«nebpazka Staats-Anzeiger und Frei-old — Jahrgang 23. «Gr««ms Island-) Mor» to. April i903. mit-mer Theils Nummer 33. «Vorfrtlhling. Noch liegt so einsam Wald nnd Flur Im weißen Wintertleid, « Noch ruht so schweigend die Natur, Als sei der Lenz noch weit. Manch’ zartek Keim, manch’ griines Blatt Sich leis’ zum Lichte drängt, Nsußzwei lein schon am Waldesrand Voll gol ’ner Löckchen hängt. . I Mit silbergrauen Kiiiicben hat Die Weide sich geschmückt Neugierig, schen der Bitte Blatt Aus brauner hülle blickt. Arg Frühlings Her-un schwingt insgj · Blau - i Die Lerche jubelnd sich: » Nun tOnme Lea-H Wald, Flur und; u- ! Sie all’ erwarten Dich! I H - Ver heimliche Freund. —-—-—... Slizze von Panl Blis3. Er hieß Fritz Heaebufch und wars Rentner. Im ganzen StadtbierieH kannte man ihn. ; Ein langer, baaerer Mann, derT trotz feiner achtundsechzig Jahre nie-i mals langsam ging. »Er trug einens langschößigem verbliaenen Rock mit ganz unglaublich großen Horn-! lniipsem und einen Jnlinderhnt, wie» man sie nur noch bei den Paradens der Kriegervereine siebt. Sein Gesicht; war bartlos und mit tausend Falten; und Fältchen übersät, wenn aber diej blauenLlugen lächelten, dann war esl wie das Gesicht eines gut-nöthig reiq nen Kindes, das sich noch« nniv seines-H Daseins freut. ; Besonders die Kleinen liebten ihn.l Denn fast immer halte er in vers rechten Rocktaßbe allerhand kleines Näschereien, und wenn so ein Drei- j täsehoch fröhlich berangesprungeni lam und mit pfiffigem Gesicht rief-J »Er-ten Morgen, Onkel Fritz!« bannt »in-edle er»nlekmnlonst mlanaenddaå Händchen aus« denn der gute Onkel legte immer eine iiisie Gabe hinein. Weniger gern hatten ihn die Gro ßen; ihnen gegeniiber war er zurück haltend. fast scheu, denn ihre indislres 1 ien, neugierig stagenden Blicke waren ihm zuwider, ja, sie beleidigten ihn fast. und deshalb auch halte er sichs eine so schnelle Gangart angewöbnt,» nm nur ja recht bald all’ diesen Neu-I gierigen aus dem Wege zu kommen. Natürlich sagte man ihm bald alles« Mögliche nach. Die einen nannten ihn stolz und eitel. den anderen war er ein mißtrauischer, geiziger Filz, nnd noch andere flüsterten gar etwas von bösem Gewissen und dergleichen Armer Ontel Fritz, wie unrecht that man ihm. « Er war ein harmloser, stiller zuna geselle, der von Niemand etwas wis sen wollte und n tr den einen Wunsch hatte seine letzten Jahre in Frieden zn leben Einst freilich schaute er ander-s drein. Dreißiq Jahre früher war er ein stolzer und begehrensioerther Mann gewesen. Damals-, aus derHöhe seiner besten Kraft, hatte er als reicher « Mann vertrauenbvoll in die Zukunft gebliat, — zu vertrauensvolll Denni er hielt alle Menschen fiir so gut und; brav wie er selber war und nur allzul bald mußte er seinen Jrrthum ein sehen,—-—leider zu spät, denn als er hellsehend wurde, war er ein betrog-it ner und ein armer Mann. Und nuns zog er sich «enttäuscht und vergrämi zurück, floh das Leben nnd dieMen schen und rettete sich in die Eins-im teit. Nur eine ganz, ganz tleineRentex war ihm geblieben, zu viel zum Ver-— hungern und zum Leben doix viel zn wenig. Aber er schräntte sich ein, er lebte wie ein Klausner, »so daß er mit dein weni n austamz und nur’ im alleriiußer en Notbfall erbat er den Beistand seiner reichen Schwester, die sonst- von ihm, dem Herunterge J tommeiiem nichts wissen wollte Eine Freude, einen Sonnenschein nur gab ej siir ihn,—die Kleinenl Mit den Kindern fühlte er sich selber wieder Kind bei ihnen veraaß er die Falschheit und Hintetlist der Großen « mit ihnen waret nicht zuriickhaltenb nnd still, mit ihnen konnte ek lachen nnd schean und sich selber wieder jung fühlen. sllnd besonders den Kindern armer Leute war er einjeiinlicder Freund, —-· jenen bedauetnswerthen GefchZ-’ psen, die ohne sonnige Freude und ohne viel Liebe arosi wurden, in deren Herzen ver-daß und der Neid gean die Reichen nur allen leicht Wurzel; faßte —- ibnen wollte er die trübes Jugend verschönen, so gut es seine! all-u kargen Mittel nur erlaubten. Und so manches Mal schon lintte er1 den deimlichm Freund und Wohlthii ter gespielt, ohne daß Iemandetwas davon erfuhr. si- ng « Auf demselben Flur mit ihm wohnte der Rohrleger Walberg. Der hatte eine blasse, krante Frau, die fast immer mißgestimmt und mürrisch war. Aber er hatte auch ein Kind, einen strarnrnen, blonden, Musik«-arti gen Jungen, dessen -Lachen so hell und stein wie edles Metall klang. Hans hieß der tleineKerL und er war »Ou tel Frißens bester Freund. » Täglich saß er eine Stunde und ; länger in dem gemiithlichen Stiibchen : des alten Mannes, ließ sich helfen bei den Schularbeiten, oder lief: sich die schönsten Märchen erzählen, oder er trieb allerhand Allotria, wobei der alte Knabe geduldig still« hielt. So waren sie die besten-Freunde gewor den; unc wenn Häuschen irgend ein Geheimnis oder irgend einen Kinn mer, oder auch nur irgend einen Wunsch hatte, dann lief er viel eher zum Onkel Fritz« al daß ek den Eltern beichtete. So tam er eines Tages mit ganz glückstrahlenden, glän nden Augen zu dein Alten hereinge iirtnt. Der war ganz erstaunt. —- »Häns Fheth Jung’, was ist Dir denn pas Ik r« »Ach, Onkel Fritz, da drüben im Schaufenster, bei dem Konditor Zweig, da steht etwas ganz Wunder bareg, wie ich es noch nie gesehen habe.« »So, und was ist es denn?« »Das ganze Rothtäppchen ist est Ganz genau so, wie Du es mir er zählt haft! Der Wolf nnd der Jä ger, und das Rothtäppchen auch! Und alles aus Marzipan!« —- Ganz strahlend und entziirit schauten die zwei hellen Kinderaugen den alten Mann an. Bis in die Seele schauten sie ihm. Und mit gutherzigem Lächeln frag te der Alte: »Na, und das tniichtest Du natürlich haben, wie?« Da tanc der kleine Schmeichler ganz dicht heran, umfaßte den Onkel innig und nieste ein paar Mal mit stillem, sonnigen Lächeln. Gar nichts erwiderte der Alte, aber zog den Buben an sich und streichelte zärtlich sein Haar. Und da wußte Häuschen ganz ge nau, daß ihm sein Wunsch erfüllt wer den würde. Jubelnd stiirmte er davon. Bald nachher ging Onkel Fritz hin iiber zu dem Konditor Zweig. Aber so schnell er hineinging, so schnell tani er auch wieder heraus. Das Märchen sollte fiins Mart kosten· Ganz betrübt ging er nach Hause. Seine gute Lcstne war dahin. Er lonnte seinem Liebling den Wunsch nicht erfüllen, denn fünf Mark war für ihn ein unerschwingliches Vermö gut. Nachmittags kam Häuschen Aber als er die leeren Hände des Onlels sah, war er fast dem Weinen nahe. Doch auch dem Alten war misera bel zu Muth, schon wurden ihm die Augen feucht. Und als er wieder allein war, über dachte er noch einmal ganz genau. Er nahm seine Baarschaft vor, rechnete und rechnete, und rechnete nach ein« mal, aber es half nichts, das Geld reichte gerade sür den allernothwen digsten Lebensbedars, und das neue Quartal war noch fern. Das Herz that ihm weh, daß er seinem Liebling diesen Wunsch nicht erfüllen konnte. Was sollte er ihm sagen? Was wußte so ein Kind von seinem Leben und von seiner Armuth! Er schämte sich ordentlich! Und als dann der Kleine wieder tam und noch betrübter aussah und ganz ileinlaut fragte: »Warum be lomme ich es denn nicht?« Da wurde der alte Mann verlegen wie ein Kind und wußte nichts darauf zu antwor IM; Doch als er wieder allein war und von Neuem sich das Hirn zu zumar tern begann. bekam er plöhlich eine -Jdee. · Er wiirde sich für ein paar Wochen »das Rauchen abgewöhnen Dann ging es, dann konnte er das Geld ent hehren. Zwar war es seine einzige Freude. zum Kassee eine Zigarre zu rauchen, aber man konnte sie ja auch Ientbebrem und schließlich waren ihm die Zigarren vielleicht gar nicht ge sund. denn in seinem Alter mußte Jman anfangen, vorsichtig zu werden· ZSein Plan war gemacht. Ordentlich leicht wurde ihm um’s setz. nun er mit sich einig war. End lich lonnie er wieder lachen. Sosort lies er hinüber, kaufte die Marzivangruvpe und ließ sie sich sein säuberlich in eine elegante Pasipha tonage packen. — Als er beim Nachbar Walberg an klopfte, saß man dort gerade beim Abendbrod. Häuschen horchte auf. Das Klopfen kannte er. Sofort sprang er auf und lief hinaus nach dem Flut Stumm, aber mit unendlich gliteli lichem Lächeln, gab der Alte ihm die Schachtel. Und — als er dafür erst einen dankbaten Blick und Hände druck, dann gar einen stürmt-scheu Kuß bekam, war er der glücklichfte Mensch auf Erden, und ging in sei-n Stiibchen mit dem ruhigen Bewußt Leim eine gute That vollbracht zu ha eu. Häuschen aber war ein Pfifsilus. Er sagte sich, wenn die Eltern ersah reu, was du hast, dann nehmen sieses dir weg und essen es gar selber noch auf.0 Also schlich er leise hinüber in seine Schlafkammer, versteckte die Marzlpanpuppeu sorgfältig und nahm nun die leere Schachtel mit hin ein zusden Eltern. ,,Wo bleibst Du denn, Du Lüm mel!« schrie der Vater. Weinerlich antwortete Häuschen: ,,Onlel Fritz war da; er hat rnir eine Schachtel gebracht.« Da lachte der Alte brutal auf: »Eine leere Schachtel? So was Dämlichesl Die hättest Du ihm doch gleich an den Kopf schmeißen sollen, dem ----- alten Geizhammel!« Einlentend beruhigte ihn die blasse Frau: »Du weißt doch, tvas dem Al ten sehlt!« —- Dabei deutete sie auf die Stirn. . Ganz verschiichtert hörte Häuschen zu. »Nun, fo iß doch, Bengel!« schrie der Vater und nahm ihm die Schach tel weg. o Aber Häuschen aß fast nichts; er hatte jetzt plötzlich keinen Appetit mehr. Und gleich nachher legte er sich in’s Bett. Vater und Mutter gingen hinunter zu den Müllers. Da zündete Häuschen die Kerze an und holte seine Herrlichleiten hervor Mit strahlenden Augen betrachtete er alles-. -«- ---- ask Wle schon Das alles aussah: uuu wie schön es erst schmecken mußte! Noch nie hatte er Marzipan gegessen. -—---— Aber der Karl Müller sagte, es schmecke wunderbar.——Jmmer glän zender wurden seine Augen— Und ganz plötzlich biß er dem««Wols den Kon ab. Ach! wirklich! es schmeckte wirllich ganz wunderbar! Bald war der Wolf verzehrt! Dann tam der Jäger heran. —— Nun war er erst aus den Geschmack gekommen. --—- Dann verzehrte er das Häuschen, die Bäume und die Mauer, und ganz zuletzt lam das Rotbkäpp chen daran; eigentlich wollte er esI bis morgen Abend aus-bewahren; aber dann fand es vielleicht die Mutter-, nnd dann hätte er das Nachsehen also verzehrte er es lieber gleich selber. Nachts um ein Ushr wurde dagtitiw paar Walberg munter, denn Häng chen stöhnte zum Gotterbarmen. »Was fehlt Dir denn, Bengels« fragte der schlastrunlene Vater. Häuschen wimmerte und deutete ans seinen Magen. »Ja, was denn? Du hast doch fast nichts zum Abendbrod gegessen!« Endlich gestand der-Kleine weinend, was ihm der Onkel Fritz gebracht hatte. « Und nun begann ein Toben nnd Fluchen, bis erst die Mutter sich in’s Mittel legte und Ruhe brachte. Am andern Morgen wurde Onkel Fritz bereits um sechs Uhr geweckt. und zwar höchst unsanst. Nachbar Walberg war da. Erstaunt össnete der alte Mann Walberg aber sagte tnrz nnd barsch: »Wenn Si sich noch einmal erlauben, meinem . ungen so’n Dreck zeua zu bringen, dann schlage ich Ieh nen die Knochenim Leibe entzwei, «Sie alter Esel. Ueberhaubt verbiete Ich Jllum- mein Kind anzusprecheih verstanden! Von Jbren lernt der Bengel Voch nichts Gescheidtes!« — Knarrend flog die Thür in’ä Schloß. Onkel Iris war so verblüfft, daß er Jiberhanpt nichts zu sagen wußte. «Von dem Tage an schlich Häuschen mit scheuen Auan an ihm vorüber. illnd am nächsten Ersten zog Onkel Fritz in ein anderes StadtrierteL In der Miestnnir. Professor: »Was geschieht mit Gold,· wenn man es an der freien Luft liegen läßt?« » Schüler lnach längerern Nachden ken): »Es wird gestohlenl« Schweres Lus. Es ist ein rechtes Kreuz mit den Weibern! Gehe ich Abends aus, svielt meine Frau die Getränkte, bleib ich zu Haus« spielt sie -—— Madier!« Das Blaue Band VouHaIs Zonriuit Die Entwicklung des Tarni-ferner tehrs zwischen Europa und Nordame rika zeigt in den letzten Jahrzehnten eine unaufhaltsame Steigerung so wohl der Schiffsgrößen wie auch der Schiffsgeschwindigleit. Jn scharfem Wettkampf ringen die zivilisirten Völker um die Höchstleiftung in der Schnelligkeit, und das Blaue Band des Atlantics fällt abwechselnd bald« den Engländern. bald den Amerika nern, bald den Deutschen zu. Während der siebziger Jahre ist England unbestritten im Vesitze der Vöchstleiftung « Jedoch bereits im Jahre 1881 tritt der Norddeutsche Lloyd mit der Stapellegung des Schnelldampfers »Elbe« in den Wett-» bewerb ein, und im Jahre 1884 errei-! wen seine beiden neuen Schnelldamp ter ,,Eider« und ,,Ems« mit Reisege scbwindigkeiien von 17 Knoten in der Stunde, die Schnelligkeit der Cunard schiffe. Die englische Linie bringt 1885 die ,,Umbria« und »Etruria« mit 17.5 Knoten zu Wasser, aber bereits im Jahre 1886 haben ,,Trade« und ,,Saale« des Norddeutschen Llohd die gleiche Geschwindigkeit, und im Jahre 1887 wird die ,,Lahn« vorübergehendi das schnellste Schiff, das Blaue Band fällt zum erstenmal an Deutschland i So geht der Kampf Jahr um Jahr weiter. Einen besonderen Abschnitt; in der Geschichte dieses Kämpfe bildet die Fahrt des ,,Fiirst Bismarct« derj Hamb. cra- Amerika- Linie der 1891 zu Wasser ging und auf der Fahrt nach New York eine Durchschnittsgeschwin-; digteit oon 19.5 Knoten erreichte. Dieseui großen deutschen Erfolge such ten England und Frankreich durch Neubauten nach Möglichkeit nachzu kommen. Die Leistung des »Fürst Bismarcl« wurde einigermaßen er reicht, aber nicht ausgesprochen über troffen. Um nun das Blaue Band; cinwandsrei fiir England zuriickzuer ; obern, ließ die Cunardlinie im Jahre 1393 zwei Riefenschisfe von besonde rer Schnelligkeit zu Wasser, nämlich die Camvania« und die. .Lucania«. Während »Fürft Bismarck« 19,000 Pferdestiirlen gehabt hatte, entwickel ten die neuen Cunarddarnpfer je 27 bis 3t’),-s100 errdestiirken und erreich ten damit 21 Knoten in der Stunde. Es wird dem Leser anffallen, daß hier gewaltige Kraftsteigernngen ver hältnismäßig geringen Geschwindig leirsznwachs bringen. Zur Erklärung muß gesagt werden, daß die Maschi nenstärte ungefähr mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit steigen muß, dnfi man also, um die Geschwin digleit zu verdoppeln, die Maschinen srärke verachtfachen mus-» daß für eine Verdreifachung der Geschwindigkeit eine Versiebenundzwanzigfachung der Maschinenftärke nothwendig wäre. Da mit aber ist es allein noch nicht abge than. Die stärkeren Maschinen erfor oern an sich größeren Raum und sehr viel größere Kohlenbunler. Aus wirthschaftlichen Gründen muß aber neben dem Maschinen- und Kohlen rauns, der ja nur kostet, in entspre chendem Verhältniß Passagier- und Laderanm vorhanden fein, der Geld bringt. Die Verstärkung der Maschi nen zwingt daher aus wirthschaftlichen Gründen zur Vergrößerung des gan zrn Schiffes. - Das vergrößerte Schiff aber würde bereits an sich eine erhöhte Maschinen störle erfordern, um überhaupt nur di-: alte Geschwindigkeit zu wahren, nnd so erklärt sich der verhältnismäßig ge ringe Geschwindigkeitszuwachs der »Canipania« und »Lucania« von nur lis Knoten in der Stunde gegenüber dem «Fiirst Bismarrl«, obwohl sie um 50 v. H. stärkere Maschinen besitzen. Jn der That waren »Lucania« und »Campania« wenig wirthschaftliche Schiffe· Aber fie brachten das Blaue Band nach England zurück und blie ben mehrere Jahre in dessen Besitz. Inzwischen schritt aber auch der deut fche Schiffbau entschlossen vorwärts. Am 4. Mai 1897 ging ,,Kaiser Wil helm der Große-« in Stettin vom Sta pel und erreichte sehr bald eine Durch schnittsgeschwindigkeit von 22.5 Kno ten. Das Blaue Band war wieder in Deutschland, und es wurde von ,,Kai fer Wilhelm der Große« gehalten, bis die ,,Deutschland« der Hamburg AmerilasLinie es an sich brachte. Sie entwickelte 40,00() Pferdeftiirlen und legte eine Reise von New York nach England mit 23.5 Knoten stündlichee Geschwindigkeit zurück. Diese Lei stung wurde wiederum ein weniges durch den Llonddampfer »Kaiser Wil belm ll.« überboten; doch handelte es sich hier nur um lleineBruchtheile eines Knotens. So standen die Dinge bis vor Kurzem. Zu bemerken ist dabei, daß die deittschen Gesellschaften ihre Schiffbantens ohne jegliche staatliche Unterstützung ausführten, daß sie also unter allen Umständen gezwungen wa ren, wirthschaftliche Schiffe zu bauen, »und sich keinerlei Liedhaberversuchen ; hingeben dursteti. ! England aber wollte und konnte nicht länger auf das Blaue Band ver "zichten. Die englische Presse brachte es alle Tage von neuem vor, daszj Deutschland in den genannten Schifq fen für den Kriegssall Kaperschiffe; und Kreuzer besäße, die jedes engli-; sche Handelsschiff einholen, aber von keinem englischen Kriegsschiff einge-; holt werden könnten. Man beschloß; daher-» mit staatlicher Unterstützungf etwas ganz Außergewöhnliches zui schaffen, um das Blaue Band zurück zugewinnen. Es kam ein Vertrag zwi schen der englischen Regierung und der Cunardkinie zuwege über die Erbau-· ung zweier extrem schneller Riesen schiffe, die heute unter dem Namen »Lusitania" und ,,Mauretania« in aller Welt Munde sind und das Blaue Band fiir England zurückerobert ha ben. l Man darf, Wie gesagt, diese Schiffe nicht als die Erzeugnisse einer gesun den, wirthschaftliche Entwicklung be trachten, da ihr Betrieb und ihre Er bauung nur durch hohe staatliche Zu schüsse ermöglicht wurden. Das hin dert jedoch nicht, daß sie sowohl aus technischen wie aus sportlichen Grün den Gegenstand allgemeinen Interesses sind. Diese Cunarddampfer lassen alles Vorangegangene an Größe und Stär ke hinter sich. So hat die ,,Lusita nia« eine Länge von 808 Fuß. Ihre! Wasserderdrängung beträgt 38,600 Tonnen- und ihre Maschinen entwik keln 70,000 Pferdestärten, d. h. 75 v. H. mehr als diejenigen des bisherigenl Sieger-s, der ,,Deutschland«. Die ,,Mauretania« übertrifft diese Grö ßen noch um ein Geringes und entwik telt beispielsweise 75,000 Pferdestär len. An und für sich nun sind solche gewaltigen Schiffslörper keineswegs-» unwirthschaftlich. Beispiels-weise hattei ein sehr wirthschaftliches Schiff der Hamburg-Amerika-Linie. das wäh rend des russisch-japaniscben Krieges an Rußland verkauft wurde, die ,,.Kaiserin Auguste Viltoria«, eine Länge von 725 Fuß. Dagegen be trägt die Maschinenstärke dieses Schif fes nur 17,000 Pferdestärlen und die Reisegeschwindigkeit 18 Knoten. Hier hat man also einen Riefendampfer. der Zwar allen Komfort der Neuzeit und insbesondere infolge des gewaltigen Schifflörpers und der verhältnismä fzig schwachen Maschinen einen ruhigen und erschütterungsfreien Gang bietet, der etwas über 6 Tage braucht, um von England nach New York zu gelan gen. Demgegenuoer hat ore ,,).:unrama" bei ihren ersten Probefahrten eine Ge schwindigkeit von 26 Knoten in der Stunde, über eine Strecke von 300 Knoten anfrechterhalten. Gewiß eine schöne Höchstleistung, aber mit welchen Opfern wurde sie auch erlauftl Ein sehr erheblicher Theil des Schiffsma nses, der anderweitig fiir Ladezwecke verwendbar ist, wurde hier durch die gewaltigen Dampsturbinen- und Kes selanlagen eingenommen. Waren doch nicht weniger als 25 gewaltige Dop peltesfel auszustellen, in denen in 192 großen Feuerungen eine Höllengluth unterhalten wird, um den Dampf für ie Turbinenanlagen zu liefern. Müs sen doch in der Stunde bei voller Fahrt des Schiffes 300 Kubityards Wasser in hochgespannten Dampf ver wandelt werden. Werden doch im Laufe von 24 Stunden in diesen 192 Feuerungen rund 1000 Tonnen Kohle Verbrannt! Wenn wir uns erinnern, daß ein großer Güterwagen 20 Ton nen Kohle fassen kann. so entspricht oas dem Inhalte von 50 großen Ei fenbahnwagen. Es darf nicht wun irernehmeiy dafz die Erbauung und die ersten Fahrten der Cunardriesen schiffe, namentlich bei den sports- und tnettfreudigen angelsiichsifchen Völ kern, allgemeines Interesse hervorge rusen haben. Ein Interesse, das be » reits bei der Stapellegung begann und Jjetzt jede neue Fahrt der Schiffe be gleitet. I Wie bereits ausgeführt sind die bei ; den Cunarddampfer fiir Dampfturbi nenbetrieb eingerichtet , Die »Lusttania« und »Mauretania« ! durchpfliigen bereits seit Monaten den l blauen Ozean, und jeder Monat bringt s neue Zahlen und neue Ergebnisse Jn iDeutschland interessirt es naturge imiiß hauptsächlich, was die deutschen Gesellschaften gegenüber dieser engli schen Herausforderung unternehmen wollen. Sicher ift es, daß derartig ertrem schnelle Schiffe eine große An ziehungslraft auf das Publikum aus üben. Das haben die deutschen Aber dereien Jahre hindurch zu ihrem Bor theil erfahren, und sie werden es jetzt vielleicht zu ihrem Natchtheil erfahren l smiissen. Ebenso sicher ist es dagegen, Jdaß derartige Riesenbauten ohne eine bedeutende staatliche Unterstützung nicht ausgeführt werden können, da fie, wie bereits erläutert, bei derarti genGeschwindigkeit nicht mehr wirth fchaftlich sind. Vorläufig ift es nun wenig wahrscheinlich, daß die deutsche Regierung die Mittel für derartige Subventionen geben wird. Die deut sche Technik wird vorausfichtlich aus eigener Kraft versuchen müssen, die englischen Leistungen zu erreichen. Hierzu bieten sich verschiedene Wege, über deren Gangbarkeit freilich die Meinungen getheilt und dieErfahrun gen teilweise noch gering sind. Einer feits läßt sich durch die Anwendung sehr wirthschaftlicherMafchinen inVer bindung mit Schiffskdrpern geringsten Widerstandes außerordentlich viel in der Geschwindigkeit erreichen. Ander feits könnte man, und diese Entwick lung werden, wenn nicht die Jahre, fo doch sicher die«Jahrzehnte bringen, an elne weitere gewaltige Steigerung fo wohl der Schiffskörper wie auch der Maschinenftärken denken. Freilich würde eine allzu schnelle Entwicklung hier wirthschaftliche Fehlfchliige brin gen. Als der englische Jngenieur Brunnel in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einen Riesen oampfer von der ungefähren Größe der heutigen Cunardfchiffe erbaute, wurden Millionen und aber Millionen verloren, weil die Zeit für etwas der artiges noch nicht gekommen war. Heute sind die Brunnelschen Schiffs größen bereits um zehn v. H. über schritten, die Brunnelschen Maschi nenstärlen verzehnfacht worden. So ist es auch wohl möglich, daß wir uns in steter Entwicklung auf dem Wege zum Hunderttausendtonnenschiff be finden, das 100- oder 150,000 Pfer deftärken entwickelt, die Länge von J.000 Fuß überschreitet und den Ozean in vier Tagen durchkreuzt. Die Lebenden werden vielleicht auch diese Entwicklung noch sehen. ON Ein furchtbarer Moment i Eine gruselige Geschichte von J g n az Bauer. Das dumpfe Geräusch dröhnender Schläge durchzitterte stoßweise das schier schwankende Gemäuer des mo dernen Hauses. Dazwischen ein Aeth zen und Stöhnen, das bei der leichten Bauart des- Hauses von den im jähen Schreck erstarrten Nachbarn mit Ent setzen vernommen wurde. Ein Verbrechen?! ————— In der Wohnung, aus der nun das grauenerregende Lärmen drang, hatte sich ein junges Ehepaar vor wenigen Tagen ein behagliches Restchen einge richtet. —- Und gerade hier mußte das Furchtbare geschehen! — Doppelt grausames Geschick! — Die Hausbe wohner waren herbeigeeilt in fieber sbafter Angst und drängten sich mit banger Scheu, aus angemessen-er Ent fernung auf die Thüre blickend, am Ende des Ganges zusammen. Einige Beherzte standen bereit, in die Woh nung einzudringen, noch einen Auge-n ltlick zögernd, in veinvoll lauschender Erwartung —- Die Thüre war nur angelehnt — die Magd war wohl fiir einen Moment weggegangen und die sVerkirecher hatten die giinstige Ge legenheit erspäht... Und wieder durch-schütterten einige furchtbare Schläge die Luft, die Fen sterscheiben klirrten, und wie rächelns des Aufathmen, lebenlsechzend und hilfeheischend kam es durch die Thüre. —Rasch wurde diese aufgestoßen, und die Männer drangen ein. Die anderen hasteten nach, hielten dann, wie an die Schwelle gebannt und starrten in dumpfer Spannung in die Wohnung — Wieder jenes schwere thiiemholenl Die nächste Thüre! —--—— Ah! — Jn der Mitte der Küche ein-e breiige Masse --— blutig —-- unkenntlich ---— Alles ringsum mit Blut bespritzt nnd die glasirten Wände mit blutigen Fleischtbeilchen bedeckt —- schswer akti mend, mit getötbetem Gesicht, einen ;mächtigen, ebenfalls blutig-en Isoli schlägel mit beiden Händen trankpf- - haft umfassend ——— die iunae Frau — tödtlichen Schreck im Blicke . .. «- Cie hatte zu ihrem ersten selbst getochten Mittagessen Fleisch gelbpr Ein praktische Auffassung Fiirst Nikolaus von Montenegro hat bekanntlich neun Kinder, von denen eine Tochter Königin »von Ita lien, eine zweite Großfiirstin unsdeine dritte Herzogin von Leuchtenberg ge worden ist. Er beberrfcht ein tleineö, aber landlchaftlich schönes Reich. Einmal soll er einem Besucher eme recht drollige Antwort aseaeben bat-en. Sein Gast rüdmte die Schönheit des Landes-, meinte aber, es hätte nur wenig werthvolle AnsfubraeasenstiinH de. »Sie ver-gessen meine Töchter, mein Herr," erwiderte Nikolaus-. ««-«- sp-. - -...... :. « .- , . .-k-« j- —.« j sit-e «