Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 04, 1907, Sweiter Theil., Image 6

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    Der Mann Injl neu vielen Namen.
KriminalsRoman von Auguste Grauen
(14. Fortsetungq
1 4· R a p i i e l.
Im Eine Magauek bekam eine
the Stunde später einen Besuch,
her den sie nicht wenig erschrak.
Z CI kam nämlich ein Gendarm mit
skånem Herrn, den sie nicht tannte, zu
r.
" »Mein Herr und Gptt, was ist
Jkdenn?·« stammelte sie erregt.
Da klopfte ihr der Gendarm be
ruhigend auf die Schulter und er
, Mitte ihr, daß er gar nichts mit ihr
««seihst zu thun habe, daß aber der
herr, der mit ihm gekommen sei,
« einige Fragen an sie zu richten habe,
need daß sie diese ohne Rückhalt und
— ucch heitern Wissen und Gewissen be
" antworten solle. Müller dankte dem
Wann und entließ ihn. da er seiner
reicht mehr bedurfte.
» Als Frau Maganer dieThiir hinter
, dem Gendarmen geschlossen hatte und
sich wieder Müller zuwendet-; nickte
dieser ihr freundlich zu und sagte:
. Eos-fett führen Sie mich einmal
In dai «mmer, das Herr Röhling ke
wphnt at.«
? »Ob« also den Herrn Riihling
»- zanY sxagte die Frau schüchtern;
F f M Magauer hatte Müller aus
denFlur hinausgefiihrt und dort eine
Thier geiissnet. Müller betrat ein net
tes, freundliches Zimmer, das die
« einen großen Garten
j:»-«harte. ,
z« i Er schloß, nachdem auch die Frau
f kein reten war, die Thür, setzte sich
j- — das ein wenig harte Sofa und
4zeigte aus den nächsten Stuhl.
Als auch Frau Magaukk etwas
-,rtmständlich Platz genommen hatte,
begann Müller zu fragen
- » «Wann ist Herr Röhling bei Ihnen
angezogen7« .
- »Am LOkioher vorigen Jahres-«
« nd wann ist er abgereist?«
.--·.« , in IS. Juni.« i
sjk «hat er gesagt, daß er wiederkom
F irren-werder ·
· --e
Er hat g-: sagt, so bald würde iyn
Lambach nimmer sehen«
»Das glaube ich auch. Undær hat
« alle feine Sachen mitgenommen?«
»Ja freilich. Er hat nicht viel ge
habt «
« »Was hat er denn gehabt?«
IEinen Koffer und eine Reisetafcksr.
Und daß ich s nicht vergesse einPackei
heiter dagelassen——ich weiß nicht, ob
mit Absicht oder nicht Wie ich das
Zimmer nach seiner Abreise zusam
mengeriinmt habe ist es hinter einein
Paar alter Stiefel iin Nnchttäfichen
geiigery die zerrissenen Stiefel hat er
nicht mitnehmen wollen. Das weiß
ich, denn das hat er gesagt. Nach
schicken habe ich ihm das Partei nicht
Weinen, denn ich weiß ja nicht, wohin
ichez hätte schicken sollen, da hats ich
pglt nachgeschaui, was in dem Papier
I- «
Miiller war immerhin gespannt.
Run, was ist denn drinnen?"
s Die Frau brachte es herbei Es be
ssnd ans einem dicken Banner-ich in
welchem ein Pulverschächtelchen ein
«Paar nngeinein rosze Filzschnhe und
eine kleine Holzfchachiel eingewickelt
waret-. An den Filzschuhen klebte
noch ziemlich viel Erde. Die Schach
iei war -arn HL Juni des laufenden
J Jahres von Wien ans reiommandirt
»J. an »denn Baron Strahl, derzeit
Z Insel Krebs inz," geschickt worden.
Was dem Adressaten aus Wien ge
s Zwist worden war war nicht mehr zu
Erkennen Es konnte jedoch nur ein
seiner nnd auch konnte es kein kost
t M Gegen-stand gewesen sein, denn
jeat noch war die Schachtel fast ans
Miit von dem ordinären Papier in
Weis-i das Versandte eingewickelt
Mem war-s
.,,S1k ckwscmtcn vorhin alte! Stie
, fel, du Herr Nöbling zurückließ,« be
Itekjje der Detettiv. »Sei-sen Sie,
« ...bitte, sie auch den«
;, Die Frau brachte sie und schaute
- These dann verwundert zu als ek über
jeden- dieser schon ein bischen« defetten
Stiefel einen der großen Filzfchuhe
IM
T Sie paßten recht gut ineinander.
fMüller ließ sich auch noch Bind
faden geben, schlug die-Schuhe und die
- Schachtel wieder in das Papier ein
s sub legte dann das verschnürte Packet
H M sich th
'tee ich’3 vielleicht anzeigen
M en, daß er das vergessen hats«
III-sie die Frau ängstlich.
Müller beruhigte sie mit der Be
Mang, daß es sich hier ja nur um
M Sache .von geringem Werth
abk- daß die Behörde mit den
- n auch nichts hätte beginnen
Many nnd daß es Herrn Röhling
Fremd-nd sich das Bergessene nach
meu zu lassen
Das hab’ ich mir auch gedacht,«j
« e Frau Mag-mer. ;
eher-E examinirte Müller weiter.
es wes-f- ee undf beleiht,« be
die Frau-. die jeht .gar nicht
sz sich wen-, »und graue
·-«-·’ M einen grauen sure hat er
« Use-et war noch immer kein
M Ren feine Ange- Hat
ten einen fo gar unangenehmen Blick.
Aber meistens truger duntle Augen
gliifer, denn er vertrug das Li t
nicht« Und seine Zähne waren ir
aufgefallen. Sie waren häßlich gelb.
»Dieser Mann mit den vielen Na
men ift ein richtiger Verkleidungs
tiinftler,« dachte der Detetiiv, wäh
rend Frau Magauer diese Beschrei
bung lieferte, und als sie damit fertig
war, fragte er, oh sie sich nicht erin
nern Wnne, daß Herr Röhling fo um .
·:-ie Zeit feines Wegziehenö herum mit»
irgend einem blauen Stoff, der fiarti
die Farbe lasse, zu thun gehabt habe.H
Die Frau schaute verwundert auf.;
»Merkwiirdig!« fagte sie. »Alle dons
einem Stoff war das? Er hat gesf
sagt, daß er sich verletzt habe.'« I
»An weichekStem hat-: sich dennj
verletzt?«
»An der Stirn. Da hafer am Tag,
bevor er weggereift ift, einen blauen(
Strei en ht." 2 l
»Als-J BE ——«
»Und da fällt mir etwas ein.« fuhr
sdie Frau lebhaft fort. »hier, unter
dem Fenster, ift ein Weinstock, von
dem haben wir lehthin die Trauben
Iabgengmxnxn u d da ift ein zufam
»meigedriicitek iofffetzen an einer
kRante aufgefpießt»» wesen.·'«
» »Ein blauer Sto ferinP «
! teEin blauer« und der hat sie-klats
jgefcirbt Da, wo ihn der Weinstock in
s Wand gedrückt hat, ifi sie auch
i
iP -
Hilau geworden. Sie können sich da
» von überzeugen,'
»Das ift nicht nöthig. liebe Frau.
;Jck, glauhees Ihnen. Viel wichtiger
Jwiire es mir, den Stoff zu sehen.
ther das wird wohl nicht mehr mög
lich seini«
z »O freilich, das ift schon noch mög
;lck,. Weil es ein ziemlich großes
tStiick ist, hab ich es mir aufgehoben
und in meine Lumpentifie gethan.
Von da wird es wohl noch keiner
weggenommen haben. Soll ich es ho
.en
I »Bitte, thun Sie das.«
s Frau Magauer ging. Als sie wie
xder tan1, hielt Sie ein Stück blauen
«Siosses in der Hand. Es war ein
bläulicher grob gewebter Stoff von
- indigobiauer Farbe.
; Als Müller ihn entialtete, bemerk
te er zwei Löcher. Diese Löcher wa
s ren hineingeschnitten.
, »Ah, so ist dieGeschichte!« sagte der
z Detettiv, legte den Stoff aus seinGe
l sicht und schaute durch sdie beiden Lö
icher aus die höchlich verwunderte
IFrau. Dann schlang er sich die En
sden des Stoffes um den Hintertoos
»und nachher um die Stirn nnd ver
knüpfte jene, so daß sein Gesicht und
Haar nun ganz verhüllt, und nur die
Augen frei waren. ,
»Sei-en Sie, liebe Franc sagte er
gerniithlich «toenn daD Tuch jetzt naß
wäre, könnte ich den Leuten morgen
auch erzählen, daß ich, mir einen
blauen Fleck geschlagen habe — oder
vielleicht auch deren mehrere« denn
das Tuch särdt sicherlich noch iinrnet
tüchtig ad.« ;
So redend hatte er seinen Kopf
koiekee von der Vermummung be
rei .
Frau Magauer starrte ihn erstaunts
an. »Du lieber Gott! Was soll denn (
das heißenim murmelte sie und mußtes
doch schon begreifen,.toa« das heißem
sollte. denn sie toar ganz blaß ge-;
worden. ’
Und nun wandte sie sich eilig dein
Nachttästchen zu und zog dessen
Schubsach heranz.
»Daß ich ja nichts vergesse!« sagte
sie ängstlich. »Diese Kleinigkeiten
hat er auch dagele.«
Müller nickte ihr zu und sagte,
während er den blauen Stoff zu den
Schuhen und der holzschachtel that:
»Ganz richtig, liebe Fran! Alles müs
sen Sie mir zeigen und alles s n,
traf sich aus diesen Dem Its ins
bei-ein«
»Das thue ich ja auch·, beeilte sich
die Frau zu versichern und schob die
tleine Lade auf den Tisch.
Es war nichts darin, als etliche
Päachen jener sehr langen und über
aus feinen Stecknadeln, wie sie die
Jnsektensammler brauchen. ein Um
scklag, in welchem sich winzige Vin
rictten, und eine Schachtel, in der sich
esliche Pulver befanden. Dieses
sSchächtelchen war mit buntem Papier
Hätt-erzogen und es stand rnit rather
Tinte geschrieben: »Gegen huften.«
Müller nahm es an sich. »Das an
dere können Sie alles behalten«, sagte
et und schob der Frau die Lade wie
der hin. Und nun sollen Sie mir
nur noch agen, ob Ihnen an Deren;
A«
Nöhling gar nichts auffiel während
der letzten Tage, an denen er bei Ili
nen swohnte.«
»Nein —- ez ist mir nichts ausge
sallen. Unruhig war er ja immer.
Zu hause gelitten hat ez ihn nur sel
ten —- nur wenn er ftudirt hat.«
»Was hat er denn studirt2«
»Er hat so ein dicke-«- Buch gehabt,
da sind lauter Bilder von Käfern da
rin gewesen«
Man —- und wenn er nicht stu
dtrte, dann war er unruhig?«
»Ja-und gleich bö- war er, wenn
Inan ihn gestört hat« !
W
- ,.Worin gestilrtf« « «
»Ja, das weih ich eigentlich selber
nicht, denn wenn er nicht gerade ge
lernt Pat, ist er ohnehin nur immer
im Zimmer auf und ab gegangen.«
»Das war also feine Gewohnheit?«
Ja. Froh wohnte unter dieser-Visi
mer. do beich es gut hören können,
dieses ewige Aufundabgehem CI hat
oft bis Mitternacht gedauert.«
Müller hatte sich erhoben. Er riff
noch dem -Partet und nach seinem at.
Die Frau trat zögernd auf ihn zu.
»Was hat er denn gethan?« fragte sie
schüchtern. «Wenn sich einer lo ver
mummt, so muß er ja etwas Fürch
terliches gethan haben.«
»Ich glaube allerdings, daß es et
was Fürchterlicheö war«, gab der De
tettio ern zu- »Jedenfalls war es
etwas S lechtes. Jch wüniche Ih
nen nicht« daß Sie je wieder solch
einen Miether betommenj«
»Mein Gott! Da werte ich wohl
auch noch Scherereien haben?« klagte
Frau Magauer.
Müller beruhigte sie bezüglich die-;
siek Punktes uno ging. Er brachtej
Doktor Siöger das Glas, worausi
Röhling dem alten Herrn zu trinken
gegeben, und zeigte ihm auch dasPuls
oerschächtelchen
Doktor Stoger behauptete sofort«
die charatteristische Schrift Moor
j landsin jenen zwei Worten zu erken
WIL
-«.-.- s-. -«« ik
Der Deiertjv eilte jetzt wieder in
iden Lindenhof zurück. Da stellte es
sich rasch heraus, daß dieSohlen der
Riesensilzschuhe, welze Röhling je
denfalls tiber seinen tiefeletten ge
tragen hatte, durchaus zä den Erd
spuren paßten, die auf m schwar
, zen Sofa zurückgeblieben waren. Und
kFrau Haberleitner ertannte sofort in
jdexn bunten Pulverschächtelchen das
jjenige, welches sie auch an jenem
Ifraglichen Abend ihrem Herrn hinge
Lflegt hatte. Die Bemerkung »Gegen
often« atte Herr Moorland selber
fan ge chrieben.
Nachdem sich Müller diese Gewiß
heit verschafft, begab er sich mit deer
trieder roohl verichnürten Packet in
den Garten,
Dort befand sich, wie Frau Mo
nita ihm mitgetheilt hatte, die inzwi
schen angetrnnmene neue Herrin des
Lindenhofes.
I Er erreichte sie in einem der Lau
kbengänge, welche Gärtner Freisinger
aus Weinreben gezogen hatte.
. Hedwig befand sich nicht allein. Der
Notar Klinger war bei ihr.
Die junge Frau zeigte sich sehr rn
dig, ja es leuchtete sogar unverkenn
bar Freude aus ihren schönen Augen.
Sie kam Müller rasch entgegen und
reichte ihm die hand. .Sie interes
siren sich ja für meinen Bräutigam«,
begann sie lebhaft, «da werden auch
sSie sich über die Nachrichten freuen,
welche ich heute von ihm erhalten
habe.«
»Welche Nachrichten, gnädigeFrau,
konnte er Jhnen denn geben«-« erinn
gågäe sich Müller nicht weniger leb
,,Ersten5 ist seine Mutter schon
außer Gefahr. Jhre Nerven haben
sich so weit beruhigt, daß man nicht
mehr das Schlimmste zu fürchten
braucht. Sie bedarf nur noch großer
Schonung. und sie läßt, was ich voll
tomrnen begreife, herbert nicht von
»Und zweitens?« frågte Müller in
teressirt als Frau oorland nach
dieser Mittheilung tiefen Athern holte.
»Die zweite Nachricht«. fuhr d
toig froh lächelnd fort, «ift fast e n
se gut, rote die erste. Denten Sie
nur« Herr Müller, man hat herbert
schon wieder eine Stellung angetra
gen. Herr o. anhofs, den Sie ge
wiß auch kennen, hat Derbert einem
alten Freunde empfohlen, einem der
angesehenften Advotaten Wiens, der
Herbert sofort engagirte. Herbert
tchrieb mir, daß er mit renden zie
sagte nnd daß er tiintighin alt
Vertheidiger fungiren wiirdr. Am I.
Oktober wird er seine neue Stellung
» bereits antsternI
«Das ist ja auffallenp rasch gegan- z
gen«, gab Müller zu. »Nun« derx
Herr Landesgerichisraih weiß eben,
was er da zu thun hatte. Einen, derl
aus solchem Grnnde freiwillig auf
seinen Posten verzichtet, zu proiegi-:
ren, das ist eine ganz selbstverständ
liche handlung.« «
»Sie wissen also alles?« sagte die
junge Frau leise, und ihr Gesicht
flammte dabei anf.
»Ja, entge neie der Deiekiiv ernst,
,ich weiß, da da ein gütig-r, inwnli
wer Mann einetn anderen dazu ver
helfen wollte, moralisch und gesell
schaftlich wieder emporzukommen
»und daß er dafiir ein großes Opfer
sbrachte und eine kleine Ungesetzmäs
ßigleit be ing. Gnädige Frau durfen
stolz auf been Bräutigam sein-«
Wieder flammien heim-las Wan
gen, aber diesmal hatte ein stolzes
und frohes Gefühl ihr Blut in Wal
lnng gebracht.
»Jett habe ich Sie um etwas zu
fragenc fuhr Müller fort.
ie beiden waren iveben bei Klin
ger, der si. ein wenig urlickgezogen
hatte, ange angi. Die rren reich
ten einander die hand, aber Müller
redete sogleich weiter.
Er fragte, ob Diese damals, als sie
ibn, gleich nach» ihrer Verheirathung,
ihrem Große-heim dargestellt hatte,
von diesem eine Uhekette bekommen
habe. Dabei beschrieb er ihr genau
die Kette, welche er an n v. Uel
sen gesehen und deren nstiick sich
jeht uoeh irn Lindenhof and. «
sedwig verneinte and erwähnte,
W
daß Großontel Joseph so mancherlei
Ergenbeiten gebadtjtdh namentlich
eine ausgesprochene aneiguna sich
von seinem Besiy zu trennen. Nie
mals bade er ihr, die doch sein Lieb
ling gewesen, etwas von dem Famiil
lienschmurl und den sonstign Unden
ten geschenkt« All das von ilsn Ge
sammelte und getreulich Ausbewalyete
ollte bis zu seinem Tode und noch
darüber hinaus im Lindenhose ver
bleiben. Die merkwürdige Scheu da
vor, daß sosart nach seinem Ableben
all sein Besen zerslattern lönne,batte
«a auch den alten Herrn zu der Be
immung veranlaßt, daß sein Testa
ment erst ein Vierteljahr nach seinem
Tod eriissnet werden düesr.
Man war soeben am Ende des
Laubenganges angekommen, und da
befand sich an einem Puntte, der
einen hübschen Ausblick aus den Gar
ten und das Gebirge bot, eine Bank
Au diese deutete Müller, und man
lie sich nieder.
»Ich habe anen eine Entdeckung
mitzutheitem gnädige Frau, die Sie
immerhin etwasv erregen wird,« be
gann er, und fuhr mit einem Blick
aus Klinger sort, »und iiber die Sie,
Herr Notar-, recht sroh sein werden.'«
»Das lautet ja,' sagte Klingen
»als ob Sie schon —«
»Den Richtigen hätten!« meinte
der Detettiv lächelnd. »Nun, so weit
bin ich leider noch nicht, aber ich babe
gegründete Ursache anzunehmen, daß
ich ziemlich bald nicht nur seinen Na
nian sondern auch ihn selber haben
werdeI , .
Hedwig und der Notar schauten
ihn sprachlos an.
»Sie haben ja nicht nur ein Ver
zeichniß der Geldwertbe des Verstor
benen, Sie haben, wie Sie schon er
wähnten, auch eines seiner Schmuck
siücte?«
Klinger grrti in seine Brut-rasche
»Ich habees sogar bei mir,« sagte er
erregt. »Ich wollte es heute der gnä
digen Frau ausliesern, damit sie sich
geläer davon überzeugen können.
a —«
»Daß nicht mehr alles da ist,« er
gänzte Müller den beg nnenen Sasf
Minger sprang ern or. »So it
auch diese Sorge gerechtfertigt?"
mutmelte er
Der Detettiv nickte. «Freilich ist
sie gerechtfertigt," meinte er ironisch
lächelnd. »Der Dieb ist in dieser
Hinsicht übrigens bescheiden gewesen.
Er bat durchaus nicht alles genom
men, aber doch ein paar sehr schöne
Stücke.« »
«Wol)er wissen Sie dass« sragte
Hedwig langsam. Es war als wollten
ihr dieWorte nicht von den Lippen.
Sind sie war ein bischen-blaß gewor
cn. I
· iiller schaute sie mitleidig an.
,J habe sie selbst an dern Manne
ges-bem«
»An welchem Mannle
,An-Fris Diese.«
Jetzt war Hedwig noch bleicher.
Sie zitterte.
Eine gute Weile redete teineö dort
den dreien.
Dann erhob die junge Frau wieder
das tiefgesuntene Haupt und fragte
mühsam: «Also Diese war ess«
«Ja. Aber bier hieß er nicht Diese,
bier hieß er Riibling.«
It ,subr der Notar zusammen.
»Weil-Anat Aber das ist ja unglaub
lich,« ries er. «Da bat Diese also
in einer Maske hier lebt. Röhling
schien ein guter Füngiger zu sein,
und Jbr gewesener Maan gnädige
Frau, ist 1a doch viel jünger.«
»Er ist seht siebenunddrerßig Jahre
alt,« erklärte dwig nnd sab dann
voll trauriger espanntbeit aus den
Detettiv. »Sie wissen, warum ich
rnich von ihm scheiden ließ?«
»Ja, gnädige Frau. Doktor Feß
lererziiblte nur aus ganz bestimmten
Gründen alles, was er von Fritz
Diese weiß. Darf ich vor dem herrn
Notar weiter reden7«
Reden Sie immerhin. Das alles
taten jck nun nicht mehr verborgen
jbleiben.«
s »Frau Moorlano,· begann Mul
ler, fich gegen Klinger wendend, »ließ
sich von Friß Diese scheiden, weil fie
erfahren hatte, daß er ein abgestrafter
Betrüger ist«-Alles andere bezüg
lich diefer Ehe und des ferneren Le
bens der Dame ift Ihnen, wie ich on
nehrne, heiannt.«
Klinger verneigte sich. »Die gnä
dige Frau hat uns geftern ihr Ver
trauen geichenlt,« erwiderte er.
»Dieses halber,« feste der Dritt
tip feine Erklärung fort, »bin ich in
Stuhlweißenburg und dann in Jfchl
ewefen. Jn Jfchl hat mich Doktor
ßlerj Brief getroffen, und fo bin
ich auch hierher gekommen. Jch habe
nämlich fchon dort fo ziemlich sicher
Eli-Takt daß Frit Diese auch in diese
ache hier verwickeli ift. «
hedwig erhob jäh den Kopf. »Ja
welche Sache ist er denn noch ver
wickelte« forschte sie mit faft verfa
er Stimme.
Ali Müller ihr nun so merkwürdig:
ernst in die Augen schaute, begriff sie
net-löslich, daß noch irgend etwas
Schreckliches geschehen fei
«Redeu Sie nur!« würgte sie müh
sain heraus.
Da fagte er leise: »Ich habe Diese
auf der »Seefchwalbe« tennen ge
lernt-«
Klinger beugte sich weit vor. »Das
ift bat Schiff, auf welchem Jhr here
Bruder Wficher
»Es das Schif auf welchem
vermeint ich Doktor hier erfchoffen
wurde,« ber tigte iiller.
Nun begri Hebwig alle-. Sie
W
ieß einen tiesen Seufzer aus und’
nn schloß sie, rote um Gräßliches
ni t zu sehen, die Augen.
rst als sie si wieder ein wenig
qeäast atte, bat eMiiller durch eine
m de verde, weiter zu reden.
Kurz und llar schilderte Müller
dem Notar Klingen und Dedtvti die
Vorgänge auf der «Seeschwnlbe«.
trn v. Uelnens seltsame Urt, du
schiss zu verlassen und seine so merk
würdig schnelle Umkehr. Bis zu«den
Entdeckungen der lesten Stunde silbe
ste er sie, und als sie all dies wußten,
» lam er noch einmal aus den gestohle
» nen Schmuck zurück.
Aus dai Verzeichnis deutend, das
vor Klinger la , sagte er: »Ich glau
be, dass ich au er der bewußten Uhr
lette noch zwei Nummern aus Jlsrem
Verzeichnis beschreiben kann. rrs
v. Uelßen trug nämlich. jeden alle
um sich als woblhabender Mann zu«
zeigen und als Mann von Familie,
etliche sehr schöne alte Schmuckftiickr.
Darunter siel mir außer der Kette
noch ganz besonders ein alterthümlich
gefaßter Ring aus, dessen Mittelstein,
ein Brillant, von blassen Saphiren
umgeben ist.« —
»Stimmt!« sagte Klingen in das
Verzeichnis schauend. »Ein Brillant
rina mit sechs Saphiren.«
«Ferner,« subr Müller sort, »Hu
Ueltzen auch eine Krawatttennade,
welche die Form einer Lyra hatte.«·
»Einer Lnra, besetzt mit Brillanten
und Korunden,« las Klinger von dem
Verzeichnis ab.
»Stimmt!« sagte jetzt der Detettiv.
,Mehr braucht es nicht, um den«
Mann auch dieser That zu überfüh
ren. Ein Nätbsel aber bleibt noch
immer zu lösen. Wie lann Diese
es in Erfahrung gebracht haben, daß
Tsltvr Fehler an jenem bestimmten
Tage von Triest nach Alexandrien
fahren wollte?« »
Bis hierher hatte Hedwig schwei
gend seinen Darlegun en zugehöri.
Jetzt lachte sie bitter aus. »Auch das
braucht lein Ratt-fiel zu bleiben,"
sagte sie, »denn ich selbst habees ihm
ja gesagt.«
15. Kapitel.
Frau Nora war mit ihrer Tollette
beschäftigt. Das stumpfe Schwarz
tiefer Trauer. das zu tragen sie jeht
abermals gezwungen war, stand ihrl
nicht ut, das wußfe sie, und deshalb
ruhte ees mit gan en Wollen vonI
grpreßtem Krepp aufz, in dessen feinen
Wellen sich genug Licht verfing. ums
einen sanften Glanz um die seht rechts
ungern Trauernde zu verbreiten. s
Sie hatte mit Egon eine großes
Hoffnung tegrnben müssen, und nun;
verdroß es ste, daß sie sich solch große!
Mühe gegeben hatte, ihn, der sie ei-!
gentlich immer recht schlecht dehan-I
delte, fiir sich u gewinnen. I
Ja, Frau Horn war in dieser Zeit
recht übler Stimmung Es war ihr-J
die im Hause ihres Schwagers sich jas
doch einigermaßen beherrschen mußte,s
recht angenehm« daß sich ihr jethe-i
legenheit bot, ganz ungenirt« dieer
Stimmung andere fühlen zu lassen«
Der, für den sie sich heute so viels
Mühe mit ihrer Toilette gab, warI
Fritz Diene, der sich ihr freilich nichts
unter diesem Namen. sondern al
Baron Strahl vorgestellt hatte. Mit
ihm sollte sie heute, wie dies auch»
sriiher schon oft geschehen war. in
einem separirten Zimmer eines ele-;
ganten Nestaurants zusammentreffen.«
Der Baron hatte sie in einem von
Sehnsucht überfließenden Brief um
diese neuerliche Zusammentunft ge
beten. Das Schreiben war schon
Vormittags gekommen, und im ersten
Au nhlick war Nora entschlossen ge
we en, dem Ruf dieses Schwindlers
nichi Folge zu leisten. Gar leiner
Antwort wollte sie ihn würdigen,
diesen infamen Menschen, der natür
lich nnr sein Spiel mit ihr trieb.
Seit Hedwig geredet, war Nora
sich darüber zweifellos klar gewor«
den. daß dieser Mensch sie nur als
Mittelsperson benüht hatte, denn
nun war es ihr bewußt geworden,
l
t
Toilette und oerlie
daß er ja eigentlich recht viele Fra
n an sie gesiellt hatte,- die sich aus
hre hauigenossin, die oon ihr so
gründlich gehaßte Gouvernante, he
zo en · tten. Er war nur Jo auser
ot nilch vorsichtig u Werke gegan
n« das sie nicht selbst darauf ge
onunen war.
Erst Dedwig hatte ihr die Au en
iisfnen müssen, und je t noch siie .r
hübschen Frau das B ut ins Beicht,
wenn sie an jene Szene dachte.
Sie hatte die Demilthtgung, welche
sie damals erfahren, noch nicht iibers
wunden, und wen sie auch einiges
Danlgefllhl empsan flir die War
nung, die ihr geworden, war ei ihr
auch wieder leid, da man sie in bie
«ser interessanten Liebschaft ge ört
hattr. Schon die heimlichfeit a ein
war ein großer Reiz, und Baron
Strahl war ja wirklich nicht nur ein
schöner, er war auch ein interessanter
Mann. »Fliegender holländer!« Wie
junge Mädchen doch auf so tresfende
Vergleiche lommenl
Jhr war es nie eingefallen, diesen
Mens en so zu nennen, und dochiors
oerte eine dunkle, unheimliche«Schön
heit, feine Unrasi, sein geheimnisvol
les Kommen unt-Gehen geradezu zu
diesem Vergleich heraus
Und nun war er nur ein ganz ge
geine Bursche, ein geweiener
etrasklfingL
Frau Nara fühlte sich also eigent
lich beleidigt, allein sie hatte auchjetzt
noch nicht vergessen können, wie viele
Anregung sie dem heimlichen Verkehr
mit ihm zu danlen hatte, und haupt
sächlich dieser Erinnerung verdantte
ieö Frih Diese-Strahl. daß sie noch
einmal zu ihm kommen wollte.
Es würde auch heute sehr anregend
siir sie sein, dieses lehte Zusammen
kttssem denn heute wiir sie mit
Zins und Zinieozinsen zuriickzahlem
was er an ihr esiindigt hatze.
Dieses edlen Qorsatzcö voll legte
Frau Nara die le te Hand an ihre
g dann das haus.
I Jn einem eleganten Zimmer des
ersten Stockes eines der großen Lin
denreftaurants legte der Kellner so
eben die leZte Hand an den mit den
auserlesenxkn Deiiiatefsen bese ten
Tisch. « iinschen der here on
tonst noch tnoasiu fragte er den am
Fenster stehenden Herrn.
«Nein—ez ift ut,« bemerkte die
ser zu dem darau hin sofort ver
schwindean Jüngiing. Mit sehr
retgniigter Miene ging der Derr im
Zimmer aus und ab, setzte sich dann
auf einen Stuhl, den er vorher ans
«Fensier gerückt, und zog einen Brief
Hinug der Tasche, dessen Lettiire ihm
sehr zu gefallen schien. Er pfiff leise
vor sich hin, dann faltete er den Brief
wieder zusammen und. legte ihn vor
sichtig in seine Brieftaiche. »Dies«
Franzi ist doch ein drauchbarer Bur
sche,« murmelte er. »Nun, er weih
auch, warum er sich Mühe gibt! —’
In Lambach also dentt tein Mensch
an mich« und hier erst recht nicht.
Kommt ia doch sogar »das alte Schäd
lein wiedert«
Er trat an den Tisch und goß sich
ein Glas Wein ein, das er mit gro
ßem Behagen leer tranl· Da ließ sich
vor der Thitr eine Stimme verneh
men. »Ist der Baron schon hieri«.
erkundigte man sich.
Noch ehe eine Antwort erfolgen
tann, erscheint FrizeDiehesStrahl
auf der Schwelle. » wisz bin ich
schon hier,« scxte er. »Ich warte
schon seit einer tunde.«
Galant zieht er Noras Tand an
dieLippen, und während sich ieThitr
wieder schließt, blickt er die junge
Frau schmachtend an
»Weder in tiefer Trauerf« fragt
er. »Ich nehme an, daß Dein Schwa
ger gestorben ift.«
Dabei führt ’er Nora zu dem rei
senden Sigwinteh der in einer der
Fenstern-en hergerichtet ist« und rückt
ihr. einen Sessel zurecht.
Entsetzung folgt-)
l——
sein«-m
Diutnist (det eine wish-alte igatte kaucht,.u einem Namen-Mk
»Du, tät-IT mal. wie die Zigqm i I Die Leute schauen gar is her.·
-