Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 09, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    ,
M
Reminiszenzen von Galanten-.
Alt-californischefStizze . Bon Nu
u s.
Mit reuden erinnere ich mich noch
oft der chönen Tage, da i die Bor
berge von Calaveras durch keifte, zu
Fuß und zu Pferde« und zu Wagen,
wie es sich gerade machte, denn dieser
Distrilt des Staates, fast im Zentrum
desselben gelegen, ist mir immer als
einer der intere antesten und in vieler
Beziehung schön ten erschienen — dort
habe ich ar manchen guten reund
gehabt, be anders unter den ta e
tutschern jener alten Zeiten. Sie Fa
hen mir manche Geschichte erzählt, die
des Erzählen-I werth war, wenn wir
am Abend zusammen am Herdfeuer
saßen, oder wenn ich neben ihnen auf
dem Bocl saß. Und in den Archinens
des Courthauses von San Andreas«
dem County-Sitze von CalaveraN
County, lagerten die Berichte von so
vielen adenteuerlichen und romanti-»
schen Ereignissen aus der Zeit, da dass
Goldsieber in jenen Gegenden gras-»
ßrte und über Nacht Ortschaften ent-.
anden, von denen man oft wenige!
Jahre später taum noch Spuren fin
den konnte. dafz man Bücher damit
hätte anfiillen tönnen. Diese Berichte
Fut zusammengestellt, würden ein
reues Bild jener Pionier-Tage gehen
Der Distritt wurde zuerst gründlich
erforscht in dem großen Jahre Cali
forniens 1849hi61850, denn damals
strömten don allen Seiten die Ameri
taner dorthin. Vorher waren fast nur
Spanier und Mexilaner da gewesen,
die dort, auf ihren häßlichen »Bron
cos« sitzend, ihr tanghörniges Vieh
geweidet und ihre Lehmhütten, ihre
»Adobe- ·user«, an den Flußufern
und zwi chen den Bergen gebaut hat
ten. Gerade mitten durch diesen Di
stritt geht die »Mohter Lode« von
Gold, die von Süden nach Norden un
seren Staat durchzieht, und die Gold
suchet hatten sie bald entdeckt, und sie«
verfolgten dieselbe und ihre Abzwei
gungen nach den Seiten, in die tiefen
Candons und hinauf in die Berge, wo
die Bergbäche herab-entrichten- Ueber
all war da das Gestein mit Spuren
von Gold und Kupfer durchsetzt. Auch
die Spanier hatten das schon erkannt,
aber faul, wie sie nun einmal waren,
hatten sie es stets für bequemer gehal
ten, dere Mutter Natur die erste Ar
beit zu überlassen, das Auswaschen
des Metalls, und hatten sich damit
begnügt, den Sand der Bäche und
Flüsse zu durchsuchen.
Die Pioniere hatten mit ihrer Ener
gie die faulen spanischen und mexita
nischen Ansiedlet schnell ganz ver
drängt und an Stelle der vtimitiven
Stein- und Lehmhiitten standen dort
bald nette neue Coitages von holz.
Schulhiiuser und Kirchen und zahl
reiche Kausliidem Jch tam oit durch
die Gegend und war jedesmal aufs
Neue von den schnellen Fortschritten
erstaunt, welche die Kultur dort
machte, und immer schöner erschienen
mir diese Borberge mit ihren ariinen
VII-hängen und ihren waldigenPlätzem
Ganz besonders ern verweilte ich va
nials aus der Beitzung eines Mannes
Namens White, die am Anfang von
«Reed’s Turnpite" lag, welche sich
aus den Dügeln in die Ebene hinab
wand. Hier hielten alle die Fuhrleute
an, die von unten oder von oben ta
men, um Erstischungen zu sich zu neh
men oder zu übernachten Der Platz
war fünfzehn Meilen von »Chinese
Camp«, der nächsten Ortschaft ober
shalb, und sieben Meilen von »Arie
graph Cith«, der Endstation an der
»Turnpiie«. White hatte dort einen
hübschen Obst- und Weingarten an
gepslanzt, und von dem hochgelegenen
Hause aus hatte man eine herrliche
Aussicht. Jn einer Entsetnunånoon
sechs Meilen lagen die »Tai-le pun
tains« und um ihre duntlen Abhän e
wand sich der StaniölaussFluß, wäg
U rend im Osten die Schnee-Gipse! der
Sierra sich wie Wollen am Horizont
erhoben und violett schimmerndeBerg
spitzen zwischen ihnen lagen. Aus
einem dunklen Steinbecken, das in
dem Felsen ausgesprengt worden war,
rauschte ein Strom töstli reinen und
kalten Wassers. das siir s beste in
der ganzen Gegend alt, und White’s
Obst war in jenen agen etwas Sel
tenes und sehr hoch Geschötztes —es
war ein prachtvoller Platz.
Heir habe ich manchen guten Mann
iennen gelernt. Einer derselben war
Oiram Hatch, ein ,,Teamster«. Er
hatte zehn Maulthiere und hielt sie
gut. denn er liebte die Thiere. Ost
schliefen wir zusammen in derselben
Kabine. Damals gab es dort noch
Grizzlies genug-—- jeht wird kaum
nach einer in ganz Calisornien ge
sunden werden tönnen, denn selbst der
berühmte «Grizzly« tm Golden Gate
Bart von San Franeiseo ist ja in
irtlichteit gar lein Geizle Aber
damals gab es in Wirtltchteit noch;
viele, besonders in jener Ge end, und
ich selber brauchte die Vorsi t, meinen «
Schinten oder was ich sonst der Atti
hatte, nicht mit in die Kabtne zu neh-(
men und dort auszubewahren, denn
ich wußte wohl, daß der Geiz-sitz
wenn er hungrig ist« eine seine Nase
siir so Woa- hat und darnach eht. Ich
hob deshalb derartige Vorr· the au
den Zwei en benachbarter Bäume aus,
denn au Bäume steigt der Geizle
nicht, und einen solchen Burschen fu
Besuch in derKabtne zu erhalten« st
nicht toitnschenswerths Auch meinen
Freund »di« warnte ich davor, seinen
Vorrath nicht mit tn seine Kabtne zu
nehmen, aber er folgte mir nicht, und
richtia, eines Nachtt, als er schon im
Bette las borte er wie ein solcher Mir
in die abine hineinkam, denn die
Tbür war nicht verschlofsen Das Vieh
mußte fehr hungrig sein fonft wäre es
nicht in dieKabine gekommen. Mein
greund kletterte in feiner Angft in die
allen iiber dem Bett, aber der Bär
erwifchte ibn noch an det hose und
derwundete ihn dabei am Bein Mit
aller Kraft ftieß Hiram ein paar
Schindeln hinaus und kroch aufs
Dach hinaus und da hat er die ganze
Nacht sißen müssen, denn der Bar
fraß, was er fand, und fchlief dann
ganz gemiithlich unten; erst am Mor
gen trottete er den Bergen zu. Jch
tam bald darauf zu hiram und ver
pflegte ihn, denn er lonnte nicht gegen
Aber seitdem hat er nie wieder in der
Kabine übernachtet; er ging bald da
rauf nach Sonora und fing dort ein
anderes Geschäft an.
Um diese Zeit begann der »Kupfer
Boom« in jener Gegend und in den
Jahren 1861 und 1862 entstand dort
die Ortfchaft ,,Copperapolis«, und
rings um dieselbe herum fiedelte sich
eine Anzahl Farmer an und betrieben:
Vieh- und Milchwirthfchait. Auch ich
legte eine kleine Farm an —- fie wars
ticin nach damaligen Begriffen, aber
sie hatte etwa eine QuadratmeileWei-j
deland — und in der aufblühenden’
Ortfchaft fand ich gutzahlendeKunden
fiir meine Produkte. Aber ich mußte
immer den »Sixshooter« bei mir und
»in der Nacht neben meinem Bette ha
.ben, und mein großer Neufundländer
Hwar ein fehr nothwendiger Wächter,
;denn Gesindel genug trieb sich damals
Idort herum. Ein gutes Pferd wurde
i mir in einer ftiirmifchen Nacht gestoh
) len, und bei meiner uächstenTour nach
ider Stadt erfuhr ich, daß der berüch
’ tigte Tiburcio Vasguez in der Gegend
gewesen war und der Kaufma: In, mit
dem ich in Copperopolis handelte,
wollte ganz genau wissen,dafzziasqueg
mein hnbfches Pferd geritten hatte.
Expreß - Räuber gab es überall im
Staate, ganz befonders aber schien
Calaveras County von denselben fre
auentirt zu sein. Einer, der die Ex
pr-:ß-Box von Wellö, Fargo da Co.
geraubt hatte, wurde von Sheriff
Horn mit einer Anzahl von Burgern
verfolgt. Man fand erst teine Spur
don ihm, aber ein paar Hunde trieben
einen Hafen auf und jagten ihn. Im
Dickicht fingen sie dann ein solchean
bell an, daß die Leute aufmerksam
wurden und ihnen folgten, und dort
fand man ein Tafchentuch und ein
Paar Stiefel, die offenbar Jemand
dort gelassen hatte, auch die Ueberrefte
eines Feuers und Fußspuren. Jetzt
war man dem Räuber auf der Spur
--— aber man fand ihn nicht. Doch
wurde in dem Taschentuch die Adresse
einer San Franciscoer Wäscherei ent
deckt, und dadurch gelang es dann,
den Räuber, der in San Franeiseo
war, ausfindig zu machen. Er wurde
nach Calaveras Counth gebracht und
von dem Stagetutscher identifizirt
und fiir lange Jahre in's Zuchthaus
gefchickt.
Vom Jahre 1867 an ging es mit
den Minen in jener Gegend rückwärts
und die Orifchaft Copperopolis ver
fiel —- da, wo zeitweife Tausende ge
wohnt und viel Geld gemacht hatten,
wurde es still und öde. Nur die Rut
nen zeugten bald noch von dem Leben,
das hier pulfirt hatte. Nur noch einige
Familien waren dort zurückgeblieben
Jch pflegte damals in jenerGegend zu
jagen und hatte auch dabei manches
interessante Erlebniß. So saß ich ei
nes Tages im hohen Chapparel an ei
nem Bachesufer und entdeckte dabei
die Ueberrefte einer alten mer-inni
schen Quarz-Stampfe. Jch dachte, wo
die gewesen ist, da muß auch Quarz
gwesen fein, und ich guckte mich um.
s sabei tam ich an eine Stelle neben
der Stampfe, wo Farrenträuter stan
den, riß eine Anzahl derselben aus
und fand dabei eine ganz alte verko
ftete Pulverlannr. Jch untersuchte sie
und fand darin ein ganzes Häuschen
von Goldstan mit einigen größeren
Nuggets. n der Stadt wurde der
Werth des o gefundenen Goldes auf
81.19feftgestellt, wer aber der einstige
Besitzer dieses Geldes gewesen fein
mag, ihabe ich· nie ausfinden lönnen.
lles, was ich in Erfahrung bringen
tonnte, war die vage Kunde von ei
nem alten Franzosen, der in jenerGe
gend gehaust haben sollte und der bei
»einem schrecklichen Regenfturm in dem
fBach umgekommen war; Er Zoll an
h--4
ijcllclkl Pius qucn Inn une- »u«
j nach Gold ge ucht haben. Wie er um’s
jLeken getocnmen war, wußteNiemand
»und die Sage hatte sich gebildet, dafz
ler von der Existenz großer Schäse in
der Erde gewußt und dieselben Jahre
lang gesucht habe, bis er eines Tages
umgekommen oder, wie dieLeuie mein
ten, vom Teufel geholt worden sei.
Man hatte ihn im Wasser gefunden,
die wilden Wellen hatten die Leiche
fortgefchwemmt. und hatte ihn am
Ufer eingelcharri. Jch glaube, daß das
von mir fundene Gold wirtlich von·
ihm herge amrni hatte.
Später hin ich noch oft in jene Gei
gend getommen. Da fand ich ein schö-«
nek Farmhauö, mii einer guten festen.
Fenz rin s um den Plan, an dersel-(
den Sie e. wo ich fünfundzwanzi ?
Jahre friiher ein kleines und ziemlig (
ärmliches Anwefen gefehen hatte. ch
lehrte ein, weil mein Pferd ein Ei en
verloren hatte und lahm geworden
war, und der Befiten ein DerrCamvs
bell, lud mich freundlich ein, zu blei
ben. Er war fchon lange Jahre dort
und wußte lehr viel Jnieressantei zu
erzählen. Am Abend faßen wir am
de und sprachen von alten Zeiten.
ach tam das Gespräch zufällig auf
Joaquin Murieiia —- jenen großen
Räuber, für dessen Abenteuer unser
»Dichter der Sierrad« sich so interes
kect hat, daß er den Vornamen dessel
n sich selber zugelegt und sich seit
dem »Joaquin Millerk genannt hal.
Campbell erzählte mir viel von Mu
riektcn Derselbe war ursprünglich ein
friedlicher Mann gewesen, aber er
hatte das Un lüel, Einer von denMe
xiianern u ein, die, wie es damals
nur zu ot geschehen ist« von den Pi
onieren gewaltsam aus seinem Besitz
thum vertrieben wurde, ohne dafür
auch nur entschädigt zu werden. Die
meiften dieserMexitaner waren schwa
che Charattere, die nicht Muth und
Energie genug befaßen, sich gegen sol
che Vergewaltigung zu wehren —- in
ihrer Schwäche und Jndolenz ließen
sie das Alles wohl oder übel über sich
etgetjem Aber Murietta war anders;
er war einer von denen, die kein Un
recht vertragen können, so eine Mi
chael Kohlhas-Natur, wie sie Heinrich
Meist in seiner berühmten Erzählung
geschildert hat. Und so sammelte er
denn eine Bande von muthigen Män
nern, lauter Desperados, um sich und
führie von da ab einen Guerillairieg
gegen die ganze menschliche Gesell
schaft und ihre sogenannten Gesetze
und Ordnungen. »Ein einziges Mal«
——-- fuhr Campbell fort --— »habe ich«
Murietia gesehen, und das werde ich
nie vergessen. Jch hielt damals hier
ein kleines Eintrhrhaus, ein soge
)
nanntes »Wahside - House«, gerade
vor achtundzwanzig Jahren, zufam
men mit meinem Partner. Dieser hat
te nach Stockton fahren müssen, um
Vorräthe einzutaufen, und ich blieb
zu Haufe, im Geldschrant hatte ich
etwa 84000 liegen. Da hörte ich am
Abend den Hufschlag einer Anzahl
Pferde, sie kamen herab von den Ber
gen, und baid war mein Haus umzin
gelt von mexilanischen Reitern, Alle
waren bewaffnet und trugen das echte
katiim der mexiianischen Vaqueros,
mit großen Sporen, klingenden Glöeb
chen, Fransen am Gürtel, breiter
rothfeidener Schärpe und dem breiten
Sombrero Und nun kam der Füh
rcr der Bande herein, es war kein An
derer als Joaquin Murietta. Jn dem
Augenblick war ich davon überzeugt,
daß wenn es nicht um mich selber ge-:
schehen war, doch anz sicher um das
Geld in meinem chtant Jch hatte
ja genug von Murietta und seinen
Leuten ge.ört, ich kannte ihn in Wort!
und Bild aus allen Zeitun en, und
ich wartete nur auf den Befehl, den
Geldschrant zu öffnen —- Lsasz ich michs
einem solchen Befehl nicht widersetzen
konnte, stand fest, dennJeder von die
sen Leuten hätte mir das Lebenslicht
ausgeblasen. wenn Murietta es be
fahl. Aber zunächst tam nichts von der
Art, Murietta sagte nur sehr höflich
und sehr bestimmt: »Sennor Camp
bell, wollen Sie mir und meinen Leu
tcn ein Essen und unseren Pferden
Futter geben?« Natürlich wollte ich
und ich machte mich schnell davon. Jn
der Küche lag Niegenpapiey und ichj
dachte im Augenblick daran: Wie wä- »
re es, wenn ich den Koffer fiir dies
Burschen mit Fliegenpapier würzte—
aier im nächsten Augenblick schon lief)
ich diesen Gedanken fahren, das war
doch zu ruppig und —- zu gefährlichs
Also die Männer aßen gut und tran- »
ten gut, und dann tauchten sie gut,
Alles auf meine Kosten, und endlich?
waren sie alle satt und zufrieden, und
Murietta tam zum Counter, wo ich
stand. »Jetzt also wird er dieSchliiss
sel fordern « dachte ich, und griff
schon darnach. Aber er sagte nur:
Sennor CampbellzSie haben uns gut
bewirthet, nun noch einenTrunt, dann
wollen wir weiter. Und Jhnen spre
che ich unseren Dank für die genossene
Gastfreundschast aus.«
« Und richtig, sie tranken noch ein
Glas Wein, und dann wurden die
,,Broncos« vorgefiihrt und sie saßen
auf und fort gings in wildernGalopp
—- ich wußte nicht, wie mir geschah.
Und als meine Leute tamen und mein
Partner, da konnten sies kaum glau
ben, daß ich so billig davongetommen
war Sie hatten schon gehört, daß
dieMexitaner von einem erfolgreichen
Streifzug durch Tuolumne County
zurückgelehrt waren, und bald hörten
wir von weiteren Räubereien dersel
ben in den südlichen Cvunties. «
So erzählte mir mein Gastfreund
Camvbell Am nächsten Morgen ritt
ich weiter durch die Thäler unt-Berge
« und Wälder dieses wundervollenThei
les von Calisornien.
I O tiefe Zerstreutheit.
Professor Müller ift mit feiner Fa
"milie auf der Ferienreife. Man hat
von einem Kutorte aus eine Seiten
vahn zu einem Ausfluge benutzt. Das
Wetter ift fo prachtvoll, daß man be
schließt, den Rückweg zu Fuß zurück
zulegen. Jm Kurorte wieder ange
iommen,- eht man zu Tische· Da
meint der rofeffor, die Gelegenheit
auch erzieherifch beniihentn »Seht,
Rinden-« wenn man sich etwas er
spart hat, kann man sich auch etwas
gönnen; wir haben den Weg per
pedes erledigt, erspart find fünf Mi.
fechzig Pf» da wollen wir uns nun
eine gute Flasche Wein fiir drei Mart
"nnen.« Das Essen ift famos, der
ein delikat. Da reift Professor
Müller zufällig in die sicht, Schweiß
perlt auf feiner Stirne, als er sieht,
was er in der Taxche fand, — fechö
Stück gelöte Riick ahriarten und —
er hatte ge pari!
Wo die Not am rößtem ift ein gu
ter Freund am ent ernteften.
»
Berliner Humor vor Gericht.
Eine schmerzlose Zahnoperation.
Unter der Anklage, den Zahnarzt
Roderich B... thätlich und wörtlich
beleidigt zu haben, betritt der Kellner
August Lumte die Anllagebani.Nach
oem dieFrage, ob der Angeklagte, der
start nach Spirituosen riecht, zur Zeit
verhandlungsföhig sei, dahin ent
schieden ist, daß kder Zustand Lumle’s,
ver angiebt, nur stark gefriihftiickt zu
haben, den Eintritt in die Verhand
lung gestatte, wird die Anllageschrifi
verlesen.
Vorsitzenden Geben Sie zu, den
Zeugen B. in seinem Atelier, wäh
rend er sich bemühte, Jhnen einen
lranten Zahn zu ziehen, durch die
Ausdrücke »ordiniirer Menschenschin
der« und ,,schwinbelhafter Retlame
fritze« beleidigt und geohrfeigt zu
haben? «
Angellagter: Jel befand mir in
etwasdusfeligem Zustande, da mir
der Herr Zahndoltor nartotisch be
handelt hat. Vielleicht war die Dosis
een bisten zu start, und da kann et
schon möglich sind, det ick ihm derbe
een paar muntere Dinger jelöscht und
’n paar safti e Jtobheiten an den
Kopp jeschmi en habe. Zu verwun
dern is det nicht, wenn der Mann von
seinen Patienten die schösten Hiebe
kriegt. Sie müssen nämlich wissen
er inserirt in der Zeitung »Jänzlich
schmerzloses Zahnziehen«. Und dann
nbut et weh, det man een janzes Heer
von Engeln in jemischtem Chore zu
hören jlaubt. Jcl bin aber teen Musik
liebhaber, und namentlich lann ick
diese Art von Jesang nicht verknusen.
Ueberhaupt: dat janze Zahnausziehen
von dem Herrn war qualifizirte Kör
vcrverletzung Erschiens dhat et un
heimlich weh und zweitens habe ick
zu d2n Zahnschmerzen hinterher noch
Este dick anjeschwollene Wange und die
allerheftigsten Kopfschmerzen zuje
lriegt, und zwar, ohne dat ick sie bei
ihm bestellt hatte. Jck bitte dat hohe
Jericht nunmehr: sprechen Sie mir
mit Jlanz von Strafe und Kosten frei
und wiichen Sie dem Herrn von we
gen schwerer Körperverletzung een
paar Wochen Jefängniß aus. Alles
wat recht is! Nu hat der Herr
Staatsanwalt dat Wort.
Vorf: Durch diese Art der Verthei
digsung machen Sie Jhre Sache nicht
befer.
Anget1.: Jck jehe sogar noch weitet
in meinen Anträgen: Durch die Be
handlung des Herrn Zahndottors
haben meine Zahnfchmerzen fo zuje
nommen, dat ick zeitweise nich wußte,
mat ick dhat. Jct habe im Cafe, woict
nach der Operation als Kellner thiitig
war. für 20 Mart Jeschirr zertöpperc
und eine Tasse Schototade einerDame
ufft helle-Kleid jejossen, die mir aus
Rache eenen Aschenbecher in’t Jesichte
jefchmissen und »Ollet Dusselthier«
Jenannt hat. Jck bin also ebenfalls he- !
leidit und mißhandelt worden wie
der zeuge, und daran isteen anderer
schuld, als der Zeu e mit seiner
schmerzlofen Annonce. Der Hut-Zahn
tiinstler jehört ebenfalls in die olle
"-Llntlagelaube, wat ick hiermit bean
trage. Und wenn ick damit nich durch
dringe, to lege ict dajejen eenen Beruf
oei dat höher jebildete Jericht in. »
Der Zeuge, Zahnarzt B» betundeti
demgegeniiben Jch bin gar nicht da
zugetommen, den tranken Zahn zui
fassen, da der Angeklagte schon bei der »
erften Berührung derZange auffprangf
und wüthend auf mich losfuhr. Es»
schien mir nachher, ais ob er nichtl
ganz nüchtern wäre. Von einer Wir
lung des nariotifchen Mittels, das ich
auf feinen Wunsch angewendet habe,l
konnte ich nichts bemerken. !
Angekl.: Nu wird's Dag. Mir war
in·t Jejendheel janz blümerant und
taumelig jeworden von det olle Jift
zeug, und nu heeßt et, ick hätte eenen zu
ville hinter die Binde jejossen. Jct will
et noch versuchen, dem hohen Jcrichts
hof u schildern, wie mir im Zustande
der artofe zu Muthe war. Die Je
fchichte schwant mir jetzt wieder janz
deutlich als ob et vor ’ner halben
Stunde jewefen wäre. Das Betäu
bungsmittel hat die Wirkung jehabt,
det ick janz wo anders zu fein jlaubte.
Ja fühlte mir uff eenmal, als obick
noch bei die Maikäfer diente und Re
trnten einzudrillen hatte. Da sehe ick
einen Mann im Jliede stehen, der hat
det Seitenjeweht uff der rechten Seite
anjefchnallt Ja —- fock,«fack : ftiirze
Un lylll Wir ulw lliuuryc Wut uH qui-u
ende Art tlar, wie een ordentlicher
Soldat dat Seitenjewehr zu tragen
hat. Da bejinnt aber die Nartosezu
versliegen und ick seher meinem jröß
ten Erstaunen, det ick dern Zahnjebiß
machet ’n paar jelöscht habe.
Bors.: Das ist ja heller Unsinn
und wird schon dadurch widerlegt, daß
Sie sich dabei beleidigender Ausdrücke
bedienten, die sich nur aus den Zahn
arzt beziehen konnten.
Lumle wird wegen wörtiicher und
thätlicher Beleidigung zu 50 Mart
Geldstrafe verurtheilt.
Der gar irre Sprichwort.
Es ibt schwerlich ein zweites Voll
unter et Sonne, das seinen Fürsten
gegenüber in allen Fällen eine so un
eingeschriinite Ergebenheit und tiefe
Ehrfurcht an den Tag legt, wie es bis
aus die gegenwärtige Zeit das russische
Vott gethan bat. Nach Gott tannte
der Nusse bisher nichts Herrlicheres
und Mchtigeres als seinen Zaren.
Aber das hat nicht verhindert, in einer
Fülle von- Sprichwortern den Zaren
Irren ist menschlich.
I
ÆWFHHHCYY usw«- ·:- s i- s-»
»Ei- kszg;z.x3»»-.i ME
SoIntagsjäger (der sehr kurzsichtig ist und eben ein Huhn gefehlt hat,
als ihm sein Hund einen Hafen appottirt): »Sollte ich den so verkannt ha
ben?«
so zu charakterisiren, daß er auch nur
ais schwacher Mensch erscheint. Zu
diesen Sprichwörtern gehören: Auch
an des Zaren Fuß klebt der Schatten.
—— Auch dem aren würden die Flü
gel adfallen, wollte Gott ihn fangen.
—Auch die Lunge des Zaren hläst die
Sonne nicht aus. —- Auch des Zaren
Rücken würde bluten, wenn er die
Knute bekäme. — Dadurch, daß der
blinde Großfiirst zum Zaren wird,
lernt «er nicht sehen. —- Der Zar geht
auch nur auf zwei Füßen. —- Des
Zaren Arm ist wohl lang, doch reicht
er nicht bis zum Himmel.—Der Zar
hat den Krieg in der Hand, Gott den
Frieden. — Der Zar ist wohl der
Herr, aber nicht der Herergott.—Der
Zar tann Gott wohl anklagen, aber
nicht richten. —- Des Zaren Leben
zähxt auch nur nach Jahren-Eines
garen Gaul kann auch stolpern.-——
"ott fürchtet des Zaren Ukasenicht.
——V·citerchen Zar möchte gern, daß
Vater Gott sich vor ihm versteckt, aber
der Vater Gott thut es nicht. —
Wenn der Zar stirbt, taufcht auch der
Muschit nicht mit ihm. —Wenn die
Rasse nicht ziehen wollen, dann rührt
sich auch des Zaren Wagen nicht. —
Was dem Zaren nicht gelingt, bringt
die Zeit fertig. —- Man tann dem
Zaren wohl die Klagen abnehmen,
aber nicht die Sorgen.—Und: Was
hilft’s dem Zaren, nein zu sagen,
wenn Gott ja sagt!
—
Pstemzm als Wetterprophetem
Viele Pflanzen sind außerordentlich
feuchti tetsempfindlich just wie ein
Hygrosziop (Feuchtigkeitsmesser) und
zeigen die Luftfeuchtigleit auf ihre
Weise an. Da mit der Luftfeuchtig-i
leit die Möglichkeit der Regennähe zu-’
nimmt, lassen sich diese Pflanzen als«
Wetterpropheten benutzen. Sehr em
pfindlich sind die Blüthen. Krotus
bleibt geschlossen, wenn nicht die
prächtigste Sonne scheint. Die Tal
pen- und Tabalblüthen schließen sich,
sobald Regen im Anzuge ist. Die Roß
tastanien breiten bei schönem Wetter
ihre Blätter wie die Finger, wenn
man eine Prise nimmt. Bei der Ro
binie, bei uns fälschlich Alazie ge
nannt, lladpen die Blättchen zusam
men, Oxalis (Sauertlee) sentt sie nie
der, sobald die Luftfeuchtigleit gron
genug ist, um Regen zu ermöglichen.
Die Blüthen schließen sich, um den
Blüthenstaub vor Nässe zu schützen.
Die Blätter ändern ihre Lage, um
nicht auf der Breitseite von den Re
gentropscn getroffen und beschädigt zu
werden. Beim Löwenzahn (Taraxa
cum officinale) künden die Schirm-:
der Samen die Nähe des Regens an:
sie legen sich zusammen, sonst würden
sie durch einen Regentropfen beschwert
werden und ihre Flugsähigieit verlie
ren. Ebenso hygroslopisch (seuchtia
teitsempsindlich) sind die Samen des
Storchschnabels. Man kann sich aus«
ihnen einen regelrechten Feuchtigleitsis
messer herstellen. Man zieht einen
Halbkreis aus ein Zigarrenbrettchen
und steckt das Samentorn in den
Mittelpunkt, so daß die lange Grane
wie ein Ubrzeiger über den Halbtreis
reicht. Nun macht man bei schönem
Wetter einen Strich, bei regnerifchem
ebenfalls, und zwar dahin, wohin ge
rade der Zeiger deutet, merkt sich die
Einzelheiten und lann dann je nachl
der Richtung der Samengrane sich
das Wetter deuten. Die Zahl der
Pflanzen, die durch La everänderung
ihrer Blätter, durch Zeffnen und
Schließen der Blüthen oder durch
Schu vorrichtungen und Bewegungen
der amen den nahenden Regen an
liinden, ist Legion. Wer ein weni
Beobachtungsgabe besitzt, wird selbt
aenug Wetterpropheten unter den
Pflanzen finden!
Nichtä macht einen Menschen so we- l
ni einnehmend, als wenn man sieht,
da er von sich selbst eingenommen ist.
» Belehrung.
Alter Bauer: »Weißt, Girgl, die
Versicherung des Anwesens ist das
Wichtigste beim Bauern, sozusag’n
der Brennpuntt im Bauernleb’n!«
Frech.
- Frau: »Ich verstehe gar nicht, wie
man vom Betteln leben tsann.«
Bettler (der einen Pfennig erhalten
hat): »Von so einem Bettel freilich
nicht.«
Tit-gewinkt
Feldwebel: »Meier, haben Sie ge
stern nicht eine Kirmestiste erhalten?«
Mein-: ,,ZU Befehl, Herr Fell-we
bel, aber es stand darauf: Eigene An- sz
gelegenheit des Empfängers!«
Der Kenner-.
Fräulein: »Wie können Sie mir
solch einen lächerlich geringen Preis
bieten; der Schrank ist doch gewiß sehr
allt« -
Antiquitätenhändler: »Hm: ich will
Jhnen nicht zu nahe treten... aber
jgnädiges Fräulein sind älter!«
i Naiv.
Madame (zutn neuen Dienstmäd
chen): »Ein-en Bräutigam haben Sie —
auch——und noch dazu einen Kaval
leristen?... Das paßt mir aber gar
nicht·!«
Mädchen: »Das Pferd steht natür- ’
lich in der Kaferne!«
L WEL
..- -0«».-». ,.
Im Zeitaltcr der Eheicheibuugetr.
Lehr er: »Wie heißt Du?«
»Sie-Scheu Schwarz! opf. «
« Lehrer: »So, hast Du früher-schon
anders geheißen?«
Liescken »Ja, früher hieß ich Lies
Jl
chen Miller. U«
Genügt
Mann: »Der Doktor hat mir die
größte Ruhe verordnet!«
z «
IS ’
Frau: »Hat er Dein-e Zunge ange-!
i sehen ?«
Mann: »Nein, ich habe ihrn aber-s
I«
von Deiner erzählt.
Schmqle scoft
Lehrjunge: »Frau Meestern, ich
anöchf auch gern mal Zun ge a uf's « —
Bro d haben.«
Meisterin: »Dummer Junge, sei «
froh, wenn du Brod auf det«
Z u n g e hast.«
Fatale Pfade.
Gast: »Aber, Herr Wirth, warueak
wird denn jener Herr da hinausge-;.
irorfenZ Er hat doch nichts g:thaus»
I«
Und war doch ganz ruhig
Wirth: »Ja, das stimmt. AbekYY
heute isi der Hausk nechi hier, und da
muß ich doch wissen, ob er sein Geiz-,
schäft versteht. "«
—.
H ,
Belohnung
Hauptmanm »Das haben Sie brav
gemacht, Schulze! Durch Jhr kluge
Bcnehmen 015 Patrouillscnführer ha
ken Sie die ganze Kompagnie aus
einer großen Gefahr b«freit. Hättest
trir jetzt Krieg, so würden Sie un
fehlbar die Verdienstmedaille erhal
ten!« —
Soldat Schulze: »Und was bei·
komme ich fo?« L
Hauptmann: »Drei Tage Mittel
arrest wegen dieser scl)nobderigeu,J
subordinationswidrigen Frage.«
Vorsichtiq. l,
Fremder (zum Alpenwirth): »Bei;
Jhnen übernachten ja auch Fume
auf dem Heuboden! Geht Ihnen VII
nie einer durchI!«
Wirth: »O nein! Jch bin schon vor-L
sichtig. Erstens nehm ich, wenn allcspk
am Heuboden sind, die Leiter Wzt
zweitens fperr ich ’s Thürl vo
Heuboden ab, drittens müssen P alles "
im Voraus zahlen! 2