Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 29, 1908, Zweiter Theil, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der-inter- Gerichte-Jene
—- «-«
Jetegeriateink
III-einem Lokalk im Norden der
» ssjrn vier Personen an einem
« Sie schienen alle demSchnaps
Adler in reichlicher Weise zu
: s mzu haben besonders der
Mihnen ein Mann mit er
m Bellt-an Unter seiner ge
, f Jacke leuchtete das Rath einer
- kutscherweste hervor. Er
M M Miibe zu geben, der lauten
W erregten Unterhaltung zu folgen
M von zwei seiner Tischgenossen
- in Handwerkertleidung, ge
wurde. Der Vierte am Tische
ebenfalls aufmerksam zu aber
;H seinem Gesicht lag Hohn unvaei
I- Cr war ein Pole und sprach nur
Melhast deutsch.
«Ick sage Dir, Kamerad, bei Jorze
Ist et doch am schlimmsten! Wer det
sitjemaeht hat« der braucht weiter
W mitgemacht zu haben. Wie vie
Gut-flossen fliegen die Jranaten un
Mpschneller uf uns nieder, Je
Uhrkugeln achteten wir jar nich mehr.
II iet un mein Hauptmann immer
Mit mang. Ja seh ihn noch, wie
zu so mit-R ausjestreckten Arm un sei
, JM Dejen us die Franzosen zeijte und
s M weiter nisckxt sagte als: »Drus
Hindert Nu zeijt, det Jhr Berliner
Mk
c- itat eine augenonanche Unme
ebt Der Redner trank seinen
Urian-, dann schüttelte er sich, viel
leicht vom Schnauz, vielleicht von der
Erinnerung an das Gräleiche, was
n erlebt, vielleicht aus beiden Ursa
,che«a. Der Droschtentutschet sah sich
Iside und schwerfällig um und stieß
dann im tiefsten Baß die Worte ber
str: «Jawobl, als der Tod aus den
iFaun-deren zitterte, wir waren auch da
.»«
«Js sich der Hauptmann denn nicht
itodtkschofsen?« fragte der Pole.
.Dummer Polack, was fragte er da
steh? Neun Schuß hat er zujleich je
kriegt, davon drei durch den Kaufl«
»An laß mir aber mal erzählen,
sie et in de Schlacht bei Lehmann
- MAY hub der Vierte au. Er wur
de aber jäh durch den Polen unterbro
Qu, der auf den Tisch schlug und
Griest »Was? Lehmann? Js sich
- alles Schwindel, is ja alles gelogen!
ich auch dummer Polack, habe
dich Schule gelernt, heißt sich «Le
· Musik« un nich »Lehmann«. Ja sich
M gelogen!«
« Die andern drei sahen ihn überrascht
f su. Die bisherige Harmonie schien ei
M Riß zu bekommen. Von den bei
Æ «.Iriegitameraden« fielen recht un
"Mndliche Worte. Der eine drohte
sogar mit einer Backpseise, daß der
Golaet in keinen Sarg mebr hinein
passen sollte. Die Wogen beruhiziten
sich aber wieder und der Untat-ro
chense nahm den Faden feiner Erzäh
lung wieder auf.
. »Ja, wat iet sagen wollte, ict habe
,iu’n Ieldzua ooch dolle Sachen strit
jernsacht un wenn man sich det nach
Jahren so iberlejt, sollte man det
kaum for mechlich halten« s— »Als-«
der Tod aus den Kanonen zitterte,
Dir sind auch dabei gewesen!« —
: »Halt Deine Volkstiiche, Willenu un
h- rnir nich immer mang die Rede.
: Du bist ieberhaupt teen Soldat jewe
ien oder hast bloß bei die reitende
JebirjssMarine jeftanden Also. wat
iet sagen wollte, bei Lehmann —- ick
rede deitsch un brauch nich französisch
oder polnisch zu reden, objleich ick
kann-bei Lehmanns waren wir mal
aeneZeit lang etlich in’t· Jedrängr.
Vier wo is den vFinger baue, standen
Iir Brandenburjer, hier un hier stan
den Franzosen, lauter Jarde, denn sie
wußten det se Berliner vor sich bat
« ten, und hier standen französsiche Ar
iillerie, beinah so dichte bei, det wir
in die Kanonenliiufe rinkieten konn
ten.'« »Als der Tod ans den«
»Willem laß der sind, störe uns nick11·«
. Der Kamerad holte feine Brille
hervor und betrachtete den Schlacht
plan, den oer Crzäbler mit Hilfe Eies
iibergossenen Zchnapsei und feines
Zeigefingers auf den Tisch gezeichnet,
mit tritifchem Blick.
»Der tönnte ftimmen,« meinte er
dann, »aber standen biet nicht I·kr!os
nnd Zuaven?« »Ja, da tannste
Recht haben. Also, da rief doch unser
Hauptwanm ,,Kinder,« rief er, »weil:
Ihr Cich ergeben?" —— »g; wv.« sag
ten wie alle »nich in die Hand!
Denn lieber dot!« -- »Das habe ich
von Euch erwartet, denn mir nacht«
Un tm wir mitten durch die -. Unza
fen durch un wenn odeb viele int
Jrai beißen mußten, die ibrijen ta
uen doch durch. Un ick riß im Vor
beiieben noch eenen Franzosen die
Stande-Ue aus de Hand, wofdr ick
cis-Lilith det eiserne Kreiz kriegen
socie, aber een anderer bat et je
Meth Je sich Alles aelogener
A Mindew meint der Pole.
Riese war der erste Erzähler wieder
;- RIG. Bucke- wenn ick dran noch
, M vor Paris waren det web
" . al harte Dage Jck lebte ja
II n III-wann von des ick
W et men paar rie
M Nikel steh ick nf Votpoften bei
Sind Kälte, all er bei mir
J es lmi und fyt »Juien
»,- f i- TenndeS Herr
WI-« Ug- - «- n · Sie
II M Mittel Festes-ist bei stchk
" fis dem Ue Geduld.
T «« sprang von- Ti d M M- schrie
M n handsemgun en:
EIN! sem ich
l
auch nur dummer Polack, doch nichtp.
dornrnt Borbibn gesagt, daß Haupt
mann drei Schuß in Kopf gekriegt
nnd nun vor Paris? Alles Schwin
de1!" Der Droichtentutscher, der et
was einaenictt war, bob den Kopf in
die höbe und deklamirte mit Grabes
stitnine: -
Der Tod stebt auf.
Verläßt sein Grab,
Beeaießt seine Tbränen
Und stirbt wieder ab.
Anders die beiden ,.Krieger«. lSie
wollten sich die Beleibianngen von
dem »du-unten Polacken« nicht gefal
len lassen. sondern steten akeichzeitig
tapfer über ibn her und bearbeiteten
ibn rnit den Fäusten, bis der Wirth
die Kämpfenden trennte. Der Pole
batte sich tapfer gewebrt, seine Geg
ner bluteten beide aus Nase und
Mund.
Die Geschichte erielt noch ein tleines
Nachfoiel nor dein Schöffengerichtr.
welches die beiden »Krieastameraben«
wegen gemeinschaftlicer Körperba
lesuna zu je 20Mart Geldstrafe ber
urtbeilte. Bei ibrer Vernehmung
tarn zur Sprache, daß teiner von
ihnen Soldat gewesen war.
Dis INUIO seid
«Geld an und für sich bringt uns
ternen Anten. Wir können es nicht
essen. nicht trinken. uns nicht damit
kleiden. —- Du könntest alle Ta
schen voll davon haben und müßteitl
doch verhungern. verduriten und er
frieren. —- wenn nirgends Nahrung,
Getränt und Kleider zu bekommen
waren.
Geld iit nicht das größte Gut in
der Wett. Nicht einmal das zweit
beftr. Und doch ist es ein großes
Gut fiir den« der es weise Gebraucht.
»Für Geld kann man alles ba
ben!« beißt e-. Aber das ist nicht
wahr. Wohl tann man
Essen dafür tausen, aber teinen
Appetit;
Medizin. aber nicht Gesundheit:
weiche Betten, —- Jber keinen
Schlaf;
Unterricht, aber teinen Verstand
Man tann elegante Kleider kaufen,
aber keine Schönheit:
Pracht und Glanz, aber nicht site
mütblichteit;
Bergaiigungen, doch keine wahre
Freude;
Kameraden kann man iitr Geld
haben, aber keine Freundschaft
Diener, jedoch nicht Treue;
Rnbi Tage, doch teinen Frieden.
Die ale aller Dinge kann man
tausen. doch der Kern ist nicht fiir
Gold feil.
Die Issj vie- seidene-.
Aus Koln wird geschrieben: Ein
Seitenftück zur Geschichte des Hanni
rnannes von Köpenick wird hier viel
besprochen und belacht. Während iui
dern Polizeitotnmissatiat die Wach
mannfchaft fchlief, leate ein dag
Wachtzirnmer betretender Arbeiter ei
ne Schuymannsuniform an und in
fpizirte die febr delebte Severinftraße,
»bis ihn ein Bolizeiwachtmeifter er
wifchte und in die Haft abfübten ließ.
Unmittelbar darauf betrat ein Kri:
minalbeamter ein Hvtel in ver Inla
tnonaaffe und wollte eine Zimmer
vurchfuchuna vornehmen um auf
Grund eines haftbefehlei die Ver
haftung eines angeblich im Hotel be
findlichen Flüchtlinge zu vollftreeten
Der Wirth mußmaßte, daß et es
auch hier mit einernPieudofchukmcnn
zu thun habe, fchlvß den Beamten
tuezerhand ein und erftattete die Hin-«
zeige bei der Polizeidirettiom die
schleuning durch einen Wachtxneifter
und einen Schutniann feftftellen ließ,
daß es fich um einen tvirtlichen Kri
rninalbearnten handle, der in Aus
übung feiner Pflicht eine Durchm
chung der Räumlichkeiten vollziehen
wollte. Nun hat der Schutzmann
Strafantraa gegen den Hotelier we
gen Beleidigung und Freiheit«-rau
bung gestellt, während sich der Pseu
dofchutzmann wegen Diebstahls dem:
nächst vor Gericht zu verantworten
haben wird.
Ein Inkrafttreten
Das ,,Live Wire Maaazine« er
zählt in seiner Märinummer eine
heitere Geschichte von Lord Lansdxslr.
dem englischen Freunde Kaiser Wil
helm-L Als der Lord sich einst im
Kreise guter Freunde befand, gab er
interessante Geschichtchen von seinen
Reisen und seinen Jaaderlebnissen
wieder. Unter anderem berichtete er,
wie er einst in einen völlig unfrei-ser
ten Wald hineingetommen sei, in dem
er die Ueberrester versteinerte Thiere
vorfand· Unter den Herren, welche
die Tasclrunde bildeten, befand sich
auch ein reicher Jndusttisller aus
Texas-, dem man schon seit einigen
Minuten den Wunsch aus den Augen
lesen tonrtr. den Lord zu übertrum
psen. Kaum hatte dieser seine Er
zählung beendet, als der Industrielle
dazwischenries:
.Das ist noch gar nichts, Mylnrdz
ich bin einmal in meiner Heimath in
einen Wald gekommen, der war so
versieinert, das- sogar versteinerte
Vögel über den säumen herumflo
gen.«
»Na, na,« ries der Lord lachend
»das verbietet doch schon das Geset
det Schwere.«
Und der biedere Maan aus Texas
erwiderte, ohne sich auch nur einen
Moment aus der Fassung bringen zu
»Aber reinste-each meine herren
die Soche ist doch ganz einfach: das
M Ins-were war eben anch
Wk
Die Hamburger Fischseaa.
Slizze von H. Ellen be r a Gam
Lukas
Ei t sie gekannt, nnd wie ge
tanntl nd das war Karl Schulte.
der Gründer des Theaters aus St.
Pauli. das noch seinen Namen siibrt
Jn der »Familie Eggers« bat er ihr
km Denttnal gesehn das den stein
bürgerlichen Lotalpatrivten geradezu
begeistert. Wie er selbst LotteMende
und Ottilie Eckermann die Hauptge:
sialten dieser Posse mit nie wieder er
reichter Urwiicbsigleii und drastischer
Komil lreirten, so leben sie noch seht
in der traditionellen Darstellung
Dem Habittte des Ernst Druckers
Theaters schliiat das Herz hörbar,
wenn er sie siebt, seine Don, die
runde, dralle, resolute Frau, die des
gemeinsamen Ebebetta Unterlage ins
Psandbans träat, um für den Erlös
—- in die Masterade zu gehen. mach
dern der Gatte, der arbeitslose. ewig
mit seinen Aussichten renvrnntirende
Iedie bereits aus demselben Grunde
das Oberbett versest hats —- die den
sauberen Patron von Hatbstavler, als
er die Flucht durchs Fenster nahm«
glücklich erwischte, weil er just in ihre
Fischlörbe sprang, und endlich sich da
mit den reichen Hausherrn zum Tant
verpflichten und das Glück ibrer Fa
milie aründete. In wenigen Jahr
zehnten ist die brave Hamburger
Fischsran bald dreiviertel Tausend
rncl über die Bretter gegangen — und
noch ikdkkzeit, wenn der sogenannte
kleine Mann diese feine zielt-in sieht,
packt und rührt ee ihn. Denn was sich
in der Familie der Fischfrau vor ihm
abspielt, iit ein Stückchen echten Le
ben-, desj- Lebene, das auch er lebt.
Ein Armeleuteschickial mit viel Schat
ten und wenia Sonne. So lebt das
ärmliche Völkchen das auf Säulen
wohnt, bei dem der Biiinkungsbeanite
täglicher Gast ist« dass aber iiber alle
Müh« und Soraen nicht den Humor
verliert und mit einer Philosophie a
la Johann des muntern Eeiiensieders
zu nützen weiß, wag der jeweiiige
Augenblick an Freuden beut.
Wie Karl Schnltze und feine Toris
Eggers die Hamburger Fiicksirau ges
geschrien leibt und lebt sie in Wirklich
teit. Das autrniithiae, breite, rothe·
Gesicht unter dein alockenfiirmiaen
Hut in einen dicken Wollsbatol gebiillt.
um die Schulter die aestrickte Man
tille. den Rock geschützt, von aedrum
gener Figur so wandert sie durch
die Straßen (eine Martthalle bat sich
in Hamburg nimmer einbiiraern wol-s
ten), sitzt auf den Märkten an ihrenii
Stand in dem hoben vriecheniibnli:.
then Stuhl, thronend inmitten ihrer»
Schollen. Kabeliaus, Heringe und(
Sprotten Sie ist Tvp km SWBMEI
leben der alten Hanieitadt ebenso guts
und mehr noch wie das ichmucke Ham
burgerDiensimädchen, die bunteVieri
länderin.
Sie erfreuen ftch alle einer ansehn
lichen Qorpulenz, die Hamburger
Fisch-trauen Oder ist-es die Fülle
der Kleiduna, die ihnen eine so drille
Taille verleiht, wie sie ein Weiblein
aus einer Nürnberger Spielzeug
schachtel besiytZ Freilich, wer allen
Launen und Tücken der Witteruna irn
Freien, an zugian Straßenecken nnd
windburchieaten Pliihen trotzen will,
der rnuß sich schon verordnen
Sie ist leine iunonische Erschei
nunax alles eher als dac. Und wenn
es einem Spaßvogel einiiele, eine
Schönheitsloaturrenz zu veranstaltet-i
rach der Sitte der Pariser »Das-us
des hattes«, die alljährlich die häbs
scheite unter ihnen zur Königin wäh
len-dürfte dabei eben nicht viel
lseraustoinnierrÄ Das Zerwitterte sie
sicht« m das Hm Uno sorge rqre zeru
nen geschrieben, die ausgearbeitete
Hand, die vertlarnrnt von Wind und
Wetter zwischen der Waare hantirt
oder das wenige Wechselgeld zusam
mentramt... die aeben beredtesZeua
niß, welch mühseliaen Lebenswea
solch ein Weib wandert.
Jn aller herraottsiriibe. wenn der
junge Morgen arau und arijmlich in
den Straßen liegt, die Gaslaternen
iroitig durch die taite Nacht schim
mern und vie Leuchten die Brodtrii
ger die Häuser entlana buschen, bei
ainnt schon ibre Tagesarbeit Mit
einem alten Handtarren, einem abge.
dankten Kinderwaqem over zu mekres
ren auf einem leichten Feder-vagen
trösielnd zwischen den leeren Korb-en
lsockend, giebt sie nach dem benach
harten Altona, das im Fischhsnoel
noch den Vorrana vor der größeren
Schwesterftadt besitzt. Hier, wo täg
lich zahlreiche Fiichdarnpfer aus der
Nordtee die frische Waare an Den
Markt führen, besorgt sie ihren Ein
kauf. In ber großen Fifchauktio219«
balle befindet sich unter denen, die der
Versteigerung beiwohnen, den Eis-en
ibörnern und Vertretern größerer
Fischgeschiifte, Mauern, Karrenhaxids
lern und müßig uxnberlungeinben
Fifchrnarttstöwen auch unsere tleine
dicke harnburger Fitchirau. Stunden
lana muß sie biet ausharrem bis die
Auttian vorüber und man ibr in der
Verlaufs-halte daj Erstandene aus
liefert. Dort tauft sie auch irn Klei
nen ein, um sich mit einem bescheide
nen Gespinnst zu begnügen, wenn ihre
Betriebsmittel gar zu gering sind.
Zu Wagen oder zu Fuß gebt ej-·
dann wieder zurück in bie große NAT
barftadt, und wenn der Beginn der
Geschäftslean den Strom der Pas
ianten durch die Straßen führt« steht
sie bereits in ihrer Fertaufssiellr.
.Qat toullt Se bei-den« Madam?
—M, schöne, grote; Kobeliaui,j
fette site Weis«
F Das sagt sie mit einer gewissen
Monotonie jeden-, der an ihren Kör
den stehen bleibt. Mit midern Aus
druck, denn die meisten Kundinnem
die mit dem Einholekorh am
Arm ihren Bedarf decken. müs
sen ihre Groschen zu Rathe zie
hen. Sie prüfen mit kritischer
Miene, und wenn sie lange gepriift ha
hen —— gehen sie weiter, zum nächsten
Kartenhöndler, in die Iisrhgeschäftr.
Der Kartenhandel nährt eher feinen
Mann. Allmählieh wird er die Fisch
frau ganz von derStraße verdrängen,
in deren modernes Bild sie ohnehin
taum mehr hineinpassen will. Freilich
geht auch sie vereinzelt mit ihrer
schweren Tracht durch die Straße und
sehmettert ihren langgedehnten Ruf in
den nehligen Hamburger Morgen
hinein; meistens bevorzugt sie aber ei
nen festen Standort.
Sie hat nur eine kleine Kundschast:
Die Anwohner der Straßenziige, in
deren Nähe sie ihre Verkaufsftelle hat«
kaufen bei ihr, dazu ein paar» Arbeiter
stauen. auch vielleicht wohl einmal ein
Vorübergehenden
Nachdem sie ihren Krani aufgebaut,
gilt die erste Sorge der Feuerkiekr.
Wenn dieser kleine blaueWölkchen ent
weichen, und die rathe Kohle durch die
Luftlöcher lugt, ist es ihr allemal eine
Freude. Und dann ihr Strickstrunrdf
Masche an Masche fügen die harten
hände emsig während des langen Ta
ges. Und dann geht eine Haupt: und
Staatsaktion vor sich: Die große dick
hauchiae braune Kanne. die sie schon
wiederholt mit liebevollen Blicken ge
ftreist, wird ihres Inhaltes entleeet.
Sie enthält das Lebenselexir der
Hamburger Fischfrau, einen Götter
trank... KasseeS —- -— —-—Mit einer
gewissen Feierlichteit seht sie das Ge
fäß vor sich hin, schenkt ein. schenkt
nochmals ein... die Kanne scheint
bodenlos. Wie der heiße Trank das
Blut kreisen läßt! Er treibt eine woh
lige Wärme durch den Körper, er
weckt die Lebensgeisten Das resig
nirte »Wat wullt Se bei-beri, Ma
dam« tlingt lebhaften zuversichtlicher.
Die Zichorienbriihe löst das Zungen
band, öffnet der Rede Schleusen. Be:
merkungen wechseln zwischen den
Frauen, Wihworte und drastische
Scherze. Die darf man in einer honet
ten Gesellschaft freilich nicht vorbrin
gen. Tagessragen gibt es keine, die
von ihnen nicht auch erörtert würden.
Eine gewisse Gutmüthigkeit ist ihnen
eigen; aber wehe, wenn etwas- ihren
Unmuih reizt. Dann . . . . das ist ein
Kapitel, von dem ich schweigen will.
Bis in die ersten Nachmittagsstun
den bleibt sie bei ihrem Stand, ab
stvechselnd ihre Aufmerksamkeit ther
lend zwischen dem Verkauf, dem
«,Strickstrumvf und der Kassekannr.
»Dann wird ausgepackt. und das Ge
schäft ruht bis duni nächsten Tag.
Hernach aber beginnt die goldene Iit
sfiir die hamburger Fischfrau. er
JAbend findet sie als ständige Besuche
srin auf dem Olymp einei- Vorstadt
stheaterh das Mattlero Erbe ungetre
Hten hat, wenn dort heiter auch nicht
jinehr mit faulen Eiern und Aepfeln
;geworfen wird. Von dern befrackten
1«Ober" mit einer großen Tasse des
lgeliebten Kaffeee ver-sorgt, der ihr den
srugalen Abendirnbiß würzt, läßt sie
die wohlbetannten Gestalten eines
Pievenreinters, Tedje Eggers, einer
hanne Mite, oder die Exvrej-Drama
tisirung eines sensationellen Heinri
naifallees an sich vorüberziehen
Jn ihr steckt ein Stück althambur
gischer Eigenart, das größte vielleicht
noch, und kaum ein anderer siir das
Volksleben der Hansestadt charakte
ristischer Thp kann ein gleiches Jn
teresse beanspruchen.
dusesristthe parasitisertc-.
Gesammelt von Paula Kalde:
to e h.
Unter den vielen hausinschristern
die an alten Häusern zu finden sind,
zeigt sich neben Zitaten aus der Bibel
und sonstigen frommen Sprüchen oft
auch ein gesunder Humor, wie ihn nur
das Voll selber hervorbringen kann.
hier einige Beispiele:
Bei einem Gastwirth in Schwaden
liest man über der Hausthür:
»Hier ist das Haus zur Sonnen,
Wer lein Geld hat, gebt zum Bron
nen.'«
Ein Zunstgenofse in Tirol äußert
sich in folgender Weise:
»Ich heiß’ Andreas Rendl,
Hab« gar a guat’s Weindl
Und hab’ a guat’s Bier,
Ob d’ einer gehst zu mir."
Ebenfalls über einem Wirthshanj
-— und zwar in Laus bei Jnnsbruck
—- lieft man:
»Gebt ’"S decht a bißl einer
Zum Anton Neuner."
Sen Anhängern der Mäßigteitsbe
toegung dürfte ein Spruch besondere
Freude machen, der an dein Giebel
eines Bauernhauses in Osnabriick’
schen angebracht ist. Er beist
,,Erbant obn’ Bier und Branteweim
Soll dieses hau- ein Zeugnis sein,
Daß Mauermann und Zimmermann
Auch ohne Branntwein bauen tann.«
Voll derben Spottes klagt ein Sei
le: über der Tdiir seiner Wohnstätte:
»Die kleinen Diebe hängt man anf,
Die großen läßt man laufen,
Mk dies nicht der Weltenlauh
Reif ich mehr Sträuc« vertaufen·«
Zu steil-ach in Titel steht unter ei
—
nem Bild, das einen umgekehrtenj
Stiefel zeigt, folnendej Ver-lein: .
»Die Welt ist fest fo aufgeklärt, l
Drum ifi der Stiefel umgetehrt, ?
Wenn die Welt anders wird,
Kommt der beah auf die Erd.«
Recht diplomatifch driiett fich ein
hausbefiser in Schwabing aus:
.Es wünsch« uns einer was er will:
Gott gebe ihm zweimal fo viel.«
sicherer-sen
; Der als febr geizig betannteKam--j
l meraerichtsratn Berg in Potsdam
!(geft. l787l litt eines Tages beftigl
Zn Zabnfchmerzen Er fandte zuml
Jzahnarzt Weizen der als noch große-l
z rer Knaufer betannt war: derfelbe bej
l freite ihn bald von dem lästigen Stögi
) renfried. Nun dachte der Gedeilte da
» riiber nach. wie er den Arzt ablolinen(
Hönnez Geld wollte er ihm auf teinen4
Fall geben. Endlich tam er aufdenl
criginellen Einfall, zwölf leereramsI
)paanerflafchen, deren tätitetten theorej
Marien anzeiatem mit Wasser zu Nil-l
len, dieselben wieder fo zu verschlie-!
r . als ab sie nie geöffnet gewesen»
waren. und dem Doktor zu fchentenLY
Er taltulirte nämlich, dafz diefer in?
feinem Geiz weder den vermeintlichenl
Wein felbft trinken, noch feinen
Freunden vorfenen werde. und der
Wein jedenfalls iilter als fein Besitzer
werden würde. Und er hatte richtig;
gerechnet Nach ein paar Jahren ftarb
Weder, nnd die Erben fanden in den
fömmtlicks unverfelirten Izwölf Fla-«
ffchen Waffen welches noch dazu faul
geworden war.
l
I
W --
Cisträsltsee Vettel.
Jn Neuberg bei Afcb lBöbmeni ift,
diefer Tage ein alter Bettler Namen-;
Adam Wilfer gestorben, der in der!
Umgebung von Franzensbad und1
Bad Elfter unter dem Spitznarnenl
»Go« betannt war. Wie eintriiglich1
feine Bettelei gewefen ift, gebt ausj
dem Nachlasse Wilfers beruorx dennE
er hinterließ einen Baugrund, Wald-»
grundftiirte und ein Spartassenbuchf
Iiiber 9000 Kronen.
Liudtis set-. -
Tantet »Du teinist doch nocb eine
Tasse Rassen Feinchen?«
Beinchen tdet dei seiner Tante ium
Aassee geladen): »Ich dats nicht, Ma
ma hat es mir verboten!«
Taute: »So? Was hat dknn Maine
aesogt?«
Frischenr «Mama sagte, Du darfst
bei der Tante nicht so viel issen und
nie-ten, wie sie bei uns-«
tee inne-nisten Pinsel.
hausstauz »Warum heult denn der
Azokl so?'·
Dienstmädchen: »Ach. nnä’ Feine,
dek ist dem Anstteichet in den Farb
lops aesallen. und jetzt streicht der Den
Fnßboden mit ihm.«
III-es.
Sommeesrischleein tzum Baum:
»Ich habe siik heut-e Nachmittag meine
sämmtlichen Freundinnen send Be
kannten, die biet sind, zu mit gela-:
den« aber haben Sie nicht einen ans
deren Raum. meine Wohnung ist doch
zu tlein7«
Bauen »O ja, dö Scheun' könn
ten’s haben, dö ist jeyt ganz leek.«
Glisliceo zusammenteesiem
Wodnunasvekmietiietim «Jch mache
Sie daraus aufmerksam, daß ich im
Geldpnntte seht energisch bin. Ihr
Vorgänger blieb mit drei Monate die
Miethe schuldig, und als er auch da
noch nicht zahlen kannte, habe ich ihn
einfach binausgewotsen.«
Miethet: »Macht nichts. llntet die
sen Bedingungen nehme ich die Woh
nuna auch!«
j
defsndeeev sen-seiten.
Frau Hader kommt auf die- Ppiizei.
mn ichtuchzend zu erzählen, das ihr
Mann feit drei Tagen verfchwunden
ift. Sie vermuthet, daß er verunglückt
is. Ein Beamter notirt das Signa
ieaeent des Versinken-sei der Ru
brik «BefondereKenn-eichen« fchinchzt
Frau Hader-: »diese-ei durfchtig«.
Eint-Oft
»Sie kommen aus der Rathe-sitz
ung? Jst die Vorlage, betreffend Ge
haltcaufbesserung des Stadtiaffirs
durchgegangen?«
»Das allerdin s nicht —- ader in
zwischen der Kafsieer felbft!«
Nessiniiehes Sinnes-.
Arzt: »Was! Fünf leere Flatschen
seit geftern?! Und ich sagte Ihnen,
Sie dürften den Wein nur in medizi
niichsen Mengen zu fich nehmen!«
»Herr Doktor-, mein Neffe ift Me:
Willen und Sie follten mai fehen.
was der Für Mrngen zu fich nirnth
Gste ils-drehe
Farmen »M, mein Junge! Was
thuft du da oden im Apfelbaum?«
Junge: »Können Sie denn nicht
sehen? Einer von Ihren Art-fein kvar
vorn Baum gefallen, und ich dinde ihn
wieder festk«
Feine Familie.
»Wie. qeftern dift Du bei den Ei
tern Deiner Braut eingefiihtt worden
und gleich den naneen Tag daqebiie.
ben?"
»Ich konnte ja nicht weg; der Vater
hatte meine Gummifchuhe aqu Vu
renn angezogen, die Jungens waren
mit meinem Regenichirm fort und der
Mutter hatte im fünf Mark geliehen,
die iitz erft Abends wiedergeiriegt
habes«
——.. .
Schloss.
»Der Kutscher Müller fahrt immer
so schnell, Vase ren Fadraeisten ganz
schwarz vor den Augen wird!«
»Das thut er absichtlich, ineil er bei
Nacht die doppelte Tare iserlanaen
tann.'«
Range-.
Schuster tin seiner Werkstatt mit
einem Kunden sprechennsr »Ich binsa
autmiitlsia; aber meine Frau baut,
daß die Stücke slieaen!"
Lehrjunge tdazioiichenrnsends:
»Im-at Meisterstücke!'·
lftn Neutchenseeuni.
Reife: »So« Lntelchen. jetzt ist
mein Staatseramen gemacht, wir
werde ich mich als Arzt niederlassenl«
Onteh »Na also, dann huldiae
sortan dem Prinzip: leben und Leben
lassen!«
set-eiserne Wunsch.
Photograph: »War- iiir ein Bild
wünschen die anädiae Frau. soll es
sein Bruststiid oder ein Kniestiiet wer
» den?«
) »Ach, den Lops hatte ich aerne auch
mit draus!«
Besteht-up
Wirth »in einern Gaste, ver schon
drei Stunden rei einem Glase Bier
listi: «Heernse 'mal, mei Gutestu,
wenn Se verleicht gedacht harrt, das (
hier was 'ne Trinkerlieilanstalt, da
bam Se sich aeteischt. Das is Sie
nämlich ii Restaurana!«
Vuhnst.
Dichter ever einem Bettler ein paar
Stiefel schentt, selbstbewußt): »Die
Stiefel sind zwar schon etwas zerrilsf
sen, aber aus dem Grunde werthvo «
weil sie ein berühmter Dichter getra
aen hatt«
Bettler: »So; die hat-en Sie also
auch alt artauit?«
L—.
Beut-eisum
—.-Ld
Baron satg verschulden zu einer alten, aber reichen Gebäu-: »Ich
liebe Sie über alles, Inein Feäulein!«
Erinn: »Ach bitte, Baron, wollen Sie das nicht in mein Grammophon
hineinsptechenL Meine Freundinnen glauben es mit sonst nichts«