Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 03, 1908, Sweiter Theil., Image 13

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    Trente et Quarante.·
Novellette von Käte Linz.
Der alte Gras Westrup nimmt aus
der hand seines langjährigen Päch
ters und Freundes wiederum ein
brennendes Streichholz entgegen, um
einen lehten Versuch zu machen, seine
hollänber in Brand zu seyen. Es
gelingt ihm aber auch diesmal nur
vorübergehend
Der Amtsrath Pfennigdal, der
treue Beamte, ohne den sicherlich die
Gitter des Grasen genau so wenig
bringen würden, wie das dritte, dessen
Bewirthschastung er bis jetzt allein
leitete, machte fein bsissigstes Gesicht:
»Den Graf haben vom 1. April ab
dem Jungen, Jhr drittes Schmer
zenstind, Jhr Muhenbach verpachtet2«
»Das habe ich allerdings, denn ich
habe wirthschastlich großes Vertrauen
zu ihm. Er ist esundes, frisches
Uollblut — aber wir kennen ihn doch.
Die Kandarh Pseunigdal, die Kan
dare thut ihm manchmal noth.«
«Darum heirathet er ja eben, lieber
Gras!«
,,Lassen Sie doch die Wiyr. Wenn
er ein Mädchen von siinfundzwanzig
genommen hätte, wär’s mir recht ge
wesen, obschon ich ganz gut ohne die
Ehe ausgelommen bin. Aber achtzehn,
sagten Sie . . . achtzehn . . . ’s ist rein
zum tollwerden.«
»Sie sollten sie doch erst kennen ler
nen, bevor Sie Radau schlagen.«
»Ach was. Jeh lenne schon genug
von der Sorte. Ganz dünne Taille,
einen sorgsam toupirten Haarschopf
und ein zuckersiißes Lächeln, das im
Gange zu halten alljährlich ein paar
braune Lappen kostet· Trotzdem aber
von Kandare und ein bißchen Heler
als Gegendienst leine Rede.«
»Die Magda Neingarten ist gerade
das Gegentheil von allem, was Sie
da malen,'« sagt Pfennigdal nunmehr
ernstlich böse.
Der Graf knurrt etwas Unver
ständliches.
»sehr richtig, vereyrrer Gras
»Zum Kuckuck, es ist richtig. Als
Nummer eins wird die Dummheit mit
der Ehe ausgeheckt und hinterher so
sort die Eselei mit der Hochzeitsreise
. . . Ausgerechnet nach Monte Carlo
— ich denke, ich soll den Schlag trie
gen. als mir Jhre Frau das vorher
erzählt Alter Klutenpädder, sind
Sie denn ganz von Gott verlassen,
daß Sie das zugeben? Soll sich der
Junge in der insamen Spielhölle
durchaus unglücklich machen?«
»Hal» ich denn das Geringste über
meinen Einzigen zu bestimmen? Jm
iibrigen wollten Sie doch selbst, zwi
schen beendigtem Mistsahren und noch.
nicht begonnener Frühjahrsbestellung
nach Monte Carlo ——— oder hätte ich«
das bloß geträumt?« l
Der Gras wird verlegen. »
«Borliiusig ist die Geschichte noch!
ganz unbestimmt. Aber Jhr Fritz . . . ;
m. ich dächte! Und wenn ich schon
spiele, na, ich dächte . . .'«
If Il- sit
Die mächtige Fliesenstraße vor dem
Kasino in Monte Carlo, das mit sei
ner Domwöibung und seinen zierli-.
chen Thürmen hoheitsvoll über diel
Palmwedel hinaus auf das tiesblauei
Meer schaut, wandelt ein verliebte-H
Pärchen, eng aneinander geschmiegt
auf und nieder.
»Wie blau!« flüstert die junge
mädchenhaste Frau. »Sieh nur, Fritz,
der ganze Himmel liegt im Wasser
mit seiner Sonne und Wärme.«
Iris stimmt begeistert in die Be
wunderung seiner jungen Gattin ein.
»Ja, tiesblau, Magda·« ——— Sie
wandern stumm Seite an Seite wei
ter.
Eine tleine Pause gleitet durch das
Palmengeflüster. Das junge Ehepaar
PseunigdaL das hier trotz des Grasen
Westrups Schellen, der nicht mal zur
hochzeit erschienen war, die Fütter
wachen verleben will, sieht sich ernst
hast an.
»Mit . . .«
«Magda!«
Derselbe Wunsch in beiden Gesich
tern, aber auch sofortige Opposition
dagegen von der weiblichen Seite.
»Nein, Frisch wir wollen uns die
Geschichte erst lieber gar nicht anse
hen.«
»Aber, Kind, darin liegt doch nicht
die geringste Gesahr.«
»Ach, Du« beim Ansehen bleibt’s
dann ja doch nicht.«
«Wenn ich es Dir aber verspreche,
Magdal«
Sie überlegt einen Augenblick.
»Na, dann meinetwegen, FritzeU
Eine Viertelstunde später giebt der
Sicherheitsbeamte Iris Psennigdals
Paß und Mang Bisttentarte den
Eigenthümer-n mit einem beseiediglen
Blick aus ihre elegante Aussenseite,
unter gewöhrendem Kopsnicken zurück.
Sie sind damit in aller Form in den
cirele des etrangers aufgenommen.
Mit verhaltenem Atdem staunen sie
die msrchenhaste herrlichleit an.
- Sie durchqueren mit heißen Wan
gen den mittleren Saal und rasten
endlich an dem sür »Trente et Qua
rante«. seitens Hände sind siebrig.
»Wenn man es doch einmal ver
suchte, Ma da.«
.Older eint« —- Jhr Einwand
W
lltngt aber nur ganz schwach. Eine
Dame in grünem hut und Seiden
tleid aus längst verrauschter Saison
hat soeben sechsmal hintereinander
gewonnen. Sie ist außer sich vor
Freude und giebt dem Irnsten Mann
an ihrer Seite einen schallenden Kuß
Dann verlassen sie von dem Lächeln
der Nächststehenden begleitet, die
Stätte ihres Erfolges.
Ihre Blicke begegnen sich in bitten
der Frage
»Weißt Du, Magda, wir versuchen
es doch.«
Sie jauchzte Zustimmung
,,Vorausgesetzt, daß Du meine Vor
schläge annimlnst, Fritzel Du gehst
zum Roulette, ich bleibe hier« und das
Reisegeld wird getheilt in Verwah
rung genommen. Jetzt ist es 4 Uhr.
ums treffen wir uns an der zweiten
Säule im Vorsaal, willst Du?«
Fritz überreicht ihr gehorsam 600
Franks und verspricht ihr Pünttlich
leit. Dann trennen sie sich mit tur
Gern Händedruck —- —-— —- das erste
al in ihrer jungen Ehe.
Frau Mag-das junges Gesicht
strahlt vor Wonne. Seide rauscht um
sie her, Brillanten blitzen, Wangen
,gliihen, und sie schiebt heimlich eine
Band voll Gold nach der andern in
I
s
ihre Tasche. Gegenüber versolgt ein
magerer, todtenblasser Mensch ihre
Bewegungen mit starren Augen.
Magda schaudert zusammen· Sie
tvill zu ihm eilen und seine Hand mit
Gold füllen. Aber als sie sich müh
sam durch die Hintenslehenden ge
drängt het, ist er nicht mehr da. Der
Selbstmörderfriedhof an der Welt:
grenze des kleinen Staates ersteht vor
ihren Augen... Mit einem Schlage
wird sie lühl und ruhig Der Rau« ’
ist verflogen ein Gelübde glänzt ins
s ihren Augen. ,,Nach diesem wird fiel
s nie wieder ihr Glück am griinen Tisch»
l versuchen, beide nicht mehr «
L Als III qlllullsgkcsh ILUHT sic u' II ;
einer Marmorbanl an der oornehnien,j
großen Mittelthiir auf einen alten
them, dek ieisc vok sich hin schimpft
I »Der verdammte Sshstemvrofeffor
;neben mir ist schuld daran. Ich alter
; Esel ————· ich lönnt’ heulen -— —
Hheulen lönnt’ ich.« —
Magda beobachtet ihn amiisirt. Wer
’sein Ungliick so trägt, der stirbt we
nigstens nicht daran· ·
»Was sehn Sie mich so an, hn1——
haben wohl noch niemals außer mir
’nen Menschen aessehen —- hni?«
«Wenigfteiis leinen, dessen Gesichts
ausdrucl so zwischen Lustigieit und
Trauer schwankt wie der Jhre,« ant
wortet sie fchlagsertia. Der Kavalier
in ihm regt fich.
»Ach so —- Sie können Deutsch
verzeihen Sie.« Sie wird einen hellen
Tropfen auf feiner weißen Schnau
bartspisze ewabr. Eine Thriine. Also
geht ihm Verlust doch näher, als
es den Anschein hat. Jm Nu ist sie
ernsthaft Ihre eigene Glückseligkeit
wein-It tie förmlich zum Trocknen der
Thränen.
»wenn ich Ihnen helfen dürfte,«
sagt sie bittend, »ich thu’ esschrealicki
gern. So wie Sie habe ich mir mei
nen Vater dargestellt, auf den ich mich
gar nicht mehr besinnen konn. Er
lauben Sie es mir doch, bitte, bitte.«
————— Er sieht sie scharf an.
»Sie wissen aber doch gar nicht,
was ich fiir ein Mensch bin.« —
»Das thut nichts. Göiinen Sie
mir die Freude, ja?«
,,Hören Sie mal, Sie sind sehr ei
qenartig beanlaat, oder soielenSie mir
etwa ein bischen Komödie vor?«
»Nein,« sagte sie mit ihrem treuen,
ehrlichen Blick
»Na, dann meinetwegen Können
Sie 150Francs leihen? Hier ist meine
Karte, wiederirieaen thun Sieg be
stimmt. — Blos augenblicklich ist
alles bin.««
Er stohnt ein paar Mal tief auf.
»«Und vor morgen kann mein Banliei
inir nichts drahten.« —Mit stolzem
Lächeln reicht sie ihm —.:d sGeld ent
gegen.
Cis-mu- sSu sb» micki Ren Mund
halten«-« fragt er mißtranisch
»Hier ist meine hand, ich werde ge
aen Jedermann ichweigen,«' sagt sie
feierlich und steckt die noch nicht ange
sehene Karte in ihr Ziertäschchen
»Danie, nun noch Ihren Namen
nnd Ihre Adresse, damit die Sache in
Ordnung kommt-«
»Oh,« macht sie hastig, »ich bin noch
lange hier und wohne in der Van
»Verer-:tli am Meer«, aber wenn es
Jhnen angenehmer ist, ich heiße
Magda Pfenniqdal.«
Sie steht an der zweiten Säule des;
Voriaals und wundert sich abwech
felnd über das Ausbleiben ihres Gat
ten und den Zufall. Auf der erhalte
nen Karte steht ein Name, der ihr
längst nicht mehr unbekannt ist.
Egon, Gmf Wette-up, Ritter pp.
Als sie sich nahezu eine Stunde ge
wundert hat, kommt endlich ihr Fritz.
Sie wird beinah’ to blaß wie er selbst,
als sie ihn ansieht.
»Fritzel, um Gottestvillen was hast
Du denntsp —- »Die Luft war drin
nen unerträglich Ich will mich nur
hier ein bischen erholen, ich muß qleich
wieder hinein.«
Sie sieht den todthlassen Menschen
beim ,,Ttente et Quarente« wieder
vor sich. Ein schneller Entschluß ge
winnt in ihr Leben.
»Du hatt verloren, wieviel?« Er
stöhnt auf.
«Ulles! Du mußt mir noch ein vaar
Hundert Francs leihen.« — Sie senkt
das Gesicht auf die Hände und thut,
ais oh sie weint.
»Ich hab« auch verloren . .. 300«
Fraan . . . wir milssen abreiien . . .
sofort. Wie gut, dass wir das Billet
haben. Zu der hotelrechnung reicht’s.
Und sür 14 Tage in irgend einem
tleinen Nest der Heimath auch noch.
Das müssen wir nämlich, damit sie
uns zu Hause nicht auslachen.«
Muhenbach hat sich für die heim
lehr-enden sehr sein gemacht. Tannen
guirlanden mit rothen Papier-tosen
wehen im Wind und der Dorflehrer
singt mit der ersten Klasse ein Will
lommenslied Sie sind so lange iiber
diesen Empfang erstaunt, bis der
junge Volontär erzählt, daß der Gras
das alles so schriftlich angeordnet
habe. Frau Magda lächelt und flü
stert ihrem Fritz in’s Ohr:
»Du, jetzt stommt die zweite Ueber
raschung. Jch habe gar nichts verlo
ren. —- Ganze 5000 Francs Kriegs-»
deute bring« ich mit heim.« i
Er tann das Unglaubliche nicht so
schnell fassen.
»Ja welchem Zweck hast Du dann
aber die Komödie mit der schleimigenl
Abreise in Szene gesetzt?«
Da erzählte sie ibm von dem blas
sen, verzweselten Menschen, und daß»
man nicht wissen konnte, wie es ge-!
worden wäre, wenn sie die Sache nicht »
so gemacht hätte.
Das verstand Fritz vorläufig noch
nicht so ganz. Aber immerhin doch
viel besser, als den nachträglichen
Gratulationsbrief des Grasen West
ruv, dessen letzter Passus lautete:
»Jhre liebe Frau besuche ich näch
stens. Wir haben nämlich beide ein
kleines Geschäft mit einander abzu
wickelm das Sie gar nichts angeht.
Bestellen Sie heute nur nieinen hoch
achtungsvollen Gruß, daß ich von der
gerühmten »Trente et Quarante« ge
nug hätte und hinfort nur noch aus
die »achtzehn« schwöre.«
Die Erklärung dieser räthselhasten
Worte ist Fritz Pfennigdal erst ge
worden, als Graf Westrup ein Jahr
später seinen Erstgeborenen aus der
Taufe hob.
Das Veilchenparsitm.
Hunioreåke von Julius Knopf.
Vier Jahre bereits war Lina Mar
iens in dem Kommissiontzaeschäft des
Herrn Max Schröder thätig. Sie
führte außer der deutschen noch die
sranqösische und englische Korrespon
denz und hatte sich durch Fleiß und
Gewissenhaftigkeit das Vertrauen
ihres Cshefs erworben. Aber auch mit
seinem Wohlwollen beehrte er sie,
denn Lina war ein entziietendes Mäd
chen, schlank gewachsen, hübsch, von
frischer Gesichtsfarbe, gesälligen Ma
nieren und araziöser Haltung — und
Max Schröder war ein unverheira
theter Mann von viernnbdreißig
Jahren.
Zwar wollte er sich nicht einge
stehen, daß das hübsche Mädchen sei-:
neni Herzen näher stand, als es fiir
seine Seelenriche heilsam war, aber
just in den letzten Monaten war die
Flamme in ihm immer machtooller
emporaelodert. Gewaltsam suchte
Schröder seine Leidenschaft zu er
sticken, denn so stark die Schönheit
der jungen Dame auf ihn einwirtte,
so schwach war es um ihr Vermögen
bestellt· Sie stand mutterseelenallein
auf der Welt und ernährte sich von
dem, was sie mit ihrem Fleiß erwarb.
Und wenn Herr Schröder auch selbst
über ein schönes Kapital oerfiigte, so
konnte er sich, als guter Rechner, doch
nicht recht mit dein Gedanken befreun
den, ein Mädchen, das so gar keine
Mitaift besaß, heimzuführen
Herr Schröder beeilte sich auch gar
nicht, zu einem fest-en Entschlusse zu
tommen, die schöne Lina entweder
für’5 Leben an sich zu fesseln oder
zu verzichten, den-n er hatte ja das
Vergnügen, sie täglich von 9 Uhr
Morgens bis 6 Uhr Abends unter
Abzug der zwei Stunden Mittags
zeit, um sich zu sehen.
So wäre sdieser Dämnierzustand
vielleicht dauernd geworden, wenn ihn
nicht ein unbedeutendes. aber ihm
höchst wichtig erscheinen-des Ereigniß
Zug seiner Gemüthsruhe aufgescheucht
a e.
Seit einigen Monaten war ein
neuer junger Mann, Herr Richard
Felden, als Expedient bei ihm ein
getreten. Ein patentes Kerlchen, fesch
und sckmeidig und nach der neuesten
Mode gekleidet. Der Herr versah
wohl seine Arbeiten zu Schröderg
Zufrieden-heit, erregte aber trotzdem
fein stärksteö Mißfallen, denn er hatte
die Keckheit, sich geflissentlich un
Lina zu bemühen. Und das Unanges
nehmste —- sie schien seine Huldiaun
aen gerne entgegenzunehmem lachte
über seine Scherze und dankte fiir die
kleinen Handreichungen, die er ihr
ritterlich im Laufe des Tages erwies·
Die zehrende, bohrende Eifersucht
packte Herrn Schröder. Seine gute
Laune, die ihn all die Jahre bin-durch
nie verlassen hatte, war plötzlich da
vonaeflogen, aus dem freundlichen
Cbef wurde ein zäntiscber Nörgler.
Mit Erstaunen und mit Grauen be
mertte das Personal diesen Um
schwung. Sebpn begann es au gäbren
die Angestellten des Hauses Mut
Schritt-er steckten die Köpfe zusammen
zifchelten und titschelten und snrachen
von Solidarität und Kiindianna
Mir die unschuldiaplirlseberin aber
dieser Leiden, Lina Mariens, wollte
nichts davon hören.
Die Spannung batte einen beben
Grad erreicht, und in lani es dsnn
eines Tages zur Katastrophe. Das
W
war an dem Tage, da Lina in ihr
zwanzigsteö Lebensjahr eintrat.
Die Kollegen hatten ihr gratulirt
» und Blumen gestistet, ja Herr Felden
hatte sich sogar zu einem Flacon
jVeilchenOarsiim aufgeschwungen, das
sLina dankend annahm. Sie fand
jnichts Schlimmes daran, sich von
einem guten Kameraden eine kleine
Aufmerksamkeit erweisen zu lassen
und tut-sie sich flugs einige Tropfen
auf Kleid und Gesicht.
Von seinem Privatkontor ans war
Schröder ungesehen Zeuge diese5’
Vorsalls geworden. Er raste vors
Eifersucht sein klarer Verstand ver
ließ ihn, in seinem Kopf bohrte nur
immer der eine Gedanke: Sie ist eine
Kotette——ist eine Koiettel Hat sich
von einem jungen Mann Parfüm
schenken lassen.
l
l
Ohne sich von feinem Thun Rechen- s
schaft zu gehen, rief er plötzlich mit
scharfer Stimme: Fräulein Mar
tens!«
Das junge Mädchen trat mit
sreundlichemGesicht ins Privatkontor.
»Sie wünschen, Herr Schröder?«
»Er überlegte. Wenn er nur gewußt
hätte, was er wollte. Da fing seine
Nase einen scharfen Geruch aus Ach
j,a richtig — das verwünschte Par
füm!
»Wonach duften Sie denn so dene
trant?'« fragte er spitz.
,,Soeben hat mir Herr Mlden ein
Flacon zum Geburtstag verehrt; es
ist ein sehr seines Patfiim.«
»Daß sie sich über das Geschenk noch
zu steilen schien, raubte dem Chef den
lläglichen Rest an Besinnung. »Und
ich finde es sehr unfein,« zeterte er,
»daß Sie von einem Herrn Parfiim
als Ue schenk annehmen «
Fräulein Lina errdthete vor ,orn
»Herr Schröder, meine geschäftliche
Thätigkeit unterliegt Jshrer Kritik,
nicht aber mein Privatleben.«
»Richtig!« erwiderte Sci)röder.
»Wenn ich aber etwas Unschickliches
in Ihrem Privatleben bemerke, so
werden Sie mir schon gestatten mits
ien, Sie darauf aufmerksam zu mas
chen.«
Fräulein Lina’s Empfindlichteit
war in höchstem Grade verletzt. Jhr
ein unziemendes Wesen vorzuwerfenl
Sie hatte sich ihr ganzes Leben lang
untadelig geführt, und nun sprach
man so zu ihr! Das konnte sie sich
nicht bieten, durfte sie sich nicht gefal
len lassen! Jshre zarte Gestalt reckte
sich, die Augen funkelten, die Stimme
zitterte vor Zokn, als sie erwiderte:
Ihre Beleidigungen, Herr Schröder,
weise ich energisch zurück. Sie treffen
mich umso weniger, als ich mir nichts
vorzuwersen habe. Meine Lebensfüh
rung ist unantastbar, mein Ruf ist
mir heilig.«
»Nun, wenn er Ihnen so heilig is,
rief Schröder erbittert, ,,weshalb neh
mne Sie dann Parfsüm zum Ge
schenk?«
»Das Parftitm das mir ein lie
benswürdiger Kollege schenkt, hat
nichts mit meinem auten Namen zu
thunl«
»Seht viel hat’s damit zu thun,
mein Fräulein! Eine Dame, die von
einem fremden Herrn Geschenke ans
nimmt ——«
»Ach, das ist albern!« Verärgert
hatte sie ihn unterbrochen —- das
Wort war ihr über die Lippen geflo
gen. Nun war die Beleidigung ge
schelten
Herr Schröder war im ersten Au
genblick starr, dann besann er sich auf
seine Würde als Chef und sagte liihl
nnd gemessen: »Mein Fräulein, Sie
haben mich beschimpst —Sie sind ent
lassen. Auf der Stelle entlassen. Von
diesem Moment an sind wir geschie
dene Leute.«
«
kl.k ... ,»S-— !s.-.- LI«
’-cluu Wut txqu HUUULUUH Wu. aus
gen schimmerten feucht, aber sie biß
diesähne zusammen, sagte kein Wort
mehr, ging an ihr Pult, verabschie
dete sich von den erstaunten und theil
nehmenden Kollegen und verließ die
Stätte ihrer vierjährigen Thätigteit.
Ihr Gehalt bis zum fünfzehnten Mai
steckte sie ein, behielt sich aber alles
Weitere vor.
Dieses wichtige Ereigniß im Haufe
Max Schröder hatte sich am fünf
zehnten Tage des Wonnemondes zu
getragen. Doch dem jungen Chef war
durchaus nicht wonnevoll zu Muthe.
Er hatte gehofft, daß Fräulein Mar
iens reuig zurückkehren würde. und
dann wollte er ihr nicht nur huld
vollst verzeihen, sondern sich ihr auch
erklären und sie bitten, mit ihm ver
eint durch’s Leb-en zu gehen: aber
Lina war stsolz und halsstarrig —— sie
kam nicht. Und er, als Mann und
Prinzipal, er konnte doch nicht den
ersten Schritt thun und sie womöglich
noch um Entschuldigung bitten —- o
nein, das ging nicht, hätte ihn ein
fttr allemal um seine Autorität ge
bracht.
———--—-—-·—
Gleichmäßig pendelten die Tage
dahin; aber seltsam, während Herrn
Schröder früher die Zeit im Drange
der Geschäfte nur so dahinflog, ta
tnen ihm ietzt die Stunden öde und
langweilig vor, wollte der Zeiger der
Gefchäftsuhr gar nicht vom Fleäe
rücken.
Allmählich gestand er sichs immer
rückhaltloser ein, daß Lina ihm doch
sehr, sehr fehle, und schon erwoa er,
ihr eihnen reuigen Brief zu schreiben.
Da erhielt er eine Vorlasdung vor das
Gewerbegericht. Fräulein Lan Mar
tens verklagte ihn auf Zahlung des
Gehalts vom fünfzehnten Mai bis
zum ersten Juli. da sie die Entlas
sung ohne Jnnehaltung ver gesetz
W
lsmäßig-n Kündigungsfrist nicht für
- rechtmäßig hielt.
Max Schröder war empört. Das
hatteer nicht gedacht. »Sie lhatte ihn,
den Cshef,« beleidigt, hatte ihn albern
genannt — wsar es da nicht sein gutes
Recht, fre auf der Stelle zu entlassen?
Den Gerichtshof wollte er kennen ler
nen, der zu Gunsten dieser keckenDame
entscheiden würdet Na, da hörte ja
sdie Weltgeschichte aus! O,«er wollte
dem Gericht schon klar machen, wie
impertinent das Fräulein gegen ihn
aufgetreten! Geld her-auszahlen sollte
er ihr? Nein, Geld zugeben müßte sie
ihm noch für den Augen den sie ihm
bereitet, und die Sehnsucht, die
dumme, thörichte... Ach mast
Der Tag der Verhandlung war ge
kommen. Schrödek fühlte eine bestem
Inende Unruhe, die sich bis zur Un
sicherheit steigerte, nun er ihr vor dem
Gewerbeaericht acaeniiberstano. Lina
hatte nur ein einfaches schwarzes
Kleid angezogen, aber sie sah ent
zückend darin aus. Und als sie ihn
nun gar mit ihren großen blauen Au
gen anblictte—ein wenig wehmüthig,
wie ihm schien— , da wäre er ihr am
liebsten zu Füßen gefallen und hätte
ihr gesagt: »Lina, verzeihen Sie
mir!«
Aber das ging nicht gut an. Jn
Anbetracht der Würde des Gericht-J
wäre es ihm womöglich als grober
Unfug angerechnet worden.
Man trat in die Verhandlung ein
Lina wurde vom Vorsitzenden auf
gefordert, den Hergang zu erzählen
Sie that es erst stockend, dann mit;
fließendem Vortrag. s
Der Richter schüttelte den Kopr
Verwundert wandte er sich an «Schrö
der. »Sie haben der Dame einen Vor
wurf daraus gemacht, daß sie von
einem Kollegen eine Flasche Parfüm(
angenommen · hat ?«
»I- 8.2 ».!.k..l. txt-lass
»Ju, Iscll Ist-U UuD luujx see-Fut
arollte der Gesragte.
,,D(1riiber kann man verschiedener
Ansicht sein« sagte der Richter ab-!
weisend. ,,;5edensalls war es von Ih
nen nicht angemessen, die sung- Dame
darüber in solcher Weise zur Rede zu
ftellcn.«
»Aber es paßte mir nichts« platzte
Schröder heraus, »ich wollte nicht,«
daß sie Geschenke von einem Herrn
annimmt « «
Dem Richter tam das Gebahren
des Mannes immer sonderbarer »vor«
»Ja, mein UHerr« meinte er, »was
geht denn Sie das an! Sie sind doch
nur der Chef und nicht der Bräuti
aarn der Dame.« s
Herrn Schröder wurde schwitl zu
Muthe. Das fehlte auch noch, daß
Lan einen Bräutigam hatte! Aber
so leicht wollte er doch nicht klein bei
geben, erst dießes den letzten Trunin
ausspielen. »Ich bitte sehr « sprach er
mit wuchtiaer Stimme, ,aussch-lagge
bend ist schließlich nur das Faktnm,
die Beleidigung! Fräulein Martens
bat mir das qeschmackvolle Attribut
,,albern« an den Kon geworfenK
»Ich that es in der Erreguna,«
entschuldigte sich L-ina, »ich bedanke
lebhaft, daß ich mich hinreißen ließ «
»Na, sehen Sie, Herr Schröder,«
fiel derRichter vermittelnd ein, »die
Dame bat es nicht soböse gemeint.
Jch schlage Ihnen vor, sich mit ihr zu
einigen und gebe Ihnen eine Winkel
stunde Zeit.«
Die Parteien zogen sich zurück, nnd
Herr Schriider sprach lange und ein
dringlich auf Lina Mariens ein.
Als die Viertelstunde verflossen
war, traten die beiden wieder vor den
Richtertisch
»Nun, haben Sie sich geeinigt?«
fragte der Vorsißende
»Ja « erwiderte die Klägerin ,Jch
ziehe die Klaae zurück. «
Der Richter schnellte verblüfft von
seinem Stuhl empor »Was soll das
heißen?«
»Es soll heißen,« nahm stattLinas
Herr Schröder das Wort, ,,es soll
beißen, daß ich mich mit Fräulein
Mariens soeben verlobt habes«
Und anstatt das Urtheil zu fällen,
sprach der Gerichtshof seinen Glück
wunsch aus. »
W
Wurst wider Wurst.
Franz »Ihr Schatz ist ein gan
hiibschet Mensch, Käthi!«
Köchin: »Ja. j-,a gnii Frau-der
antidige Herr istaber auch net uliell
Aus der Schule.
»Wie viele Weise kennst Dir-«
-.Elf!«
»Und die wären?«
»Die sieben Weisen Griechenlands
die drei Weisen ans dem Morgen
lande, und Sie, Herr Lehreri«
Kleine-I Mißverständnis-.
Madame Czum siellesuchendeu
Dienstmädchen): »..Daß Sie isein
Verhältniß haben, daaeaen will ich
nichts sagen; die Hauptsache ist das
Sie ehrlich sind!«
Dienstmiidchem »Alle, Madain!'«
Zu früh.
» Jshre rathe Nase erweckt in
wir schwere Bedenken, ob ich stink
»2neine Tochter anvertrauen darf!'«
« »Herr Kominerzienrsath haben doch
selbst eine rothe Nase!«
,.Allerdings!.«J-ch habe sie aber
erst bekommen, als ichs machet
» konnte!««
Gutmüthig.
Bauer tzum andern): »Du,Sand
dauer, Hast’s gehört, der Miche! hat
Dich schon dreimal einen Ochsen ge
nannt, und das läßt Du Dir gefal
len?«
Sandbauer. »Ich merd’ mich doch
nicht mit dem rechthaberiichen Kerl
Z,erumsireiten!«
»Enfqnt terrihle«. «
Tsante: »Aber Karlchen, warum
schaust Du mich denn so anZ!'« ·
Karl: »Sage, Taute, aber inWahr
heit; gehörst Du auch dem schönen Ge
schlechte an?!«
Sehr wahr-. «
»Glauben Sie mir, die Weit ist«
nndankbar.«
»Das weiß ich am besten, was ich
auch immer schaffe, es wird nur mit
Füßen getreten!«
,So, was sinsd Sie denn?«s
,,Sch.uhinacher!« 15
Doppelte-i Unglück. -. ·
»Deine junge Frau soll ia eine
sehr eifrige Klavierspielerin sein?«
By »Gewiß, aber trotzdem läßt sie
sich doch nicht davon abhalten, seid-it
zu iochen.«
As Ia ja —— ein Ungliiki komm!
selten allein!«
Vater nnd Sohn.
»Warum nimmst di denn.alie2veil
so z’samrnen, SchorichL daß d' net
niit’m Geer tollidirft?"
»Ja, weißt, inei Vata sitzt schon
und all’ zwoa san ina net z entbeh
ren z Hat-BL«
Kein reiner That-.
Sie: »Es wird mir täglich klarer,
daß Du mich wegen meines Geldes
geheirrathet hast«
»Das sollte Dir eigentlich eine
Befriedigung sein«
Sie: ,,Gar auch noch, wieio benac«
Er: »Nun, weil Du jetzt einzieiehui
keginnst, daß ich doch kein fo großer
Dummtopf war, als Du damals q»
glaubt haben mußt "
Gerade passend
Vermietherim »Ich hätte wohl eilte
Stelle fiir Sie: ich mache Sie aber
daran aufmerifain, daß die Leut
sehr nervös sind. Se malt und er
tomvonirt.«
Köchin: »Bei trifft sich ja jut —ick
dichte.« «
—- ?
Alte Bekannte-.
Haber: »Jesseg·. Herr G’vaiier,ith
kriegen S’ schon die siebente Musik-»
Fürchten S’ Jchna denn-nich das
zehn na bei deni Trinken »was
Aschiehk?«
Kiral: »O na, habn S’ ta Sorg,
dög Bierl thut mir nix—dös terms
mi scho!«
Eine gute Partien
ÆL
Il: »dem Jote Frau denn such Aussteuer, als Sie heitathctcv?'
B.: »Fa. im brauchte ihr drei Wochen lang nichts zu taufen.«