Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 03, 1908, Sweiter Theil., Image 9

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    Nebraska
Staats-Anzeiger und Il«cerold.
Jahrgang 26.
Grund Island-, Nebr» 3. Jmuar 1903. (Zweiter Theil)
Nummer 19.
Kinder-lachen W —
Jch habe die fröhlichen Kinder so
gern,
Ihre jauchzend-m lachenden Stimmen
Klingen mit· irö tend ins Herz hinein,
Sie sind mir zieme und Sonnen
schein;
Sie lassen mich muihig weiterklim
men
Ueber des Lebens Geröll und Gestein.
Und nun gar um die Weihnachiszeii,
Ach dann lausch’ ich dem jubelnden
Schalle
Und dem heimlichen seligen Freu·n
Und dem Hoffen auf Weihnachis
schein!
Und meine nagenden Sorgen alle
hufchen ins tiefste Dunkel hinein-—
Dota Weiz.
-
Ein Abenteuer auf Jana.
Erlebted vonTrTI V o ß b e r g.
Lieber Freund!
Bei mir in Soebang wird der Weih
nachtsabend gefeiert; ganz Deutsch
land wird vertreten sein, ich erwarte
auch Sie mit Bestimmtheit.
Jhr W.
So lautete die Einladung, die mir
zwar unerwartet, aber sehr willkom
men war. Jch freute mich herzlich,
meine elf Kameraden wiederzusehen
und mit ihnen das Christfeft zuzu
bringen. Wir waren zwölf junge
Deutsche, freilich aus den verschieden
ften Königreich-n u. Fürstenthiimern,
aber doch Deutsche. Tausende von
Meilen von unserem lieben Vaterland
auf Java aus einer Schalle Land zu
sammengewürfelt, alle in holländischen
Staatsdienften und vorn Geniebureau
mit der topographifchen Vermessung
der Provinz Cheribon betraut.
Die Entfernung von meiner Sta
tion Toendangan nach Soebang, die
dreißia Meilen betrug, leate ich in
verhältnifzmäßig kurzer Zeit uriick
und traf gegen acht Uhr Aben Z in
Soebang ein. mo meine Freunde mich
iubelnd begrüßten. Mein Wirth, ein
yefterreicher von Geburt, der bereits
fünfzehn Jahre in Oftindien lebte und
ein fehr großes Bambushaus bewohn
te, führte uns in die Vorhalle. Nach-«
dem wir einige Erfrischunaen genom
men, öffnete er die bis dahin geschlos
sen gewesenenFliigelthiiren zumSaaL
Ein Ruf der Ueberraschung und
Freude entglitt unseren Lippen! Das
Gemach war hell erleuchtet; inmitten
erhob lich eine hohe, prächtige Palme,
non oben bis unten mit brennenden
Kerzen geschmückt und mit allen er
denllichen Sachen behangen; vor der
felben stand ein gedeckter Tisch, wo je
der ein aus Deutschland stammendes
Gefchent vorfand, das uns an das lie
be Vaterland erinnerte. Es herrschte
feierliche Stille. denn da war leinAuge
thränenleer, kein herz, das nicht
ftärter klopfte, leine Seele, die sich
nicht wehmuthsvoll der Erinnerung
an die glücklichen Jahre in der hei
math hingeb.
Jch brauche wohl nicht erst zu fa
Kcn, daß während des darauffolgen
den vortrefflichen Mahles ein Toast
den anderen verdrängte und es wären
wohl noch unzählige gefolgt, hätte W.
nicht Miit-lich das Lied: »Was ist des
Deutschen Vaterland?« angestimmt,
Kräftig fielen wir alle ein, und fo
tönte dies herrliche, ternige Vollslied
oben auf Sordangs Plateau durch
die Stille der Tropennachi. Plötzlich
jedoch wurde unser Gesang durch einen
furchtbaren Schrei vor dem Hause un
trrbrochen ein zweiter Schrei folgte,
nnd der Ortshiiuptling stiir te athenn
los in den Saal, wo unsere Palme im
Lichterglanz prangtr.
»Toewan, toewan, badal, badal beö
ar frali!« ( rr, herr, ein Rhinoze
ros, ein gra es Nhinozeros, ein sehr
arofzes Nhinozeros!) rief er, indem er
sich zu uns in die hintere Galerie
flüchtete.
Ein Donnerschlag aus heiterem
himmel hätte uns nicht mächtiger em
porschnellen lännern are dieser Aufruf.
Wir stürzten in den, Saal, wo unfere
eladenen Gewehre standen. aber laum
satte jeder seine Waffe in der and,
laum standen wir verfammelt inter
der Palme, so trat auch schon lang
sam, maiestätilch, den ganzen Raum
der Flüsielthiir einnehmend ein to
lossa es hinezeros durch die Vorhalle
in den Saal.
»Es ift ein Weihnachtlmannl« rief
unser Wirth mit funkelnden Augen.
Sonderbar — wir ftaåeden plählich
der todbringenden fahr einige
Schritte arntiber, von ihr nur durch
einige Stiche und dld Po me getrennt,
eine Scheidewand iibri ene lo nichts
saaend. halt ein leiser nsioh des Un
t ters genilgte, alles vor uns zu er
ettern. ask idpämgälgx kt Mk
Ei i n ; in , cum
Mk Veso-eß c unen liber die
Miit-heil des Urweldsetpphnets vor-i
über, als Heiterteit sich unserer wieder
bemächtigte und mit ihr zugleich die
Ruhe und dieKaltbltitigleit, die noth
wendigen Begleiter des Menschen«
wenn er der Gefahr mit Erfolg entge
gentreten will. Wir waren alle schon
einige Zeit in Indien, und daher ver
traut mit der Todesgesahr, die uns ja
beinahe jeden Tag bei jedem Unterneh
men aus die verschiedenste Weise entge
gentrat, aber in diesem Augenblick war
die Gefahr größer als je, denn wir
standen einem Feinde gegenüber-, des
sen Undurchdringlicher Panzer allen
Kugeln trotzte, der nur hinter dem-Ohr
eine kleine tödtlich verwundbareStelle
hatte und der rnit einem einzigen
seeundschastlichen Tritt uns zumal
men konnte. Das fühlten wir, nnd
trir waren uns zu gleicher Zeit be
wußt, dasz nur ein einheitliches, ruhig
überlegtes Handeln uns den Sieg über
dasUntlJier zuwenden konnte. Unmitt
tiirlich richteten sich daher aller Augen
auf unsern Wirth, der sich auch feiner
Verantwortung völlig bewußt, einer
Aufgabe völlig gewachsen fühlte.
»Meine Herren,'« ries er plötzlich,
,,sehen Sie, er avanciri. Ziehen wir
uns daher leise zurück, zurück in die
Halle, aber lein Wort, lein unnützes
I Geräusch -— ich habe einen Plan!«
I Wir folgten seinem Rath und zogen
jung zurüc, während er vorsichtig die
Z Fliigelthiiren schloß.
. »Jetzt acsgepaßt,« wandte er sich in
malaischer Sprache an die Japaner,
,.wehe dem, der meinem Be ehl zu
widerhandeltt Baedjang, so schnell wie
möglich alle Pferde gesattelt, und Jhr,
Häuptling, laßt Lärm schlagen, alle,
aber auch alle Einwohner Soebangs
sosort mit Fackeln hierber!«
Die Angekedeten stürzten fort, seine
Befehle zu vollziehen.
»Und nun, meine Freunde, wollen
wir es den alten Jungen, der sich un
-verwundbar glaubt, büßen lassen, daß
er es wagt, unser Fest zu stören; wir
wollen ihn mit Feuer vertreiben, und
'ich verspreche hnen eine interessante
Jagd. Mit diesen Worten schlich er
E sick um das Haus und schloß die Ein
gangsthiire, während das Rhinozeros
in aller Gemütblichteit sich unserem
Weihnachtsbaum betrachtete und an
schickte, denselben zu vertilgen. Das
Alarmsignal ertönte, ein Eingeborener
Inach dem andern erschien, wir bestie
« gen die vorgesiihrten Pferde und harr
ten schweigend der nächsten Anord
nung« da wir den ganzen Plan noch
nicht durchschasten.
Als über hundert Menschen sich mii
trennenden Fackeln auf dem Rasen
rlatz versammelt hatten, befahl unser
-Wirth dem Häuptling sofort einige
Mann nach Koeningan zu senden und
den Fürsten nebst dem holländischen
Nesidenten zur Nhinozerosjagd in sei
nem Namen einladen zu lassen
»Nun, Leute,« rief er, sich an die
Japaner wendend, »hiirt meine Be
fehle! Der Weg hier rechts von mei
nem Hause führt zum Urwalde. der
linlö, wie Jhr wißt, aus die Hoch
ebene, und wenn »wir das Thier erle
gen wollen« müssen swir es zwingen,
diesen Weg einzuschlagen.«
Die Javaner, mit allen Gefahren
vertraut, hatten sofort den Plan un
setes Freundes begriffen und dessen
sAnordnunaen befolgt. Unser Wirth
Eschwana sich nun auch in den Sattel,
ädas Signal wurde gegeben, Thüren
: geöffnet, schreiend drangen die Fackel
sleiiger in den Saal und schreckten das
f Unthier auf, das entsetzt zur Vorder
« thiir hinausstiirzte. Hier wollte es sich
dem Urwald zuwenden, aber ein neues
Geschrei, ein neues Feuermeee drang
aus den Sohn des Waldes ein —- er
schreckte zurück und stürzte in rafendem
Galopp der Hochebene entgegen, ge
solgt von uns aus unseren Rennern
und von Hunderten schreiender, sattel
k tragender Javaner, die eg, was Lauten
s anbetras, mit dem siiehenden Thier,
sselbst mit unseren Jagdpserden aus
; nehmen konnten.
i Diese Treibjagd mochte ungefähr
ieine halbe Stunde gedauert haben, als
J wir vor uns ein Gebüsch erblickten. das
i beinahe undurchdringlich sich um einige
sHiigel zog, zwischen denen die Quelle
s eines der größten Flüsse Judas, der
Ttidiollang laa. Dorthin richtete das
geängstigte Thier seine Flucht.
»Jetzt haben wir den alten Junaen.«
rief unser Wirth. »Na-minnt Sie seht,
meine Freunde. hier find wie überflüs
sig, denn der Fürst kann rnit seinem
Gefolge. wenn er sich auch noch so sehr
beeilt, erst gen Mittag ankommen.
und wir ha n daher Zeit, uns-einige
Stunden der Ruhe zu gdnnem
Am anderen Morgen tras der Fürst,
ein prächtig gebar-ter Mann von drei
ßig Jahren, ein. Er war begleitet von
der fürstlichen Leibwache und einer
großen Zahl von Dienern, die ihm un
ter anderem das aeladene Doppelar
tvehr unddie lan eLzmzh deren tödt
lich vergiftete Sp se von einer kleinen
goldenen Scheide umschlossen wurde,
trvgen. Nach seierlicher Begrüßung
durch unseren Freund begaben wir uns
sofort zu dern Gebüsch.
s wir das Ziel erreicht hatten,
mthe ich staunen iiber die große Ver-—
änterung, die in den wenigen Stunden
erfolgt war. Tausende von Menschen,
die ans allen Orten der Umgebung zu
sammengeströmt waren, lagerten im
Kreise um die beiden Hügel, hatten mit
geschöftigen Händen das Gebüsch ge
lichtet und eine Trihiine von Bambus
rohr erbaut, von der man alles über
seh : konnte, während das Rhinozeros
in aller Ruhe in der Quelle des Flus
ses ssein Mittagsfchläschen zu ha!ten
schien.
Nachdem wir die Tribiine bestiegen
hatten, war-de das Unthier aus seiner
Ruhe aufgescheucht. Auf den Hügeln
nämlich waren einige tolossale Bäume
stehen gedtiebem in deren Zweigen sich
eine inländische Mufittapelle einge
nistChattg die nun alles aufbot, durch
ohrzerreißenden Paukenschlag nnd
Beckengeklirr das Rhinozeros zu äng
stigen. Dieser höllische Lärm, von
den Schreien Tausender begleitet,
schien selbst für die Ohren des riesigen
Dickhäuters zu unbehaglich, denn das
Rhinozeros sprang aus« schüttelte sich,
und sing an, den großen Kreis zu
durchtraben. Als es bei unserer Tri
diine vorbeikam, trachte eine Salve,
und vierzehn Kugeln drangen in das
« Fell, ohne daß das Thier sichirn min
desten durch diesen Willkommengrusz
beunruhigt gefühlt hätte. Als es zum
zweiten Male bei uns dorübertam, er
hielt es dieselben Schüsse, und diesmal
schien wirklich eine oder die andere
Kugel etwas tiefer in das Fleisch ein
gedrungen zu sein, denn es blieb plötz
lich ftehen, sah sich grimmig nach sei
nen Feinden um und setzte sich dann in
fliehenden Galopp, ohne es sedoch zu
wagen, ei en kleinen Graben zu über
fvringen und sich Freiheit zu ver
schaffen. Nach einigen Minuten er
schien es wieder bei uns und erhielt
eine dritte Salve, die es so zu entsetzen
schien, dasz es schteunigst sich um
wandte und zur Quelle zwischen den
Hügeln eilte, wo es sich niederwarf.
Dies nim- nemdp der Nnnkt den mis
von der Tribüne aus nicht übersehen
konnten, denn der vor uns liegende
Hügel beraubte uns gänzlich der fernen
Aussicht Wir eilten also den Hügel
hinan, von wo aus wir neue Salven
auf das Ungethüm losfeuerten. Plötz
lich drehte sich dieses um, fah uns und
stürzte in rasender Wuth ausunszu.
Wir stoben fliehend auseinander, denn
in jenem Augenblick war jeder nur auf
fein- eigene Rettung bedacht. "·
Auf unfernWirth wates abgesehen.
Rasend vor Wuth verfolgte das Thier
ihn mit ungeftiimer Haft —- nur ein
Wunder tonnte unseren Freund retten
Plötzlich stieß er einen herzzerreißen
den Schrei saus, das Thier hatte ihn
bei ahe erreicht! Dann wandte er sich
um und hielt dem Ungestüm sein Ge
wehr entgegen. Aber in diesem Augen«
blick ftax d unversehens der Fürst mit
sblitzendenAugem die tödtlich vergiftete
Lanze zum Stoß erhoben, ihm zur
Seite. Der Schuß trachte, unser
Wirth stürzte zu Boden, das Untbiet
aber, durch die Ladung ins Gesicht
getroffen, sprang erschrocken empor,
ann aber, heulend vor Wuth, toar
es im Begriff, seine Gegner zu zer
malmen, als es plötzlich still stehen
blieb, heftig am ganzen Körper zitterte
und zu Boden donnerte. Die haar
scharfe, vergiftete Lanze des Fürsten
hatte das Fell des Nashorns berührt;
der riesige Urtvaldbetvohner lag todt
und starr zu Füßen des indischen
Herrschers- Wir stürzten hinzu und
ob.n- unferen Freund auf, er war
glücklicherweise nur ohnmächtig und
erholte sich bald. Wir athmetenauf.
Nachdem tvir den Koloß genug betrach
tet und das große, werthvolle Horn
abgelöst hatten, traten wir gegen
Abend den Heimweg an.
Das Mainmmchem
humoteste von Thea von har
bou.
,,J zum Teufet!« schrie Baron
Kanth vom Bock herunter, daß
das ganze Anstelder Whnhöfchen
dröhntr. »Nun-tpr- tvas machen Sie
denn hierf«
Der junge Offizier, der eben mit
der »Bimmelbahn« aus der Gomi
son gekommen, trat an den Wagen
und drückte seinem Bekannten die
biedere Landwirthstatze »Tag, Kanth
—- tch möchte Fräulein von Ansfelde
meinen Besuch machen-«
·,,Was. das Mammutchen wollen
Sie besuchen? Da haben wir ja fast
den gleichen Weg! Na, denn ran auf
den Bock, fo! —- und nun sagen Sie
mal, Trümpfchem was Sie bei dem
Mammutchon wellenf«
«Erlauben Ste«, meinte Trumpss
tonsternirt, »ich glaube, wir sprechen
von ganz verschieden Dingen!«
,,J bewahre!« strahlte Kanth sieges
sicher, »wir sprechen alle beide von
unserer verehrten Herrin von Ans
felde, deren Gutsnachbar zu sein ich
die Ehre habet Das ist ein Staats
frauenzimmerl Alle Achtung! Die hat
das alte Ansfelde hochgetvirthschaftet,
daß es eine Freude ist! Der fettefte
Weizenbvden weit und breit, — to
lofsale Mlchtvirthschaft, viermal
preisgetröntes Rindvieh, —- ja, ja,
von dem Mammntchen kann man ler
nen! Sogar Skat kann sie, —- groß
artig, was?«
,,Phänomenal!« murmelte Herbert
von Trümpr am Rande einer Ohn
macht. »Wie sieht Fräulein von
Ansfelde denn auss«
»Na, wissen Sie, —- sv’n bischen
ins Riesenhafte! Das hat ihr ja den
Kosenamen eingebracht. Halben Kon
größer wie ich, -—— jal Hat auch ’ne
prachtvolle Baßstimme, und einen
kleinen Bart, und links von der Nase
ein Märschen aber das stört nicht!«
»Natürlich nicht!« beeilte sich Her
bert von Trurnpfs zu versicheru.
»Und wie alt?"
»Das ist ’ne titzliche Frage! Sa
gen wir — unter Brüdern —- dreißig
gewesen!« Baron Kanth störte mit
der Peitsche eine Bremse auf. So,
da geht nun Jhr Weg ab nach Ans
felde. Es ist eigentlich verboten, aber
wenn Sie einer erwifcht, sagen Sie
nur, ich hätte Sie hingeschicktt
Sie smd wohl ’n bischen tipprig,
»was? Lassen Sie sich vom Mammut
chen selbstfabrizirten Kornschnaps
geben, das versteht sie wie keine
zweite. —- Und schönen Gruß an
Mammutchen!« schrie er noch über
die Schulter zurück, während die
Pferde anzogen.
»Danke!« antwortete Herbert von
Trumpfs dank jener Erziehung, die
desn Menschen auch in der verzwei
felrsten Situation unter das Gesetz
der Höflichkeit beugt. Und das war,
weiß Gott, die entsetzlichste, in die er
Zeit seines Lebens gerathen war,
denn das Mammutchen sollte er hei
rathen!
-----.» .- -.
Uullz llul UHU lllllllllIlDBUUJ IlllllU
es in seines Ontels Testament: ,,Jch
hinterlasse meinem Neffen Herbert,
Freiherrn von Immpr das Schloß
und Rittergut Trabach-t?lnsfelde, das
bis zu meinem Tode sich im Besitz
meines Pathentindeä 7räulein Re
nate von Ansselde befin t, —sotvie
die Summe von 80,000 Mark, —
unter der Bedingung, daß er grau
lein von Ansselde heirathete. ollte
er die Bedingung nicht erfüllen, so
fällt TrabachMnsfelde an Renate,
das Geld an die Familienstiftung.«
Was Herbert von Trumpff bei der
ersten Lettijre dieser Klausel zum
Himmel hinaufschickte, iwill ich nicht
wiederholen. Am liebsten hätte er
unter diesen Umständen iiderhaupt
verzichtet. Aber dann kam die Ueber
legung, und der unheilige Mammon
grinste ihn an· Einmal aus aller
Misere heraus zu sein, —- ein schö
nes Heim, ein edles Pferd besitzen,
dann und wann einen Ausflug in
irgend ein Paradies der Erde machen
tönnen... der Teufel siegte. und
Herbert von Trumpff machte sich auf,
den lebendigen Schlüssel zu all diesen
Möglichkeiten in Augenschein zu neh
men. Und nun! Da blieb er doch lie
ber in seiner Kaserne bei Bliitwurst
und Selterswasser und lernte die
Schönheiten der Erde im Mundun
gelände kennen!
Mit diesem heroischen Entschluß
bog Trumpff um eine Ecke und...
,,F)iminel, —- ein Leutnant!« er
klang es vor ihm im Tone der heiter
sten Ueberraschung, und vor dem also
Begriißten stand das herzigste aller
Wesen, die je ein weißes Sommer
tteid und Mohnbliithen im Mittel
getragen. Trumpff wenigstens, des
sen geängstigte Phantasie nur noch
Mammutchen hervorbrachte, starrte sie
so fassungslos iiberwältigt an, das-.
die junge Dame Zeit fand, sich von
ihrem eigenen Erstaunen zu erholen.
Sie hob die rechte Hand mahnend
empor, gab sich alle Mühe, ihr sonni
ges Gesichtchen in ein Paragraphen
zeichen zu verwandeln und sagte:
»Das Betreten dieses Weges ist bei
zehn Mart Strafe verboten!«
Zum Glück erinnerte sich der Er
tappte seines Paßwortes und entgeg
nete darum mit einer tiefen Verbeu
SUUAZ »Ich beschwöte die hohe Schutz
öttin dieser Flur, einem itrenden
Fremdling zu verzeihen, zumal Ba
ron Kanth mir versprach, ein gutes
Wort site mich einzulegen!«
»Was, Baron Kanth?« rief der
kleine Gesetzesparagraph und verwan
delte sich schleunigst in ein lachendes
Menschenkind »Dann gebe ich Par
don! Aber ich mache Sie daraus aus
mertsarn, daß dieser Weg nur in den
Schloßgarten von Ansfelde führt«
»Das wäre auch so ungefähr mein
Ziel!« schloß Trumpfs lächelnd. «
Die junge Dame sah ihn prüfend
an, und auf einmal schoß ihr eine glü
hende Röthe in das Gecht: »Dann sind
Sie am Ende gar . . . nein!«
»Freiherr von Trumpff,« ergänzte
der junge Offizier und schlug die
Hacken zufammen.
»Ach, wie schadet« war die räthsel
hafte Konsequenz davon.
Trumpffs hübsches, sonnenver
branntes Gesicht bot durchaus keine
Personifikation des menschlichen Gei
stes. »Meine Gnädigste,« begann er,
aber sie unterbrach ihn: »Bitte, seien
Sie mir nicht böse! Ich bin das en
fant terrible von Arnsfelde und kann
nie zur rechten Zeit den Mund hal
ltenl Kommen Sie, —- jetzt führe ich
Sie selbst die schönsten Parkwege, —
Sie werden nämlich . . . gewisser
maßen . . . erwartet auf Arnsfelde!«
»Natürlich!« dachte er, langsam
an ihrer Seite weiterschreitend, »sie
weiß ja ebensogut wie ich von dem
Testament. Nun gibt’s keine Ret
tung mehr! —- War es nun nothwen
dig, daß mir jetzt dieses süße Ge
schöpf in den Weg kommt?«
Er seufzte so ehrlich auf, daß
seine Führerin ihm die lachenden
Augen zuwandte. »Sie haben wohl
etwas verloren, daß Sie so ernsthaft
auf den Boden gucken?« fragte sie
mit so lachendem Gesicht, daß
Trumpff auf dem bestem Weg war,
allerdings etwas zu verlieren, was
moment.in gar heftig unter der lin
ken Uniformhälfte klopfte.
,,Nein!« antwortete er tragisch.
»Aber mein gnädiges Fräulein, hat
schon einmal der Versucher neben
Jhnen gestanden, Jhnen alle Herr
lichkeiten der Erde gezeigt und dazu
gesagt: »Das alles will ich dir
schenken, so du niederkniest und ein
vorfintfluthliches Gebilde anbetest?«
»Nein!« bekannte der herzige Ko
bold mit einem unwillkürlichen Blick
nach der Stirn ihres Begleiters.
,,Sintemalen meine Begriffe von be
sagten Gebilden etwas vager Natur
find. Jch kenne eigentlich nur eines«,
fuhr sie lachend fort. »Und das heißt
hierzulande das Mammutchen!«
»Nun eben!« nickte Trumpff Un
vorsichtig. Die junge Dame sah erst
ihren Schützling wieder sehr prüfend
an, dann schien sie zu begreifen, —
und brach in ein Lachen aus.
»So, das sind wir! Dort der
Hauptweg führt sie am schnellsten
ins Schloß, ich will Sie nur Fräu
lein von Ansfelde melden, —-sie
wird wohl im Kuhftall sein! Auf
Wieoersehen!« Wie ein Wirbelwind
flog sie durch den stattlichen Gemüse
garten und in den Kuhstall, wo sie
das Mammutchen auch wirklich fand.
»Ach, Tantchenl Ach, Tantchen!«
rief sie athemlos und warf sich der
Flügelmannsfigur des Mammutchens
an die Brust, — »aeh, das ist ja zu
einzig! Denke dir nur, er will dich,
— dich heirathen! Ach Tantchen!«
»Du bist wohl toll, min Deern!«
rief das Mammutchen im tiefsten
Baß. »Wer will mich heirathen?«
,,Herbert von Trumpff! Ach Gott,
ich kann ja nicht mehr lachen! Er
hält dich für ——— du weißt doch!
Das verwünschte Testament! Nun
denkt er, du seist Renate, die er hei
rathen soll!« «
Das Mammutchen fiel vor Lachen
beinahe seiner Lieblingskuh in den
Futtertrog »Nun schlag aber wirk
lich einer den Teufel todt!« schrie
sie. »Wer hat ihm denn das weis
gemacht? Der arme Junge! Nun
schwitzt er wahrscheinlich Blut in
dem Gedanken, daß er mich heira
then soll! Aber schadet nichts, min
Deern, schadet gar nichts! Jetzt wol
len wir deinen Herbert ruhig bei dem
Gedanken lassen! Wenn er deine
Tante sieht und macht ihr dann noch
einen Antrag um des Geldes willen,
da kannst du noch eine Lobeshymne
singen, daß du ihn nicht gekriegt
hast. Nimmt er dich aber, wie du
bist, als mein armes Nichtchen, na,
dann...«
Renaiens junge Lippen schlossen
ihr den Mund. »Dummes Mädel!«
sagte das Mammutchen. »Also nun
aus in den Kampf!«
Herbert von Trumpff weilte seit
drei Tagen auf Ansfelde und befand
sich immer elender dabei. Von dem
Testament und seinen Bedingungen
fiel kein Wort, wie durch stillschwei
gende Uebereinkunft beider Theile.
Die Schönheiten des wundervollen,
alten Besitzes, die er, völlig ungestört
seinen Neigungen folgend, genießen
durfte, waren nur eine Iolie für Re
nateni thaufrtsche Lieblichkeit und
für das Mammutchen dazu. Es
war wahrhaftig nicht leicht, das Be
wußtsein zu haben, du kannst dir
dieses irdische Paradies mit einem
Worte aufschließen, — und dieses
Wort nicht zu sprechen. "
Es war am Abend des vierten .
Tages und die beiden jungen Men- .
schen saßen allein auf der riesigen j
Veranda. Das Mammutchen hatte Z
sie s-ch überhaupt meistens selbst j
überlassen, da sie die Ueberzeugung
hegte, alle unglücklichen Eben kämen
nur davon, daß sämmtliche Basen
und Muhmen beständig dem jungen
Paar sozusagen auf dem Nacken knie
ten, um ihnen die Gelegenheit, sich
rechtzeitig kennen zu lernen, so «"
gründlich wie möglich zu verbauen. ;
,,Gnädiges Fräulein«, begann
Trumpsf mit einer ganz leichten An
strengung, ,,morgen Abend läuft mein
Urlaub ab. Jch sehe Sie vielleicht
nicht mehr- allein und habe Jhnen
doch sehr viel zu sagen. Darf ich es
jetzt !hun?«
Sie neigte vejahend den Kopf
fand aber keine Antwort.
»Sie wissen sicher um das Testa
ment meines Onkels und um seine
Bedingungen«, fuhr er fort und gab
sich redlich Mühe, nicht immer auf
ihr Köpfchen zu schauen, das vom
Lampenlicht eine Gloriole erhielt.
»Ich wurde vor eine Alternative ge
stellt, wie sie zwingender und sol
genschwerer kaum sein könnte, —
und ich bin mir klar geworden. —
Die Hand aufs Herz, — leicht fiel
es mir, ehrlich gesagt, nicht! Denn
niemand weiß besser, als ein armer
Leutnant, daß Armuth nicht glück
lich macht und Reichthum nicht schän
det. Aber selbst wenn ich gewollt
hätte vom Anfang an, —- jetzt kann
ich einfach nicht mehr. Seit Sie mir
da im Felde begegneten, wußte ich,
daß ich gegen mich selber nicht fech
ten könnte, — und noch weniger ge
gen Jhr liebes Köpfchen. Gott segne
Sie! Also mag Jhre Tante ruhig
die lebenslange Besitzer-in von Ans
felde werden, wenn Sie mir sagen
daß Sie versuchen wollen, mich
so lieb zu haben, wie ich Sie lieb
habe, wenn Sie als tapfere Solda
tenbraut es mit kleinen Verhält
nissen, — und einer großen Liebe
wagen wollten!«
Renate hatte sich ganz in den
Schatten verzogen. »Sie wollen also
von Ansfelde wirklich garnichts wis
sen?« « klang es, mit sonderbarer
Grabesstimme aus ihrer Ecke heraus.
»Ich will kein Ansfelde, —- ich
will nur Sie!« wiederholte er. .
»Ach, mein lieber Herr von
Trumpff!« wehklagte der Schelm,
,,daraus kann nie etwas werden! Jch
kann mein Ansfelde doch nicht ab
brennen lassen, — und es gehört doch
nun einmal zu mir!«
»Was!« schrie er und sprang auf,
und da sie in einer Ecke faß, konnte
sie ihm beim besten Willen nicht aus
weichen. »Du — du bist die Herrin
von AnsfeldeZ Und hast mich in die
sem Fegefeuer tagelang gelassen und
zugesehen, wie — Renate!«
»Ich kann doch nichts dafür!« Ver- .
theidigte sie sich und trocknete sich die
Thränen aus den Haselaugen. »Du
wolltest ja garnichts von mir wissen,
du hattest es ja aus das Mammut-"
chen abgesehen!«
»Ach Renate!« Und nun hatte er
sie in den Armen und küßte sie halb
todt. »Herrgott, soviel Glück auf
einmal, — das erträgt kein Mensch!
Jch muß wahrhaftig dem Mammut
chen einen Kuß geben!«
Da räusperte sich jemand im Gar
ten, mit einer Behemenz, wie sich eben
nur ein Mammutchen räuspern kann.
Und dann sagte eine mächtige Baß
stimme: ,,Komm’ her, Goldjunge!
Bist der einzige Mann, der sich rüh
men kann, vom Mammutchen einen
Kuß gekriegt zu haben. Aber du ver
dienst ihn! -— So, da ist die Bowle,
——— prost, Kinnings, das erste Glas
dem guten, alten Onkel sammt seinem
verrückten Testament!«
Und das Leben der beiden jungen
Menschen und der Dreiklang der Glä
ser gab einen schönen Akkord.
--- -q f f-—
Ein voriorqlicher Gatte.
Frau: »Aber-, EmiL wo willst du
denn jetzt um leII Uhr noch hin?«
Gatte: »Ach, ich will nur einen eili
gen Brief noch in den Kasten stecken,
aber weißt du, Ottilie, deshalb
brauchst du morgen mit dem Früh
stück nicht auf mich zu warten."
Mancher gleicht einem gestrandeten
Schiffe, er muß auch alles erst über
Bord werfen, um wieder oben zu
schwimmen.