Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 11, 1907, Sweiter Theil., Image 10

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    . —- IF-«-·-. l- -s-s www-q- --» »h
(4. FortseinngJ
Sie hatte gerade von ihrem Schas
geträumt, von ihrem zutiinstigen
In nnd dem ersten Schwein. M
zusammen schlachteten. Wai- war
nd dass Alles dunkel um her?
Und-die Gäste spielten doch arten?
Sie hörte es ja an ihren Motten
Sie riß dis- Augen so weit wie mög
lich aus. Und plötzlich übertönte ein
durchdrinng Jammergeschtei das
Stimmengervirn »Herrjel), herrjeh,
ich lann ja nicht fielen, ich bin ja
blind gewomn!« ,
Daraufhin lautlose Stille, Und
dann Kapitän Raddatzens tiefer« Baß:
" MS ist Dir denn, Kathrin, beiDir
spukt's wohl? Du sagst. Du kannst
nichts sehen?« -
«Re, ne, Kapitän, nischt, gar
nischt.«
« Eine Regung, die wie unterdrücktes
Lachen klang, ging durch das Zim
mer, dann war Kapitän van Hotven
ausgestanden und zu Kathrin hinge
iappi. Er schüttelte sie kräftig. Rath
ein« dummes Ding,.Du schlässt wohl
noch? Mach doch die Augen aus, siehst
Du dznn die Lampen nsicht?«
Sie schlug mit erneutetn Jammer
geschrei die Schürze or das Gesicht.«
«M—in Karl, min Kot , wat wird min
Kerl seggen!'« ?
Da nahten eilige Tritte, die Thürs
wart-: ausgestoszen. ein breiter Licht
sireisen fiel quer in das Gemach, und»
aus der Schwelle ihres Privatzim-’
neers stand, ein Licht in der Hand,’
mir verwundert-An Gesicht die Wir-»
thin. »Was ist denn hier lo32«
krägte sie halb erstaunt, halb ärger-H
, .
Jkathrin ist blind gis-worden« er
widerte der alte Kapitän RaddadJ
und nun brach ein Gelächter los, das»
die Wände erbeben machte, und in
welches alle, selbst Ullrich, mitein
siitnrnten.
Die Frau Wirthtn hatte das elek
ttifche Licht rasch wieder zum Glithen
gebracht und schickte-Kathrin, die noch
ganz verwirrt um sich starrte, hin
aus, urn die verlangten Gläser zu·
holen, dann ging sie zu ihrem Mann
in die Räume des orderen Lolals.
»Es ist unglaublich, was fiir dum
me Streiche diese alten Seebären ma
chen!« sagte sie mißbilligend zu dem
Gatten, nachdem sie ihm das Vor
gefalxene erzählt hatte.
Er drückte bedächtig auf den
Drucktnopf des Bierhahns, ließ ein
paar Gläser volllaufsen und strich mit
dem Hslzchenden Schaum ab. »Das
ist bald gefagt«, entgegnete tnr ver
ständige Mann, während er sich die
Hände an dem rothgestreiften Hand
tneli trocknet-z »wer so beständig den
Tod vor Augen sieht, wie diese Leu
te. dem ist es nicht zu verdenckem
wenn er in on Tagen der Ruhe ein
wenig über die Stränge fchlägt.« —
Jin Kapitänszimmer war wieder
Ruhe, eingekehrt, auf den Tischen»
ådampftsz der Grvg und Kathrin faßl
wie-der in der Oseneckr. Aber jetztl
schlief sie nicht mehr. Die Nadeln
ihres Strickzeuges tlapperten im ta
piden Tsf-mpa. ihre Backen glühten in
dunklem »Roth, und wennJie angeru
fen wurde, so stand sie erst beim drit
ten Male auf, um das verlangte
"-Glias zu holen. »Sie mault«, meinte
Kapitän Radrsatz, nnd erst der blanke
Thaler, welchen er ihr als Schmer
zensgeld in die Hand drückte, zau
derte wieder ein Lächeln auf ihr Ge
sicht« ,
Rapikän Ullrich und einige der äl
teren Kapitäne spielten nicht rnit.
Sie saßen hinter den Stühlen chk
Bezirken stühten die Ellbogen auf die
Lehnen derselben, sahen ihnen in die
T" Karten und machten ihre Bemerkun
« - gen iiker den Gang US Spiels.
»Du, Ullrich«, rief ihm einer der
ehe-falls dem Kartenspiel zuschauew
den Freunde u, »Man ist Deine
zsiormannicss Fertigk«
« »Ende März oder Anfang April«,
erwiderte dieser, und in fein Auge
trat ein leuchtender Schein.
. «Haft Du eigentlich eine befiimmtel
Tour mit dem neuen Steamer?« be
gann ein anderer.
»Nein, ich fahre wild«, entgegnete
der Ge-fragte.
»Was meinen Sie damit?« wandte
sieh ein junger, elegant geileisdeter
Mann an ihn. der Verwandte eines
der Anwesenden, den dieser eingeq
fährt hatte. »Möchten Sie mir das«
met extra-eur« !
»Das ist bald gesagt«, nahm fein?
W dem Kapitän die Antwort aus
Je- Munde fort. »Ein Schiff fährt
JIsiM wenn es immer dahin fährt,
- cost-tu ei gerade Fracht erhärt; ei ha;
ssfs kein-e bestimmte Tor-M
»Und keine Passagierei«
»O dsckiiacäig nurjnlbeksxgnttem
W -· MIM ogiere
III-es Sie Mitarbeiter-?
E M Mk is-« Der Kapitiin
Miit-n . durchdcihaar
th einen mer m fei
s e. Ru- Mr a feines Le
MMMMBF glatten fass
«» « It . Mk c
Amt- bec »erhe- Ukik ver Is
Mdeh, M et tschi wuß
" steten-weine M qui ih
sein. und er tonnte für sie sorgen,
ihr» Reichthnm und Ansehen ver
schssfssx·.. .
Kapitan Rai-das hatte sich zu Ihm
umgewandt. »Du, her-mann, weißt
Du, wen mein Bootsmann neulich
gesehen hatt«
Ullrich blickte ihn fragend an.
Der Winter den Du aus der
,.Elise« hattest, ist wieder da. Jm
»Vlauen hecht« war er neulich, ganz
zerlampt und abgerissen. Jn seiner
Betrnntenheit hat er gesagt, er würde
noch. mal Dein Schwiegersahn, denn
er wollte Dein Fielen heirathenf -
Die Zunächstsihenden brachen in
ein schallend-es Gelächter aus; der
alte Kapiiiin Busch drehte sich um
und trank ihm zu: »Prosit, der seine
Schwiegersohn!— Hallo« — schrie
er dann und sing das Glas auf, das
Ullrichs schwer herniederftnlender
Hand entglitten war
« Die Röihe aus dessen Gesicht war
einer aschgrauen Farbe gewichen, die
Augen starrt-en entgeistert ins Leere,
als sähen sie etwas Entsehliches aus
sich zukommen. Lanssaw willenlos,
wie von innen heraus etriehen, stand
er aus, schob das Tischche chchen beiseite,
ging unsicher stoipernd zum Kleider
holen und nahm seinen Mantel
herab.
Ein-er der jüngeren Seeleute
sprang herzu und war ihm beim An
ziehen behilflich. »Ist Ihnen un
wohl, Kapitän Ulleichi Soll ich Sie
nach Hause begleiten?«
Der Angekedete schüttelte den Raps
ind driickte die Mühe tiefer in diel
Stirn.
»Er hat genug!« sagte Raddah miHl
unterdrücktem Lachen« und die an-l
deren stimmten mit ein; nur zwei
schen Imsich bedeutsam in die Wagens
als dreThür sich hinter Ullrich, ge
schlossen hatte.
euerrtz Du noch, was ich Dir rge
sagt habe, als Ullrich seine «Elise«
verlor?« fragte der eine derselben
auf dem Nachhausewege seinen Ge
fährten. »Habe ich recht oder nicht?«
Der andere zuckte die Achseln:
»Was willst sDn?« erwiderte er
aleichmiithig. »Du hättest es in sei
ner Lage vielleicht ebenso gemacht."
Der Sturm hatte sein Toben ein
gest-:llt, dasiir pliischerte ein gleich
mäßiger andauernder Regen hernie
der. die 2ust war mild warm
und von einer fast er rückenden
e.
Die Probe war zu Ende, und die
singenden Mitglieder traten aus dein
Portal der Marientirche aus die
Straße; aber nicht wie sonst standen
sie noch in kleinen Gruppen plan
dernd zusammen, ein jeder strebte bei
dem rauhen Wetter so schnell wie
möglich sein Heim zu erreichen.
Auch hartmann und Sop iet nah
men den nächsten Weg il den
Marttplatz, welcher heute wie ausge
storben erschien nm ebenfalls mög
lichst bald unter Dach und Fach zu
sein. Robert hatte ihre aus seinem
Arm liegende Handniit der seinen
umfaßt und hielt rnit der Linken den
ausgespannten Regenschirm schützend
über sie. ·
Gleichmäßigen Schrittes gingen
sie, ein-er an den anderen geschmiegt,
ihres Weges, von diesem nnd jenem
plaudernd, während aus den ausge
spannten Schirm der Regen ironi
melnd herniederprasselte wunschloil
zufrieden in dem Besis eines großen,
sriedsooll sicheren Glückes. «
.Da fuhr ein Kopf unter deni
Schirm, die Liebenden fuhren er-«
schrocken auseinander. Sie waren so
vertieft gewesen daß sie die nüchtixl
gen, frch nähernden Tritte überhört
hatte-n
« - - --
· »an, nun yav lass ova- anean
Jcki hab’ mir’s ja schon lange gedacht.«l
Sophie mußte trps des Schreckens
lächeln, als sie in die schwarzen Au
cen ihrer Freundin blickte. »Aber
Liese«, mahnte sie, »ich bitte Dicht
Daß Du es weißt, daß wir mtobtl
sind, schadet ja nichts, aber die an
deren —- Baier will es noch nicht.«
Die junge Frau war schen wieder
eine Strecke entfernt; «sie machte eines
triumphirende Geberde und eilte mits
ihren hüpfenden Schritten die Frei-(
ireppe des Posigebäudes hinan.
Auf dem obersten Absad blieb sie
stehen. «Und·ich sag’s doch!« rief sie
herunter. (
Noch ein helles Lachen, das Dröh-;
nen einer zugeschlaaenensThiiy und(
sie war verschwunden »
Sophie hatte ihr lächelnd, Hart
mann ein wenig uan ·g aufgese
hen. »Sie wird doch nichts« ragte
er mißgesiinrmt. s«Es iii nur bei
Vaters wegen«, fette er hinzu, ais
Sophiei ihn fragend anbiictte, »ich
möchte ihn nicht erzärn-.«n. Deine
Freundin scheint ein rechter Jrewisch
zu sein«
Das junge Mädchen zwang ihn
durch einen leichten händedtuck zum
«Whm. »Oui« erwiderte sie
Fine heldin iii sie- die dem Leben
e beste Seite abzugewinnen Richt.
Sie hat viei Schweres durchgemacht«
»Sei Butte, mähie mir Mi«
bat Robert intereisirn
W
«Die arme Elifabeth hat beide cl
teranchon friih erloren und hat sich
und ihre Geschwister tapfer durchs
Leben gebracht. Vor einem Jahre
hat .fie dem Postdireltor ihre Hand
gereicht. Sie hoffte in ihrer Ehe we
nigstens Frieden und eine gewisse
Sicherheit zu finden, und sie fand
mehr.«
»Mit-ti«
, Sophie nickte. »Ja; sie hat ihren
iMann, der fasi zwanzig Jahre iilter
ist als sie, aufrichtig lieb, und er ber
gottert sie. Jhr einziger Kummer ift
Ihre Schwester Anna, deren Leben
und Dentweifofo abweichend von der
ihren ist. Sie hat sich viel Mühe mit
ihr gegeben, aber es ift nicht mehr
möglich, sie zu sich empor-zustehen —
Du siehst«. fette sie ernst hinzu- .daß
nicht immer diejenigen das Leben
ernst nehmen. wie gewöhnlich ange
nommen wird, welche bei jedem Miß
geschick, bei jeder Widerwärtigkeit den
Kopf hängen lassen und sich und ihr
ten Angehörigen das Dasein vergif
ten. Für mich sind die wahren hel
den jene Menfchen, die lachend und
muthig den Kampf mit dem Leben
aufnehmen und dasselbe unter ihren
Fuß zu zwingen fuchen.«.
Der junge Mann hatte nachdenk
lich zugehöri. «Du.magft recht ha
ben. Herz, ich habe eigentlich noch gar
nicht darüber nachgedacht. Ich bin
bisher meines Weges gezogen wie je
der junge Mann. Die eigentliche
Vertiefung der Gefühle kommt, denke
ich mir, bei uns ersi durch die Frau,
der wir unser Herz schenken·«
Sie lehnte den Kopf an feinen
Arm und rieb facht die Wange an
dem «Aermel feines Ueberrockes. »Ach
Dai« sagte sie innig. »Gebt es
wohl etwas in der Welt, was Deinem
guten setzen die Wagfchale «halten
könnte?« .
Er war plötzlich fehr ernst gewor
den. Er hob den Schirm in die
Höhe, faßte mit der hand ihr Kinn
und blickte in die auf ihn gerichteten,
im Lichte der Straßenlaterne wie
dunkelblaue Vergfßmeinicht schim
mernde Augen. »Von Du mich wirt
lich fo lieb, Sophiei« fragte er weich.
»Ich kann mich des Gedankens nicht
erwehren, daß ich in Deinem bergen
Mit an zweiter Stelle komme. Dein
« er ——«
Sie befreite ihr Gesicht init einer
leichten Bewegung der Hand und
faßte wieder seinen Arm. »Das mußt
Du nicht denten Robert« erwiderte
sie. »Die Liebe zu Euch beiden ist so
verschieden, ioie —'« sie suchte nach
einein Vergleich, fand aber teinen
pas-senden. »Und vor allen Dingen
die Liebe zu Dir ist neu, und ich
kenne teine Zeit« —- fie sprach schnel
ler und leidenschaftlicher —- »ivo ich!
nicht vergötternd zu demszVater au
biickt hättef Sie brach ab, sie iiio te
ihn nicht verletzen init ihren Worten.
—- »Der Vater macht mir rechte Sor
«,«fuhr sie dann nach einer Weile in
eienem leiseii, gepreßten Ton fort, der
Robert eigenthiiinlich erschüttertr.
»Wenn ich nur wüßte, was ihn
drückt; wenn ich iiini helfen tönnteF
Kannst Du iiiir gar nicht rathen haftj
Du teiiie Ahnung i« (
Sein Gesicht erstarrte förmlich in
einer fast eisernen Berschlossenheit
»Da sind ioir ja«, sagte er tonios’
und iiffnete die Gitterpforte zu deni
Garten ihres hauses »Sieh Dein;
Vater erwartet uns bereits. « «
—--—-· !
Frau Ullrich steckte den Lon ini
die Thür des Wohnziimners in wels?
chem Soptiie im Schauteljtuhl saß
und oor sich hintriiuinte·
»Ich gehe iOOT Svpbit!« Sie schob
ihre rundliche Gestalt vollends ini
iiiiiner. »Da sieh doch inal nach,
Hist mein-hear ordentlichi«
Das junge Mädchen erhob sich,j
steelte ihre in losgegangenes opf-:
eiide fest und strich die betten eide-«
neii Bänder des Kapottiiiiteö glatt. :
Adieu ineiii Muttiiig« , sagte lief
freundlich und titßte die Watte aqu
die volle Wane »Amiisire Dich gut(
iu Eurer Kasseeegesellschaft und laß
Dir die Schiagsaline schmechenk
»Du hättest doch auch mittoinnienj
sollen, Sophiecheiii Du warst aus-;
drücklich iiiit eingeladen. Ich weiß
ge nicht« wie Du immer bi t« klagte
« Mutter.
Das junge Mädchen lachte und
» strich ihr übers Haar. »Sol; nur gut
l sein, nächste Woche gehst Du zu Frau
Kapitän Rat-dan, da lorntne ich be
stimmt mit.«
Die Mutter ging doch, gleich da
ran steckte sie noch einmal den Kon
durch die Thürlchalte. »Sophie,
« Dein Robert lotntntl«
Und da stand er auch schon auf
der Schwelle, so schlank und frisch
in dem dunkelblauen Jakettamuge
die Wangen geröthet von der «lkälte,
und in den Augen ein strahlendes
Leuchten.
Saphie eilte ihm freudig entgegen
und duldete ej gekn, daß er sie vor
der Mutter in d n Arm nahm und
küßte. »Du kommst ja so spät heute«.
sagte sie dann.
; Er hatte den Arm ukn ihre Schul
ter gelegt. geleitete sie zu dem Schau
H lelstubl zuritch zog einen Sessel hei
an nnd ließ sich neben ihr niedsr.
»Ja, denke Dit«, sagte ek, sich die
lzsäude keimt-, »unter-veg- taud ich
etnen kleinen Hund, den em Bindfad
m über-gefahren hatte; das Thier
chen lag sit gebratenen Beinen auf
dem Strn npflafter, da habe list
ausgenommen und zum Thiersezt
getta , «
Heft-ne Braut antwortete nicht; sie
hatte die Hand auf sein Knie gelegt
O ·
uad mich facht vaekrkk via ais-r ek,
wußte es doch, das diese Bewegung
eine Liebtosung bedeutete.
»We- ist der Statut« sragte er
dann.
Sie deutete mit dem Kopf naä
dem Es immer. »Dort drinnen i
er'. — diimpite ihre Stimme zum
Flüstern — »der Winter ist wieder
bei ihm. Sie bereden etwas, ich
tfnnte aber nicht verstehen, was ei
it.«
Zwischen Roberts Brauen hatte
sich eine tiese Falte gebildet. »Der
Mensch kommt ieht so ost. Was
will er denn hieri«
Saphirs Augen sahen ihn mit
einem ängstlichen Ausdruck an. »Alle
Tage kommt er«, versetzte sie dann.
»Er soll ja erster Steuermann aus
der »Normannia«. werden. Gesteen
war er sogar zu Tisch hier." Sie
schwieg und strich mit der Rand wie
der holt iiber die Stirne. onnte sie
Robert sagen, wie sie sich vor diesem
Winter fürchtete? Wie seine grün
lichen Augen gestern während des
Essens beharrlich mit so eigenthiim
lichem Ausdruck aus ihr geruht hat
ten, daß unhr wiirgend in die Kehle
gestiegen und es ihr sast unmöglich
war, einen Bissen hinunterzubrin
gen? —- Und der Vaters Der wurde
ihr von Tag zu Tag unverständli
eher: es tam ihr fast vor, als sei er
ganz in Winters händen, und jener
sei ein gierig schleichendes Raubthier,
das seine Beute umkreist.
Die Dämmerung halte sich sachte
hernieder gesenkt. Aus dem Neben
zzimmer tönten leise murmelnd
:Stimmen, nur einmal einige aber
laute Worte des Kapitiins. Sie
klangen wie ein verzweifelnder
Schrei: »Nein, und tausendmal nein.
link-e ich Dir!« Dann wieder das
leise Sprechen«
Sop ie schral zusammen, der Arm
Jihreö riiutigarnsz hatte sich um ihre
Taille gelegt, und seine Augen blick
ten leuchtend in die ihren. »Was
sinnt mein Lieb?« fragte er leise.
Und da packte sie plötzlich eine ber
iveiselte, erstickende Angst, ein schnei
Erwirb scharfes Weh ein Vorgefiihl
toinmenden Unheils, und sie sprang
IF sehte sieh aus seine Kniee und
chang den Arm um seinen hals mit
einer wilden Leidenschaft, die ihm
neu und remd an ihr war.
»Sophre!« fliisterte er, und drückte
seinen Mund auf den ihren.
Sie erwiderte seine Küsse mit einer
heißen, leidenschaftlichen Gluth.
»Sophie, mein Liebt« sagte er
,leise’ mit erstickter Stimme . »So —
»so sehr lieh hast Du mich?«
Sie fchmiegte ihre Wange fester an
die seine. «Robert, Du und ich, ich
und Du. wir sind eins «a?« —- Es
war ein bebendez, ang olleö Fitt
siern. »Du wirst mich immer lieh
haben, ja? Auch wenn wir getrennt
würdenk
Er sprang erschreckt in die Höhe
und ließ fie aus seinen Armen glei
ten. »Mein hetzenslieb«, fragte er
athemlos, »was ist Dir nur?«
Da tlappte eine Thiir6 und eitige
Tritte entfernten fich.
hartniann fah nach der Uhr
..Schvu halb sechs Jch wills gehen
.denn ich möchte jet Deinem Vater
nicht begegnenf nn breitete er
die Arme aus und zog sie von neuem
an sich. »Min! mein herzensschaßi
Nun hab ich doch einmal gesehen, wie
Dir’s ums her-z ist.«
DieBraut fchlang aufs neue ihren
Arm um seinen Hals, preßte sich dicht
an ihn und iiißte ihn wieder und
wieder mit heißen, behenden Lippen.
»Sei-hie« Du hist trinkt« stam
melte er. »Du zitterft ia.«
Aber s e antwortete nicht, noch
einmal tiißte sie ihn lange. Dann
schob sie ihn mit fester Hand von sich
fort. »Ich hin nicht trank«, erwi
derte fie, »und nun geht« Sie schob
ivn zur Thür. Geht« stieß sie noch
nials hervor. ’
Er folgte unpilltiirlich ihrem
Wunfche. DieThiir fiel hinter ihm
ins Schloß
Sie lehnte, die vekichtätlltetl Hatt-I
de vors Gesicht gepreßt, an dein·
Thürrahmen und horchte auf den sich
entfernenden Schritt-. Endlich ließ
sie die hände vonr Gesicht gleiten und
blickte sich um, wie erwachend. Ein
Gefühl der Beschränkung wollte sich
in ihr emporrin en, baß sie dem Ge
liebten ihre hei e Liebe fo offen ge
zeigt, aber wie ein dumpier Druck,
wie ein Abschied-nehmen iiirs Leben
lasteie es auf ihr und ließ ihren
Stolz nicht zu Worte tommen.
Sie horchte. Ob der Vater drin-»
Hnen wars Auf leifen Sohlen hufchtes
»sie durchs immer und öffnete behut- l
» fam die T iir. l
!
i
i
Da laß er in der Sofaecke, in sich
zusammengefunten, mit hängenden
Schultern
Sophie stand eine Setunde lang,
ohne sich zu rühren, ein Gefühl?
eisiger Kälte kroch in ihr empor, es
war, als litnre eine eiserne band und
trallte sieh ln ihr herz. Dann ftiirzte
sie zu II Vater hin, sie hockte sich
neben i auf die Lehne, nah-n fei
Inen Kopf und drückte ihn an ihre
Brust. «Vadding, Vaddtng, lag mir
die Wahrheit! Was will der fürch
terliche Mensch von Dir-P -
Er verlachte feinen sion irei zu,
machen, sie fshlte, wie alles an ihm
bebte. «I)ich«, stieß er dann hervor, !
»sich will ert«
Des Mai hiirwe faulen her-:
ab Das alfo war »e- das archi
barel Sie fühlteJo wie ihr Oe chi lieh
zularnmentrarnpfte, wie doe.
h: tot-e im Ziel-er zusammen thin-f
n; fie streckte ihm die ineinandetge
chiungenen Hände-entgegen Mad
ding. fag’ wir's doch: kann er das
ivon Dir verlangen? hat er ein Recht
auf Dicht«
Sie rerftuminte des Vaters Kopf
war auf die Bruft gefunten; in fich
zufammengelauert saß er da —- ein
scholl-beladenen gebrochener Mann.
Sophi-: rerftand plödlich alles, wie
ein grellcs Licht fiel es iiber e her
Ein rasend-er Schmerz schüttet-: fie.
das ganze Weh. die dumpfe Sorge
der letzen Wochen, der Jammer um
den ungiiicklichen Mann, ihre gren
zenlose-, anbetende Liebe zu iHm —
es drängte sich in einem Moment zu-.
samtnen, urrd fchon glitt fie von der
Lehne kerad, setzte sich neben ihn und
schmiegte idren ston an feine Brust.
,«Gra·m Dich nicht« mein lieb Vater
chen". bat sie mit der weichen Stim
me, die tros der aufgewandten Wil
len-straft einen fo iroftlofen Klang
hatte, »griim Dich nicht, ich will ja
alles, alles thun, was Du willst-"
Ein Seubzer drang aus der pBrUft
des Kapitiinz. Er wandte schwer
fällig den Kopf. »Ich? Was ich willi
fragte er abwesend, als müßte er sich
besinnen. «Jch?« fchrie er dann
wild, »ich sollte Dich dem in die Ar
me stoßen wollen«-P Und er lachte
geltend tin-d unheimlich »Ok) ich
will? Jch muß. ich muß!'«
Das junge Mädchen griff mit der
Hand an die Kehle-, ais würgte fie
etwas; sie mochie nicht fragen, wa
rum. Ach, sie wußte es ja ohnehin;
schon lange, lange hatte fie es geahnt.
was auf dein Vater laftete, nur es
sich eingeftehen wollte fi-: nicht.
Entsetzung folgt.)
Nerodse Thiere ;
, .
»Das Kind hat Dritsen«. hört man
inanchmal·sagen, und das ist ganz
natürlich. denn jeder Marsch hat Drü
sen und zwar unendlich viele. Der es
aber sagt, der meint: »Das Kind hat.
eine Driiss:n-Entziindung«. . Ebenso!
ist es mit den Nerven. Jedermann;
kat Nerven, wenn es aber von:
ji«-m gesagt wird, so meint man;
damit. daß feine Nerven lranl sind,
daß er nervös ist. Desgleichen könnte
man auch sagen: er dat einen Magen
er hat ein Herz, er hat Nieren u. s. w»
d. h. es kommt ihm zum Bewußtsein,
dass er Driisen, Nerven, Herz, Magen
und Nieren hat« Solange diese Or
gane gesund sind und ordnungsmäßig
ihre Funktionen ausüben, denkt man
gar nicht an sie. Erst wenn bei ihnen
eine Störung auftritt, machen sie sieh
bemerkbar. Hat jemand Magendriielen
oder Herztlopsen oder überreizte Ner
ven, so wird er gewahr-, daß er sie hat«
— Gewöhnlich wird es nun so hinge
stellt, daß die Nervositiit eine Krani
heit der Neuzeit ist, und die Leute in
früheren Zeiten von Nervenleiden
nichts gewußt haben. Möglich ist nun,
dass das Zeitalter der Elektrizitiit und
der Maschinen nervenzerriittend aus
die Menschheit einwirtt. Vielleicht hat
man es aber nur mit einer Redensart
»n; thun. Man sagt ja auth, daß de
Menschen sriiher größer und stärler
gewesen sind, und doch sind die Riistuw
gen der alten Ritter uns durchschnitt
lich zu klein. Man sagt auch, daß die
Menschen früher besser und ehrlicher
gewesen sind, und doch hatte jede Ge
meinde ihren eigenen Galgen. Ferner
sagte man, die Menschen seien früher
gesunder gewesen, aber es ist geschicht
lich nachgewiesen, daß der schwarze
Tod« die Poeten, die Pest und die Cho
lera die Länder wie rnit einem Besen
teinfegien. Jedenfalls gehörten Ge
hirntranlheiten zu allen Zeiten und bei
allen Völlern niemals zu den Selten
heiten, und daß die Leute schon früher
sehr an iiberreizten Nerven litten. geht
deutlich hervor aus den unzähligen
Port-pul-, Spul- und Gespenster-ac
schichtenz ebenso beweisen Wie unendlich
vislen, bis ins graueAlterthurn zuriich
reichenden Traumdeutungen. daß der
Schle des Menschengeschlechtee da
mals auch nicht gesunder und fester
war als seht.
Da sind die-Thiere doch wohl besser
daran als wir Menschen! Die Nervo
siiät hat ja vielfach ihke ukssche im(
rielenDenlen, also in der Gehirnthä-H
tigteit, u. es gibt einseMenge Leute« die !
erklären, das Thier habe nutJnstinlt,l
und damit Punttum. Das beißt nun!
billig davongeholsen, aber der ausge-(
klärte Mensch, der sich selbst hat dass
Denten noch nicht verbieten lassen."
lommt zu einem anderen Resultat.’
Das Thier ist, wenn es seinem-Selbst
erlsaltunaötriebe folgt, ebenso gut zu
deuten gezwungen wie der Mensch, ist
also auch auf eineGebirnthiitiglxitan-;
gewiesen. Diese bewegt sich dann auch;
nicht immer in ruhigen Bahnen. son
dern sie tann sich auch beimThieke zu
einem Grade steigern, den wir beim
Vogel Phantasie nennen. Man gebe z. .
B. in eine Vogelausstellung. Da sieben
in langen Reihen braune Gebäuse mit
verschließbaren Thüren, in denen nurs
lleine Luftlöcher sind. Innerhalb so
eines schaudetbaften Kerkers befindet
sich ein Käfig mit einem Wasser- undi
einem Futternaos, und ein Kanariens
vogel sitzt in dem engen Raume, in
dem er sich kaum umzudrehen vermag.
Abgeschlossen von Luft und Licht sist
der arme Gesangene in graulamsier
Einzelbatt und leat leine Sehnsucht
nach Freiheit und Liebe hinein in fein
Lied, und je be er er es versieht, die
Empfindungen einer gequälten Seele
in Tönen sum Ausdruck zu brinaen,
desto merkt-voller ist er seinem Gesan
aenwiirter. -
I Das dieGehirnthti der Thiere
»auch im Schlafe nich ruht, sondern
daß ihre erregten Nerven ihnen allerlei
Bilder vorgauleln, mit anderen Wor
ten, daß sie träumen, werden viele met
ner Leser schon selbst beobachtet haben.
Da hat z. B. ein Jagdpächter einen
Hühnerhund Aber der armeKiiter de
tommt oon Wald und Feld herzlich
wenig zu sehen, weil sein herr iaunr
dazu kommt, auf die Jagd zu gehen,
»und ihn dann auch nicht immer mit
nehmen lann. So liegt er denn auf
dem Fußboden und darf nicht einmal
nach Gefallen herumlaufen, weil er
jden Leuten überall im Wege ist. Was
l
E;
i
Isoll er anders machen als schlafen? « ·
Iftaum hat er die Augen geschlossen, da
lföngt er im Schlaf an zu winseln, als
ob er von der Leine los möchte, dann
stellt er halblaut und schließlich fangen
;die Beine lrampshaft an zu inten. Ei
sieht natürlich aus, als o er von
Kramper befallen wäre. Aber ein
Traum führt ihn zurück in die glück
lichen Zeiten«seiner Jugend, wo er in
weiten Sprüngen hinter dem Oasen
daherhetztr.
Aus der Straße fährt in schnellem
Tempo ein Geichäftzwagen dahin, ein
Einst-dauer. Plötzlich steht der Gaul
wie angenagelt still und ist weder inr
Guten noch durch die reichlichsienPrü
gel zu bewegen, weiter zu gehen. Der
Kutscher muß vom Bock. die Zügel in
die Hand nehmen nnd seine Rosinante
ein Stück zurückführen Dann wendet
er wieder um und llettert hinauf auf
seinen Thron. Mit munterem Peit
schengelnall gehts im flotten Trad vor
,wört;3. Lunis-, da steht das Vieh wie
der an derselben ,Stelle. Das lann gut
werden. Endlichf nachdem sich Kutscher
und Gaul deide weidlich an einander
arärgert haben, gibt der Klügere nach
denn der Kutscher wendet um und
fährt durch die Nebenstraßr. Wie ist
diese Erscheinung beim Pferde zu er
tliiren? Das ist recht einfach. Der
Gaul ist netviis, er leidet an neroösen
Verdauungsstorungm Leute« dir selbst
»mit Beschwerden zu thun haben,
werden wissen, daß sie plötzlich von
einem heifzhunger befallen werden, der
sich sogar bis zum Erbrechen steigern
tann. Einen solchen Fall haben wir -
uns bei so einem Pferde zu denken.
Das Thier wird plötzlich von einem
solchen Unwohlsein befallen und hält
mitten im Laufen inne. Da es seinen
Zustand nicht erlennen kann, weil ihm
die Vernunft fehlt, so fürchtet es sich,
weiter zu gehen. Da helfen teine Prit
geli Kehrt der Kutscher nun um« so
geht das Pferd freiwillig weiter. So
bald es jedoch wieder an die Stelle
kommt, wo es den beschriebe-ten Anfall
detam, so ertennt es sofort den Ort
wieder, und damit erwacht in feinem
Gehirn auch sofort wieder die Erinne
rung an jenes schreckliche Gefühl. Es
geht also an diesem gefährlichen Plahe
nicht vorbei, weil es ihn fürchtet.
So gut wie nun eine Verdauungs2s
störung sich durch Kopfschmerzen an
zeigen kann. so gut lann eine Erschw
ierung des Gehirns respektive ein Reiz
der Nerven im Kopfe eine Riiclwirlung
auf den Magen-zeigen Ein Fall auf
den Kon oder ein ftarter Schlag auf
denselben ist lehr häufig von heftigem
Erbrechen begleitet. Das wissen die
Ameisen auszunutzen: Wenn eine
hungrige Ameise einer anderen begeg
net,·die nach Hause will, also augen
scheinlich gesättigt ist, so betupft die
hungrige den Kon der anderen mit
ihren Fühlern und übt dadurch einen
Nervenreiz aus« Die nothwendi
Folge ist Erbrechen. Vor den-I Mun
der so sonderbar gelieblosien Genofsin
erscheint nlso sofort ein wasserheller
Tropfen Mageninhalt, den die Bettle
rin gierig ablectt.
Manche wehrloseThieoe können vor
Schreck ohnmiichtig werden. Jch erin
nere z. B. au einige Käfer nnd an· den
bekannten Stachelbeerspanner. jenen
sehr häufige-i Schmetterling mit den
weißen und schwarz betupften Flügeln.
Rührt man ihn nur eben an, so fällt
er gleich besinnkrngslos zu Boden.
I
III ver use-ans vertreten manche
Thiere die Besinnung, besser gesagt
jegliche Ueberlegung, und werden, ge
rade wie die in solchem Zustande be
findlichen Menschen, dann äußerst ge
fährlich. So ist es z. B. bei der Kreuz
otter. Sobald sie eine Gefahr merkt,
iit ihr ersiesBestreben immer. sich mög
lichst unbemerkt zu drücken. Erscheint
die Gefahr ihr aber zu nahe, so beißt
sie toll und blind daraus los, sogar in
Stöcke und auf liisen und Steine. lin
th den Roubthieren machtes der Bär
ebenso. Er flieht, sobald er den Men
schen nur von fern sieht. Steht er ihm
aber unertvartet und ganz plötzlich ne
qenijber, verliert er den Kot-L Mkiith
in Raserei und mordet aus « Angst.
»Ja, fehen Sie, gnädiges Fräulein,
Scharssmn und Wiß machen nun mal
mein geistigeö Rüstzeug ansi« —- «hm,
Sie scheinen mir aber der Abriiftungc
frage schon längst praktisch nähergetw
» ten zu feint« .
’ O i . O
Ein neues Getrönt heißt «Stari and
Stripes sor ever«. Man nimmt dazu,
ohne zu mischen, folgende Jngredien
zien: Nußcreme, Morast-sum Char
treusep Euracao und Kommt Das gibt
die richtigen Streifen. Um nun die
Sterne zu haben, genügt et, dieses Ge
misch auf einen Zug auszutrinlem
dann steht man sie am hellen Tage.
, o i ·- -
» Nicht der Mangel, sondern otelmepe
der Ueberiluß erzeugt die daqu ,