Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 27, 1908, Sweiter Theil., Image 13

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    Chopin’5 Bsmoll Nocmrno.
Eine abenieuerliehe Geschichte von
H. E t tr i ek.
»Mir Eauipagr wartet aus Sie,
metXaOerrP
» nie, ich brauche sie nicht. Ich
wer-de zu Fuß geben«
Mit diesen Worten hiillte ich mich
dichter in meinen warmen elzmantel
und schritt in dir herrliche andnacht
hinan-. Ein Spaziergang durch
Paris, dachte ich, wiirde mein fieber
heißes Blut abtstthlen nnd meine auf
geregten Nerven beruhigen. »
In meinem Innern ertönten fort
nnd sort Melodien, nnd-mir war es,
ais schwer-n ich, ais dann sich die
Luft unter nieinen·t’fiißen zusammen,
um mich in höhere Regionen zu tra
gen
Jch hatte aber auch wirklich alle
Ursache, in Wonne zu schweige-il War
doch mein langjähriaes. unablässiges
Streben, die Entdehrungen, an denen
meine physische Widerstandstraft bei
nahe zu Grunde ging, nun endlich
von Ersolg getriintl Vor kurzem noch
ein unbekannter, halbverhungerter,
hettelarmer Schüler des Leipziqer
Konlewatoriumä, hatte ich in But-a
pest und Berlin unbestreitbare Tri
umphe seiert und endlich gestern
Abend cis im Sturm genommen.
Jeht stand mir die Welt ofseni
Als ich, mit diesen glückseligen Ge
danken beiihäftigt, an der Magd-ate
nentirche vorbeigetommen war u.das
Straßenladnrinth durchauerte, merkte
ich, daß mir jemand solate und all
mählich näher kam, wandte mich je
dpar erft um. als er mich beinahe ein
geholt hatte.
Eichen Sie aber schnell, Herr Pe
trowittchk Ich verließ das Chatelet
theatet wenige Minuten nach Ihnen
und habe meine Pedale gewaltia an
ttrengen müssen« um Sie einzuholen.
Aber, ich sehe, Sie ertennen mich
nicht, nnd das nimmt mich nicht
Wunden Nur weniae von den vielen,
die eine Berühmtheit kennen, ac
nießen den Vorzug, auch von ihr ar
kannt zu werden· Ich habe Theil ge
nommen an dem Ihnen zu Ehren ge
gebenen Souper nnd bin nnr ein be
fcheidener Trabant des Genies.«
»Sie sind sehr liebenswürdig-A er
widerte ich etwas kühl, während ich
meinen ungebetenen Begleiter mit
scharfen Blicken musterte.
.S-ie wohnen in deare des Sevt
C-dienk. nickt wahr-" fragte der lin
bekannte.
»Einem Inr geringsten: zem wonne in
demselben Siadtviertel zvie Zie.
Kommen Sie, wir wollen in die
schmale Gasse dort einbiegen, die kiirzrt
uns beiden den Weg um ein gutes
Stück ab. Ja, ja," setzte erfcherzend
Anzu, als ich etwas zögerte, »ich
ienne Paris besser als-Sie, ich bitt
nämlich auf den Boulevards geboren
und groß aetoorden."
Während er so aemiitblich plan
dette, langten wir in dem von den-.
Unbeiannten bezeichneten Gäßchen
an; aber was nun folgte, kann ich
nicht genau beschreiben. Ich vernahm
plötzlich rasche Schritte uno eisriges
Iliiiternx dann wurden meine Arme
von kräftigen Fäusten gepackt nno ein
diekeS Tuch über meinen Kopf gewor
fen, dae mein Hilieaeichrei erstickte.
Ich glaubte einen Augenblick, wäh
rend ich am Boden lag, mein Beglei
ter nnd ich seien Spitzbrtben in die
Hände gefallen, bemerkte aber alsbald
zu meiner Vertounderuna, daß sich
niemand an meinen Taschen verariii.
Statt dessen wurde ich von der Erde
emporgehoben und in einen Warten
»Mit. den meine Anareifer offenbar
in Vereitichast gehalten hatten.
Die Fahrt vollzoa fich, ohne daß
ein Wort aesprocben wurde, nnd kam
mir unendlich lang vor. Endlich aab
ed einen so plötzlichen Nin-, so start,
daß das Pferd heftia zuriiafubr und
sich biiumte. Der Wagen hielt an;
ich wurde schnell und lautlos von
meinem-Sitz aeboben nnd in ein Haus
getragen, dessen Tbür sich-hinter mir
schloß
Hieranf führte tnsan mich einen-Kors
ridor»entlang und in ein Zimmer in
dem eine angenehme Wärme herrschte.
Dann wurde der schwarze Mantel
entfernt, der meinen Kopf utnshiilltr.
und arelles Licht blendete meine An
gen, bis ich endlich wieder meiner
Sinne tnächtia zoar nnd mich um
schauen tonnte.
Ich sah nnaeiäbr zwei Dutzend
Mutter, die in feierlichem Schweigen
ntn einen großen Konzertfliiael saßen.
Aus dem Rotenitänder befand sich zu
meiner Verwunderung eine-) meiner
Programme. Ein zweiter Blick liber
zeuate mich, daß ich es hier nicht mit
geföbnlichenMusikiiebbabern zu thun
ha te.
An was iiie einen Ort hatte man
mich gebracht? Während ich mir aufs
neue diese Frage verlegte, fiel mein
Blick auf jemand, den ich bisher noch
nicht gesehen hatte, obgleich seine Er
scheinung sich von den anderen Anwe
senden auffällig unterschied
Der Stuhl, aus deiner laß. stand
ein paar Meter hinter dem Klavier
und den Zuhötern, die dasselbe um
n. Die Lampen, die auf die un
itnlichen Gesichter ein io geelles
icht warfen, ließen den hinteren
Ml bei Zimmers oerhiilinißtniißia
dunkel. Aber ich sah dennoch, baß
der Stuhl aus einem matt glänzen
den Metall zu sein schien und aus
zwei Olalgtåfä Handmä BE Manin
Var an n u en m .
Beweis aedtwdem die ihm die
geringste Bewegung unmöglich« mach
ten. Auf dem Kopf trug er eine
metallene Kappe, die durch einen
Draht mit der Decke des Zimmers
in Verbindung stand. Er« sah leichen
blaß aus und gab tein Lebenszeichen
von sich, außer daß seine schwarzen,
flackernden Augen wie in Todesangst
allen meinen Bewegungen folgten.
Die Zuhiirer saßen so, daß sie dem
geheimnißvollen Stuhl und dessen Jn
fafsen den Rücken zuwandten; nur der
am Klavier saß, konnte ihm ins Ge
sicht sehen.
Während ich noch, starr vor Stau
nen und Grauen, überlegte, was das
Ganze zu bedeuten habe, erhob sich
einer der Männer, die dem Flügel zu
nächst saßen, und trat mit ausge
streckier Hand auf mich zu:
»Wir wollten Sie ersuchen, auf die
sem Klavier —- es ist iein mittelmäßi
ges Instrument, wie Sie sich leicht
überzeugen können —- drei von den
Musikstücken zu spielen, die Sie ge
stern Abend im Chatelettheater vorge
tragen haben.«
Die Worte schienen eher ein Be
fehl als eine Bitte zu sein« und ich
hielt es für gerathen mich ohne weite
res zu fügen. Jch verneigte mich also
vor meinem eigenthümlichen Publi
ium und fette mich ans Klavier.
Aber natürlich spielte ich nicht mit
Luft und Begeifterung wie sonst.
Als ich das zweite Stückbeganm
hätte ich schwören können, daß sich
den Lippen des Gefangenen ein dum
pfer Schrei entrang wie eine Bitte um
Gnade; feine Züge arbeiteten kampf
haft, und die Finger feiner gefesselten
Hände bewegten sich. Angesichts die
ses Schreckbildes dersagte endlich die
geringe Nerventrast, die mir nach den
Strapazen der Nacht geblieben war;
ich ließ die Hände von den Tasten glei
ten und wandte mich seitwärts an den
Vorfihendem
»Ich kann nicht weiter!«
»Sie müssen spielen! Sie müssen
Jhren Vortrag zu Ende bringen!"
sagte er und sah mich mich drohenden
Augen an. .
«
.-« Ix k—« ji«-- —«."L :-t- »J
,,:ocu·« eu- uuv equ-, suukz ru, wu
sen, wag dies absonderliche Konzert
bedeuten foll· Warum hat man den
Mann da an seinen Stuhl gefesselt?
Warum verfolgt er alle meine Be
wegungen mit ossenbarer Todes
angst? Warum sitzen die Herren so
stumm und regungslos da? Jch will
und muß wissen, was hier Absonder
liches und Ungeheuerliches vorgeht!«
»Gut, ich will Jhre Neugierde be
friedigen«, antwortete der Vorsihende.
»Der Mann, den Sie dort an seinen
Stuhl gebunden sehen, soll binnen
wenigen Minuten den Tod erleiden,
und zwar durch Jhre hand, Herr
Petrowitfch Bieiben Sie sitzen,'«
fuhr er fort, denn ich war entsth von
meinem Stuhl aufgesahren. »Alle-Es
Sträuben tann Ihnen nichts helfen.
Der Mann da ist, weil er sich gegen
unsere Gesetze vergangen hat, von uns
zum Tode verurtheilt worden« und
Sie werden, ob Sie wollen« oder nicht,
mit eigener Hand das Urtheil an Im
vollstrecten.
Wir alle, die Sie hier in diesem
Zimmer sehen, sind nämlich Mitglie
der einer mächtigen iiber die ganze
Erde verbreiteten Gesellschaft, die
sich die Abschaffung aller sozialen
Mißbrauche zum Ziel gesetzt hat.
Laut unteren Gesetzen nun verwirlt
jedes Mitglied, das sich gewisser
Vergehen schuldig macht, das Leben,
und laut eines anderen Gesetzes muß
jedes Todesurtheil von jemand voll
streckt werden, der nicht zu unferer
Gesellschaft gehört. Auf diese Weise
bleiben unsere Hände frei von Blut
schuld. Begreier Sie nun?«
Ja freilich begriff ich! Aber ein
Ertrintender tlammert sich an einen
Strohhalm. Vielleicht gab es doch
noch ein Mittel, mich der mir zuge
dachten gräßlichen Rolle zu entziehen»
»Verzeihung«, wandte ich mich
wieder an den Wortsithrer, »Sie ver
sprachen mir, nachdem ich die drei
Stücke gespielt, freies Geleit nach
Hause. Und jetzt lniipfen Sie an
meine Freilafsung mit einem Male
eine zweite Bedingung, von der an
fangs nicht die Rede war. Nennen.
die Herren da H Wort halten?«
,,Gut«, erwiderte detzVorsitzende
mit einem eigenthiimlichen Lächeln,
»da ich es Ihnen versprochen habe,
sollen Sie in Freiheit gesetzt tverden,!
sobald Sie mit den drei Musilftiielem
fertig sind.« i
Jch athmete aus, zumal die iibrigen I
Herren beisiillig nickten, und hatte tei- s
nen anderen Gedanken, als mich miti
meinem Spiel thunltchst zu beeilen.s
Das Lächeln, das bei den Worten des
Vorsitzenden die Gesichter meiner
sonst fo ernsten und finsteren subb
rer erheiterte, deutete ich mir zu mei
nem Vortheil. Sie bewunderten in(
mir einen schlauen Sophisten, einen
gewandten Dialektiter, der es ver
standen hatte, seine Gegner in ihrer
eigenen Schlinge zu sangen.
Die Freude über meine baldige
Erlösung bewirkte, dass ich mit
mehr Begetsterung und Virtuositiit
spielte und dem vorzüglichen Instru
ment mehr gerecht wurde, als bisher.
Plösllch aber, als ich den ersten
Theil des dritten Stiickes, das B
Moll - Noeturno von Chor-tin been
det hatte und bei dem Akkord ange
langt war, mit dem die anfänglich
schwermiithige Melodie wieder ein
feßt, bemerkte ich, daß sich die um
das Klavier gruppirten Zuhörer
ssiimmtltch nach dem Deliquenten
«umwandten. Jch blickte gleichfalls
;hin. Die Augen des Unglücklichen
zwaren geschlossen; feine Lippen tha
Jten sich auseinander und ließen
ISchaum hervorquellen; die Muskeln
soes Halfes und der Hände fpannten
ssich übermäßig, um sofort wieder
Ifchlaff Zu werden; die untere Rim
flade fiel herab-.
; Da mit einem Male erfaßte ich
den Sinn der grausiqu Tragödie:
Die Glasftufen, der metallene Stuhl,
die Metall-tlappe——und Las Klavier
llsildeten zusammen eine große Elek
ftrisirmafchinr. und ich hatte durch den
!tr·ciftigen, lang ausgehaltenen Akkord
idem unalticklichen Delinquenten die
I Pforten des Todes geöffnet!
i »Sie haben’s errattyen, nicht
Iwahr?« triumpbirte der Sprecher von
Evorhin. »Die eine Taste steht mit
leiUer starlen elektrischen Batterie in
!Zufammenl)ang, und Sie haben die
" beiden Pole in Verbindung gebracht!«
f Mehr hörte ich nicht« Eine wohl
"ihijtige Ohnmacht umfing meine
Sinne, nnd ich stürzte bewußtlos zu
; Boden.
Als ich wieder erwachte, lag ich in
einem Hausflur der Rue des Sept
Chiens. Ich brauchte mehrere Wo
eben. um mich von den physischen Fol
aen mein-es gransiaen Abenteuer-Z zu
erl;olen. Den moralischen Eindruck
zu verwinden, ist mir bis jetzt unmög
lich gewesen. Ich bade seitdem das
Chopin’fche B-«Moll-No«cturno nicht
wieder gespielt.
.———-.
. Männe und Genossen.
) M
Humoregte von Käte Lnboivsti.
Wenn Hete Wagner sich gelegentlich
über die Beschaffenheit chreg ehe
männlichen Zukunftsideals zu äußern
hatte, sagte iie kurz und bündig:
»Lentnant muß er sein und die
lDackrlhnnde genau so lieben wie ich«
Ihrem Vater bereitete dieser Aus-«
spruch jedesmal lebhaftes Unbehagem
kenn er hatte anderes mit seinem ein
zigen Mädel vor. So lameg, daß er
seinen Grimm aewöhnlichxan die nn
Hechte Adresse seiner Leute aolud nnd
»nur in ganz seltenen Fällen an die
lrichtige zu Ohren seiner Hedwig. Ein
mal hatte er dies sehr gründlich ge
than. Sie war in seinArbeitszimmer
gehuscht, um dort heimlich den
Wunschzettel zu ihrem Geburtstag
dinznlegen, war dabei von ihrem alten
Herrn überrascht worden und mußte
sich nun sogleich seine nicht gerade
sanfte Kritik gefallen lassen. Der Rit
tergntsbesitzer wurde dunkelrotix als
er die wenigen Zeilen gelesen hatte,
und schrie losz
,,Fangst Du schon wieder oarnu ans
Jch sage es Dir zum letzten Male:
Du betornmst niemals wieder einen
Tectelt Ich will mir nicht wieder Ma
rienbad aniiraernt Dein verflossener
Köter hat« —- er bliitterte eifrig in
seinersiladde herum —— »sechs-Frauen
riiae und sieben Paar Miinnerhosen
in neun Monaten zerfetzt. Macht
rund 264 Mart und 56 Pfennige siir
mich! Und-wenn Du Dich »auf den
Kovs stellst, ich bleibe diesmal hart!«
Da schossen ihr die hellen Thrönen
in die Augen und sie lief hinaus.
Um sie tker wvaten dunkle, ans Trotz
und Eigensinn aewobene Schleier
Sie machten ihr auch den soeben san
getommenen Gast unsichtbar, der im
Korridor auf der Matte soralich den
Schnee von den Fiißen trat.
»Guten Abend,« sagte eine Män
nerstimme und ierriß das Gewebe.
bete schluchete einmal auf, rieb die
Augen und saate turzt
»Ach, Sie sind es. Herr Winter
Papa ist in seinem Zimmer.«
Herk Winter lratite und scheiterte
eifria weiter. Plötzlich stand sie vor
ihm, hob die Hände ein wenig und
sagte wie ein bittendes Kind:
»Sie vermögen so viel über Papa
tveilSie die dicksten Pferde im Kreise
,1,iichten. Reden Sie ihm doch zu, daß
Ich wieder einen Teckel kriege. Zum
Geburtstag natürlich. Ich will ia gar
nichts weiter hatsen.«
Der ernste Mann lächelte auf sie
herab. »Jch,« sagte er« »das ist
eigentlich eine starte Zumuthuna
Wissen Sie denn aar nicht mehr, wie
Ihr verslossener Dattel mich haßteZ
Nein soll ich von Neuem solchen Feind
in Ihre Nähe bringen?« ,
Er sah ihr fest in die Angen.
»Es-then Sie immer noch keine Ah
nung, wo Ihr feliaer Dattel geendet
hat? Sie werden doch nach ihm ae
forscht haben«s«
»Natürlich. Eine ganze Mark Be
lohnuna habe ich dem geboten, der ihn
mir wiederbrinat. Papa hätte dann
sicher seine Mordgedanten ausgegeben.
Aber ein sllugesThier war »Männe«
doch, wenn man bedenkt, daß er ges
rade an dem Morgen, wo er todtge
sgsossen werden sollte, ausgeknissen
l —«
Sein stilles Lächeln wurde zu ei-«
nem übermächtan Knabenlachen.
»Sie freuen sich, daß ich ihn los:
bin,«.s ltsie mit einem verrätheri
schen Glanzen in den Augen, »und ich»
hatte den kleinen Kerl doch so lieb.
Es ist wahr, er konnte Sie nicht lei-»
den« weil Sie ewig an ihm herum-;
zogen... Sie und Var-as ästhetische»
Vauzdame.« i
Er antwortete ihr daraus nich-H
J
Aber die Feöhlichleit war ans feinen "
l Zügen gewichen, als er —- etn llein
wenig spaltet —zu ihrem Vater hin
einging.
Hexe Wagner fah ihm einen Augen
blick start nach. Dann machte sie eine
i Faust.
»Mir get-PS lvie meinem alten
treuen Männe, «ich möchte ihn auch
am liebsten beißen. Und einen Dattel
kriege ich doch!«
Aber der alte Wagner blieb fest.
»Ein Dattel mit Brillantnnqen ans
bester Chotolade ist bereit-Z fiie Dich
bestellt,« scherzte er auf stets-J er
neuten Versuch, ihn nmznstimmen
Da wußte sie, daß sie sich allein hel
sen mußte
Die Pedrorrer Artilleriften hatten
oft in dem gastlichen Wagnerschen
Hause gegessen und aetriinten, fidele
Stunden durchlebt und eine feucht
fröhliche Dankbarkeit mit heimgenom
men. Seitdem die-Here jedoch das acht
zehnte Lebensjahr vollendet, war eine
.mertliche Abküshluna in der Aufnahme
seitens des Hausherrn eingetreten.
Sie trauten sich deshalb ohne offi
zielle Einladung nicht mehr recht hin
aus. Einmal im Jahr wurden sie aber
doch noch gebeten. Und bei dieser Ge
legenheit hatten sie die erbliihenden
Reize des einzigen Töchterleins und
idie Sonderstellung, die Herr Manne
bei ihk einnahm, bald genuq heraus
gefunden. Darum- wußkse jeder ein
lielne Bescheid. als eines Morgens in
der Zeitunsa folaende Poesie erschien:
Lichtmessen ist nicht mehr fern,
Dazu hätt’ ich schrecklich aern
Einen kleinen Daclelhund!!
Senden »Männe«. PostRabund.
Bei der Mittagstafel im Kasino
redeten sie miteinander darüber dies
nnd das. die Kleine wäre bezaubernd
und der Alte schmerreich. Aber ihr
etwa zu Lichtmeß, an ihrem Geburts
tag-e, einen Dattel schenken . .. Wahn
sinn! Nein, so dumm sei teiner von
ihnen. Der würe doch im Leben
Huicht mehr eingeladen nnd das wäre
sckaie . ·. jammerszbade«.
Tag cWetter war kalt. Der Winter
baute Brücken aus Schnee und Eis
baläste aus Funtelftein Hete Waaner
hatte sich denFusi verknaxt need konnte
nicht Schlittschuhlzusen Ganz still
saß sie an ihrem Geburtstage am
Fenster nnd betrachtete die schönen
Geschenke Da war ein aoldenes Arm-·
band und ein lichtblaues Ballkleid mit
ariinen Rosen, ferner Spitzen und
Ssiißigteiten... nur tein Darkel...«
und tein Gliickwunsch von Herrn
Winter». Herr Wagner stand am
Ofen und redete auf sie ein:
,,Mädelchen nimm Dir dieHundei
geschichte blos nicht zu Herzen. Sei
doch verständig-Sieh mal, Du kommst
mit nach— Berlin. Wir geh-en Schlag
sabne essen und Hiite tausen...«
Da legte sie plötzlich den Kon auf
das Fensterbrett und weinte herzbres
chend Jn diesem Augenblick that sich
die Thiir auf und der alte Postbote
Pergande steckte fein bereistes Haupt
pfiffig zur Thür herein.
»lltt... Packetet Neun Staat Aue
an das Fräulein...«
Das war ja eine schöne Geschichte!
Neun allerliebste Dactel, sämmtlich
von ungenannten Gebern, wurden
herausgeschiilt und auiiten und zerr
ten an dem Teppich umher. Der alte
Wagner hielt den Mund ein wenig
offen und suchte nach Worten. Hete
stand mit schlaffen Armen daneben
und weinte weiter.
Als Herr Waaner ans dem beäna
ftigenden Stadium rer Stummheitin
»das des Schreieng hineingerathen
war, öffnete sich die Thür wiederum
nnd Herr Winter tam herein. Er truq
ein zierliches Körbchen in der Hand
und fuhr zurück, als er die Beschee
rung auf dem Fußboden sah. Er
wollte sich wieder zurückziehen, aber
Herr Wagner hielt ihn fest nnd redete
auf ihn ein:
»Sagen Sie, was ist das hier?
Sind wir denn verheth Das infaine
Satanszeua beißt sich noch taput
Mamsell soll mit der Gießlanne kom
men nnd sie auseinander bringen!«
Herr Winter stellte langsam sein
Körbchen nieder. an demselben Au
genblick öffnete sich der lofe Deckel
und heraus tullerte, bellte und sprang
noch ein TeckeL Einen Augenblick
herrschte tiefe Stille « mit einem
Satze war der letzte Geburtstaasdickel
auf Hete Wagners Schoon gesprnn
gen. Ein Ton, aus Lachen nnd Wei
nen geboren, klang durch dag- Zim
mer. Er tain Lug dem kitternden
Mädchen-mund:
»Männe, mein einziger-, treue-T
axtes Hundepieh! Wo hast du bis
heute gesteckt?«
Herr Wagner war nahe daran, die
Besinnung zu verlieren. Es unter-tac
teinem Zweifel, dies war wirklich
Männe, der Tobtgeglaubte, der an
dem Morgen seines geplanten Unter
ganges auf so unerklärliche Weise
Verschwundene. Hete Wagner schaute
still zu Herrn Winter hinüber·
»Sie haben ihn gerettet. .. fiir mich
gerettet . . .« sagte sie -leise.
Da traf sie ein heißer, beredter
Blick. Und sie stand plötzlich an seiner
Seite, Männe auf dem Atm, under
ahlte von dein dummen Vers und
aß sie so etwas nie wieder thun
wolle. Er hörte sie still an und sagte
nur ein paar Worte aus alle ihre sich
itberstiirzenden Fragen:
»Bersuchen Sie es nun mit ihm.
Ich habe ihn dressirt. Er ist ganz
vernünftig und mich... rann er ietzt
auch ieiden.
Als here Wagner näher herankam
um auch etwas von den verschiedenen
r —
Ein Votsichtiger.
P s -H- « cy- '--«
II t- Es
XX
Autler fzur Dorfwirtlxim deren Katze er überfahren hat): »Selbstver
siändlkch werde ich Ihnen die Katze bezahkem aber das hat ja Zes bis
nachher: erst möchte ich bei Ihnen Hasenbraten essesz Also zeigen Sie
mir nach dem Essen die Katze ganz vor, dann kriegen Sie Ihr Geld.«
Enthüllungen zu hören, mußte er
sehen, wie sein treuester Nachbar fei
nem kleinen- Mädelchen die blanlen
Thränen fortkijßte. Da hob ser in sei
ner Herzensfrqu en alten Männe
so kräftig an den O ren empor, daß
der trotz aller Dressur laut quiekte,
nnd rief lachend:
»Wißt ihr was! Wir laden zur
Verlobung die Pedrower Leutnants
ein... und zum Schluß schenken wir
ihnen die neun vierfiißigen Bljfferl
Das giebt einen Hauptspaßl Einver
standen?«
Männe machte schön und wippte
mit den Gsehänaen Zustimmung. Da
mit begnügte sich der alt-e Herr voll
ständig.
W
Vermögen in Lumpen.
Ein Bettler, der aussah wie eine
wahre menschliche Ruine, stand in die
sen kalten Februartagen vor dem Pa
riser Untergrundbahnhos Rue de
Rome, der nicht weit vom Weftbahn
hof gelegen ist. Er hatte einen Hut
auf dem Kopf, durch dessen Löcher
derWind pfiff, Schuhe, die mit Bind
säden zusammengehalten wurden, ei
nen überall geflickten Rock, dazu ein
von Kummer und Sorge gleichsam
ausgehöhlteg Gesicht, eine froftrothe
Nase. Jn diesem, man kann nicht
anders sagen, stilgemäßen KostLim
streckte er den Vorübergehenden mit
slehender Gebärde seine Hand entge
gen. An Sons-Stücten, die hinein
fielen, fehlte es ihm auch nicht. Ein
Polizeikommiffär, der aus dem gegen
überliegenden Bürgerfteig stand, schien
an das Gesicht des Bettlers allerhand
,,-Erinnerungen« zu knüpfen. Zur
veinlichsten Ueberraschung des »Un
glücllichen« und zum Mißfallen der
Umstehenden ließ er ihn verhaften
und zuin nächsten Wachtposten brin
gen. »Was wollen Sie von mir?«
fragte der Bettler entrüstet. »Ich bin
ein« armer tin-glücklichen arm wie
Hinb, und froh, wenn ich· mich Abends
in meinen Lumpen schlafen leg-en
rann. Warum verhaften Sie Inich2«
»Durchsuchen Sie einmal den
Mann!« gebot der Kommissar seinen
Untergebenen. Trotz des Einspruches
unterwarfen die Polizisten die Klei
der des Bettlers einer genauen Unter
suchung. Was fand man? Ein wahres
Vermögen stieg aus den alten Lumpen
hervor und wurde vor den erstaunten
Augen der Beamten ans dem Tisch
des Hauses niedergelegt. Der Bettler
hatte nicht weniger als fünfhundert
Fraan in Gold und Banknoten, etwa
sieben-— bis achttausend Franks in
Rententitreg und fünfzig Gutfcheine
-—— auf Brod tfür die Vollstiichen)
bei sich. Die Polizei beeilte sich, die
sen Biedermann wegen seiner betrü
gerisch-en Inanspruchnahme der öf
sentlichen Mildthätigteit in Hast zu
schicken. Wenn er aus dieser entlas
sen ist, wird er seine gewinnreiche
»Arbeit« fortseneii und seinen Erben
vielleicht einmal ein rundes Kapital
von fünfzigtausend Franks hinterlas
sen, was manchem Professor und
Oberlehrer nicht gelingt.
Aus der Schule-.
Lehrer: »An«qenommen, Dein Va
ter qseht von München nach Stam
berg nnd legt in der Stunde fünf
Kilometer zurück. Dein Onkel aber
geht um dreiviertel Stunden später
fort nnd macht sechs Kilometer in der
Stunde. Wo treffen sich Dann die
beiden?«
Der kleine Franzb »Im ersten
Wirthshau5!«
Sympathie.
Kutpsuscher Cznr alten Isnngfer):
»Vielleicht ist Ihnen mit Sympathie
zu helfen·« ,
»Ach ja, sicher: wissen Sie einen
sympathischen Mann für mich?«
Ver-schnappt.
sWeindändler (zornig): »Wenn Ih
nen mein «Riidesheimer« nicht
schmeckt, dann gehen Sie wo anders
hin —- vetstanden? Keitisiren kann
jeder —- aber besser machen!!...«
) Doch etwas.
- Schuster-junge (zum Studensten):s
»Morgen wird unserem Meister sein
Junge aeiaufi nnd da läßt sich den
Meister empfehlen —- und ob Sie ihn
nicht weniastens etwas Geld schicken
konnten «
Studiot »Geld.3 Wo soll ich- das
hernehmen — aber wenn der Meister
einen Partien brauchen sollte, dann
möchte er mirs nur sagen lassen.«
j
Kein Wunder-. v
s .1. »Na, Sie waren ja gestern
schön im Thranx wohin sind Sie denn
smit der Sau, dieSie beim Kegeln
gewonnen haben, aekommen?«
B.: »Ach, sdensken Sie sich doch nur
mein Pech, in den früheren Stall,
den das Beest halte, hat es mich ge
schleppt!«
Auch ein Trmpercnzlrr.
»Hent’ hat der Herr Pfarrer aber
nöt schlecht q’schimpst über’n Alkohol
—- aber recht bat er — was braucht
denn der Mensch no an AlkohOL so
lang-e er a Bier und an Schsnaps
hai!«
Wohlwollend
Dame: »Viel Lohn kann ich ietzt
nicht zahlen, mein Mann ist augen
blicklich außer Stellung!«
Mädchen: »Na, ick werde mal sehen
ob ick für ihn nischt thun kann, i
habe seine Verbindungen!«
Verrcchnet.
Freier: ,,..O, ich liebe Jshre Toch
ter nicht des Geldes wegen . !«
Vater ssehr reich): »So? Nu,
meine Tochter kriegt nur ein gescheiter
Mann!«
Bestraft
Weinwirth (als die Stammgäjte
über seinen notorisch-en Geiz Witze
machen): »Meine Herren, machen Sie
es doch nicht so schlimm —- sehen
Sie, ich bin jetzt darauf gekommen,
daß einer meiner Hausbewobner aus
meinem Keller zehn Liter Wein ge
stohlen und auch aetrunken hat, und
ich habe nicht ’mal Strafaiitrag ge
stellt.« ,
Ein-er der Sitammaäste: »Na, wenn
er ihn getrunken hat, ist er ja schon
genug aestrast!«
Vertraueiieiclig.
Richter: »Es banden sich hier um
vierundzwanzig Viel-stände die Sie
begangen haben sollen; und zioar...
(ioill den Beschluß vorlesen).«
Angetliaater (,autmiithia): »Be
niiihen Sie sich nicht, Herr Richter-,
es wird schon stiminen!« «
s I
I
Nicht in Berlegenlieit zu bringen. ?
Ein Strolch ist aerade damit be
schäftigt, einem im Park eingeschlafe
nen Herrn die Ulir abzunesteln - — als
dieses die Auaen auffchliiat·.. »Halb
neun Ube! Dante Ihnen, inein
Den-I iaat der Lump verbindlich,
schiebt den Clironometer wieder in die
WestenWsche ,iuriia, liistet seine Mütze
nnd verschwindet
Famic Zustimmung.
»Ach, Männchen, ich liebe Dieb so
sehr, daf; ich Dir inliebe zu allem
säbia bin!«
,,.f,)m!... Das habe ich schon an
dem Essen gemerkt, Dass Du snir heute
gekocht hast!'«
Unterschied-. ’
»Ist’s wahr, Baron, daß Ihre drei
Söhne auf Freiersfüßen warmean
,,«"’freilich. Mein Edgar, der Rese
rendar, kann heirathen,· der Otto, der
brave Mensch, darf heirathen, unddet
Wilhelm, der Luan, muß!« ·
c
Der Sünde-chec.
Fuhrmann (zum Jungen, dem eins
Kiste von seinem Waan auf den Kopf
gefallen ist): ,.Schasötops- warum
aehft Du auch so nahe heran! SiehI
Du denn nicht, daß »Botsicht« auf des
Kiste steht?!« se