Nebraska Staats-Anzeiger und Il«cerold. Jahrgang 26. Grund Island-, Nebr» 3. Jmuar 1903. (Zweiter Theil) Nummer 19. Kinder-lachen W — Jch habe die fröhlichen Kinder so gern, Ihre jauchzend-m lachenden Stimmen Klingen mit· irö tend ins Herz hinein, Sie sind mir zieme und Sonnen schein; Sie lassen mich muihig weiterklim men Ueber des Lebens Geröll und Gestein. Und nun gar um die Weihnachiszeii, Ach dann lausch’ ich dem jubelnden Schalle Und dem heimlichen seligen Freu·n Und dem Hoffen auf Weihnachis schein! Und meine nagenden Sorgen alle hufchen ins tiefste Dunkel hinein-— Dota Weiz. - Ein Abenteuer auf Jana. Erlebted vonTrTI V o ß b e r g. Lieber Freund! Bei mir in Soebang wird der Weih nachtsabend gefeiert; ganz Deutsch land wird vertreten sein, ich erwarte auch Sie mit Bestimmtheit. Jhr W. So lautete die Einladung, die mir zwar unerwartet, aber sehr willkom men war. Jch freute mich herzlich, meine elf Kameraden wiederzusehen und mit ihnen das Christfeft zuzu bringen. Wir waren zwölf junge Deutsche, freilich aus den verschieden ften Königreich-n u. Fürstenthiimern, aber doch Deutsche. Tausende von Meilen von unserem lieben Vaterland auf Java aus einer Schalle Land zu sammengewürfelt, alle in holländischen Staatsdienften und vorn Geniebureau mit der topographifchen Vermessung der Provinz Cheribon betraut. Die Entfernung von meiner Sta tion Toendangan nach Soebang, die dreißia Meilen betrug, leate ich in verhältnifzmäßig kurzer Zeit uriick und traf gegen acht Uhr Aben Z in Soebang ein. mo meine Freunde mich iubelnd begrüßten. Mein Wirth, ein yefterreicher von Geburt, der bereits fünfzehn Jahre in Oftindien lebte und ein fehr großes Bambushaus bewohn te, führte uns in die Vorhalle. Nach-« dem wir einige Erfrischunaen genom men, öffnete er die bis dahin geschlos sen gewesenenFliigelthiiren zumSaaL Ein Ruf der Ueberraschung und Freude entglitt unseren Lippen! Das Gemach war hell erleuchtet; inmitten erhob lich eine hohe, prächtige Palme, non oben bis unten mit brennenden Kerzen geschmückt und mit allen er denllichen Sachen behangen; vor der felben stand ein gedeckter Tisch, wo je der ein aus Deutschland stammendes Gefchent vorfand, das uns an das lie be Vaterland erinnerte. Es herrschte feierliche Stille. denn da war leinAuge thränenleer, kein herz, das nicht ftärter klopfte, leine Seele, die sich nicht wehmuthsvoll der Erinnerung an die glücklichen Jahre in der hei math hingeb. Jch brauche wohl nicht erst zu fa Kcn, daß während des darauffolgen den vortrefflichen Mahles ein Toast den anderen verdrängte und es wären wohl noch unzählige gefolgt, hätte W. nicht Miit-lich das Lied: »Was ist des Deutschen Vaterland?« angestimmt, Kräftig fielen wir alle ein, und fo tönte dies herrliche, ternige Vollslied oben auf Sordangs Plateau durch die Stille der Tropennachi. Plötzlich jedoch wurde unser Gesang durch einen furchtbaren Schrei vor dem Hause un trrbrochen ein zweiter Schrei folgte, nnd der Ortshiiuptling stiir te athenn los in den Saal, wo unsere Palme im Lichterglanz prangtr. »Toewan, toewan, badal, badal beö ar frali!« ( rr, herr, ein Rhinoze ros, ein gra es Nhinozeros, ein sehr arofzes Nhinozeros!) rief er, indem er sich zu uns in die hintere Galerie flüchtete. Ein Donnerschlag aus heiterem himmel hätte uns nicht mächtiger em porschnellen lännern are dieser Aufruf. Wir stürzten in den, Saal, wo unfere eladenen Gewehre standen. aber laum satte jeder seine Waffe in der and, laum standen wir verfammelt inter der Palme, so trat auch schon lang sam, maiestätilch, den ganzen Raum der Flüsielthiir einnehmend ein to lossa es hinezeros durch die Vorhalle in den Saal. »Es ift ein Weihnachtlmannl« rief unser Wirth mit funkelnden Augen. Sonderbar — wir ftaåeden plählich der todbringenden fahr einige Schritte arntiber, von ihr nur durch einige Stiche und dld Po me getrennt, eine Scheidewand iibri ene lo nichts saaend. halt ein leiser nsioh des Un t ters genilgte, alles vor uns zu er ettern. ask idpämgälgx kt Mk Ei i n ; in , cum Mk Veso-eß c unen liber die Miit-heil des Urweldsetpphnets vor-i über, als Heiterteit sich unserer wieder bemächtigte und mit ihr zugleich die Ruhe und dieKaltbltitigleit, die noth wendigen Begleiter des Menschen« wenn er der Gefahr mit Erfolg entge gentreten will. Wir waren alle schon einige Zeit in Indien, und daher ver traut mit der Todesgesahr, die uns ja beinahe jeden Tag bei jedem Unterneh men aus die verschiedenste Weise entge gentrat, aber in diesem Augenblick war die Gefahr größer als je, denn wir standen einem Feinde gegenüber-, des sen Undurchdringlicher Panzer allen Kugeln trotzte, der nur hinter dem-Ohr eine kleine tödtlich verwundbareStelle hatte und der rnit einem einzigen seeundschastlichen Tritt uns zumal men konnte. Das fühlten wir, nnd trir waren uns zu gleicher Zeit be wußt, dasz nur ein einheitliches, ruhig überlegtes Handeln uns den Sieg über dasUntlJier zuwenden konnte. Unmitt tiirlich richteten sich daher aller Augen auf unsern Wirth, der sich auch feiner Verantwortung völlig bewußt, einer Aufgabe völlig gewachsen fühlte. »Meine Herren,'« ries er plötzlich, ,,sehen Sie, er avanciri. Ziehen wir uns daher leise zurück, zurück in die Halle, aber lein Wort, lein unnützes I Geräusch -— ich habe einen Plan!« I Wir folgten seinem Rath und zogen jung zurüc, während er vorsichtig die Z Fliigelthiiren schloß. . »Jetzt acsgepaßt,« wandte er sich in malaischer Sprache an die Japaner, ,.wehe dem, der meinem Be ehl zu widerhandeltt Baedjang, so schnell wie möglich alle Pferde gesattelt, und Jhr, Häuptling, laßt Lärm schlagen, alle, aber auch alle Einwohner Soebangs sosort mit Fackeln hierber!« Die Angekedeten stürzten fort, seine Befehle zu vollziehen. »Und nun, meine Freunde, wollen wir es den alten Jungen, der sich un -verwundbar glaubt, büßen lassen, daß er es wagt, unser Fest zu stören; wir wollen ihn mit Feuer vertreiben, und 'ich verspreche hnen eine interessante Jagd. Mit diesen Worten schlich er E sick um das Haus und schloß die Ein gangsthiire, während das Rhinozeros in aller Gemütblichteit sich unserem Weihnachtsbaum betrachtete und an schickte, denselben zu vertilgen. Das Alarmsignal ertönte, ein Eingeborener Inach dem andern erschien, wir bestie « gen die vorgesiihrten Pferde und harr ten schweigend der nächsten Anord nung« da wir den ganzen Plan noch nicht durchschasten. Als über hundert Menschen sich mii trennenden Fackeln auf dem Rasen rlatz versammelt hatten, befahl unser -Wirth dem Häuptling sofort einige Mann nach Koeningan zu senden und den Fürsten nebst dem holländischen Nesidenten zur Nhinozerosjagd in sei nem Namen einladen zu lassen »Nun, Leute,« rief er, sich an die Japaner wendend, »hiirt meine Be fehle! Der Weg hier rechts von mei nem Hause führt zum Urwalde. der linlö, wie Jhr wißt, aus die Hoch ebene, und wenn »wir das Thier erle gen wollen« müssen swir es zwingen, diesen Weg einzuschlagen.« Die Javaner, mit allen Gefahren vertraut, hatten sofort den Plan un setes Freundes begriffen und dessen sAnordnunaen befolgt. Unser Wirth Eschwana sich nun auch in den Sattel, ädas Signal wurde gegeben, Thüren : geöffnet, schreiend drangen die Fackel sleiiger in den Saal und schreckten das f Unthier auf, das entsetzt zur Vorder « thiir hinausstiirzte. Hier wollte es sich dem Urwald zuwenden, aber ein neues Geschrei, ein neues Feuermeee drang aus den Sohn des Waldes ein —- er schreckte zurück und stürzte in rafendem Galopp der Hochebene entgegen, ge solgt von uns aus unseren Rennern und von Hunderten schreiender, sattel k tragender Javaner, die eg, was Lauten s anbetras, mit dem siiehenden Thier, sselbst mit unseren Jagdpserden aus ; nehmen konnten. i Diese Treibjagd mochte ungefähr ieine halbe Stunde gedauert haben, als J wir vor uns ein Gebüsch erblickten. das i beinahe undurchdringlich sich um einige sHiigel zog, zwischen denen die Quelle s eines der größten Flüsse Judas, der Ttidiollang laa. Dorthin richtete das geängstigte Thier seine Flucht. »Jetzt haben wir den alten Junaen.« rief unser Wirth. »Na-minnt Sie seht, meine Freunde. hier find wie überflüs sig, denn der Fürst kann rnit seinem Gefolge. wenn er sich auch noch so sehr beeilt, erst gen Mittag ankommen. und wir ha n daher Zeit, uns-einige Stunden der Ruhe zu gdnnem Am anderen Morgen tras der Fürst, ein prächtig gebar-ter Mann von drei ßig Jahren, ein. Er war begleitet von der fürstlichen Leibwache und einer großen Zahl von Dienern, die ihm un ter anderem das aeladene Doppelar tvehr unddie lan eLzmzh deren tödt lich vergiftete Sp se von einer kleinen goldenen Scheide umschlossen wurde, trvgen. Nach seierlicher Begrüßung durch unseren Freund begaben wir uns sofort zu dern Gebüsch. s wir das Ziel erreicht hatten, mthe ich staunen iiber die große Ver-— änterung, die in den wenigen Stunden erfolgt war. Tausende von Menschen, die ans allen Orten der Umgebung zu sammengeströmt waren, lagerten im Kreise um die beiden Hügel, hatten mit geschöftigen Händen das Gebüsch ge lichtet und eine Trihiine von Bambus rohr erbaut, von der man alles über seh : konnte, während das Rhinozeros in aller Ruhe in der Quelle des Flus ses ssein Mittagsfchläschen zu ha!ten schien. Nachdem wir die Tribiine bestiegen hatten, war-de das Unthier aus seiner Ruhe aufgescheucht. Auf den Hügeln nämlich waren einige tolossale Bäume stehen gedtiebem in deren Zweigen sich eine inländische Mufittapelle einge nistChattg die nun alles aufbot, durch ohrzerreißenden Paukenschlag nnd Beckengeklirr das Rhinozeros zu äng stigen. Dieser höllische Lärm, von den Schreien Tausender begleitet, schien selbst für die Ohren des riesigen Dickhäuters zu unbehaglich, denn das Rhinozeros sprang aus« schüttelte sich, und sing an, den großen Kreis zu durchtraben. Als es bei unserer Tri diine vorbeikam, trachte eine Salve, und vierzehn Kugeln drangen in das « Fell, ohne daß das Thier sichirn min desten durch diesen Willkommengrusz beunruhigt gefühlt hätte. Als es zum zweiten Male bei uns dorübertam, er hielt es dieselben Schüsse, und diesmal schien wirklich eine oder die andere Kugel etwas tiefer in das Fleisch ein gedrungen zu sein, denn es blieb plötz lich ftehen, sah sich grimmig nach sei nen Feinden um und setzte sich dann in fliehenden Galopp, ohne es sedoch zu wagen, ei en kleinen Graben zu über fvringen und sich Freiheit zu ver schaffen. Nach einigen Minuten er schien es wieder bei uns und erhielt eine dritte Salve, die es so zu entsetzen schien, dasz es schteunigst sich um wandte und zur Quelle zwischen den Hügeln eilte, wo es sich niederwarf. Dies nim- nemdp der Nnnkt den mis von der Tribüne aus nicht übersehen konnten, denn der vor uns liegende Hügel beraubte uns gänzlich der fernen Aussicht Wir eilten also den Hügel hinan, von wo aus wir neue Salven auf das Ungethüm losfeuerten. Plötz lich drehte sich dieses um, fah uns und stürzte in rasender Wuth ausunszu. Wir stoben fliehend auseinander, denn in jenem Augenblick war jeder nur auf fein- eigene Rettung bedacht. "· Auf unfernWirth wates abgesehen. Rasend vor Wuth verfolgte das Thier ihn mit ungeftiimer Haft —- nur ein Wunder tonnte unseren Freund retten Plötzlich stieß er einen herzzerreißen den Schrei saus, das Thier hatte ihn bei ahe erreicht! Dann wandte er sich um und hielt dem Ungestüm sein Ge wehr entgegen. Aber in diesem Augen« blick ftax d unversehens der Fürst mit sblitzendenAugem die tödtlich vergiftete Lanze zum Stoß erhoben, ihm zur Seite. Der Schuß trachte, unser Wirth stürzte zu Boden, das Untbiet aber, durch die Ladung ins Gesicht getroffen, sprang erschrocken empor, ann aber, heulend vor Wuth, toar es im Begriff, seine Gegner zu zer malmen, als es plötzlich still stehen blieb, heftig am ganzen Körper zitterte und zu Boden donnerte. Die haar scharfe, vergiftete Lanze des Fürsten hatte das Fell des Nashorns berührt; der riesige Urtvaldbetvohner lag todt und starr zu Füßen des indischen Herrschers- Wir stürzten hinzu und ob.n- unferen Freund auf, er war glücklicherweise nur ohnmächtig und erholte sich bald. Wir athmetenauf. Nachdem tvir den Koloß genug betrach tet und das große, werthvolle Horn abgelöst hatten, traten wir gegen Abend den Heimweg an. Das Mainmmchem humoteste von Thea von har bou. ,,J zum Teufet!« schrie Baron Kanth vom Bock herunter, daß das ganze Anstelder Whnhöfchen dröhntr. »Nun-tpr- tvas machen Sie denn hierf« Der junge Offizier, der eben mit der »Bimmelbahn« aus der Gomi son gekommen, trat an den Wagen und drückte seinem Bekannten die biedere Landwirthstatze »Tag, Kanth —- tch möchte Fräulein von Ansfelde meinen Besuch machen-« ·,,Was. das Mammutchen wollen Sie besuchen? Da haben wir ja fast den gleichen Weg! Na, denn ran auf den Bock, fo! —- und nun sagen Sie mal, Trümpfchem was Sie bei dem Mammutchon wellenf« «Erlauben Ste«, meinte Trumpss tonsternirt, »ich glaube, wir sprechen von ganz verschieden Dingen!« ,,J bewahre!« strahlte Kanth sieges sicher, »wir sprechen alle beide von unserer verehrten Herrin von Ans felde, deren Gutsnachbar zu sein ich die Ehre habet Das ist ein Staats frauenzimmerl Alle Achtung! Die hat das alte Ansfelde hochgetvirthschaftet, daß es eine Freude ist! Der fettefte Weizenbvden weit und breit, — to lofsale Mlchtvirthschaft, viermal preisgetröntes Rindvieh, —- ja, ja, von dem Mammntchen kann man ler nen! Sogar Skat kann sie, —- groß artig, was?« ,,Phänomenal!« murmelte Herbert von Trümpr am Rande einer Ohn macht. »Wie sieht Fräulein von Ansfelde denn auss« »Na, wissen Sie, —- sv’n bischen ins Riesenhafte! Das hat ihr ja den Kosenamen eingebracht. Halben Kon größer wie ich, -—— jal Hat auch ’ne prachtvolle Baßstimme, und einen kleinen Bart, und links von der Nase ein Märschen aber das stört nicht!« »Natürlich nicht!« beeilte sich Her bert von Trurnpfs zu versicheru. »Und wie alt?" »Das ist ’ne titzliche Frage! Sa gen wir — unter Brüdern —- dreißig gewesen!« Baron Kanth störte mit der Peitsche eine Bremse auf. So, da geht nun Jhr Weg ab nach Ans felde. Es ist eigentlich verboten, aber wenn Sie einer erwifcht, sagen Sie nur, ich hätte Sie hingeschicktt Sie smd wohl ’n bischen tipprig, »was? Lassen Sie sich vom Mammut chen selbstfabrizirten Kornschnaps geben, das versteht sie wie keine zweite. —- Und schönen Gruß an Mammutchen!« schrie er noch über die Schulter zurück, während die Pferde anzogen. »Danke!« antwortete Herbert von Trumpfs dank jener Erziehung, die desn Menschen auch in der verzwei felrsten Situation unter das Gesetz der Höflichkeit beugt. Und das war, weiß Gott, die entsetzlichste, in die er Zeit seines Lebens gerathen war, denn das Mammutchen sollte er hei rathen! -----.» .- -. Uullz llul UHU lllllllllIlDBUUJ IlllllU es in seines Ontels Testament: ,,Jch hinterlasse meinem Neffen Herbert, Freiherrn von Immpr das Schloß und Rittergut Trabach-t?lnsfelde, das bis zu meinem Tode sich im Besitz meines Pathentindeä 7räulein Re nate von Ansselde befin t, —sotvie die Summe von 80,000 Mark, — unter der Bedingung, daß er grau lein von Ansselde heirathete. ollte er die Bedingung nicht erfüllen, so fällt TrabachMnsfelde an Renate, das Geld an die Familienstiftung.« Was Herbert von Trumpff bei der ersten Lettijre dieser Klausel zum Himmel hinaufschickte, iwill ich nicht wiederholen. Am liebsten hätte er unter diesen Umständen iiderhaupt verzichtet. Aber dann kam die Ueber legung, und der unheilige Mammon grinste ihn an· Einmal aus aller Misere heraus zu sein, —- ein schö nes Heim, ein edles Pferd besitzen, dann und wann einen Ausflug in irgend ein Paradies der Erde machen tönnen... der Teufel siegte. und Herbert von Trumpff machte sich auf, den lebendigen Schlüssel zu all diesen Möglichkeiten in Augenschein zu neh men. Und nun! Da blieb er doch lie ber in seiner Kaserne bei Bliitwurst und Selterswasser und lernte die Schönheiten der Erde im Mundun gelände kennen! Mit diesem heroischen Entschluß bog Trumpff um eine Ecke und... ,,F)iminel, —- ein Leutnant!« er klang es vor ihm im Tone der heiter sten Ueberraschung, und vor dem also Begriißten stand das herzigste aller Wesen, die je ein weißes Sommer tteid und Mohnbliithen im Mittel getragen. Trumpff wenigstens, des sen geängstigte Phantasie nur noch Mammutchen hervorbrachte, starrte sie so fassungslos iiberwältigt an, das-. die junge Dame Zeit fand, sich von ihrem eigenen Erstaunen zu erholen. Sie hob die rechte Hand mahnend empor, gab sich alle Mühe, ihr sonni ges Gesichtchen in ein Paragraphen zeichen zu verwandeln und sagte: »Das Betreten dieses Weges ist bei zehn Mart Strafe verboten!« Zum Glück erinnerte sich der Er tappte seines Paßwortes und entgeg nete darum mit einer tiefen Verbeu SUUAZ »Ich beschwöte die hohe Schutz öttin dieser Flur, einem itrenden Fremdling zu verzeihen, zumal Ba ron Kanth mir versprach, ein gutes Wort site mich einzulegen!« »Was, Baron Kanth?« rief der kleine Gesetzesparagraph und verwan delte sich schleunigst in ein lachendes Menschenkind »Dann gebe ich Par don! Aber ich mache Sie daraus aus mertsarn, daß dieser Weg nur in den Schloßgarten von Ansfelde führt« »Das wäre auch so ungefähr mein Ziel!« schloß Trumpfs lächelnd. « Die junge Dame sah ihn prüfend an, und auf einmal schoß ihr eine glü hende Röthe in das Gecht: »Dann sind Sie am Ende gar . . . nein!« »Freiherr von Trumpff,« ergänzte der junge Offizier und schlug die Hacken zufammen. »Ach, wie schadet« war die räthsel hafte Konsequenz davon. Trumpffs hübsches, sonnenver branntes Gesicht bot durchaus keine Personifikation des menschlichen Gei stes. »Meine Gnädigste,« begann er, aber sie unterbrach ihn: »Bitte, seien Sie mir nicht böse! Ich bin das en fant terrible von Arnsfelde und kann nie zur rechten Zeit den Mund hal ltenl Kommen Sie, —- jetzt führe ich Sie selbst die schönsten Parkwege, — Sie werden nämlich . . . gewisser maßen . . . erwartet auf Arnsfelde!« »Natürlich!« dachte er, langsam an ihrer Seite weiterschreitend, »sie weiß ja ebensogut wie ich von dem Testament. Nun gibt’s keine Ret tung mehr! —- War es nun nothwen dig, daß mir jetzt dieses süße Ge schöpf in den Weg kommt?« Er seufzte so ehrlich auf, daß seine Führerin ihm die lachenden Augen zuwandte. »Sie haben wohl etwas verloren, daß Sie so ernsthaft auf den Boden gucken?« fragte sie mit so lachendem Gesicht, daß Trumpff auf dem bestem Weg war, allerdings etwas zu verlieren, was moment.in gar heftig unter der lin ken Uniformhälfte klopfte. ,,Nein!« antwortete er tragisch. »Aber mein gnädiges Fräulein, hat schon einmal der Versucher neben Jhnen gestanden, Jhnen alle Herr lichkeiten der Erde gezeigt und dazu gesagt: »Das alles will ich dir schenken, so du niederkniest und ein vorfintfluthliches Gebilde anbetest?« »Nein!« bekannte der herzige Ko bold mit einem unwillkürlichen Blick nach der Stirn ihres Begleiters. ,,Sintemalen meine Begriffe von be sagten Gebilden etwas vager Natur find. Jch kenne eigentlich nur eines«, fuhr sie lachend fort. »Und das heißt hierzulande das Mammutchen!« »Nun eben!« nickte Trumpff Un vorsichtig. Die junge Dame sah erst ihren Schützling wieder sehr prüfend an, dann schien sie zu begreifen, — und brach in ein Lachen aus. »So, das sind wir! Dort der Hauptweg führt sie am schnellsten ins Schloß, ich will Sie nur Fräu lein von Ansfelde melden, —-sie wird wohl im Kuhftall sein! Auf Wieoersehen!« Wie ein Wirbelwind flog sie durch den stattlichen Gemüse garten und in den Kuhstall, wo sie das Mammutchen auch wirklich fand. »Ach, Tantchenl Ach, Tantchen!« rief sie athemlos und warf sich der Flügelmannsfigur des Mammutchens an die Brust, — »aeh, das ist ja zu einzig! Denke dir nur, er will dich, — dich heirathen! Ach Tantchen!« »Du bist wohl toll, min Deern!« rief das Mammutchen im tiefsten Baß. »Wer will mich heirathen?« ,,Herbert von Trumpff! Ach Gott, ich kann ja nicht mehr lachen! Er hält dich für ——— du weißt doch! Das verwünschte Testament! Nun denkt er, du seist Renate, die er hei rathen soll!« « Das Mammutchen fiel vor Lachen beinahe seiner Lieblingskuh in den Futtertrog »Nun schlag aber wirk lich einer den Teufel todt!« schrie sie. »Wer hat ihm denn das weis gemacht? Der arme Junge! Nun schwitzt er wahrscheinlich Blut in dem Gedanken, daß er mich heira then soll! Aber schadet nichts, min Deern, schadet gar nichts! Jetzt wol len wir deinen Herbert ruhig bei dem Gedanken lassen! Wenn er deine Tante sieht und macht ihr dann noch einen Antrag um des Geldes willen, da kannst du noch eine Lobeshymne singen, daß du ihn nicht gekriegt hast. Nimmt er dich aber, wie du bist, als mein armes Nichtchen, na, dann...« Renaiens junge Lippen schlossen ihr den Mund. »Dummes Mädel!« sagte das Mammutchen. »Also nun aus in den Kampf!« Herbert von Trumpff weilte seit drei Tagen auf Ansfelde und befand sich immer elender dabei. Von dem Testament und seinen Bedingungen fiel kein Wort, wie durch stillschwei gende Uebereinkunft beider Theile. Die Schönheiten des wundervollen, alten Besitzes, die er, völlig ungestört seinen Neigungen folgend, genießen durfte, waren nur eine Iolie für Re nateni thaufrtsche Lieblichkeit und für das Mammutchen dazu. Es war wahrhaftig nicht leicht, das Be wußtsein zu haben, du kannst dir dieses irdische Paradies mit einem Worte aufschließen, — und dieses Wort nicht zu sprechen. " Es war am Abend des vierten . Tages und die beiden jungen Men- . schen saßen allein auf der riesigen j Veranda. Das Mammutchen hatte Z sie s-ch überhaupt meistens selbst j überlassen, da sie die Ueberzeugung hegte, alle unglücklichen Eben kämen nur davon, daß sämmtliche Basen und Muhmen beständig dem jungen Paar sozusagen auf dem Nacken knie ten, um ihnen die Gelegenheit, sich rechtzeitig kennen zu lernen, so «" gründlich wie möglich zu verbauen. ; ,,Gnädiges Fräulein«, begann Trumpsf mit einer ganz leichten An strengung, ,,morgen Abend läuft mein Urlaub ab. Jch sehe Sie vielleicht nicht mehr- allein und habe Jhnen doch sehr viel zu sagen. Darf ich es jetzt !hun?« Sie neigte vejahend den Kopf fand aber keine Antwort. »Sie wissen sicher um das Testa ment meines Onkels und um seine Bedingungen«, fuhr er fort und gab sich redlich Mühe, nicht immer auf ihr Köpfchen zu schauen, das vom Lampenlicht eine Gloriole erhielt. »Ich wurde vor eine Alternative ge stellt, wie sie zwingender und sol genschwerer kaum sein könnte, — und ich bin mir klar geworden. — Die Hand aufs Herz, — leicht fiel es mir, ehrlich gesagt, nicht! Denn niemand weiß besser, als ein armer Leutnant, daß Armuth nicht glück lich macht und Reichthum nicht schän det. Aber selbst wenn ich gewollt hätte vom Anfang an, —- jetzt kann ich einfach nicht mehr. Seit Sie mir da im Felde begegneten, wußte ich, daß ich gegen mich selber nicht fech ten könnte, — und noch weniger ge gen Jhr liebes Köpfchen. Gott segne Sie! Also mag Jhre Tante ruhig die lebenslange Besitzer-in von Ans felde werden, wenn Sie mir sagen daß Sie versuchen wollen, mich so lieb zu haben, wie ich Sie lieb habe, wenn Sie als tapfere Solda tenbraut es mit kleinen Verhält nissen, — und einer großen Liebe wagen wollten!« Renate hatte sich ganz in den Schatten verzogen. »Sie wollen also von Ansfelde wirklich garnichts wis sen?« « klang es, mit sonderbarer Grabesstimme aus ihrer Ecke heraus. »Ich will kein Ansfelde, —- ich will nur Sie!« wiederholte er. . »Ach, mein lieber Herr von Trumpff!« wehklagte der Schelm, ,,daraus kann nie etwas werden! Jch kann mein Ansfelde doch nicht ab brennen lassen, — und es gehört doch nun einmal zu mir!« »Was!« schrie er und sprang auf, und da sie in einer Ecke faß, konnte sie ihm beim besten Willen nicht aus weichen. »Du — du bist die Herrin von AnsfeldeZ Und hast mich in die sem Fegefeuer tagelang gelassen und zugesehen, wie — Renate!« »Ich kann doch nichts dafür!« Ver- . theidigte sie sich und trocknete sich die Thränen aus den Haselaugen. »Du wolltest ja garnichts von mir wissen, du hattest es ja aus das Mammut-" chen abgesehen!« »Ach Renate!« Und nun hatte er sie in den Armen und küßte sie halb todt. »Herrgott, soviel Glück auf einmal, — das erträgt kein Mensch! Jch muß wahrhaftig dem Mammut chen einen Kuß geben!« Da räusperte sich jemand im Gar ten, mit einer Behemenz, wie sich eben nur ein Mammutchen räuspern kann. Und dann sagte eine mächtige Baß stimme: ,,Komm’ her, Goldjunge! Bist der einzige Mann, der sich rüh men kann, vom Mammutchen einen Kuß gekriegt zu haben. Aber du ver dienst ihn! -— So, da ist die Bowle, ——— prost, Kinnings, das erste Glas dem guten, alten Onkel sammt seinem verrückten Testament!« Und das Leben der beiden jungen Menschen und der Dreiklang der Glä ser gab einen schönen Akkord. --- -q f f-— Ein voriorqlicher Gatte. Frau: »Aber-, EmiL wo willst du denn jetzt um leII Uhr noch hin?« Gatte: »Ach, ich will nur einen eili gen Brief noch in den Kasten stecken, aber weißt du, Ottilie, deshalb brauchst du morgen mit dem Früh stück nicht auf mich zu warten." Mancher gleicht einem gestrandeten Schiffe, er muß auch alles erst über Bord werfen, um wieder oben zu schwimmen.