Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 10, 1908, Sweiter Theil., Image 9

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    «nebpazka
Staats-Anzeiger und Frei-old
—
Jahrgang 23.
«Gr««ms Island-) Mor» to. April i903. mit-mer Theils
Nummer 33.
«Vorfrtlhling.
Noch liegt so einsam Wald nnd Flur
Im weißen Wintertleid, «
Noch ruht so schweigend die Natur,
Als sei der Lenz noch weit.
Manch’ zartek Keim, manch’ griines
Blatt
Sich leis’ zum Lichte drängt,
Nsußzwei lein schon am Waldesrand
Voll gol ’ner Löckchen hängt. . I
Mit silbergrauen Kiiiicben hat
Die Weide sich geschmückt
Neugierig, schen der Bitte Blatt
Aus brauner hülle blickt.
Arg Frühlings Her-un schwingt insgj
· Blau - i
Die Lerche jubelnd sich: »
Nun tOnme Lea-H Wald, Flur und;
u- !
Sie all’ erwarten Dich! I
H
-
Ver heimliche Freund.
—-—-—...
Slizze von Panl Blis3.
Er hieß Fritz Heaebufch und wars
Rentner. Im ganzen StadtbierieH
kannte man ihn. ;
Ein langer, baaerer Mann, derT
trotz feiner achtundsechzig Jahre nie-i
mals langsam ging. »Er trug einens
langschößigem verbliaenen Rock mit
ganz unglaublich großen Horn-!
lniipsem und einen Jnlinderhnt, wie»
man sie nur noch bei den Paradens
der Kriegervereine siebt. Sein Gesicht;
war bartlos und mit tausend Falten;
und Fältchen übersät, wenn aber diej
blauenLlugen lächelten, dann war esl
wie das Gesicht eines gut-nöthig reiq
nen Kindes, das sich noch« nniv seines-H
Daseins freut. ;
Besonders die Kleinen liebten ihn.l
Denn fast immer halte er in vers
rechten Rocktaßbe allerhand kleines
Näschereien, und wenn so ein Drei- j
täsehoch fröhlich berangesprungeni
lam und mit pfiffigem Gesicht rief-J
»Er-ten Morgen, Onkel Fritz!« bannt
»in-edle er»nlekmnlonst mlanaenddaå
Händchen aus« denn der gute Onkel
legte immer eine iiisie Gabe hinein.
Weniger gern hatten ihn die Gro
ßen; ihnen gegeniiber war er zurück
haltend. fast scheu, denn ihre indislres 1
ien, neugierig stagenden Blicke waren
ihm zuwider, ja, sie beleidigten ihn
fast. und deshalb auch halte er sichs
eine so schnelle Gangart angewöbnt,»
nm nur ja recht bald all’ diesen Neu-I
gierigen aus dem Wege zu kommen.
Natürlich sagte man ihm bald alles«
Mögliche nach. Die einen nannten
ihn stolz und eitel. den anderen war
er ein mißtrauischer, geiziger Filz,
nnd noch andere flüsterten gar etwas
von bösem Gewissen und dergleichen
Armer Ontel Fritz, wie unrecht
that man ihm. «
Er war ein harmloser, stiller zuna
geselle, der von Niemand etwas wis
sen wollte und n tr den einen Wunsch
hatte seine letzten Jahre in Frieden
zn leben
Einst freilich schaute er ander-s
drein. Dreißiq Jahre früher war er
ein stolzer und begehrensioerther
Mann gewesen. Damals-, aus derHöhe
seiner besten Kraft, hatte er als reicher «
Mann vertrauenbvoll in die Zukunft
gebliat, — zu vertrauensvolll Denni
er hielt alle Menschen fiir so gut und;
brav wie er selber war und nur allzul
bald mußte er seinen Jrrthum ein
sehen,—-—leider zu spät, denn als er
hellsehend wurde, war er ein betrog-it
ner und ein armer Mann. Und nuns
zog er sich «enttäuscht und vergrämi
zurück, floh das Leben nnd dieMen
schen und rettete sich in die Eins-im
teit. Nur eine ganz, ganz tleineRentex
war ihm geblieben, zu viel zum Ver-—
hungern und zum Leben doix viel zn
wenig. Aber er schräntte sich ein, er
lebte wie ein Klausner, »so daß er
mit dein weni n austamz und nur’
im alleriiußer en Notbfall erbat er
den Beistand seiner reichen Schwester,
die sonst- von ihm, dem Herunterge J
tommeiiem nichts wissen wollte
Eine Freude, einen Sonnenschein
nur gab ej siir ihn,—die Kleinenl
Mit den Kindern fühlte er sich selber
wieder Kind bei ihnen veraaß er die
Falschheit und Hintetlist der Großen «
mit ihnen waret nicht zuriickhaltenb
nnd still, mit ihnen konnte ek lachen
nnd schean und sich selber wieder
jung fühlen.
sllnd besonders den Kindern armer
Leute war er einjeiinlicder Freund,
—-· jenen bedauetnswerthen GefchZ-’
psen, die ohne sonnige Freude und
ohne viel Liebe arosi wurden, in deren
Herzen ver-daß und der Neid gean
die Reichen nur allen leicht Wurzel;
faßte —- ibnen wollte er die trübes
Jugend verschönen, so gut es seine!
all-u kargen Mittel nur erlaubten.
Und so manches Mal schon lintte er1
den deimlichm Freund und Wohlthii
ter gespielt, ohne daß Iemandetwas
davon erfuhr.
si- ng «
Auf demselben Flur mit ihm
wohnte der Rohrleger Walberg. Der
hatte eine blasse, krante Frau, die fast
immer mißgestimmt und mürrisch
war. Aber er hatte auch ein Kind,
einen strarnrnen, blonden, Musik«-arti
gen Jungen, dessen -Lachen so hell und
stein wie edles Metall klang. Hans
hieß der tleineKerL und er war »Ou
tel Frißens bester Freund.
» Täglich saß er eine Stunde und
; länger in dem gemiithlichen Stiibchen
: des alten Mannes, ließ sich helfen bei
den Schularbeiten, oder lief: sich die
schönsten Märchen erzählen, oder er
trieb allerhand Allotria, wobei der
alte Knabe geduldig still« hielt. So
waren sie die besten-Freunde gewor
den; unc wenn Häuschen irgend ein
Geheimnis oder irgend einen Kinn
mer, oder auch nur irgend einen
Wunsch hatte, dann lief er viel eher
zum Onkel Fritz« al daß ek den Eltern
beichtete.
So tam er eines Tages mit ganz
glückstrahlenden, glän nden Augen
zu dein Alten hereinge iirtnt.
Der war ganz erstaunt. —- »Häns
Fheth Jung’, was ist Dir denn pas
Ik r«
»Ach, Onkel Fritz, da drüben im
Schaufenster, bei dem Konditor
Zweig, da steht etwas ganz Wunder
bareg, wie ich es noch nie gesehen
habe.«
»So, und was ist es denn?«
»Das ganze Rothtäppchen ist est
Ganz genau so, wie Du es mir er
zählt haft! Der Wolf nnd der Jä
ger, und das Rothtäppchen auch!
Und alles aus Marzipan!« —- Ganz
strahlend und entziirit schauten die
zwei hellen Kinderaugen den alten
Mann an.
Bis in die Seele schauten sie ihm.
Und mit gutherzigem Lächeln frag
te der Alte: »Na, und das tniichtest
Du natürlich haben, wie?«
Da tanc der kleine Schmeichler
ganz dicht heran, umfaßte den Onkel
innig und nieste ein paar Mal mit
stillem, sonnigen Lächeln.
Gar nichts erwiderte der Alte, aber
zog den Buben an sich und streichelte
zärtlich sein Haar.
Und da wußte Häuschen ganz ge
nau, daß ihm sein Wunsch erfüllt wer
den würde.
Jubelnd stiirmte er davon.
Bald nachher ging Onkel Fritz hin
iiber zu dem Konditor Zweig. Aber
so schnell er hineinging, so schnell
tani er auch wieder heraus. Das
Märchen sollte fiins Mart kosten·
Ganz betrübt ging er nach Hause.
Seine gute Lcstne war dahin. Er
lonnte seinem Liebling den Wunsch
nicht erfüllen, denn fünf Mark war
für ihn ein unerschwingliches Vermö
gut.
Nachmittags kam Häuschen Aber
als er die leeren Hände des Onlels
sah, war er fast dem Weinen nahe.
Doch auch dem Alten war misera
bel zu Muth, schon wurden ihm die
Augen feucht.
Und als er wieder allein war, über
dachte er noch einmal ganz genau. Er
nahm seine Baarschaft vor, rechnete
und rechnete, und rechnete nach ein«
mal, aber es half nichts, das Geld
reichte gerade sür den allernothwen
digsten Lebensbedars, und das neue
Quartal war noch fern.
Das Herz that ihm weh, daß er
seinem Liebling diesen Wunsch nicht
erfüllen konnte. Was sollte er ihm
sagen? Was wußte so ein Kind von
seinem Leben und von seiner Armuth!
Er schämte sich ordentlich!
Und als dann der Kleine wieder
tam und noch betrübter aussah und
ganz ileinlaut fragte: »Warum be
lomme ich es denn nicht?« Da wurde
der alte Mann verlegen wie ein Kind
und wußte nichts darauf zu antwor
IM;
Doch als er wieder allein war und
von Neuem sich das Hirn zu zumar
tern begann. bekam er plöhlich eine
-Jdee.
· Er wiirde sich für ein paar Wochen
»das Rauchen abgewöhnen Dann ging
es, dann konnte er das Geld ent
hehren. Zwar war es seine einzige
Freude. zum Kassee eine Zigarre zu
rauchen, aber man konnte sie ja auch
Ientbebrem und schließlich waren ihm
die Zigarren vielleicht gar nicht ge
sund. denn in seinem Alter mußte
Jman anfangen, vorsichtig zu werden·
ZSein Plan war gemacht.
Ordentlich leicht wurde ihm um’s
setz. nun er mit sich einig war. End
lich lonnie er wieder lachen.
Sosort lies er hinüber, kaufte die
Marzivangruvpe und ließ sie sich sein
säuberlich in eine elegante Pasipha
tonage packen. —
Als er beim Nachbar Walberg an
klopfte, saß man dort gerade beim
Abendbrod.
Häuschen horchte auf. Das Klopfen
kannte er. Sofort sprang er auf und
lief hinaus nach dem Flut
Stumm, aber mit unendlich gliteli
lichem Lächeln, gab der Alte ihm die
Schachtel. Und — als er dafür erst
einen dankbaten Blick und Hände
druck, dann gar einen stürmt-scheu
Kuß bekam, war er der glücklichfte
Mensch auf Erden, und ging in sei-n
Stiibchen mit dem ruhigen Bewußt
Leim eine gute That vollbracht zu ha
eu.
Häuschen aber war ein Pfifsilus.
Er sagte sich, wenn die Eltern ersah
reu, was du hast, dann nehmen sieses
dir weg und essen es gar selber noch
auf.0 Also schlich er leise hinüber in
seine Schlafkammer, versteckte die
Marzlpanpuppeu sorgfältig und
nahm nun die leere Schachtel mit hin
ein zusden Eltern.
,,Wo bleibst Du denn, Du Lüm
mel!« schrie der Vater.
Weinerlich antwortete Häuschen:
,,Onlel Fritz war da; er hat rnir eine
Schachtel gebracht.«
Da lachte der Alte brutal auf:
»Eine leere Schachtel? So was
Dämlichesl Die hättest Du ihm doch
gleich an den Kopf schmeißen sollen,
dem ----- alten Geizhammel!«
Einlentend beruhigte ihn die blasse
Frau: »Du weißt doch, tvas dem Al
ten sehlt!« —- Dabei deutete sie auf
die Stirn.
. Ganz verschiichtert hörte Häuschen
zu.
»Nun, fo iß doch, Bengel!« schrie
der Vater und nahm ihm die Schach
tel weg. o
Aber Häuschen aß fast nichts; er
hatte jetzt plötzlich keinen Appetit
mehr.
Und gleich nachher legte er sich in’s
Bett.
Vater und Mutter gingen hinunter
zu den Müllers.
Da zündete Häuschen die Kerze an
und holte seine Herrlichleiten hervor
Mit strahlenden Augen betrachtete
er alles-.
-«- ---- ask
Wle schon Das alles aussah: uuu
wie schön es erst schmecken mußte!
Noch nie hatte er Marzipan gegessen.
-—---— Aber der Karl Müller sagte, es
schmecke wunderbar.——Jmmer glän
zender wurden seine Augen— Und
ganz plötzlich biß er dem««Wols den
Kon ab.
Ach! wirklich! es schmeckte wirllich
ganz wunderbar! Bald war der Wolf
verzehrt! Dann tam der Jäger heran.
—— Nun war er erst aus den Geschmack
gekommen. --—- Dann verzehrte er das
Häuschen, die Bäume und die Mauer,
und ganz zuletzt lam das Rotbkäpp
chen daran; eigentlich wollte er esI bis
morgen Abend aus-bewahren; aber
dann fand es vielleicht die Mutter-,
nnd dann hätte er das Nachsehen also
verzehrte er es lieber gleich selber.
Nachts um ein Ushr wurde dagtitiw
paar Walberg munter, denn Häng
chen stöhnte zum Gotterbarmen.
»Was fehlt Dir denn, Bengels«
fragte der schlastrunlene Vater.
Häuschen wimmerte und deutete
ans seinen Magen.
»Ja, was denn? Du hast doch fast
nichts zum Abendbrod gegessen!«
Endlich gestand der-Kleine weinend,
was ihm der Onkel Fritz gebracht
hatte. «
Und nun begann ein Toben nnd
Fluchen, bis erst die Mutter sich in’s
Mittel legte und Ruhe brachte.
Am andern Morgen wurde Onkel
Fritz bereits um sechs Uhr geweckt.
und zwar höchst unsanst. Nachbar
Walberg war da.
Erstaunt össnete der alte Mann
Walberg aber sagte tnrz nnd
barsch: »Wenn Si sich noch einmal
erlauben, meinem . ungen so’n Dreck
zeua zu bringen, dann schlage ich Ieh
nen die Knochenim Leibe entzwei,
«Sie alter Esel. Ueberhaubt verbiete
Ich Jllum- mein Kind anzusprecheih
verstanden! Von Jbren lernt der
Bengel Voch nichts Gescheidtes!« —
Knarrend flog die Thür in’ä Schloß.
Onkel Iris war so verblüfft, daß
er Jiberhanpt nichts zu sagen wußte.
«Von dem Tage an schlich Häuschen
mit scheuen Auan an ihm vorüber.
illnd am nächsten Ersten zog Onkel
Fritz in ein anderes StadtrierteL
In der Miestnnir.
Professor: »Was geschieht mit
Gold,· wenn man es an der freien
Luft liegen läßt?« »
Schüler lnach längerern Nachden
ken): »Es wird gestohlenl«
Schweres Lus.
Es ist ein rechtes Kreuz mit den
Weibern! Gehe ich Abends aus, svielt
meine Frau die Getränkte, bleib ich
zu Haus« spielt sie -—— Madier!«
Das Blaue Band
VouHaIs Zonriuit
Die Entwicklung des Tarni-ferner
tehrs zwischen Europa und Nordame
rika zeigt in den letzten Jahrzehnten
eine unaufhaltsame Steigerung so
wohl der Schiffsgrößen wie auch der
Schiffsgeschwindigleit. Jn scharfem
Wettkampf ringen die zivilisirten
Völker um die Höchstleiftung in der
Schnelligkeit, und das Blaue Band
des Atlantics fällt abwechselnd bald«
den Engländern. bald den Amerika
nern, bald den Deutschen zu.
Während der siebziger Jahre ist
England unbestritten im Vesitze der
Vöchstleiftung « Jedoch bereits im
Jahre 1881 tritt der Norddeutsche
Lloyd mit der Stapellegung des
Schnelldampfers »Elbe« in den Wett-»
bewerb ein, und im Jahre 1884 errei-!
wen seine beiden neuen Schnelldamp
ter ,,Eider« und ,,Ems« mit Reisege
scbwindigkeiien von 17 Knoten in der
Stunde, die Schnelligkeit der Cunard
schiffe. Die englische Linie bringt
1885 die ,,Umbria« und »Etruria« mit
17.5 Knoten zu Wasser, aber bereits
im Jahre 1886 haben ,,Trade« und
,,Saale« des Norddeutschen Llohd die
gleiche Geschwindigkeit, und im Jahre
1887 wird die ,,Lahn« vorübergehendi
das schnellste Schiff, das Blaue Band
fällt zum erstenmal an Deutschland i
So geht der Kampf Jahr um Jahr
weiter. Einen besonderen Abschnitt;
in der Geschichte dieses Kämpfe bildet
die Fahrt des ,,Fiirst Bismarct« derj
Hamb. cra- Amerika- Linie der 1891 zu
Wasser ging und auf der Fahrt nach
New York eine Durchschnittsgeschwin-;
digteit oon 19.5 Knoten erreichte.
Dieseui großen deutschen Erfolge such
ten England und Frankreich durch
Neubauten nach Möglichkeit nachzu
kommen. Die Leistung des »Fürst
Bismarcl« wurde einigermaßen er
reicht, aber nicht ausgesprochen über
troffen. Um nun das Blaue Band;
cinwandsrei fiir England zuriickzuer ;
obern, ließ die Cunardlinie im Jahre
1393 zwei Riefenschisfe von besonde
rer Schnelligkeit zu Wasser, nämlich
die Camvania« und die. .Lucania«.
Während »Fürft Bismarck« 19,000
Pferdestiirlen gehabt hatte, entwickel
ten die neuen Cunarddarnpfer je 27
bis 3t’),-s100 errdestiirken und erreich
ten damit 21 Knoten in der Stunde.
Es wird dem Leser anffallen, daß
hier gewaltige Kraftsteigernngen ver
hältnismäßig geringen Geschwindig
leirsznwachs bringen. Zur Erklärung
muß gesagt werden, daß die Maschi
nenstärte ungefähr mit der dritten
Potenz der Geschwindigkeit steigen
muß, dnfi man also, um die Geschwin
digleit zu verdoppeln, die Maschinen
srärke verachtfachen mus-» daß für eine
Verdreifachung der Geschwindigkeit
eine Versiebenundzwanzigfachung der
Maschinenftärke nothwendig wäre. Da
mit aber ist es allein noch nicht abge
than. Die stärkeren Maschinen erfor
oern an sich größeren Raum und sehr
viel größere Kohlenbunler. Aus
wirthschaftlichen Gründen muß aber
neben dem Maschinen- und Kohlen
rauns, der ja nur kostet, in entspre
chendem Verhältniß Passagier- und
Laderanm vorhanden fein, der Geld
bringt. Die Verstärkung der Maschi
nen zwingt daher aus wirthschaftlichen
Gründen zur Vergrößerung des gan
zrn Schiffes.
- Das vergrößerte Schiff aber würde
bereits an sich eine erhöhte Maschinen
störle erfordern, um überhaupt nur di-:
alte Geschwindigkeit zu wahren, nnd
so erklärt sich der verhältnismäßig ge
ringe Geschwindigkeitszuwachs der
»Canipania« und »Lucania« von nur
lis Knoten in der Stunde gegenüber
dem «Fiirst Bismarrl«, obwohl sie um
50 v. H. stärkere Maschinen besitzen.
Jn der That waren »Lucania« und
»Campania« wenig wirthschaftliche
Schiffe· Aber fie brachten das Blaue
Band nach England zurück und blie
ben mehrere Jahre in dessen Besitz.
Inzwischen schritt aber auch der deut
fche Schiffbau entschlossen vorwärts.
Am 4. Mai 1897 ging ,,Kaiser Wil
helm der Große-« in Stettin vom Sta
pel und erreichte sehr bald eine Durch
schnittsgeschwindigkeit von 22.5 Kno
ten. Das Blaue Band war wieder in
Deutschland, und es wurde von ,,Kai
fer Wilhelm der Große« gehalten, bis
die ,,Deutschland« der Hamburg
AmerilasLinie es an sich brachte. Sie
entwickelte 40,00() Pferdeftiirlen und
legte eine Reise von New York nach
England mit 23.5 Knoten stündlichee
Geschwindigkeit zurück. Diese Lei
stung wurde wiederum ein weniges
durch den Llonddampfer »Kaiser Wil
belm ll.« überboten; doch handelte es
sich hier nur um lleineBruchtheile eines
Knotens. So standen die Dinge bis
vor Kurzem. Zu bemerken ist dabei,
daß die deittschen Gesellschaften ihre
Schiffbantens ohne jegliche staatliche
Unterstützung ausführten, daß sie also
unter allen Umständen gezwungen wa
ren, wirthschaftliche Schiffe zu bauen,
»und sich keinerlei Liedhaberversuchen
; hingeben dursteti.
! England aber wollte und konnte
nicht länger auf das Blaue Band ver
"zichten. Die englische Presse brachte
es alle Tage von neuem vor, daszj
Deutschland in den genannten Schifq
fen für den Kriegssall Kaperschiffe;
und Kreuzer besäße, die jedes engli-;
sche Handelsschiff einholen, aber von
keinem englischen Kriegsschiff einge-;
holt werden könnten. Man beschloß;
daher-» mit staatlicher Unterstützungf
etwas ganz Außergewöhnliches zui
schaffen, um das Blaue Band zurück
zugewinnen. Es kam ein Vertrag zwi
schen der englischen Regierung und der
Cunardkinie zuwege über die Erbau-·
ung zweier extrem schneller Riesen
schiffe, die heute unter dem Namen
»Lusitania" und ,,Mauretania« in
aller Welt Munde sind und das Blaue
Band fiir England zurückerobert ha
ben. l
Man darf, Wie gesagt, diese Schiffe
nicht als die Erzeugnisse einer gesun
den, wirthschaftliche Entwicklung be
trachten, da ihr Betrieb und ihre Er
bauung nur durch hohe staatliche Zu
schüsse ermöglicht wurden. Das hin
dert jedoch nicht, daß sie sowohl aus
technischen wie aus sportlichen Grün
den Gegenstand allgemeinen Interesses
sind.
Diese Cunarddampfer lassen alles
Vorangegangene an Größe und Stär
ke hinter sich. So hat die ,,Lusita
nia« eine Länge von 808 Fuß. Ihre!
Wasserderdrängung beträgt 38,600
Tonnen- und ihre Maschinen entwik
keln 70,000 Pferdestärten, d. h. 75 v.
H. mehr als diejenigen des bisherigenl
Sieger-s, der ,,Deutschland«. Die
,,Mauretania« übertrifft diese Grö
ßen noch um ein Geringes und entwik
telt beispielsweise 75,000 Pferdestär
len. An und für sich nun sind solche
gewaltigen Schiffslörper keineswegs-»
unwirthschaftlich. Beispiels-weise hattei
ein sehr wirthschaftliches Schiff der
Hamburg-Amerika-Linie. das wäh
rend des russisch-japaniscben Krieges
an Rußland verkauft wurde, die
,,.Kaiserin Auguste Viltoria«, eine
Länge von 725 Fuß. Dagegen be
trägt die Maschinenstärke dieses Schif
fes nur 17,000 Pferdestärlen und die
Reisegeschwindigkeit 18 Knoten. Hier
hat man also einen Riefendampfer. der
Zwar allen Komfort der Neuzeit und
insbesondere infolge des gewaltigen
Schifflörpers und der verhältnismä
fzig schwachen Maschinen einen ruhigen
und erschütterungsfreien Gang bietet,
der etwas über 6 Tage braucht, um
von England nach New York zu gelan
gen.
Demgegenuoer hat ore ,,).:unrama"
bei ihren ersten Probefahrten eine Ge
schwindigkeit von 26 Knoten in der
Stunde, über eine Strecke von 300
Knoten anfrechterhalten. Gewiß eine
schöne Höchstleistung, aber mit welchen
Opfern wurde sie auch erlauftl Ein
sehr erheblicher Theil des Schiffsma
nses, der anderweitig fiir Ladezwecke
verwendbar ist, wurde hier durch die
gewaltigen Dampsturbinen- und Kes
selanlagen eingenommen. Waren doch
nicht weniger als 25 gewaltige Dop
peltesfel auszustellen, in denen in 192
großen Feuerungen eine Höllengluth
unterhalten wird, um den Dampf für
ie Turbinenanlagen zu liefern. Müs
sen doch in der Stunde bei voller
Fahrt des Schiffes 300 Kubityards
Wasser in hochgespannten Dampf ver
wandelt werden. Werden doch im
Laufe von 24 Stunden in diesen 192
Feuerungen rund 1000 Tonnen Kohle
Verbrannt! Wenn wir uns erinnern,
daß ein großer Güterwagen 20 Ton
nen Kohle fassen kann. so entspricht
oas dem Inhalte von 50 großen Ei
fenbahnwagen. Es darf nicht wun
irernehmeiy dafz die Erbauung und die
ersten Fahrten der Cunardriesen
schiffe, namentlich bei den sports- und
tnettfreudigen angelsiichsifchen Völ
kern, allgemeines Interesse hervorge
rusen haben. Ein Interesse, das be
» reits bei der Stapellegung begann und
Jjetzt jede neue Fahrt der Schiffe be
gleitet.
I Wie bereits ausgeführt sind die bei
; den Cunarddampfer fiir Dampfturbi
nenbetrieb eingerichtet
, Die »Lusttania« und »Mauretania«
! durchpfliigen bereits seit Monaten den
l blauen Ozean, und jeder Monat bringt
s neue Zahlen und neue Ergebnisse Jn
iDeutschland interessirt es naturge
imiiß hauptsächlich, was die deutschen
Gesellschaften gegenüber dieser engli
schen Herausforderung unternehmen
wollen. Sicher ift es, daß derartig
ertrem schnelle Schiffe eine große An
ziehungslraft auf das Publikum aus
üben. Das haben die deutschen Aber
dereien Jahre hindurch zu ihrem Bor
theil erfahren, und sie werden es jetzt
vielleicht zu ihrem Natchtheil erfahren
l
smiissen. Ebenso sicher ist es dagegen,
Jdaß derartige Riesenbauten ohne eine
bedeutende staatliche Unterstützung
nicht ausgeführt werden können, da
fie, wie bereits erläutert, bei derarti
genGeschwindigkeit nicht mehr wirth
fchaftlich sind. Vorläufig ift es nun
wenig wahrscheinlich, daß die deutsche
Regierung die Mittel für derartige
Subventionen geben wird. Die deut
sche Technik wird vorausfichtlich aus
eigener Kraft versuchen müssen, die
englischen Leistungen zu erreichen.
Hierzu bieten sich verschiedene Wege,
über deren Gangbarkeit freilich die
Meinungen getheilt und dieErfahrun
gen teilweise noch gering sind. Einer
feits läßt sich durch die Anwendung
sehr wirthschaftlicherMafchinen inVer
bindung mit Schiffskdrpern geringsten
Widerstandes außerordentlich viel in
der Geschwindigkeit erreichen. Ander
feits könnte man, und diese Entwick
lung werden, wenn nicht die Jahre, fo
doch sicher die«Jahrzehnte bringen, an
elne weitere gewaltige Steigerung fo
wohl der Schiffskörper wie auch der
Maschinenftärken denken. Freilich
würde eine allzu schnelle Entwicklung
hier wirthschaftliche Fehlfchliige brin
gen. Als der englische Jngenieur
Brunnel in den fünfziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts einen Riesen
oampfer von der ungefähren Größe
der heutigen Cunardfchiffe erbaute,
wurden Millionen und aber Millionen
verloren, weil die Zeit für etwas der
artiges noch nicht gekommen war.
Heute sind die Brunnelschen Schiffs
größen bereits um zehn v. H. über
schritten, die Brunnelschen Maschi
nenstärlen verzehnfacht worden. So
ist es auch wohl möglich, daß wir uns
in steter Entwicklung auf dem Wege
zum Hunderttausendtonnenschiff be
finden, das 100- oder 150,000 Pfer
deftärken entwickelt, die Länge von
J.000 Fuß überschreitet und den
Ozean in vier Tagen durchkreuzt.
Die Lebenden werden vielleicht auch
diese Entwicklung noch sehen.
ON
Ein furchtbarer Moment
i
Eine gruselige Geschichte von J g n az
Bauer.
Das dumpfe Geräusch dröhnender
Schläge durchzitterte stoßweise das
schier schwankende Gemäuer des mo
dernen Hauses. Dazwischen ein Aeth
zen und Stöhnen, das bei der leichten
Bauart des- Hauses von den im jähen
Schreck erstarrten Nachbarn mit Ent
setzen vernommen wurde.
Ein Verbrechen?! —————
In der Wohnung, aus der nun das
grauenerregende Lärmen drang, hatte
sich ein junges Ehepaar vor wenigen
Tagen ein behagliches Restchen einge
richtet. —- Und gerade hier mußte das
Furchtbare geschehen! — Doppelt
grausames Geschick! — Die Hausbe
wohner waren herbeigeeilt in fieber
sbafter Angst und drängten sich mit
banger Scheu, aus angemessen-er Ent
fernung auf die Thüre blickend, am
Ende des Ganges zusammen. Einige
Beherzte standen bereit, in die Woh
nung einzudringen, noch einen Auge-n
ltlick zögernd, in veinvoll lauschender
Erwartung —- Die Thüre war nur
angelehnt — die Magd war wohl
fiir einen Moment weggegangen und
die sVerkirecher hatten die giinstige Ge
legenheit erspäht...
Und wieder durch-schütterten einige
furchtbare Schläge die Luft, die Fen
sterscheiben klirrten, und wie rächelns
des Aufathmen, lebenlsechzend und
hilfeheischend kam es durch die Thüre.
—Rasch wurde diese aufgestoßen,
und die Männer drangen ein. Die
anderen hasteten nach, hielten dann,
wie an die Schwelle gebannt und
starrten in dumpfer Spannung in die
Wohnung —
Wieder jenes schwere thiiemholenl
Die nächste Thüre! —--—— Ah! —
Jn der Mitte der Küche ein-e breiige
Masse --— blutig —-- unkenntlich ---—
Alles ringsum mit Blut bespritzt nnd
die glasirten Wände mit blutigen
Fleischtbeilchen bedeckt —- schswer akti
mend, mit getötbetem Gesicht, einen
;mächtigen, ebenfalls blutig-en Isoli
schlägel mit beiden Händen trankpf- -
haft umfassend ——— die iunae Frau —
tödtlichen Schreck im Blicke . ..
«- Cie hatte zu ihrem ersten selbst
getochten Mittagessen Fleisch gelbpr
Ein praktische Auffassung
Fiirst Nikolaus von Montenegro
hat bekanntlich neun Kinder, von
denen eine Tochter Königin »von Ita
lien, eine zweite Großfiirstin unsdeine
dritte Herzogin von Leuchtenberg ge
worden ist. Er beberrfcht ein tleineö,
aber landlchaftlich schönes Reich.
Einmal soll er einem Besucher eme
recht drollige Antwort aseaeben bat-en.
Sein Gast rüdmte die Schönheit des
Landes-, meinte aber, es hätte nur
wenig werthvolle AnsfubraeasenstiinH
de. »Sie ver-gessen meine Töchter, mein
Herr," erwiderte Nikolaus-.
««-«- sp-. - -...... :. «
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. .-k-« j- —.« j sit-e «