Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 17, 1908, Sweiter Theil., Image 13

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    Unser größter Feind.
Von Julius Keller·
Da saß er wieder und« starrte vor
sich hin. der alte Griesgram und
passte seiner besorgten und doch sy, zu
thunlichen Wirthin die Stube voll. Die
herzencgute, aber von so schwerer
Neugier geplagte Matrone betrachtete
ihn, wie so ost, wenn er sich ganz un
beachtet glaubte und sie, soweit als
möglich, sein bescheidenes Zimmerchen
austäumte, mit sorschenden Blicken.
Wenn sie ihn doch nur einmal zum
Sprechen bringen tönnte, den wun
derlichen Mann! Es gibt doch wahr
lich nichts Quälenderes, als einen
Menschen bei sich wohnen haben, von I
dem man außer seinen Namen nicht
das geringste weiß. Und dieser Name!
Arnold Müller! . . · . Dabei konnte
man sich nicht einmal etwas denken!
Und doch sah« der pünktlich zahlende
Miether so aus, daß man sich bei eini
ger Intelligenz unbedingt allerlei über
ihn denken mußte. Er war interes
iant, furchtbar interessant, und eben
darum war es ihr höchst peinlich,
durchaus nicht ergründen zu können,
warum er denn eigentlich interessant
war . . . . Nun blinzelte sie beim
Staubwischen von der wackligensioiw
mode ans wieder eifrig zu ihm hin
über, räusperte sich gewichtig und stieß
nicht ohne Absicht gegen allerlei Ge
genstände. Aber er saß da, ohne sich
zu rühren, und passte weiter — wie
die gemalte Figur nebenan im Zigeu
renladen . . . . Was sür ein merkwür
diges Gesicht er doch hatte! Durch
surcht von tiefen Spuren des Grames,
aber belebt von einem energischen,
triistigen Ausdruck, der in den großen,
duntlen Augen unter den buschigen,
weißen Brauen hervorblißte . . . . Das
stimmte so gar nicht mit dem seltsa
men, starren Phlegma des Mannes
iiberein!
Eben wollteFrau Stunde auch heute
wieder ohneErfolg eines austliirenden
Gesprächs das Zimmerchen verlassen,
da wurden draußen Ertrabliitter aus
gerusen . . . . V
Arnald Müller fuhr wie elettrisirt
von seinem Stuhle empor, beugte sich
zu dem geöffneten Fenster der Par
terrestube hinaus und ries mit seiner
heiseren Stimme:
»he! . . . . Sie da! . . . . Hierher!«
Frau Stunck war natürlich nun
auch zum Fenster geeitt und stand jetzt
dicht bei ihrem Miether . . . . Der
langte sich bereits sein Ertrablatt her
aus, über-flog die Ueberschrist und»
sagte: ,
»Dacht’ ich mir's doch . . . Wieder
mal ein Raubmord.«
»Ach so,« siel die Frau Wirthin eis
rig ein, »davon hab’ ich vorhin schon
unten gehört . . . . Jn der Ackerstraße, «
nicht wahrs«
——-—...., ——-.».——.—.-—
»d?
WCUULI Mal chig Vclm Lcscli lind
,murmelte bloß:
»Jawohl . . . . jawohl . . . . in der
Ackerstraße.«
»So ein verdammter junger Kerl,«
brach nun Frau Stunck los, »einen
wehrlosen alten Mann zu erwürgen——
um ein paar Mart wegen. Aus der
Stelle zusammenhauen müßte man so
’nen Schurken, so ’ne heimtiiclische
Kanaille, so ’nen« —- — —
,.Seien Sie ruhig!« ries Müller un
wirsch. »Sie sehen doch, daß ich lese.«
Sie blickte ihn überrascht an. So
grob hatte er ja noch nie zu ihr gespro
chen. Trotz seiner starren Schweig
sarnteit und Verschlossenheit war er
stets böslich gewesen.
Sie schwieg und betrachtete ihn mit
noch größerem Interesse als bisher.
ljiels er den Bericht zu Ende gelesen
bat saltete er das Blatt sorgsam zu
sammen, nahm einen besonders träf
tiaen Zug aus seiner Pseise und sagte
leise:
»Amt« Kerl-" . . . .
»Der alte Trödlet. .ja . . . . so
elend umzutommen!«
Müller sah aus und ihr gerade in
die Augen.
»Nein, Frau Stunde,« sprach er
dann, »ich meine den andern.«
»Welchen andern? —-—- Wenn Sie
giitigit gestatten, Herr Müller. Etwa
den« — -
»Den man nun nach tausend Mar
tern hinrichten wird.«
»Na aber, Herr Müller, das ist doch
wahrhaftig das Gelindeste, was er
O
verdient.'« . . . .
Er fuhr aus
,,Soll’n sien vielleicht gar dierthei
len oder ihm die Zunge ausreiszen oder
ihm die Dönde abhauen oder ihn aus i
Rad slechten, wie im Mittelalter -.—
weil er ein Opfer seines größten Fein
des gewordeni«
Sie sah den mertwiirdig erregten
Mann oerstiindnißlos an«
»Sie rniissen es mir nicht übelneh
men, Herr Müller-' sagte sie endlich,
aber jetzt oersteh’ ich Sie wirtlich
nicht Der Tritdlen meinen Sie
—- wäre des Mordbuben größter
gemd gewesen und er — sein Opfer-?
teht so was in dein Extablatt7««
Er starrte einen Augenblick ooe sich
hin,«dann hob er den gesentten Kopf
wieder, und ei guckte seltsam in seinem
verwitterten Gesicht . . .
»Nein, Frau Stunckef sagte er,
Sie haben mich nicht verstanden —
und Sie konnten mich auch nicht ver- "
I
stehen . . . Kommen Sie her . . . .
sehen Sie sich ein bißchen zu mir.«
Die Wirthin schaute immer ver
wunderter drein . . . Nun hatte er wie
der so sanft gesprochen und in so wei
chem Ton, und es schien, als habe er
plöhlich das dringende Verlangen mit
jemand zu reden . . .
Der Miether pafste indessen wieder
schweigend-eine ganze Weile. Endlich
schien er seine Gedanken gesammelt zu
haben und begann in merkwürdig ge
tragenem, sast pastoralem Ton:
»Sehn Sie, Frau Stunde, der
Feind, von dem ich eben sprach, der
Feind, dessen Opfer jener Bursche ge
worden, das ift der Feind — der in
juns allen —- na, sagen wir, der in
Irecht vielen von uns wohnt. lind
es ist — es ist, Frau Stunde, der
Feind-- -—- der auch in mir gewohnt
hat « '
i Frau Stunde fuhr zusammen
»Herr Müller! . . . . Wollen Sie da
smit etwa sagen" . . .
! »Daß ich —- auch was auf dem Ge
wissen habe? — O ja — ja, meine
liebe Frau Stunde. . Eine Erinne
rung —- eine böse Erinnerung . . . . ich
weiss· wie man zu so einem kleinen,
einträglichen Mord kommen kann-»
»Na, na, bleiben Sie nur sitzen, ich thue
Jhnen nichts. Jch hab’ meinen Feind
Jbezwungen . . . . Jch bin ein stiller,
sehr stiller Mann geworden, aber
manchmal, manchmal packt mich’s
plöhlich und drängt mich. zu sprechen,
meinen Empfindungen Luft zu ma
chen «
Frau Stunde rückte erregt aus ih
rem Stuhl hin und her .Das klang
so unheimlich . . . . eigentlich hätte sie
gehen müssen « und doch - ------- — sie
empfand gar kein so furchtbares
Grauen vor diesem seltsamen Mann
. . . . Und wenn es ihn doch so sehr
drängte, sich auszusprechen . . · So
blieb sie denn und rückte ihm sogar
noch ein bißchen näher . . . .
»Ja . . . . hören Sie nur recht aus
mertsam zu, Frau Stunde. Unser
größter Feind, sehen Sie, der lebt in
uns vrn dem Augenblick an, wo wir
zu denken iiud zu fühlen beginnen
Der lsäumt sich auf beim ersten Ru
thenstteich, der auf uns niedersaust,
bei der ersten Ungerechtigteit, die uns
trifft, bei der ersten Mißhandlung, die
uns das Schicksal zufügt . . . Und
dann wächst er. wächst ins Unermesz
liche, und wenn wir Schurken, wenn
wir Verbrecher werden -—-- ihm danken
wir-II . . . userneyen vie mich recht,
meine liebe Frau, ich meine, das; es
sehr, sehr vieleMenschen gibt, in deren
Herzen derHasz und alleihm verwand
ten Gefühle: Neid, Mißgunst, Miß
trauen wurzeln; Menschen, die nicht
anderen Menschen vertrauen, nicht an
der Menschen lieben können, deren
Seele nicht empfänglich ist siir die Ge
fühle, die unsgut undedelmachen...
Sehen Sie mich an, ich bin ein solcher
Mensch gewesen . . . Jch wurde mit
dem Haß im Herzen geboren . . . Ich
hatte leine, Kindheit wie andere Kin
der. Mein eigenes Empfinden ver
gistete mir jede Freude, jedes Genie
szen. Jch wuchs unter sremden Leuten
auf, -- im Waisenhause. Man behan
delte mich gut und freundlich, aber
ich mißtraute meinen Erziehern und
zeigte es ihnen in starrem Trotz. Nun
zogen sie andere Saiten aus und such
ten dem tleinen Trohlops seine Un
arten auszupriigelm Da begann ich
sie denn zu hassen. Jch haßte die, die
mir wohlihun wollten, die das Beste
mit mir im Sinne hatten . . . Und
so ging’s sort Schritt sitt Schritt.
Der Haß srasz weiter in meinem Her
zen, mein Mißtrauen den Menschen,
allen Menschen gegenüber wuchs von
Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr. Jch
ward ein finstern-, unwirscher Geselle.
Mißtrauen und Haß aber trübten
meinen Blick, und so wurde mir mein
Leben vernichtet, vernichtet in jeder
Beziehung. Jch erwarb durch ehr
liche, harte Arbeit tiirglich meinen Le
bensunterhalt, verzehrte mich aber in
Unzusriedenheit nud bösen Gedanken.
. . Jch sand keinen Freund, weil ich
teinen suchte. Einmal liebte ich . . . .
Es hätte meine Rettung werden tön
nen. Aber mein krankhaftes Miß
trauen-, mein nuerschiitterlicher Glaube
an das Gemeine nud Niedrige zer
störte auch diesen Bund . . . Wie ich
mein erbärmliches Leben srisiete »s-» ich
weiß es heute selbst kaum noch . . ·
Bis die Katastrophe, der Wendepuntt
meines Lebens tam.« . . . .
Er schwieg einen Augenblick und
holte ties Athern, während Frau
Stunae in sieberhaster Spannung
wartete; dann sprach er weiter:
»Verlumpt nud herkommen, sand ich
noch einmal einen Wohlthöter . . . . Er
nahm sich liebevoll meiner an, ge
währte mirsAusnahme in seinem
Hause und verlangte dasiir anscheinend
nicht-i als Dankbarkeit . . . . Man
nannte ihn einen großen Menschen
freund. Er stand ganz allein, hatte
aber eine sehr behagliche Häuslichkeit
und widmete sich völlig wohlthätigen
Werten. Und ich —- ich nahm die
Wohlthaten dieses Mannes an, aber
—- riicken Sie getrost von mir ab —
ich haßie ihn eben dieser Wohltbaten
wegen« ich beneidete ihn, weil er sie zu
spenden vermochte, ich beneidete ihn
um nlleö, was er besaß, und vor al
tem —- ——- um den Frieden seiner
Seele . . . . .
. . « . Plötlich erkrankte mein Wohl
thiiter und bedurfte aufopferndster
Pflege . . . . Es kamen Schwestern ins
haus, fein Diener unterftiitzte sie, und
auch ich ward mit herangezogen . . . .
Es war eine langsam fchleichende
Krankheit . . . . Eines Nachts traf
Iflch die Pflicht, allein bei ihm zu
wachen. Er lag anscheinend be
wußtlos in heftigem Fieber . . . . Jch
saß unbeweglich und unbewegt da und
starrte in sein geröthetes Gesicht . . . .
Und plötzlich durchfuhr ein Gedanke
mein Hirn, der mein ganzes Jnneres
aufwiihltr. Es war, als flüsterte mir
eine lockende Stimme ins Ohr: »Wie
—- wenn der Kerl jetzt nicht wieder
erwachte, wenn er jetzt seiner
tückischen Krankheit erlage: Du weißt,
wo er sein Geld aufbewahrt und
manche andere Kostbarkeiten . . .
Dann wärst du dein eigener Herr und
nicht mehr aus die Wohlthaten anderer
angewiesen.« Ich fuhr zusammen und
beugte mich iiber den Kr ten . . ·
»Aber er lebt noch,« tönt es in mir
weiter, »und er wird noch länger le
ben, vielleicht gar wieder gesund wer
den-« Und dann war’s, als fchrie
meine innere Stimme mir gellend zu:
,,Verbindere es doch, du Narr! Du hast
ja fest sein Leben in deiner Hand.« . .
Und ich erbärmlicher Wicht erschrak
nicht vor diesem Gedanken, nichts in
mir sträubte sich dagegen, er hatte mich
völlig faszinirt . . . . Und in fabelhaf
ter Erregung begann ich nachzugrii
beln, wie es sich wohl am besten machen
ließe . · . . Jch erwog alle Möglichkei
ten in meinem brennenden Hirn, und
meine Hände trampften sich zusam
men, als umschlangen sie den Hals
meines Opfers . . . . Zunächst-swollt’
ich zusehen, ob er auch wirklich ganz
besinnungslos sei . . . . Jch füllte den
Löffel mit der Medizin, die ich ihm
einzuflößen hatte, und öffnete seine
Lidven . . . . Nun lag mein Gesicht
fast auf demfeinen, und während ich
ihm die Medizin einflößte, horchte ich
auf die Schläge feines Herzens . . . . j
War es denn nicht ein leichtes — jetzt i
— in diefem AugenblicM . . . . Fünf I
Stunden lagen vor mir, ehe jemand4
tam . . . . Unwillkiirlich, wie von ei
ner mächtigen Gewalt geführt, griffl
meine Rechte nach feinem Halse . . . .
Da schlug er plötzlich die Augen auf,
sah mich mit dem mitleidig gütigen
Lächeln an, das ich fo haßte, und
fprach leise: »Du bist da . . . . mein s
guter Arnold . . . . Bitte, gib mir zu ’
trinten.«
k«.s n- .»s-«i .
’ Ol( llllc lll Uscsclll UUHIUUUU zu
muthe war, ich kanns nicht schildern.
Jch isntwortete nicht, ich sprang aus
und stürtnte aus dem Zimmer, raste
aus die Straße, durch die kalte Win
ternacht hinaus aufs Feld . . . . Wei
ter und weiter — ohne Ziel -— ohne
Gedanken, wie von Furien gepeitscht.
Am andern Tage fand man mich
ohnmächtig am Waldrand aus und
schaffte mich ins Krankenhaus . . . .
Jhn habe ich nicht wiedergesehen. Er
war gestorben, während ich im Kran
kenhaus darniederlag, und wenn ich
jetzt hier sitze und meine alten Tage
sorglos fristen kann -—— ihm danke
ich’s ..... Er hatte in seinem Testa
ment meiner gedacht . . . . Sehen Sie,
Frau, seit jener Zeit bin ich ein ande
rer Mensch geworden, jene furchtbare
Nacht, da sein Erwachen den Feind in
mir überwand, hat mir den Glauben
an das Gute wiedergegeben und mich
erkennen lassen, wie so manches
grauenvolle Verbrechen entsteht, wie so
mancher Unglückliche dazu bestimmt
tscheinh ein Schurke zu werden« Und
jdarum sage ich Ihnen: Unser größter
IFeind —-— er lebt in uns, er wird mit
zuns geboren, und wer ihn nicht recht-«
Jzeitig niederzuringen versteht, der. win
sseine willenlose Beute!«
! Sein Kopf sank wieder tief auf die
iBrust herab, und wie erstarrt saß die
wißbegierige Wirthin neben ihm. Nach
Ilangem Schweigen hob er wieder das «
Haupt und sagte mit lauter Stimme:
H»So —- nun hab’ ich mir endlich ein
mal alles von der Seele geredet . . . .
JNun machen Sie mit mir, was Sie
onllen . . . · Kündigen Sie mir —
Iwersen Sie mich hinaus —- — oder«
I-—- —- hier sah er ihr plötzlich mit un
gemein warmen Blicken in die Augen
»und streckte die Hand aus: »Oder kön
nen Sie es über’s Herz bringen, meine
Tatze zu ergreifen und — wollen wir
beieinander und gute Freunde blei
ben?!«
Frau Stuncke zögerte nicht lange.
Sie nahm seine hand und sagte mit
aufrichtiger Freundlichkeit:
»Werd’ mich hüten, einen so guten
Miether ziehen zu lassen. Heutzutage!
. . . . Und wenn Sie wieder mal Lust
haben, sich auszuplaudern, ich bin im
mer parat . . . . Jmmer, Herr Müller,
verstehn Sie, immer!!«
Zum ersten Male sah sie ihn lächeln,
Und er drückte ihre Hand so kräftig,
daß es ihr herzhast weh that!
Zeit-gemäst.
Madame (zu der neuen Köchin):
-,,?eugnisse und Empfehlungen sind
n cht maßgebend siir mich. Usm ihren
Charakter kennen zu lernen, habe ich
t
(
t
i
t
I
einfach den Brief, den Sie an michs
geschrieben, einem hansdschristendew
ter zur Begutachtung vorgelegt!«
Köchin (irocken)·: »Ich den Ihri
gen aucht«
,
—
Ver Liebe Macht.
Stizze von M. W. S o p h ä r.
f Jm nächsten· Jahre feiern sie ihre
fsilberne Hochzeit.
» Noch heute ein schmuckes, prächtiges
Menschenpaar.
s Und wie das Aeußere der beiden
jan ausgeglichene, harmonische Natu
.ren unftreitig schließen läßt, so ist
auch in der That ihr Jnnenleben, ihre
Ehe vollkommen glücklich. Sie ergän
zen sich gegenseitig.
T Er, eine frohe deutsche Mannes
kraft, von großer Begabung, von aus
geprägt geistigen Interessen und tie
fem Verständniß für die edle Frau
Musita, die ihn die nüchterne Alltäg
lichleit leicht vergessen macht — sie,
eine aufrichtige, andächtige Zuhöre
rin des klavierspielenden Gatten, zu
dem sie in allen Fragen des Lebens
vertrauensvoll emporbliclt, ein stir
sorgliches, vortreffliches ,,Hausmüt
»terchen«, ein aufopferndes, rührendes
I Mutterherz.
Jhre Liebe ist nun wohl schon
dreißig Jahre alt, denn als er um sie
’freite, ging das Heirathen doch nicht
so schnell wie die jungen Herzen das
ersehnten.
Doch des Lebens Mai blüht stän
dig . . .
Ihre drei Söhne, schlank wie die
jungen Tannen, sind der Eltern
Stolz und Freude.
Wohl blieb den braven Menschen
auch manche schwere Stunde nicht er
spart, wie sie nun einmal das Loos
allen Wanderern auf diesem Planeten
unweigerlich zuertheilt, aber das Ge
fühl enger Zusammengehörigteit, das
Gefühl inniger Liebe, schleift alle
Härten des Schicksals ab, glättet die
Wogen und läßt die Sonne wieder
herrlicher scheinen.
Und wie herrlich scheint die Son
ne ja auch stets wieder —- glänzend
und verheißungsdoll
Der Aelteste der drei Brüder hat
die Eltern vor eiks schwierige Auf
gabe gestellt. Nicht, daß er ein weni
ger leicht zu lenkendes Kind gewesen
«wäre, aber seine Würde als Erstgebo
rener s. los-, es naturgemäß in sich,
daß er damit Zugleich die Last trun,
als eine Art »Vrüfstein für die rich
tige Erziehungsmethode gegolten zu
haben".
Psy- CUIOsv Nsø k-; X-- missen-O Rai-i
Ersten gerade die Epauletten als
Leutnant der Reserve angelegt hatte,
war der naheliegenden Meinung ge
wesen« auch dieser jüngste Rekrut be
dürfe zuvörderft des stärkenden Me
dnlamentes der eisernen Disciplin.
«Die junge Mutter-, vielleicht auch
nicht ganz ohne den unbewußten Re
spekt vor dem Herrn Leutnant, gab
ofiiziell nach, mag aber heimlich recht
häufig die strengen Befehle in »forg
same Watte vervackt« haben. «
So läßt es sich nur erklären, raß
der älteste Stammhalter sich von fei
nen beiden jüngeren Brüdern durch
ein minder sicheres Auftreten unter
scheidet. Er besitzt auch nicht ganz
ihr offenes, frisches Wesen und man
tritt ihm nur dann innerlich näher,
wenn man ihn einmal ganz für sich
bat. So herzlich sein Verhältniß zu
der Mutter und den Brüdern ist, in
Gegenwart des Vaters legt er nie die
volle Fröhlichkeit an den Tag, die er
mit ihnen entwickeln kann. Das
schließt jedoch keineswegs einen etwai
gen Gegensatz gegen den Vater ein.
Er liebt auch diesen; tvie er von ihm
«gleich den andern Brüdern geliebt
wird:" es besteht nur eine klein-e hem
mende Schranke, die zu erwähnen
man sich scheut, die man aber doch bei
gewissen Gelegenheiten beisderseitig
start empfindet.
Seinen intiinsten Freunden gegen
über macht der Vater.tein Hehl da-»
raus, daß er den Aeltesten fiir ver
schlossen, für zu schüchtern hält, wo-;
rauf ihm die offene Erwiderung wird,;
daß er daran nicht ganz schuldlos;
sein dürfte, eine Meinung, der sich
die Gattin und Mutter sehr eifrig
anschließt. —. «
Diese tleine latente Spannung war
natürlich lein Hemmnifj fiir die wei
tere gedeihliche Entwicklung der her
anwachsenden Generation, ebensowe
nig wie sie im Stande ist, den ster
nenklaren Ehehitnmel zu verdunteln.
Alles tlappt, wie der militiirisch
denkende Vater sich sagt, der, nebenbei
bemerkt, aber zu keiner Zeit dens
,,Sommerleutnant« nach außen mar
tirt,——ja, es tlappt: alle dreiSiihnes
absolviren die Prima, machen der’
Reihe nach ihr Marturum und stehens
nun bereits im praktischen Leben. i
Der älteste ist in den Vostdienft ge-s
treten. Er hat die mehr-jährige Aus-»
bildungözeit lau-m hinter sich, und’
fein Gehatl deckt tnapp die Bedürf-s
nisfe einer bescheidenen Lebenssith
run , die sich dadurch vert-heuert, daß;
er ie »Deine nicht mehr unter Vaters
Tisch stecken tann«. s
Seine Briefe aus dem tleinens
Landstiidtchen, in das ihn die uner
gründliche Weisheit der weitverzwei-g
ten Postverwaltung verfchlug, athmen
treue Anhänglichkeit und innige Hern
lichteit an die fernen Lieben aus. Eri
läßt Eltern« und Brüder an allen Hei-i
nen und kleinsten Vorgängen seines?
Lebens theilnehmen, weißer doch, wie«
freudig das geschieht. ’
Der erste Lrlaub jedoch, den er we
nigePfingsttage im Vaterhaufe okt
lebt, belehrt dieSeinen, daß er nach
wie vor ein schüchternen stillerMensch
s
Boshaftcs Mißverständuiß.
"Wf7 '-"
Jch kann ohne Jshre Tochter nicht leben, Herr KommerzienratM
Dann müssen Sie sich halt nach einem Beruf umsehen, Herr Baron!
geblieben ist, sobald sein Vater in den
Kreis der Familie tritt oder-gar ein
Fremder, das heißt, ein Freund, hier
erscheint. Der lasunige, lustige Schil
derer kleinstädtischer Verhältnisse, der
Humorist in der Amtsstube der Kai
serlichen Postanstsalt zu X-manns
-hausen, und dieser lange, ziemlich un
beholfene, schweigsame junge Mensch
erscheinen dem schärfer beobachtenden
Vater wie zwei ganz verschiedene
Wesen.
Die Feier- und Ferientage gehen
vorüber.
Vergebens hat der Vater versucht-,
eine Unterredungs unter vier Augen
mit dem pünktlich wieder Abgereisten
zu Pflegenz fast möchte er glauben,
daß der Sohn ihm aus-gewichen sei.
Die jetzt regelmäßig wöchentlich
wie-der einlaufenden Briefe tragen das
gleiche Gepräge wie die vor dem-Wie
dersehenz sie halten sich an die nackten
thatsächlichen Ereignisse und Verhält
nisse, überziehen sie mit den Strahlen
Lglücklichen Humors, aber die inneren
;Ernpfindungen des Schreiber-s- blei
i ben wie hinter einer deckendenSchirm
z man-d verborgen.
- « -
M Wlls Ulchlllllltlc plus-Auf uxuuj
eine gevaltige Umwälzung uber
Der Postmensch, wie ihn sein jüng
ster Bruder getauft hat, sendet dem
Vater einen Bries,’dessen Adresse den
für diesen Fall doppelt merkwürdigen
Zusatz trägt: Eigenhändig persönlich
Am Frühstiickstisch sitzend, lächelt
Mutter, als der Gatte ihr den Brief
l umschlag zufchiebt. Jn feiner Bewe
lgung liegt etwas wie Triumph:
» ,,Siehst du wohl, der Junge wendet
sich an mich.«
Georg, der zweite Bruder, der die
chevaleresten Manieren des Vaters
sich ganz besonders zu eigen gemacht
hat, nimmt sofort Partei fiir diean
gegriffene Dame und meint leise:
«Mutti, Pinse, Pinte « wobei er mit
Unnachahmlicher Grazie die Gebärde
des Geldzählens macht
Das Gesicht des Vaters wird aber
immer ernster bei-m Les-en der vielen
engbeschriebenen Seiten, und von
Stolz liegt gar wenig in seinen Mie
nen, als er den ersten Bogen der Gat
tin hinübekreicht.
Dank ihrer vortrefflichen Erzieh
ung stehen die beiden Brüder nach
wenigen Niinnten vom Tische auf:
das Elternpaar ist allein.
»aD sieh nur, Jrauchem dieSor
gen re: ßen nicht ab Wenn man die
Jungens nun beinahe soweit ha,t daf-,
sie allein esten können, dann muß
man sich aufs neue um sie bemühen,
urn ihnen klar zu machen, daß man
von der Liebe allein nicht satt wiri.«
»Ganz richtig, lieber Mann, kber
freust du dick denn gar nicht über sol
chen energischen, ziebewufzten Brief
unseres scheuen, schüchterchnen Trau
mers?«
»Wenn es sich dabei nur um ein
anderes Ziel handeln würdet Denke
doch mal, er will vier Jahre verlobt
bleiben Wie wird ihn das am Wei
terstreben hemmen und hindern! Er
bat ja nicht einmal Heit, sich- erst als
Mensch zu entwickeln und zur Per
sonslichteit auszureifen Du weis-It am
besten welch ganzen Haufen Idealis
mus ich besitze, dennoch aber zwingt
mich die Kenntniß des Lebens dazu,
die Jungens darauf hinzuweisen, daß
sie die Geldfrage nicht ganz außer acht
lassen diirsen.«
»Du meinst, das Mädchen chat gar
nichtksm
»Die jüngste von sechs Landwi
torstöchternt Schwerlieh mehr als
eine gediegene Ausstattung selbstge
webtee Leinenstücke. Jch will wahr
haftig nicht, daß sich unsere Jungens
ohne Neigung vertauer sollen. Sie
dürfen aber auch nicht die Augen zu
machen und mit beiden Füßen in eine
ganz unbekannte Zukunft hinein
springen.«
»Und du selbst, mein Liebster, Be
ster?!"
.,Ei wahrhaftig, Frauchent Fast
hätte ich gesagt, das war ’was an
deres. Ich-und unser verträumter
Postmensch!«
i »Nein, es war ganz gena so! Wir
ihaben auch unsere beiden runden Nul
llen ohne Zähler davor damals zu
ssammengelegt und daneben den ge
waltigen Schatz an Liebe den uner
ischöpflichen Vorrath der eben heute
noch reicht Habe ich nicht recht?«
, »Du hast recht, Frauchen. Aus un
serem Aeltesten ist über Nacht ein
Mann geworden, dazu hat ihn die
Liebe gemacht. Er wird und muß
energisch vorwärts streben. Und wenn
du nichts dagegen hast, laden wir sein
Mädchen zu unserer silbernen Hoch-«
zeit ein. Vielleicht isi er dann schon-"
Der Sprecher wird durch einen Ine
chanijchen Schluß seines Mundes da- ·
ran verhindert, den Satz zu vollen
den; zwei weiche Lippen hatten sich
auf den Platz unter seinen Schnau
bart gedrückt — Liebe . ..
---·—-—.—
Ein Bescheidenen
Kaufmann (welcher Nachts einen
Einbrecher in seine m Bureau über
1aschi): »Na diesmal will ich Sie
noch einmal laufen lassen, aber lassen
Sie sich nicht wieder sehen!«
Einbrecher: ,,,;;·ch danke Ihnen aueh
nie linals, aber nun schenken Sie mir
auch eine Hofe denn sehen Sie 1nai,
die meinige habe ich mir da am Ten
ster beim Einsieigen zerr sfen, weil
sSie einen Nagel, ,der vorsieht, ber
gessen haben, herauszuziehen!« "
; Ueber-treffen.
l »Denlen Sie, msit vierzig Jahren
hat meine Frau einen Zahn betont-«
1nen!«
! »Na, da is doch nix dabei! Mei
Alte hat mit fünf-avierz’g a ganz Ge
s biß kriagt!« .
I seit ist Gen-.
lliegend sende ich Ihnen gewünsch
tes Muster. 2feln Sie nicht an der
iGijte der Waare, die zu versben ich
4 1e leicht-e Mühe halte· Versendm
Falles bitte ich um Rücksendung und
werde alsdann Jihren Austrag an0i
;ren. Sturms-voll 4chtegott MerIOich,
« Kaufmann ·
In der Saisorr. ..
Wirth (beim Aus-schreiben der
Rechnungesn): »Hören Sie mal,Ober,
wie oft hat denn »der Herr ans Num
mer 37 die Badewanne benutzt?«
Oberkellner: »Ga: nicht!«
! Wirth: »So, na dann wollen wir
ihm eine Mark für Bettiväsche aus die
IRechnung setzen!«
Gutmüthig.
Bauer lzum andern): »Du, Sand
bauer, hast’s gehört, der Michel hat
dich schon dreimal ein-en Ochsen ges-—
nannt, und das läßt du dir gefal
len?«
Sandbauer: »Ich -werd’ mich doch
Inicht mit dem rechthaberiichen Kerl
k;erumstreiten!«
Bevorfgartich
Diener: »Unser gnöd’ger Herr
scheint moraen auf die Jagd fahren
zu lvollen!«
! Stubenmädchesm »Wieso?-«
· Diener: »Der Haugdsiener von der
Wildhanidluna bat mir erzählt, et
hätte sich drei Hasen reserviren las
Z sen!«
leeurcv Radstein-retten
(8wei Bekannte treffen sich zufäl
zlig auf der Heimreise von der Haupt
s stadt, wo sie sich zwei Tage aufgehal
: ten habe-n.) »Na, ich dank schön —" Io
iein Aufenthalt im Hotel ist wirklich
»etwas Kostspieligesl Ich war im
J«Goldenen Frosch« nur eine einzige .
jNacht—es ist aber unerhört, wasich
da Geld gebraucht txabe!«
»Und ich ers .«
,,Wo haben den-n Sie iibernachtet?«
»Bei meinem Nessen!«
l
!
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t
s Auf dem Bat-.
» Gekl: «,Aeh, versichere, gnädiges
Fräulein sind die einzigste, der ich in
dieser öden Gesellschaft etwas Inter
esse entgegenbringen tönnte!«"
Dame: »O, Sie Glücklicher haben
doch wenigstens schon ein Wesen ge
funden, iiir das Sie sich interessiren
können, ich aber noch nicht!«