Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 10, 1908, Sweiter Theil., Image 13

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Ver Hölle entronnen.
Stizze aus der Straftolonie Neu-Ka
ledonien A. v. d. W a r n o w.
. Durch die Eisengitter des tleinen
Fensterz sah Richard de la Grade hin
aus in die tiefe, stumme Tropennacht.
Die weite, unendliche Fläche des
Nachthimmels erschien fast schwarz
griin, und die Myrtaden von Sterne
lenchteten mit einem weißen, scharfen
Licht, das Auge schmerzenv, wie das
Funteln weißgliihender Dolchtiingen.
Nur fern, ganz fern tlang das leise,
eintiinige Gemurmel des Meeres an
der Felsenkiifte der Insel und irgend
wo in den Auracarien- oder Palmen
wiildern das Getteisch eines Papa
geiez oder das Gurren einer Taube;
Sonst war tiefe, stumme Stille in der
dunklen Luft und auf dem dunklen
Gestein der Felseninfel . . .
Richard drückte zufammenfröstelnd
in der schwülen Nachtgluth die schma
le, bleiche Stirn an die harten, rau
hen Eifenstäbr. Wie war das nur
alles so gekommen? Er wußte es
selbst nicht! Jhm kam es vor wie ein
witter, angstvoller Fiebertraum, von
dem er zu erwachen rang und bangte.
Ja, so war es —- er war ihr nachge
gangen der schönen, schlanten Wade
leine de la Force durch die grünen,
fchattigen Gänge des Boii de Bon
logne. Sie schritt an dem Arm ihrer
Mutter und in dem verschwimmenden
Graublau des Abends hatte sich ihre
in Weiß gekleidete weiche, zarte Mäd
chengestalt scharf abgehoden, so dafz er
nur Augen hatte fiir sie, nur Gedan
ken an sie ——— —- — Sie mußten sich
nicht mehr fern der Porte de Neuilly
befinden, als plötzlich das hell? Blitzen
eines Schusses aufzuate —- und er
sah wie die Mutter Madeleines blu
tend und mit dem Tode ringend zu
faxnmenbrach Woher der Schuß ge
tomnien, er wußte es nicht! Nicht
wem die Kugel galt, noch wer sie ab
gefeuert! Eine namenlose Angst hatte
ihn gepackt s-— er war davongestiirzt,
durch Büsche und Hecken —- bis man
ihn ergriffen hatte. Man hatte ihn
des Mordes geziehen —-— man hatte
ihn als Mörder verurtheilt, zum
Tode verdammt und dann zu lebens
länglichem Bagno aus der Jnsel Nu
iDoubouzeV in NeusKaledonien he
gnadigt . . . und er war doch unschul
häsl
· ------
NEr seufzte dumpf und schlug die
geballten Fäuste vor die siebethaste
Stirn. Lebensliinglich aus dieser Jn
sel des Schreckens, in dieser glühen
den Hölle, ohne Hoffnung, ohne Trost
verstoßen, in dem nie enden wollen
den Jammer und der dumpfen Ver
zweiflung! Tag ein, Tag aus, halb
nackt in den Steinbriichen arbeiten,
un das Elend und die Gemeinden ge
kettet, stumm unter Stummen, denn
jedes laute Wort ist strengsten-Z ver
boten und wird bis zu sechzig Tagen
ir- dunklen Kerker bei trockenem
Brote bestraft, verschmachtend unter
dem Feuerregen der Tropensonne, be
wacht von rohen, harten Söldnern.
die. den Revolver im Gürtel, bereit
sind einen Jeden niederzuschießem der
einen Fluchtoersuch oder ein Zeichen
des Widerstandes zu machen mage.
Und doch würden diese Elenden den
Kugeln totzem wenn sie nur die
kleinste Aussicht hätten, das Festland
zu erreichen, das so leuchtendgrijn aus
dem tiesblau des Meeres herüber
tvinkte. Aber von den vielen Hun
derten armer Verzweifelter, die es
wagten, die wenigen Kabellängen zu
durchschwimmen, erreichten nur We
nige das rettende Ufer« denn Tausend
von Haisischen regen sich gierig und
tückisch unter der trügerischen blauen
Ruhe dei Wassers . . . . Heute«Nacht
will er selbst es wagen, dieses Reich
des Todes zu dank-schwimmen um
der glühenden Hölle dieser Insel zu
entrinnen· Lieber einen schnellen Tod«
als dieses langsame dumpse Sterben
in Angst, Verzweiflung und Einsam
bit.
Er hat sich eine Eisenstange und
ein langes Messer zu verschaffen ge
wußt. Wie viel Herztlopsen und
Furcht. wie viele Verstellung und
Schlauheit hatten dazu gehört, diese
Werkzeuge sich zu besorgen. Nun
schliesen alle; auch die Aufseher, die
geladenen Revolver in den Gürteln
schliefen, denn sie vertrauten ihren
Freunden, den Haisischen mehr, als
der eigenen Wachsamteit, um jede
Flucht unmöglich zu machen. Auch
seine Leidensgesiibrten schliesen aus
dem harten Maisstroh, -—— dort le
rouge Bertraud, dort le surieur Jean
und die anderen alle —- — er hörte
ihre röchelnden Athemziige und ihre
angstvollen im Traume gestammelten
Worte. — —
Vorsichtig -— leise ———— setzte er die
Eisenstange an das Fenstergiiter —
ein Druck — der Mörtel bröelelte —
das Gitter weicht. Jrgendtvp ein
greller Rus! Sind das die Aussehen
die durch das Geräusch erwachtenil
Er lauscht mit angehaltenem Athem
und seine Glieder erbeben. Nein —
rings tiefe, schwarze Stille —- ein
Striisling bat gewiß die wirren
Schrecken des Tages mit in seinen
Traum hinübergenommen und hat
ausgeschrien in Jammer und Angst.
Das Gitter ist gesprengt ——- er
zwängt sich durch die Oessnung und
springt aus den Erdboden des Ge
sf
fängnißhofes hinab. Er lauschte —
nichts regt sich. Niemand hat ihrs ge· ’
härt. Jetzt beginnt er in bebender
Eile mit seiner Eisenstange die Hof
mauer zu durchbrechen. Er hat vor
her schon eine ·passende Stelle ge
sucht, wo der Kalt verwittert und die
Steine gelockert sind. Die Oeffnung
ist da —- er schlüpft hindurch —- und
steht nun da, aufathmend aus tief
ster'Seele —- frei —- frei! —- Wenig
stens für den Augenblick frei und ge
lingt es ihm, den gefräßigen, tücki
schen Bestjen, den Haifischen zu ent
rinnen, wie er den Waffen der schla
fenden Wächter entschlüpfte, so wäre
er zurückgekehrt aus dem Reiche des
Todes und Schweigens in das-«- Le
ben —- das jetzt so weltenfern an ihm
vorüberfluthet, das heiße, jubelnd-r
Leben! —- —-«— —
Jetzt steht er an dem zertlüfteten,
grauen Felsenufer der Südseite und
blickt angstvoll auf die weite grau
silberne Fläche des Kanals hinan-Z«
Könnten ihn seine sehnenden Blicke
hinübertragen, über die unheimliche
Stille der Fluth, hinüber zu dem
grünen, leuchtenden Festlande. in ei
ner der unter Palmen verborgenen
Hütten der Papnas! Er lauschte —--—
taum eine Welle regte sich schläfrig,
kaum ein müdes Murmeln —- nur
das Rauschen eines fliegenden Hun
des, der schwarz und schwerfällig die
Luft durchstreicht. —- Er schauert zu
sammen in der schwülen Nachtgluth,
als stände er am Rande eines Gra
bes. Und doch das Grab selbst bringt
Erlösung aus dieser glühenden Hölle
— dieser Jnsel des Schreckens-! « Er
war ein ausgezeichneter Schwimmer
und Taucher und im Vertrauen hier«
auf hatte er dieses grausige Aben
teuer begonnen. Er band die Eisen
stange mit einem Stricke fest um den
Hals-, ergriff das lange Messer und
ging langsam in die lauwarme
duntle Fluth hinein. Dann tauchte
er facht und entschlossen unter und
begann unter der Oberfläche des
Wassers den schmalen Meeresarm zu
durchtreuzen. Es war fast dunkel um
ihn, und er versuchte vergebens mit
den Augen das Grau zu durchdrin
gen. Nun stieß er an einen Gegen
cdsnh -- FIZIIIOD FZÄ Ists-Its »Ist sltk
.....-, « ,...,... ...., ».. . «..- -.
rig an « ein Fisch ——- ein Hai! Er
tauchte tiefer, daß er den röthlich
weißen Bauch des Thieres erblickte
und stieß ihm mit aller Macht das
lange Messer in den Leib. Der Fisch
schlug wild um sich und schoß davon,
einen langen, rothen Blutstreifen in
der dunllen grauen Fluth zurücklas
send. « s-« Die Luft war ihm in
zwischen ausgeaanqem sein Kon
glühte und seine Pulse hämmerten
zum Betst-ringen Er mußte empor
——- um zu athmen -— das war der ge
fährlichste Augenblick. wenn die Be
stien in ihm den Menschen entdecken
würden. Aber er mußte, sonst wäre
er erstickt. Kaum hatte er dir Ober
fläche berührt, als ein großer Hai
fisch heranaeschossen kam. Richard
sah den schiefergrauen Leib, die lan
aen Flofsen -—— näher und näher tam
das Thier, blitzschnell, und jetzt war
er selbst untergetaucht und schwamm
mit Ausbietung aller Kräfte unter
dem Fisch dahin dem Ufer zu. Nach
wenigen Selunden hatte er den
Strand erreicht und schwang sich auf
eine der Felgllibpen empor. Aber
das Unthier wollte seine Beute nicht
fahren lassen, es schnellte sich hoch
auf und lag mit halbem Leibe aus
dem Gestein.»gierig nach dem jungen
Manne schnappend. Dieser riß rasch
die Eifenstange von seinem Halse und
stieß dieselbe mit wilder Verzweiflung
in den Rachen des Fisches mit
dumpfen Röcheln glitt der Hai in die
arausilherne stumme Fluth, die er im
Schmerz des Todeslampses zu weißem
Schaum peitschte.
Richard sant mit Thränen des
Dankes in den Augen nieder und iu
beltet »Gerettet! gerettet! Der Hölle
nnd dem Tode entronnen!«
k)·.·—-«- L-- s-sL--— ------ .- III-A
CUIIHV Uct Fugu-, Hat-tust- Jst-su
schlich er, näherte sich lautlos, wie cine
große, schwarze Fledermaus, bis er
die Hüte eines Papnag oder Rutis er
reicht hatte. Alles war hier in tiefem
Schlafe —- er näherte sich qeräufchlos,
spie eine große, schwarze Fledermaus
ihrer Beute. «—— Ein Boot lag am
Strande —— er hätte aufjubeln mö
gen. Schnell entnahm er der Hütte
etwas Mais nud ein Tongefäß voll
Trinkwasser. dann durchbrach er die
Kette, die das Boot an den Strand
fesselte, und glitt unter leisen, träf
tigen Ruderschlägen hinaus in die
weite, grausilberne Fläche des Meeres
Die tiefe, stumme Tropennacht umgab
ihn — die Myriaden von ,Sterne
leuchteten in einem weißen, scharfen
Lichte. Es war als schwebe das
kleine Boot in der Unendlichkeit der
See und des Himmels, wie auf etwas
Wesenlosem --- wie in der Einsamkeit
jenseits von Tod und Hölle, jenseits
von allem Leben. —
Richard ruderte, daß der Schweiß
feine Glieder badete und sein Athem
teuchte — jeden Tag hatte er so ar-"«
betten müssen unter den rohen
Schimpfworten und Mißhandlungen
der Aufseher in den Steinbriichen der
Insel nun — und nun kämpfte er
litt sein Leben — siir seine Freiheit!
Immer weiter versanken die Jnleln
mit Korallenrifsen in die weite, silber
geaue Fläche des Meeres —- immer
einfamer und stiller ward es — bis
endlich nur himmel und See das
kleine Boot umgaben.
Gegen Morgen frischte der Wind
aus, das Meer bedeckte sich mit kleinen,
hüpfenden Wellen und das Boot
schwankte fchwer. Vergebens spähte
der junge Mann nach einem rettenden
Schiffe aus —-- nichts als Himmel und
See, eine Unendlichkeit, in der das
zersrechliche Fahrzeug zu schweben
schien, wie jenseits von allem Leben.
Die Wellen reckten sich höher upd
höher, der Wind schob steifer und das
Boot flog bald die Wogenberge hin
auf, bald versank es in die rollenden
iWogenthijleh als versänke es in ein
ifchwarzes Grab» in eine züngelnde
iHöuex
s Sollte er fo nahe der Rettung,
sder Freiheit, doch noch zu Grunde
jgehenIL Hatten sieh alle Höllengeister
gegen ihm verschworen, ihn zu ver
»nichten, da er es gewagt hatte, aus
zihtem Reiche zu entfliehen? Hatten
« sich die Dämonen des Todes gegen ihn
empört. ihn herabzuziehen in ihrftil
les, schwarzes Reich, wo das einzige
Lebende nur die gierigen, tückischen
-.s:saifische waren28 Er rang die Hände
-»—er schrie —-er weinte —— und be
. tete! — Und da ---—— da fern, ganz fern,
iam Horizonte, aus dem Weiß der
sWogen tauchte ein weißes Segel em- .
! por —- ein Schiff! --—— —- Er hätte
kaufiauckzen mögen! Aber wenn es ihn
nun nicht sähe? Wenn es nun vor
überiiihreX und ihn dem Tode und
der Einiamteit iiberlassen wiirdes —
Er ruierte wie ein Rasender —- er
rief und winkte mit feinem zerrisse
uen Hemde -—- und jetzt schienen ihn
die Leute auf dem Schooner gesehen
zu haben, denn das- Schiff hielt; auf
ihn ab Und kam schnell näher f. . .
näher . . .
Und jetzt mer er« da und man wars
ihm eine Leine von dem Bord zu und
zog ihn empor aus der-i Reiche des
Todes, der Hölle nnd des Schmeigens
zu Menschen —-- zum Leben!
Der Schooner war ein deutsches
Schiff und nach NeugMeeklenburg
bestimmt. Dorthin nahm der wackere
Aaviiän den armen Flächtlina mit,
ron dort erreichte er Indien und gina
später nach England —--— der Hölle ent
ronnen — — -—— !
»L
Die Maus.
—-——.—. l
Etizze von Jean Noch-Im
,,Ja;val)l, es hat seine Richtigkeit:
mein Mann ifr vor vier Monaten an
einer Lungenentiündung gestorben»
der Fabriibefilzes bei dem er gearbei
iei hat mir dies Zeugniß ausgestellt
nm mir dadurch zur Erlangung einer
Anstellung zu verhelfen» . ich habe
auch nach mehr genau-ist freilich aus
meiner Dieniixeit bei Herrschaften.
aus allen aehi hervor, daß ich an
ständig und ehrlich bin.«
Der Hausbesitzer, Herr Laklotie,
fah aufmerksam und lanafank die ver
schiedenen Papiere durch, welche die
Bitiliellerin vor ihm ausgebreisk
hatte. Dann fractie er:
»Haben Sie Kinderk«
Die Frau schlug wie beschämt die;
Augen nieder und sagte: i
»Nein Herr Lallolie.« » !
»Dein) besser, denn dann yiiiie ich
Ihnen die Stelle rundweg abgkichlag l
gen ich will keine Kinder in mei
ner Pariierwobnuna... ich dulde das
nichi...« find Sie flinl bei der Ar
beii?'« l
»Das man nian.ia sein«-« »
»Na, also aut! ListeineBedinaunaenx
sino die folgenden: Sie bekommen
zwanzia Mart monatlich und freie
Beteuchtuna.» die Portierloge ist
aekaunna und trat einen Altoven den
Sie aani aut ais Schlafranm be:
nutzen tönnen... Sie können soforti
ewzieden Die Maler baden nur noch
im vierten-Stock die Decken fertia zu
machen. Alle Mietbstontratte dati«
ren erst vorn 15. ab... das ift für
das Vermietkien der Wohnungen am
besten. Es sind übrigens nur noch vier
Wohnungen im Gartenhaizs frei...
Ider Preis für dieselben ist durchwea
»Hm Mart... die meisten Miether
»warten mit dem Einzieben darauf,
das-, der Portier im Haufeist, also be
»schlenniaen Sie Iehren Umzup nach
J Möglichkeit«
T »Motan werde ich auf meinem
’ Posten sein«
»Hier send die Schlüssel, nehmenl
Sie dieselben aleich mit, das ist iiirl
mich das Beauemste.·. Adieu, Frau
Pallier.«
»Adieu, Herr Latlotte... und be
sten Dant!«
Vierzehn Tage später war das
Haus von oben bis unten svermiethet
und nach drei Wochen vollständig be
wohnt. Die junge Portierfrou war
stint und behende, freundlich und ge
fällig; alle Miether waren sehr mit
ihr zufrieden und mochten sie aern.
Dazu trug wohl auch der Gesichts
ausdruck von Frau Pallier bei: sie
sah in ihrem schwarzen Trauertleid,
mit den blassen, verariimten Züqen
die sich doch stets zu freundlichem
Willkommslächeln ftlr Jeden aufhelli
ten, wirklich fedr nett aus« Es fiel
»teinem der Mietder ein, turz ange
bunden mit ihr zu sprechen, und un
willkürlich hatte Jeder ein »Bitte« bei
einem Unitean und ein »Danke«,
wenn ein auch noch so berechtiater
Wunsch durch Frau Pallier erfüllt
e.
» Die saubere, pünktliche, ftei iae
»und stille Frau. die aufs Beste iir
Ordnung und Ruhe in dem großen
k- ---W
Laus sorgte, war wirklich eine Perle
von Poktietgsrarn .
sEines Sonntags Morgens« riß
Herr Marias, ein Junggeselle, Künst
ler, der im Erdgeschosz, unmittelbar
über der Portierloge, sein Schlafzirn
mer sha tte, die Thür zu der Loqe aus
und rief:
»Frau Pallier, im Haus oder viel
Fnehr in Ihrer Ler muß eine Maus
ern.«
,,Eine Maus?«
»Jawohl... eine Maus ein
paar Mal works mir schon so, aber
diese Nacht habe ich es ganz aenau
gehört«
»Aber das ist doch gar nicht mög
tich... in einem neuen Hause!«
»Ich oersichere Sie, esist drich der
Fall!« sagte-Herr Marias lebhaft, be
trat diePortierloae und zog dieThiir
hinter sich, um dann zu sagen: »Wal
len Sie mir erlauben, das-. ich ’mal
Nachsehe, ob ich das Mauseloch finde?«
Der junge Mann wandte sich der
Fenster-ekle zu, guckte hinter eine Kom
mode und zog dar-aus die Gardine
zurück, die den Alkoven von dem
größeren Raum trennte. Das Alles
war so rasch geschehen, daß Frau
Pallier noch nicht einmal dagegen
hatte protestiren können, und nun axs
der Vorhang zur Seite geschoben
war, brach der junge Mann in ein
tauftes und lustiges Lachen aus und
rre :
IF«P·,-s
,,«u, rsu Hi II( setz hu uuucu tun
sie ja!... Da ist ja die kleine, nied
liche Maus!«
Ganz erregt war er über die Ents
deckung, die er gemacht hatte, denn
zwischen Bett und Wand stand ein
ganz schmales, kleines Bettchen, und
zwischen Kissen und Decken guckten
aus einem rosigen Kindergesichtchen
zwei kleine, schwarze Augen erstaunt
in die Welt.
»Na, habe ich’s nicht gesagt . . .
Frau Pallier.«
Die junge Frau stand wie erstarrt.
Jhre Züge waren vollständig verzerrt.
Ein Ausdruck größten Entsetzens hatte
die Jris ihrer·Augen riesengroß er
weitert, und die Augen blickten starr
geradeaus . . . zwei schwere Thräneti
liefen über die sarblosen Wangen.
Der junge Mann war aufs Höchstel
überrascht, als er Frau Pallier in dein i
Zustand sah.
»Aber, Frau Pallier, um’s Hinr
melswillen! Was ist Jhnen denn . .?«
Unter diesen Worten löste sich der
Bann. Frau Pallier fchluchzte ver
zweifelt auf und stammelte flehend:
— »Ach Gott, Herr Marius, verrathen
Sie mich nicht! . . . Um drei Stellen
hatte ich mich schon beworben, ehe ich
die Portierstelle betam . · . keiner woll
te mich mit dem Kind . . . Herr Lak
lotte will auch keine Kinder in der
Portiersloge. Jch habe ihn belogen
.. . . und ich thue doch keinen Schaden
. . . denn früh Morgens bringe ich
meine kleine Hilde heimlich, in ein«
dickes Tuch gewickelt, zu meinerFreun
din . . . die wohnt in der Nähe . . .
und die bewahrt mir das Kind tags
über mit ihren eigenen . . . Abends
spät hole ich mir meine Kleine dann
wieder . . . nur Sonntags, so wie
heute, wird’s mal ein bischen später
. . . oder ich behalte meine Hilde dann
auch länger . . . Sonntags tomrnt Herr
Lallotte ja nie . . . ich habe auch ge
dacht, daß das Kind Sie nicht stören
würde . . . die Kleine ist so ruhig . ..
und wenn sie sich rührt, dann nehme
ich sie gleich, oder ich mache ihr flint
Milch warm . . . dann schläft sie auch
wieder ein . . . Sie müssen wirklich
einen sehr leisen Schlaf haben, wenn
Sie das arme Würmchen heute Nacht
gehört haben . . · ich will auch ganz
gewiß noch mehr aufpassen . . . es soll
nicht wieder vorkommen . . . verspre
chen Sie mir nur, nichts davon zu sa
gen . . . Niemand etwas zu sagen . . .
dann bin ich um meine Stelle und . . .
dann weiß ich nicht, was werden soll
. . . nicht wahr, Herr Marius, Sie
sagen nichts . . . ich weiß es ja, Sie
sind ein freundlicher, guter Mann . ..
Sie werden doch nicht etwa eine arme
Mutter mit ihrem Kinde ins Unglück
stürzen wollen.«
»Na, na, das will ich ja gar nicht!
Jch habe wirtlich geglaubt, daß es eine
Maus wäre, die so auielt . . . wahr
und wahrhaftig . . . es hat sich genau
sso angehört, als wenn eine Maus
lpiepst und raschelt . · . seien Sie nur
nicht böse, Frau Pallier.«
Schon hatte Herr Marias dieThür
llinke in der Hand und die Thür hin
ter sich zugezogen. Während er in
seine Wohnung hinausging, sagte er
halblaut für sich: »So, fo, Herr Lai
lotte duldet keine Kinder in der Por
tierloge! . . . So. sol«
«- - is
Am Nachmittag desselben Tages
schon lam die alte Dame aus dem«
ersten Stock ganz behutsam in die
Portierloge und sagte leise:
»Ach, Frau Pallier, zeigen Sie mir
doch einmal Jhre niedliche, kleine
Maus . . .«
Die junge Frau wußte sofort, daß
der Maler fein Versprechen, zu
schweigen, nicht gehalten hatte. und
war sich über das, was ihr nun bevor
Istand, ganz klar. Sie wurde leichen
blaß, wagte aber doch nicht« zu leug
nen, und kam dem Wunsche der alten
Dame nach. (
»O, wie allerliebs rief diese und
streichen- vas nein- Mavchm l
Eine Stunde später klopfte dieFrau
äiiEHJiiZZkZLTFIIIL
m B
» . .’;Da·hin ist mein Glück, mein Lieb’ und mein Leben!
Ferttg fur immer mem Dichten und Streben . .- . .«
Stimme im Hintergrund: »Bmvo, bravo!«
f
Fdes Ministerialbeamten aus dem zwei
’ten Stock.
) »Es scheint mir, daß Sie hier in
ider Loge ein kleines Mäuschen ver
bergen! . . . ichmöchs es wohl einmal
sehen . .
Den ganzen Nachmittag ging es so
»weiter...Alle aus dem Haus woll
sten die kleine Maus sehen und freuten
i sich über das niedliche, kleine Mädchen.
sKleine Geschenke wurden »für die
kleine Maus« auf das Bettchen gelegt
; . . und fast Jeder stellte, bevor er
sging, an Frau Pallier die Frage:
T »Herr Laklottr duldet also keine
sKinder in der Portierloge? . »«
»Nein, er wollte keine . . . duldet
durchaus keine Kinder.«
st- Iit Il
Den Beweis dafür lieferte Herr La
klotte ungefähr eine Woche nach Ent
deckung der »kleinen Maus«. Herr La
klotte kam unverändert noch Abends
spät, um der Portierfrau eine Mit
theilung zu machen, und da fand er
die Frau des Ministerialbeamten, die
das kleine Mäuschen auf dem Schooß
hielt und mit dem Kinde tändelnd
spielte.
,,Gehört das Kind Jhnen . . . Frau
Pallier?« fragte er Hauswirth kurz
und barsch. —
s Die Aermste stammelte entsetzt:
i »Ja, Herr Laklotte.«
»Zum ersten ist Ihnen die Stelle
i
i
i
gekündigt.«
st- Ik di
Das ganze Haus gerieth in Aufre
gung. Herr Marias erfuhr die Kün
digung als Erster von der Portierfrau
selbst, die klagend meinte:
»Ach, Herr Marius, was haben Sie
gemacht . . . hätten Sie doch geschwie
en!"
g Der Maler lächelte, wie ein Mensch,
der sich vor nichts fürchtet und fehr
genau weiß, was er will.
.,Seien Sie nur ruhig, Frau Pal
lier . . . noch sind Sie ja hier . . .«
- »Ach, ich kenne Herrn Laklotte zur
IGenügr. Was der einmal gesagt hat,
Hdaran hält er auch fest.«
»Ich werde morgen zu ihm gehen . .
da ich Jhnen fo geschadet habe, muß
ich versuchen. den-Schaden wieder gut
zu Inachen.« . »
»Ach, das wird gar nichts nutzen,
Herr Marias.«
.-. q
si
Am nächsten Morgen sieht Frau
Pallier an der Vortierloge Herrn
Marias vorbeigehen Er trug nicht
seinen gewöhnlichen Schwur-lind son
dern trotz des Regenwsetters einen Cy
linder, und schien sogar helle Hand
schuhe in der Hand zu halten...und
links bog er ooni Hause ab... in der
Richtung lag ja die Wohnung oon
Herrn Latlottel
Frau Pallier hatte eine schlaslose
.Nsacht gehabt, ihre Augenlider waren
» vom Weinen dick und geröthet . .. nun
s saß sie in der Portierloge auf ihstem
Posten und grübelte und grübelte,
. was werden sollte, wenn sie mit dem
H Monaisschluß aus der Stellung ent
lassen war...
Da wurde die Hausglocke gezogen.
; und gleich darauthand Herr Marias
»in der Porti-erloge.
»Nun, Herr Mari-uss?« Frau Pal
iier fragte es ganz leike und ängstlich.
; »Nun selbstredend leiben Sie und
sbekyalten Sie Jsbrse kleine Maus jetzt
sbei sich: Sie sind lebenslänglich zur
sPortierfran dieses Hauses ernannt!«
l Frau Paklier mußte nach einer
l Stütze suchen, ihre Erreguna war zu
tmächtig Mehrmals mußte sie an
lselsen, bevor sie fragen konnte: »Sie
? Sie haben mit Herrn Lailotte
gesprochen und Sie haben das für
mich durchgesetzt, haben sür mich ge
» beten?«
,,Gebeten?« sagte der Maler . . .
.,,das brauchte ich nicht... ich hatte
ein ganz anderes Mittel Fu meiner
Verfügung«
»Ja?. .. Und was denn für eines
. wenn ich fragen darfst«
»Den Kiindiaungslnrief sämmtli
» cher Micther des Hasuses!"
Ein Menschenfreund.
Neffe (iubelnd): »Endlich, Onkel,
»habe ich das Staatsexamen glücklich
bestanden! Nun kann ich zu raktizi
ren beginnen.«
; Onkel: »Also Du willst Dich nun
sals Arzt niederlassen: bravo, mein
Junge —- aber nun huldige auch dem
s(sjr-undscitz: .,Leben und leben las
en«.«
Kinder-trauli.
Klein Elscheiu »Ich bin nichtsngsb"
lich im Dunkeln.
Mutter: »Natürlich nicht.« .
Klein Elschem »Aber ein-mal war
ich doch ängstlich, als ich in dieSpeife
kammer ging, um mir ein Stück
Torte zu holen.« -
Mutter: »NaL weshalb hattest dir
denn da Angst?«
Klein Elschem »Ich hatte Anast,
ich würde die Torte nicht finden.«
Recht angenehm. «
Er: »Wenn mir erst verheirathet
sind, liebe Anna, dann kaufe ich uns
das Buch: Führer durch den-»Ehe
stand.«
Sie: »Nicht nöthig, die FührungN
übernehme ich.«
Arm-nec. -
Mir ist ein Hausfchsliifsel verloren
gegangen, wer denselben statt mit
meinem Manne ausfolgt, hat Lehtes
ren darauf aufmerksam zu machen.
dafz jeder Mißbrauch desselben zzu
Wirthshausbesuchen von mir streute
geahnt-et wird.
Frau Dr. jur. Xaniippe, Gattin.
Grttäuichung.
Alte Jungfer: »Ich möchte wissen,
was für einen Eindruck ich auf Herrn
Müller gemacht habe «
I Herr: »Er ist ganz weq von Ih
nen
Alte Jungfer (erfreut): ,,W"irklich9«
Herr: ,,;g-,a er kommt nie wieder-«
Endresultat
A.: »Wie ist denn der-Prozeß um
ihre Villa ausaegangen?«
:»Schlecht!«
A.: »So ist Ihr Prozeßae gncr ietzt
Besitzer der Villa«?"
B.: »Nein, mein Rechtsanwalt!«
Die Hauptsache.
Hausherr: »Sie haben diefe Nacht
auf der Straße einen Mordsspektatel
gemacht —- der Hausschliissel fehlte
Jshnen lvohl?«
Miethen ,,Keineswegs, aber das
Schlüsselloch dazu!«
Speichwörtliche Hilfe.
Frau: .,Sch’cimst Dich nicht, alter
Sausaus, so spät nach Hause zu kom
men? Es ist drei. l«
Mann: »Gib Ruhe, Alte; aller gn
ten Dinge sind dr ei !«
Gelungen.
Erster Herr: ,,Hat der neue Doktors
im Städtchen schon Fu ß gesaßiJk
Zweiter Herr:- »O gewiß; er hat
schon um die Hand der Comme
zienrathstochter angehalten.«
Irontsch.
,,Beherrscht Ihre Frau auch die
sranzösische Sprache?«
»Nein —- Französisch beherrschi sie
nicht —- aber im Deutschspre n
kann sie sich manchmal auch nicht
herrschen!«
Vom Theater-. ’
Haus-stau: »Na, Auguste, wie ha
ben Sie sich denn gestern im Theils-V
amiisirt, was wurde denn gegebenp
«Dienstmädchen: »Ach, es war sehr
schön, anädiqe Frau, es wurde »Kan
nibalenliebe« von Schiller gegeben!«
Frech.
Frau: »Aber, Minnen das istmit
jetzt zu toll. Jeden zweiten Tag
finde ich Ihren Liebhaber hier in der
Rächer
Köchin: ,,» a Madame alle Tags
hat er doch nicht Zeitl«
In der Geographiestundr.
Lehrer: »Es gibt nur indirekte BI
weise dafür, dass, die Erde rund is.
Lehmann, nenne mir einen solches
Beweis.«
Lehmann: »Die Rundreisen um die
Erde."
In der Chemicstunde.
Professor: »Was geschieht mit
Gold, wenn man es an der freien
Lust liegen läßt?«
Schüler Cnach längerem Nachden
ken): »Es wird gestohlen!«
Auch ein Geburtstagsgeschenb
Die kleine Grete: »Du, Hans« heut
niiissen wir noch recht unnrtig seis,«
damit wir dein Papa morgen zu
Geburtstqu versprechen können, wie
der recht brav zu seini«