Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 27, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    -«W—M
OIHHJHW s
W
Modit gemach-.
humoresie von Hedwig Nico
lah.
Ein sonniger, woltenloser Himmel
wslbte sich über der kleinen Garnison
stadt. Die gelbverhangenen Fenster
im hause des Kommandeurs, dessen
« Garten an den des Kasinos grenzte,
glänzten hell in der Sonne, aber in
der kleinen Villa regte sich nichts.
So oft die Blicke der drei jungen
« Offiziere auch hinüberwanderten, das
Bild änderte sich nicht: das rosenum
sponnene höuschen lag da wie ein
verzaubertes Märchenfchloß.
»Oede bis zur Bewußtlosigkeit,«
stöhnte Lutz Wächter, ein noch sehr
junger Offizier. ,,Sterbenslangwei
lig! Alles schläft kommenden Ereig
nissen entgegen.«
»Leg’ Dich doch ebenfalls aufs
Ohr,« brummte der dicke Hans Blum
berg und streckte die bespornten Beine
so weit von fich, daß Leutnant Wäch
ters zottiger Pudel, der einen unsanf
ten Stosz erhielt, tnurrend aufsprang.
»Pardon, Herr Bummel,'« entschul
digte sich hans und streichelte den
schwarzen Biersiißler.
»Sag mal, Lutz,« fragte jetzt
schläfrig der dritte im Bunde, Leut
nant von Schöneich, der schöne Bolko
genannt, weißt Du eigentlich, ob
heute Abend zum Gartenfeft beim
»Alten« auch Fräulein Klotilde Schu
ftermeier erscheinen wird?«
Der Angeredete fuhr auf. »Was
weiß ich? Sprich mir von allen
Schrecken des Gewissens . . .«
«Bom alten Schustermeier sprich
mir nicht,« vollendete der andere mit
komischen Pathos. »Die Redensart
kennen wir nun schon.«
Der dicke Hans lächelte gutmüthig.
Klingt doch ganz feudalt Klvtilde von
Wächter, gebotene Schustermeier,« rief
er dazwischen.
Lust fuhr auf der Veranda hin und
her. »Aber bitte,« wehrte er beleidigt
ab, »du hört jeder Spaß auf. Denkt
Ihr, es sei ein Vergnügen, immer in
Todesangst zu schweben, der Alte
könnte mit gezoaenem Wechsel kom
men und ausrufen: Geld oder meine
Tochter!?«
»Wie 1unge Dame m yuoIcy uno
wohlerzogen, Lutz«, suchte Bollo zu
begütigen. »Dazu bevorzugt sie Dich
aufsallend und Papachens Geldge
schäste sind durchaus reinlicher Art."
»Und der gräßliche Name-I«
»Deine Freiherrntrone deckt ihn
su!«
Leutnant Wächter setzte sich schmol
lend in einen Winkel.
»Na, Lus« — der dicke Hans rich
tete sich ein wenig aus seiner beque
men Lage auf — »e5 ist nur zu Dei
nem Besten, wenn wir ungeachtet
Deiner Mißstimmung das Thema
noch weiter ventiliren. Du bist ein
guter Junge, aber es wird Zeit, daß
Du Dich aus dem userlosen Ozean des
Leichtsinns ans Land rettest. Jn Pa
rentbese — der Kommandeur denkt
ebenso. Konzentrire Deine flattert-af
ten Gedanken und Gefühle, mit denen
Du uns bei den jungen Damen immer
ins Gehege kommst, mal ernsthaft aus
Fräulein Klotilde, so wirst Du zu
dem Schluß gelangen, daß sie eine
sehr sympathische Ariadne ist« an deren
goldenem Faden Du Dich beauem aus
dem Labyrinth Deiner Schulden her
aus winden könntest. Mancher Mensch
muß wirklich erst in sein Glück hinein
gesiosien werden!«
Schweigend brütete Lutz in der
Stille, die nach diesen Worten ent
stand, vor sich hin, bis er plötzlich wie
der aussptang, und ohne die beiden
Kameraden besonders in Erstaunen
zu seden, in völlig veränderter Stim
mung ausrief: »Habe übrigens sa
mose neue Touren erfunden siir Ko
tillon heute Abend. Muß mal vormi
men. Bummel ist Tame.«
Er holte aus der Tasche eine pa
pierne Nachthaube, die er einem Small
bonbon entnommen, stülpte sie auf das
zottige Haupt Buminels, der sich mit
dummschlauern Gesicht, ohne eine Auf
forderung abzuwarten, auf die Hin
terbeine setzte und sich wie etwas Ge
wohntes ein Paar Handschuhe des
Leutnantö iiber die Vorderpfoten strei
fen ließ. Ehrbar und steif blieb er
seyen, indes sein Herr, eine Melodie
pseifend, bald vor, bald hinter der
»marlirien« Dame oorbeichassitte und
die Bedeutung des Ganzen erklärte.
Auf den Gesichtern der beiden Zu
schauer spielten alle Geister der Lustig
keit, aber iie lachten erst laut, als eine
helle Stimme außerhalb der Veranda
das Signal dazu gab.
»Iamos,« rief Fräulein Helena, das
Kommandeurstöchterchem aus ihrem
Versteck hervortretend, »was soll diese
abenteuerliche Szene bedeuten? han
delt es sich um einen fremdartigen
Götzendienst mit Tanz vor dem Fe
Mel-N
Die beiden Offiiere sprangen aus,
und alle drei verneigten sich vor der
weißgeileideten jungen Dame. die so
ganz der frische rosige Typ war, den
jedermann gern hat.
«Gniidiges Fräulein, es sind neue
Tanztouren iiir heute Abend, es sollte
eine Ueberraschung sür Sie sein,« er
klärte Luh eilsertig. »Da Sie aber
In sriih Kenntniss .·da»von erhielten,
III
J ZXDJZ
wie sehr ich stets bestrebt bin, Jhnen
Unterhaltung zu verschassen, bitte ich
Sie gehorsamst, die Chose bis zu
Ende anzusehen.«
Fräulein Helmas Gesicht strahlte in
übermüiithiger Lebensfreude, sie wars
lstch mit Grazie in einen Korbstuhh
Den braunen Titustops zurückbie
gend, bedachte sie alle drei mit einem
bestrickend schelmischen Augenaus
schlag, indem sie zum Niedersitzen aus
forderte
»So, nun fahren Sie mit Jbrer ge
mütberschiitternden Hundelomiidie
fort, Herr Leutnant von Wächter,«
befahl sie dann mit einer grotest
hoheitsbollen Miene, die unendlich
komisch wirkte.
Bummel jaulte vor freudiger Er
regung, Lutz pfiff und tanzte; die
anderen amiisirten sich, es war ein
Schauspiel fiir Götter!
Aber noch hatte der Leutnant nicht
alle die neuen Ergebnisse seiner Er
findungen produzirt, als vom Kom
mandeursgarten her etwas Seltsames
durch die Luft gesaust kam und dicht
vor der Veranda niederfiel. Es ent
puppte sich als ein Kalbsbratenlno
chen von gewaltigen Dimensionen.
Mit einem Male regte sich in dem
braven Bumsmel die Köternatur. Ein
lautes Bellen aussto end und unein
dent seines selt amen Schmuckes
abonstiirmem den Knochen mit den
Zähnen erfassen und ins Gebüsch re
tiriren: das war das Wert eines Au
genblicks.
Der Tan tünstler fchimpste aus den
pslichtsverge enen Ausreißer und auf
den unsichtbaren Störenfried, aber
seine Worte gingen in dem schallen
den Gelächter seiner Zuschauer unter.
Helma lachte und lachte, als wollte
sie nie mehr aufhören, und sah in
ihrem Muthwillen so allerliebst aus«
daß in den blauen Augen des dicken
Hans ein helles Entzücken aufleuch
tete.
Leutnant Lutz, einen drolligenKnix
machend, stiesz sie endlich mühsam
hervor: »Das-war mein Wert, Herr
von Wächter! Eine Liebe ist der an
deren werth! Jch wollte Ihnen nichts
schuldig sein, darum habe ich, bevor
ich hier aus der Bildfläche erschien,
den Burschen genau instruirt. s er
aute Bummel mußte doch auch eine
Belohnung für seine Bravheit erhal
ten.«
l ,, Also Spott ist mein Lohn?« fragte
Lutz zertnirscht
»Wer darf iii dieser schlimmen
We«lt aus einen anderen rechnen, « ver
setzte sie noch immer lachend.
Ihr Blick verirrte sich dabei zu
Leiitnant von Blumberg hinüber, der
von ihrer Anmuth ganz bezaubert
schien, denn seine verklärte Miene re
dete eine Sprache die sie bis ins in
nerste Herz erzitterii machte
Ich werde e- mir merken,« sagte
Lutz getränkt.
»Thun Sie das, Herr Leutnant,«
lautete ihre gleichmiithige Antwort!
»Zu: Belohnung für Ihre Einsicht
durer Sie auch heute Abend rnit
Zhrer Kunst glänzen und uns mit
hrein Frohsinri das Fest verschö
nern.«
Als der Leutnant sich hierauf aus
schwieg, schien es, als ob Fräulein
Helma nun wieder abmarschiren
wolle; aber mit einein Male fiel ihr
noch etwas ein.
»A propog « bald hätte ich Ihnen
eine Neuigkeit vorenthaltenf rief sie
zu allen dreien gewendet, in ganz
harmlosem Tone. »Deinen Sie nur,
Herr Schustermeier« ist Kommerzien
rath geworden und Papa hat den
Farnianten alten Herrn zum heutigen
est eingeladen«
Ein gemeinsamer Ruf der Ueber
raschung von Hans von Bolto; alle
drei Augenpaare richteten sich unwill
kürlich auf Lud, der die Nachricht
stumm ausnahm. x »
»Diese Mittheilun9,« fuhr die
junge Dame fort, »soll ein Appell an»
Ihre Ritterlichteit sein. Es wäre nettj
wenn Sie dazu beitriigen, daß Fräu-s
teiri Ktotildes Vater sich in unserem
Kreise ebenso wohl fühlt, wie meine
Freundin selbst«
»Bravo, gnädiges Fräulein!« Der
diese hanö war in heller Begeisterung.
»Das soll er! Jch nehme es aus mich,;
ihn so zu bezaubern, daß er sich bei
uns wie im Paradiese fühlt. «
lina lohnte ihm mit einein leuch
ten en Blick.
uucy oer Wo ne doiro versprach,
sein Möglichfies thun zu wollen; nur
Lutz begnügte sich mit einer Verbeu
sung
Damit aber war Helena offenbar
nicht zufrieden, denn sie blickte ilyn er
wartungsvoll an und streckte ihm ka
metadschaftlich die kleine Hand hin
Noch einen Moment stand er düster
wie in trotziaem Zögern da, doch dann
gab et si einen Ruck, griff nach ihrer
band un sagte: ,,Keine Anng gnä
digcs rckulein, ich weiß was tchJh
nen un mir selbst schuldig bin! Jch
gelobe eierlichst, mich von meiner
besten ite zu zeigen «
»Und mit Klotilde den Kotillon zu
tanzen —'« fiel sie ein
»Wenn Sie beiehlen..
:Nein, ich befehle nichts. Jch glaube
«nur, sie iirchtet, itzen zu bleiben,
sagte sie istig, a et mit einer Un
schuldönoiene, die ihrem Spitzbubem
gesicht allerliebst stand.
Luh verstand den Doppelsinn ihrer
Worte wohl, aber seine Antwort tam
promot:
lTDas soll sie nicht! Mein Wort da
mIn diesem Augenblick kam Bums
mel mit gesenkter Schnauze und hän
genden Ohren, ein Bild des Schuld
-beivußtseins, zurückgefchlichen. Die
Reste der Haube hingen in Feyen in
seinem zottigen Fell. Reuig oppor
tirte er die verlorenen und mißhan
delten Handschuhe und legte sie und
sich mit wahrer Armensiindermiene zu
seines Herrn Fußen Reden
Während Leutnant Luf mit schnell
wiedergervonnener sprudender Laune
eine Straspredigt begann, sprang
Helma die Stufen hinunter und lief
leichtfiißig davon. s
An der Paripiforte blickte sie sich
um, und als sie Leutnant Bluniberg
hinter sich herkommen sah, lief sie
schnell immer weiter.
,,Gnädiges Fräulein! Fräulein
Helma!« rief Hang der Verschwin
denden -nach, indem er"sich ebenfalls
in schnellere Bewegung setzte. ,,.L)alten
Sie ein, urn Himmels willen! Jch bin
reitender Dragoner und kein Fußw
fanterist; wo soll ich denn das Laufen
erlernt haben.« «
Ein rnitihwilliges Kichern hinter
Gebüsch und Sträuchern war die ein
zige Antwort, die er erhielt.
,,Haben Sie doch Erbarmen mit
mir,« stöhnte er athemlos, »ich will
ja gern alles andere für Sie thun, nur
das Laufen müssen Sie mir erlassen.
Pub! Wo stecken Sie eigentlich?«
Wieder ein Schelmenlachen —- und
plötzlich flog dem dicken Hans ein ro
siger Pfirsich mitten ins Gesicht.
«,Donnerwetter,« rief er, sich die
Wange reibend, »das kostet Strafe!
Zur Attacke geblasen! Marsch,
marsch, hurrah!«
Und mit einer Bewe, die man sei
ner Korpulenz nie zugetraut hätte,
sprang er in der Richtung des Wurf
geschosses vorwärts und war bei der
Attentäterin, ehe sie es sich versah.
,,Hurrab, jetzt gieb Dich gefangen,
kleine Here, Dul« lachte er und zog
die sich Sträubende so fest in seinen
Arm, da sie sich nicht zu rühren ver
mochte.
»aus-r Hang, spaon siuneue ne
und schmiegte ihr Köpfchen scheu an
seine Brust.
«Siiszer, goldener Kobold! Wie
lange sind wir uns eigentlich schon
gut? Weißt Du es?«
,,; a, Hans -—- immer!« sagte sie
mit strahlendetn Blick. »Ich hätte nie
einen andern genommen als Dich!«
»Hätte ich Dir auch nicht rathen
mögen,« meinte er übermüthig
»Ach, Du lieber, dicker, dummer
Hans . . . .«
Sie legte die Arme um seinen Hals
unP hob ihr erglühtes Gesicht zu ihm
au .
,,Ob es heute Abend noch ein
Brautpaar giebt?« fragte sie glück
lich.
»Bombenslcher! Wir haben Lutz
mobil gemacht. Er wird nun vor
wärts marschiren und die Festung be
lagern, bis sie nur zu gern !apitu
litt. Ob er aber ein ebenso beglückter
Sieger sein wird, wie ich —- das ist
die Frage.«
Tief und innig sah er ihr in die
lustigen Augen, dann neigte er sich
über sie, um ihren rothen Mund zu
küssen.
—s
Das Todesurtheii.
Novellette von K o p i tz i n. Aus dem
Russischen von K. T r e l l e r.
Jn feinem hohen, eleganten Ar
beitszimmer schritt der General Sa
bursti. den die Juden haßten und
fürchteten, die politischen Verbrecher
in ihren Zellen verfluchten, nervös
aufgergt, durch das große Gemach.
Auf dem breiten Schreibtische, be
leuchtet von einer Lampe, lag das vom
General vor einer Viertelstunde bestä
tigte TodesurtheiL welches dasKriegöi
gericht gegen einen gewissen Anton
Pulafow erlassen hatte. Neben die
sem Todesurtheil lag ein Brief, den
der General vor einigen Minuten er
halten hatte. Eine Frattion der re
volutionären Partei benachrichtigte in
demselben den General, daß aus
Grund seiner Thätigleit in der Pro
vinz gegen ihn das Todesurtheil er
lassen sei und die Ausführung bald
folgen werde. «
»Unscnn« . . . sagte er, ,,sie wollen
mich einschijchtem So lange ich lebe,
werde ich meine Pflicht ersiillen.«
Er blieb stehen. »Es sind nur meine
Nerven,« sagte er, langsam ein Glas
Wasser trinkend. »Ich dachte nicht,
daß ich jemals iiber sie klagen würde.«
Plötzlich vernahm er lauten Lärm
aus der Straße. Eine Frauenstimme
schrie last, dazwischen die Stimmen
der vor dem Hause Posten stehenden
Soldaten.
»Laßt mich zu ihm!« Laßt mich!
Jch muß ihn sprechen!« unterschied
der General im Stimmengewirr.
Er zögerte einen Augenblick, öffnete
dann das Fenster und fragte mit einer
scharfen, besehlenden Stimme:
»Wer ist dort unten? Was will die
Frau?«
Der Posten reckte sich stramm auf.
»Eine Frau, Excellenz, will durch
aus in ihre Gemächer dringen.«
»Was wollen Sie?« fragte der Ge
neral herunter.
»Ich muß Sie svrechenl Lassen
Sie mich herein. Jch habe keine bö
sen Absichten —- auf Minuten —- es
iZ fehr wichtig. Befehlen Sie Ihren
Leuten, mich nicht festzuhalten!« rief
die Frau.
Beim Schein der Laterne fah der
General eine gut gekleidete Frau un
,ten stehen.
I »Unterfucht mich —- ich habe nichts
jbei mir,« fuhr sie fort, und am Klange
der Stimme merkte der General, daß
die Frau furchtbar erregt war.
,,Laßt sie herauf! Führe sie zu mir
in’s Arbeitszimmer!« befahl er dem
Soldaten unten.
Sein Gesicht nahm den gewohnten
kalten, finsteren Ausdruck an, und
das Zimmer durchschreitend, beugte
er sich über den Schreibtisch
Die Frau trat ein. Sie war unge
fähr vierzig Jahre alt, das nervöfe,
von Furchen durchzogene Gesicht zeigte
Spuren einstiger Schönheit und tiefen
Grams.
»Was ist der Zweck Jhres Besu
ches?« fragte Saburski kurz.
Die Dame, und das war sie, ihrem
ganzen Benehmen nach, athmete er
regt, faßte sich dann und fragte:
»Sie erhielten heute das Todes-ur
theil eines gewissen Anton Pulasows?
Sie bestätigen es natürlich?«
»Ja, ich unterschrieb es!« sagte er
kalt und plötzlich schien ihm —das Ge
sicht derFrau bekannt, und ihn er
faßte ein Gefühl von Furcht. »Was
konnte ich anders machen? Ich bin
nur« Ausführer des Gesetzes —- nicht
Gesetzgeber!«
Die Frau hob ihre großen, grauen
Augen, mit einem eigenthümlichen
Ausdruck des Hohnes und des Zornes
zum General
,,Sehen Sie mich etwas genauer
an, Wlasdimir SaburskU Erkennen
Sie mich nicht? Jsch bin Marie Fe
denko —— die ehemalige Studentin,
die Gattin Jhres einzigen Sohnes
Alexander!«
Der General starrte sie fafsungs
los, wortlos an.
n
F P c, Is, s, s tits- FI
Lang-um Iuyi Iic qu. »ar- cat
diesen Sohn verfluchten, ihm Jshr
Haus verboten, weil er unserem ar
men Volke die Augen öffnen wollte,
weil er mich, die bekannte ,,Nihili
stin« und Studentin, heirathete, da
schwor er, Sie, seinen Vater, nie wie
dazu-sehen Er hat seinen Schwur ge
halten-bis zum Tode, und in seiner
Sterbestunde ließ er unser Kind
schwören, nie etwas von Ihnen anzu
nehmen usnd sein ganzes Leben dem
Vaterlande und unserer heiligen
Sache zu opfern, wie er es auch ge
t.han!«
Der General sank mit einem dum
pfenl Klagelaut in den Sessel und
murmelte:
»Wo haben Ssie sein Kind?«
»Sie haben soeben sein Todes-ur
theil unterschrieben —- nicht Anton
Palusow heißt der ziingling der
sein Leben für unsere Dache wagte-—
sondern Sergei Sabursti ist es —
«hr Großsohn, Alexanders und mein
ohn!«
Sie athmete tiefan und fuhr fort:
»Wir flohen nach Alexanders Tod ins
Ausland. Dort erzog ich ihn im Hasse
gegen den Henkerstnecht des Zaun-—
seinen Großvater. Die Bombe, die er
auserwählt war, zu werfen, sollte
nicht den unschuldigen Polizisten tref
fen——nein, er war ausersehen, sein
Leben für etwas Großes zu opfern..
Es hat nicht sollen sein —aber viel
leicht daß ich...« Sie unterbrach sich
und sah auf die zusammengesunkene
Gestalt »vor sich.
»Ich kam zu Ihnen, nicht, um Sie
um das Leben meines Kindes zu bit
ten-—-nein —— ich wollte mich —— alle
meine Gefährten rächen! Sie sollten
bis zum Tode daran denken, daß Sie,
der allmiichtsige Gewalthaber, Jhren
Enkel, Blut von Jhrem Blut, getöd
tet haben!«
Erschöpft schwieg sit
,,Jch gehe morgen einen weiten
Weg-— komm nie wieder, also lassen
Sie mich ungehindert wieder her
aust« «
Er machte eine Bewegung, als
wollte er sie halten, aber sie glitt aus
der Thür.
Er sprang auf und ging ans Fen
ster. Jm breiten hellen Streifen der
brennenden Larterne saher sie schwan
kenden Schrittes über die Straße
gehen und dann im Dunkel-n ver
schwinden.
Mit irren Augen sah sich der Ge
neral im Zimmer um· Sein Blick
haftete sekundenlang an dem lebens
großen BiIde seiner früh verstorbenen
Gemahlin. Es war ein schönes, kaltes
Gesicht-sie hatten sich nie verstan
den usnd ihr Tod hatte ihn wenig be
rührt. Er öffnete ein Fach des
Schreibtisches und entnahm demselben
ein kleines Bild. Ein schönes Kna
bengesicht mit dunklen, schwärmeri
schen Augen, einem weichen Munde,
und doch mit einexn eigenen finsteren
Aus-druck, blickte ihm entgegen.
»Alexander, mein Alexander!« flü
sterte er, und ein lautloses Schluch
zenerschütterte die hohe Gestalt. Sein
Kopf sanl auf das Bild und so blieb
er einen Augenblick liegen. Durch
seine Seele ging sein vergangenes Le
ben. Der Einzige, an dem er mit
ganzer Seele gehangen —- sein Sohn
war unter die Revolutioniire gegan
gen, hatte sich mit einem Mädchen
verheirathet, das einen dämonischen
Einflusi auf ihn ausübte—ihm war
er sitt immer verloren.. Er kannte
nur den Dienst, und mit etserner
aust sucheer die Freiheitssbewegung
’berall, ohin er am, zu unter
drücken, nd wurde so eine der meist
l
I
In der Reitschule.
»Sie, Einjähriger, Sie nehmen’g zu wörtlich, daß Roß und Reiter
Eins fein sollen!« -
gefürchtetsten und gehaßten Persön
lichkeiten Rußlandå
Um acht Uhr mußte er in eine Sitz
ung. Er sprang auf und blickte in den
Spiegel. Er erschrak-—ein bleiches,
um Jahre gealtertes Gesicht blickte
ihm entgegen.
Als er um neun Uhr die Sitzung
verließ, stieg er in seinen Wagen
unsd befahl stutz: »Jn’s Gefängniß.«
»Die Lampen dunsten ja bei Euch,«
sagte der General finster, indem er
mit dem Wächter den langen, schma
len Korridor des Gefängnisses durch
schritt. »Und diese Feuchtigkeit!«
Der schwinsdsiichtige Wächter ging
mit der Lampe voraus, vor Angst am
ganzen Körper bebend.
»Es ist ein alter’Bau, Eure Ertei
lenz, und das Petroleum taufen wir
bei Moses Samuel.son.«
Er blieb vor einer niedrigen Thür
stehen.
»Wo? Hier? fragte der General
mit rauher Stimme.
»Jawohl, Excellenz.«
sEr öffnete die knarrende Thür, und
ein Streifen gelben Lichtes fiel von
der Lampe des Wächters in die enge
Zelle. -
Eine bleiche, schmächtige Gestalt im
grauen Sträflingsikleide saß am Tisch
und schrieb beim Schein einer kleinen
triieben Lampe.
»Schon wieder ein Verhör?« sagte
er ärgerlich. »So laßt mich doch we
nigstens noch die paar Stunden in
Ruh. Ihr bekommt doch nichts von
mir heraus, und wenn Jhr mich zu
Tode martert.«
,,Schweigen Sie,« sagte der Wäch
ter ängstlich.
,,Verlaß uns,« befahl der General
kurz, »ich will mit ihm sprechen.«
Allein mit dem Verurtheilten,
blickte ihn der General forschend an.
Er suchte in diesem blassen, finster-en
Gesicht vor ihm etwas, was ihn an
sein einziges Kind erinnerte —- da
schlug M"Verurtheilte die Augen er
staunt auf und der General zuckte zu
sammen. Es war, als hätte sein tod
tes Kind ihn angeblickt.
»Was wollen Sie? Sie wollen mich
wohl bereden, morgen kein Schauspiel
der Menge zu geben und ruhig zu ster
ben? Fürchten Sie nichts, ich sterbe,
ohne eine dramatische Szene aufzu
fiihren. Ich leide nur bei dem Ge
danken, daß ich für unsere Sache so
wenig gethan. Aber wenn ich nicht,
so werden meine Brüder, meine Lei
denggesährten es vollbringen!«
,,Jhre Mutter . . .« unterbrach ihn
der General.
»Meine Mutter-s Sagen Sie
nichts!« schrie ver Gefangene. »Sie
wollen mir erzählen, daß sie für mich
gebeten. Nie glaub’ ich das von mei
ner Mutter -—— eher stirbt ste! Ge
hen Sie — Sie erfahren nichts von
mir.«
Die Stimme des Jünglings bebte,
seine Augen leuchteten. Das trübe
Licht der Lampe fiel atif die beiden
so verschiedenen Gestalten, spiegelte
sich in den goldenen Achselstücken und
Knöpfen des General-s und fiel auf
das graue Sträflingstleid des Jüng
lings.
,,»Jch kam zu Jhnen —- nicht als
General — ich möchte Jhnen etwas
sagen, was uns beide betrifft,« sagte
der General stockend.
»Sie? Mir? Jch kenne Sie nicht.
Noch einmal bitte ich Sie, gönnen Sie
mir die paar Stunden, die ich noch zu
leben habe —- lassen Sie mich alleini«
Der General trat dicht an den Ge
fangenen heran: ,,Sergei Saburski —
ich bin Dein Großvater.«
Der junge Mann sprang mit einem
Schrei der Wuth empor.
»Ach, Sie sind der General Sa
burski —- Sie, der so viele meiner
Leidensbrüder dem Tode überlieferte!
Und Sie kommen zu mir ein paar
Stunden vor meinem Tode, um hier
eine Komödie der Gefühle aufzufüh
ren.«
Erschöpft schwieg er, und der Gene
ral fah mit Grauen in das von Haß
förmlich verzerrte Antlitz seines En
iels.
»Warum gehen Sie nicht? Oder
wollen Sie mit Ihrer Gegenwart
meine Todesstrafe verdoppean«
»Ich wollte Dich vom Tode retten.«
»Und Sie glauben, ich würde aus
Ihren blutbefleckten Händen mein
Leben nehmen? Nie, nie! Jch sterbe
ruhig und gefaßt, stolz, für Unsere
Sache sterben zu können. Noch ein
mal, verlassen Sie mich.« -
Der General sah noch einmal den
Jüngling an, der aus den Holzschemel
gesunken war.
,,Leb' wohl!« sagte er mit zittern
der Stimme.
Es kam keine Antwort. Er öffnete
die Thür der Zelle und trat hinaus. -
Den folgenden Tag fand die Hin
richtung Anton Pulasows statt.
Der General überlebte die Hinrich
tung nur ein paar Tage. Er fiel
durch die Kugel einer Frau, die sich
selbst gleich nach dem Morde erschoß.
Der kurze Monat.
Junge Frau: ,,Arthur, Mnmc -
möchte im nächsten Jahr einen My- ,
nat bei uns ver-bringen, zu wann soll
ich sie einlaiden?««
Mann: »Zum Februar natürlicht«
Gemeinderathssitzung.
Gemeindevorstand: »Also, die alte
Feuerspritze ist so gut wie unbrauch
bar, wer für die Anschaffung einer
neuen ist, erhebe die rechte Hand!
fNichts rührt sich, endlich hält einer
die Hand hoch.) Na, der Daxenbauet
geht euch mit gutem Beispiel voran.«
—— Die übrigen: »Ja, dem fallt dös
leicht, der hat schon sei’ neues Häusl!«
Jn einer sächsischen Volksschvlr.
Der Herr Schulinspektor revidirt in
einer sächschen Volksschule Und ruft
einen Jungen auf: »Wandle mal das
Zeitwort ,,·Haben« ab!« »
Prompt ertönt von den Lippen des Z
Kleinen: »Ich habe, du hast, er hat, de
;hamersch, da hebt ersch, da hann ses!« »
Verschnnppt. «
»Ist Jhre Frau noch wach, weus
Sie jetzt nach Hause kommen?«
»Selbstverständlich!«
»Auch wenn Sie später kommenc
»Dann erst recht !« j,
Ungeduldiger Patient.
»Nun, Herr Medizinalrath, ist Ih
nen denn die schwere Operation ge
lungen?«
»Oh, wunderbar! —- -— Nur del
ungeduldige Patient wollte deren Ende
nicht abwarten.«
»Wie meinen Sie das?s«I «
,,Na,«etorbeniter.« · s
g f s J
Vornehm. «"
Mama während Besuch da ist uns
Kurt eine Bemerkung macht, daß eis
Onkel, der Leutnant war, in Amerik
Kellner ist): »Dummer Bube, wie
kannst Du nur solche Sachen sagenli
Habe ich Dir nicht erst vorgestern ei
Bild dieses Onkels gezeigt, ins
Frack?!«
Kurt (eingeschüchtert): »Ja, Mamc
—- und mit Serviette?!« » kq
Doppel-Jubiliium. «"«""V
Festredner (zugleich Vereinskasskä
rer): . .Wir feiern eigentlich ei
doppeltes Jubiläum, verehrte San
gesbrüder Zehn Jahre gehört unser
Freund dem Vereine an, und geradi
stünf Jahre ist er heut seine BeitröO
schuldigs«
Scherzfrage.
Welcher Unterschied ist zwischen ei
inem Bürgermeister und einem Schnei
sdermeister?
) Antwort: Der Bürgermeister is!
eine maßgebende Persönlichkeit uns
der Schneidermeister eine — maßnehi
mende .
Warum er nicht zahltr.
» Schneidermeister: »Wenn werdet
Sie mir endlich den Anzug bezahlen
Herr Spund?« ,
Student: »Sie haben mir doch e
klärt, so lange ich den Anzug nicht dg-,
zahlt habe, ist und bleibt er Jhr A J
zug!«
Schneidermeister: »Das a
dings!« --k;«
Student: »Na, sehen Sie! Da T
nun noch immer nicht bezahlt
gehört der Anzug noch immer J
und Sie können doch wirklich
verlangen, daß ich Ihren Anzugs "
zahle!«