Dickicht drang em
por
Der Pilgrim, der den Pfad verlor.
Da steht, umleuchtet wunderbar,
Vor ihm das Glück in goldnern haar,
Das Glück, und lächelt welch ihm zu:
»Nuh’ aus! Leg’ ab die Wander
lchuh!«
Ein kurzer Blick, ein rascher Gruß!
Gelassen wendet er den Fuß
Und wandelt still und wandert sacht
Hinunter in die tithle Nacht,
Und trägt nur einen gold’nen Strahl
Schweigarn zurück in’3 dunkle Thal.
Das Recht des Herzens
Stizze von Peter Bergkr
Er- bot sich ein hübsches Bild für
die wenigen Vorübergehenden der ftil
len Villonftrahe, als Frau Baurath
Peterfen auf ihrer Veranda ftand im
goldenen Sonnenfchein. Um sie hing
es wie kiiftliches Spihengehiingr. Roth
gliihender wilder Wein. Jhr haar
war schneeweiß, ihr Antlih rosig zart,
ganz leicht gebräunt von Wald- und
Seetuft. die sie den Sommer iiber
reichlich genossen..
Lächelnd stand sie und blickte die
Straße hinauf.
Da tam der Brieftriiger.
Grüßend reichte er ihr einen Brief.
Das waren die großen leidenschaft
lichen Schriftziige ihrer Tochter.
Sie öffnete und las, und ihr Ant
litz färbte fich tiefer.
Das war fo ganz ihre Ina, ihre
einzige Tochter, die das heiße Tempe
rament ihres Gatten geerbt hatte. Der
Todte ftand wieder auf in ihrer Erin
nerung. Es war ihr, als lefe sie
Worte von feiner hand geschrieben.
heiße, gluthvolle Liebesworte, wie er
sie fand, als er feiner jungen Liebe zu
ihr Ausdruck gab.
Die Bauriithin war nie die gestim
ge Mutter, sie war ftets die Vertraute,
die Beratherin, die Freundin ihres
Kindes gewesen. So blieb sie jun-J
im Herzen, empfand mit der Jugend,
lebte einen Frühling im Herbste.
Die Tochter schrieb: »Mein liebes
Manchem Eben wollte ich Dir schrei
ben, wie lieb man hier zu mir ift, wie
man mich verwöhnt, da kam Dein
Brief mit der Nachricht, die mich ganz
unsinnig macht oor Freude. Mein
Herz klopft in Erpreßzuggefchwindig
leit. meine Gedanken fliegen zu Dir
hin. Muttchen, er kommt « Er
kommt zu Dir, und ich bin nicht da,
ihn zu empfangen, ihm in feine gelieb
ten Augen zu fehen, feine Hand zu
drücken! Ach Mutter, sag Du ihm
doch, wie lieb ich ihn habe, fo grenzen
los, fo über alles Maß. Ach, Mutt
chen, und wir haben nichts, ihm zu
geben — nur Liebe ——- Liebe H Lie
bek« —
-« --.
Die Baurathtn seuizie schwer.
»Das Geld, ja - das Geld das
Geld« ——
Jn ihre Augen trat ein feuchter
Schimmer
Der Sonnenschein aus ihrem Ant:
lih erlosch. Einen Augenblick sank-. sie,
dann erst las sie weiter.
»Und wenn er mich nicht liebt, wer
de ich furchtbar unglücklich sein« Des
halb bin ich nicht da, nun er zu Dir
kommt. Wenn er nicht gekommen
wäre « so wie er es beim Abschied in
Heringedors versprochen hat —- wäre
ich wahnsinnig geworden oder gestor
ben vor Schmerz. Mutterchen, Du
bist klug, sei es jetzt -· gib ihn mir.
und er soll es niemals bereuen. Ro
sen will ich aus seinen Weg streuen «
nur Blätter, Blüthen, keine Dornen.
Manchem Manchem gib ihn mir
doch·« Gan verwirrt legte die Baues
thin den eies mit der leidenchastli:
chen Bitte, mit dem heißen Flehen ih
res Kindes aus der behenden Hand.
Bald, nach wenigen Minuten, dann
kam er.
Drinnen im traulichen Zimmer
stand der Kasseetich bereit, siir ihn
gerichtet, den Sohn ihrer liebsten
Freundin
Sie hörte die weiche, klagende
Stimme ihrer Freundin fest in ihrem
Ohr klingen.
»Mein ältester Sohn muß nachGex
heirathen —- er muß und will es nich .
Seine Karriere war so theuer, seine
Brüder sollen ebensolche Karriere ma
chen nnd —- und wenn —- mein Mann
—- sterben sollte —- Gott behiite ihn
uns —- dann muß er sorgen siir seine
Brüder. Von meiner Wittwenpsnkion
kann ich’s nicht.'«
»Aber, Liebste, noch lebt Dein
Mann in voller, rechter Mannestraft
Er wird noch lange leben, er ist aus
dem holz gebaut, das Neunzigjiihrige
brauchen.«
So hatte sie getröstet.
Aber dann sahen sich beide. hre
Tochter und der Sohn der Freun in.
Die Mutter selbst hatte sie zusammen
geführt.
Wie ein Kind, ein ängstliches Kind
hielt Jna die Bauräthin am Rock ge
aßt.
»Muttchen, ich verliebe mich sicher
in ihn. und er — er soll doch eine
Reiche heirathen."
Ganz zögernd traten Mutter und
Tochter ihm entgegen.
»Kind, Kind, du steckst mich ordent
lich an mit deiner Angst — komm nur
» lomrn und sei oerniinstig.«
So trasen sie sich am Strand der
Ostsee.
Mit großen. ernsten Blicken sah er
Jna an, die seinen Blick ebenso ernst
erwiderte und ganz rasch sentte. Sie
wollte ihn nicht ansehen. Sie senkte
die langen dunklen Wimpern aus die
zarten, etwas blossen Wangen.
Aeuszerst ernst, fremd, gingen die
beiden jungen Menchen nebeneinan
der. Jhr Jnneres war tief bewegt.
Aber dann begann Jna das etwas
peinliche Schweigen zu brechen.
Jn ihrer ganz einfachen, natür
lichen Weise sprach sie alles, was sie
dachte. Ueber das Leben, die Men
schen sprach sie. Er lauschte ihr und
hörte den leisen, bebenden Unterton
der Wehmuth, der Sehnucht aus ihren
Worten.
Oft schlug sie auch vie Augen zu
ihm auf, in kurzem, seelenbollem Blick,
)dann mied sie es, in tiefem Erfchrecken
»seinern ernsten. suchenden, forschenden
EBlick zu begegnen.
i Er kannte sie auch schon seit Jah
ren.
»Jna -——- Jna -—— immer hörte ich
diesen Namen, immer höre ich sie prei
sen als sonniges, lebhaftes, einfaches-,
natürliches Wesen. Jch möchte sie
doch einmal sehen, diese »Jna«, von
»der ihr alle schwärmt.«
»Na, na —- nininr dich in acht«,
warnte lächelnd sein jüngsier Bruder,
»diese Jna könnte dir gefährlich wer
den.«
Zärtlich fing sich sein Blick in ih
rem Auge, wenn sie nur turze Sekun
den ihn anblickte.
Was sie sprach in all’ der Zeit, die
sie nun zusammenlebten, war nur ein
Echo seines Denkens, das er ihr nie-:
lmalg verrathen hatte·
So traten sie sich nahe, ganz nahe.
Die angstvolle Scheu Jnas verlor sich.
Sie liebte und gab sich in heißer
Freude dieser Liebe hin. Jhre sonnige
Heiterkeit verfcheuchte alle Wehmuth.
Das wußte ihre Vertraute, ihre
Mutter.
Aber sie war so aussichtslos, diese
Liebe. Jmmer hörte sie es von feiner
Mutter: »Er muß ja nach Geld hei
rathen. Nicht um sich, aber um sei
ner Brüder willen.«
! Die Bauräthin gab ihr nicht recht.
"Sie stand immer auf Seiten der Ju
zgend, der fordernden Liebe.
An alles das dachte die Bauriithin.
Der Ruf ihrer Tochter tönte in ih
rem Herzen:
»Gut ihn mir doch:"
Was follte, was lonnte sie denn
thun, diefe ftiirmifche Bitte zu erfül
len? Eine lranlhafte Sehnsucht nach
Reichthum, nach Geld beherrfchte feine
Mutter. Eine ehrgeizige Frau kann
schlimmer fein als ein ehrgeiziger
Mann, der doch immer weiß, wie hoch
er fein Ziel sich ftecken darf, wie weit
fein Können reicht.
Jn Gedankenfchnelle rafte dies alles
durch den Kon der Bauräthin. Zwi
fchendurch tönte Jnag Ruf: «Gib ihn
mir doch!« —- Beim Klang der elektris
fchen Klingel fchrat sie zufammen.
Nun lam er.
Scheu, angftvoll steckte sie Jnao lei
denfchaftlichen Brief in ihre Tasche.
Sie wollte es, aber ihre Hand zitterte,
sie glitt neben die Tafche, der Brief
fiel auf den Teppich!
Da lag er zu feinen Füßen·
Sie fahen es beide nicht. Sie blick
ten fich beide an, froh bewegt von dem
Wiederfehen.
Sein Blick suchte.
»Jna ——- Jna tft noch nicht da« —
Ein tiefer Schatten zog über feine
fonnig lichten, froh bewegten Züge.
Sie war leine Diplomatin, die
Bautiithin, aber der Zufall oder die
Vorsehung war es, die den Brief auf
den Teppich warf, dicht vor Horftö
Füßen.
Mit feinem fcharfen Blick erkannte
er foforl die großen, leidenfchaftlichenz
llaren Schriftziige des Mädchens, das
er liebte.
Mit gefenltem Blick hiirte er die
Worte der Bauriithin an feinem Ohr
verhallen.
Die Bauriithin wunderte sich, wie
verklärt ihr junger Gast plöslich zu
ihr ausblicktr.
an seinen Augen blitzte Glück und
selige Freude. Ordentlich herausfor
dernd blickte er die Baukäthin an, daß
sie beschämt die Wimpern sentte, ganz
wie ihre Tochter es that
Sie sprach von allem möglichen, nur
nicht von dem, was ihr Herz bewegte.
Sie war verwirrt wie sonst nimmt-L
Sie schalt mit sich, nannte sich eine
ganz schlechte, seige Mutter. Der Name
Jna zitterte nur zaghast über ilxe
Lippen.
Aber da begann es von den Lippen
Horsts zu sprudeln: Ina, Jnat Jn
jedem Sah ihr Name. Er sragte, er
forschte, er konnte nicht genug hören
von ihr.
Stunde um Stunde verrann.
Die beiden saßu und sprachen, und
zwischen wehte der Geist Inn-T
Die Zeit der Abendmahlzeit naht
Iheran sp
Er verließ seinen Platz nicht« Ent
lich ging die Bauriithin hinaus, it
Anordnung betreffs des Abendbrot
ihrem Mädchen zu ertheilen. ,"
Mit raschem Griff nahm Her
den Brief auf. Es war ihm, a
könne er noch nicht gehen, als rnii
er bleiben, als wäre seine Heimats
»von jetzt an hier bei ihr — ihrer Mus
»ter.
s Die Bauräthin gehörte nicht zu den
»Miittern, die es verstehen, den Augen
;blick zu niiyen und festzuhalten. Abe;
ldann begann sie doch, ihm die Kind
’heit und Jugendbildnisse Jnas vorzu
»fiihren und allerlei geflügelte Worte
xvon ihr zu erzählen.
s Endlich, gegen zehn Uhr. zog er dir
-Uhr· Er erschrak iiber die späte
Stunde.
So rasch war ihm die Zeit noch nie
mals vergangen.
; Da plötzlich ein stürmisches Klin
-geln.
; Die Bauräthin erschrak. Horst
;lauschte gespannt.
Da ging die Thiir aus.
»Muttchen, ich hielt es nicht mehr
ans —-- s— —- ah — ah — Sie —
Sie -s— noch hier?«
» Glühend roth, befangen, scheu,
angstvoll stand sie vor ihm.
DieBauräthin begriff, daß sie über
flüssig war.
Die beiden hörten es nicht einmal,
als sie sagte: »Ich will den Kutscher
bezahlen.«
Lächelnd, strahlend zog er den
Brief, ihren Brief aus der Brust-.
tasche.
»Das - s das habe ich gelesen«
s sprach er triumphirend, und sein
Rluge bliyte in das Jhre.
l »Wir sind reich ---- so reich noch
sreichrn als meine Mutter es je ge
wünscht und ersehnt hat.«
s So sprach er, als die Baurätliin
Feintrat und beide eng umschlungen
: fand
HO
F tstm Blume-Mqu
s Eneintichkeit und Saudekteit dis- W
llcbertreibung ist bekanntlich eine Lei
denschaft der Holländer; sie geht so
weit, daß sie an Fremden oft peinlich
wird. Liebenswiirdiger erscheint uan
die Blumenliebe und Vlunienvflege,
worin die Holländer ihre englischen
Nachbarn noch überhieten. Einersektsz
eignet sich der Boden Hollands vorzüg
lich zur Blunienzucht, anderseits hat
der Holländer das Bestreben, sich gegen
die Eintönigteit seiner'Marschen, Hei
den, Siiinpfe und Dünen, gegen den
oft umnebelten, grauen Himmel, gegen
die nkatte feuchte Lust und die nasse
Erde ein fröhliches Gegengewicht in
schaffen. Dieses erreicht er durck das
Rette, Heitere, Bunte an und in sei
neu Wohnungen und Gärten. Wo
durch aber tönnten Haus und Garten
wohl netter, heiterer und bunter ge
staltet werden, als durch die lieblichen
Kinder Floras, die Mojen Bloeiitvieg«-.'
Wenn man durch die Straßen hol
ländischer Städte geht, so grüßen
überall hinter den spiegelnden Schei
den blühende Topfpflanzen Sie he
ben sich lebhaft und freundlich von den
spihenartigen Gardinenfliigeln zur
Rechten und Linken ab, sowie von dem
dunklen, fast schwarz erscheinenden
Hinter runde des Zimmers. Nicht
ohne bsicht haben die alten holländi
schen Blunienmaler, ein Jan David de
Heeni, eine Maria van Oosterwyt, ihre
Blumenstlicke auf dunklemhintergrund
gemalt. Es war die Zeit. da die Hol
länder die Gärtner Europas waren,
und der Admiralitätsgarten in der al
ten Stadt Medeniblick wegen seiner
herrlichen Blumen und seltenen Ge
wächse durch gaanuropa hohen Ruhm
genoß.
Heute ist die schöne und saubere
Stadt Haarlern in der Provinz Nord
holland wegen ihrer Blumenzucht be
rühmt. Von Ende April bis Endej
Mai scheint die ganze Stadt aus einem
bunten Riesentissen von Kroius, Ane
n:onen, Auriteln, Narzissen, Tulpem
Otiazinthen und Nelten zu liegen. Nicht
Beete, nein, weitläufige Felder sind
mit diesen lieblichen Blumen bestan
den; ein würziger Wohlgeruch erfüllt
weithin die Luft. Ein großer Theil der
Gärten Europas wird von Holland,
namentlich von Haarlem aus, mit Blu
men versehen, und es ist nicht zu leug
nen, daß der Sinn siir die Kultur der
fclhen von hier ausgegangen ist. Seit
dem 15. Jahrhundert ist die Haude
rser Hyazinthenzucht der Stolz der
Niederlandr. und im 1.7. Jahrhundert
wurde siir selteneSpielarten der Haar
lerner Hyazinthe ein Vermögen gebo
ten. Noch berühmter und begehrter
wurde die Haarlemer Tulpe. Jn den
Jahren 1636 und 1637 herrschte in
Holland ein wahres Blumenfieber; wie
jetzt in Staatspapieren und Industrie
attien, spetulirte man damals in Blu
men, namentlich in Tulpen. Man
verkaufte Zwiebeln, die man gar nicht
besaß, siir unerhörte Summen, mit der
Bedingung, selbige dem Käuser zu ei
nem bestimmten Termin zu liefern.
Für einen einzigen sen-par Augustus
bezahlte man 85250 Für eine andere
Zwiebel —-es war die von Viceroi —
vupslichtete sich jemand folgendes zu
liefern7 2 Last Weizen, 4 Last Rog
aen. 4 fette Ochsen, R Ferkel, 12«
Schafe, 2 Oxhoss Wein, 4 Tonnen
Achtguldenbier, 2 Tonnen Butter,
1000 Pfund Käse, ein Bündel Kleider
und einen silbernen Becher. »Admiral
Lieslenshoeck«, »Adn:iral Enthuizen'«
O dies die Namen siir bestimmte Tal
pen — brachten es zu Tausenden von
Dollars. Jn einer einzigen holländi
schen Stadt sollen damals siir 4 Mil
lionen Dollars Tulpenztviebeln ver
taust worden sein,und jemand gewann
zuAmsterdam in vierMonaten 827,500
an diesem Handel. Alle Stände wa
ren von der Sucht, Tulpenztviebeln zu
ziehen, ergriffen, um schnell reich zu
werden
Fiir den Handel mit Tulpenztoie
beln hatte man besondere Markttage
festgesetzt »An solchen versammelten
sich tvie aus einer Börse an bestimmten
Plänen in buntem Gemisch die Tut
penhändlerI Kaufherrem Grasen, Da
men, Handwerker, Bauern, Schiffer,
Taglöhner, Näherinnen, Dienstboten
und Kinder und tausten und vertaus
ten Tulpenztoiebeln Fehlte einem das
»Geld zum Kaufe, so trieb man Tausch
shandeL
s Mancherlei Anetdoten laufen aus je
Tnen Tagen um. Ein Matrose trat bei
!einem Amsterdamer Kaufmann ein
Hund iiberbrachte eine Botschaft. Der
sKausntann setzte ihm eine Kanne Bier
snebst einem Hering vor und ließ ihn
mit diesem meiß allein. Der Ma
trose hätte gern eine Ztviebel zu dem
Hering gehabt; er sah sich in der Stube
um und entdeckte zu seiner Freude aus
der Fensterbant die begehrte Bol. Er
nahm sie, schälte siexsehnitt sie in Scheis
ben und verzehrte sie mit dem Hering.
Da erschien der Kaufmann, sah die
Schalen aus dem Tische, blickte nach
der Fensterbanl, und schloß, da er die
Znsiebel dort nicht entdeckte, aus«dasl
geschedette unlink der Makroie nacie
eine Tulpenzwiebel verspeist, die 8200
lgelostet hatte! Ein andermal steckte ein
englischer Naturforscher in einem hol
iändischen Garten ein paar Zwiebeln
zu sich, an denen er die schädliche Wirt
samteit der Tulpeniliege untersuchen
wolltet er wurde desJ Diebstahl-:- be
zichtiat und sollte einen Schadenersatz
leisten, wie wenn er Diansanten und
Perlen aug- einer fiirstlichen Schatz
iamnier aestohlen hätte
Die Tulpe wurde zu jener Zeit auch
in der Industrie Mode. Alle Stoffe,
namentlich die Brabanter Spitzen,
mußten Tulpenmuster zeigen, wenn der
Verläuser aus Absatz rechnen wollte.
Selbst auf den Blumenstiileben der
holländischen Maler oes 17. Jahrhun
dertjes durfte die Tulpe nicht fehlen.
Der damalige Tnlpenhandel führte,
schwindelhast wie er zum großenTheil
war-, allerlei Streitigkeiten und Klä
gereien herbei: namentlich wenn die
Köuser sich weigerten, die vorbedunge-’
nen Summen zu zahlen. Da bestimm- i
te die Reqieruna am 27. April 1637,s
daß dergleichen Summen aus dem ge-«
wöhnlichen Wege, wie jede andere
Schuld, beigetrieben werden sollten»
Jetzt stürzten die unsinnigen Preise aus s
einmal und man konnte nun einens
sesmper August-us siir 820 habenu
nie ist 5154 schon sehr viel siir eine
wirbel.
Man könnte sagen: die von ihrer
hohe gestürzten Tulpen haben sich ge
rächt. Der Blumenmaler Jan van
Huysum (1682———1749) malte sie. Nun
wurden die Bilder schon zur Lebzeit
des Malers von den ersten Fürsten und
den reichsten Liebhabern eifrig begehrt
und mit denselben hohen Preisen wie
einst die natürlichen Tulpen bezahlt;
auch erreichen sie noch heute vor allen
ähnlichen Stilleben anderer Maler bei
weitem die höchsten Preise. Van Hun
sum verstand es aber auch mit stau
nenswerther Meisterschan den Glanz
der Tulpen, den Silberstaub der Au
riieln, den bltntenden Thautropsen im
Blumentelche wiederzugeben.
Nachdem sich in Holland die trank
haste Begeisterung für die Tulpe gelegt
hatte. wandte man sich wieder der Kul
tur der Hyazinthe zu,und nun entstand
im Anfang des 18. Jahrhunderts eine
förmliche Sucht nach Erzeugung neuer
Hhazinthenarten. Die seltensten Exem
plare gingen zu unglaublichen Preisen
ab, eine Sorte zum Beispiel zu sl700.
War in einem Orte die Erzeugung ei
ner neuen Art gelungen, so wurden die
Bewohner der Umgegend zu einem
Feste geladen, wobei der neuen Hyg
zinthe der Name gegeben wurde. Ueber
nahm dieses Amt eine berühmte oder
gar sürstliche Person, so wurde das
Fest mit entsprechender Pracht ausge
stattet.
Diese Begeisterung für die Blume
hat sich in Holland mit der Zeit verirr
gert; trotzdem steht die Hyazinthentul
tur von Haarlem immer noch in gro
ßem Ruf. Den Umsatz des Haude
mer Blumenhandels kann man noch ge
genwärtig auf mehrere Millionen Dol
larL veranschlagen.
Der Schlaf miter- dem Fenster-sein
Das sind jetzt- wieder einmal die
Tage, wo der alte Ruf nach frischer
Lust mehr Anllng findet, als bisher.
Frische Luft im Hause, heißt es jetzt,
und frische Luft außer dem Hause!
Der Mensch soll soviel wie möglich im
Freien leben. Wenn das immer so
leicht auszuführen wäre; die meisten
Menschen haben nach wie vor den gan-»
zen Tag lang in geschlossenen Räumen, »
Schreivstuben, Fabrilen, ums tägliche
Brot zu arbeiten undNachts müssen sie
schlafen, um neue Kraft zur Arbeit zu
sammeln. Das ist lein Leben, das viel
Zeit fiir Aufenthalt in freier frischer
Luft gewährt. Fabrilräume und
überhaupt Arbeitsräume jeder Art
bleiben immer mehr oder weni er ge
schlossene Räume, mag man die Fenster
undThiiren noch so weit öffnen; oft ist
es noch nicht einmal ,,frische« Luft,
was da hereinströmt. Die Gesund
heitsbehörden aller Städte machen ja
alle möglichen Anstrengungen, um den
Arbeits-räumen ein höchst mögliches
Maß von Luftigleit zu verschaffen,.
nnd ihre guten Lehren und Anweisun
gen werden auch so gut es geht befolgt.
Immer geht es aber nicht, und ebenso
wenig lann der Durchschnittsmensch
seine Wohnung so einrichten, wie es
die Gesundheitsbehörde anräth. Zu-«
dein, frische Lust! klingt ganz hübsch,
wenn manche Leute ————— es sind ihrer
aar nicht so wenige « nicht so große
Angst vor Erlältuna hätten. Wie viele
Menschen schlafen Nachts bei offenem
Fenster? Viele. o sa, aber viele schlie
ßen auch die Luftlöcher so dicht es
aehen will, weil sie Angst haben, ein
frischer Lustzug lönne eine nnbedeclte
Stelle des Körpers treffen nnd Rhea-—
matisinus erzeugen. Mit solchen
änastlichen Seelen haben die Gesund
heitsbehörden ihre liebe Noth und sind
schon aus allerhand verzwielte Mittel
verfallen, um die Widerspenstigen der
frischen Nachtluft zugänglicher zu ma
chen. Eines der rerzwicktesten Mittel
ist das neuerlich erfundene sog. »Fen:
sterzelt«, das von der Jndianaer Ge
sundheitsbehörde empfohlen wird. Das
Dqu ist ein zeltartia aufgespannter
Schlunds aus Zeltstoff, der mit einer
Oeffnung im Fensterrahmen aufqes
spannt und mit der andern über den
siopf des im Bette Liegenden gezogen
wird, so dase der Kopf unter dem Rette
im Freien lieat, während der übrige
Körper von der Luft abgeschlossen
bleibt. So tann der Schlafende frische
Luft athmen und der Körper ist vor
Zug und Rheumatismus geschützt
Zur Sicherheit kann man auch noch
eine Schlafmiitze über die Ohren und
das Gesicht ziehen, so daß blofz die Na
senlöcher zum Athmen frei bleiben.
So. und wenn der Mensch dann noch
nicht aesund bleibt, dann ist ihm nicht
zu helfen.
Furchtbar umständlich ist die Ge
schichte mit diesem Fensterzelt trotz oder
vielleicht gerade wegen des feierlichen
Ernste-Z, mit dem sie empfohlen wird.
Besonders die Schlafmiitze hat im hei
ßen Sommer. auch wenn der Kopf im
Freien liegt, wenig Anheimelndes.
Weshalb überhaupt den Körper so
ängstlich vor jedem Luftzuae hüten?
Und denkt denn die fürsorgliche Ge
sundheitsbehörde gar nicht daran, daß
der im Warmen liegende Körper tüch
tig schwitzen dürfte, während der fest
abgeschlossene Kopf kühl bleibt? d. h.
nur« wenn er nicht unter der Nacht
mijsze steckt. Die Jndianaer Gesund
heitsbehörde scheint doch in ihrer müt
tertickten Sorgfalt etwas über das Ziel
hinaus zu schießen. Frische kühle Lust
ist nicht nur siir die Nase, sondern für
den ganzen Körper nothwendig, und
wer die genießen will, der soll ruhig bei
ossenem Fenster schlafen. Er braucht
sich ja nicht gerade in den Zug zu le
gen, aber das Schlaszimrner voll fri
scher, tühler Lust wird ihm sicher bes
ser bekommen, als das Sch ,· bad bei
Kopslustduschex durch Nat tschweiß
wird der Körper auch nicht gerade ge
stärkt. Das Fensterzelt dürfte wohl
kaum als eine glückliche Erfindung zu
begrüßen sein. Wbl.
Bin ehrlicher Finder-.
Schneidermeister Gliihnadel war
» ein braver Mann, nur war er mächtig
tnauserig, seine Freunde nannten ihn
sogar geizig. Eines Tages hatte er süe
den Herrn Pfarrer in D—dors ein
neues Beintleid sertiggestellt. Es war
ein Meisterstück seiner Kunst gewor
den, und sorgfältig packte er es zu
sammen und umschnürte das Packet
ncit Bindfaden. Schon wollte er den
Lehrbuben damit fortschicten, alsihm
einsiel, halt, es ist ein prachtvoller
Morgen, du setzt dich aus dein Rad
und fährst selber hin, denn der Bub
bummelt doch nur und wird vor Mit
tag sicher nicht zurück sein. Der
Meister besestigte also das Packet un
ter dem Sattel seines Stahlrosses
und fuhr ab.
D—dorf lag etwa zwei Stunden
entfernt, und stillvergnügt radelte der
Meister seinem Ziele zu. Auf halbem
Wege begegnete ihm ein Bruder
Straubinger, der mit einem »Gut
Heil!« den Meister um eine kleine
Gabe ansprach. Höhnisch lachender
widerte der Meister das »Gut HeiliY
gondelte aber, ohne anzuhalten, wei
ter. »Seit vergeuden und dem Faul
lenzer noch obendrein Geld geben,«
da wär’ mir so ein Spaß-«
Es war heiß und die Chaussee
staubig, er beschloß daher im ersten
Gasthaus des Dorfes einzukehren,
sein Rad einzustellen. sich vom Staube
zu reinigen, um so dem Herrn Pfar
rer in würdiger Verfassung entgegen
Hzutreten Gedacht, gethan. Aber wie
erschrak er, als er, in D-—dors an
gekommen, sein Packet vermißtr. Es
war aus dem nmfehniirenden «aden
geruticht und lag nun auf men eisen
leerer Chaussee, wenn nicht, wie ihm
plötzlich mit verdoppeltem Erschrecken
einfiel, der Handwerksbursche das
Packet als gute Vrise mitgenommen
hatte. Ohne sich zu besinnen, saß
Meister Gliihnadel wieder auf nnd
strampelte, als ob et wirklich auf
glühenden Nadeln saße, wieder zurück.
Er hatte schon fast den ganzen Weg
vzurückgelegt, als er plötzlich in der
Ferne einen Mann auftauchen sah,
der ihm mit emporgehaltenem Poe-let
entgegengelaufen lam» Es war der
selbe Bursche, der ihm begegnet war,
mit seinem Packet. »Es gibt also doch
noch ehrliche Menschen« dachte der
Meister nnd drückte dem Handwerks
burschen geriihrt ein Maristiick in die
Hand. Dann faß er wieder anf,
nahm aber jetzt zur größeren Sicher
heit dag- Pactet unter den Arm und
radelte seinem Ziele wieder zu. Dies
mal hielt er gar nicht erst beim Gast
lianfe an, sondern fuhr geradeswegs
lzum Herrn Pfarrer, dem er miteiner
tiefen Verbeugung das Packet über
reichte.
Der Pfarrer öffnete es sogleich.
Aber mer beschreibt dasErftaunendes
ehrwiirdigen Herrn und das sprach
;lose Entsetzen Meister GliihnadelsT
; Denn als die schützende Hülle fiel, lag
Ioor ihnen ein altes abgetrageneg,
gänzlich zerfetztes Kleidungsstiick —
l die Hofe dec- »ehrlichen« Handwerks
s barsch-IN
l .-——--· O
Verdachtig.
iWatnesz Gefchichtcheiu
Aus der Obchzeiisreise besuchte ich
mit meiner jungen Frau auch den
Gebbardsberg bei sBreaenz. Kaum
hatten wir den Gipfel erreicht, da
setzte ein tiichtiaer Gewitterregen ein«
Wir slijchteten uns in die Wirtbschast
hinter ein Glas Röthel.
Am nächsten Tische saßen einige
Burschen, offenbar in der Umgebung
daheim. Sie flüsterten untereinander,
ung- dabei fast unverwandt ansehend.
Die Wollen verzogen sich rasch; wir
traten hinaus aus den Balton, die
herrliche Rundsicht zu genießen. Un
sere Tischnachbarn folgten sofort.
,,Na,« redete ich sie da an, »die Herren
kennen sich hier sicher aus«-! Sie könn
ten uns gewiß die Gegend erklären?«
Das thaten sie recht gerne Meinem
Frauchen gab ich dazu den Feldstecher.
Nach kurzer Zeit erhielt ich ihn zurück
mit einem freundlichen «Danie!"
Da nierkte ich, wie einer der jun
aen Männer den Nachbarn anstieß
und hörte die leisen Worte: »Du
dijs is sei Frau net, sie bat Daan ·
g’sa·ai!«