Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 16, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    « Die Liebe im Tunnel.
Erzählung von R ufu s.
Jsaac Burwonton hieß er und er
toar var Kurzem zum Superintendens
ten der »Wild Deer Silber Mines«
ernannt worden. An seiner Ernen
nung war tein Zweifel —er war zwar
nicht selbst in Carson gewesen, um
die Papiere in Person u empfangen,
- aber man hatte ihm dieselben geschickt
und er hatte dabei einen Brief vom
Präsidenten der Kompagnie erhalten,
in welchem er zum Lenter der ganzen
Minen ernannt wurde und allerlei
nothwendige Jnftruttionen erhalten
hatte. Es war tein Zweifel daran,
und er wußte, daß er der neue Su
perintendent war. Selbstverständlich
war er das, er hatte ja die Löhne
auszuzahlen und er ging zweimal am
Tage-durch die Minen; er führte die
Bii Er iiber das Erz und besorgte das
»A ahing«, so viel oder so wenig
damit zu thun war. Und außerdeml
hatte et verboten, daß an Sonntagen1
Hazardfpiele gespielt wurden. Natür
lich war er der Superintendent. Er
saß auf seinem Stuhle, dessen Lehne(
er gegen das Haus elehnt hatte, umi
ein wenig Schatten ür sich zu haben,
denn die Sonne brannte fast senkrecht
herab, und er sagte laut für sich hin:»
»Ich denke, ich muß Fan hierher kam-»
men lassen, es ist hier gar zu einsam.
Vielleicht aber wird ihr die Veränd:
rung gefallen und es wird ihr gut
thun.«'
Damit ginger hinein in’s Haus
und schrieb einen Brief unv schielte
ihn nach der Postoffiee am »Creet«,
dreißig Meilen von dem Plane ent
fernt, wo er war. Dann seßte er sich
wieder hinaus auf seinen Stuhl und
tauchte seine Pfeife und fing an, zu
denken. Und es war gerade nichts
Angenehmes, was er dachte. Er
stieß einen gelinden Fluch aus« das
war etwas sehr Ungewöhnliches an
ihm. Aber er konnte sich nicht helfen,
er mußte seinem Unmuth in irgend
welcher Weise Luft machen, und er
hatte keine andere Methode. Er hatte
gehört, daß zwei oder drei seiner Leute
behauptet hätten, er sei gar nicht der
Superintendent; das war. was ihn
ärgerte.
»Natürlich bin ich oer Superintew
dent,« wiederholte er, und gina hin
ein, um noch einmal nach seinen Pa
pieren zu schauen. Und nun kam das
Schlimmste. Er hatte seinen Rock
vorher aus eine Bant im AssaysShop
gelegt, wo er zwei Stunden vorher ge
arbeitet hatte. Da fand er ihn end
lich und zog ihn an und ging in’s
Haus zurück. Aber als er die Pa
piere aus der Tasche ziehen wollte, in
die er sie gesteckt hatte, da waren sie
nicht da.
Burwonton hatte seit seiner An
tunft in Wild Deer mit den Leuten
nicht gerade offenen Trubel gehabt.
aber er war so zu sagen bei ihnen
ans passiven Widerstand gestoßen —
sie waren ihm offenbar nicht «griin«.
Er war kein Miner, wenigstens nicht
in dem praktischen Sinne, in welchem
die Grubenarbeiter die Sache auffaß
ten. Er war hierher geschickt worden,
um die Dinge in Ordnung zu bringen,
die unter seinem Vorgänger in Un
ordnung gerathen waren —— derselbe
war eines Tages verdustet und hatte
das Geld zur Auszahlung der Löhne
mitgenommen. Jn dieser Beziehung»
hatte er bald Ordnun geschaffen,s
aber vom praktischen etrieb einer;
Gruppe verstand er wenig genug, und!
die Leute hatten das schnell genug er-!
kannt. Für so etwas haben diese Arts
von Leuten immer sehr scharfe Aus
sassung. Sie wußten, daß Jeder von
ihnen besser für die praktische Seite
der Stellung taugte, als er, und sie
örgerten sich darüber, daß ein Frem
der hierher geschickt worden war, der
nicht viel davon verstand; sie liebten
ihn also nicht. Sie sagten, er sei
ein «altes Fossil«, er sei ausgeblasen
und dergleichen, sie legten ihm lauter
Eigenschaften bei, die in »Wild Deer«
nicht in Achtun standen, von feinen
Futen Eigenscha ten redeten sie nicht.
nd nun, eine Woche nach seiner An
tunst, mußte er entdecken, daß seine
Papiere sort waren. Das hatte ihm
gerade noch gefehlt, jetzt, nachdem et
ehört hatte, was die Leute unter sich
prachen.
Und sie sprachen wirklich recht bös
artig. Gerade urn diese Zeit standen
vor einem anderen Plane eine Anzahl
der Leute zusammen und unterhielten
sich über ihn, und Einer sagte: ,,Dentt
der Mann vielleicht, daß wir hier
einen »Boß« haben wollen, der nichts
von der Sache versteht, der nicht mehr
davon weiß, als ein neu eborenes
Kind? Ich denke nicht« » a hasd
du Recht, sagte ein Anderer, und
suhr sort: »Aber wer weiß, ob er
überhaupt der »Bos3« ist. sJch glaube
es nicht? Wer hat seine Papiere ge
sehen? Ich nicht, und auckf sonst Nie
wand. nd was den Brie vorn Prä
sidenten anbelangt, den er zu haben
behauptet —- ich habe ihn nicht ge
sehen. Aber einen« solchen Bries tann
schließlich Jeder schreiben· Jch be
haupte, er ist nicht der »Bosz". Er soll
uns die Papiere eigen-ich wette,,ek
taan es nicht. r hat nicht mehr von
solchen Papier-en, als ihr und ich.«
Der so sprach, war ein jun er,
schlanter, kräftiger Mann, ein ri ti
ger Typus des Westens und seine
Worte machten Eindruck aus die Hö
rer. Deren waren etwa ein Dutzend
beisammen, im Rosthause der Miners,
und der Sprecher war soeben zu ihnen
keiommem Er schob seine Hände tief
n seine Taschen und ging dann durch
das nächste Gebüsch. Einer von den
Anderen aber sagte: »Er ärgert sich,
weil er nicht selber Superintendent
geworden ist, und mit Recht.« Alle
stimmten ihm bei, und es war offen
lar daß sie lieber diesen Mann als
Boß« gehabt hätten.
Der Mann aber war unterdessen
nach seinem Zelte gegngen Er hieß
John Turley, aber die Anderen hatten
ihn »T e Ate« getauft, von seinem
Glück in den Karten und seinem Un
glück in allen anderen Dingen. Denn »
bei dem er gerufen wurde. Sein Zeit
hatte er abseits vom Kosthause aufge- ;
schlagen, und dvrt hatte er einen
Baum gepflanzt, das war der einzige s
Baum in dem ganzen Canyon. Er
hatte ihn vor Jahren dahin gesetzt,
denn er war schon lange auf dem
Platze.- Jetzt setzte er sich vor« sein
Zelt unter den Baum und holte aus
der Tasche die Papiere, nach denen
Burwonton vorher so vergeblich ge
sucht hatte· Er sah sie durch und
lachte vor sich hin und sagte: »Wenn
er die wieder haben will, muß er es
gescheut anfangen. Und wenn sie ihn
darnach fragen, dann wird es ihm
nicht gut gehen, denn sie werden nicht
viele Umstände mit einem Mann ma
chen, der da behauptet, ihr »Bosz« zu
sein, ohne es beweisen zu können. Und
bis er andere Papiere hat, kann viel
passiren.« Damit steckte er die Pa
piere in das Faß, das unter seiner
Schlafstelle stand-er wußte, sie wa
ren darin fv sicher wie in den Gewöl
ben der Gesellschaft in Carson.
Zwei Wochen vergingen, ohne daß
etwas Weiteres geschah, und Burwon
ton erwartet jetzt jeden Tag die An
kunft seiner Tochter. Niemand wußte
das-, nur der Stagetreiber, den er be
auftragt hatte, nach dem Mädchen zu
sehen, wenn sie an dem Platze, von wo
er zu kommen pflegte, erschiene. Schon
glaubte er, daß die Leute nicht mehr
an seine Papiere dachten. Aber so oft
er daran dachte, wurde es ihm un
heimlich — die Geschichte schwebte
til-er ihm wie ein Damotles-Schwert,
und er wußte, daß es sehr viele Um
stände machen würde, neue Papiere zu
bekommen. Doch suchte er sich die
Sache vor der Hand aus dem Kopfe
zu schlagen, und machte Alles fertig
für den Empfang seiner Tochter.
Da ereignete sich schließlich, was er
befürchtet. —- Zwei der Manner ta
men zu ihm, der.Tag-Vormann und
der Vormann site- die Nacht-Schicht,
und sie forderten von ihm im Namen
der Leute, daß er ihnen seine Beglau
bigungsiPapiere zeige, denn es hätten
sich Zweifel daran erhoben, ob er solche
habe. Zuerst that er so, als ob er da
nach suche, dannmußte er eingestehen,
daß ihm die Papiere in unerklärlicher
Weise abhanden gekommen seien. Das
war eine heitle Geschichte. Die Leute
gingen von ihm mit sonderbar arg
wöhnischen Mienen, sie verhehlten es
ihm kaum noch, daß sie an der Wahr
heit seiner Aussagen zweifelten. Wenn
jetzt nicht irgend etwas Besonderes
passirte, um ihn aus seiner verzweifel
ten Lage zu retten, so war es um seine
Autorität in den Minen geschehen,-we
nigstens vor der Hand, vielleicht siir
immer.
Aber schon war etwas Besonderes
geschehen. Am selben Nachmittage
rollte die ,,Wild Deck« Stage ihren
Weg nach den Silbergruben im Can
yon. Nur ein einziger Passagier war
darin, eine junge, hübsche Dame. Da
auf einmal gab es einen Krach an der
Stelle der Straße, die den Namen
»Long Climb« suhrte, und oer Wagen
neigte sich aus die Seite, die Achse war
gebrochen. Der Treiber kratzte-sich be
denklich hinter den Ohren, aber was
tonnte das helfen? Endlich sagte er.
zu der jungen Dame: »Da ist nichts zu
machen, ich muß hinunter, um den.
Berg herum, nach der Mine und muß -
einen Wagen holen; Sie müssen hier«
bleiben. Jn einer guten Stunde tann
ich zurück sein mit den Pferden. Sie
brauchen sich nicht zu fürchten, Nie
mand wird Jhnen etwas thun.'« Da
mit schirrte er die Pferde ab und ritt
fort. Es blieb thatsiichlich nichts An
deres übrig. Und sie war allein aus
der Landstraße, an deren Seite sich ein
Berg erhob. Um diesen Berg herum
verschwand der Treiber.
Furcht hatte sie nicht, es war ja noch
heller Tag, und der Mann hatte ge
fagt, er werde in einer guten Stunde
zurücktommen· Aber wenn er nun doch
nicht kam? Würde sie die Nacht hier
allein verbringen müssen? Damit fing
sie an, den Berg von der Seite ein we
nig hinaufzutletterm und nach einer
Weile fah sie einen Haufen loer Gr
ftein. Sie dachte, was mag das wohl
fein, und kletterte darauf zu· Da hörte
sie, wie von oben herab ein ganzer
hauer von solchem Gestein herabtol
lerte, und als fte ein Stück weiter hin
aufgetlettert war, fand sie einen Ein
gang in den Berg, eine Art von Tun
nel öffnete sich dort. Sie schaute hin
ein in die Dunkelheit, weit hinten fah
sie ein Licht, das verschwand bald. Sie
fah, daß da Balken und Schienen la
gen und ging ein paar Schritte hinein,
denn sie dachte sofort, daß dieses viel
leicht die Mine fei, deren Superinten
dent ihr Vater war. Jn diefer Gegend
mußte diefelbe ja sein. Jn diesem
Augenblick fah sie im Tunnel von
Weitem ein Licht und hörte ein Ras
seln und Tosen, und taurn war sie auf
der Seite am Ausgang gesprungen, da !
kam auch schon ein Karten mit Ge-»
stein herangeschossen und auf,demsel-’
hen saß ein junger Mann· Der war
nicht wenig erstaunt, fast erschrocken,s
als er da plötzlich eine junge Dame»
vor sich sah. Er hatte ein Gruben
Licht vorn auf dem hute stecken, des
halb konnte er den hut nicht abziehen.
Jm ersten Moment hatte er seinen Re
volver gepackt, denn er hatte zuerst
nicht recht sehen können, was sich da
bewegte, und er entschuldigte sich bei
ihr, er habe gemeint, es sei ein Coyote
oder sonst so was, das da sei. Sie
lachte und er lachte dann auch, und
ein Wort gab das andere. Sie theilte «
ihm mit, was sich ereignet hatte, undj
dass-, sie die Tochter des Superinten
denten der Mine- Burwonton, sei.
Sie sei gekommen, um bei dem Vaters
zu wohnen, und nun müsse sie hier.
warten. i
John Turley, denn der war es,
schaute das schöne Mädchen an, das so
zutraulich zu ihm sprach, und sein Herz
fing an zu klopfen, wie es seit langer
Zeit nicht getlopst hatte. Also das war
rieTochter des Mannes, den er hatte
verderben wollen. Wie schön ie war,
wie freundlich, was für liebe u en sie
hatte, und was siir einen süßen und!
,.Ja,« sagte er, »ich fürchte, daß der
«Treiöer noch lange nicht kommt, wenn
er überhaupt heute noch kommt, denn
es ist sehr fraglich, ob er da unten
einen Wagen kriegen lann.« »Aber
was soll ich denn hier thun; ist es
nicht möglich, daß ich mit meinen Sa
chen hinabtomme, ehe es finster
wird?« fragte ihn die junge Dame.
»Ja, möglich wäre es schon, und zwar
schneller, als Sie vielleicht denken.
Aber dann dürfen Sie keine Furcht
haben-— es ist ein finsterer Weg.
«Dieser Tunnel, aus dem wir hier das
Gestein herauswerfen, damit es uns
nicht im Wege liegen bleibt, geht ge
rade durch den Berg hinüber, mit
einigen Absätzen, nach dem Kosihause
der Miners, und nicht weit von dem
Hause, wo der Superintendent wohnt.
Wollen Sie diesen Weg machen? Jm
starren ist Platz, und ich dirigire den
I Fiarren.«
Wa, ein bißchen gruseng ram ihr
die Geschichte schon vor, und ein wenig
Furcht hatte sie. Aber wie sie den
hübschen jung-en Mann, der sie so of
fen und treuherzig anschaute, in's
Gesicht schaute, da dachte sie: »Ich
wage es,« und er legte zwei Stein
blöcte in den Karten und ein Brett
darüber, und sie setzte sich darauf und
fort gings —- das Licht auf seinem
Hute flackerte und ließ die Finsterniß
noch finstern erscheinen. Mehrmals
mußten sie absteigen, dann mußte er
den Karten auf tiefer liegende Geleise
hinabfchieben, und einmal mußte er
den Karten an ein langes Seil an
binden, um denselben mit Hilfe einer
Winde eine lange steile Stelle hinab-·
rollen zu lassen. Und er hatte offen
lsar dabei keine Eile, denn er unter
hielt sich so gut mit ihr, wie er sich
seit Jahren nicht mehr mit irgend
Jemandem unterhalten hatte. Er hatte
ja seit fahren tein weißes Mädchen
mehr ge ehen, nur die häßlichen Jn
dianerinnen, die in der Gegend waren.
Endlich fah sie vor sich in weiter
Ferne eine helle Oeffnung, dieselbe
wurde größer und größer, und nicht
lange dauerte eo mehr, da rollte der
Karten hinaus in’s Freie, die Fahrt
durch den Tunnel war zu Ende. John
ETurley aber war ein anderer Mann
sgeworden Wie hatte er nur auf die
Jdee kommen können, einen Mann
verderben zu wollen, der eine solche
Tochter hatte! Das war ja zu schlecht
’und zu unvernünftig. Und als er dem
jungen Mädchen den Weg zum Hause
ihres Vaters gezeigt hatte, daging er
in fein Zelt, und noch am selbenAbend
schlich er um das Haus des Superin
tendenten hreum. Er hatte Glück, er
fand das Fenster offen und am Fen
ster im Hause hing der Rock, aus dem
er seiner Zeit die Papiere gestohlen
hatte. Ohne daß es Jemand merkte,
fieette er die Papiere in dieselbe Ta
sche, und dann stahl er sich zurück nach
seinem Zeite. Dort stand er bald da
rauf und er wusch und tämmte sich.
wie er es seit langer Zeit nicht gethan
hatte und sang dazu vor sich hin das
alte Lied:
In a cai)in, in a canyon,
Exavating for a mitte,
I.)we-it a mitteer a iurty-nincr,
Anil his tiaugietcrclementinc.
(,,Cal. Demotrat«.)
Zwei Kirschkerne.
Erzählung von Alfred Deutsch
German.
Die Junisonne schien mit voller
Kraft in das trauliche Wirthshaus
stiibchen. Draußen spielte im hellen
Nachmittag der Sohn des Wirthes,
ein zehnjähriger Junge; er hielt Kir
schen zwilchen den Zähnen. hing sich
die rothen Früchte an die Ohren und
schnellte dann ein, zwei Kerne in das
gimrner mitten unter die ehrwürdige
esellschast. —
Der Major wollte dem »Lausbu
ben« eine energische Zurechtweisung
entgegenschleubern. Die lKerne hätten
ja auch ins Bier fallen lönneni——
Der Untersuchungsrichter a.-D. aber
sagte: ,,Laszt ihn nur, den Jungen,
er thut ja gar nichts Böses. Solche
wei Kerne, wie sie hier aus dem
oden liegen, haben einmal ein Men
schenleben gerettet. Mir aber brach
ten sie den größten Triu·mph meines
Lebens.«
—
Einige Sekunden später begann der
alte Herr seine Geschichte:
»Eines Morgens wurde ich aus
dem Schlafe geweckt, meine Paushiik
terin theilte mir mit, Fräuern Ella
von Binding, die Schwester meines.
guten Freundes Professors von Bin
ding, lasse mich bitten, sofort in ihre-f
Wohnung zu kommen, ein Unglück:
sei geschehen. — Auf diese alarmi-j
rende Nachricht hin fuhr ich sofort
in das imBillenviertel gelegene Wohn- i
haus. Professor Binding war in deri
Nacht todt aufgefunden worden. Ers
lag angeileidet «an seinem Bette4diej
Pistole war drei Schritte weit von»
ihm auf dem Boden. Als die Schwe- !
stet wie alltäglich mit dem Morgen
Mfee in sein Zimmer wollte, bot sich
ihr der entsetzliche Anblick dar. Pro-s
sessor Binding lag todt im Bette. !
Der Arzt kam, fand, daß der Tod«
wohl schon gegen Mitternacht einge-»
treten sein mochte, und dann rief man f
mich. Jch fand die Polizei im Zim-!
mer, eg war natürlich nichts ange-:
rührt worden. Die erste Jdee war:;
Selbstmord. Aber da fanden wiran
dein Schreibiisch einen Zettel: »Ich
sterbe gegen meinen Willen!« Die
Züge verriethen Furcht, unerhörte
. rregnng, aber es waren unbedingt
zdie Schriftziige Professor Bindings.
» Die erste Frage lautet: Wer ist
»der Mörder Man überlegt: Wer
hat Interesse an dem Tode des Pro
fessor-H? Man findet, daß er keine
Feinde hat« daß tein Mensch da ist,
dem der Tod Bindings Vortheile
bringt.
RaubmordZ —- Es ist nichts ge
stohlen worden!
Rache? —- Da findet man nach
längerem Tasten eine Spur.
Fritz, der Laboratoriumsdiener, ist
von Vinding vor ein paar Tagen ent
lassen worden. Er hatte viele Unge
schicklichteiten begangen, der Professor
ist unerbittlich gewesen« Jn der Nacht
des Mordes war er bei Binding. Man
hörte erregte Debatten· »Käthe, lassen
Sie diesen Menschen nie mehr vor,«
sagte er zu seiner Magd. Fritz ent
fernte sich wüthend.
Man nimmt ihn vor, man verlangt
oon ihm ein Alibi. Er kann’s nicht
erbringen. Nachdem er von Professor
Binding fortging, begab er sich in
eine Schenke. Dort trank er unge
wöhnlich viel· Später sahen ihn zwei
Laftwagenkutscher, wie er über einen
Garterszaun setzte. An Ort und
Stelle geführt, ergab sich’s, daß der
Gartenzaun der der Villa Binding
war.
Die Kette war geschlossen. Der La
boratoriumsdiener wurde verhaftet
und sah seinem Schicksal entgegen.
Jch zweifelte nicht, daß er schuldig be
funden würde.
Jn der Wohnung des Todten hielt
ich genaue Nachschau. Die Bücher la
gen in Ordnung, der Teppich vor dem
Schreibtisch ließ keinen Kampf ver
muthen, nur die Schrift war jeden
falls sehr merkwürdig: »Ich sterbe
gegen meinen Willen!« Es kam mir
irgend etwas sonderbar in diesen
Worten vor. Ein Sterbender schreibt-«
»Ist bin ermordet worden!« oder
,,Ueberfall«, oder ,,Erschossen«, keines
falls wendet ein so schwer Verletzter
die Willenskraft auf, Um die immer
hin nichtssagenden Worte: »Ich sterbe
gegen meinen Willen!« niederzuschrei
ben. Jch kam also auf den Gedanken,
die bisher aufgewendete Logik sei
falsch, Professor Binding habe diese
Worte geschrieben, ehe er getödtet
wurde. Aber warum wehrte er sich
nicht? Warum gab er seinen Revol
ver zu der That her? Welches Mo
tiv war es, das ihn zwang, sich tödten
zu lassen?
Das waren Fragen, die noch im
Dunkel lagen. Der Diener Fritz, hätte
fer ihn ermordet, erzürnt durch die
lbrutale Behandlung, durch die plötz
lliche Entlassung, keinesfalls hätte er
ihm den Mord vorher angekiindigt,
Und so setzte sich in mir trotz der gra
Virenden Momente der Gedanke fest:
der Diener ist unschuldig.
Jch besuchte ihn im Gefängniß. Er
erklärte trotzig, er sei unschuldig er
wollte in die Van eindringen, hatte
sich schon am Baum emporgeschwun
gen, da hörte er Stimmen im Zimmer
des Professors, er entfernte sich also.
Was er-. gewollt hatte: Dem Professor
drohen, ihm noch einmal sagen, daß
er Weib und Kind habe und daß er
»zum Aeußersten entschlossen sei, wenn
Her im Laboratorium nicht wieder aus
Jgenommen werde. Deshalb habe er
isich Courage angetrunken.
Jch fragte ihn nach der Person, die
im Zimmer gewesen sei. Fritz hatte
sie nicht erkannt. ich fragte nach dem
Gespräch der beiden, aber er wußte
nichts, er hatte nicht gelauscht. Jch
machte ihn aufmerksam, er möge sein
Gedächtnis anstrengen, um irgend ein
Wort zu produzirem das er gehört
habe. Nach langem Ueberlegen sagte
der Diener: Nur ein Wort klang an
mein Ohr, ich kann’s aber nicht be
schwören, daß es wirklich dieses Wort
war: »Formel«.
Das war die ganze Ausbeute.
Jm Zimmer meines Freundes hatte
ich einen Fund gemacht: aus dem Tep
pich lagen zwei Kirschkerne. Der
Fund war um so erstaunlicher, als
Binding niemals Kirschen aß und ein
Feind dieser Obstgattung war. Vor
demFenster des Gelehrten aber stand
ein irschenbaum, der Früchte trug.
, , . « f
HW
,
Unmut-legt
Isiqwx ! « 7 -,t Wutle I «
Hausfrau: » . . Mir thut es leid, daß Sie fortgehen, Resi! Werden Sie
sich verbessern?«
Dienstmädchen: »O nein, gnädige Frau —- ich werde heirathen!«
Man konnte sie mit der Hand erlan
gen. Jch suchte weiter und ich fand
auch die Stengel.
Der Ermordete war Chemiker ge
wesen, da gab’s eigentlich keinen be
sonderen Anhaltspunkt. Von einem
seiner Assrstenten erfuhr ich, daß Pro
fessor v. Binding nach vielen Mühen
eine Formel gefunden hatte, die ihm
den Schlüssel zu einer besonders wich
tigen Aufgabe lieferte. -
»Es war besonders erfreulich für ihn,
daß er die Formel gefunden hatte,«
sagte der junge Assistent, »denn außer
Binding war ihr auch Professor Rebe
slar auf der Spur.«
« Rebelar, das war ein Rivale Bin-;
dings, ich wußte, daß die beiden Ge-;
lehrten einander sehr ungünstig ge-"
sinnt waren; sofort eilte ich zu dem
Professor und erfuhr, daß er seit dem
Tage, da Binding todt aufgefunden
ward, nicht in der Residenz weilte.
Die Nacht hatte er noch in seiner
Wohnung verbracht, nachdem er knapp
nach 12 Uhr in dieser angekommen
war.
Die Adresse des ProfessorsZ
Der Diener hatte Auftrag, sie nie
manden zu geben, der Herr Professor
sei schwer krank und zur Erholung
fortgereist. Aber die polizeiliche Jn
ervention half: Professor Rebelar
weilte bei seiner Schwägerin in der
Nähe Münchens.
Gegen 7 Uhr Abends war ich in
der kleinen Station angelangt: ich
fuhr sofort nach der Besitzung auf
der sich Professor Rebelar befand.
Seine Schwägerin theilte mir mit,
ihr Schwager liege seit 5 Uhr-im Bett,
er habe starke Fieberanfälle und sie
sei ernsthaft besorgt. Er wollte indeß
keinen Arzt.
Jch erklärte, die Unterredung sei
dringend. Da lag der Professor, das
Urbild des bösen Gewissens; die AU
gen lenchteten, das Gesicht war in
Schweiß gebadet, die Hände zitterten
aus der rothen Bettdecke.
»Ich komme von Professor Bin
dinåtk
Lr fuhr auf: »Was wollen Sie
hier? Wer sind Sie?« Dann wurde er
ruhiger: »Ich habe gehört, daß er
todt ist.« .
Ich sagte ihni: »Sie sind traut,
Herr Professor! Hören Sie mir ruhig
zu, es handelt sich um Tod und Le
ben; ich hätte Sie sonst in Jhren Er
holunggtagen nicht belästigt, Profes
Lsor v.Binding ist todt. Es heißt, dass
jerermordet worden ist, der vermeint
"1iche Thäter sitzt in Hast und soll ge-«
richtet werden. Aber ich weißes bes-.
ser, Professor. d. Binding hat sich selbst ’
getödtet.«
Der Kranke suhr auf: »Woher wis
sen Sie...?« -
Jch beruht te ihn: »Hören Sie nur
weiter-! Prosessor Binding hat sich
selbst getödtet, aber er ist nicht frei-—
willig gestorben. Jemand hat ihn in
den Tod getrieben.
Es handelt sich um die Formel, die
er gesunden hatte, um die gleicheFor
mel, die ein anderer einige Stunden
später sand. Dieser andere verstigte
sich zu ihm und die beiden Herren,
ehrgeizig und ruhmneidisch, kamen zu
dem Schluß: Zwei Menschen, die die
lFormel gefunden haben, dürfen nicht
eben·
Schwatze und weiße Kugeln waren
nicht bei der Hand, aber da draußen
vor den Fenstern stand ein Kirschen
baum. Der eine der beiden Professo
ren griff nach zwei Früchten, diean
einem Doppelstengel wuchsen. »Wäh
len Sie!« Binding folgte. »Esfen Sie
die Frucht!« Binding nahm die Kir
sche und warf den Kern zu Boden,
sein Rivale that mit der zweiten
Kirsche das gleiche. ,,Behalten Sie
den Stengel in der Handl«
Und nun be ann das amerikanische
Duell. Sie ha ten die Stengel inein
ander, wie das die kleinen Kinder
thun und nun zogen sie sachte und
dann stärker. Der, dessen Stengelriß,
war der Besiegte.
Professor von Binding war unvor
sichtig, er riß ungestüm, um eine Ent
scheidung zu fällen. Da hielt er die
beiden Theile in Händen, der Stenaei
des Rivalen war unversehrt. Rasch
entfernte sich der Sieger, Professor
Binding aber ging seinem Verspre
chen treu in den Tod!«
«Jch fah nach dem Gesicht des Kran
ken. Es war schrecklich anzusehen, die
Augen traten ganz aus den Höhlen,
die Wangen waren glühend.
»Sie sind ein Teufel, Sie haben
uns belauscht, Sie wissen alles«,
stöhnte er.
Die Formel, die Kirschkerne, der
ganze und der in zwei Theile gerissene
Stengel hatten mir alles gesagt!
Was nun folgte,»,ist rasch erzählt.
Professor Rebelar gestand die That
sachen ein und der Diener Fritz
wurde freigexassem Rebelar kam ohne
Strafe davon, zog es aber vor, in
eine andere Universitätsstadt zu
übersiedeln.
Und-taktisch
Junger Gatte: »Minchen, ich habe
mir einen Westenknopf abgerissen.«
Junge Gattin: ,,Soll ich dir-Nähe
rin oder den Schneider ins Haus
kommen lassen?«
Ein junges Hahn.
Gast: »Also heute gibt’s malend
lich »junge5 Hahn mit Reis«! Daran
habe ich lang’ gewartet!«
Wirthin: »Ja, es ist uns aber auch
recht schwer gefallen, das alte, treue
Thier zu schlachten!«
Gefchmacksvcrirrung.
Tante: »Nein, einen Geschmack hast
Du, Kind; es ist die höchste Zeit ge
wesen, daß ich Dich besucht habe-! Zu
erst kaufst Du Dir einmal einen ande
ren Hut, eine andere Bluse und an
dere Stiefel . . . und dann suchen wir
einen anderen Bräutigam für Dich
ausl«
«
Der Konsument
Lehrer: Wie heißt man im kauf
männischen Leben denjenigen, der eine
Waare liefert?
Schüler:Lieferant. .
Lehrer: Richtig, und was ist der
jenige, der sie empfängt?
Schüler: Der Gelieferte. «
—————— I
Ach is!
A.: »Eben habe ich mir drei neue
Anziige besiellt.«
B.: ,,Beiinden Sse sich denn in so
giimzender Finanzlage, daß SI-: sich
das erlauben können?«
J AL: »Ich nicht, aber mein Schnei
txt.«
Rasch geholfen.
Haue-from »Anna, Jhr Liebhaber
war gestern Abend wieder bis zehn
Uhr bei Ihan in der Küche! Das
dulde ich nicht mehr!«
Köchin: »Ich haLJ auch schon ge
dacht, ob wir nscht -·n bis ,-:n friiher
cssen könnten.« .
Gehorsam-neun
Kommerzienrath (zum Alpenwirih,
bei dem er schon einmal gewohnt):
»Wie ich hörte, sollen Sie kein Logis
mehr frei haben?«
Wirth: »O, Herr Kommerzienrath,
fiir Sie schaffe ich schon Rath und
wenns am Heuboden ist!«
Zeitvin
»Liebe-I Kind, ich möchte der gnädi
gen Frau meine Aufwartung machen,
ikij bitte mich zu melden, mein Name
i t . . .«
Hausfrau itoelchse oie Treppe scheu
csu): »Sie stekt vor Ziman
»Sie scherzen wohl, Kleine? Es
ioar wohl die gnädig-: Frau, welche
soeben dag Haus verli-:ß?«
»Das war mein Mädchen, das heute
seinen Auggehtaa hat·«
Hyycrbeh
Dame: »Sagen Sie, Herr Doktor,
find Sie auf Ihren Reisen schon ein
mal mit Menschenfressern zusam
tncngekcmmen?«
Afrikareisenderz »Gewiß, mein
gnädiges Fräulein, ich stand schon
einmal auf der Speisetarte.«
Jm Wirthshause-.
A·: »Der Mayer ist schon wieder
betrunken.«
B,: »Na, dem armen, alten Mann
tann man’s jetzt wirklich nicht ver
denk(n, der Gram über den Tod sei
ner Gattin. . .« «
A.: »Ach, gehen ie, geteuntenhat
der immer..., abe jetzt hat er wi
nigstens a gute Ausredeik
-
.-»