Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 08, 1908, Sweiter Theil., Image 13

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    —
Die rathe Rose. «
Von Karl Felix-.
»Die Tochter des Hofraths Grün
aueri Da konnte man Die wohl gra
tuliren, mein lieber Laditiitter. Jch
habe das Fräulein einmal auf einer
Unterhaltung gesehen. Bildbiibscht
Auch die stattliche Münzenfamrnlung
des Papas ist bei allem Jdealizmns
nicht zu verachten. Nun, an Neben
kulälern wird es Dir wohl nicht feh
en "
»Das ist wohl richtig,« meinte der
Andere etwas tleinlaut, »eigentlich
tommt nur einer in Betracht, ein ges
wisser Dr. Arnfteiner. Du kannst Dir
nicht darstellen, Nößler, wie mir der
Mensch zuwider«ist.«
»Kann! glaublich!'· nnterbrach Dr.
Nößler lachend.
,,Ueber nichts tann er reden,« fuhr
Ladltiitter fort, »als über die Menius
ren und Duelle, die er gehabt hat;
aber inertwiirdig, gerade das macht
auf Leonie Eindruck. Als ich neulich
einmal die Bemerkung wagte, daß
Duelle nnd Meniuren ein Unsinn
seien, fertigte sie mickLganz ärgerlich
ab: »Das verstehen sie nicht! Mir
gefällt es gerade an einem Manne,
wenn er seinen Muth schon durch die
That bewiesen han«
,.Entichuldige, aber dann scheinen
Deine Aktien .nicht besonders hoch zu
14-I. --
f
»Das lann man auch nicht sagen.«
entgegnete Ladftiitter. »Sie tann so
lieben-würdig mit mir sein, daf; ich
oft fchon glaubte, Alles sei gewonnen,
und den lehten Sturm wagen wollte.
Aber dann tam immer irgend etwas
bon Muth oder ritterlicher Anschau
ung in·s Gespräch, daß ich mich wie
der nicht getraute. Es ist ja nur eine
tindliche Laune von ihr, und ich bin
überzeugt, wenn ich auch mit einem
Duelle renommiren tönnte, wiire mein
Sieg zweifellos. Wenn ich nur
wüßte« wie ich es anfangen soll!«
»Nun, das ift doch ziemlich einfach.
Wozu in die Ferne schweifen? Dr.
Arnsteiner liegt Dir doch so naht«
»Ja, daran habe ich in verzweifel
ten Stunden auch schon gedacht,«
seufzte Ladftätten »Aber ich habe in
meinem Leben noch nie einen Säbel
in der Hand gehabt; der Ausgang
wäre daher wenig zweifelhaft und
wiirde mich höchstens lächerlich, Dr.
Urnsteiner noch berühmter machen.
Und dann bin ich Banibeamter und
konnte am Ende durch eine solche Ge
schichte noch Unannehmiichleiten in
meiner Stellung haben.«
«Soll ich Dir vielleicht eine Ohr
rnuschel aus dem Sezirsaale besorgen,
damit Du sie in Spiritue als Duell
trophke herzeigen kannst ?« lachte Nöß
er. «
»Nein, bitte, höre mich anl« fuhr
Ladstiittee eifrig fort. »Ich meine uns
gefähr fo: wir treffen uns einmal
scheinbar zufällig, wenn ich mit Leonie
spazieren gehe. und sangen aus irgend
einer Ursache einen Workwechsel an,
der mit einer Forderung endet. Den
Zweitamvf machen ioir selbstverständ
lich bei einer Flasche Seit ab, zu der
ich Dich hiermit feierlichst einlade.'«
Jedenfalls fiir Dich ziemlich unge
fähriich. doch muß ich leider dankend
ablehnen,'« entgegnete Dr. Nößler lä
chelnd« »denn ich bin ein alter Herr
der »Thuistonia«, und tommentmiißig
ift die ganze Sache verteufelt wenig.
Wenn es in meiner Verbindung be
kannt würde, tönnte ich noch Verdrieß
lichleiten haben.··
»Ja weißt Du nicht vielleicht je
man anders-bei dem diese Bedenten
nicht vorliegen?« fragte Ladstiitter,
nachdem er sich von seiner Enttiiufch
ung erholt hatte. « -
· uJemand ander-zi« meinte Dr.
Mißler nachdenklich. »Wartet Von
einer Verbindung könnte es Niemand
sein, aber doch Jemand, der vom
Komment eine Ahnung hat. Hallo,
ich halfst Das wird ein hauptspaßt
Der Zahllellner von der »Mein
traube«, unserer Verbindungabude!«
»Ich sehe schon, Du machst schlechte
Witze.«
Erstens ist es unhöflich, daß Du
meine Mike so niedrig taxirst und
zweitens it es mein vollster Ernst.«
»Aber ein Kellnert Und wenn ihn
Jemand tennt,« iagte Ladstiitter vor
wurfeooll
«Keine Sorge! Kein Mensch sieht
ihm auf der Straße den Kellner an.
Immer nett gekleidet, elegantes Aus
treten; Du tannit ihn ruhig siir einen
Baron ausgehen. Vom Kontinent hat
er auch genügend ausgeschnappt, au
ßerdem werde ich ihn selbstverständlich
genau tnstruirem Komme gleich mit in
die »Weinteaube«« da können wir Al
les mit ihm besprechen.«
»teönntest Du dar nicht vielleicht
allein mit ihm abmacheni« fragte Lad
ftiitter zögernd »Mir ist es doch pein
lich, mit einem Kellner iiber diese
Sache zu «verhandeln."
«Wie Du willst, nur must Du mir
sagen. wann und wo.«
»Ich treffe Hofraths um vier Uhr
beim Sucher im Prater und wir gehen
dann ungefähr von fiinf bis fochi Uhr
- in der hauptallee spazieren.«
»Und wohin soll ich Dir Nachricht
senden, ob Jean zur Verfügung ist?«
«Jn’e »Cafe Gabriel«. Jch warte
dort-« J
»Gut« lachte Dr. stählen »aber ich
muß mich beeilen; eo iit bereits zwei
Uhr vorbei, sonst treffe ich Jean, der
heute Nachmittag frei hat« nicht mehr-«
Die beiden Freunde schieden mit ei
nem Händedruck. Dr. Nößler beftieg
einen Straßenbabnwagem und Lad
stiitter ging in sein Stammtaifeehau5,
um den gewohnten »Verdaunngs
schwarzen«" einzunehmen.
Je mehr er über den Plan nach
dachte, desto gelungener tam er ihm
dor. Dak- war doch ein alücklicher
Zufall, dasz er heute einen alten
Gnmnafraltolleaen wieder getroffen
battel Wenn alles llappte, wo war
dann Dr. Arnsieinerl Wenn es nur
nicht zu spiit rourdel Und et rechnete:
eine balbe Stunde rur »Weintranbe«,
eine balbe Stunde zurück, dann noch
die Unterreduna mit Jean, vor balb
vier Uhr lonnte also nichts da .lein.
Eine halbe Stunde dann in den Pras
ler. Das aing aerade. Nun Hieß es
also geduldig warten. Bis halb vier
Uhr gina es noch leidlich. Aber als
der verbogene Zeiger der alten Kas
feebausuhr langsam weiterlroch, obne
daß etwas lam, wurde Ladstiiiter
immer unruhiger. Als es Treiviertel
schlug, stand ibrn der Schweiß auf
der Stirne. Wie lange sollte er noch
warten? Angitvoll betrachtete er wie
dek die 1lk)r--——ichon beinabe vier -—
da endlich tbat sich die Thüre auf
nnd ein Dienstrnann trat in's Case
larn langsam und aemiitblich aus ibn
zu und aab ihm einen Brief. Lad
ftiitter risi ihn auf und las:
Lieber Freund! Verzeibe die Ver
spannte-. aber ich musiteIean erft in
seiner Wobnnna aufsucben. Es ist
alles vorbereitet Generalvrobe altja
xend verlaufen. Plean wird zwischen
siins und sechs Ule in der Haupiallee
auf und ab aeben Ertennnnaszeis
eben: jeder bält eine rotbe Rose ewi
ichen den Können. Jean wird die
Dame in Deiner Bealeitnnav so lanae
aufsallend fixiren. bis es bemertt
werden muß. Du stellst ibn deswe
aen zur Rede, das Weitere eraibt sssch
dann von selbst. Nur ein guter Rath-:
mache die Sache vorneer mid- tiibl.
keine Ausreauna. nicht schreien, tein
Aufsehen Es d rf nur Deine Be
aleituna werten, aß etwas vorcebt
Also viel Gliick znm »Waikenaanae«.
Dein Rösiler.
Also. tilott sei Dant. doch! Das
batte Rößler iein augirudirt Nun
aber fort. llir zablie nnd stürmte in
den nöchstbeiten Blumenladen Reich
nabrn er eine rotbe Rose. war7 einen
Gulden bin nnd stürzte wieder bin
ans. Zum Glück tam nerade ein
Braterwaaen der Stranenbabn daber
nnd io landete ek endlich aezien fiinf
Ubr beim »Sacher«. Mit iraend
einer Ausrede entschuldiate er sich, so
aut es girrt-. weaen feines Ruidiiitotn
mens. nnd to brachen sie denn nich
der baudiallee aut« in der schon der
lebhafteste Korso herrschte. Ladstäiter
war zerstreut nnd einsilbiaJ eines
tbeils war er erschöpft durch alle wi.
derwiirtiaen Einfälle. die sich ibm in
den Wea gestellt batten nnd dann
mußte er alle Gntaeaenlornmenden
beobachten, urn Jean nicht zu sibers
sehen.
»Galant sind Sie heute anch ichon
aar nicht,« nabrn Leonie endlich das
Wort. »Sie wifsen, wie qerne ich
Rosen dabe. aber es fällt aihnen nicht
ein. mir die Jbriae zu aeben!«
»Aber Fräulein wenn ich sie Ili
nen anbieten darf.« brachte er zögernd
heraus-. «
»Nein, ietzt will ich sie nicht mehr.
Ich lebeia, wie unaern Sie sich bon
iiir trennen: jedenfalls ein iartestlm
aebinde« das fiir Sie großen Werth
hat«
»Wenn Sie das·alciuken, werde ich
Ihnen gleich zeiaen, wie wenia rnic
daran liegt," erklärte er notbaedrun
gen und machte eine Beweauna, um
die Rose weazuwerfem aber Leonie
fiel rasch ein:
»Nein, das wäre wieder schade um
die lchöne Rose. Geben Sie sie-herk«
Und webiniitbia sab er, wie Leonie
die Nase an ihren Giirtel steckte. Jetzt
mußten also dieEinzelbeiten deei Pla
nes geändert werden, und er, Lad
ftiitter, mußte provoriren Jean
würde ja auch aleich erkennen, daßec—
sich um die abgetartete Geschichte han
beitr
k«,.-e. -...k -—.-.--.x t.t.-h5.- c..
Plullpctuu uuu usw-In- -u,-«-«- »
durch das Menschengeiviibh d-: blieb
auf einmal Lad tätter mitten imSatze
fteeten -—-- ungefähr fünfzia Schritte
entfernt. fah et einen hochgeivnchfenen,
elegant gekleideten Herrn mit einer
rothen Rose in den Zähnen ihnen ent
gegenkommen. Dr. Nößler hatte
recht, dem Kellner fah man den Jean
nicht an. Immer näher tmn Jean
nnd mit einer kühnen, sehr auffälligen
Nochade im feindlichen Feuer vertrat
er ilnn den Weg. Jean blickte ihn er
staunt an und wollte dann ruhig aus
weichen. Aber Ladftätter ließ ihn
nicht fo leichten Laufs davontommen.
sondern trat ihm mit aller Kraft auf
den Fuß. Jean unterdrückte einen
Schmerzenstchrei und schrie Ladftät
ter witthend an:
»Was fällt denn Jhna ein, Sö un
verschämter Kerl. einem absichtiich auf
d’ Hühneraunen treten?«
Nun, befonders fein war das ge
rade nicht. Jean wußte offenbar noch
nicht, um was W sieh-handelte: Lad
sttitter mußte ihm alfo draufdelfem
Er nahm insolaedeiien den Daumen
in den Mund, um die ihm durch den
Zufalls-Titels entrissenesttofe zu mar
tiren, zwintcrte ihm-mit den Augen
verfiändnißinnia tu nnd sagte dann
mit der größten »2lrroqanz, die er auf
brachte:
»Es-Hausen Sie sich teine Frechhei
ten. ionft miifite ich Sie zur Rechen
kchaft —«
Weiter tanier nicht. denn er fah
Zplötzlich einen grellen Feuerschein vor
«
seinen Augen hörte einen Donner
schlag und fühlte ein tyeftiges Brennen
an der linten Wange. Wie im Halb
schlafe sah er wie sich Papa Grün
auer mit seinen Damen eiligst einen
Weg durch das Gedränge der Um
stehenden bahnte. Erst als er bemerkte
wie ein Schutzrnann mitf ean sprach
und lich dann etwas Ztotirte. raffte er
sich auf und fah ein, daß rasche Luft
:veränderung fiir ihn das angezeigte
? fei. Aber das Auge des Gesetzes kam
sihm nachgerollt mit einem strengen:
.,Jhren Namen, bitte!« Möglichst
leise gab Ladstiitter sein National ab
und entfernte sich dann eiligst. Dabei
traf er jedoch wieder mit Fee-n zu
sammen, der ibn anbr:nn1nte:
»An polizeilichen Anstand hat ma’
a no wegen so an Kerl!«
Das war Ladstätter denn doch zu
viel.
»Sie sind doch der Jean von der
»Weintraube«, stotterte er.
»Wer soll i sein Z« fragte der andere
immer erstaunten »Wann S’ mi viel
leicht no net kennen, i bin der Athlet
Camilla Montanini vom Zirtus Le
bedofs·"
Ladftötter stiirmte, von Furien ge
peitscht, nach Haus-.
Am andern Morgen brachte ihm die
Zimmerfrau auf dem Kaffeebrette zwei
Briefe. Der erste war, wie der Un
glückliche schon von außen ahnte, eine
Vorladung zum Polizeiiommissariat
wegen Aergerniß erregenden Beneh
mens an öffentlichen Orten. Der
zweite lautete:
Geehrter Herr! Sie werden es be
greiflich finden, daß ich Sie nach Ih
rem jeder Beschreibung fpottenden Be
nehmen, durch welches Sie meine Fa
milie in der empfindlichsten Weise
bloßgestellt haben, ersuche, fernere Be
suche in unserem Hause zu unterlassen.
Dieser Wunsch wird auch von meiner
Frau und meiner Tochter vollkommen
getheilt und bedauern wir nur, Jhren
wahren Charakter nicht früher erkannt
zu haben, wodurch uns die gestrige
Szene erspart geblieben wäre
Achtunggvoll
Leopold Grünauer.
Von diesem Tage an empfand Lad
stätter gegen Rofen insbesondere ro
the, zeitlebens eine unüberivindliche
Abneigung.
HO-—
Ein gefährlicher Mensch.
Humorerte von Einil Pefchtau.
Dr. Hans Heinrich Lotichiu5, Di
rettor einer Genossenschaft mit be
dingter Haftpflicht und Villenbesitzer
in einem der vornehmsten Berliner
Vorm-te, Lwar auf dem Heimwege be
griffen. « Da er am Bahnhof keine
Drosckite gefunden hatte, mußte er
trotz des unfreundlichen Wetters, das
ihm sogar den Genuß seiner tostbaren
Havanna vertümmerte, zu Fuß gehen,
und so war er nicht eben in bester
Laune, als er sich seinem schmucken
Hause näherte, obwohl jetzt die Sonne
wieder kräftig aus den Wolken schien
und das ungemüthliche Naß nur mehr
don seinem Regenschirm herabtropfte.
Aber was war das? Plötzlich nahm
das wohlgenährte Antlitz einen ganz
außergewdhnlich strengen Ausdruck
na, die Brauen über der goldenen
Brille zogen sich erschreckend hoch, und
statt die vornehme Hauptstraße zu be
treten, in der kaum hundert Schritte
nach rechts die Van Lotichiug laa,
machte er ein paar hastige Schritte in
das Seitengäßchen zurück und ver
steckte sich hinter dem Gebüsch des noch
unbebauten Eckgrundstiicks.
An der Thür seine-«- Vorgartens ———
auch halb versteckt hinter Gebüsch —
standen zwei Personen, die sich zum
mindesten in seinem Hause nicht mit
einander unterhalter durften, in
merkwürdig lebhaftem Gespräch. Eine
derselben war ein junger Mann, der
genau so wie Herr Lotichius eine
Mappe unter dem Arm und eine
Brille vor den Augen trug und auch
beinahe ebenso bertrauenswiirdig aus
sah, obwohl er eher »fpindeldiirr« alg
dick genannt werden konnte, sich mit
einer Stahlbrille begnügte und seine
Mappe nicht aus tostbarem Leder,
sondern aus billiger Wachsleinewand
bestand. Er blickte-non Zeit zu Zeit
aufsallend ängstlich nach den beiden
Straßen zu, aus welchen der ishefs
des Hauses tommen konnte, wurbes
aber durch das niedliche DienstmädJ
chen, das mit weißer Schürze und
weißem Spiknhiiubchen neben ihm
stand und irn immer wieder recht
aufgeregt zunickte, offenbar so sehr
gefesselt, daß er sich nicht zu trennen
vermochte. Als ob es für ein so hüb
sches, frisches Ding kein höheresGlück
gäbe als einen armen baut-lehren der
sicher nie Ernst macht, wenn er auch
in der Lage ist« durch heirathsver
sprechen zu locken! Dumme Gunst
Aber wer hätte dem schüchternen
Bücherwurm so- etwas zugetrauti
Und noch dazu beinahe unter den Au
gen seines Schülers, im Hause der
Herrschaft. Na wartet
Als Herr Lotichius den peinlichen
Vorfall soweit überlegt hatte, machte
er plötzlich wieder ein paar hastige
Schritte nach rückwärts, aber diesmal i
gleich durch eine Lücke des Zaunesl
tief hinein in die Wildniß des Bau- l
bloßes Drüben war eine sehr scharfe ’
Stimme hörbar geworden, die laut
»Minna« ries, worauf Minna rasch
—
die Hand des Kandidaten drückte, ihm
einen sehr zärtlichen Blick zuwarf und
verschwand. Merkwürdigerweise blieb
aber der Kandidat immer noch an sei
nem Platz, als ob er ins Haus spähte,
UND kkst nach einer Weile entfernte er
sich nach der Seitengasse zu, und zwar
in einem ganz verdächtig schnellen
Tempo. Die Seitengasse aber betrat
er»auch nicht, er blieb wieder stehen,
spahte wieder nach allen Seiten und
lief endlich in der Hauptstraße weiter,
so schnell, als er nur konnte· Dahin
ter steckte wohl doch nicht bloß eine
Liebschaft mit dem Dienstmädchen,
die ja in aller Ruhe am Ausgebtag
erledigt werden konnte « dahinter
steckte mehr! Herrn Lotichius war
schon heiß und kalt geworden, er
torang endlich tros seiner Körperfiille
fast ebenso flinl wie der Kandidat da
von, und erst als er — nach einer
ganz flüchtigen Begriißung seiner
Frau ------ sein Allerheiligstes betrai,
athmete er wieder aus ——- die eiserne
Kasse war unberührt!
Trotzdem nahm er jetzt sofort den
Kassenschlüssel zur Hand nnd über
zeugte sich, daß wirklich tein Eingriff
erfolgt war. Da klopfte es aber auch
schon an der Thür, nnd als er öffnete,
stand seine Tochter vor ihm. Fräulein
Florh war» erheblich älter ais Minna
und auch lange nicht so hübsch. Abers
die lfrregung, in der sie sich befand«
die Verlegenheit, mit der sie offenbar?
kämpfte, ihr aus aller Verschämtheitl
doch geradezu jubelnd anslenchtenders
Siegeeblick weckten in demsVater einen
nruen Verdacht. Vielleicht handelte;
es sich weder um Minna, nur die Ver- »
traute eines Verhältnisses-, das hinter
seinem Rücken und dem Rücken derz
Mutter angesponnen wurde! Und ie;
mehr er in der Eile wieder alles er-J
loca, desto mehr wurde ihm dieser
neue icherlliche Verdacht zur Gewiß
heit. Der Hungerleider, der so schüch
tern nnd harmlos that, hatte es saust
dirl hinter den Ohren, er spelulirte,«
aus die Tochter des Hauses, aus die
Tochtek einer Billa, die 75,000 Mart
gekostet hatte! Florn aber in ihrem
gefährlich gewordenen Alter —
»Vaoa!« stammelte sie endlich,
nachdem sie -—— auch wieder höchstreri
dächtig —- den Thürriegel vorgescho
neu hatte, »vetzeih’, daß ich Dich störe
- ich kann das nicht so in mir be
halten --— ich inqu Dir etwas anver
trauen. Der Kansdidat, Papa —
»Jch dachte mir’s!« fiel er ihr
,;ornrotl7, seinen Verdruß nur mith
fam betiimpfend, ins Wort, undFlory
starrte ihn plötzlich ganz inißtrauisch
n.
»Du —- dach—test — Dit’s?«
»T—ja!«
»Sprachst Du mit ihm?«
»Ich sah ihn nur von weitem. Wie
ein Verbrecher spionirte er herum ——«
Florh horchte aus« schlug aber dann
plötzlich wieder ganz verschämt die
Augen nieder und zuckte die Achseln.
»So schlimm ist’s ja nun doch nicht,
Papa,« meinte sie. »Was kann schließ
lich der arme Mensch dafür-, daß er
sich verliebt bat! Er roar ja auch
durchaus nicht stech. Nur daß er eben
so weit gingt Daß er den Muth sand,
was ich ihm gar nicht zugetrauthöttri
Ich war iin Voraarien als er eben
sort ivdllte, und während er sonst nur
ganz scheu den Hut zieht, sprach er
mich heute an, obwohl er ohnedies
schon satt eine Stunde länger bei
Maxel geblieben war als sonst. Zu
erst sragte er auch nur nach Dir und
ob Du gesund bist. Dann aber er
tliirte er mir ——-«
»Seine Liebe —- ?
»Ach nun, Papa, das traute er sich
doch nicht. Allerlei aus der Botanil
erllärte er mir. Aber dabei wurde er
immer wärmer, wollte gar nicht auf
hören, psliictte mir einen ganzen
Strauß zusammen und versicherte
endlich sehr feurig, daß es ihm dasv
größte Vergnügen bereiten würde,
mir den ganzen Garten botanisch zu
erklären, und daß ich ihn dann erst
recht lieb haben würde.«
»Daß Du ihn dann-erst—recht
lieb?«
»Ja Papa. Mir kam das natür
lich auch sehr verdächtig vor. Und da
ich plötzlich fürchtete, er könnte sich zu
viel einbilden, bat ich ihn, mich zu
entschuldigen, ich miisse ausgehen.
Und dann lies ich davon —- ins Haus
zurüa.«
Herr Lotichius hatte sich erhoben,
und jetzt ging er — nach immer sehr
erregt —- mit großen Schritten aus
und ab. Wenn der Kandidat Flory
erwarten wollte. dann war das Spio
niren erklärt. Aber warum dann das
DadonlaufeM Und die Sache mit
Minna? Das stimmte jetzt nicht recht.
Handelte es sich vielleicht um einen
- anz gesährlichen Menschen, um einen
n Juan, der sowohl nach Flora
wie nach Minna seine Angel aus
warst
»Wir sprechen über die Sache noch.
sagte er endlich. »Du hast ja sehr
korrekt gehandeli. Und dein Herz,
das ist doch nicht etwa ——«
»Aber Papa!« fuhr sie erglühend
aus. »Ich weiß doch, was ich mir
schuldig bin.«
»Dann ist’s ja gut. Geh seht, Kind.
T-—jal Ich muß noch ein dringendes
Geschäft erledigen.«
Eine Minute später trat er in das
Wien-net seiner Frau und schob dort
den Thürriegel vor, was Frau Lott
chiuj veranlaßte, von-ihrem Erker
vliitzchen hervorzuspringen als wäre
sie jeden Augenblick bereit, ihm die
Augen auszulrateen -Er aber faßte
sie. mit einein Versuch zu lächeln, am
Kinn und sagte beaiitiaend: »Ich
möchte nur dorticbtshalber ein Wort
uber den Kandidaten insit Dir reden.'«
«
. --»—. — - —.-,-... —- « ....-. —-—-— ....---.—-.---« --—.
Diese Erklärung hatte jedoch durch
aus nicht den erwarteten Erfoan
Seine Hand wurde zuriickgöstoßen
und die Augen vor ihn sunkeltennochi
drohender , «
»Ich wollte anch mit Dir über ihn
sprechen,« stammelte die Erreate, »Es
fällt mir ja n«cht leicht, weil ich Dich
nicht -unnöt rg beunruhigen möchte.
Wenn Du aber beabsichtigst, mir eine
Eifersnchtsszene zn machen —— «
,,Eine —— Eisersnchtsszene — Et«
Er starrte sie an, als wiire ihm
plötzlich ein Gespenst erschienen, nnd
dann lachte er auf »ein aber flossen
jetzt die Thriinen iider die Wem-um i
nnd ihre Brust Loh sich noch
»Wenn Dn glaubst, es kann sich
niemand nieyr in mich verlieben.«
fuhr sie Fort, »in thust Dn mir leid. l
Erst qestern stand wird er so ein syall
mit einem Hanslelirer in der Zeitung
in dieser Woche schon der zweite.
Und was den Kandidaten betrifft, sos
hat er sich zum mindesten beute sehr!
auffällia benommen. "
Herr Lotichins starrte sie noch im
mer an« War es denn möglich? Aber«
der Gedanke an Minna nnd Flory
stimmte ihn doch wieder sehr ernst.
»Was hat er denn aetban?« fraate
er endlich, während Frau Lotichius
ihre Ihranen trocknete.
»Mindestens eine Viertelstunde
lang hat er mich aufgehalten, nach
dem er mit Maxerl fertig war. Und
dann fing er Plötzlich von der schlech
ten Zensur Marels in der Zoologie an
und empfahl mir ein Abonnement im.
Zoologischen Garten, wozu eben noch
günstige Gelegenheit, da vorgestern
der Erste gewesen sei. Jch könnte es
ja auch selber ausniitzen, meinte er,
es sei täglich Konzert dort Und «
turz gesagt, Heinrich, es ist nicht an
ders, er osst mich dort zu finden. er
denkt an ein Rendezvous — aber was
machst Du denn?«
Herr Lotichius war zu dem Klin
geltnopf geeilt, und jetzt schob er den
Riegel zurück.
»Ich muß diesen Don Juan ent
larven!« schrie er auf. »Er ist viel
leicht noch gefährlicher, als ich denke.
So ein Heuchler, so ein . » Was hat
ten Sie sich denn so lange mit dem
Kandidaten zu unterhalten?« wandte
er sich dann barsch an Minna, ais
diese eintrat.
Minna sah ihn erst erstaunt an,
dann aber suntelten ihre Augen fast
ebenso wie die ihrer Gebieterin.
»Ich kann den Herrn doch nicht
hinaugwerfen«, antwortete sie schnip
pisch. »Unterhalten hab’ ich mich mit
ihm.«
. »Hm er Jhnen vielleicht Botanit
)oorgetragen? Oder Zoologie?«
»J wo! Um Rath hat er mich ge
beten — mir that er ja wirklich leid
— weil ihn doch die gnädige Frau
nicht verstand —— und so wollte er
eben den Herrn Direktor erwarten
ioder abfangen auf dem Weg vom
sBahnhof Diesmal hat er nämlich
noch nirgends sein Geld bekommen,
fund vorgestern war doch der Erste!«
T Herr Lotichius machte wieder große
Augen, während seine Frau im Erker
verschwand. ,,T———ja!« seufzte er.
»,,Daran hat, wie es scheint, keines
von uns gedacht... Na, ’s ist gut
Minna, Sie können gehen!«
» Und als Minna das Zimmer ver
lassen hatte, seufzte er mehrmals auf.
»T—ja! Daran hat, wie es scheint,
keines von uns gedacht. Ich habe ja
auch so viel andere Dinge im Kopf.
Aber ihr... Na, nimm’s nur nicht
gleich wieder übel. Jhr habt eben
die Liebe im Kopf. T—ja! Aber
»ich will ihm jth sofort sein Geld
schicken. Gezappelt hat er genug
Jdarunn der arme Kerl!...«
Das geichmeichrlte Bild·
Fräulein: Wie gefällt Ihnen die
Photographie-Z
Herr: Famos . . So müßten Sie
aussehen!
W
- Unter Freundinnen.
»Sieh Dich vor, Else der Baron is
ein Fuchs, vor dem muß man fich hä
ten!«
»Mir wenn man ein Gänschen ist«
liebe Emmt)!«
Während einer Theatervttstcllnnk
Kellnerim »Hier drin-ge ich Ihnen
den für heute Abend bestellten Hafen
braten«
Schauspielcr ider den alten Moor
in den ,,.tiäubern« zu geben hai):
,,Muß jetzt gleich wieder auf die
Bühne »s— bringen Sie Inir den Bra
ten in den Hungerthnrm!«
Ein glücklicher Sitresling.
A.: »Na, lieber Meyer, was baden
Sie denn vor Freude gethan als Ih
nen ein Söhnchen geboren wurde?«
Meyer freicher Bankier): »Was
werd’ ich gethan haben? Gratulirt
hab’ ich dem Bengel!«
nahe-dacht ·
Sie: »Diefer Weg ift sehr steil
Giebt es hier denn keinen Esel, der
mich hinaufbringen könnte?« -
Er: »Lehn’ Dich nur auf mich, mein
Herzchen!«
Moderne- Erziehunw
»Du Hang, was betommft du-,
wenn du recht unartig bist?«
»Priigel!« ·
»Ach, du armes Kind! Mir giebt
Mama immer gleich Chokolade, wenn
ich ’mal niißgeftimmt bin."
Ein Schlaukopf.
Kunde: »Also bei fofortiger sBaars
zahlung liefern Sie mir den Anzug
zu 65 Mart. Wenn ich Jhnen den
felben nun in Roten zahle, was kostet
er dann?«
Schneidernieisiert »Dann kostet er
130 Matt; aber in diesem Falle müs
sen Sie die Hälfte anzuhlen!«
Griindlich.
»Ich hab meinem Manne gedroht,
daß, wenn er nicht jeden Tag schreibt,
ich wieder nach Hause tomme.«
»Und befolgt er das?« .
»Gewiß! Er schreibt sogar jeden
Tag zweimal!«
Unermartete Wirkung-.
Mann: »Da lese ich eben von einer
Frau, die infolge starken Schnüren-J
ohnmächtig wurde und beim Nieder- «
sallen aus den harten Fußboden sich ,
schwer verletztek «
Frau: »Ach Gott, Eduard, das
macht mich wirklich ängstlich Du
mußt mir unbedingt einen recht großen
Plüichteppich siir mein Zimmer kau
fen.«
-"Uniiberlegt.
Fräulein: »Heute habe ich einen
Wein getrunken, der gerade so alt ist
wie ich.«
Herr: »Herrje! muß der a b e r gut
gewesen sein!«
Tab Beste.
»Nun, sind Sie in unserer Stadt
schon etwas herutttgetominen? Was
gefällt Ihnen denn bei Uns am be
sten?«
»Aufrichtig gestanden, daß man
zwölfmal am Tage mit der Bahn wie
I«
der abreisen kann.
Der Sonntags-jagen
Köchin (zur anderm: »Gestern hat
mir unser Herr ’ne Mart gesel)enlt!«
«,,Waruni denn·?«
»Gena1? weiß ich’s auch nicht; ich
qlaub’ aber, weil ich die zahme Ente,
die et geschossen hat, stillschweigend
;an Wildbretart gerichtet hab’!«
s .——....——...—
Ein Ahnungsloscr.
Der kleine Fritz (der vom Vater
Schläge bekommen hat): »Hätte ich
das geahnt, ««Zama, de n Mann hät
ltest Du nicht heirathen dürfen!«
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Mutter- »Wakum nimmst du den Leberthtcm von mit- voch unw
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