Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 12, 1907, Sweiter Theil., Image 8

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    Mondacht
te von T hnsnelda
Molsf - Kettner.
« sehend zö·erte Frau Leni eine
. Avor der geschlossenen Thür, be
Itt sie das Privatkontor ihres Man
betrai. Was hatte er da geheim
-·-Mz.s« am Telephon zu verhan
zdef Sicher etwas Ungeheuerliche6,
M nicht für die Ohren seines lleinen
f «« s bestimmt war. Wozu
III-suchte er denn sonst seine Stimme
Lso vor tig zu dämpfen
« «Al o morgen Vormittags um 11
«;Uhr. Aber ganz bestimmtl« flüsterte
es drinnen. Fast befchroörend klang
cis-. Frau Leni war es sogar, als
szittere in diesem Flüsterton ein Unter
ton von heißer-, unbändigerSehnsucht.
Im Geschäftsverlehr pflegte er nie
mals in derartigen Tönen zu reden!
Folglich —
Noch bevor sie den schönen Gedan
teei fertig ausgesvonnen hatte, riß sie
ungestüns die Thür aus, wobeisie das
Vergnügen genoß, ihren Eheliebsten
Ist-ich einein auf frischer That knapp
. fDieb vom Telephon zurückfahren
s« Fee-sehen Er hatte ganz entschieden
etwas aus dem Gewissen, das sah sie
ofprt. Die Erfahrungen ihrer ein
zj kigen Ehe hatten ihr fiir der
MgeSituaiionen den Blick gefchärft!
s- Akt für so grundschlecht hätte sie
isten geliehtsn Paul doch nicht gehal
UL Tante Aurelia, »das männer
Wicht Familienübel,« hatte aller
· schon längst prophezeit, daß es
so kommen würdet
. FUex s« .-.-.. »so ;»-»»-h »Im-o
, wes-Is- sssss · ---— « s— »
« MS« fragte Frau Leni mit erbeu
I erRuhe, während ihre eisersiichrig
enden Augen sich ties in ihres
Es hannes schwarze Seele bohrten.
»-. «Jch?!« Paul Schmitz strahlte plötz
lich in reinster Engelsunfchuld Mit
-:,3- Niemand-, liebes Kind!«
. Nur unter Aufbietuna aller Seelen
irafte vermochte Frau Leni einen wil
deanmmerfchrei zu unterdrücken
Hi; Dieser Heuchler! Und sie hatte das
1J,Schreckliche doch mit eigenen Ohren
Mhören müssen —- eine Bestellung
Inst Rendezvous natürlich! Noch da
7 Es wo sie gekommen war, um ihr lie
Männchen an den morgigen Jah
restag ihrer Hochzeit zu erinnern und
ihm bei dieser passenden Gelegenheit
mit sanfter Gewalt den bereits drei
Mel verweigerten Frühjahrshut abzu
schmeichelte ein zwar sündentheures
chertiistliches WunderrVert aus zart
I Eibiger Chenille, Chiffonrosetten
lchenbiifcheln und Reiherfedern.
Aber ietzt mit süßen Worten darum
Bitten, vielleicht zurn vierten Mal ohne
, stinng Tausenrnal nein! Lieber
.-: wllte sie doch zum Gespiitt Der gan
Menschhheit mit ihrem vorjiihrigen
ruhjahrs ut herumlaufen!
Dieser heroifche Entschluß gab ihr
Kraft dem Treulosen in gefaßter
ttung und mit steinerner Miene
guts-thun daß sie jetzt ausgehen
Ende-Eh urn ein paar billige-Blumen
HETE e ihren »sch«cibigen alten Frühjahrs
« « el« zu taufen
Unter der sieinernen Miene aber
«- ts: xumsrte ein Vulkan, den sie unbedingt
THE Ausbruch kommen lassen mußte.
I- W hin zu Tante Aurelia, der män
— is reerverachtenden, um an deren jung
zip-Zärtlichkeit Busen Trost und Hilfe zu
, «- uchnp
kks - » s, ich armes unglückli ches Weibl«
- Mimmerte Frau Leni, der eigenhändi
Ufnenden Tante zwischen Thiir ung
Angel um den Hals fallend.
« Fiäulein Aurelia spi tzte die schma
«,W Hskqmg » « -·i:,..--k«
Wswssq kakswkxs ,-"- -«-«
»s
LenLippen zu einem gi "ift g- süßen Lä
EspFän und triumphirte: »Aha-—- end
rNeugiek und Schadenfreude
» , Dichtern-h brennend, schleifte sie ihre
» erzzerslossene, völlig getnickte
» We ins Zimmer und Drückte fre in
- TM Sesseichen »Habt Jhe Krach ge
z ? Wohl wegen dem neuen Hut?
« atiirlich—fo sind die Männer nun
diese herzlosen Despotenk Er hat
Inalso wirtlich verweigert?«
sDreimal sogar! —- Aber das ist
M nicht alles-»ein Rendezveus hat
auch noch!— Und ich weiß nicht
i mit wem.«
»Das langgezogene »Soooh!« der
s« « entrüsteten Tante mischte sich
rmnisch in Frau Lenis Jammer
- »DUIT).5 LUUMON Hcl ck NO Ek
-— gen-d so eine bestellt —- für morgen
Um 11 Uhr. Jch hab·s selbst gehört-—
trotzdem leugnet erUJ eb! —- Wog soll
ich armes, unglücklichez Wetb nun
machen?«
»Ja —-—n:-cis?!« Fräukein Aurelia
faliete fromm die Hände und blrckte
· beschwörend gen Himmel, gis flehe sie
» den Feuerregen von Sodom tmde
" mrrha auf den gottvergessenen Sün
« M herab. Und plötzlich kam ihr«eine
« Menderbare Erleuchtung von oben.
»Wir lockenihn aufs Cis! Er muß
r bekennen!« jubilittesie, wie ein
tktmijtlfiger Backfisch durchs Zim
Mr här- end. Und während sie ihre
« Asche-r Locken mit einem beängstigend
— bischen Härchen schmückte undin
u Mantel schlüpfte, entwickelte sie
kühnen Schlachiplam mit dessen
je der Verräther entlarvr werden
Hex-n Leni war sofort Feuer und
s- dafür, brüllte ihr thränen
M Baitisttüchtein zusammen unt
siå entschlossen auf.
fMimtten später saßen die
see-Anderen im verschwiegenen
eimrikondttorei. in die
· est-Use fetten ein Mensch
M -—-«dees me Les-i ihre
’ . siege en Meth- seit
«-. W»-s»-«;W
«i"
E
;
«
i
W
Schlosse-here gestärkt hatte,— trat sie
ans Telephon nnd ließ sieh mit Paul
Schritts Ro. M, verhindern hatte
aber zuerst das Mißgeschiel, an
einen anderen Paul Schmiy, No.
20 O, zu gerathen. Rath einer Mi
:nne qualvollen Wartens, während
itoelcher Tante Anrelia sie mit giftge
ztriintten Stichelreden auf die Männer
Hirn allgemeinen und ihren Mann im
H besonderen zu flammendem Rachevurft
Tanfeuertg erwischte sie glücklich die
! richtige Nummer.
f Ein feelentiesee Athemzug —dann
Elispelt Frau Leni mit recht feinem
i Silberstirnmchem »Gut-m Tag,
s Schwert-A
»Bitte-wer ist eigentlich dort?«
fragte Paul Schmitz nach einer schick
salsschweren Pause.
»Ich natürlich! —- Thu’ doch bloß
nichtso, als rle diss- nicht wüßteft!«
»Ah-It Tag, Herzchen!«
Frau Leni wurde ooen Schüttelsrost
befallen, als sie diese, in fchmelzenden
Nonen gegebene, höchst verdächtige
Antwort ihres Eheliebsten vernahm.
Sekundenlang rang sie fassungslos
nach Worten, bevor sie weiterlispeln
konnte.
»Ich wollte dir nnr schnell sagen,
daß ich morgen Vormittags nicht zum
Rendezvous kommen tann. Wollen wir
uns nicht lieber nachher irgendwo tref
fen. Vielleicht in einer Stunde hier
in der Konditorei Förfter?"
»Mit Wonne! Wenn du befiel-»Ist
sogar am Nordpolf Sei aber nur ja
pünktlich. Du hetomrnft dann zur Be
jiohnung ’nen Extratuß.«
; Ein dumpfer Wuthschrei von Frau
» Lenis Lippen war das nächste.
»Wie?« fragte Paul Schmitz zärt
klich. »Ich habe das Lehte nicht recht
! -.-ez-..s-.. mer«-. ...;-s....e...e-.. « l
sssqsustcsru »u« suskvvsquueh
, »Ich meine nur —zioei Extratiisse
wären mir lieber!««
»Mir auch, selbstverständlich«
»Glaub’s schon!——Also bis nach
her, Schatzel!«
«Adieu, siiße Maus!« —
halb ohnmiichtig fällt Frau Leni in
Tante Aurelias Arme. Die mitsiib
lende See-le riittelte sie kräftig istd
iieltihr ihr Tafchentuch mit Eau de
Cologne unter das vom Weinen start
rerquollene Näschew
»So sprich doch! Was hat er eigent
. lich gesagt?«
»Siisze Maus hat er gesagt!«
stöhnte Frau Leni.
Tante Aurelia schlug an ihren Bu
sen und verdrehte die Augen wie ein
krantes Hulm »Siiße MauBU —
Entsetzlichi — Herrgott, ich danke dir,
daß ich nicht oerbeiratlzet bin!'
»Du Glückliche! —- Aber laß ihn
nur kommen-sich tra e ihm die Au
gen aus. Scheiben lase ich mich von
ihm-und dann —- dann hänge ich
mich anfi« , . ·
Der Eintritt eines tasseeliistrmm
Damenlriinzchens, das sich m« b
grundtiesen Striitbeuteln vor A set
legte, machte der dramatischen Szene
ein Ende.
Bis 5 Uhr blieben die beiden Rache
engel wie aus feurigen Kohlen sisem
vertilgten je sechs Taf-sen Kaisee und
ebenso viele Anseltörtchen und harrten
der Dinge, die da tommen sollten.
Doch umsonst war alle Liebesmiibe.
Paul Schmitz blieb unsichtbar. Offen
bcir hatte er sie durch die Glasicheibr
der Thür erspäht unk-k war schleunigst «
ausgerückt
Längeres Warten hatte keinen
Zweck, zumal Frau Leni ächzend er
klärte, beim nächsten Törtchen unbe
dingt sterben zu müssen. Sie wollte
beim, wallte mit blutiaem hol-m dem
Treulosen seine Schandtbaten ins Ge
sicht schleudern; dann wollte sie mit
Rossern und Schachteln zu Tante Au
reiia flüchten und sich gleich dem
Männer-da in die Arme werfen.
Mit die en löblichen Vorsätzen be
trati sie das Arbeitszimmer ihres
Mannes, der stillvergnügt in sich hin
einschmigrzelnd am Schreibtisch saß
und im Hauptbuch lange Zahlrn
reiben addirte. Die schwarze Verrä
therseele guckte nicht mal mit derWim
per, als sein kleines Frauchen sich var
ihm auspflanzte und ihn mit dolchs
scharfen Jnaisitorenblicken beiiugir.
« »Na, schon an Land?« fragte er, sie
an sich ziehend, um sie nach lieber Ge
wohnheit auf die Nasenspitze zu tits
fen. »Wie erhitzt du arme3·Wurm
Jaussielzsw
»zum Wunoer —- rvenn man Jetzt "
noch mit dem Winterhm herumlaufen
trinkt« sagte sie anzüglich, feine Um
armung eiskalt ablehnend. — Alle
zärtlich werden wollte dieser abge
feimte Heuchler auch noch!
»Damit könntest du recht baben,«
gab er feelenruhig zurück. »Wo haft
du übrigens bis jeyt gesteckt?«
»Wenn es dich fehr interessirt —- ich
habe bis fünf Uhr in ver Konditorei
Förfter gesessen. wo du eine gewisse
,,fi.iße Maus« treffen wollteftll«
Nun war’ö heraus. Doch nicht er
bleichend, nur verblüfft starrte Paul
Schmiy feine fchönere Hälfte an.
»Als-) das waeft du? Und ich hatte
fo ’nen Riefenspaß in dem Gedanken,
regend ein verliebtes hühnchem das
mich für meinen Namensvettet No.
2070 hielt, zum Narren gehalten zu
haben.—Aber um alles in derWelt,
wozu die Komödie? Das ift wirklich
ein bißchen ftarl, deinen getreuen
Edelsten auf folch eine Feuetprobe zu -
ftellent« ·
»Es-treul« hohnlächelte Frau Leni.l
»Ist das Treue, wenn du dir irgendz
eine Donna sitt morgen um elf Uhrx
zum Jud-zwa- beseknfte . me es;
site eigenen Ohren gehört. Sieb die
; Mo seine Wilh-, die hockftrsubende
. .
Tbatsache zum zweitenmal frech ab
zuleugnen!«
Aber siehe ba! Anstatt niederge
schmettert zusammenzutnicken, war
Paul Schmitz sich laut lachend in sei
ncn Stuhl zurück.
»Berriickt! Bertiictt!« schrieer, den
Ersticken nahe.
Frau Leni wich tiefbeleidigt dre
Schritte vor ihm zurück und sagte mi
scharfer Betonung: »Ich bin nicht ver
rückt. Ganz und gar nicht. Aber itl
will zu deinen Gunsten annehmen, daj
du selbst deine fiinf Sinne nichttom
plett beisammen hast. Und deshall
will ich großmütbig sein und von de1
Scheidung absehen, wenn du mit allet
hartlein bekennen willst unb reumii
thig Besserung gelobft.'«
»Stil« mir gar nicht ein. Nun ge
rade nicht!« lachte Paul Schmitz, im
mer vergnügter werdend. »Mein aller
tiesstes Grabesschweigen über die Te
lephonaffaire soll die Strafe siir deir
Mißtrauen sein."
Und wirklich! Der bisher so brav(
und gefügige Ebemann zeigte sich vor
der wiberboritigften Sei-te Weber
Bitten noch Drohungen der kleinen
Frau vermochten ein Wort aus ihm
herauszuloaem Schließlich riß ibi
der Gedulbsfaden.
»Gut denn; du bastes nicht anbert
gewollt!« erklärte sie zornipriilfenb4
.Morgen reiche ich zur Feier unsere-i
zweiten hochzeitstages die» Schei
tungstlage ein!«
»Aber hoffentlich nicht vor elf Uhr-P
mahnte er mit gebeimnißoollem LI
cheln, worauf Frau Leni aus dem
Zimmer schoß und die Tbür wütbenk
zulnaltte. —
Am folgenden Tage stand das Ebe
standsbarometer im Hause S m«
Auf Sturm Neser osns Tons-O- han«
in allen Zimmern herum, packte zwei
große Reisetofser und stubikte ini
bürgerlichen Gesetzbuch. Zwischendurch
lauschte sie mit eisersiichtig gest-isten
Oehrchen nach dem Arbeitszimmer
ihres Mannes hinüber· Ober wirtlich
so srech sein würde, um U Uhr Fu
rietschirindeni
Paul Schmitz dachte nicht ini
Traum daran. Kreuzsidel saß er an
seinem Schreibtisch, erledigte die
eingelauseneu Korrespondenzen und
arniisirte sich königlich iiber die entsi
aen Reiseoorbereitungen seiner Frau.
Puntt 11 Uhr schrillte die Kuri
bortlingel.
Da die Küchensee bei der großen
Wäsche war, gingFrau Leni selbst
hinaus, um zu offnen, prallte aber aus
halbem Wege mit erstiateni Muth e
schrei zurück« nachdem sie durch ·e
lunstvolle Verglasung der Thiir einen
Blick aus die Draußenstehende gewor
sen- hatte.
Eine ihrer Bekannten wars nicht«
—- Wer also anders als »die Be
wußte«?
Unter einem schillernden Federhut
von fabelhaften Dimensionen und
einer nicht minder fabelhaften lupsers
rothen Frisur ein teile-, pitanteå
Gesichtchen. Hübsch war sie ohne
Zweifel; elegant ebenfalls. Aber —
aber! —
«Bestie!« zischte die sonst so wohl
erzogene kleine Frau in sich hinein,
bevor sie die Thiir öffnete. Mit hoch
miithig erhobeneni Näschen bemühte
sie sich, möglichst niederschmetterndaus
Di: sie urn Hauptesliinge überragend-e
»Parasit« hinabzusehen.
»Wünschen Sie jemand zu spre
chens« fragte sie eisig.
Graziös tnicksend überreichte Das
schicke Persönchen ihr eine große«
sederleichte Schachtel.
»Ich bringe der gnädigen Frau das
Härchen, das herr Schmitz gestern per
Telephon bestellte.«
»Das hütchen!!« —
Frau Leni griss nach einem Stüh
punlte, so- gewaltig fuhr der seeubigl
Schreck ihr in die Kniee.
»Pe: Telephon? Fiir els Uhr?«
forschte sie in merkwürdigee Hast
»Den Beilchenhut mit den Reiher
sedern?'
»Ganz recht!« nickte oie jnuge Mo
distin. »Hossentlich sind gnädigeFrar
zufrieden mit der pünktlichen Liefe
rung.« -
Und ob Frau Leni zufrieden war
Wie ein Wirbelwind siiirmte sie z:
ihrem Manne hinüber« umschlang ikn
und küßte ihn, wohin sie gerade ital
Paul Schmitz ließ sichs schmunzelni
gefallen. Und als die tleine Frei
ichließlich außer Athem war, nahm es
sie bei den Ohren und zog iie mi
ipitzbiibischem Augenblinzeln Dicht cn
sich heran.
»Wie wär’s, wenn wir jetzt ge
meinfchaftich die angedrohie Schei
dunggilage aufseyien —- he?"
Jetzt aber wollte Frau Leni nicht«
mebr davon wissen.
Die New Dotter Legislatur hat di
Altersversorgung fiir Pferde einge
führt, vie iin öffentlichen Dienst ihr
Kräfte aufgerieben haben. Was fa
en vie östlichen Wutstfabriiantei
zu?
, I I I
Junge Frau: »Warum sitzest du irn
met auf dem Rande des Situhles?« «
Der Gatte: »Wie du weißt, Schaf
haben wir die Möbel auf Abzahlun
getauft, und dies ist allei, wozu it
mich berechtigt glaube.«
i O O «
Einen Manllorb hat man in Jana
der Presse angeiegt, auf daß sie ni(
länger hellen tann —- lo wird sie ini
Inneren ihrem Uns-net Luft mache
mä W daka noch mehr Lei
stss Wulst W
W
Vae Gänschen
Novellette von S. B a r i n l a h.
Er hatte sie geheirathet, weil sieT
I hübsch und blüthenjung war, er be-»
reits dreißig Jahre zählte, und es ihm "
Drang und Pflicht war, ein Heim zu i
gründen.
Als noch bie Veilchen hinter Busch
und Hecken bufteten, hielten sie Hoch
zeit unb wiegten sich zwei Tage dar
auf glückselig in einer Goal-eh am
Canale granbe.
Sie nannte ihn »Blondel«, weil
seine Haare unb sein Bart hell wa
ren wie reife Aehren Er herzte sieals
»Amselchen«, denn ihr Scheitel war
bunlel und glänzend, und sie sit-it
scherteiminer irgend eine Melodie.
Glückselig kehrten sie heim.
- Am nächsten Morgen mußte er ins
Bureau. Die schillernden Festtage
« waren vorüber-; der Alltag zeigte sein
Gesicht.
Bis er aus dem Hause lam· zitter
ten seine Nerven. Spät ausgestanden,
» hatte er nicht zusammengefunven, was
er brauchte. Er war gewohnt, baß
ihm die Mutter Schlüssel, Börse, Ta
lchentuch unb anderes zurechtlegtr.
Emilie trippelte im rosazarten Ne
glige ängstlich neben ihm und störte
ihn mehr, als sie ihrn half. Gereizt
schob er sie weg. Sie brach in Thra
nen aus. Darüber wurde er rauh.
Oberstächtich versöhnt, verließ er sein
Heim erst. als bie volle Stunde schlug.
So setzte die junge Ehe ein« unb
öbnlich schritt sie weiter. Er war ein
.-«h»--Isc-I-Ii"ämnnn It sen Find hol-I «
neunzehn Jahren, ein Kind, das nach
mißgliickten Trotzversuchen vertchiich
rert in sich zurücktroch
«Heiße mich nicht mehr Blondel!
Es tlingt so lädpisch Man dentt ja,
ich wäre ein Bubelchen oder ein Renn
pferd!« sagte er nach drei Monaten.
Von da ab rief sie ihn Hans wie
seine Mutter. Er nannte sie auch nie
mehr »Amselchen«. Sie zwitscherte
ihm einen anderen Namen — das
Gänschen. Wenn er zornig war, ließ
er selbst die Berlleinerungssorm bei
seite.
Nach einem Jahre gab sie einein
Kind das Leben. Als das Kind nach
vier Wochen starb. war nach des Gat
ten Meinung nur das Gänschen schuld
daran. Das Bübiein war nicht recht
gepflegt, nicht recht genährt, in allen
salsch behandelt worden und mußte
nur um der mütterlichen Dummheit
wegen das zarte Leben lassen.
Ein zweiter Knabe wurde ihnen ge
boren. Der gedieh — zum Glück
Emilieö. Er wuchs heran, gesund
und kräftig, derb und lustig. und bil
dete das Entzücken des Vaters. Wenn
er aus dem Bureau tam, rannte er zu
dem Kinde und trennte sich erst, wenn
er gehen mußte. Gänschen hastete ne
benher wie ein Schatten, den man
eben miilaufen ließ, weil er einmal da
war.
.Dann trat das Unheil ein. Hans
ertrantte schwer. Man rechnete mit
feinem Tode. Das Kind mußte aus
dein Hause.
Mit unbeweglicher Miene stellte sich
Emilie an das Krankenbett als Pfle
gerin, wie es ihre Pflicht war. Sie
hatte ganz ruhige Hände. Und ein
ruhigei. weil verhärtetes Herz. «
Jn einer Fieber-tacht schrie der
Krante im Tone der Liebe nach ihr.
Er schautelte mit ihr wieder auf Be
nedigs Kaniilen und war bewegt von
Seligkeit. An sein »Amselchen«' rich
tete er die zärtlichsten Worte.
Dn fingen ihre hände zu beben an.
Als die Herbstfonne fröhlich durchs
ossene Fenster spielte, sasz er als Ge
Lnesender im Lehnstuhl.
auch nicht mehr. Bald erhielt sie von »
sit-Inv
Its-CI
Ein Sonnentleaen tanzte aus sei
nen Händen, hüvite über den Teppich,
schwang sich aus das duntle haar der
Gestalt, die unweit von ihm sasz und
nähte. Wie sehr hatten die wenigen
Jahre ihrer Ehe sie verändert! Etwas i
Strahlendes, Uebersroheö floß da- »
s mais von ibr aus. Jetzt war sie so?
« gemessen, so still und in sich versunten
Und die runden, rosigen Wangen
suchte er vergebens.
Hatten seine Kranttieit die Sorge,
die anstrengende Pflege diese Um
wandlung bewirtt?
»Du solltest mehr an die Lust ge
, ben, Emiliel Dich ruhen« dich zer
; streuen, mit einem Wort, mehr aus
dich achten! Du siehst nicht gut aus«
Willst du leinen Spaziergang ma
chen?" sprach er sie an. -
»Später, wenn der Kleine wieder
da ist und dir Gesellschaft leisten
kann. Jth darsst du nicht allein sein.
Soll ich dir vorlesen? Machen wir
eine Partie Domino?«
« «Nein«« antwortete er langsam und
nahm den Blick nicht von ihr. Und
nach einer Pause stagte er: »Daß du
teinen Wunsch. Liebes Du hast so viel
Plage mit mir gehabt. Jch möchte dir
ein wenig dankbar sein.«
Seine Stimme tlang so weich, daß
sie überrascht aussah. .Einen Wunsch!
—- V ja!« Sie richtete den Blick aus
dein Fenstei und sagte errötbend und
ganz leise: »Am-te mich nicht mehr
Gänschen —- des Knaben wegen. Er
wächst heran nnd wiirde bald gering
von mir denten.«
Das siel in seine Gedanten wie ein
Donnerschlag. Das Blut stürzte ihm
»Da hat mir wieder die diebische Katze von meinem Nachbar eines
Braten gestohien!«
»Schlagen Sie sie doch indi, wenn Sie sie sehen. Herr Wirth!«
»Was nutzt mir das . . . . augenblicklich ist ja Schonzeii!«
ins Gesicht. Seine Stirne hrannte·i
Er senkte den Kops und wußte kein(
Wort der Erwiderung s
Er sann und sann. Es lam ihm
zum Bewußtsein. wie wenig ihm
Emilie die Jahre her gewesen war.
Nicht einmal ein Spielzeug.! Nur eine
Nothwendigteit, mit der er ständigeni
Krieg führte, als oh sie ihm löstigx
wäre. Und einen unedlen Krieg! Ers
war stets der Angreiiende. ohne mit
Absicht gereizt worden zu sein. Er
töhnte, wo sie schwach war.
Die Ahnung der Wahrheit lichtete
seine Gedanken, mackte ihm llar, dasz
er sie lieblos behandelt hast«-ohne
Nachsicht, ohne Güte.
Wie schmua war iein Heim, wie
still lies die Wirthschast ah, und wie
blühte das Kind, das sie ihm ge
schenttt
Was verlangte er mehr-?
Waren nicht die weichen, leidenden
Linien um ihren Mund Zeichen, die
sein Benehmen hineingegrabeni
Er erinnerte sich der ersten Wochen
ihrer Ehe, der Liede, die sie ihm ge
zeigt. Er hatte ihrer nicht sonderlich
geachtet, als der Alltag sein Recht
forderte, und sie selbst in kindlicher
Unheholsenheit snicht gleich den schar
fen Gang mittrahen tonnte. Er hatte
ihr teine Zeit gelassen, sich hineinzu
sinden, zu lernen, was ihr sremdwar,
sondern sie ungeduldig vorwärtsges
stsgön mit rauhem Spott.
elch ein Thor er war! Jst aus
solche Weise ie das Glück gesunden
worden?
Sie hatte ihn gesund gepflegt. Aus
Pslichti Wer lonnte sagen —- in
Liebe?! Wenn diese Liebe ihm ver
weltt war, ehe er verstanden hatte, sie
zu schätzen?
Bleich wurde er und seufzte.
Sie sah empor. »Fehlt dir etwas?«
Verneinend bewegte er den Raps.
Ihre Augen schauten ineinander
Das war seit Jahren nicht gewesen.
Jn den ihren stand noch die Wunsch
frage, aus die er vorhin die Antwort
schuldig geblieben war. Jn den sei
nen schimmerte etwas, was sie zittern
machte.
Was liinnen Blicke sagen? Mehr
als tausend Worte.
Sie fühlte, vor ihr befand sieh der
Mann wieder·dein sie einst ihr herz
gegeben, und den sie «Blondel« nen
nen darste.
Er erhob sieh und kam aus sie zu.
Sie sprang gleichfalls aus« wie in
Sorge. ihn zu stützen. Aus halbem
Wege breitete er mit einem Schluchzen
die Arme aus: «Emilie!«
Einen Schritt machte sie oorwiirtii,
streckt-: ihm die hönde entgegen und
lies-, sich umfangen.
site interessante stets-eck
Orts-ernst
wird in einem Göttinger Blatte aus
Grund mündlicher Mittheilungen des
verstorbenen Generalarztes der frühe
ren Hannover’schen Armee, Tr. Locke
ntann, ousgesrischt, eines alten herrn
ksek Göttinger Korpg »Hannooera",
dein auch Bismarck während seiner
Göttinger Studienzeit angehört hatte.
Dr. Lockernann erzählte von einem
Besuche, den er dein Fürsten einmal
in Feiedrichsruh til-gestattet hat. Der
Diener, Der ihn empiin , wollte ihn
obiolut nicht oorlassen, szo daß Locke
»1ncnn schließlich seines Weges ging,
I nachdem er seine schnell noch mit dem
; Korpssiegel oersehene Visitentaete hin
terlassen hatte. Aus dem Rückweg zum
Vohnhose wurde er plöylich von dem
athemlos heranstiirmenden Diener
eingeholt und unter vielen Entschuldi
gungen zum Fürsten beschieden. Wie
inan einen alten Besonnt-en empfängt
—so lautete Lockemanns Bericht —
so eint-sing mich der Fürst. Sitzend
reichte et mir die Hand und zog mich
neben sich aus das Sosa. Als ich ihn
Durchlaucht anredete« verhat er sich
das ganz entschieden. »Es bleibt un
ter uns, wie ehemals,« sagte er lä
chelnd. »Und nun, mein lieber Locke
inann,« fuhr et sort, »was willst du
rauchen? Eine Zi arte, leicht ——schtoer
—- oder eine Mel ei« Da der Kanzler
die Pseise Uns-te, so wählte ich sie
auch. »Da-. if samoö,« sagte er,
«nnd was chest du zu trinken,
ein Glas ntoein, oder Selt, oder
echtes DOHRN Ich mählte das
lesierr. »So ist’s set-if scherzte er,
note alten bemoosten häupter teinlen
ein Glas Bayrisch.«... Und m
saßen wir nebeneinander, die Pseifeu
dampsten und vor uns schäumte das
Bier im Glase. Ein halbes Jahrhun
dert schien til-erdrückt zu sein« und es
war mir wie einst im Kneiploial un
seres Korps bei Marwedel in Göttin
gen. Und nun tauschten wir alte
Crinnerungen aus. Wie aber staunte
ich! Dieser Mann da neben minder
rnit .Fürstentronen gespielt, dessen
Blick Deutschland, Europa. sa die
Welt umspannt hielt, wie wußte er
doch so genau Bescheid über jeden
einzelnen, der einst vor 50 Jahren
mit uns in Göttingen attiv gewesen
war, weichen Lebensgang sie genom
men, weiche Karriere sie gemacht und
wie dieser gestorben und jener verdor
ben war. Und wie behaglich wußte
er zu ploudern. Und dann mußteich
ihm über meinen Lebensgang genauer
berichten. Jch schloß mit den Wor
ten: »O, ich bin mit meiner Kartiere
anz zufrieden-· Da tlopste mir der
Fürst aus die Schulter und meinte:
«11nd ich auch. mein lieber Lotter
mann!« Was ich ihm ehrlich geglaubt
habe. eImmer wieder nöthigte rnich
der Für , wenn ich ausbrechen wollte,
zum Bleiben, und so bin ich sast zwei
Stunden dort geblieben, bis die nahe
Absahrt meines Zuges mich zum Au -
bruch nöthigtr.
W
s Das dieserer are suchet-gern
; Daß ein huseisen Gliiii bringt« die
sser Aderglaube ist von jeher allgemein
koerbreitet Die Chinesen zum Beispiel
»iiageln ein huseisen über ihre Thür,
»weil es dem gebogenen Körper der
heiligen Schlange Ragandra, einer
sihier Hauptgotiheiten, ähnelt und
beohalb gegen böse Geister hilft. Der
aussische Bauer sührt dagegen die
Fähigteit des Hufeisene, Glück zu
Htringem aus das Eisen zurück, aus
Hdem es besteht, denn das Eisen an
sund siir sich hält er sür ein Zauber
jinitiel gegen die Absichten böser Gei
Hster. Ter Türte hält ein Huseisen
ssür -giüctbringend, weil seine Form
idem Halt-mond, also dem Symbol des
ioemanischeu Reiches ähnelt. Bei des
Jren hängt der Volk-glaube oon det
Macht-des Huseiseno mit· der Sage
Von der Entstehung GrünsErins zu
sammen. Nach dieser Sage war die
ganze Insel einst im Meer versenkt
und erhob sich aus diesem alle sieben
Jahre nur einmal. Alle Versuche. den
Zauber zu brechen und es dahin zu
bringen, daß dao Land ständig über
dein Wasser bleibe, waren vergeblich;
bis eines Tages ein tühner Abenteu
rer von einem Boot aus ein Duseisen
aus den obersten Gipfel der Wialows
Berge wars, gerade ais sie unter den
Wellen wieder verschwanden. Da eno
lich war der Bann gebrochen: die ne
belseuchte, von einem unübersehbares
Grasteppich überzogene Jnsel tauchte
wieder aus den Tiefen des Ozeans
aus, um fortan mehr oder weniger
trockenes Land zu bleiben. Jn Eng
land wurde bis in eine noch gar nicht
sehr weit zurückliegende Zeit das Dus
eisen als Talisman gegen Hexen be
nutzt. Keine Here-so ging der all
gemeine Glaube s-— konnte ein Haus
l:treten. Tiber dessen Tbür ein Dus
eisen oder noch besser brei mit den
Spitzen nach unten befestigt waren.
Diesem Volks-glauban lag eine Le
gende von bern als Erzbischof von
Canierbnrn im Jahre 988 verstorbe
nen heiligen Dunstan zugrunde. Die
ser in allen Künsten ersahreneMönch
und Einsiedler« war auch ein geschickter
Busschmletx Während er nun eines
Tages in seiner Schmied-. tbätig war,
trat der Böse in Vertleidung bei ihm
ein unb bat Dunstan, seinen »einen
ut« zu beschlagen. Zwar erkannte
r heilige sogleich seinen Kunden,
willigte aber ein und verursachte ihm
während der Operation so viele
Schmerzen, baß der Satan ihn bat«
von ihm abzulassen Dies that Dun
slan, doch mußte ihm der Böse ver
sprechen, daß weder er noch einer der
niederen biisen Geister jemals bieBp
wo ner eines Hauses beliiitiaen würde,
in m sich ein huseisen befand.
Wo
Innonee der Zulunsl: Die Verlo
bung unseres ältesten Sobnesßrih mit
Fräulein Dr. med. Amanba Lehmann
zeigen wir hiermit ergebenst an.
Rechtsanwaltin und Notarin Luise
Dorn und Mann, geb. Haberstroh