Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 18, 1907, Sweiter Theil., Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    «-ks-s.-— q
Okfenuj Schreibeer von l
III-nie InnkstkngkL i
No 280 E paar Däg nachdem
wir aus die Sommetfrische widdet
heim ware, hat dee Mehlmann en
Brief gebracht un an das Enwelloppl
war e Pieischer gepkint Je mehr ichs
das Pickschet angegucki hen, desto
mehr. hot es iammilliee zu mich ge
gueli un ich hen schuhr gewißi, daß
ich das Bilding chvn emoi gesehn
ben. Wie der »ilipp, was mein
Hast-and is, ins Haus ukiickiomme
is, do den ich seine Eiienszchen an das
Packichet geiahlt un er hat ges i, er
dein auch genie, daß ich das Begiding
schon emai gesehen hätt, das wär jai
e Poitegriif von den Haiell wo met in
den Sammet-: Riesott gelebt hätte.
Schuhe aenug, dag is all, was es war
un do sin ich awwek doch neuschieeig
c,en:eie, was in den Brief gewefe is.
Tet Philipp List ihn au gemacht un
hat gelese: Ich will Jhne wisse losse
case die Leb-dies un Schentelniänner!
wo zu die nämliche Zeit in mei Hoieij
ware, wie Sie bei mir gesianne hen ’
nids annetichtek ware wie Lumve un
SchwindkctT Se hen befohr daß se
ioti fin, mich mei Bohrd bezahlt, das
is alxltscchi un gut genug, iawwek for
die Drinis hoi keiner bezahlt un ie,
den gesagt wann Sie se nit bezahke
debi:, dann sollt ich si-: Wart schicke
im se behie mich den Emauni ein
ichidr. Sie hen nii bezahlt un en
Brief wo ich an die Kanne geschickt
·i:«en, der is widter teduht komme, bis»
tahs der Mchitetriek hat se nii finne"
könne. Jetzt dehi ich aleiche, wann
Sie die Bill biezahie dek. te un for den
Riesen lea ich eine hi-.k bei Es fin
!
nur ermrve un imng Immer, ask-wer
Fch kann nit erferdern, das Geld zu
eerlierk Also plieg fm Se so gut.
«Der Elztiiiizxp hat rpich lang angegnclt,
wie er mit den Brief fertig war. Well,
ben id: gesagt, was denkst du zu,
duhnZ Nattings hoher gesagt, der
Feller»triegi noch tein verdollte Pen
nie aus mich un ich will emol gleich
den Wedesweiler dm Brief zeige, un
rrill höre-, was ver zu sage hat« Do
sin ich wie en Blutvergießer u sae
ischumvt, hen den Philipp ten rief
aus vie nd gerisse un hen lauter
tleine Stückele her draus gemacht;
»Das wär mich grad das RichtigeH
hen ich gesagt, daß du den Wedes-i
weiler den Brief zeige delitesil JnssxitH
- vonJiinf Minnits wüßt es danndiej
ganze Ziitie, wie mir uns blamirtj
ben· un ich müßt mich ichehrne io lang
wie tch«lewe.« Der Philipp hot ein-»
gesehn daß ich recht geweie sin nn?
das hp mich arig gewunnert, belahs’
als e Rrchl duht der Philipp nie nickz
«einielin. Mer hen dann unteren
- Meind uffzeigracht, daß mer zu den
Brief gar keine Ettenschen bezgl-le
wollte un damit war die Sache ges-;
fielst. Jch hen gehen »Philipp, ich
muß emdl Zu den Dentift gehn, iorj
mein leithändw Backezahn duht michs
schen seit e paar Tiig truivele un ich
Zieht gleiche, daß du mit mich gehst,
lsätah5, ich muß inng daß ich teinder
eiireht sin allein-J zu gehn un du haft
doch so e große Korretich. Do izot er
e Fehs gemacht, als wann er sage
wrllt: Jehs wann du nor wißt, was
ich for e Koerretsch herr, awwer erT
bot dochsnit get-ehrt »Das zu sage. Ers
sagt, alt-echt Lizzie, ich geh-n mit,- ich
lann ja autieit in den Wehtittgrubm
warte. Well, do draus is oss Kehrs»
nicks geworde, awtver ich hen ihn»
ennilsau mitgelm mache. Mer hen bei
ten Dentiit e lange Weil warte Wisse
un wann nit von Zeit zu Zeit e 1 m
enerliches Getrisch aus den Dentiit4
I
sein Stuhdio komme wär, dann ioiire
mir schuhe eingeschlafe. Uff emol
hot der Dentist die Dtehr uffgemacht
un hot gesagt: Die nächste Lehdir. Es
war kein anneres Wummen meht da
un do hen ich gewißt, daß er mich
meine duht. Jch hen den Philipp
heim Schlasfitche nomine unhen ihn
mit infeit gepu t. Jch hen mich
gleich in den Schehr geieht un der
Dackter hot gesiakt an mich erum zu
man-tiefe. Jn den Lsuclinggliis hen
ich nothisse könne« daß der Philipp
iich ganz tlohs zu die Dohr gesetzt
trat un immer geguckt hat« oh er nit
fort schnieie könnt. heneKunst
paus. wo.der Dentsit gemacht hot,
benutzt un hen ihn gesagt, er sollt
Yisguckh daß mein Hoshand nit fort
ufe deht, sonst det ich nötwesz wer’n
un do bot er einfach die Dohr gelackt
un hot den Kieh in feine Packet ge
steckt. Do war ofs Kohrs den Phkt
feine Klack goiickft. Der Dentiit hot
mich arig roff getriet un wann ich nit
eschehmt gemese wär, dann hätt ich
«laut geirische.- Wie der seierlicheMos
inent komme is, daß mich der Dackter
den Tuhs hot pulle wolle, do hen ich
mich mit Händ un Fieß gewehrt, bi
tahs e Wummen gleicht doch nit so
mir nicis, dir nicks en Tuhs gepullt
zu kriege, wo gleich die Kompleckichen
speule duht. Jch hen for den Rieer
auch getreiit den Deniist fortzupusche
un der hot. weil-er seine Wietntß
eingesehn hot, den Philipp for Eisi
stenz herbeigerqu. Das war, wo er
en Misstehk gemacht hat un Sie wer’n
gleich sehn warum. Der Philipp
hoi nämlich- grad en1 Beruhigungs
fchnuff getäcielt, wo er noch in dke
Hand gehabt hat. Jn seine chlfeiteis
tnent is er herbei geronnt komme, is
gege den Dentift gepuscht un der
ganze Schnnsf is ihn aus »die Hand
un in den Dentist sein Fehs un mich
in met Maiiche gefloge, wo ich grad
in Erwartung der Dinge, die da
komme sollte, recht weit uffgehabt hen.
Well, Se könne sich die Sennieschen
denke, wo es da gewwe hatt Der Den
tist hat gespautzt wie alles un hat
sich die Auge puttinir ausgerobht un
ich, ich hen en Ettiici von Koffin
kriegt, daß der blaue Huhschte gar
nicks dasege gewese is. Das Riefolt
war, daß ich heut Ioch mei Tuhiehi
ten un dabei hot mich der Dentist e
Bill for fünf Dahler for verlorene
Zeit geschickt Ei tell fuh, alles-was
die fPhilipp anpacke duht, das geht
schie .
Mit beste Rieqards
Yonrg
Lizzie Hanfstenget
—- —--—«-—.-..«
Seine Anssassuns.
Fxldbiitert ,,Donne:wetter, haben
Sie denn nicht gelesen, dJ das Be
treten dieses Weges bei Straf-: ver
boten«isi?«
Fuhrmann: »Das schon! Aber, wie
Sie sehen, fahre ich doch!«
« Bishnstr Widmnnn.
»Na, wie bat der Tenorift Heisergii
bei feinem Gasispiel gefalle ni«
»Einen einzigen, Kranz —— freilich
mit einer Widmung —- hat er bekom
men!«
»Und die lauteiei"
»Singe zu Hausei«
Anneneiimer Vortrag
Brautt »Mir-, Eduard, wenn ich
mich verheirathe, bekomme ich von
Papa ein Automobil eine Van im
Grunewald, die Familienbrillanterk
und eine Rente »von ————«
Bräutigam (sie unterbrechend):
»Ach Schatz, ich könnte Dir stunden
lang zuhörenR
s.
« Jndiskret ,
Barschen fder den Vater ins See
bad begleitete, schreibt nach einigen
Tagen an feine Mutter): »Liebe
Mamai zum Bier geht der Papa
jed n Tau sechs-mal, aber ins Wasser
geht er nicht!«
Ost-mische Studien.
Er: »Sind Sie mit Ihren winni
fchen Studien schon fertig?«
Sir: »Schon ängst! Und wie weit
sind Sie damit?«
Et: »Ach, ich bin immer noch beim
Lonfen und sMalz —. Darüber
komme ich nicht hinweg.«
Einem Herrn, der ein Zimmer mie
iben will, wird ein kleiner Raum ge
zeigt. »Was wollen Sie denn für dies
Hundeloch haben?«
Achtzehn Mart monatlich fin Sie
—·——tvenn Sie nicht beißen!«· «
Les-ist !
.·.., - ...- .
-— «- .«· —- »Es-psy
—Isb«-«I-s-I- s.
www «
s .W'ie, Sie haben schon zwanzig Halbe und holen sich jedes Glas
e!ber?"
»Ja wissen’s, der szi hss mir strengstenö Bewegung verordnetl«
I Stille Winkel in Paris.
Man muß die viel verlannte Stadt ,
fahrelang studirt haben, um alle dieseq
stillen Winkel kennen zu lernen, die
Paris in sich birgt. Fast in jedem
Quartier finden sich solche schläfrige
Ecken«. Man irrt sich, wenn man glaubt,
sie in den Parkanlagen zu finden oder
Hauf-den zahllosen Squaresz da spielt
t Militiirmusit, da schwatzen die Bon
nen, da schreien die Kinder. Man
könnte geneigt sein, auf den großen»
’ griedhöfen in der Stadt verschwiegene ’
tellen zu suchen; damit beweist man(
» aber nur, daß man die Pariser CimeI
) tieres nicht kennt, denn in diesen Tod- ;
tenftiidten gibt es Straßen, Avenuen ;
und Borelevards wie in der Stadt der J
Lebenden auch, und wenn die Bewoh-;
net der Marmorhiiuier selbst sich J
schweigend verhalten, so lann man das I
gleiche von den Parisern nicht behaup- !
ten, die sich zwischen den Gräbern her-—
y umtreiben. Es gibt auch historische:
? stille Winkel in Paris; sie sind als sol- !
L che in aller Welt berühmt, und wer die !
; Coins de Paris oder die Promenadesj
Fvon Georges Caintzelesen hat, gehtt
; hin und staunt diese Sehenswürdigstei- ;
» ten an. Leider ist die Folge dieser Li- »
J terator nur, daß die delle in diesen
f historischen Rumpelkammern dahin ist
)
und daß man die Weltentrijcttheit nur E
in Gesellschaft von einigen Dutzend an
gelsächsisch lispelnden Gentlemen inJ
tarrirtem Reiseanzug mit den dazu-»
gehörigen brillenbewaffneten weibli- s
chen Globettottern genießen kann. i
Und doch gibt es noch Oasen in der
Pariser Wüste, wo man die Ruhe sin
den kann. die man in den Kurorteir
vergeblich suchen wird. Jn den Stra- «
ßen unten rasen die Autos, donnern
die Omnibnsse, schimpfen die Kutscher,
schreien die Camelots und Gemüsetvei
ber. Hinten nach dem Hof hinaus aber
ist tiefster Friede. An den langen
Sommernachmittagen hat die Stille
fast etwas Beängstigendes. Alle
Fenster sind offen und alle Fenster sind
voll Blumen. Jm Fenstcrrahmen
hängt ein Vogelbauer und dicht dabei
In der Dachrinne sonnt sich behaglich
schnurrend eine große schwarze Katze.
Von Klavieren hört man hier keinen
Laut. Hier und da —«— viel zu selten
leider, taucht hinter den Blumentöpfen
ein brauner oder blonder Kopf auf.
Eine kleine Arbeiterin steckt ihr Gesicht
chen zum Fenster hinaus, um zu sehen«
ob in unserem stillen Winkel etwas
neues passirt ist. Natürlich ist nichts
neues passirt, denn unsere Ecke ist eine
Welt, in der nichts vorgeht. Wenig-«
stens nicht für profane Augen. Für
Eingeweihte gibts aber immer Ereig
nisse. Man lennt alle Katzen und
Hunde mit Bornamen und erfährt,
wenn beim Nachbarn ein Kaisarienl
Vogel, ein Fint oder eine Amsel nicht
ganz auf Deck ist· «
Man beobachtet den botanischen
Garten aus dem Balkon des Gegen
über, und eine besonders schöne rothe
Rose bildet das Entzücken aller Be
wohner unseres stillen Winkels. Man
sängt auch Gespräche von einem zum
anderen Fenster auf und gibt seinem
Mitgefiihl an Freude und Schmerz des
Winkeibiirgers Ausdruck. Sinkt der
Abend nieder, dann schießen die Vögel
über unsere delle dahin und man sieht »
in allen Wohnungen die Leute zur
Hauptmahlzeit versammelt. Yvonne
und Suzette stecken sich Blumen ing»
Haar-, trillern ein Liedchen, und diel
sieißigen kleinen Hände werden bald(
die Hand von ,,ibm« drücken. Wir al- ?
teren und gesetzten Leute bleiben ins-!
rück. Vater Dupont baut drüben sein »
Grammophon aus. Auch in der tät-l
menden Straße wird"es nun tiescrs
Frieden. Die Honoratioren des Vier
telö mit Käppchen und in Hemdsäp
mein besuchen sich gegenseitig oder
setzen sich aus die Straße, um die wei
che Abendluft in ehrbarem Geplauder
zu genießen.
Ein noch viel stillerer Winkel findet
sich bei meinem Freunde, dem Maler,
ganz oben aus dem Montmartre. Jetzt
malt er nicht mehr, und ein Rem
brandt und Rassael war er auch nie
gewesen« Die Fremden glauben, den
Montmartre kennen gelernt zu haben,
wenn sie mit dem Omnibug von teu
chenden Pferden oder mit sauchendem
Autobus bis zur Place Piaalle ge
kommen sind. Da siingt er aber in
Wahrheit erst an. Jn steilen Gassen
steigt man weiter himmelan. Die Rne
des Abesses ist der große Boulevard
sin diese Gebirgsbewohner. Von den
Nebenstraßen sind da viele nur aus
Treppen zu erklettern. Hier lieat alle-s
wie ausgestorbetr. Um den Monlin de
la Galette kann man an Sommernachi
mittagen Gasse aus Gasse ab gehen,
ohne einen Menschen zu finden. Tritt
man in ein Haus« so findet man auch
die würdige Conciergeiiber ihrer Näh
arbeit eingeschlafen, ein tabakschnup
scndes Dornröschem Endlich sind wir
angelangt. Die Thür steht ossen. Die
Möbel bei unsere-n Freunde sind an die
Wa d gelehnte Bilder. Man ziehe aber
den-But denn hier sind die Corot und
Puwit de Chavannes und wie sie alle
heißen, ein und ausgegangen,,und alle
diese Leinwandtaseln sind von ihren
Pinsel gemalt.’ Da haust nun der Alte
mit seinen Erinnerungen an die arofze
Zeit, wo er alle diese- Meister Freunde
nennen konnte, wo hier Champagner
psropsen tnallten, silbernes Lachen er
schallte und frohe Lieder und Tanz-.
musit den Märtyrerberg belebten» . . .
lheute ist eslganz still; auch nicht
ein« Laut ist zu hören, und das som
merliche Paris scheint meilenweit ent
fernt zu sein. Wir aber treten ans
Fenster und sehen hinab vom hohen
Berg. Wer nicht schwindelfrei ist,
halte sich fest, denn die »Butte« fällt
hier jäh ab — aber das Auge schweift
entzückt über dies Bild. »
Freunde der Melancholie mögen
uns aber nach der Place de Vosges
folgen. Das war einst die Place
Royale und unter den letzten Balois
und ersten Bourbonen der Glanz
punkt des prunkliebenden, » höfischen
Paris. Hier erhoben sich die üppig
sten Adelshotel·s, hier bejauchzte das
Volk die letzten Tourniere, hier-fan
den biutige Straßenkämpfe zwischen
den verschiedenen Feudalparteien statt.
Und dann kam der jähe Verfall! Die
Ducs und Marquis machten dem Bür
gerthumPlatz. und demReichthum folg
te schließlich die Armuth. Vor sechzig
bis siebzig Jahren erlebte die Place
Royale eine Nachbliithe. Da setzte sich
hier sahrendes Künstlervolk fest und
Viktor Hugo hauste hier. Aber das ist
nun schon lange her. Heute findet man
in dieser vergessenen Ecke des alten
Paris nur noch Antiquare, Trödler
und Geschäftsleute, die keinen Werth
auf große Kundschaft zu legen schei
nrn, denn nur selten verirrt sich ein
mal ein wirklicher Pariser hierher.
Weit weniger weltschmerzlich stimmt
uns ein anderer stiller Winkel, der
einst der Schauplatz ausgelassenster
Fröhlichkeit war, das Palais Royal.
Der brciisende Strom des Weltstadt
verkehrs hat andere Wege gefucht. Wir
sehen nur noch die Vögelchem die das
Futter aufpieken, das man ihnen zu
wirft. die Kinder spielen und lachen,
aber ihre Stimmen klingen in dem
Niesenhof wie aus weiter Ferne.
Ein einziger großer stiller Winkel
ist das ganze Stadtviertel zwischen
Saint-Sulpice und dein ehemaligen
erzbischöflichen Palais. Ganz in der
Nähe findet man die alten Adelshotels
des Faubourg Saint-Germain· Diese
liegen immer wie im Schlaf und man
friigt sich im Vorübergehen, ob diese
stillen, verlassenen Höfe überhaupt je
mals bewohnt werden. Sieht man
hier einmal einen Menschen. dann ist
es ein Bedienter oder der Concierge,
der sich gähnend in der Pforte rekelt.
Das sit-, biauviiitige Frankreich liebt
nicht das laute Paris Mariannes.
»Und auch wir fühlen uns mehr hinge
? icgen zu diesen stillen Winkeln, als zu
:dem Paris der englischen Hotels, der
HFrenidenfiihrer und der Cookschen
ZMailcoaches Jenes große Paris blen
!det, aber in die kleine Welt der alten,
Verstaubten Ecken kann man sich verlie
ben.
I Der WaldteufeL
Der große Sherwood - Forst in der
englischen Grafschaft Nottingham war
im zwölften Jahrhundert ein Haupt
tummelplatz des berühmten Räubers
Nobin Hood und seiner Spießgesellen.
z Sechshundert Jahre später. etwa im
Jahre1730, machte ein geheimnißool
ler »Waldteufel« dieselbe Gegend un
sicher, nämlich ein schwarzes-, zottiges,
gehörntes Ungeihiin1, welches in den
Dörfern nächtlichk Einbriiche verüdte
und Abends in der Dämmerung aus
einsamen Wegen einzelne Wanderer
mit entsetzlichem Gebrumme und Ge
heul anfiel und sie auspliinderte.
Man mußtet.icht, war es ein Thier
oder em Mensch, oder beides, eine Art
von Werlvols mit Hörnern.
Nicht nur auf Lebensmittel aller
Art, auch auf wohlgefpickte Geldbeutel,
Uhren und sonstige Werthfachen hatte
das Ungeheuer es abgesehen. Es
schien überhaupt alles gebrauchen zu
tönnen.
Ein alter Bauer, bei dem es Nachts
einbrach, starb infolge des jähen
Schreckens.
Die Bewohner der Gegend wagten es
taum, sich Abends außerhalb ihre-:
Häuser irn Freien blicken zu lassen;
sorgfältig hüteten sie ihre Kinder und
wollten sie nicht« mehr zur Schule schik
ten; Mägde weigerten sich, Morgens
sriih und Abends spät zum Melken zu
gehen; so allgemein verbreitet war die
Furcht vor dem unheimlichen »Wald
teufel".
Natürlich bekümmerten sich bald
ernstlich nnd eifrig die Behörden um
die Angelegenheit; es wurden Poli
zisten, Jäger und Soldatentrupps in
den Shertvood-Forft geschickt, die aber
vergeblich und nutzlos manche Streife
darin veranstalteten. denn es gelang
ilknen nicht, das Ungethiim zu ent
decken.
Von ovrtgteitswegen wurde die yoye
Belohnung von hundert Pfund 8500)
aus-geschrieben fiir den Tapferen, der
das Ungeheuer entweder lebend einfan
gen oder es tödten würde.
Man meinte nämlich behördlichen
seits, der »Waldteusel« müsse doch
wahrscheinlich ein aus einer reisenden
Menagerie entsprungenes. seltsames
Thier, etwa ein gehörnter Riesenasfe
oder dergleichen sein
Jn dem Städtchen Manssield
wohnte der junge Töpfermeister Benin
niin Doughty, ein armer und strebsa
mer Handwerksmann, der sich durch
großen, persönlichen Muth auszeich
nete, sodaß zufällig sein Name wirklich
sehr gut für ihn paßte.
»Doughtn« bedeutet nämlich »be
herzt«·
Eines Morgens »in der Frühe. es
war noch ziemlich dunkel, schob er einen
Handsarrem aus welchem ein Spaten
und eine Spitzhacke lagen, nach einem
Felde ganz nahe am Waldesrande
Dort war eine Lehm- oder Thon
-
grube und er hatte von dem Feld
besitzer fiir eine entsprechende Geldbet
giitung das Recht erworben, für sein
Ipofereigeschäst das dafür sich trefflich
Ieignende Material aus der Grube in
; beliebiger Menge entnehmen zu dürfen.
i Ganz dicht bei der Thon-grabe war
sein Gestrüpp. Als Doughty bei dem
selben anlagte, vernahm er gewaltiges
Schnarchen. Er bemerkte, daß da je
mand lag undschlief, unxd, so muthig
er war, esiiberlam ihn ein Gesiihldes
Grauens.
Das, was da halb verborgen lag
und was er nur ziemlich undeutlich
sah im Zwielicht der Moment-Zimme
rung, schien ihm im höchsten Grade
verdächtig zu sein.
»Das st der Mldteufel!« dachte er.
»Soll ich ihn angreifen oder- nicht?
Hundert Pfund zu verdienen; ein schö
nes Stimmchen für einen armen Töp
fer. Ja, ich will es tvaqen!«
Er nahm seine Spitzhacle zur Hand
schlich näher und schmetterte mit
furchtbarer Wncht die Hacke nieder auf
den Kopf des Schlafenden Der Hieb
mußte offenbar von tödtlicherWiriung
gewesen sein, denn die Gestalt rührte
sich nicht und schnarchte auch nicht
mehr
Doughty ließ seinen Karren stehen
nnd eilte in das snächste Dorf, wo er
Lärm schlug indem er rief:
»Ze: Waldteufel ist todt; ich habe
ihn
der Richtigkeit!««
Einige Bauern und Knechte erklär
ten sich sofort bereit, ihn an Ort und
Stelle zu begleiten
Nach dem Bezirlssherisf wurde ein
reitender Bote mit der Nachricht ge
sandt. «
Der junge Töpfermeister befand sich
init den Neugierigen bald wieder bei
derThongxube. Dort zog er den Leich
nam ans dem Gestrüpp hervor und rief
triumphirend:
»Da seht Jhr ihn!«
rsclslagen, die hundert Pfund.
verdient! Kommt mit mir. Jhr Leute,J
»schaut selbst und überzeugt Euch von«
i
(
Die Anwesenden sahen die·Leiche
eines Menschen in dunkler Kleidung
von groben Stoffen. Der Schädel war
zertrümmert durch den Hieb mit der
Spitzhacke.
»Das ist doch nicht der Waldteufel,"
meinte bedächtig ein alter Bauer. »Der
hat ja doch tein zottiges Fell, auch keine
Hörner? Jrgend ein herumvagabun
direnverStrolch ist s, den zhcr todtae
schlagen habt Es scheint fatt DoughtyJ
Jhr habt da eine große Dummheit ge
macht, die siir Euch sehroerhängniß
rolI werden taan «
Die anderen Bauern waren dersel
ben Meinung und auch in dem Töpfer
dämmerte nun die Ahnung auf, daß er
doch wohl nicht den WaldteufeL son-?
dern irrthiimlich einen ganz Unschul
dkzgen getödtet. Er gerieth dariiber in
große Bestitrzung
Es kamen immer mehr Leute zur
ctelle ’
Ein junger Knecht ries
,,Ei, den kenne ich ja!«
»Wer ist es denn?'«
»Bob Willis von Sutton!«
»Ja, ja, der ist es!« besiätigten an
dere junge Leute.
»Er war bei der Artillerie in Lin
coln, ist aber vor längerer Zeit deser
tin und scheint sich dann so herum
getrieben zu haben."
»Und er sollte der Waldteufel ge
wesen sein. S«
«,Unn1oglich ist es, wenngleich er als
ern richtiger Taugenichts bekannt war
und deshalb in schlechtem Rufe siand.«
Der Bezirissherisf und ein Polizist
tamen in aller Eile angefahren·
Nachdem der Beamte alles gesehen,
erfragt und darüber nachgedacht hatte.
sugte er ernst:
»Benjamin Douqhty, ich verhafte
Euch wegen Todtschlags, verübt an
dem Deserteur Robert Willis!"
Der Töpfermcister ließ kläglich den
Kopf biingen
»Ich hoffe, man wird einsehen, daiz
ich nur durch einen ungliicklichen Zu
fall dazu gekommen bin,« stöhnte er.
ssch that es nach bester Ueberzeugung,
km guten Glauben, daß es so recht
e- «
»Ihr durftet ihn nicht im Schlafe
!d·dten«, sprach der Sheriff »Hättet
Jhr dagegen den Deserteur ergriffen
und an die Militärbehörde abgeliefert,
wäre Euch eine Belohnung sicher ge
wesen.«
»Ich wagte es n:ch1, ryn teoeno zu
ergreifen und dadurch zu merken, wohl
aber wagte ich es, ihn im Schlafe zu
tödten, denn ich meinte ja, es sei der
berüchtigte Waldteufel. Deshalb er
schlug ich ihn zum allgemeinen Besten,
und auch, ni. gestehe es, um die ausge
setzten hundert Pfund zu verdienen«
»Es ist das ein verhängnißvoller
Jrrthum, derEnch vor die Geschma
nen bringt. Doch erscheint es- ja denk
fbar, daß man den seltsamen Farl
Imöalichsi milde beurtheilen wird.«
Der Töpfer wurde in das Unter
sttchnngsgesängniß gebracht zur größ
ten Verzweiflung seiner Frau und sei
ner anderen Angehörigen, die dadurch
ins Elend geriethen.
Bald nachher fand die Gerichts-ver
handlung statt.
Benjarnin Tourahtn wurde des
Todtschlags für schuldig erklärt und
-—- allerdings unter Zubilliaung mil
dernder Umstände -—— zu vier Jahren
;Gefängniß verurtheilt
Merkwürdigerweise sah und hörtei
man vonnun an nichts mehr in der
Gegend von dem ,,Waldieusel".
Das Ungethiim schien ganz ver
schwunden zu sein.
E
»
Diese-.- aufsallende Umstand Rachte Z
manche gute Leute auf die Vermu
thung, daß doch vielleicht Bob Willis
mit der Sache etwas zu schaffen ge
habt haben könne
Jn derThat erwies sich diefeMuih
isaßung als zutreffend, denn etwa ein
Bierteljahr nach der Schwurgerichtsi
verhandlung kam Licht in das Dunkel
Ein Forstwart entdeckte zufällig im -
Walde an cinem Abhang in einer
Schlucht einen von Gestrüpp verdecks
ten schmalen Eingang zu einer Höhle.
Er drang, versehen mit einer Laterne.
hinein und fand darin eine Artillerig
sten-Uniform, sowie eine schwarze Kuh
haut mit den Hörnern daran, ferner
Geld, Uhren, foustigeWerthfachen und
auch einen Vorrath von allerlei ver
dorbenenLebensmitteln. Jn derTafche
des Uniformrockes steckten Milliar
papiere, lautend auf den Namen Ro
bert Willis.
So war denn nun die Sache klar.
Der Descrteur hatte allerdings in
seiner, ihm ja sehr gut bekannten Hei-:
mathsgegend dieRolle desWaldteufels
gespielt und als solcher alle die Ein-.
brüche und Räubereien verübt.
Die Entdeckung hatte zurFolge, daß«
Doughty für ftraflos erklärt und fo-«
gleich aus dem Gefängniß entlaffen
tmrde, zur großen Freude seiner Fa
nilie; denn er hatte ja, wie nun er-v «
wiefen, wirklich den allgemeinngefäth
lichen ,,Waldteufel.« erschlage alfo
nur der bezüglichen Aufforderung der«
Obrigkeit entsprochen.
Die Belohnung von hundert Pfund
wurde Ihm ausbezahlt, welche Summe
es ihm ermöglichte, sein Geschäft zu
Vergrößeru, sodaß er mit der Zeit zu
eiism bescheidenen Wohlstande ge
langte. «-«
Rechenfehcer der Conftruettoneik
Das erste Jngenieur - Blatt des
Landes, die »Engineering News«, ;
kommt nach einer eingehenden Unter-s -
suchung des Zusammenbruches der:
Brücke bei Quebec zu der Ansicht, daß ,
der Fehler darin gelegen habe,deiß« E«
man die Stärke des Materials für ein-« L
zelne Theile unterschätzt hätte. DiesT -
obwohl nur ein vorläüfiger Be-- -
richt, ist doch angethan, ernste
Bedenken auch beim Laien zu er- «
weckere Die Pläne für die Brücke
waren ·mit mehr, als der übli-· ,
then Genauigkeit berechnet und entwor-«
feu, und das Material in allen seinen
Theilen erprobts Der einzige Grund;
der für den Zusammenbruch angeführt
werden tann, ist der, daß die Berech-«
nung des Druckes und des Zuges, den
die einzelnen Theile der Brücke auszu
hiilten hatten, falsch war, obwohl man
nach alten Regeln dabei verfahren war.
Mit anderen Worten: das für diese -
Bauten bis jetzt geltende Prinzip hat s
sich in dem Falle als falsch erwiesen, "
weil die Dimensionen alles bis jetzt
Dagewesene übertroffen haben. Dem
Leser mag das auf den ersten Augen; s
blick nicht ganz klar sein, allein eine
kurze Erläuterung wird ihm die Sa
che verständlich machen. Ein Trage
wert oder ein Hängewerk für eine
Spannung von 40 Fuß ist nicht hin
reichend für eine von 50 Fuß; man
hat aber ganz bestimmte Regeln über
die Progressive Verstärkung, die mit
derGröfze des Werkes nöthig wird, Re
geln, die sich bis jetzt auch überall be
währt haben. Aber es scheint, daß bei
dem Bau dieser Brücke, die größer ist
als alle der Art, die bis jetzt gebaut
wurden, diese Konstruktions-Regeln
sich als ungenügend erwiesen, und daß «
det: Sicherheits-Faktor nicht groß ge- .
nug ist. Bei der Beurtheilung und der
Berechnung der Stärke des Materials
für Eisen- und Stahlbauten sprechen
Elemente mit, von denen wenig be
kannt ist. Wir wissen, daß der dünne -
Steg bei der Bahnschiene genügt und
das Gewicht des Zuges zu tragen im
stande ist, und wir wissen, daß eine
hohle Säule beinahe soviel trägt. wie
eine inasfive, aber der Grund dikifür ist
nicht völlig bekannt. Etwas der Art,
mag bei dem Unglück in Quebec eine
nitcntliche Rolle aesvielt haben. Die
für gewöhnlichen Brücken ausreichen- .
de Konstruktions- Regeln scheinen für ,
die von außerordentlichen Dimensionen
zu versagen Wir sind offenbar bei
einer wichtigen Epoche in der Stahl
Konstruktion angekommen und mehr
Voriicht scheint bei den ins Riesenhafte .
wachsenden Bauten, seien sie nun
Brücken oder Wollentratzer, geboten»
(N. J. Fr. Zetg.) s
Es gibt vorsichtige Leute, die nie
entgleisen aus ihrer Lebensbahm sieT c
steigen aus zu ihren Extratouren und «
nachher hübsch wieder ein «
Il- Slt Il
Der Herr Leutnant instruiert iiber -·
die Gründung des deutschen ReictteJIs -
und fragt dabei nach den drei größten ·
Helfern Wilhelms l. Schnell werden ’
Moltte nnd Roon genannt, aber auf?fsc
den dritten kommt keiner der biederen ;
Littauer. »Na, Kerls-R hilst der Leut
nant nach, «besinnt euch mal! Wer war ?
dieser qewaltige Riese an Körper nnd-?
«.«3eist, von dem ihr alle schon in der ,
Schule so viel gehört l)abt?« Da erhebt E
sich der eine der Viedem und sagt stolztzsz
»Der Riese Gol iatt). « ;
V ge k- -«-.
»
Da eg im Washingtoner Arbeits-? "
hie-us keine Wirtschaftseinrichtungerexl·
gibt, die Ca arrie Nation zertrümmer?
könnte, so sollte man dieGute währen
der 75 Tage, die sie abzusitzen hat«-M
—- Holzhauen beschäftigen.