Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 29, 1907, Sweiter Theil., Image 10

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    ES irrt der Mensch
Roman von H. Contths Mahlen
- (4- Fortsetng)
«Schdn. dann will ich gleich mor
gestellten Vielleicht suche ich da
Doltvr Dellman ans. Haben Sie et-—
was an ihn zu bestellen, Frau Wer
tentink
.derzliche Grüße, und bitte, sagen
Sie ihm, wie wohl ich mich hier fühle,
wie dankbar ich ihm bin, daß er mich
zu Ihnen beachte.·;"
Er stand vom Tisch aus und trat
an das Fenster. Lange blickte er hin
aus in die schneeige Pracht, bis ihm
die Augen schwersten.
Renate bereitete-inzwischen auf der
bereitgestellten Qasseemaschine einige
Tassen des dustenden Getränls und
bediente Nols und seine Mutter da
mit
Die alte Dame hatte sich behaglich
in ihren-M Sessel gelehnt, nndRenate
nahm neben ihr auf einem Hocten
VIII Tun-m umfaßte das fried
liche Bild nett den Augen. Das hse
klare Winter-licht fiel auf die beiden
Franengefaltem Das feine Oval von
Reteatei Gesicht war etwas runder
geworden gleich ihrer Gestalt, und
erhielt einen besonderen Reiz durch
— die schönen dunklen Flechten von de
seen es unt-schleifen ward-. Die lan
t sen dunklen Wimpern, deren auf-»
« wärt-i gebogene Spitzen goldig ge-(;
, ebt waren· lagen über den Wangen« .
l sie die Aug-n gelenkt hielt. Sie
i trug ein dunkelblaue-·- Tuchtleid augf
s jederseit, da sie noch nicht gewohnt
.l war sich Einschränkungen aufzuer
t lege-. Es saß pracht-voll und schmiegte;
l Ich glatt nnd weich um ihre Gestalt
Sie machte durchaus den Eindruck
einer vornehmen Dame. Mielanie v
W, deren Gatte im September
ge eben war, hatte es nicht unter
la können, aegen Rols und seine
W wiederholt spitze Redensarten
Ktbet die tisbertriebene Eli anz der
.Gesellschafterin: fallen zu Possen
Rols dachte daran als er Nenate
tronr Fenster her bedbachtetr. Jhre
Izichsantern edelaesdrmten Hände hiel
:-;"« ten lässig die Tasse. Sie waren noch
genau so vollends-i in der Form
lob früh-et Mit der Gewissenhaf
.titzleit, die eine frühe Gewöbnnng
r weiten Natur macht, entfernt-:
g .T sorgsam alle etwaigen Spuren
ungewohnter Arbeit und erl: ielt sich
so tadellose gepflegte Finger.
Sie bemerkte es nicht, wie aus
Insekt-sum er sie betrachtete. Sein
I« Blick hätte ihr vielleicht zu denlen
s gegeben, denn eg lag ein« sonderbarer
d Ausdruck darin. —
YI Um Abend, als sie an allerlei
Z Kinderröckchen für die Christbeschees
ausgemalt-so -"
rang der Dorslinder arbeitete, nahm
ihr Rolf plötzlich die Näher-ei aus
denhän den
» »Das sehe ich mir nun nicht länger
A mit an denn Sie werden sich mit dsr
· Asdent nach die Augen verderben«
; »Das hat keine Gefahr, es sind ja
seine seinen Arbeiten«
s Este-Mem hat vas recht, wenn er
- Ech Ihnen fortnimmt, Renatr. Ihr
ist unheimlich. gönnen Sie sich
M ein Ruhestündelzen die Sachen
"« werden noch zeitig nenug fertxzz
s Wandern Sie lieber mit ung,
« meinte Frau b. Tornau.
«Daran würde mich meine-Nä
- hetei nicht hindern, und es macht
Ist so viel Freude die Sächelchen
II arbeiten!
«- , »Aber mir macht es keine Freude
« mich mit jemand zu unterhalten, der
. ( sich dabei nicht ansie« « rief Rols
etwas aereiztem Tone.
"’·"-j;» See erschrak, sah ihn beklommen
d nnd legte schnell ihre Arbeit zu
« III-mein
Da mußte er lachen. Nun sehen
J- Sie mich wieder an, wie das arme
Amtes-in den bisften Wolf Habe
sz G Sie ecschrecki?«
Sie athmete auf und lächelte ihm
»Wahrcs«itia —- ein wenig doch
s kommt davon, daß Sie mich
Mem-Ihm haben, dieer rauhen Ton
kannte ich bisher nicht "
»Den werde ich aber nun immer
sendean wenn Sie sich über Ge
We einstimng
« Sie teckte sich ein wenig und brei
Mk die Arme von sich. »Trotzdem
» ich mich äußerst wohl bei
r Anstrengung Jch qlaube, ich
t sit so gesund als jetzt «
,fagte et mit fro, er Ueber
Mel-g »Sie sehen jetzt gottlob
- frischer aut, ais da Sie zu uns
Hstu v. Terrain hatte lächmd
Æet Jetz« antwortete sie für
te .DCO hat auch Mühe ge
Miste-set liekec Riech. Von der
, ; allein sind Sie nicht so kräf
Wenn unsere gute
und die Tor-matt Luft nicht
»F zusehen nimm mais ich mai
k- We ihr Weib zu. «J·a.
·L ist W gütige Herrin
W ich meinte, im Esien
IMIDCIMÆUZE EIN
W. s M II
Uer MO- Iie ganz ihre
« etieichtk
k Im Armut-e feiner
tem- sshssqii Mit-M
schern Blick zu Ren-site hinüber.
«Wollen wir nun mit dem Resultat
zufrieden sein, Muttert«
»Wir müssen ja, mein Junge. Jch
merke schon eine ganze Weite, daß
chate streiti. Jch glaube, sie ist
in Sorg-e um ihre elegante Schmut
heit, sie fürchtet, sich hier zur bebst-i
gen Landpomeranze zu entwickean
Die junge Frau lachte beeiflecg
auf, über Tornaus Gesicht glit
wie heller Sonnenschein Wenn sie
lachte, was in letter Zeit znweilen
geschah. war ihm jedes-nat zu
Muthe. als erhielte er ein töstliches
Geschent.
Arn nächsten Tage sulxr er wirt
lich nach Berlin. nicht gerade mit
Freude, aber er batie schließlich selbst
Unruhe fortzukommen
In Berlin war sein erste Gang
zu helleman der ihr erfreut ke
griißte und ihn sofort nach Renate
onst-ragte
Tprnau beantwortete ihm alle
Fragen gewisser-hast« dann sagte er
plötzlich, indem er sich ausrichtete:
»So, Herr Doktor, nun bin ich an
der Reihe — mit fragen nämlich.«
Dieser sah ihn durch seinen Kari
ser erstaunt an. »Bitte sehr, womit
tann ich dienen?«
»Sie sollen mir auch einige Fra
gen über Frau Wertentin beantwor
ten. Wollen Sie daö?«
»Natürlich, wenn ich tann.«
»Wenn man Tag sitt Tag bei
sammen ist« interessiren natürlich
auch die sriiheren Schicksale einer
Person«
»Das verstehe ich«, antwortete
hcllmann rückte aber ein wenig
unbehaglich ans seinem Stuhl.
»Frau Wertintin ist meiner Mut
ter und rnir lieb und wertb gewor
den. Wir wollen sie nicht an ihr
vergangenes Leid erinnern, aber
meine Mutter wüßte wenigstens
gern, ob Frau Wertentin glücklich
berheiratret warf
OTHER-Hut kcl qutksu Wust
eine Cigarre und zündete sich sele
eine an-. Dabei überlegte er, wag
er erzählen ionnte, ohne Reuates
Geheimniß preiszugeben Nach sei
ner Ansicht wäre es iet das beste,
jwsenn Tom-aus alles er lehren. aber
Her wollte um keinen Preis vorgreifen.
Das mußte von Renate selbst aus
-gehen. Er beschloß also, diploma
tisch zu antworten. ·
»Gliickiich?« sagte er lächelnd.
»Na, lieber Herr v. Tornau, das ist
nun so ’ne Sache. Jhr Mann , war
ein bildhiibscher Kerl. undsre hat ile
sicher seht geliebt — was so ein Ma
del von achtzehn Jahren eben unter
Liebe versteht, nnd da istsre ja wohl
auch zuerst seh-e liicklich gewesen.
Aber der hübsche Kerl war auch ein
Schuldenmacher Und Lehernann in
des Wortes verwegenfter Bedeutung.
Sie rennen ja diese Sorte «von Män
nern, so gut wie ich. Renate Hin-abr
scheinlich baio dahinter gekommen,
was für einem Wicht sie ihr junges
reines Herz geschenkt hat« und da heil
sie das Natürlichste, aher Vertehrtesie
gethan, was sie thun konnte: ße hat
sich verachtungooom aber ergeben in
ihr Schick-sah oon ihm abgewandt und
hat ihm volle Freiheit gelassen, mii
ihrem Gilde weiter zu hausen. Sie
kann froh sein« daß sie ihn los isi.«
»Ja-wem muß sie unter seinem
Tode »sehr gelitten haben. Jch habe
sie einmal weinen sehen, a!s sie sich
allein glaubte, und-—- ber Schmerz
war echt.«
»Hat aber wohl mehr ihrem Kinde
gegolten und ihrem Vater. Jhren
Mann liebte sie tänait nicht nicht«
Totnau zerrte an seinem Barthe
rurn, erwar sehr aufgeregt, wollte sichs
aber um keinen Preis merken lassen.
»Das sagen Sie so befiimrntli«
»Natürlich, sie hatei mir ja selbst
gesags’« s
« ---· - - -
i »Am nur nur unoegrenua7, pag
sein Weib wie Frau Wertentin nicht
jim Stande war, einen oeredelnden
sEinsluß aus ihren Mann auszuüben.
fSie ist eine so edle, großdentende
. Frau.«
»Das will ich Ihnen erklären. Jhr
Mann hat das ganz gewik empfun
lderh aber an ihrer Größe hat er dop
fpelt den eigenen Unwerth ermessen.
Diese Empfindung weckt aber bei sol
chen Menschen nur das-Gefühl ver
letzter Eigenliebe. Sie wollen nicht
kleiner erscheinen als ihre Frauen
nnd kehren brutal das Herrenrecht
heraus. Außerdem liebte ersienichtck
Tornau tauchte schnell hintereinan
der einige Züge. Er wußte nun al
leiJvaser hatte wisien wollen. Nur
um nicht zu plöslich abzubrechen,
fragte er noch: »An was ist et denn
gestorben? Er muß doch « noch sehr
jung gewesen seini«
llmann lramte an seinem
S reibtisch herum. »Zum war er
kroch. An was er aestar n isi, weiß
Ich wirklich nicht genau —- danach
miissen» Sie Frau Wertentin selbst
Run. so wichtig ist mir das ja
nist. Frau Wertentsrn danach zu ira
en, spare ebenso unnöthi als grau
arn. Wir sind froh, dass sie jetzt ralyis
— — -.l. l lll —fl :
ger und heiterer wind. und werden sie
gewiß nicht an ihr Leid erinnern.
Deshalb tam ich ja zu Jhnen undich
danke Ihnen herzlich für Jbre Ans
tunft. Jch werde meiner Mutter
alles mittheilen.«
»Wie geht es Ihrer Frau Mut
ter?« -
»Ganz vorzüglich Seit sie fichfchos
nen kann, haben die Schmerzen im
Bein aufgehört, und fonft ift sie ge
fund. Seit der Operation ist sie viel
träftiger geworden, sie verträgt wie
der Speisen, die sie früher ängstlich
meiden mußte."
»Das freut mich ungemein. Die
Operation war ja unbedingt noth
wendig.«
»Wir sind anen auch herzlich
dankbar, daß Sie darauf drangen.
Wer weiß. ob mir meine Mutter fonft
erhalten geblieben wäre. Was aber
hätte ich ohne sie anfangen sollen?«
Helltnann fah ihn lächelnd an untd
sagte im Brusiton der Ueberzeugung:
.Dasselbe. was Sie auch jehi noch
thun sollen, und zwar bald-heira
then. Tornau braucht doch einen
Erbprinzen,« —
Rolf lachte. »Da sieht man, daf-;
Sie Mutters Berather waren. Auch
dieer großen Kummer hat sie Jhnen
anvertraut.«
»Und ich wiirde gern dazu beitra
gen, ihr auch davon zu helfen.«
»Wer weiß—oielleicht finden Sie
einmal eine passende Frau fiir mich.
Dann schicken Sie sie mir eingeschrie
ben nach Tornau.«
»Mit wendend-er Poft — ganz
sicher-«
Sie lachten bei-de, nnd Tornau ver
abschiedete sich, nachdem et verspro
chen hatte, vor seiner Heimreise noch
mals vorzusprechen.
Er sprang mit elaftifchen Schritten
,die-—Treppe hinab und bummelte dann
langsam die Linden entlang und in
die Friedrichsiraße hinein.
Vor dern Schaufenfier eines Juwe
liers machte er halt und betrachtete
lich nachdenklich die ausgestellten
Schrnucksachen. Seine Mutter hatte
ihm aufgetragen, fiit Renate ein hiibs
iches Schmuckftiick als Weil-nachts
iiberraschung zu besorgen. Er fand
lange nichts, und auch im Laden
felbft erschien ihm nichts passend und
sinnig genug. Endlich kaufte ereine
Perlenfchnur von schönen, mattgläm
zenden Exemplaren, aber als er sie
eben bezahlen wollte, tauichte er sie
doch wieder urn gegen ein Arm-band
Jhm war eingefallen, daß Perlen
Tbriinen bedeuten siollen, und weinen
follte sie gewiß nicht mehr, wenn er
es verhindern konnte.
Melanie v. Betlow war kurz nach
ihres Mannes Tode nach dem Süden
gereist, um sich zu erholen, wie sie
sagte, im Grunde jedoch nur, um das
langweilige Trauerjahr nach Mög
lichkeit interessant zu gestalten. Es
siel ihr nicht im Traume ein, sich aus
Ver-law einzusperren und sich von
allen Festlichteiten zurückzuziehen
Sie wußte auch, daß Rols v. Tornau
besonders streng m dieser Hinsicht
dachte, und daß es ihr nicht möglich
sein werde, ihm während des Trauer
jahres näher zu lommeru So iam ge
zu dem Entschlusse, daß es das tliig e
sei, die todte Zeit lieber in der
Fremde lebendig zu gestalten.
Sie spielte Tornau eine allerliebste
Abschiedsszene, die nach ihrer Ansicht
sehr wirtungsvoll sein mußte. und
ebenso deutlich ihre schmerzliche Ent
sagung, als ihre Sehnsucht widerspie
g-12e, ihn endlich frei dnd pfier mit
ihrer Liebe beglücken u dürfen. Daß
Tornau diese Szene ils nicht ver
stand, theils nicht verstehen wollte.
wurde ihr nicht llar, Seit ihr Mann
die Einsicht besessen hatte, dass sein
müdes Dasein sür seine lehendlustige
Frau nicht den geringsten Werth
mehr haben konnte, und sich also hin
gelegt hatte, um zu sterben, hatte sie
wieder große Hoffnung« Rols siir sich
gewinnen zu können. Als Universal
erbsin ihres Mannes war sie eine der
reichsten Partien im Lande, und wenn
dieser Umstand allein den einstigen
Geliebten nicht zu ihr zurückführen
würde, unangenehrn war er ihm sicher
nicht« und seit sie frei war, standen
ihr genug Mittel zur Berliigung. um
ihn sich zurückzueraberm Wenn nur
erst das Trauefjahr zu Ende war.
dann sollte er ihr nicht lange mehr
widerstehen! "
q Es war mebr eigensinnige Leiden
schaft als Liebe, was sie sür Reis
fühlte; hätte er ihr gehnldigi wie
früher und sie angebe!et, dann wäre
er ihr vielleicht seht eichgülti ge
blieben. Aber gerade eine Köl und
Zursückhaliun , die sie siir Komödie
hielt, reizie Ie. Ren-Des Anwesen
heit in Totnau war-ihr nicht ange
nehm; siitchiete sie auch nicht direkt
eine Rivalin in der bürgerlichen Ge
sellschafterim so hatte sie doch Erfah
rung genug, mn zu wissen, daß einer
hübschen Frau immer Mittel und
Wege zur Verfügung stehen, sich in
teressant zu machen. Das stete Pu
iammenleben der beiden schien gefähr
lich für the Pläne, und sie hätte die
junge Frau gern unschädlich qemacht.
Leider wom- sich ihr kein Mieter ds
zu bieten, und dieser Umstand war
dir einzige Sorge, die sie mit hinaus
xeahm in die lachende, winkende Frei
it.
Sie reiste zuerst sitt einige Wochen
nach Patiö, m Gesellschaft einer gut
aussehenden, etwas schmerhörigen
aiten Dame die sie ais Begleiterin
engagirt haiie Dieselbe war aus
verarmte! altasdliger Familie und
evar gisiietselig, eine Sei-Luna einzu
I
nehmen, die ihr oergönnte. ein Leben
zu führen, in dein das Geld auf .
hört hat, eine Rolle zu spielen. ie
war Melanie dafiir blindlinge erge
ben, war da, wenn sie gebraucht nur
de, und wirkte sich im gegebenen Mo
ment in Lut zu verwandeln — eine
äußerst beauerne Anstandsdame.
Von Paris aus ging ei den Win
ter iiber an die Riviera. Wie ei ihr
gerade gefiel, nahm Melanie Aufent
halt in Nie-im Monte Carlo und
Villasranra. U«:iberall drängte man
sich dazu, ihre Bekanntschaft zu ina
chen. Die reiche und schöne jun-ge
Wittwe war der Mittelpunkt des n
terefses fiir alle die jungen unda ten
Lebemänner, die dort unten an der
paradiesischen Kiiste ihr Dasein ge
nießen. Sie schwamm luztig im
Strome mit. totettirte mit a en, ohne
einen zu bevor-ingen, und ließ sich
von allen zu leich den Hof machen.
Die- Spiel äle in Monte Carlo be
suchte sie häufig. Es gwährte ihr
einen prickelnden Reiz, in den Gesich
tern der Spielenden die wiithende
sGier nach Besin. die tolle Freude beim
Gewinn und die tiefe Verzweiflung
im gegentheilken Falle zu beobach
ten. Zuweilen betheiligte sie ich auch
selbst am Spiel, aber es fe ette sie
nicht. Nur wenn Langeweile Lie dazu
trieb, seyte sie hie und da einer-nimm
und überließ mit lächelnder Grazie
ren Gewinn Frau o. Sei-idem ihrer«
Gesellschafterin. die dadurch jedesmal»
in einen Ireudenrairsch versekt wurde..
Eines Tages. als sie mit Frau oJ
Senden von Nizza nach Monte Carlo
fuhr, war sie sehr schlechter Laune
und bekam Heimweh. Solche Stim
mungen gingen zwar meist schnell
vorüber. machten sie aber Mem-fäng
lich fiir die Reize der herrlichen Um
gebung. .
Und diese Umgebung war es doch
wirklich werth, mit offenen Augen
und Sinnen aufgenommen zu wer
den. Sie fuhren über die alte Cor
niche, die herrliche Straße, die sich
hoch über dem Meeresstrand an Fel
sen entlang zieht. D·r Golf von
Villafranca. mit Schiffen bedeckt,
leuchtete blau herüber. Ring-zum ain
Ufer waren die Villen zerstreut zwi
schen Mandel- und Pfirsichbiiumem
die weiß und rosig in voller Blüthe
standen. Der Duft der Orangen
bäume erfüllte die Luft, und von
Villafrania herüber tönte leise,
lockende Musik.
Diese-s töstlickse Erdenfleilchen, ge
schaffen. nur gliickliche Menschen anf
zunehinen, bekam freilich so manches
verzweitlungsoalle Elend zu selten,
aber weder das eine noch das andere
interessirte Melanir. Sie war eben
schlecht gelauni, weil ihre Kavaliere
ohne sie nach Monte Carlo gefahren
waren. Die hatten nämlich geglaubt,
sie sei schon voraus. und hatten sich
beeilt, ibr zu folgen. » -
Jn Monte Carlo angekommen,
stieg sie am Pakt aus dem Wagen
und ließ Frau o.Senden allein ins
hotel fahren. Sie wollte erst noch
ein wenig proineniren und von einer
fder-;e Bänte dein Sonnenuntergang zu
n. ’ « -
Als sie langsam dahinschritt, stieß
ihr Fuß plötzlich an eine mitten ans
dem Wege liegende Brieftasche. Sie
sphod sie mechanisch aus und öffnete sie,
um den Verlierer zu erkunden. Die
Tasche war leer, nur in einem Zwi
schensach steckten einige Visitenlarten
mit dem Namen: hans v. Trachtoitz.
»Ah.« murmelte sie erstauntm mein
eisrigster Verehrer, der schöne Trach
witzl Leer gebrannt —- der AerinLe
hat wahrscheinlich Pech qehadt.« ·
Sie wollte die Brieftatfche schließen
und zu sich stecken, um sie dem Ver
lierer zurückzugeben da fühlte sie
noch etwas Harte5.
»Ehe Photographie!« dachte sie
nnd öffnete neugierig die Klappe.
Wie versteinert starrte sie aus den
Franenlops, der ihr entgegensahSie
nahm das Bild heraus und hielt es
dicht vor die Augen. Es war entschie
den Frau Renate Wertentin, lein(
Zweifel — in hier auf der Rückseite
stand deutlich in tlnrer schöner hand
schrisi: »Nein-te ihre-m geliebten
Hans.«
Sie lachte plönlich spöttisch aus.
Das warzna eine,-unbezahlbare Ent
deckung, ·e mußte sie ein«-nähen
Schnu, schau, diese von Rols so rit
terlich vertheidigte Tugendheldin
führte also ein aalantes Doppellebeni
Sie legte das Bild an seinen Plat
zttriick nnd schloß die Tasche. Jn Ge
danken versunken ging sie weiter· Um
diese Zeit war es hier still nnd men
schenleer. Auf der Bau , von der aus
sie den Sonnenuntergang hatte de
trachten wollen« sosk indes doch ein
Herr, den Kopf in den händen ver-l
groben. die Ellbogen ans die Kniee;
gestii t. Sie erkannte sosort, daß ess
Tra ih war, der hier wahrscheinlich
sehr nnliebsarnen Gedanken nachhing..
»Den d. Fischen-ist« ries sie ihn
Er Mike-us nnd wandte ihr sein
bleiche-L verstörtes Gesicht zit.
Exil-en Sie diese Briestasche ver
lorenk ·
Tmchtvih erhob sich nnd mochte
eine milde, wegioersende Bewegung.
»Es lohnte sich nicht, sieauszuheben.
denn sie ist lerr.«
Sie lächelte liebenswürdig »Ab.
ich— verstehe-—Sie hatten Unglück im
Spiel nnd sind ein wen-i Drstimtnts
Er lachte spöttisch o , aber hinter
diesem Lachen barg sich so tiefe Ber
zweislunn, daß sie nun doch erschrak
»Ein wenig oersiirnnttl Das klingt
sehr hornilot im Vergleich zu den-,
todt ich empfinde, Frau Vermin.
IN
..«-. « . .. -. -.« « . . .. .-- -—.« ..-—« » . —-..- -.--.—«. .— » - - . .,—«
Kultu- citat-L
Mein Fräulein, ich liebe Sie!
So? —- dcmu sagen Sie aber um Himmels willen Mama nichts da
von. Heer Doktor, sonst muß ich Sie heirathen!
Wenn Sie den iotalen Zusammen
brnch aller Hoffnungen, die vollstän
dige petuiniire Vernichtung eines
Menschen begreifen können, werden
Sie ermessen, wie wenig dieser Aus
spruch auf micht poßt. Jch bin ein
fach fertig mit dem Leben nnd herbe
nicht die geringste Existenz-berechti
gung mehr. —- Der Rest ist Schwei
gen.«
»Aber mein Gott« Trachan wie
können Sie so etwas sogen! Sie
find doch ein Mann!"
»Ja, ein Mann mit einer unhe
greiflichen Vorliebe fiir reine Wö
fche, für stimmungsvolle Umgebuno,
für erftklaifigen Verkehr und all
solche Sachen, die ich nun nicht mehr
werde haben sonnen. Da bleiht nur
ein Stxich — oder wollen Sie mich
etwa aus der Reihe Ihrer Anbeter
ausscheidem nn: mich mit Jhree
Hand zu beglückens Das wäre
Rettung. Aber ich weiß, daß Sie
das nicht thun werden. weil ich eben
fertig bin.«
,, icht deshalb, Tracht-itz, sondern
tweil ich mich jetzt überhaupt noch
nicht wieder zu verheirathen geden
ke. Aber Sie interessiren mich von
alken Bewerbern anr meisten, das
gefiehe ich Ihnen ganz offen. Ich
möchte Ihnen helfen, weiß nur nicht
wie. Jch tann Jhnen däch lein
Geld ankieten!«
Eine dunkle Röthe flog iiher
feine Stirn. So tief war er nun
doch noch nicht gesunken. am hei
solch einer Möglichkeit keine Scham
empfinden zu müssen. »Ich danke
Ihnen fiir oihr liebenswiir iges Jn
teresse. Helfen können Sie mir in
dessen nicht. Es fei denn Sie wish
ien Rath, wie sich ein Mensch aus
dem Nichts in eine gesicherte Zukunft
retten lönnte.«
Gortfehung folgt.)
—
Reue Ausnahme-en in der
,,Ptpinoburs«.
Man schreibt aus Bremerhaven: An
der Grenze von Marsch und Geest, et
wa 15 Kilometer nördlich von Bre
merhaoen, erhebt sich in einsamer
seide- und Moorgegend ein imposans
ter Ringwall, genannt die Pipinsburg,
ein Name, der übrigens weder mit dem
Vater Karls des Großen noch einem
anderen König Pipin etwas zu thun
hat, sondern wohl erst bedeutend spä
ter entstanden ist, als die Burg selbst.
Hinter ihr lie en noch andere, nicht so
gut erhaltene allanlagen —- die Hei
denburg und die Heidenstadt —- und
unter em paar tnorrigen. oomSeewind
visrtriippelten Eichen ein Hünengrab,
im Volksmund Biilsenbett genannt.
Anscheinend hatten die drei Burgen
den Zweck, die dort ooriibersiihrende
alte Heerstraße,. den Königsma, der
auf eine Geritzunge durch das Moor
führt, mit seinem Uebergang iiber die
Aue, der Königåbriicke, zu sichern. Die
drei Betestigungen bildeten ein wichti
ges strategischeo Festungsdreieet Nach
dem die heidenstadt und die seiden
burg bereits in den Jahren vorher
xdurchforscht und als Sammelplähe siir
größere Heereömassen seit stellt wor
’den waren, ist in diesem ahr die Pi
pinsburg mit Unterstilsung der rö
misch-germanischen Reichslommission
ivon dem heimatbbund «Miinner vom
Morgenstern« erforscht worden. Schloß
Morgenstern war eine Zwingburg im
Lande Wursten gegen die Friesen.
Professor Schuchhar , der verdient
Erforscher der Altertbiimer in West
deittschland, hatte die Dberleitung der
Arbeit übernommen, die fett beendet
ist und ein abschließent Urtheil iiber
Alter und Bestimmung der sehr gut
erhaltenen Anlage gestattetr.
Runde Wölfe tote die Ptvinsburg
lind nur zwischen Elbe und Weser im
Fluchtande gebräuchlich gewesen. Nach
benScherbenfunden zu urtheilen, ist die
c
Pipinöburg eine der jüngeren dieser
Anlagen und etwa im achten Jahrhun
dert entstanden. Jhr Durchmesser
von Walltrone zu Walltrone beträgt
65 Meter; der Wall, der aus heides
plaggen sorgfältig aufgeschichtet und,
wie dir Schichtung zeigt, zweimal ver
stärkt worden ist, zeigt intThorweg eine
Dicke von 17z Metern! Durch Gra
bungen ist die Lage der Gebäude fest
gestellt worden. Jhre Zahl beträgt
zehn, wozu zwei grofze und eine kleine
Grube kommen. Nur in zweien der
Häuser hat man Ieuerstellen gefun
den; eines neben dem Thor darf man
nach den Fanden von Hufeisen und
Pferdetnochen anscheinend« als den
errdeftall aussehen. Von den Gru
ben sind zwei anfcheinendVorrathsgrus
ben. während der Charakter der gro
ßer-» die sechs Meter Durchmesser hat
und drei Meter in den gewachsenen
Boden hineingebi, nicht festzustellen ist;
die Hypothese, dass man hier einen
Brunnen vor sich bat, txt nur haltbar
unter der Voraussetzu g, daf; der
Grundwafserftand vor der Eindrichung
der Weser mehrere Meter höher gewe
sen ist als heute. Aus der Anzahl der
Art der Häuser schließt Professor
Schuchhard, daß die Pipinsburg weder
ein Lager zu gelegentlicher « uslucht
noch ein Herrenhof gewesen -ist. ondern
Iein Dynastiesitz mit ständiger Be
satzung. Nach den Scherbensunden zu
urtheilen, ist, wie gesagt, dieEntstehung
der Anlage ins achte Jahrhundert zu
verlegen. Es haben sich aber auch
Scherben fräntischen Charakters ge
sunden, und es bleibt deshalb die
Frage offen, ob die sächsischen Jnfas
sen der Burg bereits sränkische impor
tirte Gefäße benutzt haben, oder ob
die Burg nach Unterwerfung der Sach
sen eine Zeitlang von den Franken
benutzt worden ist. Die Eroberung
der Burg ist in das Jahr 797 zu ver
legen, als Karl der Große sich- an
schickte, den lebten Winkel des Sachsen
landes, das Land Hadelm zu unterz
werfen. Die »sama«-a innre-s irrt-non
-·-«-.«« erzählen, daß Karl 797 ein Fe
stungowert im Gau Wichrnuti ibeirn
Lande Hadeln) gebrochen hat. Mörd
lich von der Pipinsburg findet sich tei-,
ne sächsische Burg mehr. denn die Burg
in Altenwalde bei Kurhaven ist fräntbi
schen Ursprungs, eine von Karl dem
Großen angelegte Festung.
Den Werth der Ausgrabungen er
blickt Prof. Schuchhard darin, daß da
mit zum ersten Male ein srtih ermanis
Ischek sachsischek Dyuasiiksitz miser-ge
fift. DieGrabungen wurden dadurch er
leichtert, daß die Burg gar keinen
Baumbesiand hat« sondern nur von
Heide bewachsen ist; erschwert wurden
Hsie durch eine Anzahl Dachs- und
yFuchsbauten —- in einem wurde noch
Idatö Stelett eines Fuchles gefunden —
Jsowie durch die Thättgteit früherer
zSchodgräben die eine der Sage
knach in der Burg vergrübene
goldene Wiege gesucht haben. Die
Grabungen werden. nachdem sie nun
ihren Zweck erfüllt haben, demnächst
wieder eingeebnet werden, und wie lan
ge noch. und die Heide iiberwuchert wie
der alles, in der sich an stillen Som
mertagen träumen lässt von ver ange
nen und zutiinftigen Tagen. D e Eck
Vf« hle bezeichnet bleiben. Neben Pro
se or Schuchbard verdienen noch die
Oberlehrer Robra und Hoffrneiiter aus
Brenrerhaven genannt zu werden, die
unter seiner Oberleitung die ärtltche
Aussicht geführt haben,
pfosien der Gebäude werden durch· ,
Ei gibt gebildete Kreise, denen ei
nicht an Geld fehlt —-- tvphl aber an
Bildung.
I I
Unsere Münzen erhielten Auftrag,
für 870,000,000 Gold zu prägen.
Wünsche jedem guten Bürger feinen
vstetchlichen Anteil daran.