Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 23, 1907, Sweiter Theil., Image 11

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    W
Richtig spie-sum
Dumoriftifche Stizze von E. Fah
r o to.
Mitten im starren, majesiätischen
dochgebir e erhob sich das große mo
derne Nie enhotel Sulfoi.
Es galt sowohl im Ausland wie
daheim als ti tot-, in Sulsoi —- wo
nur die Reich en der Reichen wohnen
konnten —· einige Wochen zugebracht
zu haben
Natürlich verirrte sich hier und da
unter die glänzenden hotelgäste ein
schlichter Mann, der weniger Millio
nen als Nerven besaß und in der
hoffnung rlam, daß die hochalpen
der rechte rt sür Ruhe und Stille
ien. Aber solch ein irrendes Men
chentind entfloh sehr schnell wieder
aus hotel Sulsoi —- nichi nur der
monnmentalen Preise wegen, sondern
weil das gesellschaftliche Treiben hier
just io laut und schlimm wogte wie
in der Weltstadi, der er entronnen
war. Eines Tages jedoch kam solch
ein Nichtmillioniir, der dortdlieb.
Bleist hieß er« — ganz einfach
Bleist. Und Künstler war er.
Herr Bleist nahm ein großes Zim
mer nach Süden, zog einen famosen
Smoting an und ging zum Diner
herunter. Das that er acht Tage
lang, ohne sich mit irgend «emand be
kannt zu machen. Eines ages aber
Zatte er plö lich seinne Plaß neben
räulein Sis re Bartenseld, der unbe
rittenen Königin des Sulsoihotels.
Verwundert sah das Fräulein ei
nen Moment aus, als sich der Fremde
neben ihr niederließ. Bis gest-ern
atte Lord Fißbloom neben ihr ge
essen. Wie lam der Neue hier an
ihre-Seite?
»otein", murmeire oer Fremde.
Fräulein Sissie neigte ihren roth
blonden Kopf und that gleichgiltig.
Jn Wahrheit war sie sehr neugierig.
Sie erfuhr in den nächsten zehn
Minuten« daß here Bleist noch meh
rere Wochen hier weilen würde, um
Studien zu machen.
»Ah«, sagte sie herablassend, »Sie
sind Künstler?"
»Ich betreihe allerdings eine Kunst,
aber ob ich ein Künstler bin, das ist
damit noch nicht gesagt.«
»Nicht? Wann ist man denn
-das?«
»Wenn man — Sieger ist. Nicht
Sieger etwa über Konkurrenten, son
Zektn iiher den Stoff, den man behan
e .«
»Das verstehe ich nicht. Jch dachte,
auch der sei Künstler, der seinen
Stoss nach eignem Wunsche, nach sei
ner Phantasie umsormt —- etwas
anz anderes daraus schafft, als viel
ei t die Welt meint.«
rr Bleist blickte seine Nachbarin
voll an. Seine Augen sprühten.
»Ah, hatte ich es doch gedacht. daß
Sie über Dinge nachdenken, die
eigentlich außerhalb Jhres Rahmens
liegen ———«
»Sie dachten —- tannten Sie mich
denn?«
»Ja — gewissermaßen Sie ten
nen mich auch —s und wissen es nur
nicht.«
,,Wollen Sie mir nicht verra-«
then ———'«
»Sie machten vorgestern eine Var-?
tie —- angeseiit —- tolossal schneidig
-—«sportsmiißig —- und Sie beachte
ten natürlich nur die Führer, aber
nicht den Träger, der die Plaids und
den Proviant trug.«
,,Was? Das — waren doch nicht
—" aber ia —- ich entsinne mich jetzt
— warum in aller Welt thaten Sie
dast«
»Weil ich nicht wollte, daß Sie
ohne mich mit diesem Lord Fitzbloom
allein die gefährliche Partie machen
sollten·«
Fräulein Sissie blieb buchstäblich
der Bissen im halse stecken ob der un
laublichen Kühnheit des fremden
«errn.
Als sie sich von ihrem Vers-hindert
erholt hatte, fragte sie entrüstet:
«Waö Sie mir da gesagt haben,
ist unerhört. Es ist eine Dreistig
tcit von hnen — wie kommen Sie
dazu ,si sozusagen als mein Be
ichüxkt suiztxfpieleui«
,.Warum toute ern Mensch nicht
das Recht haben — besonders wenn
er Künstler ist, sich fiir ein Gesicht
Zu inteteisiren, sich alles mögliche zu
ieiemGesicht hinzuzudenlen und dann
zu beschließenJ sich diesem Gesicht zu
u nähern? Alles aus rein künst
leriche nteresse —- ganz ohne per
iijnlichem iinsche?«
Sissie schwieg einen Augenblick.
Dann sagte sie unvermittelt: »Und
wo haben Sie den Lord gelassen?«
Bleist lächelte spöttisch.
»Er liegt noch nicht zerschmettert in
dem Alpengrund, an dem er sich vor
estern — photographiren ließ. Auch
abe ich ihn nicht abgemurtsi — auch
t er sich nicht erichossen aus uner
örter Liebe äu Jhnen.«
Sissie am sirte sich jetzt königlich.
Es war zu reizend, daß hier ein
Mensch so anders zu ihr sprach, alk
die Schaar ihrer demüthigen An
betet.
»Also«, sagte sie. »Wo ist der
Lord7'« ,
»Dort drüben sitzt er, neben der
häßlichen Miß Briitleh, die die größ
ten Smaragden in ganz England
besitzt-«
,,Ach«, sagte Sissie, »wie sagten
Sie doch vorhin, daß Sie heißen?«
»Meist. Ich bin ein ganz armer
Schlatter. Lord Fitzbloom dagegen
iit iehr reich-. Und ein schrecklicher
Esel. Jch bin nämlich mit ihm in
die Schule gegangen —- mein Vater
war Engländer und lebte in Eng
land, un nur meine Mutter toar eine
Deutsche. Und nun will ich Ihnen
sagen, wieso Lord Fisbloom heute
dort drüben sitzt. TM habe ihm ge
sagt, ich hätte von iß Brtftleh ge
hört, daß sie ihn im Tennis minder
wetthig sötide und ihn schlagen
wollte. Das ing natürlich dem
braven Archibalg gegen die Ehre, und
er beschloß, sie zu einem Wettkampf
aufzufordern. deute Nachmittag
wird die Entscheidungsschlncht ge
schlagen werden.«
»Sie müssen es sehr ges ickt an
,eines Tifchplahes zu bewegen. Denn
trotz schlechtester Behandlung meiner
l
seits ist er bis jetzt nicht zu vertrei-«
bcn gewesen.«
Herr Bleist bemerkte mit Vergnü
gen, das seiner Nachbarin auf den
sonst so blassen Wangen eine zarte
Röthe emporgestiegen war; sie aß
mich taum noch etwas, obwol sie
sonst iiber einen recht gesunden ppe
tit versügte. Und sprunghast, wie sie’
im Gespräch immer war, wandte sie
Lch jetzt zurück zu dem früheren
«herna:
»Es ist also mein Gesicht, das Sie
!vcranlaßte, sich romantisch als Trä
)ger zu vertleiden, um mir ,,niiher zu
streten«. Was wollen Sie denn mit
; meinem Gesicht? Es malen?«
’ Sehr gern hätte er geantwortet
;»es tüssenk Aber das that er doch
nicht, ondetn er lachte lustig auf:
»Malen? Ja, ich wünschte, das
tönnte ich!«
»Sie sind nicht Maler?«
»Nein, ich bin Musiker. Ich lebe
vom Komponirrn. Das tann eine
Kunst oder ein Handwerk sein. Jch
glaube, ich bin Künstler.«
,,Jedrn alls ist er originell«, dachte
Sissie, als sie sich erhob und mit ih
rsangen haben, ihn zum erlassen
rem schweigenden und dabei heimlich»
Zimmer rechnenden Vater den Speise
. laal verließ.
häßliche
i
J gilan
Lord Sinn ßbloom hatte wirllich die
iß zu einem Tennis- Ein
zelspiel aufgefordert. Seit drei Wo-!
chen hatte er für nichts anderes Auge
und Ohr gehabt als für Sissie, sonsti
hätte er wissen müssen, daß die Mißs
eine meisterhaste Spielerin war. i
Was er nicht wußte, ward ihm aber
an diesem Nachmittag bewiesen. Miß
Bristleh schlug ihn in allen Partien.
Die Evlge avon war, daß er feine
nergie daranseßte, nunmehr
feine Revanche nehmen zu können. Er
Titbte also. Uebte beinahe Tag und
’Nacht. Ward dünn und bleich und;
smatt dabei. Und vergaß saft, Sissies
die Kur zu machen; aber doch nur;
,..iaft« Jeden Tag erschien er ein bis!
weimal mit den schönsten Rosen undl
iiragte einmal ums andere, ob Miß
Bartenseld verstünde wie doch hier
seine sportliche Ehre aus dem Spiel
stünde, und wie unglücklich et sei, daß
er sie nur so wenig sehen tönne.
Sissie ihrerseits war garnicht un
glücklich. Der tägliche Verkehr mit
dem armen Schlucker, der so frei-i
iniithig mit ihr sprach, war ihr eine
wahre Erholung. Und eines Tages
konnte sie sich nicht mehr der Erkennt
niß verschließen, daß sie ganz von
ihrer bisherigen Gepflogenheit abge
iornmen sei, sich lieben zu lassen
Diesmal liebte sie selbst!
»Papa«, sagte sie eines Abends zu
:i,rem Vater, »ich habe eine Ueber
taschung für Dich. Jch habe mich
heute Nachmittag mit einem ganz ar
men Manne verlobt!«
»Unfinn!« lnurrte Herr Bartenseld
»Was hat er für einen Titel?«
»Gut keinen Auch kein Geld.
Schön ist er auch nicht. Aber er trägt
sehr gutes Schuhwert und hat exgui
sit gepflegte Nägel. Du sagtest mir
einmal, das seien die ersten Erforder
nisse eines Gentleman.«
»Die ersten, aber nicht die einzigen
Uebrigens, mein Kind, kannst Du ja
heirathen, wen Du willst. Wer ist es
denn?«
»Den Bleist, mein Tischnachbar.
Ein Musiker!«
»Ein Musiker! Daß Gott erbarmt
Aber wie gesagt —- wenn es nur ein
anständiger Mensch ist —«
»Ich hoffe«, sagte eine lachende
Stimme von der Thitr her, »dieses
Prädikat darf ich beanspruchen. Jch
bitte Sie also um die hand hrer
Tochter, herr Bartenfeld, Ent chul
digen Sie, wenn ich Sie stdre.«
»Durchaus nicht. Sie finden keine
Hindernisse, junger Mann, und ich
hoffe, Sie werden sie glücklich machen.
Nur eines würde ich wünschen —
kdnnten Sie nicht Jhre Musil an den
Nageel hängen und Kaufmann wer
den «
Herr Bleist machte ein Armesiin
dergesicht.
»Ich sehe schon, ich muß beichten«.
sagte er. »Es war nicht ganz aufrich
tig von mir, »wenn ich sagte, daß ich
vom Komponiren lebe —«
»Ach, lassen Sie nur«, wehrte Herr
Bartenfeld ab, »ich habe schon soviel,
daß ich meinen Schwiegersolpn miter
nähren lann.«
»Entschuldigen Sie, bitte, aber das
ist vielleicht nicht durchaus nöthig, ich
bin nämlich der Sohn von B. Leist in
Manchester und lann meine Frau al
lein ernähren.«
Da sprang Herr Bartenfeld auf.
,Was? B. Leist in Manchester-?
Mein alter Geschäftsfreundi Aber
Sie junger Millionär — warum dann
diese ganze Komödie?«
»Weil ich mich inkognito in Sissie
verliebt hatte und nun auch wollte,
Eier solle sich inkognito in mich verlie
n.«
»Schttn-dlich!« St aus.
»Ja, es war s "nd1 ch, aber ich
wußte, daß ich Dich sonst nicht gewin
nen konnte. J mußte zunächst an
ders sein als ine Anbeter, wenn
» Du Dich für mich interessiren solltest.
HUnd dann war es so wundervoll, wie
lDein Oppositionsgeist fu meinem
WGunsten sprachi Eigent ich wolltest
»Du mich doch nu: nehmen, weil Du
Widerspruch von allen Seiten erwar
tetest?«
»Mein Herr«, sagte Sissie schmol
Ilend, während sie versuchte, ihm ihr
J Hündchen zu entziehen. »Sie sind em
! pörend.«
; »Das war eine sehr logische Ant
wort, mein Schatz! Dafür beiommst
Du einen Extraiuß als Belohnung.«
Lord Fitzbloom bekam einen Anfall
von Dispepsie, als er die Verlobung
vernahm. Dann aber entschloß er
sich, einen Trumpf darauf zu setzen
und sich mit Miß Bristley zu verlo
ben, die er an diesem Nachmittag im
Tennis besiegt hatte.
Er dachte, die Smaragden der Miß
würden den berühmten Fuwelenschatz
der Fitzblooms noch we entlich ver
mehren, daher sei die Heirath eigent
lich sehr empfehlenswerth.
Schatten.
Von T ? o r H ög d a h l. Autorisirte
Ueber etzung aus dem Schwebt
schen von Rhea Stern
berg.
Jch will dir eine Geschichte erzäh
len, die mir in Erinnerung kommt.
Rück näher an den Kamin. Es ist
eine diistere, blutige Geschichte aus
lang entschwundenen Zeiten. Jch
habe sie von dem Alten aus Stom
men, der schon mehr als 70 Jahre
zurückdenlen tann und u erzahlen
pflegt, daß Karl Johans utscher aus
einem Wege vier Bauernpserde zu
Schanden gefahren habe, und daß
die Riesenföhren im Storwald ge
öchzt und wimmert hätten, als sie
unter der äge fielen.
Also vor etwa 60 Jahren gab es in
den Walddörsern von Vöstergylln und
Holland zum großen Verdruß der Be
wohner Wölfe und Luchse. Daher
sand sich eine Menge Kerle ein, die
teine andere Beschastigung hatten,
als mit der Flinte über der Schulter
von Dorf zu Dorf zu wandern, um
gegen Bezahlung die Gegend von
wilden Thieren zu säubern. Diese
Leute nannte man Luchsschiitzem und
sie waren meist von außerhalb.
Es war im Winter, in dem der
Schnee ungewöhnlich hoch lag und gar
schwereZeiten waren. Da lam er mit
den Thieren in das Dors herab. Er
hatte selbst etwas vom wilden Thier
in den gelbgrauen Augen«" unter den
schwarzen zottigen Haaren. Nils hieß
er, aber das war auch alles, was man
rvn ihm wußte. Er konnte edensogut
35 Jahre alt sein wie 20——Wanders
leute altern ja so rasch. Manche woll
ten wissen, daß er eine gelehrte Schule
besucht hatte, we en eines Kummers
oder eine-H bösen Streiches aber in die
Wälder gesliichtet sei; andere behaup
teten, er tönne zaudern.
Nun waren dem Großbauern An
ders Lorenzson in Hasthagen im vori
gen Herbst etliche Stück Vieh zerrissen
worden, und so war ihm Nils Euchs
schii , wie er genannt wurde, ein
will ommener Gast. Als einst aus
Hästhagen große Bewirthung statt
fand, schwur Nils bei allen guten und
bösen Mächten, er habe in seiner
Dachötasche ein Mittel, das allen
Wölfen und Luchsen in ganz West
gotland den Garaus machen könne
Doch hundert Kronen Baar verlangte
er fiir die Mühe, das wäre doch keine
unbillige Forderung. —- Man schloß
die Sache mit Handschlag und trank
einander zu, und Nils Luchsschiiy zog
in die Staatsstube aus Hästhagen ein.
Und er war ein Mensch, an den alle
glauben mußten wie an Gott den
Vater. Obwohl ein Landstreicher,
hatte er gar seine Manieren. Er
konnte alle Stimmen des Waldes
nachahrnen und lustige Geschichten so
wohl wie traurige erziihlen. Ein Wei
berrnann war er auch; wie toll liesen
die Mödel hinter ihm her, nicht zum
Mindesten des Großbauern Tochter
Maria.
Der zweite Monat sam, und Rils
pusselte noch immer in seinemZimmer
herum, in das Niemand hineinsehen
durste. Man behauptete, er bereite
Kugeln aus Silbermünzen, die er von
den Bauern erhielt. Ein altes Weib
hatte sogar esehen, daß er in drei
inondhellen onntagsnächten drunten
an der Wate des Baches gewesen war
und das Wasser durch das Flimm
rohr habe rinnen lassen. Während der
Abende wurde er umgänglicher, und
beim Tanz war er stets der lustigste
Ansiihrer.
Doch allmählich begannen die
Bauern zu klagen, daß nt ts geschah.
Der pauheste Winter war reits vor
über, d Wölfe und Luchse statteten
den Vieh iillen nur noch u ost ihre
Besuche ah. Redete man ils davon,
o la er nur und ließ verstehen,
ß n chts gethan werden könne, ehe
die Weide zu tnospen beginne, und
der alte Anders schwur, daß Nils Kerl
genug war, sein Versprechen zu hal
en.
Doch man denke sich die Aufre ung
im ganzen Dars, als man eines schö
nen Tages im Monat März erfuhr-,
da der Luchsschütz verschwunden sei
un mit ihm Maria. Der Elende war
sogar tithn genug, am Tage zuvor bei
dem Alten um sie zu werben, dem er!
W
j
ein ehrlicyhäf Qlåteentheilf Zersprach
wenn er, s, rr au ii en
würde. Ratiirlich wurde er zustrygiir
hinausgeworfen. Aber nun war es
geschehen —- spurlos verschwunden
alle beide.
Der alte Anders schloß sich einige
Tage ein. Maria war sein einziges
Kind, er selbst Wimper. Auf dem
Felde draußen fluchte er dann laut
dem Lsandstreichee- und Gaukelpack,
das Elend brachte über ehrliche Men
schen. Und so war der Kummer über
wunden bei dem Großbauern—soweit
die Leute es wenigstens beurtheilen
lonnten.
Das Jahr verging, und es ward
wiederum Winter mit grimmiger
Kälte und marmeshohem Schnee.
Klein Fremder nahm nun noch den
Weg nach Häfthagen, wo der Groß
bauer seinen Winterschlaf hielt, und
die alte, lahme Kristina, die früher
im Armenhaus gesessen hatte, fiir ihn
wirthschaftete. Eines Abedns, als
der Schnee gar wild um das Haus
wirbelte, und der Wind schaurig
durch den Schornstein pfiff, saß der
Alte wieder einsam in seiner Stube,
während Kristina in der Küche her-»
umstöbertr. Es swar ihm elend zu
Muthe, nicht zum Mindesten des-;
halb, weil er zwischen den Wind-I
stößen den Uhu im Gebüsch lrächzens
zu hören meinte, und das bedeutet»
Unheil. Um seine Gedanken zu zer-;
streuen, begann er in der Bibel zus
lesen, so gut er diese Kunst verstand.
Da knarrten Schritte draußen im
Schnee, und gleich darauf vernahm
man ein Paar kräftige Schläge an der
Hausthür. Der Alte sprang auf, und
Kristina öffnete das Schloß in der
Annahme, der Pastor käme, um sich
zu betlagen, daß die Hästhagener
Schrot in den Zehntenroggen ge
mischt hätten.· —
i
eine oamge verschneite Gestalt
trat über die Schwelle, ging gerade
wegs in die Stube und schloß die
Thiir hinter sich, ganz als wäre er
hier zu Hause. Als er in den Schein
des Herdfeuers karn, nahm er die
Pelzmiitze ab.
Es war der Luchsschiitz.
Der Alte stand nur und glotzte und
konnte kein Wort hervorbringen.
Was sich dann ereignete, hat die
lahme Kristina erzählt. Sie stand an
der Thür und horchte und guckte ab
und zu durch das Schlüsselloch.
»Laßt es nun gut sein zwischen
uns, Schwiegervater«, hatte der
Luchsschiitz gesagt und dern Alten die
Hand hiFestreckt
»Der « eusel mag dein Schwieger
vater sein, du Landstreicher, aber
nicht ich«, war die Antwort.
Doch Nils ließ sich durch den ersten
Ausfall nicht verbliissen, er klammerte s
sich an des Alten Rock, und seine«
Wolssaugen wurden mild, wie Kin-.
deraugen, daß Maria« sein Mädchen«
ein Kind erwarte draußen im Ko
larptoald, in einer öden Hütte, in die’
der Schnee durch die Dachritzen peit-;
sche, und wo Nahrung und Wärmej
zu den Seltenheiten gehörten. Nilsi
wollte das Feld bearbeiten und schaf- .
sen wie ein Sklave, und Ausgebot und
Trauung beim Pastor sollte es geben,
wenn Maria nur über den Winter
hintomnien durfte. Doch von Wuth
gepackt, schrie der Hästhagener, daß
die Stube widerhallte: »Pack’ dich
fort, Nils! Hinaus zu den Wölfen
und Luchsen, zerreiß das Vieh, und
krich in die Stalle ein wie sie, und
ernähr’ dich und dein Weib, so gut
du kannst; doch hiite dich davor, Hast
hagens Boden zu betreten, denn da»
bin ich es, der dich aus’s Korn
nirnmt!« ;
Er griff nach der Büchse, die gela-»
den an der Wand hing, doch der’
Luchsschiitz richtete sich aus und ging;
ohne ein Wort aus der Stube. Als’
er sich in der Thür um«wandte, hatteni
feine Augen wieder jenen boshasten
Glanz, und wenn der Alte vor die
sem Blick nicht schaudern-» so war er
doch bis ins Herz erschrocken, als er
hinausging aus die Treppe, um nach
zusehen, welchen Weg der Schütze
nahm. Das konnte nicht mit rechten
Dingen zugehen. Wie ein Pfeil slog
er über das Schneeseld, ohne andere
Spuren zu hinterlassen als ein paar
Streifen in der Schneekruste. Nils
lies nämlich auf Schneeschuhen, wo
raus man sich dort in Västergylln noch
heute nicht versteht. Mit zitternden
Beinen ging der Alte in die Küche zu
rück un holte das Feuerzeug, das
er nach der Richtung wars, in welcher
der Luchsschütz verschwunden war.
Seit "enem Abend war es jedoch,
als sei r Alte nicht mehr bei Ver
stand. Manchmal meinte er zu sehen,
daß es durch das Dach schneie, und
dann wieder fragte er Kristina, ob sie
nicht höre, daß es an der Thür ilopse.
—- Dann kam das Ende —- blutig
und schreckensvoll.
Biergehn Tage nach Nil’s Besuch
aus hdsthagen war die alte Kristina
eines Abends im Stall, um dem
Kleinbieh ,,Gute Nacht« zu sagen.
Sie war zu Tode erschrocken und ließ
den Milchtops zur Erde fallen, als
sie aus dem Rückweg vor der Haus
treppe plötzlich Aug’ in Auge mit dem
Luchsschiitzen stand. Wie glühende
Kohlen funkelten seine Blicke, und
seine Stimme tlang schneidend wie
das Krächzen des Raben, als er
ilüsterte: »Gott verzeih mir und ihm,
der da drinnen liegt! Sein Herz war
hart wie Stein. Bier Menschenleben,
vier Menschen! Jch habe das nicht
gewollt!«
Dann litt er auf seinen Schnee
schuhen weder lautlos davon, zusam
mengeiauert wie ein verfolgter Such-J
Doch drinnen in der Staatsstube lag
der Großbauer Anders Lorenz en im
Winkel ausgestreckt, einen Me erstich
im Herzen. Das Blut hatte den
weißgetünchten Ofen roth gefärbt,
und mit einer letzten Anstrengung
hatte er noch den Namen gerufen:
«Maria!«
Jn derselben Nacht noch wurden die
Leute ausgeboien, dem Mörder nach
zuseyem seine Spur wurde bis zum
Kalfsee verfolgt, wo er sich aus das
unsichere Eis hinausgewagt hatte.
Da fand man ihn nach einigen Tagen
in einer Wate sestgesroren. Das
junge Weib und ein zartes Kind, die
man fast zu gleicher Zeit in einer
elenden Hütte draußen im Komp
walde sand, wurden mit dem Groß
bauern von Häfthagen zusammen be-s
graben. Nils Luchsschütz begrub man!
m aller Stille an der Kirchhofsmauer.
Gitter Rath zur Dienstbotensrage.
Wenn Du noch eine Dienstmagd hast
So danke Gott und sei zufrieden,
Auch wenn Dir mankxhes nicht recht
Pa t
Du fährst so besser ganz entschieden
Wenn Du noch eine Dienstmagd hast,
So sei recht höflich und bescheiden;
Sonst machst Du Dich ihr leicht ver
a i
llnd wirst ihr rasch den Dienst ver
leiden.
Gib zwanzig Dollars monatlich,
Sei auch nicht knaus’rig mit Geschen
ken.
Und kommt ihr Vräut’g-am, hüte
Dich
Den auserwählten Mann zu kränken.
Auch sich’re ihr, wenn sie’s erlaubt,
’ne Pension von Alterswegen,
Auf daß sie einst ihr müdes Haupt
Jn Frieden kann zur Ruhe legen.
Was sie zerbricht, bezahk es still,
Mild lächelnd wie ein guter Vater-;
Besorg’ ihr, wenn sie ausgeh’n will,
Billets zu Cirtus und Theater.
O, sag’ ihr nie ein böses Wort,
Daß es Dich bitter nicht ereue;
Denn geht sie Dir am Ersten fort,
Suchst Du vergeblich eine neue.
Gestatt’ ihr gütigst auszugeh’n,
So oft sie will, bis in den Morgen.
Bleibt auch indeß die Arbeit steh’n,
Die kann jsa Deine Frau besorgen.
Mit einem Wort, Du sollst in ihr
Die Perle Deines Hauses sehen.
Dann bleibt sie sicherlich bei Dir-—
Wenn sie’s nicht vorsieht, doch zu
gehen.
Das Gedächtuiß der Thiere.
Daß Pferde und Hunde ein gutes
Gedächtniß besitzen und nach Jahren
ihre früheren Herren oder ihr altes
Heim wiedertennen, dafür gibt es
viele Beispiele. Jn Brehms Thierle
den ist eine ganze Anzahl aufgeführt
Aber auch Affen zeichnen sich häufig
durch ein gutes Erinnerungsvermö
gen aus, wie folgender Vorfall be
weist: Vor einigen Jahren wurde für
den New Yorler Zoologischen Gar
ten ein Meertätzchen ungetauft, ein
allerliebstes, kleines Geschöpf, das
der Liebling aller Besucher des Gar
tens war. Eines Tages, als der Af
fentäfig wieder einmal von Menschen
umlagert war, gerieth das Aeffchen in
die grötzte Aufregung, sprang wie toll
gegen eine bestimmte Stelle des Git
ters und wollte sich vom Wärter durch
nichts beruhigen lassen. Schließlich
erblickte dieser nahe am Käfig einen
ziemlich fchäbig aussehenden jungen
Burschen, den das Aeffchen augen
scheinlich zu erreichen suchte. Es
stellte sich dann heraus, daß der jun
ge Mann das Thier vor sechs Jahren
von einem Matrofen erstanden und
es vor vier Jahren an den Zoologi
schen Garten verkauft hatte, als er
arbeitslos wurde und es nicht mehr
ernähren konnte. Jetzt, nach diesen
langen Jahren, erkannte das Thier
chen seinen früheren Herrn wieder,
und feine Freude war grenzenlos,
als dieses die Hand durch das Gitter
steckte und ihm das Köpfchen traute.
Der Weis-.
Es war zur Zeit, als die Universi
tät in Bagdad in· voller Blüthe stand,
als auch der Weise Maram Scheiha
sich bewegen ließ, die eben erledigte
Lehrstelle siir Philosophie anzuneh
men. Aber damals wie heute war
das Studentenoolt recht übermüthig.
Und taum, daß der Weise zwei Tage
in Bagdad war, da hatte er schon sei
nen Spitznamen erhalten. »Das
Faß«, so wurde er genannt; denn er
war klein und sehr dick.
Als er zum erstenmal die Halle be
trat, wo aus Teppichen sitzend bereits
die Schüler seiner harrten —- da
tönte es, von unterdrücktem Lachen be
gleitet, an sein Ohr —- — »das Faß
—- seht das Faß!«
,,Geliebte in Allah!« waren Mu
rarn Scheiha’s erste Worte, »ich muß
Euch gleich, meine Lieben, zum An
fang eine Ausstellung machen. Die
Philosophie, die ich Euch lehren soll,
besteht darin, die Wahrheit zu suchen
und stets logisch zu handeln und zu
reden. Jch weiß —- Jhr nennt mich
das Faß — aber das stimmt nicht,
liebe Brüder in Allah, — denn ein
Faß ist doch von ,,Reisen« umgeben,
ich aber bin, wie ich sehe, non-Un
reisen umgeben.«
Der Kliuselbeuteb
J s—--.-«. - —
Sommerfrischler: ,,Wo kann man
denn hier im Ort Hosenknöpfe kau
sen?«
Bauer: ,,Beim —- Mesmet!«
Sicheres Zeichen.
Arzt: ,,Woraus schließen Si,e daß
Jhr Mann schon gestern krank gewe
sen sei?«
Frau: »Er hat vom Dienst ge
träumt, das fällt ihm sonst im Schlaf
nicht ein.«
Bereits-haft
Onkel (beim Abschied, zum studi
renden Reffen): ,,Also, leb« wohll
Und wenn Du halt ’tnal Geld
brauchst, schreibst!«
Neffe: »Ach, Onkel, ich hab’ den
Brief eigentlich schon da.«
Im SpitaL
Arzt (det einem Kranken einige
Schlafpulver verordnet hat): »Nun,
Klaus, schlafen Sie jetzt besser?«
Patient: » Mei Gott, ich könnt«
schon schlafen, Herr Doktor, aber alle
mal, wenn ich einnick’, weckt mich der
Wärter, damit ich’s Schlafpulver
nel)m’!«
Gemüthlich.
Schutzmanm »So, Sie haben »die
Schlägerei angefangen — wie kamen
Sie dazu, diesem Mann ohne Veran
lassung eine Ohrfeige zu geben?«
»Veranlassung hatte ich schon, et
saß da und langweilte sich, und ich
ftand auch da und langweilte mich,
und dann wollte ich mir ein bischen
aufmuntern!«
Schwierige Sache.
Bezirksamtmanm »So eine Bür
germeisterwahl ist doch höchst einfach;
wählt halt den Gescheiteften.«
Bauer: »An solchen hama net bei—
uns.«
Ermahnung.
Bauer (als der Knecht vom Heubo
den auf die Tenne htnunterstürzt):
,,Gib Obacht, Xaverl, drunten steht a
Korb Eier!«
Ein Segen.
,,Jhre Frau pflegte früher viel zu
fingen und zu spielen. Jn der letzten
Zeit habe ich sie gar nicht mehr ge
hört.«
»Seit wir Kinder haben, hat sie
keine Zeit mehr.«
»Ja, Kinder sind ein Segen.«
—- ««g
Bedingung. ’
»Wird dein Vater dir gestatten,
dein Piano mitzunehmen, wenn du
heirathest?«
»Er sagt, er macht es zur Bedin
gung.«
Das Vorbild.
Bei einem Brandungliick in Deier
heim thut sich der Feuerwehrhaupt
mann fortwährend an dem von dem
Besitzer des abbrennenden Hauses ge
spendeten Bier gütlich. Ein Sommer
frischler sieht dies und fragt: »Mei
nen Sie, daß Jhr Thun die arbeiten
den Mannschaften dort oben groß an
spornt?« f
»O ja,« etwidert der dicke Haupt
mann, ,,wissen Sie, da arbeitet jeder
fo, daß er auch ’mal Aussicht aus den
Hauptmannsposten hat!«
Las-misch.
Hausfrau: ,,Ueber eine gute Milch
geht doch nichts!«
Nachbarin: »O ja, die Katze!«
Täuschung.
Student sder im Katzenjammer un
ter der elektrischen Ventalition Plaß
genommen hat): »Das ist doch zu
dumm, ich denke immer, mein Schädel
brummt fo, derweil ist das die elek
trifche Ventilation!«