Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 15, 1908, Sweiter Theil., Image 13

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    Die Laterne.
Humoreste von Reinhold Ort
- manm
Noch athemloe vom raschen Gehen
betrat der Regierungs - Reserendar
Botho von Heggendorf sein Zimmer.
Ein Blick aus das Zifferblatt seiner
Uhr zeigte ihm, daß die sechste Abend
stunde bereits vorüber war: wollte
er bis halb acht auf der Besitzung des
Herrn von Rädern sein, so galt es« sich
zu beeilen
Hastig streifte er den eleganten
Sommeranzug ab, um ihn mit dem
bereitgelegten Kostiim zu vertauschen.
Derr von Rädern, zuweilen mit et
was exzentrischen Jdeen begabt, ver
anstaltete auf seiner in der Nähe des
Städtchens gelegenen Besitzung ein
Jahrmarkte - Fest mit italienischer
Nacht. Als Einleitung des Festes
sollten aus einer Schaubiihne lebende
Bilder gezeigt werden« und heggem
does hatte es übernommen, eine Art
Prolog zu sprechen und den Erliärer
zu machen. Er war deshalb gebeten
worden« schon einige Zeit vor dem Be
ginn des Festes zu erscheinen« um
etwa nothwendige letzte Vorbereitun
gen zu leiten. Nur zu gern wäre er
dieser Aufforderung nachgetommen-——«
wirkte doch auch Fräulein Jnge« das
reizende Töchterchen des Gaftgebers,
bei den lebenden Bildern mit, und al
lein die Aussicht, ihre Gesellschaft eine
halbe Stunde länger zn genießen,
hätte den Referendar zu höchster Eile
angespornt. Gerade heute aber hatte
ihn sein Vorgesetzten der Regie
rungsrath Malwitz, mit einer angeb
lich sehr dringenden« sicherlich aber
sehr langwierigen Arbeit an dar- Bu
reau zu fesseln gewußt« und nur mit
äußerster Anstrengung war es Herz
gendorf gelungen, diese Arbeit bis
sechs Uhr zu bewältigen. Freilich
er glaubte wohl zu wissen« was eg mir
dieser »dringenden« Arbeit auf sich
hatte. War es ihm doch längst lein
Geheimnis mehr, dasz sich auch Mal
tpis sehr eifrig um die Gunst Fräulein
Jngei bewarb, und sicher hätte der
Regierungsrath ihn am liebsten ganz
von der Theinahme am Fest ausge
schlossen.
Nun ——-— seine Absicht« ein Zuspät
kommen des Referendars herbeizufüh
ren« sollte ihm wenigstens nicht glücken.
Aus seinem Rade brauchte Heggendors
nicht mehr als eine Stunde, um auf
die Besihung des sperrn von Rädern
zu gelangen, wenn er sich tüchtig »in
die Pedale legte«.
Die zunehmende Dämmerung im
Zimmer nöthigte ihn endlich« die
Lampe anzuziindein Und jeht erst
wurde er des Briefes gewahr, den ihm
offenbar seine Wirthin auf den Tisch
gelegt hatte.
Voll eigenthiimlich banger Ahnun
gen riß er das Coubert ans und über
flog das mit steilen« e.«gen Schrift
Iligen bedeelte Blatt. Dann aber sank
er mit einem halb unter-drückten Aus
ruf der Muth auf den nächsten Stuhl.
Da stand:
»Verehrter Herr Reserendarl Jn
aller Eile theile ich Ihnen mit, daß ich
mir erlaubt habe, mich Jhres Rade
iu bedienen. Mir ist an meiner Ma
schine der Pneumatit geplagt, und es
gelang mir nicht mehr, einen Wagen
auszutreiben. Da ich annehmen muß,
dass die Jhnen übertragene Arbeit
Sie ohnedieo bis ziemlich später
Stunde im Bureau festhalten wird,
habe ich mir tein Gewissen daraus
gemacht, mich Jhres Rades zu bedie
nen· Jch werde dasiir Sorge tragen«
daß eo Ihnen sofort iiberbracht wird,
obald ich die Villa des Herrn von
Zdern erreicht habe, ---s wenn Sie
also nicht gegen meine Erwartung
schon vor acht Uhr nach Hause kom
men sollten« finden Sie das Rad je
denfalls schon wieder vor. Jn der
Erwartung, daß Sie die Freiheit« die
ich mir genommen habe, entschuldigen
werden« Jhr
Malwitz.«
Da saß er nun hoffnungslos fest!
Zu Fuß tam er nicht vor halb neun
Uhr hinaus ——— ein Wagen war nicht
mehr auszutreiben —-- die wesentlich
aus seine Mitwirtung ausgebanten
Ausführungen waren verdorben. Herr
von Rädern würde außer sich sein, und
atn Ende trug sich dieser Malwitz auch
noch mit der Absicht, sür ihn einzu
springen, und sich damit bei Vater nnd
Tochter beliebt zu machen! O, wenn
er ihn nur hier gehabt hätte, diesen
heuehlertschen Kerl und wenn es
tausend Mal sein Vorgesetzter war, er
wollte ihm —« wollte ihm —
Wie ein Rasender schüttelte er die
Fäuste, und weil er den Urheber dieser
Tücke leider nicht zur nd hatte, riß
er wenigstens das un ehetldige Blatt
Papier, das ihm die Divbtpost über
bracht, in tausend Fehem die er zum
Ueberslusz noch zusammenballte und
zum Fenster hinauöschleuderte —-«-— —
Gegen sechs Uhr war ein Mann, den
der aus den Rücken geschnallte Kasten
mit allerlei Kleintram als Hnuiirer
lrnnzeichnete, in gemächlichem Tempo
sur Stadt heraiisgeradelt Seine
wässerigen tleinen Auan sahen sehr
zusrieden in die Welt, und zuweilen
ittt über sein sahles, etwas a rieb
ett Gesicht ein Schmunzelm a s be
schitstiaten ihn Gedanten von überaus
an enehmer Art. ,
r schien den Weg. den er zu neh
men hatte, gut zu lennen, denn et
....-.-.-.-----. -- . «- .-.-.——- —--,-..—.....-«
achtete auch dann nicht sonderlich aut
die Straße, als es allmählich zu
dämraern anfing. Schon seit einet
guten Weile hatte er die letzten Häu
ser der Stadt hinter sich und radettc
eben durch ein Wöldchen, ais ihn
piößlich ein donnerndes »Haaa!t!«
entgegendrönhte.
Mehr verwundert als erschrocker
spranq er ah, denn er hatte ja sogleict
ertannt, daß er es nicht mit einen
thelagtteb sondern mit einem Gen
darmen zu thun hatte. Erstaunt sragtt
er den grimmig dreinblickendenMann
»Was wollen Sie denn? —- Das
Rat-fahren ist doch hier erlaubt?«
»Jawohl, —— aber nicht ohne Licht,'
lautete die Entgegnung, und trium:
vhirend wies der Hüter des Gesetzes
auf die Laterne, die der angebliche
Hausirer in der That anzuziinder
vergessen hatte. »Ich muß Sie auf
ichreiben Bitte — — Jhre Radsahr
tarte.«
Mechaniich ariff derFestaenomnreni
in die Brusttasche seines fadenicheinis
gen Wortes Aber leer zog er die Haut
zurück
,,Die habe ich leider nicht veiniir,«
saate er kurz. »Aber Sie werden mir
wohl auch so erlauben. Jsch heiße Mai
witi « Neaierungsrath Malwiß.«
Der Gendarnr riß seine Augen tveit
aus, dann lachte er dröhnend.
,.Hiiren Sie rnal. Mönneten « seit
wann gehen denn die Reaierunasräthe
hausiren?! —— Machen Sie gesälliqst
teine Wiße nicht. Wenn Sie keine
Karte da haben, muß ich Sie mit zur
Wache nehmen«
Der Regierungsrath wurde bleich
vor Aufregung und Augen
»Ich habe keine-Zeit. mit Ihnen zur
Wache zu gedenk« stieß er nervös her
vor. »Sie cniissen doch merken daß
Sie es mit keinem Hausirer zu thun
haben. Das ist nur ein Kosiiirn —— ich
bin zu einem Magtensest eingeladen.
Meine Nadsahrtarte habe ich in mei
netn Anzug stecken lassen. Jch will
Ihnen die drei Mark, oder was es
sonst kostet, gern zahlen « aber las
sen Sie mich gefälligst weiterradetn.«
Der Gendarni aber griss statt des
ien nach der Lentstange, ais wolle er
den Feitgenornmenen am Entwischen
verhindern.
»So —-- ein Kostiirn ist dak!« saate
er aedehnt. »Hm! ---- Wie wollen Sie
heißen?«
»Motin -- Regierungsrath Mal
wiß.«
c« com Mi- Mem-n dass ins-»ersten
bohrten sich förmlich in eineStelle der
Lentftange, ohne daß der Regierungs
rath begreifen konnte. was es da zu
sehen aab. ,,Warten Sie mal ’nen
Augenblickl«
Gleich daraus flammte ein Streich
holz aus und der Gendarrn don
nerte den ganz Verdutzten an:
»Wissen Sie, was da steht? — »B·
v. Heggendorf« steht da. Jawohl s—
sehen Sie nur hin, Sie -—-- Sie «
Reqierunasrath Sie.«
Außer sich ftampste Malin mit
dem Fuß auf.
,,Erlauben Sie sich leine Beleidi
gungen -— nein?! - — Es würde Jhnen
tbeuer zu stehen kommen. Herr von
Heggendorf ist mein Untergebener —
ich habe mir das Rad von ihm gelie
hen. Hier haben Sie Jhre drei
Mart -"
Aber der biedere Hüter der Land
straße verhinderte ihn, seinPortemoik
naie zu ziehen.
»Lassen Sie man stecken, mein Be
ster! -— Mit drei Mart ist die Ge
schichte nicht gemacht. Das wollen wir
erst mal sehen, tooher"Sie sich das-Rad
—- geliehen haben. Sie kommen ietzt
mit mir ---« und teine Flausen, bitte!
Für aanz dumm müssen Sie mich
nicht halten«
Alle Proteste halfen dem unglückli-v
chen Malwih nichts - -- als Arreftant
der-« Gendarmen mußte er zur Stadt
zurückmarschiren, das Unglücksrad
fchiebend. Erst nach beinahe einstiin
diger Wanderung erreichten sie die
Polizeistation, und da bei allem Un
glück ein Leunant die Wache hatte, der
den Regierungsrath nicht von Anse
hen kannte, vergingen weitere drei
Viertelstunden· ehe sich das Mißver
ständnis ausgellärt hatte.
Bebend vor Wuth und Ingrimm,
innerlich die siirchterlichsten Rache
pläne gegen den pflichtgetreuen Gen
darmen fchrniedend,s-setzte der Regie
rung-roth sich endlich wieder auf das
Rad, nachdem er zuvor die unglückse
lige Laterne angezündet hatte. Und
der einzige Trost, der ihm blieb.
war, daß dieser Heggendorf auch lei
nesialls früher als er in der Rödern’
schen Villa eintreffen konnte.
Aber selbst dieser Tropfen Balsam
auf die Wunde des Negierungsraths
sollte in eitel Nichts zergehen.
Eine Viertelstunde dor seinem Ziel
tam nämlich dem einsamen Wanderer
ein Schwarm aufgeregter Menschen
entgegen« die, mit aternen ausgerü
stet, die Landstraße entlang marschir
ten. Als er die Gruppe erreichte, er
tönten Ausrufe der ungeheuchelsten
Ueberraschung und der Regie
rung-rath, der abgesprungen war, sah
sich von Herren und Damen in mehr
oder weniger phantastijchen Koftiimen
umringt. Der aber, der ihn anredete,
war kein anderer als der Regierungs
referendar Botha von heggendorf.
»Wie ich mich freue, Sie esund zu
treffen, here Regierungsrat I« sagte
er erregt. »Wir fürchteten· es möchte
—
Jhnen unterwegs etwas zugestoßen
sein. Jch konnte mir ihr langes Aus
Ibleiben gar nicht ertlären.'«
»Jn der That-—ge1vissermaßen ist
mir auch etwas zugestoßen«, sagte
Malwitz und lachte süßsauer. Ehe er
aber eine Erklärung seines verspäte
ten Kommen-Z gab, konnte er sich nicht
enthalten zu fragen:
»Wenn sind Sie denn übrigens
selbst herausgelommen, Heggendorfi«
- »Um halb acht«, lautete die ebenso
prompte wie vergnügte Erwiderung.
»Der Lehrling der Bäckerei. von der
meine Wirthin ihr Brot bezieht, war
so freundlich, mir im letzten Augen
blick noch mit seinem Rade auszuhu
) sen. «—- Jch hoffe doch, daß meineMa
schine nicht an Jhrer Verspätung die
Schuld trägt, Herr Regierungsrath?««
»Jatvohl!« stieß Malwitz hervor,
dem es unmöglich war, seinen gähren
den Aerger ganz zu unterdrücken. Und
an den eben herantretenden Herrn von
Rödern gewendet, silgte er hinzu:
»Ich muß vielmals um Verzeihung
bitten ——- aber ich trage mirllich keine
Schuld daran, daß ich Jhr Fest in
dieser Weise stören mußte Jch —«
»Na, wenn Sie man heil und ge
sund da sind«, entgegnete der alteHerr
und schüttelte ihm jovial die Hand.
»Mein Herr Schwiegersohn »in spe«
war schon in großer Sorge. —-- Ja so
— davon wissen Sie ja noch gar
nichts. Den schönsten Theil unseres
Festes haben Sie nun allerdings
wirklich versäumt. Der Her-r Jahr
niarttsliinstler da hat nämlich als
Abschluß sür die lebenden Bilder so
was wie eine Verlobung in Szene ge
setzt, und ich habe den segnenden Va
ter spielen müssen. -—«— Na, ich hab’s
ganz gern gethan -- und ein Glas
Bowle. mit dem jungen Vrautpaar
anzustoszen, habe ich auch noch für
Sie. Herr Regierungsrath.«
-.—.-.-.-...—
Ver ’,,alte Leutnant« Von
Lebensan.
T » ,
Eine Krieges-Erinnerung an das
Kriegsjahr 1864. Bon E r n st
Lorenzen, Hagen.
Die Dänen hatten Holstein ge
räumt, freiwillig, kein Schuß war ge
fallen. Es war, als hätten sie sich mit
den Preußen gütlich darüber geeinigt:
als die aus dem Sophienblatt in Kiel
einriielten, hielten die dänischen Dra
goner noch aus dem Marltplaß und
machten sich dann so ganz gemiithlich
s—— sod-sock-soel -—— aus den Weg nach
Eckernsörde. Doch der alte Oder-Ka
nal bildete die holsteinische Grenze,
jenseits davon begann ihre Provinz
Süd-Jütland, wir taniiten’s nur als
Schleswig
Die Preußen folgten. Aber den
Eider-Kanal respektirten sie vorläu
fig auch als Grenze. Sie ahnte-L bei
deren Ueberschreitung auf den ersten
Widerstand zu stoßen. —-- Irre-Sachs
dors« einer Ortschast in unmittelbarer
Nähe der Grenze, lag preußische Ein
auartirung. Beim Gemeindevorste
her Witthöst wohnte der kommandi
rende Oberst, ein Grantops und Of
""sizier in jeder Bewegung. Eines Ta
ges meinte er: »Was sagen Sie,
Witthöst, wenn wir uns heut’ mal
den Dänen ’n bischen ansehn?«
Nun, der ist dabei. Und beide ge
hen aus der Eckernsörder Chausfee
dem Kanal zu. Jeden Augenblick
springt ein Wachtposten aus dem
Knicl und macht seine Meldunaen.
Jtnrner weiter achts. Witthöst
meint, es sei wohl weit genug, man
sei ja nur noch.siins Minuten von der
Grenze, aber der Oberst brummt:
»Ach was, haben Sie denn schon was
gesehn? Jch nicht«. Beide stehen
fest aus einer Anhöhe, der Blick auf
die Brücke liegt srei; die Chaussee
sührt sanft abwärts über den Annal.
Hier steht der letzte PietelhuL
»Nichts Neues".2«
»Nichts Neues, Herr Obers.«
Der geht weiter. Geradewegs auf
die Brücke los. »Herr Oberst, sehn
Sie denn nicht, drüben steht ja der
Döne!« tust Witihöst.
»Weiß ich, Herr Ortsvorsteher.
Fressen wird er uns schon nicht. From
men Sie nur!«
Forschen Schritts geht der Oberst
weiter. Sprungtrseise, von Chaussee
baurn zu Chausseebaum, immer
Deckung suchend, solgt Witthöst, vol
ler Neugier und Angst, wie die Sache
ablaufen wird.
Der Obern nehr vor ver drucke, ve
guckt sich den Keine-L die Zugvorrich
tang. Der dänische Wachipoften steht
zwanzig Schritt davon entfernt. sieht
gemüthlich herüber, das Gewehr im
Arm
«Kommen Sie, Ortsvorsteher
tvoll’n uns mal den Hannemann an
sehnt«
Der lauert hinterm Chausseebnum
heraus: »Herr Oberst, bleiben Sie;
drüben ist Feindevland.«
»Ach was!« — und er marschirt in
Schieswig hinein, allein, gemiithlich
feine Pfeife dumpfem-, als machte er
’« seinen gewöhnlichen Spaziergang. »
Ein paar Riesenfätze — hier giebt’5
keine Bäume mehr, —- und Witthöff
steht hinter einem dicken Brückenbal
ken.
Der Oberst ist beim Dänm Der
weiß nicht« was er machen soll, ist«
MAY-As M-» ..2-«»«.»«.-.-.««. --»-M.M»zx-.-,...L«W« Ä
—
sprachlos, erkennt aber doch den frem
den Offizier, besinnt sich auf seine
Soldatenpflicht und —- präsentirt.
»Gut, mein Sohn!« sagt der
Oberst und tickt an seine Mütze, »zeig’
mal her die Knarre!« Und damit
nimmt er das Gewehr des Dänen, be
guett es von allen Seiten, brummt
dann: ,,Verflucht unprattisch!« — es
war ja noch ein Vorderlader —, greift
wieder an seine Mütze Und geht zu
rück· .
Witthiift hat athemlos zugesehen
und macht noch immer große Augen,
als der Oberst bei ihm steht. Der
lacht. Und sie gehn ins Dorf zu
rück. —- —
«-i: ge «
Ein paar Tage später. Am 1. Fe
bruar. Ein kalter Wintertag. —— Die
Preußen haben Befehl, den Oder-Ka
nal zu überschreiten. Unser Oberst
mit seinen Husaren voran. Jn ein
paar Minuten sind sie bei Lebensart
Kein Düne ist zu erblicken.
Verdammte Geschichte! Die Brücken
ilappe auf der schleswigschen Seite ist
aufgezogen. Schreien und Bölkem
,,Briickenwärter!!« Ja, drüben unter
den verschneiten Bäumen der rothe
Ziegelsteinbau, das ist sein Haus, da
wohnt er, der Wärter, von Bloch, tö
niglich dänifcher Leutnant a. D. Nie
mand läßt sich sehen.
Der Oberst sprengt mit seinem
Fuchs ins Eis-wasser. Seine Husarcn
folgen. Doch was ist das-? Dem
Oberst entfallen die Zügel, er sintt
zurück —-— ein paar Soldaten drängen
ihre Pferde an ihn und suchen ihn zu
stützen. —- Doch die Pferde haben wie
der Grund unter den Hufen, man ist
drüben. Man hebt den Oberst aus
dem Sattel, ---— er ist todt. Ein
Schlagfluß.
Wuthschnauvend sprengen din Hu
saren vors Wärterhaus, reißen die
Thür auf und schlagen auf den dani
schen Beamten los. -Ein junger
Leutnant kann ihn taum aus ihren
Händen befreien und befiehlt, ihn als
Arrestanten mitzunehmen. Ein Glück,
daß er nicht Weib und Kind zurück
läßt
Die Hände auf dein Rücken, so muß
er im Schnee nebenher trotten. So
achte nordwärts über Eckernförde
nach Missunde. Tags stundenlange
Märsche im tiefen Schnee, Nachts ein-—
gehüllt im Ueberzieher, ein Schlaf
platz unterm Wagen —- was will er
mehr, der Dänenhundl Und weiter
geht’s über die Pontonbriicken bei Ar
niß, durch Angeln — da versagen die
Füße, und Kolbenstöße sind tein Mit
tel gegen Frostbeulen Vloch wird
auf einen Wagen gepackt. Endlich
in Glücksdurg wir-d Halt gemacht.
Der Gefanaene wendet sich an einen
höheren preußischen Ofsizier und bit
tet, als danischer Leutnant a.D. vor
ein Kriegegericht gestellt zu werden·
So aeschiebt’g.
Das Gericht trat i:n Zchiosse zu
sammen.
»S-ini Sie der deutschen Sprache
mächtig, daf; wir teinrn Dolmetscber
brauchen Z« wird v- Bloch gefragt.
»Mir Major, ich behkkkfchk Das
Deutsche.«
»Wie heißen Sie?«
»v. Block-.«
»Wo sind Sie geboren?-«
,,Hier.«
»Ich sehe, Sie verstehen knickt doch
nicht genügend; ers ist wohl besser, ich
stelle Jhnen einen Dolmetscher.«
»Herr Major, nicht nöthig. Ich
habe Sie verstanden.«
»Ich fragte, wo Sie geboren
seien?«
»Hier, Herr Major, in dieser
Stube.«
Die Herren seben sich an und ma
chen lange Gesichten Und doch mass
so: Block-? Vater war hier Schloß
tastellan aeroesen, und in Gliidsburg
hatte der Leutnant seine Jugend per
lebt. Der Stellung seines Vaters
bei-dankte er es auch, daß der dänische
König ihn zum Oisiiier hatte aug
bilden lassen.
Und dann aebt die Verhandlung
weiter, und man fragt ihn, warum er
die Brückentlapve ausgezogen habe;
das habe einem verdienten Ofsizier
das Leben aetostet.
»Meine Herren, ich handelte auf
Befehl meines Königen Ich bin Offi
zier wie Sie und gehorche, habe auch
meinen Posten nicht verlassen, als Sie
heranrückten, und weis-» jeder von »Ih
nen würde an meiner Stelle ebenso
gehandelt haben.«
»Leutnant v.Bloch tann abtreten!«
Als er wieder hereingerusen wird,
lautet das Urtheil aus Freisvrcchungx
der Major verspricht dem dänischen
Kameraden obendrein, sich dafür u
verwenden, daß er sein Amt behiizn
vorläufig soll er nach Levengau zu
rücktehren.
Dek dänische Leutnant behielt sei
nenBrüetenioärternosten, wurde später
in preußische Dienste übernommen
und war noch in den achtziger Jahren
als der ,,alte Leutnant« von Lebensart
in Kiel und Umgebung eine bekannte
und verehrte Persönlichteit Aber ein
Preußenfresseri» blieb er und die
Dienstmiiße mit der schwarz-weißen
Kotarde tam nicht auf seinen Kopf,
so daß sein Kleiderschrant nach sei
nem Tode noch reichlich zwanzig
Brückenwärtermützen beherbergte.
Doppelte Nimmst-eng
»Kiet mal, unsa Lehrer hat zwei
Ueberzieher bei thi«
.-Wicso?«
»Na, der eene davon ——— det is sein
Rohrstock!«
—
Präststittfches Feuer.
Es steht fest, daß auf sder ganzen
Erde kein Menschenstamm gefunden
worden ist, der nicht das Feuer beses
sen hätte. Es ist sicher eine der älte
sten Erfindungen oder Erwerbungen
der Menschen, und heute wissen wir,
daß seine Kenntniß schon in die pa
läolithifche Zeit zurückreicht und seit
dem sich ohne Unterbrechung forth-er
erbt hat. Der dänische Prähistoriter
Dr. Geotg Sarauw hat unseres-kennt
nisse aus diesem Gebiete in den Anna-.
len des belqischen archäologischen
Kongresses zusanimengesaßt. Der
»Glovus« gibt folgenden Auszug das
raus: Daß der prähistorische Mensch
der Rennthierzeit Feuer besessen habe,
ist schon seit längerer Zeit bekannt;
Beweis dafin sind die Holzlohlen und.
Feuerstätten, die man mit den Arte
fakten zusammen in den Höhlen der
Vezere, Dordogne u.s.tv. gefunden
hat. Unter den verschiedenen Arten,
Feuer zu erzeugen, scheint nicht dag
Reiben oder Bohren von zwei Hölzern
die älteste gewesen zu sein, sondern
das Aneinanderschlagen von harten
Steinen, und hierauf weisen auch in
großer Anzahl vie festgestellten Funde
hin. Augschlagaebend ist dafür das
Zusammenvortommen von Knollen
aus Pyrit t"Schwefeltie5) und Feuer
steinaeräthen von besonderer Form,
deren Abnutzung deutlich zeigt, daß
sie als Schlaasteine gebraucht wur
den. Dafür führt Sarauio eine große
Anzahl Belege aus verschiedenen Län
dern, zumal aus Standinaoien und
Norddeutschland an, die durch die
Steinzeit in die Bronzezeit reichen,
wo man sogar Runde gern-acht hat,
lsei denen der Schlaastein aus Feuer
stein noch durch Rost mit dem zuges
höriaen Pnrittnollen zusaminenaekit
tei ist. Die einzelnen in Gräbern aes
fundenen Vyrittnollen zeigen deuilich
Gebrauch-stillem Von besonderem
Interesse ist ein Feuerschlaasteiin der
etwa zu Beginn unserer Zeitrechnuna
in Nordeurova aufkommt nnd zu
Hunderten sich in den Sammlungen
befinden GL- sind dies Quarzsite von
länglicher Form, die mit Stahl ge
schlagen wurden. Bis zur Mitte des
19. Jahrhunderte- 7vurden lneven
Schweselhölzerm Stahl, Stein nnd
Schwamm noch benutzt zur Feuer
zeuauna. Dann lam die Herrschaft
der schroedischen «D,iindh"olzer, die heute
schon in Jtcnerafrita benutzt werden.
h
Eine SmtulattiuisDevefche Ros
euer-.
Jm Tagebuch seines Heimgartenis
erzählt Rosegaer folgende lauuige
Geschichte: »Da will wieder was
Neues aufkommen, dag nicht schlecht
in unsere verluderte Zeit paßt. «Er:
hielt ich folgende Depesche aus N.:
»Der «Musiter BraunkPühlet friert
morgen seinen siinsundvierzigsten Ge
burtstag. tsrbitten einen telegravhi
schenGliickwunsch perAdressu Braun
Piihler, Hotel »aoldener Löwe« in N.
Retourdevefche bezahlt-« Also da br
stellt einer selber ein Glückwunschtele:
gramni zu seinem Fünfundvierzigs
sten! Läßt sich auch mag kosten. Ich
tenne aber den Musiker Braun-Päch
ler gar nicht und noch weniger seine
Musik. Aber er will’s nachträglich
halt in die Zeitung geben: Unter den
begeissterten Gratulanten befand sich
auch der und der. — Jch bin aber
ixicht aufgesessen Es war schon der
dritte Fall ähnlichen «.)lnsinnene;.Aus-v
gesessen bin ich allerdings auch das
erstemal nicht, obschon damals der
Heer Jubilant richtig eine Retorte
i«sepesche erhalten bat. Dieselbe lau
tete: »Er san a frecher Heilk« «
Diese Antwort gilt auch siir alle küns
tigen vFälle ähnlicher Art und jedem
ist freigestellt, sie in die Zeitung zu;
geben« ?
—
Zummarisched Verfahren
«Grüß Dich Gott, alter Junge ---
meinen Glückwunschi . . . Wie ist es
nur so schnell gegangen mit Deiner
Verlobung?«
»Die Geschichte ist tehr einfach. Jsch
saß vorgestern Abend auf dem Balle
der Harmonie mit der Familie Miit
ler zusammen an einein Tische. Der
Wein war gut, die Unterhaltung ge
miithlich, die Stimmung vortrefflich
« da nahm ich mir einen Anlauf,
gestand der Tochter meine Liebe, der
Mutter meine Hochachtung, dem Va
ter meine Schulden -- und dann ver
lobten lnir uns!«
Muliziis
TAF
, es»-t.
»Schauen Sie nur, der Lustspiel
dichter hält feinen Kopf an den Ofen.«
,,Jedenfalls wärmt er alte Gedan
Nn aus«
Aufmerksam
»Im letzten Brief schrieb ich mei
nem ungetathenen Sohne, mein Haar
wäre vor Kummer ergraut.«
»Nun, hat er sich gebessert?«
,,Jiein, aber ein Haarfärbemittel
hat er mir geschickt!«
Untösbqteø Rätlsiei.
Richter: »Wie heißen Sie denn?««f
Angellagter: »Ja, sehen Sie, Herr
Gerichtshof, das weeß ich Sie selber
nich genau!«
Richter: »Unsinn! Sie müssen doch
wissen, wie Sie heißen!«
Angeklagter: »Ja, seh’n Se, Herr
Gerichtshof, meine Mutter hatt-:
Zwillinge. Eener hieß Max und
eener hieß EiniL Ecner von den bei-—
den is aber gestorben. Weil wir uns
aber so ähnlich sahen, wußte meine
Mutter nich. welcher von uns bei-den
gestorben war. Nu feh’n Se, da
weeß ich bis uff’n heitigeii Tag noch
nich, ob ich der Max oder der Einil
s«
zbin.
Was im Verbot-senkte blühe.
Kunde: »Ich möchte den Meister
.selbst sprechen. Bitte, holen Sie i71n!«·
H Fleischerlel)rling: »Da-I geht niehi,
Her hat sieh eingeschlossen!«
’ Kunde: »Warum denn?"
Fleischetlehrling: »Er machi- ietzt
gerade ausländische Wuist!«
Urteil-sichtliche Grobheit
XVI
» »Jetzt hatte ich schon lange nicht das
Vergnügen«
» »Das Vergnügen war ganz meiner
seiis.«
Der Unterschied
Junge Frau wen Kiichenzeitel
durchsehend): »Aber, Minna, Sie
schreiben ja alles salsch!«
Köchin: »Ja, das ist eben der Un
terschied zwischen mir und Ihnen ——
Sie wissen, wies geschrieben
wird und ich weiß« wies gekocht
wird!«
Dann allerdings-.
Lehrer: »Junge, wie siehst Du denn
aus«-? Warum kömmst Du Dir denn
die Haare nicht?«
Junge fhenlend): »Ich kann nich,
ich hab’ teen Kamm!«
Lehrer: »Na, da nimm doch Dei
nem Vater seinen!«
Jus-ge: »Der hat noch keen!«
Lehrer: »Mit wag kämmt denn der
fich?«
Junaet »Der hat gar keene Haares«
Nach der Monsuliatiom
»Ich bin nur froh, daß ich den Dok
tor nur wegen des Viertrinkens und
nicht auch wegendes Raucheng befragt
habe, er l)ätt’ mir das sicher auch ver
doten.«
Beim Unterricht im Rechte-in
Lehrer: »Wenn ich Dir acht Fla
schen Wein gebe und Du rinkst drei
leer-,- wieviel volle bleiben übrig?«
lOchiilerx «Sechs volle.«
Lehrer: «Wieio sechg?«
chskchiilen »Nun, siinf Flaschen nnd
l .
l
Gefährlichc Drohung.
h
.-·« I i US .!
«
Dichter mregtk Das sage ich Ihnen, wenn Sie dieses neue Gedicht
nicht abdrucken, dann -— schicke ich Ihnen alle Tage ein Paat Gedichtk MI