Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 17, 1908, Sweiter Theil., Image 15

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    W
Die Erziehung der Frau.
Novelette von D. M efst re.
Spannenbergö hatten vor fünf
Jahren aus Liebe geheirathet, zwei
schöne Menschen, die, wie alle Be
tannten behaupteten, ganz dazu ge
schaffen waren, eine Harmonie zu
bilden. Thatsächlich gab diese Ehe
teinen Anlaß zu irgend einer üblen
Nachrede, vor der doch, fo lange es
Nachbarn und Dienstboten giebt. auch
der beste nicht sicher ist. Also: eine
Musterehe? Man urtheile selbst.
Während der fünf Jahre gellte nur
ein einziges Mal zwischen den Wän
den der Wohnung die zum höchsten
Fortissimo geschwellte Rede der tem
peramentdallen jungen Hausfrau, als
sie ihrem Eheherrn eine Scene
machte. Allein trotz aller guten Nach
rede waren Spannenbergs nahe daran
gewesen« auseinander zu gehen.
Nach der soeben erwähnten ersten
und einzigen Scene. die natürlich wie
die meisten Scenen, die junge Frauen
ihren Männern machen, in dem tin
dischen Streben, ihr Uebergewicht zu
zeigen, begründet war, frtlärte der
Gatte, als die kleine Frau zwei Stun
den später sich wieder an ihn heran
tchmeichelte: »Liebe-Z Kind, ich bin ein
Kulturmenfeh ich glaube absolut nicht
an die Beweistraft des geschrieenen
Wortes und verabscheue jeden Etlat.
Ich werde da um, so oft ich merke,
daß Du Diz erregen und Deine
Stimme zu verftärten wünschest, un
verzüglich die Wohnung verlassen und
so lange fortbleiben, bis . . . Jch
meine, drei Stunden werden zu Dei
ner Beruhigung genügen. Verlasse
Dich darauf, das werde ich thun, und
mass auch gelegentlich mitten in der
Nacht.«
Ot- : -----
»--.. k--kk.«-«Jk Dis-H-· .
UIL JUIIV US usuu hwr. pf- ukq G) -----
haltung, und schließlich gab es jenes
Bersöhnungssest, auf das es am Ende
mancher jungen Frau," die Seenen
provozirt, hauptsächlich ankommt.
Aber herr Spannenberg hielt
Wort. Bei dem nächsten Anlaß ver
ließ er noch ehe seine Frau dazu
kam. ihre Stimme anschwellen zu las
sen, das Zimmer, kleidete sich draußen
rasch an und ging davon. Bei seiner
hetmtehr fand er seine Frau zwar in
Thränen aufgelöst, aber nicht geneigt,
sich mit sanften Worten beruhigen zu
lassen. Schon wollte ihre Stimme
wieder anschroellen — da ging er da
von, um erst am Abend heimzutehren
Da aber eine Frau sich unbedingt auf
irgend eine Weise Luft machen muß,
weil sie sonst an den verhaltenen
Worten zu Grunde ginge, hatte Frau
Spannenberg ihrem Gatten während
seiner Abwesenheit einen acht Seiten
langen Brief geschreben den fand
er nun aus seinem Schreibtisch Na
tiirlich enthielt er nichts Neues, ei
gentlich war er nur die schriftliche
Wiederholung alles dessen was die
junge Frau in jener ersten Scene, der
einzigen geschrieenen vorgebracht
hatte. Eine Perlenschnur von Bor
würsen und Anschuldigungen, wie sie
sede Frau, selbst dem besten Manne
gegenüber, zusammenbringen kann.
Vielleicht hängt das mit augenblick
lichen Störungen zusammen, denen
die Physis und durch diese die Psyche
der Frau ausgeseßt ist. Herr Span
nenberg beschloß den Brief als in
einem Augenblicke der Unverantwort
lichteit geschrieben aufzufassen und
schob ihn nach dem Na tmahl wori
los seiner Frau unter ie Serviette
Er machte, als sei nichts vorgesallen,
war galant und brachte gelegentlich
auch einen Scherz an Seine Frau
aber sagte sich: Der Brief hat ge
wirkt, er sucht einzulenten. Und sie
beschloß, fortan immer, wenn sie et
was aus dem Herzen hatte, zur Fe
der zu greifen Seltsam: nun hatte
sie ziemlich häufig und immer das
selbe aus dein Herzen. Einige Male
ließ der Gatte diese weiblichen Evi
steln über sich ergehen, er brachte so
gar die Gewissenhaftigkeit auf, jeden
dieser Briefe zu lesen und ihn dann
in eine Lade seines Schreibtischeö ein
zuschließen Als das erste Halb-L
dunend vou war, begann er zu uner
legen. Diese überaus unnöthigen
Briefe gingen ihm schon an die Ner
den und er mußte fürchten, daß die
Korrespondenz fortgefetzi, fein ehe
liches Leben untergraben könnte. Was
thun? Reden? Das Reden führte
höchstens zu einer der ihm genau be
kannten Berfishnungen, die an sich ja
ganz hübsch waren, jedoch an der
Sache feibe keinen Zweck hatten, nnd
eher geeignet fchienen, die Spanne vorf
einer Verfiihnung zur andern zu ver
kürzen. Dem Beispiele der Frau fol
gen und gleichfalls zur Feder greifen?
Ahgefchmackii Oder doch —- aber
dem Schreiben auch eine Begründung
geben, indem er die Gelegenheit. re
den Fu können, befeiiigir. iAber nicht
ohne vorherige Aussprache Gut. Er
gab feiner Frau folgende Erklärung
»Mein Kind, Du gehfi einen gefähr
lichen Weg, der uns auseinander
führt. Jch wünfche nockä einen Vet
fuch zu machen, Dich one diefern
Wege abzubringem ich bitte, ich he
fchtoöre Dicht Noch einen Brief —
und ich reife ab. Dann haft Du we
nigstens eine Ausrede fiir Deine
Briefe. schwer-de nicht fo bald heim
kehren, das darfst Du glauben, und
qum Du Dich auch während meiner
Abwesenheit nicht eines besseren be
sonnen —— dann sollst Du nicht län
ger an einen Mann gefesselt bleiben,
der Dir so häufig Anlaß giebt, Dei
nem Unmuth schriftlich Ausdruck zu
geben, weil er’s abgelehnt hat, ihn
mündlich über steh ergehen zu lassen.«
Rührung, Thriinen s-— Kiisse wa
ren das Ende. Da Frauen aber selbst
dann, wenn sie Erfahrungen haben,
immer annehmen: »Ah, das-« ist nur
gesagt, er thut’s doch nichts« hatte
Frau Spannenbera bald nach der
Auösöhnung die Antiindigunq deg
Mannes vergessen. Nur zu rasch lonn
te sie dem Dränaen, einen ihrer Briefe
zuschreiben, nicht widerstehen Mön
lich, daß die etwas petverse Sucht der
Frau, mit der Gefahr zu spielen und
sie förmlich anzulockem dabei mit mä
tia wars Spannenberg fand seinen
Brief· Er las ihn nicht-— -— aber er
packte seine Koffer. Während seine
Frau außerhalb des Hauses bei einer
Freundin mit prickelnder Ungewißheit
sich die Wirkung ihres Briefes vorzu
stellen trachtete und sich mit leisem
Beben—auf die Versöhnung freute,
bestieg Herr Spannenberg einen Fia
ter und fuhr zur Bahn. Als feine
kleine Frau nach Hause lam. hatte
sein Schnellzua ihn schon über die
Grenze gebracht. Bald konnte es für
Frau Spannenberg teinen Zweifel
darüber geben, daß ihr Gotte Wort
gehalten. Wenige Zeilen, die er zu
rückgelassen, gaben ihr betannt, das-,
er zunächst ziellos in der Welt herums
reifen wolle und nur telearavbiscbs
Mittheilunaen ihn mit einiger Sicher
heit erreichen würden, postlagernd
München, Berlin, Köln, Briissel.Pa
rig. Sie brauche aber auch nicht zu
telearapbiren· Er sei entschlossen,
unter allen Umständen seine Antiini
digunn wahr zu machen.
Jrarururh sano er rn Munmen imon
die erste »Hei-re zurück«-Depesche vor.
Antwort »Ich befinde mich wohl und
reise weiter·« Das wiederholte sich
auch in den nächsten Stationen die er
angegeben hatte, niur wurde die Des
reiche immer länger, immer dringen
der. In Briissel lag ein Brief: Zer
lnitschung, Reue, Versicherungen der
svölligen Umkehr. zum Schluß glü
bende Liebevsersicherungen Millionen
Küsse. Antwort: »Ich befinde knich
wohl und reife weiter.« Jn Pariser
wartete ihn ein Telearamm iolaenden
Inhalts: »Deine Stätte hat mich vol-'
lends besiegt. Sich trage mein Loos.
das ich verdient habe. Glaubst Du
noch meinem Schwur, daß ich eine
Andere, Bessere aeworden, dann
komme: findest Du den Glauben nicht.
dann überlasse min meinem Schicksal.
Ich werde unalitetlich sein. aber ich
werde Dich ewig lieben.«
Jedt reiite Herr Spannenberg nach
Hause. Unerwartet betrat er seine
Wohnung und aing zu seiner Frau.
Er merkte, wie sie’s drängte, ihm an
den Hals zu fliegen- wie sie sich ge
waltsam zurückhielt und mit icheuem
Aufblicken trug: »Du glaubst mir?«
Er sagte tein Wort, aber er breitete
die Arme aus« um sie zu umfangen»
Lange, lange hielten sie sich um
schlungen, stumm, regungslos-. Aber
es war ein heiliges Schweigen, ein
einziger großer Eid, den ihr Gefühl
leistete, und ein sicheres Glauben von
ieinek Seite war die Antwort. Von
diesem Tage an verdienten die zwei
die über sie verbreitete Meinung. daß
ihre Ehe die reinste Harmonie sei.
Und daran kann es keine Aenderung
mehr geben; denn jedes Aufäuellen
der alten Art, jede Frauenliune zieht
sich erschreckt zurück, wenn nur ein
Blick des Gatten eur Erinnerung
wird. Aber diese Blicke werden im
mer seltenet sie werden ganr auf:
hören —— weil biet eine Frau lich sur
Selbsterziehung durchgerungen hat.
»Dußchen« Umandu5.
Humoristische Stizze von B· H e r w i.
Amandus hieß er; das war fein
Kummer so lange er denken tonnte.
Vor dieser Zeit nannte ihn die zärt
liche Mutter nur Dußchen.
Dies gräuliche Dirninutiv hatte der
Vater mit dem Moment abgeschafft«
als Amandus in die Schule geschickt
wurde. Da sing des Knaben Denten
an und bis zu diesem Moment konnte
er sich zurück erinnern.
»Wie heißt Dut« fragte der Leh
rer.
»Amanbus Wernet,'· lautete die
stolze Antwort.
Die Knaben licherten.
Sie halten wohl noch nie den sel
tenen Namen gehört; sie sprachen ihn
spöttisch nach, meist nannten sie sich
gegenseitig beim Familiennamen, bei
ihm machten sie, wie auf Verabre
dung, eine Ausnahme und vergnüg
ten sich förmlich darin, den Kamera
den mit dein ihnen so komisch erschei
nenden Amandus zu rufen.
Es gab ja viel häßlichen Namen
unlek der Knabenschaaez Gabriel hieß
einer, Sixtus der andere, man wußte
sogar von einem Moses, aber der un
terschrieb sich nur M. —- M. Michels
ly; —- bas llang gar nicht so schlecht.
Er fing nun auch an, sich A. Wer
siee zu schreiben, auf Heftem unter
Arbeiten und Briesen, aber es ging
nicht, man ließ ihn nicht in Ruhe,
·nan wollte den Amandus haben.
«Ainandus, Einer der geliebt
werben soll und muß«, sagten die
oorgeseheittenen Lateiner.
Der Knabe klagte es ver Mutter.
«Laß sie nur«, lächelte diese,
,,wirst’s schon erleben, ja, ja, Du bist
mit Recht der leandu5, Einer, der
»aeliebt werden soll und muß» "
Daran dachte er ietzt, als er sin
nend von seinem mächtigen Schreib
tisch saß.
Einen ganzen Zeitraum von feist
«dreißig Jahren mußte er zurück den
ken, um sich dies Alles zu dagegen
wärtigen Wie oft hatte er sich seit
dem noch iiber den Namen geärgert,
«die Schulzeit hindurch, in der Tanz
stunde in der Familie; ja, als das
ominöse Wort bei der Konfirmation
in drei langgezogenen Silben von.
den Lippen des Predigers floß da
oericheuchte er beinahe die Andacht,
und noch im Wagen fragte der Ge
äraerte den Vater weshalb er ihm
eigentlich diesen Namen gegeben habe.
»War es Pietät, Vater, hieß einer
unserer Vorfahren so?«
»Nein, mein Sohn.«
,,Wars ein Kalendername?«
»Auch das- nicht.«
»Nun, wie kamst du darauf?«
Der Vater war an dem Tage weich
gestimmt nnd gab ihm Antwort. was
er sonst dem Sohn gegenüber nicht
immer that.
»Die Mutter hatte Schn!d. mein
Sohn, sie hatte gerade einen so rüh
renden Roman aelesen. in dem der
blonde, schlanke, blauiiugige Held so
hieß: der hatte es ihr angethan, da
wollte sie Dich auch so nennen.
War-US nicht so. Mutter?«
Die Gute nickte still mit dem Kon
und streichelte des Kindes Hand;
ganz leise sagte sie: »Mein Dußchen,
ja, ja, so war’s, wirst ihn aber schon
noch einmal gern haben, den Namen,
wenn ein lieber Mund ihn aus-«
spricht.«
Dann waren Jahre und Jahre ge
tomrnen, in denen er ganz unbehel
ligt blieb, in denen er den verhaßten
Namen nicht einmal vernahm; das
war, als er weit entfernt von der»
t- IIJGIUIUÄV UIL ulllUcIIlluI USIUUJIL ulIU
so fleißig studirte, wie der Besten
Einer. Wer sollte ihn auch so nen
nen? Die Bekannten, die Freunde,
die Lehrer riefen ihn Werner, er be
kam die Briefe von Hause nur unter
der Adresse: Herr Studiosus A. Wer
ner und die guten Eltern schrieben
wie auf Verabredung immer nur:
»Mein lieber Sohn«, oder: »Besteri
Sohn.«
Und dann — einst an einem schö-l
nen Frühlings-abend gerade als ers
vor dem ersten Eramen stand, bekam
er die traurige Nachricht von der
schweren Erkrankung der Mutter, diei
ihn sofort, unverzüglich nach der Hei
math ries.
Ohne Besinnen, ohne Aufenthalt»
fort, in den eilenden Zug, dem elter-F
lichen Hause zu. Wenn er nur nicht
zu spät kommt, wenn er nur noch ei-!
nen Blick aus den geliebten Augen er
haschen kann, wenn er nur noch ein
mal die treuen warmen Hände drücken,
noch ein einziges Mal den Kinderw
men, den geschmähten, hören kann!
Und die müden Augen lächelten wie
verklärt, als sie den Sohn sahen; die
welke Hand fuhr liebevoll tastend über
den blonden Kopides Lieblings und
»mein Dußchen« sliisterie der zitternde
Mund, ,,sei glücklich, mein Amaw
dass
Wie die Erinnerungen ihn, den
einsamen Mann. heute überwältig
ten!
Längft hatte er die Feder wegge
legt, den Kopf in beide Hände gestützt,
und jetzt, ietzt sielen wirklich schwere
Tropfen durch die Finger herab auf
den Briesbogen und verwischten die
Schriftzüge; nun mußte er am Ende
den Brief noch einmal schreiben, den
Brief, der. ihm so entsetzlich sauer ge
worden war.
Er hatte eben keine Uebung in sol
chen Schriftstiickem die wissenschaft
lichen medizinischen Abhandlungen
gingen ihm leichter von der hand, die
eingreifendsten und wichtigsten Re
zepte slossen ihm sicher und gewandt
aus der Feder. Viele Briese hatte er
nicht zu schreiben, denn dem guten
Vater hatte er längst bei sich ein be
haglicheö Heim bereitet und mit Stolz
sah der alte Herr auf den schnell be
riihrnt gewordenen Sohn.
Wie früher nannte er ihn noch im
mer: ,,mein Sohn«, wohl auch: »Do!
torchen«, und wenn er sehr gut ge
launt war« »Professorchen«: man sah
es ihm an, es that ihm wohl, ihn so
zu nennen.
n-- s ( s U , FI-ls.»s.. «-.L
Ullcc lllls lslllc Utuu Youuun uuu
später keine Frau Professorin karn,
das that ihm weh, dem Alten, dass
konnte er gar nicht begreifen. Frei
lich müßte es ja ganz etwas Beson
ders, ganz Bortreffliches sein für den
berühmten Sohn, den herrlichen
Menschen; aber es gab doch auch sol
che, wenn er nur suchen, sich nur um
schauen wollte. Aber er, der Profes
for A. Werner, wollte nicht suchen, er
«wollte sich nicht umschauen, sondern
dachte nur an feinen segensrrichen
Beruf und an seine schweren Pflich
ten« deren Erfüllung er sich mit sei
nem ganzen Manneseifer hingab; wie
hätte er zu anderen Dingen Zeit ge
habt!
Und gerade bei der Erfüllung fei
nes schwierigen Berufes war das
Glück an ihn herangekommen; leise,
süß. bestrickend, mit braunen Augen
und dunkelblondem Haar, die Augen
fast immer von Thrönen umfchleiertl
über ihren schwertranten Vater, des
sen beste Pflegerin sie war. Die klei
nen, zarten Hände zitterten nicht,
wenn sie dem Kranken die wohlthä
tige Arznei reichten, aber der rothe,
süße Mund bebte, wenn LIe den for
schenden Fragen des— Arztes die Ant
wort ertheilte.
Und eines Tages kam die Stunde,
als er das erlösende Wort sprechen
durfte, das Wort »Gerettet«, eines
der schönsten im ganzen großen
Sprachschatz. Ein sorgender Vater
den Seinen wiedergegeben, die lang
verbannt gewesene Freude wieder Ein
zug haltend in die darbenden Herzen
k— in iiberftrömender Glückseligkeit
;tijßte Hedwig dem theuren Arzt und
!Freunde die Hände.
) »Hedwig, was thun Sie?« rief er
!erschreckt, und erröthete, auf’s tiefste
terregt
Stunden und Tage hindurch fühlte
er den heißen Kuß auf seiner Hand,
und in dieser Zeit fühlte er sich im
mer mehr hineingezogen in den wun
derbaren, süßen Zauberbann der er
sten, tiefen, wahren Liebe· Aber den
noch fehlte ihm der Muth zum Spre
chen und zum Fragen, wohlan, denn
länger wollte er nicht zögern, sollte es
die Feder thun.
Nun hatte er eben den Brief ge
.schrieben, in dem er sein theures Mäd
schen gefragt, ob es ihn lieben könne,
iob es die Seine werden, ob sie seinem
Fernstem einsamen Leben der erwär
mende Sonnenstrahl werden wolle;
gerade hatte er unterzeichnest wollen,
da stockte er mit der Feder, heute aber
mußte Farbe bekannt werden; er
probte nebenan auf dem Blatt die so
lange verbannt gewesenen Schrift
ziige, da stand es plötzlich -—- »Arnan
dus Werner« . . . einer, der geliebt
werden soll Und muß, ticherte es ihm
in die Ohren . . . da erstand seine
L .—-l.
Jugcllvöcu lulcukx sue Wut, ou tout I
ihm die Erinnerung gekommen, mäch
tig und überwältigend . . .
Er fuhr sich mit der Hand über die
heiße Stirn, nun hatte er einen schnel
len Entschluß gefaßt, in einer Vier
telstunde war er bei dem geliebten
Mädchen und in wenigen, kurzen, aber
herzlich innigen Worten hatte er ihr
gesagt, was der Brief verrathen sollte.
Und ihre Antwort?
Ihr blonder Kon lag an seiner
Brust, ihre Arme hielten ihn fest um
schlnngen.
»Na-wes denn fein, kannes denn
wirklich sein? Dus mein Heißgelikb
jet, mein Amandu5!«
Wie das klang! wie eine Liebko
snna,..wie ein Gruß aus jener Welt.
Seine Augen wurden feucht.
,,Saa’ es noch einmal, Geiiebte,«
bater, »ich habe den alten aräulichen
Namens-woher weißt Du ihn nur?
—- fo lange nicht aehört. Die Mutter
hatRecht gehabt, wie klingt er süß
aus Deinem Munde, sage ibn mir
noch einmal.«
Und unter Freudenihränen flü
sterte das holde Mädchen: »Mein
Antonius-P -
Der verzauberte Hut.
An einem talten Wintertage saß
der Herr »;nspeltor Kämmle mit sei
nen Spielgenossen im Ccfe beim
Slat iind gab sich mit allem Eifer
dieser edlen Beschäftigung hin. Das
Lokal war ziemlich stark besucht, und
dies veranlaßte den etwas ängstlichen
Könile von Zeit zu Zeit Umschau
nach seiner G-ar—derol:e zu halten
Ueberzieher- und Hutmarder schlei
chen bekanntlich in mancherlei Gestalt
in den Kaffeehänsern herum und be
sonders die Spieler sind die erwählte-n
Opfer dieser Gauner. Es dunkelte
etwas; der Pillolo finq an, im Hin
tergrunde die Lichter anzuziinden
Kämmle hatte soeben ein Solo ohne
drei verloren und sah ärgerlich vor
sich hin, und zwar gerade nach der
Stelle, wo seine Garderobe hing. Er
schrak plötzlich ordentlich zusammen
—- sein Hut war nicht mehr da!
Kämmle stand sofort aus, um sich Ge
wißbeit zu verschaffen. Am Rahmen
hing er nicht, am Boden laq er nicht:
er suchte die aanze Nachbarschaft ab
—dek Hut war fort. Was thun?
Einer der massenhait vorhandenen
Kibitze hatte die Liebenswiirdigleit.
feinen Vart im Spiel zu übernehmen
und Kämmle eilte tsurz entschlossen
fort, um sich in dem benachbarten Ge
schäft einen neuen Hut in kaufen.
Erstens: Er konnte doch nicht ohne
Hut eine halbe Stunde weit nach
Hause qehen; zweitens: was hätte
»Sie« gesagt, wenn er baarhäuptia
vom Kaffeehaus gekommen wäret
Diesen -Sariasmus, diesen Spott
hätte er nimmer ertraan können.
Er kaufte also einen Hut, den er
eigentlich so wie so schon lange ge
braucht hätte: »der geiripste war näm
lich schon länast nicht mehr salon
fähig« und deshalb war der Verlust
leichter zu bei-schmerzen Die Verlän
serin wußte ihm auch einen etwas
feineren Filz auszuschwätzen, und in
bedeutend besserer Laune betrat
Kiinunle das Cafe wieder undna·hni.
nachdem er den neuen Hut an den
Platz gehängt hatte, von dein der alte
verschwunden war, sein Spiel wieder
auf; er erlebte die Freude, das; das
Blatt sich gewendet hatte und ein eige
ner Glücksstern über ihm ausgegangen
zu sein schien. Zur bestimmten
Stunde wurde der Skat beendigt.
Kämmle strich seinen Gewinn von
vierzig Pfennige-r glückstrahlend ein
und erhob sich, um zu gehen Er zog
seinen-Ueberzieher an. setzte seinen
Hut aus und empfahl sich bei seinen
Zu früh.
Echte rathe Nase erweckt in mir schwere Bedenken, ob ich Ihnen
meine Tocht er anvertrauen darf!« .
»Herr Kommerzienrath haben doch selbst eine rothe Niase!« "’
k t,,?1llenoin·qs!.» Ich habe sie aber erst bekommen, als ich’B· machen
onn e.« ·
Genossen Plötzlich fuhr ihm etwas
ergenartig durch den Sinn. Wie kam
ed, daß der neue Hut so vorzüglich
saß, nachdem er vorher etwas gedruckt
hatte, was nach Aussage des Verkau
fers in einigen Tagen vorbei sein
sollte. Er nahm den Hut ab, besah
ihn innen — richtig, da war seine
Visitenkarte eingeklebt — seine Visi
ten-—Himmel, wie kam das? —Es
war sein alter, Vorher vermißter Hut
—und der neue war verschwunden!
Eine merkwürdige Sitte
hat der » Danz. Zig« in Biitow und
Umgegend ein Musiker, der mit seiner
geschulten Kapelle meist zu ländlichen
Hochzeiten aufspielt, eingefii hrt Es
bekommt nämlich jede Braut, zu deren
Hochzeit er die Musik stellt, die Braut
ichuhe von ihm aanz umsonst, weil er
nach seiner Profession — Schuh
.2nacher·ist! Aber hiermit nicht genug,
er stellt auch feine ganze Musiklapelle
umsonst und ist mit dem Gelde zu
frieden, das man ihm so beim Ab
tanzen des Brauttanzes auf den Tel
ler wirft. Wie nun aber Konkurrenz
aus allen Gebieten vorhanden ist, so
kam es auch hier. Ein anderer junger
Musiker kam auf dieselbe Jdee und
gibt nun ebenfalls jeder Braut, zu
deren Hochzeit er die Musik stellen
darf, ein Paar Brautschuhe. Es begab
sich kürzlich, daß in dem Dorfe Mor
genstern eine Hochzeit gefeiert werdeni
sollte. Während nun die Schwieger
eltern die Musik von dem neuen Mu
siker wünschten, verlangte die Braut
die Musik von dem alten Musiker we
gen der Brautschuhe. Eines schönen
Sonntags stellte sich aber der neue
Musiker der Braut vor, brachte auch
ein Paar extraseine Brautfchuhe mir
und paßte diese gleich der Braut in
aalantester Weise an. Die Braut gab
nun auch halb und halb ihre Zustim
mung, denn die neuen Schuhe, die
dem Musiker selbst 6,50 Mark gekostet
hatten, paßten ganz vorzüglich End
lich kam der Tag der Hochzeit und da
mit auch eine aroßartige Ueberrasch
ung für alle Theile Als die alte
Musikkavelle auf dem Bahnhofe an
langte. um nach Morgenstern eu iab
ren, kam auch die neue Musikkapelle
an und fuhr ebenfalls dahin. Und
richtig, zum allaespneinen Erstaunen
der versammelten Hochzeitsaiisie ka
men zwei Musikkapellen Im der Hoch
geit. Schließlich mußte die neue Mel
sikkavelle wieder abfahren und die alte
svielte ihre munteren Weisen Dies
Sammlung für die Kapelle eraabs
69,F.5 Mark. Der neue Musikers
strengte nun aegsen das sunae Shepaars
einen Prozeß um diese Summe an,s
nnd das- Ehevaar wurde verurtheilt» ·
an den Musiker die 65955 Mark zu
bezahlen nnd aueh noch die Kosten iui
i
tragen
.
Modern. .
Frau: »Ich gebrauche für unsere
Scheidung ein neues Kostüm!«
Mann: »Das bezahle ich nicht
mehr!«
Frau (schluchzend): »Dann bleiben
wir also zusammen!«
Aal
Nichter: »Studiosus Bimbach, Sie
sind angeklagt wegen groben Unfugs,
weil Sie Nachts durch Läusen der
Klingeln die Einwohner erschreckt ha
ben!«
Angeklagten »Herr Gerichtshof, ich
war hatt in läutseliger Siimmung!«
No also!
Gast: »in-ten Sie, Herr Wirth,
das Bier ist aber heute miserabel,
während es doch vorgestern ganz vor
züglich wat!«
Wirth: »Aber Heer Rath, das ist
doch ganz unmöglich, es ist ja noch
dassel e Faß!«
Der eingegangcne Versuche-.
Lnde: ,,Himmel,-wie siehst Dn denn
aus, Ede? Ganz verschwollen?«
Er (stöhnend): »Ach, ich hatte mich
gestern Abend bei dem Zahnazri
Zange eingeschlichen, weil ich wußte
daß da was zu holen ist. Jeh wurde
aber entdeckt, gebrauchte die Auge-ede,
daß ich furchtbare Zahnschmerzen
hätte und —- da hat mir der Kerl
gleich sechs Zähne ausgezogen!«
Aus den Bergen.
»Wo geht denn vie Landstraße nach
Tegernsee?«
»Gradaus! Aber da könnenfsnit
gehen, da is Antoniobilfchlitien-Ren
nen.«
»Dann geh ich den Waldweg!«
»Das können’s nicht! da is Sti
Wettlanf!«
»Dann nehme ich den steilen Fuß
pfad!«
»Unmöglich! da is Rodelkonknr
renz!«
,,Sakrament! da tönnt ma ja rein
in die Luft springen!«
»Auch das nicht! da is Lastschiff
Wettfahrt!«
Der Pedant. .
Braut: »Nun sag mal, Alfred,
wann soll denn endlich unsere Hoch
zeit sein?«
Gymnasiallehrer: »Sobald Du in
Deinen Brieer keine Jntetpunktions
zeichen mehr weglässest!«
Zweideutig.
Dame: »Und hat Ihnen die Weit
reise wirklich genützt?«
Herr: »Jawohl. ich bin als ein
ganz anderer Mensch wieder gekom
men!«
Dame: »Da werden sich Ihre Be
Id
kannten aber freuen.
Offcn
Herr (zu einer sehr reichen Danieit
»Mein Fräs. !lein, ich liebe Zie rasend,
wollen Sie die Meine :verdcn?«
Dame: »Ach, das loinmt so plötz
lieb, darf ists Ahnen aker auch G!au--s
ben schenken?«
Herr: »Aber gewiß Ihre Mittel er
lauben Ihnen dies doch!« .
Gelungen
Schulze (znm («55e-nkindediener):
Jch weiß doch, daß du Kerl keinen
Pfennig werih bist, darum habe ich
dir, ehe du den Odiiiinq nach dem
Kreisgericht geschafft hast, die Taschen
visitirt, und nun habe ich erfahren,
daß du doch mit ihm in der nächsten
Ortschaft gezechi hat! Woher war das
Geld
Gemeindedienerz Tit ist fechten
gangen, und ich hab’ anfgcpaßt, daß
er nicht erwischt wird!
Eins nach dcm anderm »
Schaun S’, Herr Nachbar, mein
Zimmerherr hat immer fo seine Pas
sion gehabt: A Hundert, an Affen, a
Eichtatz an Papagei - dann lauft
er a Aquarium —- jetzt ist er auf
Frdsch’ und Kröten verfall’n, —- und
gestern brachi’ er gar a Schlangen
mit. —- Was sagen S’, Frau
Wampler, — a Schlangen. »s— Possen
S’ auf, der heirath’ bald!
Ach so
A.: »Unserm Freunde Emil dürfte
es doch ziemlich schwer geworden sein,
sich das Jawort der reichen Enbin zu
holen!«
B.: »Ach nein im Gegentheil er
hat Ihr sogar nnr die Wahrheit se
fag t. «
An »Wieso?«
Bd »Er hat zu ihr griagi, er töm
ohne sie nicht teben.«