Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 27, 1908, Sweiter Theil., Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Auf falschem Boden;
sinnst von H. Einkthsssahler.
« - - L
(8. FortseiungJ «
Er fah mit seinen schönen großen
Augen in ibr junges Gesicht Seine
verwachsene Gestalt versuchte sich zu
Men. «cuten Tag. Fräulein Linda j
Wollen Sie schon fort?«
Sie tschi- Scheut St- wisse-:
Wka nicht. wie anstrengend mein
Amt ist! Sie deuten natürlich, sol
ein bißchen stillstehen oder stilksitzen ist
gar nichts. Run, mir ist die Zeit reich
lich lang geworden. und wenn Herr
Judex-sen vom Arbeitsteusel gepackt
ist« dann beißt es aushalten und nichi
. getan-ist«
Er schritt neben ibr durch den Gar
ten; tun ibr das Tbor auszuschließen
Dann ging er langsam wieder durch
bea Garten zurück und betrat das
Itelier.
»Der-.- Undetien!«
»Was ist los Brösselt?«
llen eftmSie nun nicht erst ein
bischen essen«
»Es-riet Jch babe ietzt keine Zeit «
As geht doch gar nicht Seit
beut-M morgen haben Sie keinen Bis
sen zu sich genommen.«
»Ich habe keinen Hunger-«
Und ich habe so ein delikates
Mit siir Sie gebraten und fri
M Salot dazu angemacht Es
sind verderben, wenn es noch länger
Mi«
"«",·.Sie«sind ein Quälgeish Brösselt!«
""..Ei ist schon alles zurechtgestellt,
Indersen Sie brauchen sich
sent binznseten und zu essen. Jch «
feuchte inzwischen den Ton an. Siei
verlieren wirklich nicht viel Zeit. «
Sven trat lächelnd von seiner Ar- «
beit zurück. »Dann muß ich wohl
Wbem Sie lassen mir ja doch eher
keine Ruhe«
Brösselt strahlte vor Vergnügen«
Scrgsam hüllte er den Tonllurnven
in nasse Tücher nnd folgte dann sei
tmn Herrn, der sich oben bereits die
Hände gewaschen hatte und am Tische
ice ;
Brösselt fervierte flini und ge-Z
wandt und sah befriedigt zu, wie e
feinem Herrn schmeckte
»Uebermorgen kommt der Herr
Profeffor zurück Herr Anderfenk ?
»Dat er feine Ankunft fchon be
stimmt gemeldet2« z
»Ja, die Frau Liebentrut hat es
mir vorhin erzählt. Und der Bräu
tigam vom gnädigen Fräulein kommt «
auch mit, aber nur auf einen Tag·« !
Sven schob den Teller von sich
Sein Gesicht hatte fich verdüstert.
«Sind Sie schon satt, Herr An-«
derfens Sie haben ja kaum die Hälfte Z
Welle-IX l
»Das andere lassen Sie sich schme- j
Ten, Bröffelt.« d
l
««Jch habe doch schon gegessen-«
zDann machen Sie damit, was
Sie wollen«
Die leiten Worte sprach Sven un- I
uldig und rauh. Bröffelt fah ihn
rzt an und machte ein betrübtesä
Gesicht.
Das that Anderfen leid. Wasl
konnte der arme Kerl dafür daß ihm
der Gedanke an Boßnect die Stint-(
mung verdarb. »Ich kann es ja auch »
heut Abend lalt essen Bröffelt. Ma- 1
M Sie nur nichts gleich wieder so
u its-lichte ihnen-P (
foelt lächelte fchon wieder. »Es !
thut mir nur leid, daß es Jhnen nicht l
geschmeckt hat. Satt können Sie un-«
täglich sein«
den zog den Te er wieder heran
»Sie thrannisiren m ch ganz entschie
deu, Bröffelt Jhnen zu Gefallen
Miste ich mir noch einen Schmeerbauch
an, damit Sie ja nicht etwa denken,
es schmeckt mir nicht«
»Das hat wohl keine Gefahr, here
Uns-rieth Sie sind fa ein ranler,
Wer Herr und effeu gewiß nicht
in viel. Jch aber werde·«dick und fett
sei Ihnen. Schließlich bin ich eines
Tages fa gut ausgepokftert, daß man
gar nicht mehr merkt an welcher
M Stiefmutter Natur mich so
WITH Wchk hat-«
Ia lag in diefer Selbstverfpottung
seine Schärfe. Bröffelt war, seit er
sei Sven lebte mit feinem Gefchick fo
. .— daß er gar nicht daran
, sich felbft zu bemitleiden. Er
nur zuweilen iiber feinen
«".- im Inder-sen zu zei n, daß
»das nicht mehr wehe t. n
Wie-Du Menschen le
» satte- Etnpsiuden warmer Dank
»W. nnd es Var ihm Bedürfnis
« « « feines WM wenigstens indirekt
.
nach Berlin zurückgekehrt war. Das:
Leben schien ihm hier noch unerträg-i
lieber, hier, wo jeder Winkel, jeder
iGegenstand in irgend einer Beziehung
szu Hella stand.
k Schaute er in den schönen altenl
Garten hinaus, so schien ihm Hellas
lichte Gestalt entgegenzuschweben.
stand er vor seiner Arbeit, so glaubte
er ihre klare, volle Stimme zu hören,
wie sie mit ihm iiber sein Schaffen
sprach. Wenn er hinüberhlickte nach
Rasrnufsenö Wohnhauö, suchte sein
brennender Blick die Fenster ihres
Zimmers, als müßte jeden Augenblick
ihr goldblonder Kopf erscheinen. Und
so ging es ihm mit allem. Jmmer
unsaßbarer erschien es ihm, daß das
nun alles vorbei sein, daß diese holde
Lichtgestalt aus seinem Leben ver
schwinden sollte.
Raömussen hatte ihm geschrieben,
daß hellas ochzeit schon aus Ende
September se gesetzt war. Also nur
kurze Wochen tviirde sie ins Baterhaus
zurückkehren Wie sollte er es ertra
gen, ohne sie zu leben?
Nicht einmal seine Arbeit hals ihm,
seinen Gram , zu vergessen. Die
Freudigkeit des Schaffens-, das in
tensive Bersenten in seine Kunst war
ihm verloren gegangen. Der Kum
mer um Hellaö Verlust war noch zu
neu und zu schwer, um ihn bei der
Arbeit vergessen zu können· Wohl
shatte er sieh mit Feuereifer an ein
neues Wert gemacht und dir noth
wendigen Vorarbeiten hatten ihn we
nig zur Ruhe kommen lassen, aber
Vergessen hatte ihm das alles nicht
gebracht. Mit fest zusammengebisse
nen Zähnen trat er endlich vor den
feuchten Ton. nahm die Tücher herab
und begann zu arbeiten. —- —— —
- L
Imit seinem Schmerz gerungen, seit er
I
chl Lsgc Ipllcck Wclk Rasllillffcll «
mit Hella und ihrem Verlobten heim
gelehrt. Franz Boszneck sah sich mit
einiger Verwunderung im hause um.
Solch eine Einrichtung hatte er noch
nie zu sehen bekommen. Also so sah
es in einem Künstlerheim aus?
Dan die zahlreichen Gemälde und
Stulpturen einen bedeutenden Kunst
werth repräsentirten, war ihm voll
ständig unbekannt. Die originelle
und reizoolle Aussiattung der Räume
bezeichnete er still für sich als »ver
rückt«. Er wußte nicht, was er aus
der malerischen Stoffdeloration, dem
Herumliegen von Gegenständen, die
er kaum kannte, machen sollte. Je
denfalls sah es greulich unordentlich
aus. Man wußte nicht, wie man sich
in dieses Durcheinander finden sollte.
Er stellte sich vor mit welcher Behe
menz seine Mutter hier Ordnung
schaffen würde Dann konnte es
vielleicht hier ganz behaglich werden.
Die uralten Schriinte und Stühle, die
überall herum standen. konnten doch
wahrhaftig in den Ruhestand versekt
werden. Franz ahnte nicht, daß diese
»uralten Schranke und Stühle«
werthvolle alte Kunstwerke waren,
über deren Besitz Rasmussen sehr
glücklich war Es war doch sehr gut,
daß seine Mutter in seinem künftigen
Qaushalt für Aufrechterhaltung der
sOrdngng sorgen würde, dachte er be
jfkikvigr Hier führt-ersie- entschiede
tmbchsglich
Daß hellas Erscheinung erst in
dieser Umgebung den richtigen Rah
men erhielt, verstand er nicht, doch
war er verliebt genug, um sie auch
hier reizend und begehrenswerth zu
finden.
Als ihm Hella Frau Liebentrut
vorstellte und er dieser in seiner lie
benswürdigen Art ein paar freund
liche Worte sagte, war die alte Frau
ganz entzückt
»Wissen Sie, Fräulein Hellachem
was mich am meisten freut bei Jhrer
Berlohung?« sagte sie später zu dem
jungen Mädchen. als sie einen Mo
ment mit Hella allein war
«Was denn, Liebentrutchen?«
»Daß Sie aus dieser Puppen
wirthschaft herauskommen Jn so
’ner reichen Kaufmannzfamilie, da
kriegen Sie so etwas nicht zu sehen!«
Hella lachte. »Gutes Liehentruts
chen, ich werde mir deshalb in meinen
neuen haujhalt einige von den
.Stetnpuppen« mitnehmen-. Ich hin
doch nun mal daran gewühnt.«
»Na, wenigstens werden da nicht
immer wieder neue gemacht, wie hier
beim deren Professor und bei dem
Deren Inder-senk«
hella wurde ernst. « »Wie geht es
derrn Undersen, haben Sie ihn hän
fla flehe-IN — »
»Mir zwei- oder dreimal. Er neu
wohl wieder was arbeitet-, denn leg
W sein Ro
site-W
M durch denw
fett itzt tktktkty Y««Wiitsp »F
«M Sk- Eber es
III-mit- ANY-seit .««ttt7t-t
ts- kitt txtsttstt ttt tttt txt
l
1
s
tiiber geschickt Herr Anderfen hat
aber sagen lassen, er konnte unmög
lich abkornmenk
! »So — dann freilich— dann muß
er gar keine Zeit haben-«
I Hella ging wieder zu den beiden
Herren hinüber die sieh in Rast-rus
seni Atelier befanden Jhr Vater
zeigte seinem künftigen Schwieger
sohn, was er an eigenen Arbeiten
und Entwiirfen da hatte Ei war
nicht viel, nur Kopien und Gipsma
delle. Rasnrufsens Werte fanden
meist schnell Käufet und wurden
kaum fertig, fortgeschickt. Immerhin
hätte ein Kenner auch aus diesen
Vorarbeiten oder Ueberresten das hei
tere Genie des Meisters herausgefun
den.
Franz aber wußte nicht« was er
davon denten oder dazu sagen sollte.
Er stand gerade mit sehr gemifchten
Gefühlen vor einer entzückenden
Gruppe spielender Kinder. Sie war
dern Leben bis in die feinsten Pian
cen abgelauscht und verrieth einen
iiiftlichen humor. Wie die drei drol
ligen nackten Büblein in unbeholfe
ner, jubelnder Daseinöfreude durch
einander purzelten und mit den dicken
Fäustehen zugleich nach einein Ball
hafchten, das war herzerfrischend an
zufehen.
Hella trat neben Franz. »Das ift
nach meiner Ansicht das schönste. was
Papa gefchaffen hat. Die drei-Bu
ben sind meine ganz besonderen
Lieblinge. Finden Du sie nicht auch
wundervoll, lieber Franz?"
»Seht schön, ganz allerliebst!«
stimmte dieser zerstreut bei.
»Du hättest sie in Marmor ausge
führt fehen sollen. Jch habe wahr
haftig geweint» als die Gruppe fort
aebraeht wurde. Und denke nur nach
England sind diese Bürfchlein ge
tomrnen!"
»Man kriegten-P 1
Raömussen war ein zu fein empfin
dender Mensch, um nicht zu merken,
daß fein Schwiegersohn sich einen ge
wissen Zwang auflegtr. Es war ilnn
unangenehm, diesen ein Interesse
heucheln zu sehen. welches er nicht
empfand. Mit ruhiger Freundlich
keit führte er ihn hinaus in den Gar
ten und endete damit fein verständ
nißlofes Unhehagen.
Hella ging zwischen Franz und ih
retn Vater langsam im Garten auf
und ab. Verstablen fah sie nach
Spens Atelier hiniiber. Die weißen
Borhiinge an den beiden letten Fen
fiern waren zugezogen Das war
Soens Zeichen für sie, wenn ein Mo
dell zugegen«war. Dann ging sie nie
hinüber. Daß et auch heute daran
gedacht hattet —- Vielleicht laubte er.
daß sie mit Franz hinügertammef
würde. «
»Dies ift wohl das häuschem in
dem here Anderien fein Domizil auf
geschlagen hat?« fragte Franz, « nach
dem Gartenhauc hinüber zeigend.
«Jawohl,« anwortete Rai-aussen.
»Ich habe ihn zu Tisch herüber bit
ten lassen, aber mein junger Kollege
ift in eine neue Arbeit vertieft. Da
läßt ersich nicht losreißen Er bittet
um Entschuldigung und wird heute
Abend, ehe Sie, lieber Franz, abut
fen, noch ein Stündchen herübertom
men.«
sss - C· 's ».It,s—.s
»Ur lfl wpql fehl stutzig-« s
»Seht Uebrigens, liebe bekla, ich
erhielt vorhin von Professor Meh
nert, der ein Mitglied der Ansstel
lungsjury ist« die vertrauliche Mit
theilung, daß Sven für sein Wert
«Auf falfchem Boden« die große gol
dene Medaille sicher ift. Es muß
aber vorläufig noch unter uns blei
ben.«
hellas Gesicht war vor Freude jäh
erröthet. Mit einem langen, stillen;
Blick fah fie- nach dein Gartenhauss
hinüber. Dann fagte sie lächelnd-:l
.Dad wußte ich. Es tfi eine herr
liche Schöpfung von ihm. Schade,
Franz, daß Du nicht noch einen Tag
länger bleiben kannst. Du müßtefii
mit uns in die Ausstellung gehen und
ei Dir anfehen.«
»Damit ist leider nicht zu denken,
«Liebsie,·denn ich habe meine Anlunft
bereits angemeldet. Ich werde Deren
Anderfenö Wert vielleicht später ein
mal zu fehen bekommen«
«hoffentlich.«
Während sie plaudernd promeniri
ten, larn Bröffelt vom Eingang her
mit einein Körbchen arn Arm. Er
hatte für die Küche eingekauft. Mit
ehrerbietigem Gruß wollte er vorüber
fchliipfen.
Rosmuffen hielt sihn auf. »Ach
Bröffelt, ehrpuffelige hansfram lau
fen Sie nur nicht fo fchnell davon!
Wir hoben uns fo lange nicht gesehen.
Wie geht Mi«
Bröffelt lachte über das ganze Ge
sicht. »Ich danke, herr Professor, sehr
gut« "
«Das freut mich.«
»Was wird denn heute bei Ihnen
gekocht. Beweis-« fragte helle M
ehelnd.
«Lendenfchnihel und junges Ge
müfn gnädigei Fräuleins antwor
tete er stolz, und dann trat er einen
Schritt näher an P heran, legte kei
nen Finger wie zum militiirifchen
Sollst an die Schläfe und fagte be
»fcheiden: »Ich erlaube mir,
meinen Glückwunfeh »Du sagen zur
Beran gnädigei Fräulein«
Sie reichte ihm freundlich die
Ihr-un Dank-, nebe- kassecr und
nun lassen Sie sich nicht länger aus
halten, sonst wird das Mittagessen
nicht zur Zeit sertig." ,
»Ach, gnädiges Fräulein, das ist
nun toieder eine Noth seht. Eine
Mittagizeit giebt es wieder einmal
gar nicht. here Andersen vergißt
alles iiber der Arbeit. Wenn Sie«
doch so gut sein wollten und ihm ein
sbijchen zur-edeln das er ordentlich re
gelmäßig ist. Aus Sie hört er noch
am meisten.«
»Es ist gut, Brösselt, ich sage es
Han heute Abend. Bestellen Sie ei
nen herzlichen Gruß, und er soll nicht
zu spiit tornmen."
’ »Dann sehr, werde es ausrichten.«
Brösselt ging nun eilig dem häus
chen zu, und die drei begaben sich aus
die schattige Veranda, wo Frau Lie
bentrut einen meiß seroirt hatte.
Der lehte Tag des Zusammenseins
ging schnell genug zu Ende. Franz
liesz Hella laum noch aus den Ar
men. me graute ein wenig vor der
Heimlebr. Arn liebsten hätte er seine
Braut gleich mit sich genommen, um
sich an ibrern frischen Liebreiz schad
los zu halten siir die sicher sehr tiihle
Stimmung daheim.
Aber er tröstete sich schließlich da
mit, daß die Zeit bis zur Hochzeit
schnell vergeben würde. Dann sollte
ihn seine süße kleine Frau siit alles
entschädigen. —
Als spiit am Abend Soen herüber
tani, fand er das Brautpaar Hand
in Hand dicht aneinander geschmiegt
im Wobnzimmer sitzend, während
Nasmussen dabei war, einige Glaser
mit Wein zu stillen
Der Anblick, aus den er sich doch
schon den ganzen Tag vorbereitet
hatte, ließ Soen dennoch schmerzhaft
zusammenzuckem Er verrieth aber
k,— STA.
Ullcsg tut-Yes sctu Hure-Innerst- »wir
hatte er sich varaenonnnem sich hella
gegenüber zu beherrschen. Sie sollte
nichts merken« wie es um ihn stand.
Mochte es kosten, was es wollte. ihr
gegenüber mußte er sich unverändert
zeigen wie früher.
Mit freundlichen Worten begrüßte
er die Anwesenden und entschuldigte
sein späten Kommen mit dringender
Arbeit.
»Das wollen wir entschuldigen, lie
ber Spen, wenn Sie mir feierlich ge
loben. in sulunit Jbr Mittagessen
biinttlich einzunehmen,« sagte hella
lächelnd.
Er sab sie fragend an. »Mit Brös
selt mich schon wieder bei Jhnen der
llagt. hella?«
»Er bat mich gebeten, anen ins
Gewissen zu reden. Wenn Sie nun
beweisen wollen. daß ich anen etwas
gelte. müssen Sie daraus böten.«
»Wenn also befeblen Sie, daß ich
speisen soll?« fragte er lächelnd.
«Puntt zwei Ubr zu Mittag und
um neun Ubr zu Abend."
»Schön —- Sie sollen mit mir zu
frieden sein.«
Durch dieses Gespräch tam man
iiber das leise Unbebagen hinweg,
und die Stimmung wurde gleich tu
Anfang scheinbar sehr heiter. Als
Franz dann ausbrechen mußte. um
seinen Zug zu erreichen. begleiteten
ibn alle drei zum Babnbof.
Dann fuhren sie miteinander wie
der nach hause und es war alles wie
früher. Sden glaubte manchmal, ein
schwerer Traum äfse seine Sinne und
spute ihm vor, daß bella die Braut
eines anderen sei. Nichts erinnerte
ihn daran — nur sein eigenes, zucken
des herz, das nicht zur Ruhe tommen
wollte.
10. Kapitel
Iraziz Baßneck wurde im Eltern
bause nicht nur liibl,-sondern gerade
.zu eisig ausgenommen Sein Vater»
zbeschräntte den Vertebr mit ibm aqu
die notwendigen geschäftlichen Be-;
sprechungen, von seiner Verlobung er- :
wähnte er tein Wort. Einen Glück-DE
wunsch erhielt er weder von ihm, noch
von-Mutter und Schwester.
Die Mutter ging still mit dor
tvurfsnocen Mienen um ihn herunt,
Sie sorgte zwar gewissenbast stir sein
leibliches Wohl« sprach aber auch nur
wenige tiible Worte mit ihm.
« Vertba dagegen tonnte sich nicht
W, in seiner Gegenwart recht
oft die «arene Elsa« Zu erwähnen,
trat ihr von seiner Seite nicht gerade
mit dgkrnszer Liebenetpiirdigteit gelobnt
wttk .
So war vie Stimmung maer we-«
niger als gemiitblich, und da hellae
Persönlichkeit keinen direkten Zauber
mebr aus ihn ausüben tonnte. war er
nabe daran, seine rasche Verlobung
zu bereuen. Trohdem febnte er sich
anderseits wieder danach, mit ihr
vereinigt zu sein. Er hatte doch dann
wenigstens jemand, der ihn liebevoll
behandeltr.
Mit der Zeit wurde es übrigens
besser. Die totale Ungnade verwan
delte sich in resignirte Duldung nnd
rnit Ausgebot seiner ganzen Lieben-H
wiirdigteit brachte Franz seine Mut
ter dahin. hella einige steunbliche
Worte zu schreiben.
Als dann eines Tages - Hellas
Photographie eintraf und Franz die
selbe seinen Eltern 3eigte, umspielte
die Lippen seines Vaters ein kanni
sches Lächeln. »Das glaube ich, daß
Dir die den Kopf verdreht hat," sagte
er mit einem unnachahmlichen Aus
Kurz nat ist-Mi
xkx
»Es-gen Sie, Herr Professor, beim Essen bekomme ich jedesmal
furchterliches Magendrücken. «
»Hm, dann lassen Sie doch das Essen ganz sein.«
druck. »Aber halte sie kurz, das rathe!
ich Dik.« i
» Frau Emilie Boßneck iratnte undl
jwirthschastete jeden Tag in der zu-l
Itiinttigen Wohnung des junan
Paares herum, und Franz mußte Eis-(
ters mit hinaustommen, um zu erklä
ren, ob ihm alles recht sei, wie sie es
einrichtete.
»Mir ist alles recht, wie Du es fiir
gut findest, Mutter. Ordne alles
ganz nach Deinem Belieben.« sagte
er.
»Nein ——— nein, Du sollst Dir alles
ansehen, ob es so gut ist, damit
Deine Frau später nicht sagt, es sei
nach meinem Läg gegangen und ge
falle ihr nicht· s Du haben willst,
muß ihr ja recht sein-"
»Sie wird Dir sicher danken. daß
Du alles so schön einrichtest, Mut
ter." «
»Das wollen wir abwarten. Dasl
Ei will manchmal tliiger sein als die1
Henne.« ;
»Das brauchst Du wirklich nicht zu»
befürchten. Meine Braut ist stigsarn
und liehenswiirdig.« »
Hier lachte Ernst Boßneck. der«
Zeuge des Gespräch- toar, höhnisch;
aus. »Bist der Hoch-seit find sie das:
alle. Baue nicht zu fest aus diese lie-j
benswiirdige Fügsatnteit. denn esj
könnte Komödie sein.« «
Solche Szenen wiederholten sich!
noch ost. Franz wurde schließlich
ganz nerviis und verwünschte sich und
seinen »Leichtsinn« tausendmal. Nur
wenn Hean Briese eintrasen, wurde
ihm wieder warm ums herz, und ihre
lieben Worte zauderten die ganze
holde Erscheinung vor sein geistigesi
Auge. l
« Das Verhältniss seiner Familie zu
Alleseldö war erst sehr gespsnut ge-.
i wesen. aber die «liebe Elsa« tam ei
Jnes Tages. ganz unerwartet zur »lie
« Tante Boßnect". Da Franz ge
ra zugegen war, wurde auch ihm
eine verzeihende Begriiszung zu theil,
und aus ihren Augen tras ihn ein so«
wehmüthig entsagender Blick, daß er.
ganz gerührt war.
Gar so gräßlich. wie er geglaubt,
war diese junge Dame ja gar nicht.
Und da sie ihn schwärmerisch an
schmachtete und seine Eitelkeit sich da
durch sehr geschmetchelt fühlte, sand
er sie schließlich sogar »ganz nett«.
Wer weiß. wenn er sich nicht qniit
hella verloht hätte, vielleicht wäre er·
mit dieser Elsa ganz gut ausgetrun
men.
Gortsehung solgt.)
» Zeit itt es elungen« auch hier info
Zur its-ff Im vers Heere-geses
Von tr. s. Uns-rieth
Seit Jahrtausenden itht das Meer
seine zerstörende Wirkung an den
Küsten anz, und außerordentlich weit
gehend sind die Veränderungen, die es
oft im Laufe verhältnismäßig turzer
Zeit an ihnen hervorbringt. Man
lann fich hiervon einen Begriff ma.
chen, wenn man bedentt, daß die
Nordsee an der Küste von Yortshirr
jährlich etwa zwei Millionen Tonnen
Landes weglpiilt. Noch beträchtlicher
sind die Mänderungem die sich an der
holländischen und friefifchen Küste-stu
diren lassen. Zu Zeiten der Römer
war die Zuiderfee noch durch Land
vom Meere abgeschlossen, und die der
Küste vorgelagerten Inseln hingen
noch vielfach mit dem Lande zusam
men. Jahrhunderte hindurch war der
Menfch machtlos im Kampfe g en
die userzerftiirende Gewalt der o
gen. Die Dämme, Schuhbauten unt
Ufrrhrfestigungen, die er aufführte.
wurden meist beiSturmfluthen unt
bei stärkerem Wellengang ohne wei
teres weggeiptilt. ·
Erft feit verhältnismäßig turfei
ge
r Vervo tonnnnung der Technit
grö ere Erfolge zu erzielen. Nhei
; ou bis jeht waren die Mittel, di(
man anwandte, noch in vielfachei
: Umsicht-unvollkommen und erft vo
Kurzem ist ei aelunaen, vollständi
befriedigende Ergebnisse mittels eine-«
neuen Verfahrens zu erzielen, dat
jetzt in ausgedehntem Maßstabe or
der holländischen Miste Anwendunq
.findet. Die dort befindlichen Schuh
bauten bestanden aus großen, mit
semenirniirtel zufammengesiigien Ba
salt- und Graniiblöaem Auch sie
wurden mit der Zeit unierspiilt. Das
Meer holte den Sand unter ihnen weg,
und sobald auf diese Weise erft einmal
ihre Unterlage gelockert war, waren sie
dem Verderben preisgegeben Das
neue Verfahren zur Herstellung von
Schutzbautem dessen Erfinder der n
gcnieur Robert de Muralt in Zieri see
ist« beruht auf der Berwendun von
Eisenbeton. Es werden damit and
befeftigungen hergestellt« die den Zweck
haben, den Anprall der Wogen vom
Lande abzuhalten und das Weg
schwemmen von Sand nicht nur zu
verhüten, sondern ineGeaentheil feine
Anlagerung zu begünstigen.
Die Arbeiten müssen naturgemäß
während der Zeit der Ebbe vorgenom
men werden« und es wird während
derselben zunächst das Gestade, das ge
schiist werden kann, geebnet. Die
Richtung des Damms wird durch ein
getriebene Pfähle festgelegt. die in zwei
parallelen Reihen ziemlich nahe anein
acderftehem Zwischen die Pfähle
kommen Eifenplalten und Eifenadfälle,
die infolge ihrer Schwere den Grund
zusammenprefsen und so das locker-e
Geiiige des Sandeg zu einem festeren
gestalten. Diese Eisenfchicht dient zu
gleich als Unterlage für den Beton
Uns den aus diefem hergestellten Dam
me die richtige Form zu geben, werden
hölzerne Rahmen, die dem Quetlchniis
des Dammes entsprechen, in kurzen
Intervallen angebracht, so daß durch
sie einzelne Kammern abgetheili wer
den.
·- - - . h I- L -
« weise durch
T dem-Meer zugeleitet, theilweise mittels
’ riesiger Pumpwerie in dieses ausge
’ pumvt werden. Die Gesammtdaner
Ulk Illlillcllclll loclucll Ulllill Ullclls
Hineinschiitten von Beton ausgesiillt.
wobei, um ein seitliches Herausgleiten
desselben zu verhindern, Drahtnetze -
spannt sind. Das Einfüllen des se
-tons geschieht mit Hilfe von Schubtar
ren, und er wird dann sogleich sestges
stampft« Das Meerwasser bewirtt sein
Binden und Gehörten Der Beton be
steht aus einem Gemenge von drei
Theilen Portiondzement, siinfTheilen
groben Sand, acht Theilen seinerem
Kies nnd einem halben TheiiTraßze
ment. Die außerdem verwendeten gro
ßen Steinblöae sind Blöde vom zer
störten alten Damm, die seitwärts an
gelagert werden, und zwischen deren
Fwischenräumen sich Sand anlagern
. oll, so daß von hier aus ein Anwach
;sen des Landes anstatt des bisherigen
lngslllwemnrenc stattsindet. Nach
dem der Beton in den Kammern ober
slöchlich sestgestampst ist, sindet noch
einmal ein nachträgliches Feststampsen
mittels schwerer Rammen statt. Man
beginnt mit dem Aussüllen der dem
Lande zunächst gelegenen Kammern
und schreitet von hier oui gegen das
Meer. vorwärts. Jede ausgesällte
Kammer wird mit einem abnehmba
ren hölzernen Schusgehänse bedeckt.
das bei schlechtem Wetter mindestens
48 Stunden liegen bleibt; so lange
dauert es nämlich, bis der Beton voll
ständig erhärtet ist. Sobald er die
nötige hätte erreicht hat, wird das
Schuhgebäuse abgenommen und der
Damm ist sertig.
Jst die See ruhig, so tann das
Schuhgehäuse in 20 Minuten abge
nommen werden, so daß der Beton srei
liegt, wodurch er noch rascher erhärtet.
Man hosst, durch diese Art Schuhbaus
ten, sowie durchUserbesestigungen ganz
beträchtliche Mengen Landes zu gewin
nen.
Jeht beginnt man mit der Trockens
legun des suiderseeij und zwar in
der eise. daß zunächst zwei Dämme
ausgeführt werden« die den See voll
« kommen gegen die Rordsee abschließen.
Die Länge dieser Dämme, zu deren
gerstellung das vorstehend beschriebene
ersahren theilweieAnwendnng sin
det, wird sich ans Meilen, ihre höhe
aus etwa 20 Fuss belausen. Nach ih
rer Vollendung beginnt die eigentliche
Trockenlegunck wobei dieWassertheils
en System von Graben
der hierbei zu leistenden Arbeit ist ans
nicht weniger als 32 Jahre veran
schlagt; die Kosten werden über 72
Millionen Dollars betragen. Diese
Summe verschlingt allein der W
ichs Theil der Arbeit.