Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 03, 1908, Sweiter Theil., Image 14

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    Auf falschem Boden.
. sonn- vou H. ConttlsssMalaetnz
ÄL --, A
(9. Fortsetzung) »
HAVE-rückte aber der zur-Hoch
Ieit festgeseste Tag näher und näher
Evan, und damit trat Hellas Bitd
färihn doch wieder in den Vorder-s
send. I
In Rasmussens Haus war inzwisä
sQeI das Leben seinen alten Gang
Magen. Sben kam des Abends
fest-nöthig zu einem Plauderstiind
CI- IZQ früher. Wie aus Verabre
Itsssdeemieden die drei. über Franz
Uneck und sein Verhältnis zu
Mc zu sprechen.
- junge Mann gab sich unbe
fssseih wußte er doch, dasz er Hellas
sinke und Frieden stören würde,
ssjanisielsabntek was ihr Verlust ihm
bedeutete. Sie wenigstens sollte ihr
Mit ungetrübt genießen.
Seine einsamen vier Wände beka
mn freilich ein anderes Bild zu
sQauetL Obwohl er mannbast gegen
Ue Verzweiflung kämpfte, überkam
ihn doch oft genug ein an Wahnsinn
grenzender Schmerz. Er vergrub sich
förmlich in seine Arbeit, und Nas
Ccisen stand oft in ehrlicher Bewun
derung vor dem. was Andersen in
Mist Ztik schuf.
Seine neueste Schöpfung war eine
Gruppe von zwei Menschen Er
nannte das Wert »Tunnung". Ein
es, eben erblühtes Weib stand,
eine band über das Gesicht brei
tetd, in schmerzversuntener Stellung
halb abgewandt von einem Mann,
see sit düsterer Verzweiflung aus ihr
Wigtes Köpfchen herabsah. Noch
ruhte die andere Hand des jungen
Leibes in der des Mannes, noch um
schloß seine Hand die ihre in kampf
saflern Druck. aber der nächste Au
» kick mußte die beiden auseinan
H tibren,««das sah man in den schon
Zum Geben gewandten Stellungen.
Einzelne Feinheiten waren bereits
grausgearbeitet Der seine Kopf des
ädehens mit den dicht darum geleg
ten Zöpfen und die das Gesicht ver
dällende band waren fast fertig, und
der markante Kopf des Mannes trug
auch schon den ausgeprägten Schmer
senng
Jn diese Arbeit legte Sven alles,
W ihn bedrückte. Doch brachte ihm
auch das leine Befreiung, wenn er
M auf Stunden Ruhe und Verges
-- sp- M . . ..
Hella hatte gleich nach ihrer Ruck
behr ibr Versprechen eingeliisi und
ihn ihre Hand modelliren lassen. Er
hatte diese band dann in Marmor
Beiseit, und es war ein lleines
«fterwert geworden. Hatte er ihre
nd beseelt genannt, so schien ein
l dieser Seele in die Marmor
Oand übergegangen zu sein. Von
wundervoller Feinheit. aus einem
köstlichen Stück Marmor gemeißelt,
sag sie nun in Svens Utelier auf ei
nein Postament von purpurnem
,Sammt. Wenn die Sonne daraus
v chien nnd derseotbeSanmt leuchtete»
chien sie transparent und wie mit ro
geni Leben begabt.
Wenn Soen zu dieser hand hin
ibersah, tara es wie tröstlicher Frie
den über ihn. Es war ihm. als Ebnne
M Helle sie am verlernt gehen
»so lange dhse Marmørhand in seiner
Dicke war.
Oft streichelte und liehtofte er siej
und preßte feine zuckenden Lippenz
darauf. Die Berührung mit dem«
kühlen Marmor schien sein heißes»
Blut jedesmal zu beruhigen. Er?
hätte sie beleben mögen durch die
Mt seiner sehnsüchtigen Liebe. —»
Mit Hellas Erlaubniß hatte er auch
«khre band an seinem neuesten Werk
benüft Das trauernde Weib, die
sich von dem Geliebten trennt, hatte
rnit Hellaz hand ihr Antlitz bedeckt.
So verband er innig die schmerzlich
Geliebte mit seinem Schaffen und
achte einen Theil ihres Seins mit
einer Kunst zu verschmelzen.
Manchmal sehnte er den Termin
ihrer hochzeit herbei. weil er hoffte,
dann eher zur Ruhe zu kommen, und
dann wieder M es ihn wie ein
köstlichei Gnadengeschenl, daß er ihre
Mk- noehewnden bunte
her unbeirrt durch fein Fürchten
und Hoffen rückte der Tag näher und
näher heru. der heller ans dem Ba
terhause siihren sollte. Sie hatte in
den leiten Wochen ten-n «t gehabt
sur W Eintehr in elhfL Die
seid-M ihm Ost-MAX
und neuer New. M Eint-users
CI der ZW, mit denen sie
the neues het- Ichenücken gedachte
send ihm ein iches Gepräge zu
sp- Wsth Uly- Qres Zeit in An
rusch.
»Als-nassen gebildete an einer-»Ke
pee feiner »New W, jener
Gruppe, Ringes-I W var.
sie sont- vq new somit-m
M des Vaters habet schenken sen
« « Ich-JOHN It III- MW
w
sMiidchen mit der Perle«. Dies war
eine vorn Zauber holder Poesie um
wobene Mädchengestalt, welche halb
neugierg, halb bewundernd auf eine
Perle hetabsah, die sie auf der ausge
streckten Hand liegen hatte. Man sah,
sie war eben dem Wasser entstiegen.
in dem sie das Kleinod gefunden hatte.
Wie alle Schöpfungen Svens umwebte
auch dieses Frauenbild ein eigenarti
ger, sinniger Reiz. Hella war außer
sich vor Freude über dieses Geschenk.
Sven lächelte wehmüthig dazu. Wie
wenig erschien es ihm, womit er sie
beglücken konnte, sein ganzes Leben
hätte er ihr zu Füßen legen mögen,
wenn er damit ihr Glück hätte sichern
können.
Aber das war dai Bitterste bei all
seinem Schmerz, daß er an den Be
stand ihres Glücks nicht zu glauben
vermochte. —
Einige Tage vor der Hochzeit kam
die Familie Boßneck nach Berlin. Die
angebotene Gaftfreundschast Nasmus
sens hatte Ernst Boßnecl mit dem
Bemerten abgelehnt, daß er im Zen
trum der Stadt Wohnung nehmen
wollte. damit-er bequem zugleich ei
nige Geschäfte abwickeln könnte. Euri
lie. sei-ne Frau, hätte auch um keinen
Preis in der »Künstlertoirthschaft«
hausen mögen. Sie hatte eine fürch
terliche Vorstellung von einem soge
nannten Künstlerheim
Die erste Begegnung zwischen den
neuen Verwandten fand im Hotel
statt, in dem Boßneets abgestiegen
waren. Sie fiel sehr steif uni- ge
zwungen aus. Rasmussen sah be
stiirzt in die talten, ausdruckslosen
Gesichter von Mutter und Tochter
Boßneck, denen Engherzigteit und
Stunrpfsinn so sichtbar ihren Stem
pel ausgedrückt hatten.
Noch weniger als Mutter und Toch
ter gefiel dem alten Herrn Ernst Posi
neck. Der Ausdruck fast brutaler
Selbsthetrlichteit und der Blick der
kleinen stechenden Augen verursachten
ihm direktes Unbehagen. Als Mann
von Erziehung ließ er sich natürlich
nichts von seinem Empfinden unmer
ien, er schaute nur verstohlen zu sei
ner Tochter hinüber, um zu sehen,
welchen Eindruck ihre diese neuenVer
wandten machetn.
Hella war bis ins innerste Herz
hinein erschrocken beim Anblick dieser
Menschen. Jhr lebhaftes Schön
heitigefiihl suchte vergeblich bei ihnen
eine schwache Spur von dem blenden
den Aeußeren ihres Verlobten. Die
beiden Damen tarnen ihr dirett lä
cherlich vor in ihren geschmacklosen
Totletten, und sie wäre ihnen am lieb
sten mit ihren geschickten Händen durch
das fest angetlebte haar gefahren, um
es locker und tleidsam um den Kopf
zu ordnen.
Sie schalt sich gleich daraus selbst
aus« daß sie sich durch Aeußerlichtei
ten so start beeinflussen liesz und
zwang sich zu liebenswürdigem Ent
gegenkommeiu Es gelang ihr aber
nicht, die Eisesttilte aufzuthauen, die
ihr von diesen Menschen entgegen
sie-Elte.
..-- LC—L --—--L-— --..-L h
OIH IWL Sich BLlUUIUcU UUU »Is
kniedes, ihren Vater anzusehen. Sie
wußte genau, er empfand wie sie und
fühlte, daß er sie forschend betrachtete.
Seltsamerweise dachte Heila, wäh
rend sie mit Bvßnecks nichtssagende
Redensarten tauschte, immerfnrt dar
an, was wohl Sven Andersen zu die
sen neuen Verwandetn sagen würde
; Mit einer an Angst grenzenden Jn
’nigieii suchte ihr Auae wieder und
wieder den Anblick ihres Verlobten
Aber war es der erniichternde Ein
identi, den seine Familie ihr machte,
ioder lag es an ihr selbst -—— sie fand
sein Gesicht weniger edel und geistvoll,
als sie es in der Erinnerung hatte,
als es ihr in der berauschenden Se
ligkeit junger Liebe erschienen war.
Seine Schönheit erschien ihr nichts
iagender als sonst, tvenn sie sich auch
vörzureden suchte daß es Einbildung
wäre.
Sie steigerte sich willkürlich in die
alte, schmärmerische Liebe siir ihn
hinein nnd verbannte mit Ausgeboi
aller Euer das Gefühl bangen Za
gensze sie zu erfassen drohte
M sie dann einige Minuten mit
Franz allein war und dieser von
neuern berauscht von ihrem Reiz, hei
ße Misse auf ihre Lippen driielte und
ihr zärtliche Worte sagte. at te sie
wie erlöst ans nnd sah sich to llig voll
vaer herle
Schatten hatten ans ihr Glück sal
len wollen, He durfte ihnen seine
M einem-ren, mußte siegreich da
iänrpsex Was iiinnnerten sie
ne Mariens Ihm wollte sie
Wein er allein so ie fiir ihr heil
nich-send sein. Waren diese Ber
wandien wirklich in, wie iie aussahein
zdsnn ver es ihre Pslieht ihn durch
Winden Einfluß Ihrr sie hinaus
n Hin-c inhrdie Fami
se nach Iasinnsens Ban
—
«hinaut. Sie hatten eine Einladung
zum Mittagessen angenommen.
Aus der Fahrt herrschte zwischen
den vieren tiefstes Stillschweigen.
Franz dachte etwas beklommen an
das regellose Durcheinander irn Hause
seines Schwiegervaters. Was würde
seine Mutter dazu sagen? Hoffent
lich kam Rasmussen nicht aus die ver
riickte Idee, seine Mutter und seine
Schwester in sein Atelier zu führen.
Das mußte er aus jeden Fall verhin
dern.
Frau Emilie hingegen bereitete sich
im Stillen aus das Schrecklichste vor.
Sie war überzeugt, eine heillose
Wirthschast vorzusinden, denn ihre
Schwiegertochter sah nicht aus, als
ob sie sich viel um den Haushalt küm
merke.
Als sre nun ankamen, bereitete ej
ihr geradezu eine Genugthuung, sich
nicht getäuscht zu haben. Herrgott,
wenn sie doch hier hätte ausriiumen
können! Verstohlen wischte sie mit
dem Finger über einige Möbellanien
und lonsiatirte mit großer Beruhi
gung, daß untrügliche Siaubspuren
daran hafteien. Hier war sicher ei
nige Tage kein Staubtuch aus die
Möbel gekommen hochstens dort wo
Fer Schmug gar zu sehr ins Auges
iel j
Während die Unterhaltung sichs
mühsam hinschteppte, blickten Fraui
Emiliens Augen in allen Winkeln·
herum, und wenn es noch nicht ganz«
sest bei ihr gestanden hätte. den Haus
halt ihres Sohnes unter persönlicherl
Aussicht zu halten, heute hätte sie
sicher diesen Entschluß gefaßt. —
Ats Sden Andersen herübertant,
um Hellas Verwandte zu begrüßen,
war er von deren Anblick nicht weni
ger betroffen, als es Rasmussen und
seine Tochter gewesen waren. Wäh
rend er einige höstiche Worte hervor
stammelte, slog sein Blick zu Hella
hinüber und begegnete ihren Augen,
die bang und fragend in die seinen
trafen. »Was soll mein stolzer, herr
licher Schwan unter diesen häßlichen
Enten?« dachte er tummervoll« und
Hella schien diese Frage zu verstehen.
Sie wandte sich verwirrt ab
Bei Tisch wurde Ernst Bosneck et
was ausgetnöpster. Das Essen war
ausgezeichnet« Frau Liebentrut hatte
ihren Stolz darein gesehn die neuen
Verwandten ihrer Herrschaft von ih
rer Kochtunst zu überzeugen. Daß
sie deshalb heute einmal stüchtiger
Staub gewischt hatte als gewöhnlich,
nahm sie nicht so tragisch, da Besuche
sonst nicht mit den Fingern prüfend
iiber Möbeltanten zu fahren pflegten.
Sie hielt es siir wichtiger, sich recht
eingehend mit der Mahlzeit zu be
schästigen, und das Hausrnädchen
hatte auch mehr als sonst zu thun.
edensalls war also das Essen dor
ziiglich, selbst Emilie Boßneck mußte
das zugeben. Daß auch ein guter
Tropsen gereicht wurde. gesiel dem
alten Boßneet sehr. Er kostete mit
gespihtem schmahenden Lippen und
nickte recht beisiillig mit dem Kopf. .
Sven suchte ein Gespräch mit Ber
tha zu unterhalten. Es war eine
furchtbare Anstrengung. Mehr als
»ja« und «nein« und «bitte" und
«dante« brachte er nicht aus ihr her
«auj. .
Er gab schließlich den Versuch auf.
Der nächste Tag war hellas Pol
terabend. Nasmussen hatte zur Feier
desselben den größten Theil feiner
zBetannten geladen, da die Hochzeit
inur im engeren Kreise in einem Hotel
gefeiert werden sollte.
Frau Liebentrut hatte im großen
Speisezirnmer ein auserlesenes kaltes
Büsett ausgestellt zur Bewirthung der
Gäste.
Diese gehörten in der Mehrzahl
den Künstlertreisen an: Maler, Bild
hauer, Schauspieler und Schriftstel
ler, die mit ihren Damen eine heitere
Gesellschaft bildeten.
Es war manch aussallende Persön
lichkeit darunter, und der Ton, der
zwischen ihnen herrschte, war unge
zwungen. sogar ausgelassen fröhlich.
hier gab es keine engherzige Brüde
rie. Frisch und srei gaben sich diese
Menschen und verstanden einander.
Während Ernst Bosznecl mit prü
senden Blicken die hübschen Frauen
und Mädchen in ihren Toiletten be
trachtete, fuhr Manto und Tochter
Bodneck ein Schauder nach dem ande
ren iiber den Rücken. Goitlob, daß es
so etpas daheim nicht gab! Es war
ja hintmelschreiend, wie ungezwungen
diese Frauen hier loiettirten und rnit
den Männern wie mit ihreigleithen
verlehmnl Und ihre Schwiegertoch
ter mitten darin. scherzend und la
chend. mit glühenden Wangen und
strahlende-it Blick und —- schdn, sinn
verwirrend schsn
Franz Wer folgte wie trunken
rnit seinen Augen seiner Braut. heiß
und sengend hielt sein Blick sie seit in
anslodernder Leidenschast.
Morgen war sie sein, morgen wur
de er der Herr über ihre blühende.
prangende Schönheit! — Die Lichter
tanzten vor seinen Augen. und als
hellaigerade zu ihm mi, umfaßte er
mit jähem Druck ihr band elend
«hella —- Du bisi so ehdni —
Mr’ doch erst dieser Tag zu Ende!
Morgen bisi Du mein —- Inein.« sliis
sierteker ihr zu. und sein heißer All-ern
streifte ihren Nacken.
Sie guckte zusammen und erschau
W
i
!
s
—- che.-. -— --.-—
erte, als sei ein eisiger hanch iiber sie
hingefahren. Sein glühender Blick
erfchreckie sie, nud der leise Wändqu
der feinem Mund entströmte. verur
fachte ihr Widerwillen. Aber dann
warf sie den Kon zurück, als wollte
sie lästige Gedanken abwehren. und
nickte ihrn lächelnd zu. Sie wallte
fröhlich fein und sich nicht den lehten
Abend im Vaterhaufe durch Grillen
verderben.
Die Boßnecl'fchen Damen waren
natürlich fiir die heitere Gesellschaft
ein Gegenstand des Spottes-. Wäh
rend man Franz ganz reizend fand
und seinen Vater als echtes Modell
eines Fanns erklärte, fand man die
beiden Frauen entsetlich hausbaaen
und nüchtern. Man wunderte sich
ungemein, daß die schöne und schön
geistige Hella Rasmussen in solch eine
jaraßliche Banaulenfarnilie hineinhei- »
rathen wollte, aber man fand dieses
waschtchten Kleinftadttypen viel zu
ultig, ukn nicht ihre Anwesenheit rniij
Vergnügen zu genießen.
Viel zu früh fiir die spottlnsiige
Gesellschaft brachen die Kleinfiiidter
auf. Nur Franz blieb zurück nnd
entfernte sich erft mii dem letzten der
Gäste.
Als hella sich nach der Hochzeit
von ihrem Vater verabschiedete, er
faßte die junge Frau eine jähe. un
hezwingliche Angst vor der Zukunft.
Wie im Traum waren ihr die letz
ten Tage verflogen, sie war zu tei
nem Besinnen mehr gekommen, oder
hatte sich vielmehr dagegen gewehrt,
tlare Gedanten zu fassen.
Nun riß plöklieh der Schleier, der
ihren Blick verhüllt hatte. und eine
unertlärliche Angst ließ sie erbeben.
Mit zitternden Armen umklammern
sie seinen Hals und rief mit erbeben
der Stimme: Papa ·—-— lieber Papa,
tönnt' ich doch bei Dir bleiben!"
Jhm war das herz voll und
schwer, aber er zwang ein Lächeln in
sein Gesicht. Eind, das ifi der Lauf
der Welt. Das Weib soll Vater und
Mutter verlassen und dein Mann an
hangen. Du mußt Dich darein fü
gen. Sei tapfer und erschwere Dir
und mir den Abschied nicht«
Sie barg ihr Gesicht an feiner
Brust. »Wenn ich gewußt hätte, wie
schwer mir diese Trennung wird —
ich — ich wäre nicht von Dir gegan
gen. Ich fürchte mich vor der Zu
lunft. lieber Papa. Franzrns An
gehiirige sind so sonderbar zu. mir.««
Rasmussen strich ihr beruhigend die
beißen Wangen. Seine Augen sahen
iiher sie hinweg gramvoll ins Leere.
War esi recht von ihm gewesen, sein
Kind diesen Schritt thun zu lassen»
ohne es mit allen Mitteln davor zu
warnen? Wenn sie ihm gestern noch
gefagt hätte. was sie jetzt voll Seelen
angft aussprech, er hätte nichts un
versucht gelassen, diese Ehe zu ver
hindern. Aber nun war es zu spät·
Er konnte nichts mehr ändern. nur
trösten.
-. -- -« --«
Dcheindar ruhig san er tnr ins
Gesicht. »Kind, mach Dir das Herz
nicht schwer! Deine-Z Mannes Ange
hörige sind hier nicht am rechten
Plan. Sie geben sich sieis und ge
zwungen. Daheim werden sie schon
austhauerk Du hast ja Deinen
Mann zur Seite, er wird Dich ver
stehen. Und nun sei vernünftig.
Jede Frau wird ähnlich wie Du em
pfinden, wenn sie aus lieb geworde
nen Verhältnissen dem Manne in ei
nen fremden Kreis folgen soll. Das
wirst Du überwinden müssen, wie
tausend andere auch. Eines vergiß
nie: Was Dir das Leben auch bringen
mag, bleib Dir selbst treu. mein ge
liebtes Kind, und wenn Du lein Ver
siiindniß finden solltest in Deiner
neuen Umgebung, so verliere den
Muth nicht gleich. Sorge, daß Dein(
Mann Dir der Nächsie ist nnd —-—- bei J
mit findest Du schließlich immer?
Trost und Theilnahme siir alles, was
Dich bewegt —- ich bin jede Stunde
bereit, Dir zur Seite zu stehen«
Hella hob ihr thriinenbolles Gesicht
zu ihm aus und be · ng ihre math
lose Stimmung. ie lächelte. »Ich
bin ein dummes, thörichtes Geschöpf,
daß ich Dir zum Abschied noch das
herz schwer mache, lieber Papa. Ver
»gis;, was ich sagte. Jeder Wechsel
!schreckt. Man tauscht Gewisses gegen
iUmgewiisei ein und nicht immer hat
das Neue Reiz. Ei wird schon alles
gut gehen. Jch will versuchen, mir
die Liebe der Familie meines Man
nes zu erringen. und gelingt ei mir
nicht — nun, so werde ich ohne sie
sertig werden. Du bleibst mir ja,
auch wenn Du mir serne bist. Wie
lann ich da verzagen!«
Sie hielten sich la inni um
schlungen, dann riß he a los
und ging zu i ein Gatten, der var
der Thin des immers ans sie war
tete.
Die
itigiiste waren im Saal
des hotßægiirtickgebliebem nur Sven
wartete jun Uns-MI- um ihr Lebe
wohl zu sagen-- » ·
Its sie am Irm ihres Gatten zu
ihm trat, reichte sie ihm ihre kleine
bebende band zum Abschied-. Er
fühlte, daß sie talt war, talt wie die
Marmorhand, die er in seinem Utelier
tie
hc«2eben Sie wohl. lieber Spen.
Schiisen Sie Papa vor traurigen
Oedanlem wenn er allein ist. hel
sen Sie ihm die Trennung ertra
gen.«
Er vermochte nicht zu antworten,
seine hohe. trastvolle Gestalt, die im
Frack nicht sehr vortheilhaii aussah,
neigte sich vo- ihr. Seine zuckenden
Lippen berührten stumm ihre Hand.
Ein heißes Weh flammte auch in
ihrem herzen aus. Wie war es nur
möglich, daß sie ihren geliebten Vater
fund den treuen Freund ihrer Jugend
Everliesk um mit einem fremden Men
sschen vereint ein neues Dasein zu be
»ginnen.
» Fremd schien ihr mit einem Male
der Mann an ihrer Seite, der sie,
nachdem er sich flüchtig von Ander
sen verabschiedet hatte. fortzog, dem
Ausgang zu, wo der Wagen ihrer
harrte
Zögernd schritt sie neben ihm da
hin. An der Thiir wandte sie noch
einmal den Kopf, unt Sven einen
lesten Abschiedsbliet zu gönnen. Das
stockte ihr Fuß erschrocken einen Mo-?
ment, ihr war, ais habe Spenö hohe;
Gestalt geschwantt und aus feinem!
bleichen Gesicht starrten die Augen ins
qualvoller Verzweiflung nach ihr hin.j
War das nicht derselbe Blick, mitä
dem er sie an jenem Abend angese-?
hen hatte, als sie ihm ihre Verlobungs
vertiindetei »
Und da zerriß der Vorhang vor;
ihre Seele. Sie erkannte, was sie«
diesem Manne gewesen war, und ein»
heißer Schmerz durchzuckte sie.
Gortsetzung folgt.)
s
Jus seit-ten Haares-laste- see
selt.
Wollte man alle in den vielftöctigen ;
Speichern des Londoner Hafens un
tergebtachten Waarenbeftände auch
nur flüchtig besichtigen, so hätte man:
eine Woche hindurch von früh blss
spät zu thun. Etwa 20 Meilen Kat
länge müßte man abfchreiten undj
Speicher auf Speicher durch-F
wandern, ehe man behaupten dürfte,;
die unermeßlichen Schöne mit dem(
Blick gestreift zu haben. Auf einen;
Flächenraum von nahezu 2 Millionen
Quadratmeter find ungefähr 40 Mil
lionen Zentner Gitter aller Art ver
theilt.
So tolossal find die Mengen der
theils in Ballen, Gärten oder toten
hausen aufgefveicherten theils zum
Vertan ausgelegten Waaren, daß di
Augen vom vielen Schanen bald
schmerzen Man wird zuletzt abge-«
stampft, und ej macht tamn noch Cin
druet. wenn man die kostbarsten han- (
delsartitel tn Mengen vor flch sieht,l
von denen man bis dahin taum einen
Begriff hatte.
IULM ckzcn Ock fpclksamcli VAUZTE
sran bereitet es Kummer, wein sie das I
Mißgeschick hat, ein paar Löffel roll»
aromatischer Tbeeblätter aus die Dielej
zu verschütten. Und weiß sie, daß
der Fußboden sehr, sehr sauber ist, so
tann sie nicht umhin, die versehrt-rupf
ten Blätter behutsam auszusamrnelm
Was würde die ökonomische have-hal
terin da erst empfinden beim Anblick
von fast bis zurDecke reichenden Tbees
hiigeln aus dem gewiß nicht peinlichi
gescheiterten Speichersußboden Män- l
ner in derben »Rindsledernen« spaqies (
ren zwischen den wie Gartenerde aus- i
geschütteten Theebausen umher undi
vereinigen mit großen Holzschaufeln
den einen mit dem andern. um diese:
oder jene beliebte Mischung bersuftel-J
len. Jeder einzelne dieser Theebergez
enthält 100 bis 126 Zentner. s
Unmittelbar an die ausgedehntenf
Theelagerräume, Theebiichse der Na-:
tion genannt, stoßen bie mit Tributem
der gefiederten Welt angesiillten La-l
gersäle. Föchwanzfedern Flügel und
ganze Balge der mannigfaltigstem
Bogelartenaus allen Theilen derErde
sind hier rn barbarischer Ueberfiille
ausgestapelt. Da sieht man Tausendei
und Tausende zierlicher Kolibris mit
herrlichem Gefieder, viele kaum größer
als Schmetterlinge, schlanke Paradies
vägel von prächtigem Farbenspiel nnd
unzählige mehr oder minder seltene
äsgelbälge von wunderbarer Schän
·t.
» Die Straußfeder nimmt selbstver
ständlich den ersten Rang ein. Man
wandert von einem Raum in den ans
dern, alle sind mit breiten Bänlen
dicht bestellt und auf jeder Bank dir
toftharfien Federn hoch aufgeschichtet.
600 Zentner Straußfedern gelangen
bei jedem der periodisch abgehaltenen
Märkte zum Verkauf. Zu einem Pfund
gehören etwa 120 gute Federn. Es
gab eine eit. da 100 Bitt- St. 6600
im Groß ndel fiir ein Pfund gezahlt
wurden. Etext find die Preise sun
len, doch ngt ein Busch sJiSner
( lii lfedern —- eine groer Männer
au vermag un efähr ein Pfund zu
fassen — immer in noch 30 Ast-. St.
6150 tm Idol-zustande ein. Wenn sie
fiir den Detailvertauf fertig hergerich
tet nnd Mänselt sind, haben sie min
destens dreifache-i Wert
Die Nachfrage nach Reiher edern ist
tret aller Ugitationen gegen ihre Ver
wendung noch immer so groß, daß be
deutende Vorräkbe dieses Artikels auf
Lager ehalten werden müssen. So
lange chäne Frauen nicht daran glau
ben wollen dasss sie ungeschmlictt am
schänsken find, nnd die nicht schiinen
danach streben, so verfiihrerisch wie
nur möglich zu sein, wird die Reiher
A rette leider Gottes kaum von der
Bi läche verschwinden. Nach wie vor
werden die benagen-werthen Opfer
weiblicher Pnssucht der grausamsten
sskt der Tierquälerei ausgesest blei
ben. So loftbar sind die zarten,s daf
tigeu Schwanzfedern des Reihen, die
ihm bei lebendigem Leibe ausgerissen
werden, daß ein Biifchelchen davon,
wie man es zwischen Daumen und
Zeigefinger halten lann, einen Wert
von 850 redriifentirt.
Sehr interessant ift eine Besichtis
aung der Speicher-Wlungen, in
denen besonders weriboolle Güter aus
den britifchen Kolonien und dem
Orient, vor allem aus Oftindien un
tergebracht sind. Seidenftoffe, Teppi
che und fremdartige Stielereren werden
in solchen Mengen oorriitIYt ehalten,
baß der Uneingeweihte is aunend
fragt, wober man immer wieder diefe
ifabelhafte Schätze nimmt. Zu jeder
» Keil sind allein hier Werthe von H
Millionen san-. Se. (15—20 Millio
nen Dollars) zu finden, die vier- bis
fünfmal im Jahre verkauft und durch
neue ersetzt werden.
Durch einen langen Saal, in dem
der strenge Geruch des chinesischen
Rhabarbers wenig angenehme Kind
heitzerinnerungen weckt, kommen wir
zu einem kleinen, ängstlich behütetem
Gemach. Eine mertwiirdi , nicht ge
rade wohlriechende Luft chlägt uns
entgegen. Wir befinden uns im—
Parfiimlager und haben das fehr
fragwiirdige Vergnügen, die Bekannt
schaft mit den ganz unverfälschten
Rohftoffen zur derftellung kostbarer
Wohlgeriiche zu machen. Eine Blech
fchachieL die tauni ein Pfund Cates
halten könnte, wird geöffnet. Entsetzt
prallen wir zurück, denn ein wider
lieber Gestank, anders tann man es
nicht nennen, bringt uns einer Ohn
macht nabe. Das Schächtelchen ent
hält für vielleicht 8500 Mofchusbeus
reichen, sowie man sie dem Thier ent
nimmt. Eine ansehnliche Pyramide
folcher Blechdosen ist in einer Ecke des
Zimmers aufgebaut. Nabel-ei liegt ein
aroßerStapel eigenthiimlich geformter
mit Lederlappen verfchlofsener Hörner.
Eine der Rappen wird entfernt, und
wir fallen beinahe auf den Mitten. Der
nichtswürdige »Wohlgeruch«, der dem
wie mit trübe aussehenden Sirup ge
füllten Vorn entftrömt,riihrt von einer
zur Parfiimfabrilation unbedingt
nothwendian animalifchen Substanz
her, die von der afrilanifchen Zibet
lade geliefert wird. Aus einer hand
grofzen Blechtapsel nimmt derWächter
diefer feltfatnen Kostbarkeiten einen
fchmunigen Klumpen, den derLaie fiir
durchzu hohes Alter ungenießbar ge
wordenen Käse halten würde. Es iit
Amberario und ailtals das theuerfte
Rohmaterial zur Parfiimbereitung.
Es wird mit 20·--25Dollarö pro Unze
bezahlt. Ein Englander kaufte dor
einigen-Jahren in einem französischen
Badeort einem Fifcher filr 75 Francs
ein großes Stück Amberuris ab, das
der Mann nach einem Sturm an der
tiiisteziefunden hatte. Der ansehnli
che Klumpen fand seinen Weg in die
nationalen Waarensveirher, wurde in
viele tleine Stücke geschnitten und
brachte dem glücklichen Becher das
nette kleine Vermögen von 85000 ein.
Kein Engrookiiufer ersteht mehr als ein
Pfund dieser tostsvieligen Masse
Von vegetabilischen Rohvarfiimä er
regen die eigenartigen Flatons mit
Roseniil unsere Aufmerksamkeit Jede
der eine nette Kollektion vildenden run
den Zlafchen birgt fiir nahezu 8750
des tostlichsten Oels. Wie viele Mil
liarden von Rosenseelen werden da un
ter einem einzigen Flaschenstiivsel ge
fangengehaltent
Mit einem Gefühl der Erleichterung
lehren wir den so intensiv »duftenden«
Kostbarkeiten den Rücken und wenden
und einem anderen Theil desselben
Waarenfpeichers zu» der alle nach
London importirten Rauchergeniisse
in Gestalt von Zigarren, Zigoretten
usw« birgt. Etwa 150,000 Zentner
dieses Materials sind hier immer vor
riithig. Der zur heimischen Fabrika
tion bestimmte Rohtabat gelangt
nicht in den Speiche, sondern
lagert im Viktoria - Dock, wo
stets genug vorhanden ist, um das
ganze gewaltige Themsebabel mit ei
ner undurchdringlich dichten Wolke zu
;tiberziehen, ein Scherz, der das nied
Tliche Stimmchen von 45 Millionen
Dollars toften würde·
Jn einem der lotossalen Bock-Spei
cher wird uns das Elsenbeinlager ge
zeigt. Jn malerischertinordnung lie
gen da die werthvollen Stoßziihne von
mehr als 5000 Elefanten. Jeder
Dauer trägt eine Inschrift, die seinen
Ursprung angibt und dasSchiff nennt«
das ihn iiber das große Wasser brachte.
Eine kleine Ecke des schier Miit-erseh
boren Raumes repräsentirt einen
Werth von nahezu einerMillion Mk.
Außerdem findet man hier in der Re
gel auch einen Vorrath del sast unbe
zahlbaren Mammut - leenbetni, fer
ner Zähne des Nilvsexdes, Rhtnozeross
Dorn und ähnliche Dinge.
Jn einem oberen Stockwerk lagern
hunderte von Zentnern Spezereien,
Gewürze und Drogem
Nicht weit davon ist das Wollt-e
parternent. Unfaßbare Men en dieses
niihltehen Artikels haben w da vor
uns. Wenn man zwischen den riesigen.
hochan ftavelten Ballen, von denen
immer geht eine Tonne« (20 Zentner)
wiegen, hunderte von Schritten dahin
wandelt — eine Fläche von etwa
17,000 Om. wird von den Ballen
staveln bedeckt —- «dann«geht einem ein
Begriff auf von dem ungeheuren
Whuin der australischerd Kelonien
Großvritannteni.
Es ist etwas Selbstverstänle,
daf der N ldsfel nicht um Wappen
un erer Su ragetten ge rt
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