Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 23, 1907, Sweiter Theil., Image 12

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    Im. Qeidedort
Roman von Y. von der Elbe.
(18. FortfesungJ
Viel untlarer sah ej in Marie aus·
, sie wußte, daß sie Himich venidigt
FR; es that ihr leid, gewiß. allein
durfte unter leine Bedingung
leiden, daß er re als ihm gehörig be
« ichneie. Mo te er’s nur für einen
anznachmitiag meinen, auch das
war ihr zu viel. Sie war ja nicht
»frei, und es ging gegen ihr Gewissen,
ein-as wie eine Bewerbung anzuneh
men. Er hatte ja sicher nichts Ernstes
- , im Sinn« das durfte sie sich nicht ein
bilden —- er, der reiche Hofbesitzer,
und sie, das arme Mädchen, das er
sogar eine »Stadtpuppe« schalt. Aber
ausziehen lassen wollte sie sich nicht. .
Und dann der schreckliche Gendarmx
der sie immer im Auge behalten.
Spuke er vielleicht doch etwas gegen
fee im Schilde führen?
» Die ganze Festlichteit verwirrte sie
g« auf die Dauer· Sie vermochte mit
E» essen ihren heimlichen Aengften nicht.
sorglos fröhlich zu fein wie alle die
anderen.
Die beiden Spaziergänger wechsel
ien nur wenige zerftrente Worte zwi
schen der Fülle ihrer Gedanken.
Endlich begann Fedor: »Sieh die
Rosenwöltchen, die Sonne steht tief,
um sieben Uhr will Großvater zurück
ahren. Wir müssen nmlehren, aber
- ech denke. der Gang ins Freie hat uns
nach all dem wüsten Trabel wohlge
that-K
»O sehr, lieber Vetter!«
Aks sie vor dem Gasthofe ankamen,
standen zwei angespannte Wagen be
reit. Großvater klopfte seinen unge
duldigen Braunen den Hals. Lade
Beermann basielte noch am Zaum
«zeage, seine Brüder und Schwestern
traten eben, roth und erregt, aus dem
Danie.
hinrichs und Lisbeths Augen flo-"
sen dem zurückkehrenden Paare ent
gegen, in beider Mienen zuckte es.
Das Mädchen flüsterte mit der
Schwester-, und als Marie ihren Plaß
eingenommen hatte, kletterte Lotte zu
» Nr herauf. »Lise hat keine Luft, mit
-:« .t zu fahren«, sagte sie, sich zurecht
Mit, schnippisch. »Meinst wohl,
M Frau Pasiorin zu werden? Aber
ee wird sich das noch überlegen. Hast
ja zar kein Geld, wie sie sagen«
roßvater fuhr ab. Von den bei
den Mädchen hinter ihm plapperte
Lotte allein. Marie saß in Gedanken
versunken, sie antwortete nur daz
nöthigstr. Wie böse hatte Hinrich sie
eben angesehen! Der gönnte ihr ge
wiß nie wieder ein gutes Wort.
IS. Kapitel.
Der Sommer schritt vor. Solch
ein Wachsen Und Werden hatte Marie
noch nie gesehen, das Herz wurde ihr
« dabei weit vor Lust und Dankbarkeit
Wie war sie hier wundervoll gebor
gen.
Auf den mit Buchsbaum eingefass
ten Seitenfeldern im Gemüiegarten
brachen die Zentifolien auf· Blaue
-Taubenwagen, Federnellen, Ritter
ipsorn, Malven und Lavendel blühten
und dufteten. Marie kannte das
wenigsie davon, und Rite, die sich
i; iiber solche Unwissenheit wunderte,
freute sich an des Mädchens Ent
iieken. Ach —- es könne nirgends
schämt sein als hier, rief sie oft.
Die Freude an der Natur und an
der löndlichen Arbeit mußte ihr
manches andere ersetzen. Jhr Ver
kehr mit den nahewohnenden Ver
wandten war seit dem Soltauer
Markt sehr oberflächlich geworden.
Sie hatte Lise iiber ihr Benehmen ge
gen den flotten Oetonomen zur Rede
. gestettt und ihr gesagt, daß Fedor sich
mn sie gesorgt habe.
De Fuhr Lisheth auf und rief:
Eos ihn sich an seine eigene Nase
Heu! Und du bist mir auch die
; M, wenn du predigen willst.«
An Hintich wagte ne trch mit keinem
Worte der Entschuldigung herun.
Mit ablehnenden gleichgültiger Miene
sah er an ihr vorbei. Er kam selten
und war nur für Großvater und Tan
ie da. So weh iht’s oft that, so fühl
te sie doch, daß sie an ihrem Verhän
niß zu ihm nichts ändern könne. Es
war gut; wenn Mauern mischen ihm
und tht standen, es durfte nicht an
densein
Onkel Hans schrieb dann und-i
W; mit Sehnsucht und Zagen sah’
» He .edem seiner Brief-e entgegen. -
« Berlin schien sich wenig zu ver
·.."-cnd.nn. AIB Hans am ersten Juli
»die Mietht hinunter-getragen —- et
- nahen alle Angelegenheiten der beiden
Männer in die Hand —- hatte Gold
owner sich ebenso kühl und gehässig
. · Aste früher. Jn unbestimmten
til-entsagen sich ergebend, meinte
en, ex . werde entschiedene Schritte
thun-» m zu seinem Rechte zu kom
yet-; mcn lebe doch in einer Welt,
is- hr es Ordnung und Gesetze gebe.
sein Inn-alt ei auch der Ansicht,
et M die « handknng von seiten
« H Frau nicht brauche ge
za, IM
chsu steht, was er zu thun
HQZO wagte nicht zu fra
«- Mich miitde et ei auch
W dstthich biß Du
aber völlig in Sicherheit Mir soll
wan unter keinen Umständen ein
Wort über Deinen Aufenthaltsort
entreißen, und ich bin ja der einzige,
der darum weiß.«
Ueber das Leben und Ergehen
ihres Vaters gab es nichts Beson
- deres zu melden. Viel werde ja ni t
verdient, aber von seiner Crbschat
ssei doch immer noch ein schönes
Sümmchen, iiber die Hälfte, in siche
ren händern Marie solle sich also
keine Sorgen machen. Er freue sich.
dag sie gern beim Großvater sei, und
es ihr gut gehe. Endlich müsse
Gotdammer sich doch beruhigen unt
einsehen, daß sie wirklich nicht wie
derkommen werde.
Das lautete tröstlich und auch nicht.
Marie wußte nicht, wessen sie sich
noch von Goldammer zu versehen
habe, und fand nicht den Muth. je
mand ins Vertrauen u ziehen und
zu fragen. was der zitefiirchtete ihr
anthun könne. —
Ein goldener Sommernior n blau
te über der Heide und Dor. Marie
trat auf den Hof, urn den Hühnern
ihr erstes Futter u bringen. Jette
fcheuerte am Zie brunnen hölzernes
Geschirr und fang dabei. Das Hüh
neroolk schaarte sich ackernd und
rickend um seine Wohlt «terin, auch
die Tauben flatterten herzu, utn gur
rend am Mahl theilzunehmen.
Aus der Freude an den Thieren
merkte Marie ein llirrender Schritt
Sie blickte auf, der Gendarm Müller
stand schmunzelnd vor ihr. Nun
griff er ihr gar unters Kinn und hob»
ihr das erschrockene Gesicht empor. !
Sie stieß einen kleinen Schrei aus«
ließ die Zipefl ihrer Schürze fallen« !
so daß die Körner umherflogen und
stürzte ins Haus » j
grosvarer irae herzu. »Die Staat
1nädchen sind so was nicht gewöhnt,
Herr Gendarm. Lassen Sie das man
lieber bei meiner Großtochter blei
ben«, sagte er ernst.
»Nichts für nngut, Herr Kruse,
habe das Fräulein nicht beleidigen
wollen« ist ja so schmierlich wie Su
scmne im Bade.«
»Machen Sie keine schlechten Witze.
Kommen Sie, setzen Sie sich hier vor
die Thür. Jette —- einen Korn und
Butterbrot."
..Dantend angenommen. Man soll
dem Ochsen sein Maul nicht verbin
den, so er drischet. Stramrner Dienst
jetzt, Herr Gemeindevorsteber.«
b »?Noch immer hinter den Taters
er «
»Jnfame6 Gesindett Wohin ich
komme, sind sie eben gewesen. Von
allen Seiten laufen Klagen ein. Ge
stohlene Hühner, ’n Hammel weg von
der Weide, Bettelei, Wahrsagerei —
alles vom Geses verboten. höllisch
hüten sollen sie sich, tornme ihnen
scharf aqu Fell!« Er nahm Jette
das Frühstück ab und setzte es neben
sich auf die Bank
Marie nahm« wie -ette, eine harte
auf die Schultern un ing mit dem
Mädchen insv Feld. um «e Kartoffeln
zu behöufeln. Es war ihr sehr tröst
lich, daß sich der Gent-arm nicht wei
ter sehen ließ.
Bei« Beermanns herrschte — nie
mand wußte woher und weshalb —
eine schlechte Stimmung. hinrich
fuhr die Seinen an, was sonst gar
nicht des fröhlichen, gut-nöthigen
Mannes Art war. Diese ganz er
staunt und getränkt, wurden ver
drieszlich. gaben böse Worte zurück»
und das sonst so friedliche Familien-f
leben, ihr freudiges Zusammenarbei-(
ten und einander helfen schien grij
stört. I
Hinrich fühlte mit aller Bestimmt-?
heit, daß file ihn sein Lebensglück oderl
Unglück von der Person des Mit-;
chenz abhänge, das er gn seinem
Weibe mache.
sjemoteug ratt und voje wurde ihn-.
zu Sinn, wenn er sich die lange höl
zerne Stine an seiner Seite dachte.
Da mochte er sich nur eine denken,
eine einzige, nur sie, sie, die ihn sn
schwer beleidigt hatte. Er war ihr.
nicht gut genug, et war ihr zuwider,
das hatte sie bejaht. Seine Faust
ballte sich vor Zorn, wenn ee daran
dachte. Sie mass eigentlich gar nicht
werth, daß er immer nnd immer nur
an sie denken mußte.
Wenn hinri sich vorstellte, wie
Marie dem gro spurigen Gendarmen
Augen gemacht. so tochten ngritnm
und Verachtung in ihm. ber er
konnte sich nicht von dem Denken an
sie losreißen Es war ein anz wun
derlicher Zwang in ihm. innrer fah
er sie, bald so, bald so, wo sie gar
nicht war und nicht sein konnte. Und
wenn sie ihm wirklich in den Weg
«lief, so mass ihm, als fahre ein
Stich durch ihn, und als nehme i
einer bei den Haaren nnd ziehe i«
hin zu dem Mädchen Stand er dicht
neben ihr, so zwickte es ihn in bin
Armen, daß er sie umfasse. M er
zwang sich- ihr ein böses Ge
zeigen nnd die Ellbogen an » .
Daß er seine gute Lnune Usder
Quälerei Mikr, wcir kein Muts-.
Liidets Mitte atn weni In
der über M samiiienkr e W
den Mißstimmung. Sie hatte nie
sonderlich nahe mit allen gestanden
nnd wurde jetzt zu sehr von eigenen
Gedanken und Kämpfen erfüllt. i
Kurze Zeit nach dem Markt hatte
eine Hausiererim die mit Schürzen
zeug, Band, Knöpsen und allerlei
anderem Kleinkram auf. dem ofe
vorsprach, sie geheimnisvoll ur ite
enommen und aus einem uche ein
riefchen gezogen, das sie ihr mit dem
Bedenken gegeben, er habe gesagt, sie
nkhge ja nicht ausbleiben.
Als Lise in großer Spannung den
Brief öffnete, erschrak sie. Er kam
ron dem Volontiir -Oehtte. Der jun
ge Oekonom schrieb:
»Mein siiszeö Mädchen!
Jch fühi’s, Du strahlst und keuch
teft unter den Bauerndirnen wie eine
e zwischen einer Gänseherde.
Jusche ich mich nicht, so habe ich
Chancen, von Dir geliebt zu werden.
Beweise es mir, Angebetete, und
komme morgen Nachmittag um fünf
Uhr nach den Hiinensteinen hinter
eurem Dor e. Hier erwartet Dich
mit offenen rmen Dein Dich kolossal
liebender Arthur Oehlke.«
Lisbeth stand wie erstarrt. Sie
batte sich's immer gewünscht, einer
von den Herren, einer, der mehr war
als sie und die Jhren, möge sich um
fu- bewerben. Die Oehlkes hatten ein
schönes Geschäft in Celle. Wenn
Lirthur —- Atthur, welch vornehmer
Name! — wenn er sie heirathete, kam
ske in die Stadt und wurde eine an
gesehene Dame.
Aber vom Heirathen schrieb er kein
Wort. Und hätte sie ihn denn wirk
iich haben mgen?« Es regte sich etwas
Isn ihr, das »Nein« sagte. Nein —
xneini Tanzen recht gern, er tanzte
Um aber hatte sie sich neulich nicht
Hauptsiichkich mit ihm abgegeben, um
then Vetter zu ärgern? Fedor, der
nur weise Reden und Tade fiir sie
hatte, nnd sich immer zu Marie hielt! I
Und da nun ihre Gedanken sichs
wieder. wie so oft, auf Fedor ri te
ten, da fühtesie, dasz sie mit Oe lke
keine Liebschaft anbandekn möge und
könne.
i
l
Nein, sie wollte nicht zu den Hit
nensteinen geben, sie wollte sich nicht
oon Oehlte hean lassen! Mochte er
sie vergeblich erwarten.
Aber im Sinn la ihr doch die
Siche, beschäftigte ie. füllte ihr
Denken. Sie tam sich sehr brav vor.
daß sie der Lockung widerstand. hätte
sie doch alles Fedor sagen und sich von
ihm loben tassen tönnenk —
Großßoater fragte Hinrich, ob er
denn nicht mal ans Freien denke.
Wenn es aus ihn ankäme so wüßte
er wohl eine, die hübsch wäre und ge
sund und arbeiten könne sie auch. Bei
diesen Worten zwinterte er listig zu
hinrich hinüber.
»Ah«, dachte der mit Befriebi ung,
,.Großoater steht aus meiner eite,
das ist viel wertb.« Er wurde sehr
roth. aber er verzog keine Miene und
fragte, ob er wohl bald den haser
mäher könne« was Großvater dazu
meine. Der sagte, daß es wohl bald
an der Zeit sein könne. Und dabei
dachte er, der Junge will sich nichts
dreinreden lassen. Wenn er sich aber
auch noch so dumm anstellte, Lust
hatte er doch. Die schönen starken
Menschen paßten zusammen. Der
Alte hoffte, daß noch was draus
werde, und dann blieb das, toas er
Marie zuwenden wollte, in der Fa
milie.
Eines Tages sagte er: »Komm,
Mariet , ich will dir mal die Un
masse wetschen zeigen. die Beer
cnanns "eses Jahr triegen.« Er legte,
wie er sich angewöbnt hatte, seinen
rechten Arm aus ibre Schultern, so
daß ihr blonder Kopf aus der Bie
ung seines Ellbogeni beroorsab, und
übtte sie in den Grasgarten hinter
dem hause. Hinrich schloß sich tote
gezogen und gezwungen an.
Die Obstbaume trugen voll, alle
grüchte schmollen bei dem warmen
onnenschein ihrer Reife entgeketn
Die Pflaumen siirbten sich btim iä
die Aepfel betaan rotbe Baden. u
die Birnen hingen lang und schwer
an den Zweigen.
»Im kann es san man glauoetH
daß ich dies alles hier so von selblil
wachsen sehe«, sagte Marie, rnitj
lachenben Augen unt sich blickend.;
»Jn Berlin, wo jedes einzelne Stück
.viel Geld kostet, habe ich Früchte
Himmer fiir ein großes sernbertow
mendes Wunder gehalten. Manch
mal brachte Ontel hans mir ein paar
Kirschen oder eine Birne mit. Auch
Florian, mein Spielgefäbrte, gab mir
etwas ab. aber viel wars nicht« so
gut es mir auch schmeckte.«
»Florian, wer war das?« sragie
der Alte mißtraurisch, und der junge
Mann, der auf ihrer anderen Seite
ging, lauschte eisersiichtig
»Florian ist der Sohn unseres
hauswieth, ein Jahr jünger als ich,
ein blasser, schwächlicher Knirps, aber
ein guter Junge«, erwiderte sie unbe
fangen.
Die Auskunft schien ihre beiden
Begleiter zu befriedigen.
Da der Weg enger wurde, ließ
Großvater das Mädchen allein vor
ausgeben Sie gelangten Fest an das
Ende be- Gartens, von wo man zu
der Mühle biniibersab. Der Steg
itber den Bach lag vor ihnen, wo, —
wie ibee Mutter geschrieben -—-, ber
junge Hosbesiser fie, an jenem legten
Abend in der heimath, mit dem Lieb
sten getroffen Wenn sie hier in bie
Mike lanc, so bewegte der Anblick
die er stelle Mariens r alle-nat
ans eigen. Das S ick al ihrer
älter-. MHO biet entschieden nahm
—
ihr Denken fiir einige Augenblicke
völlig gefangen. Sie hörte die beiden
Männer hinter sich einige Worte
wechseln, aber sie achtete nicht darauf.
Als sie hinter sich sah, war Groß
vater fort, Hinrich trat an ihre Seite,
nnd sie lehrten um.
Mit etwas belegter Stimme sagte
er: «Groszvater meinte, er müsse
nach Haus«
Langsam schritten sie nebeneinan
ier hin. Sie schwiegen beide, inner
lich beschäftigt miteinander.
Marie dachte nicht mehr an ihre
Eltern, sie dachte nur an ihn, der
neben ihr ging. Ob sie ein verföhnlis
ches Wort iiber ihre neuliche schroffe
Aeufzerung fallen lassen sollte? Sie
hätte es gern gethan, aber sie wagte
sich nicht an ihn, fliichtig sah sie ihn
ron der Seite an. Er lam ihr ver
schlossen und finster vor. Sie fürch
tete, daß er sie hart anfahrcn werde.
trenn sie von neulich anfing. Gewiß
wollte er nun nichts mehr von ihr
wissen.
So deutlich Hinrich das Mädchen
auch manchmal vor sich u sehen ge
glaubt, so wirkte doch i re lebendige
Nähe, während er mit ihr allein in
der Feiertagsstimmung durch das
Grün und die Sonne des Sommers
schritt, wie etwas Neues, Berauschen
bes, das ihn der Kraft zu denken be
raubte. Er meinte« ihr linlisch und
lsiiuerisch zu erscheinen, wenn er ein
iWcrt sage. Die Eindrücke, die er in
Hchltau von ihrer Herbheit gegen ihn
empfangen, waren ausgelöscht, er
fäitklte nur das Glück, mit ihr allein
iu iein. Und weiter nichts fiel ihm
rin, als daß er sie lieb habe. furchtbar
lieb. Aber sagen tonnie er es ihr
nicht, sie würde ihn wieder abwehren
wie neulich, und das ging ihm zu
nebe. Sie, eine feine Städterin, war
ja auch viel mehr als er.
Endlich empfunden beide ihr
Schweigen als lastend, sie sahen sich
scheu in die Augen und begannen in
abgerissenen Sätzen von der gesegne
ten Ernte zu sprechen.
Nun war das haus erreicht. Dun
lei hatten sie beide das Gefühl, etwaas
Wächtiges und Besonderes erlebt zu
ha en.
17. Ka pi te l.
Ein Brief aus Kirchhausen vorn
Pastor Kruse tam deim Großvater in
Heiddorf an.
Der Pastor schrieb, sie hätten erst
selbst hinübergehen wollen, aber feine
Geschäfte ließen es nicht u. Nun
iade er die ganze Verwandtschaft ein
am Sonntage nach der Kirche beij
ihnen zu Mittag zu essen· Sein?
Sahn Feder werde die Kanzel bestens
gen und statt feiner predigen. Er er-;
fülle damit einen heimlichen Wunsch
des fiir seinen Beruf begeisterten then
ren Sohnes. Das sei an sich schon
ein Fest, welches sie alle froh und
dankbar miteinander begehen wollten.
Diese Einladung erzeugte bei allen
Betheiligten eine gewisse Aufregun .
Eine richtige Gesellschaft gab es san
taunr in der Familie. Aber der
Paftar hatte recht, das war zu feiern-»
Feder in seinem Heimatharte auf des
Vaters Kan el! Wie gütig war’s,
daß dieser te ihm abgetreten, und
fiir sie alle ein wichtiges Ereigniß
den jungen Mann an der erhabenen
Stelle und im Tatar zu sehen.
Arn tiefsten wurde Lisbeth von
dieser Aussicht bewegt Zu Feder in
seiner neuen Würde ausblnlen zu
tiinnen, erschien ihr als etwas höchst
Merkwürdiget. Wenn sie ihn so ge
sehen hatte, mußte sie ihm ja stillhal
ten, wenn er xn tadeite. Als Geistli
cher hatte er as Recht, das sie ihm
als Vetter nicht einräumen wollte.
Sie sehnte sich danach,’harte Schelte
und dann eine endgültige Verzeihung
u enn; angen. Und vielleicht, wenn
eee ber sich gewann, Feder u ge
stehen, daß see von Arthar Schlie
nichts wissen wolle, wiirde der mild
gefinnte Vetter sie ar ein wenig
loben. Das war ein so tröstlicher so
schöner Gedanke, daß ihr Herz freudig
zi- hiipfen begann. »
Jm Laufe der Woche meinte Matie
zu spüren, daß hinrich sie nicht mehr
so scheel ansehe wie bisher. Sie wich
ihm noch ein wenig aus, weilsie nicht
wußte, wie sie mit ibm daran war,
aber sie faßte doch wieder Futrauem
Vielleicht hatte er ihr nun as harte
Wort auf dem Tanzboden verziehen.
Tante Ritchen fühlte sich tief von
dein Gedanken er kiffen, ihren Lieb
ling zum ersten ale in der hohen
Würde des Geistlichen sehen und
Gottes Wart aus seinem Munde
hören u sollen.
« , Kind,« sagte sie zu Marie,
mit der sie im Garten Bohnen
pflückte, »so ’nen Mann neben sich zu
haben, der immer mit heiligen Din
geen zu thun bat, muß einen selber
sser machen, und das ist doch ein
rechtes Glück - iir ein Frauenzimmer.
Sag mal, fin st du denn nicht auch
Fedor sehr nett7«
»Ja, Tante, das ist er wirtlich.«
»Na, siehst dn.« Das blaise Ge
sicht der Tante strahlte in freudiger
Hoffnung.
Marie erschrak. Es wäre ja
schrecklich, wenn der gute edor eine
Neigung fiir sie fassen soll e! Nein,
so nahe durfte ihr keiner kommen!
Das konnte, durfte sie nicht anhören.
Was aber sollte sie sagen? Die Wahr
heit, daß sie ver iratbet iet, ging
doch nicht -aii. Neu. sie s Ein-.- sich.
sie mußte ihr schreckliches heimnisz
bitten -- bitten vor jedem, der daran
rii wollte. D, wie ihr dies Un
gl a ihres Lebens immer auf der
M
Seele laftetet So mußte sie mit allen
Kräften ablehnen und ausweichen,
wenn ihr ein Mann als Bewerber
nahen sollte.
Tante Nile ließ fiir Marie eine
weiße Batiitblufe aus Walsrode
kommen. »Da, meine liitje Tochter«,
sagte sie zärtliche, »nu« kannst du dich
zu Sonntag in . machen-« Einen
leichten Strohhut alte sie ihr schon
friiher geschenkt. an konnte doch
in Sommertagen nicht mit einein
Filzhut zur Kirche gehen, was hätten
die Leute dazu gesagt?
Der Sonntag tam mit schwiiler
Gewittetlust, und man fuhr zu rechter
Zeit nach Kirchhausem
Die heide stand in üppigster
Blüthe; rothlila Wellen flutheten iiher
die Weite, erstreckten sich bis über die
Gradenriinder, liefen bis ans Korn
feld, umkränzten den Fichtentarnp
und strahlten hinein in das verwil
derte Dickicht der Stämme, wo Brom
beergewirr und wilde Himherrrankem
hellgriines steises heideldeers und
Kronsberrtraut den Windbruch und
Moder des Waldes überzogen. Die
leichtdeweglichen Blätter der Birken
hingen schlaff, dunkler noch als sonst
tanden die Wachholderdiiume auf der
rothen Seide, die Sonne brannte und
glühte, eine schwärzliche Wand stieg
am Rande des Horizonts empor.
Großvater wies mit seiner Fahr
peitsche dahin und sagte zu eter:
»Pos; auf, es gibt was-"
« ch mein’ zur Nacht, Herr.«
» ann sein, lann auch eher auf
ziehen.«
Die Gäste wurden rnit großer
Freundlichkeit im Pfarrhauie will
.ornmen ge ißen. Heute empfang sie
der Pasior, Fedor hielt sich zurück.
Die Kirche füllte sich, der Gesang
der Gemeinde durchbraust das länd
liche Gotteshaus. Aller Gemiikher
fühlten sich von dem Gedanken de
wegt, daß Paitor Fedor, den sie unter
Hich hatten aufwachien sehen. nun·so
iweit sei, ihnen Gottes Wort verkirn:
s den zu können. Jn froher Erwartung
iblickten aller Augen zur Kanzel ern
i vor.
i
T CZOttseßung folgt.)
, W
xVie Hostieseranten Unpoleons.
Jrn Leben eines großen Mannes in
teressiren uns auch bie alltäglichen
« Dinge und vielleicht um so mehr, als
sie uns seine Persönlichkeit menschlich
näher bringen. Von diesem Gesichts
buntt aus tann man es ertlärlich."
wenn nicht gar berechtigt finden, daß
kürzlich in sranziisischer Sprache ein
ibitte-Z Buch über die Hostieseranten
Napoleong l. und seiner Gemahlinnen
berössentlicht worden ist« Es enthält
steilich vieles was besser ungebruckt
Jaeblieben wäre, aber auch manches-»
dessen Kenntniß den Bett-anderem des !
großen Korsen nur erwünscht sein »
kann. Jtn Gegensatz zu dem ersten
Kaiser der Franzosen selbst, der seine -
persönlichen Ausgaben mit sparsamer
Genauigkeit regelte, war seine Gemah- »
tin Josepbine bis zurn Maßlosen ver
schwenderisch. Obwohl ihr für ihre
eigenen Bedürfnisse 8120,000 jährlich »
gar Verfügung standen, genügte ihr »
zdiese beträchtliche Summe doch nicht
annähernd site ihre Ausgaben. Die
shoslieseranten konnten sich in der
That keine bessere getrönte Kunbin als
sie wünschen. Alles was ihr gesiel
tauste sie ohne nach dem Preis zu fra
gen, unb dieser Leichtsinn der Kaiserin,
ber bei Napoleon manche zornige
Austoallung verursachte, wurde aus
unerhörte Weise ausgebeutet Wenn
es zur Regelung der Schulden ctose
ptiinene em, begnüge-u sich die Liefe
ranten mit ber Hälfte des Betragee
ihrer Rechnungen, ohne baß sie Ursache
gehabt hätten, tnit betrübten Gesich
tern abzuziehen.
Nach der Scheidung von seiner er
sten Gemahlin bewilligte Napoleon
ihr jährlich bis zu 8600,000, aber
auch diese Summe war tetneewegs
binreichenb, alle ihre tostspieligen Lau
ML eu· befriedige-L
Bei der Bermayiung Yeapoleons mit
Marie Luise hatten die Pariser Hos
lieseranien goldene Tage, besonders
die Juweliere und Besitzer von Mode
rnagazinen. Bei großen Gelegenheiten
kannte die Freigebigkeit des korsischen
Eroberers keine Grenzen, und so wird
man sich nicht dariiber wundern, daß
er der österreichischen Kaiserstochter
auch wabrbasi kaiserliche Geschenke
machte, als sie in die Tuilerien als
seine zweite Gemahlin einzog. Ein
Medaillon mit seinem Bilde kostete
Maxle ein Schmuck aus Smaragden
von Diamanten umgeben, einen Dop
peladler darstellend, 858,()00 und ein
anderer ans Ooalen, ebenfalls von den
lastbarsten Brillanten eingesaszt«
REM. Für die Ansstattung der
neuen Kaiserin wurden 8100,000 be
stimmt. Die Lieferanten ließen nach
Maßen und Modellen arbeiten, die
aus Wien verschrieben waren und Ra
poleon sich selbst vorlenen ließ. Als
erwähnenswertb, soweitMarieLouise in
Betracht kommt, wollen wir noch bin
znsiigen, daß die Ausstattung des Bet
tes, in welchem sie dem König von
Rom das Leben schenkte, s24,000 ko
stete. Wie schon angedeutet, war Na
poleon l. in Beng aus die Ausgaben
stir seine eigene Person sparsam. Alb
er sich zum Kaiser krönen ließ, wur
den jährlich siir seine Garderobe Gla
000 bestimmt, aber in Wirklichleit gab
er sitt solche Zwecke nie meer als
84000 ans. An Wochentagen trug er
die Unisorm der berittenen Garbe
iäger, an Sonntagen und bei festlichen
M
Gelegenheiten diejenige der Garbe
grenadiere und er trug sie so lange,
als et es irgendwie mit Anstand kann
te, indem er es nicht unter seiner
Würde hielt, in ausgebesserten Sachen
einherzugehen. Bei kaltem oder reg
nerischem Wetter hüllte er sich in einen
einfachen grauen Mantel, für den ihm
iein Leibschneider 888 zu berechnen
pflegte. Wie es wohl ziemlich allge
mein bekannt ist trug Napoleon ge
wöhnlich kleine schmucllose hüte, für
die er 810 pro Stück bezahlen mußte.
Für besondere Gelegenheiten hatte er
natürlich auch besondere Kopfbedeekuni
gen zur Verfügung, aber wenn er sich
olche anfertigen ließ, achtete er genau
darauf, dasz man ihn nicht übertheu
erte. Für den Dofparsümeur war der
Kaiser ein sehr guter Kunde. Beson
ders Kölnisches Wasser verbrauchte er
in unglaublichen Mengen, indem er es
nicht nur für erfrischend, sondern auch
siir sehr gesund hielt, sich ·eden Mar
gen den Obertörper grün lich damit
zu benehem So liesz er sich, um nur
ein Beispiel anzuführen, von Anfang
Juni bis Ende September 1806 nicht
weniger als 162 Flaschen Kölnisches
Wasser liefern, wofür 885 bezahlt
wurden. Kostbarer Seife bediente er
sich ebenfalls, das Stück zu Bl. Ein
nicht weniger guter Kunde war er sür
seinen Handschuhmacher; allein im
Oktober des ebengenannten ahres
lieferte dieser ihm 48 Paar aus enn
thierleder und 24 Paar aus feinstern
sJiegenleder. Wie lange dieser Vorrath
ssür die laiserlichen Sünde ausreichte,
wird freilich nicht gesagt, aber ähnliche
Lieferungen wiederholen sich oft genug.
Einen außerordentlichen Luxus aber
trieb Napoleon l. in Bezug auf seine
Leibwaiche. Er war von peinlichster
Sauberteit und wechselte jeden Tag
seine Unter- wie Oberhemden. Zu
den letzteren wurde die feinste Lein
wand genommen, was schon daraus
bervorging, daß im ahre 1808 sür
den Stoff zu sechs ahead Hemden
mehr als 81000 berausgadt wurden.
Hundert Taschentiicher aus Battisi
ccslckcll Uock HEXE-h IM gcllscll g
brauchte der Kaiser an Leinwandauss
stattung fiir 82000, allo die hälfte der
Summe. die er etwa jährlich für seine
eigene Garderobe auszugeben pflegte
Auch der Tabaihändler des Kaisers
konnte sich iiber ihn nicht beklagen.
Napoleon I. schnupste sehr starl und
liefz sich zuweilen iiber 150 Pfund
Schnupftabat aus einmal liefern.
Durchschnittlirb verbrauchte er unge
iiibr sieben Pfund im Monat. Die
Dosen« der er sich bediente, waren mei
stens ohne besonderen Werth, wie er
denn für seine Person im täglichen
Leben kostbare Gegenstände zur Be
nutzung verschmähte. Unter den hof
lieferanten Naboleons machten die
Juweliere bei weitem die glänzendsten
Geschäfte Seine zreigebigleii war
eine mehr als fiirstlche und tam be
sonders fremden Diplomaien zugute.
Es galt als Regel am laiserlicben
Hofe, jedem Gesandten einer auswär
tigen Großmachi bei der Verabschie
sdung eine Dose im Wer-the von 84000
lzu überreichen. An die Stelle eines
"iolchen Geschenles trat auch wohl ein
lunstvoiles Tafelgeschirr aus Sisvresi
« porzellam oder ein kostbarer Diamant
rina. Bei besonderen Gelegenheiten,
wie Friedensschlüfsem wurde jedoch
»der Werth urn das Doppelte oder Drei
iache erhöht. So erhielt der Bevoll
Trniichiigte des Kaisers von Russland
« eine Dose und einige Brillanirinae irn
.Werthe von 81.4,000. Zu keiner Zeit
laber erfreuten die hoflieferanten Na
. poleons sich reicherer Ernte als bei lei
)ner Salbung und Krönung. Nie
vorher und nachher strömte aus den
Tuileeien ein so verschwenderischer Se
gen an den kostbarsten Geschenken, und
nie hatte das Königsschloß an der
Seine eine so unerhörte Prachtentfals
tnng gesehen. Eine Tinte-, die Napos
leon fiir den Papst anfertigen ließ, lo
fiete M,000, fiinf Kardinäle erhiel
ten je eine Tabaljdofe irn Werthe von ·
Trotzdem war Yeaporeon nie in
Geldverlegenheit. Wie im Staats
ichah, so ließ er auch in seinem eige
nen Haushalt musterhaiie Ordnung
walten. Für auszergewöhnliche Be
dürfnisse hatte er stets große Erspar
nisse zur Versiigun . Alles in allein:
Napoleon l. war parsam, wo er es
unbeschadet seiner iaiserlichen Würde
sein tonnie, dagegen bis zur Ueppig
ieit und zum Ueberinaß verschwende
risch und steigebig, wenn es galt, diese
ien vollem Glanze des Thrones er
strahlen zu lassen. O
Die Walstoder Zeitung meidet aus
Bockeh »Am Sonntag wurde einem
hiesigen jungen Mädchen aus der eitns
reise vorn Regimenisappell das abr
rad gestohlen.« Das iomrnt davon.
wenn jun e Mädchen zum Regimenisi
appell ge n. · »
Auch bei dem Besuch des Königs
Edward in Jschl soll eine Entente aus
dein Programm iehen. Viel wahr
scheinlicher ist ei jedoch, daß diese En
tenie, bei Licht besehen, sich als eine
Ente entpupaen wird.
Ein geschiedenes Ehepaar hat sich
nach Wjähriger Trennung wieder ge
heiratei. Es sollte inzwischen gelernt
baden, sich zu vertragen.
c O I
Der Grundstein zum Weltsriedenli
Palast ist gelegt. Zum Weltsriedeni
Da wird man noch lange suchen mus
sen.